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Wetter
Woher kommt das Wetter?
Die Alpen im Westwindgürtel
Das Temperatur- und Druckgefälle zwischen Tropen und Pol treibt den Westwind an. Quer zum Wind liegende Gebirge (Rocky Mountains, Grönland) zwingen den Westwind auf eine Slalomspur. Diese erhält zusätzlichen Schwung durch die thermischen Gegensätze zwischen kanadischer Arktis und Nordatlantik sowie zwischen Sibirien und dem Nordpazifik. Bedingt durch den Slalom der Westwindzone, trifft die Luft bevorzugt aus Südwest bis Nordwest auf die Alpen. Reine Nord- und Südlagen sind seltener.
Hoch- und Tiefdruckgebiete
Der Luftdruck ist ein Mass dafür, wie viel Luft sich über uns befindet. Änderungen des Luftdrucks bedeuten, dass Luft in unser Gebiet zufliesst oder dieses verlässt.
Im Hochdruckgebiet sinkt die Luft ab. Sie erwärmt sich dabei, kann mehr Wasserdampf aufnehmen und die Wolken lösen sich auf. Im Tiefdruckgebiet steigt die Luft auf, kühlt ab und es bilden sich Wolken.
Die Luft fliesst vom Hoch- ins Tiefdruckgebiet. Auf ihrem Weg wird sie durch die Erdrotation abgelenkt, so dass sie eine gekrümmte Bahn beschreibt. Auf der nördlichen Hemisphäre gilt: • Die Luft verlässt das Hoch im Uhrzeigersinn. • Die Luft erreicht das Tief im Gegenuhrzeigersinn. • In Tälern folgt die Luft der Talachse. Die
Windrichtung kann dabei bis zu 180 Grad von jener im Gipfelniveau abweichen.
1030 sinkende Luft horizontale Zirkulation aufsteigende Luft 1010
Steigt die Luft auf (z. B. in Fronten, Quellwolken, Tiefdruckgebieten oder wegen der Topografie), kühlt sie sich ab und kann nicht mehr so viel Wasserdampf aufnehmen. Das überschüssige Wasser kondensiert zu Wassertropfen oder gefriert zu Eiskristallen, es entstehen Wolken. Werden die Wassertropfen oder die Eiskristalle so gross, dass sie von den Turbulenzen nicht mehr in der Schwebe gehalten werden, setzt Niederschlag ein.
Fronten
«Fronten» sind Übergänge von Luftmassen unterschiedlicher Temperatur. Sie bringen Wolken und Niederschlag.
Kaltfronten bringen häufig einen Warmfronten kündigen sich mit schnellen Wetterwechsel. An ihrer Zirren, dann immer dichterer und Vorderseite sind selbst im Winter tieferer Schichtbewölkung an. Der Gewitter möglich. Sie werden vom Wetterwechsel erfolgt langsamer. Wetterbericht meistens mit hoher Genauigkeit angekündigt.
kalt warm Kaltfront Warmfront kalt ca. 200 km
8
6
4
2
0
Wetterelemente
Temperatur
Die Temperatur im Gipfelbereich wird vom Wetterbericht sehr genau vorhergesagt. • Die Schneefallgrenze liegt 200 bis 500 m unter der Nullgradgrenze, je intensiver der Niederschlag, desto weiter darunter. • Bei klarem Himmel kühlt die nächtliche Abstrahlung die Schneeoberfläche aus. Nasser Schnee gefriert dabei bis ca. 1300 m unter die Nullgradgrenze tragfähig.
Wind
Wind führt nicht nur zu Schneeverfrachtungen, sondern zusammen mit tiefen Temperaturen auch leicht zu Erfrierungen. Der Windchill gibt an, wie kalt sich eine Kombination aus Wind und Temperatur auf trockener, ungeschützter Haut anfühlt.
Nasse Haut kühlt schneller aus, von winddichten Kleidern geschützte langsamer.
stürmisch
stark
mässig
Windgeschwindigkeit km/h
70
60
50
40
30
20
schwach
10
0 +10
iwe C0° w 1 ie- 0°C wie -20° C e wi 0 3 ° C e wi ° C 40 wi e 5 C 0°
0+5
-5 -10 -15 -20 -25 Temperatur °C
i
Bei schönem Wetter verursachen die Sonneneinstrahlung und die nächtliche Abstrahlung folgende Winde:
Talwind Tagsüber erwärmt die Sonne die Luft über dunklen Südhängen besonders stark, so dass sie dort aufsteigt. Aus dem Tal fliesst Luft nach.
Bergwind In der Nacht kühlt die Luft in Bodennähe stärker ab als in der freien Atmosphäre, einige Meter über dem Gelände. Die an den Berghängen abgekühlte Luft sinkt ihrer höheren Dichte wegen dem Gelände nach ins Tal ab. Sie verdrängt dort die wärmere Luft, die sich einige Meter über dem Talboden weniger abgekühlt hat.
Luftdruck
Wichtiger als der absolute Luftdruck ist seine Veränderung. Am Höhenmesser abgelesene Änderungen von mindestens 20 m zeigen eine Tendenz, ab ca. 50 m weisen sie eindeutig auf einen Wetterwechsel hin (siehe S. 31).
Bewölkung
Nebst der Angabe, welcher Anteil des Himmels von Wolken bedeckt ist, interessiert uns Bergsteiger auch die Höhe der Wolkenbasis. Sie wird manchmal im Wetterbericht angegeben.
