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Hitparade 17 von Aquin
Herr von Aquin, wie kam Ihre Hitparade der Welt zustande?
Alles Existierende hat eine eigene Qualität des Seins
Herr von Aquin, Sie haben eine Art Hitparade von allem, was es auf der Welt gibt, aufgestellt. Was musste man haben, um möglichst weit oben platziert zu sein? Thomas von Aquin: Alles, was existiert hat als zusätzliche Eigenschaft eine besondere Qualität des Seins. Je höher diese Qualität, desto höher der Platz in der, wie Sie es nennen, Hitparade. Die unbestrittene Nummer Eins ist Gott. Er ist das vollkommen reine Sein. Oder um die Hitparade von unten aufzurollen: Ganz unten ist das Material, die ganz gewöhnlichen Stoffe, dann kommen die Pflanzen, dann die Tiere, dann die Menschen, schliesslich die Engel und Gott. Je Seiender, desto höher. Es kommt auf den Grad der Wesenhaftigkeit des Seins an. Kann man sagen, zuunterst steht das nur Materielle und zuoberst das nur Geistige und dem jeweiligen Anteil entsprechend alles andere dazwischen? T. v. A.: Ja, wenn Sie so wollen. Gott und die Seelen sind Individuen, die nur geistig existieren. Unten geht es los mit dem nur Materiellen und dann kommt die lange Reihe der Mischformen, die beides enthalten. Bei Aristoteles war alles eine Mischform … T. v. A.: … und bei Plato war es ein Entweder-oder. Mein dritter Weg hat sich aber seit dem Mittelalter klar durchgesetzt. Was bezweckten Sie damit eigentlich? T. v. A.: Ich wollte die Elemente der Naturwissenschaften mit den Grundwahrheiten des Glaubens vereinbaren, um den Konflikt zwischen den beiden zu beseitigen. Die Kirche ist offensichtlich darauf eingestiegen. Sie wurden ja schon fünfzig Jahre nach Ihrem Tod heiliggesprochen! T. v. A.: Es war gar nicht so schwer. Ich musste lediglich die Gedanken des Aristoteles leicht modifizieren. Nämlich wie? T.v.A.: Die Welt war eben nicht schon ewig da, sondern sie wurde von Gott geschaffen. Gott existierte als
THOMAS VON AQUIN (1225–1274) Italienischer Philosoph und Theologe
das Erste, aus dem dann die Welt hervorging. Gott ist also das absolut Grösste! T. v. A.: Das kann man so auch wieder nicht sagen. Gott ist nicht das grösste Vorstellbare, denn es gibt immer noch «das Grösste plus Eins». Noch ein Unterschied zu Aristoteles? T. v. A.: Die einzelne Seele ist unsterblich. Das wars schon. Alles andere bei Aristoteles stimmt! Und damit kamen Sie bei der Kirche tatsächlich durch? T. v. A.: Ja sicher. Gott ist derjenige, der die Natur leitet. Die «Hitparade», um nochmals diesen Ausdruck zu verwenden, ist gottgewollt, und diese Natur wird von ihm verwaltet. Er ist sozusagen der DJ … T. v. A.: Infolgedessen ist es doch sinnvoll, diese Natur zu erforschen. Die Naturwissenschaften fügen sich nahtlos ins System ein und sind überhaupt nicht gegen die Religion gerichtet, wie das früher viele glaubten. Die Wissenschaft, und damit auch die Philosophie, steht im Dienst der Kirche. Auch der Staat und die gesellschaftliche Ordnung sind gottgewollt. Selbst die Einteilung der Leute in Herrschende und Dienende? T. v. A.: Auch das, nicht aber die Willkür der Herrschenden und auch nicht der Aufruhr der Dienenden. Das weltliche Leben muss, wie es schon Aristoteles erkannt hat, ein guter Mittelweg sein. Wir interviewen Sie hier an Ihrem Schreibtisch, wo ein Halbrund herausgesägt wurde, damit Ihr Bauch Platz findet. Ist denn viel essen und trinken für Ihre Wesenhaftigkeit nicht nachteilig? T. v. A.: Nicht nur die Seele, auch der Körper ist von Gott gegeben! Herr von Aquin, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Dieser Aristoteles scheint ja eine ganz grosse Nummer gewesen zu sein. Er wurde gleich mehrfach erwähnt … Er beeinflusste in der Tat die ihm nachfolgenden Philosophen 2000 Jahre lang und dies sogar noch bis heute. Verbinde mich bitte mit ihm!