Für (praktisch) vollständig wolkenverhangenen Himmel verwenden die Meteorologen zwei Wörter: «stark bewölkt», wenn Niederschläge fallen; «bedeckt», wenn es trocken bleibt.
Niederschlag
Die Niederschlagsmenge wird heute deutlich genauer vorhergesagt als noch vor wenigen Jahren, variiert aber oftmals stark von einem Ort zum anderen. 1 mm Regen entspricht etwa 1 cm trockenem Schnee.
i
Wetterbericht
Bezugsmöglichkeiten verschiedener Wetterberichte siehe S. 283.
Gebietseinteilung
Jura N-Fuss
Alpennordseite
Jura
Alpennordseite Westschweiz Wallis MittellandDeutschschweiz Alpennordhang Alpen Alpenhauptkamm Nord- und
MittelbündenEngadin
Alpensüdseite
Mittel- und Südtessin
Die «Alpennordseite» des Wetterberichts entspricht etwa dem «Alpennordhang» im Lawinenbulletin, also ohne Wallis, Nord- und Mittelbünden.
Wie zuverlässig ist der Wetterbericht?
Am genausten ist die Prognose des Bodendrucks, am schlechtesten jene der Niederschlagsmenge. Die Trefferquote der kurzfristigen Prognose übertrifft jene der mittelfristigen Vorhersage deutlich, weshalb wir möglichst kurzfristig und mit dem aktuellsten Wetterbericht entscheiden sollten. Zeitungswetterberichte sind oft veraltet, meistens sehr pauschal und nicht aufs Gebirge abgestimmt. Nur selten geben uns die Meteorologen die erwartete Trefferwahrscheinlichkeit an. Trotzdem lässt sie sich abschätzen: • Wetterbericht verfolgen. Hat er in den letzten Tagen gut gestimmt und schon Tage im Voraus jeweils richtig gelegen, so ist die Chance gross, dass er auch jetzt wieder stimmt. Wurde die Prognose dauernd korrigiert, ist die
Trefferwahrscheinlichkeit geringer. • Erwartete Genauigkeit und andere, mögliche Szenarien bei der persönlichen Wetterberatung erfragen (Tel. siehe S. 283).
Im zentralen Wallis fällt oft weniger Niederschlag als sonst «im Westen». In den Bergen der Ostschweiz und Graubündens erreicht uns eine Wetterverschlechterung oft etwas später als angekündigt, sie bleibt aber meistens auch etwas länger liegen.
Meteo-Modelle
Meteo-Modelle sind die Grundlage aller Wetterberichte. Während geschriebene Wetterberichte stark vereinfachen und zusammenfassen, liefern MeteoModelle die Daten in einer hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung – aber unbearbeitet und unkontrolliert. Leider ist nur ein kleiner Teil der Modelldaten frei zugänglich. Die Interpretation der Daten braucht Übung, und oft ist es schwierig, sich in der Datenmenge zu orientieren. Dazu ein paar Tipps: • Zuerst einen Wetterbericht lesen und erst danach gezielt die interessanten
Parameter im Modell anschauen. • Nicht alle Modelle erreichen dieselbe Qualität. Die höchste Trefferquote haben derzeit COSMO 1E und COSMO 2E von MeteoSchweiz. Ein paar Daten davon finden wir auf www.meteoschweiz.ch und auf der App. • Insbesondere die Niederschlagsmenge variiert stark von Ort zu Ort, und damit für einen bestimmten Ort oft auch von einem Modelllauf zum anderen. Wir erhalten einen besseren Überblick, wenn wir uns die Niederschläge nicht nur für einen bestimmten Ort anzeigen lassen, sondern die flächige Verteilung auf einer Karte anschauen. • Modelldaten nicht als exakte Werte nehmen, sondern interpretieren. Zeigt das Modell ein Gewitter, das um 15.30 Uhr 3 km nördlich von uns durchzieht, heisst das in etwa: «Am Nachmittag müssen wir in unserer Region mit
Gewittern rechnen. Diese können uns treffen, oder auch nicht».
Typische Wetterlagen
Hochdruckwetter
Liegen wir im Einflussbereich eines Hochdruckgebiets, haben wir schönes Wetter. Im Winter liegt aber oft Nebel oder Hochnebel über den Niederungen.
m 3000
2000
Temperatur Inversion
1000
Nebel -10°C 0°C +10°C Bei einer Inversion liegt warme über kalter Luft. Sie bildet die Nebelgrenze.
Föhn
Föhn entsteht, wenn Luft quer zu den Alpen herangeführt und an diesen gestaut wird. Ist die zugeführte Luft feucht, kühlt sie sich beim Aufstieg an den Alpen mit 0,5 °C pro 100 Höhenmeter ab. Weil kalte Luft weniger Wasserdampf aufnehmen kann als warme, fällt Niederschlag. Auf der Rückseite des Gebirges sinkt die Luft wieder ab. Als trockene Luft erwärmt sie sich um 1 °C pro 100 Höhenmeter und die Wolken lösen sich auf. In den Alpen unterscheiden wir 2 Föhnlagen: • NW-Staulagen bringen dem Alpennordhang oft bedeutende Niederschläge.
Auf der Alpensüdseite und im Engadin herrscht mit Nordföhn schönes, aber windiges Wetter. • Bei Südstaulagen fallen intensive Niederschläge im Tessin, während es besonders im Norden und Osten der Schweiz mit Südföhn schön und warm ist.
Föhn bedeutet auf den hohen Bergen und am Alpenhauptkamm stürmisches Schlechtwetter. Erst im Tal wird Föhn warm.
Bläst der Föhn? Verschiedene Wetterdienste berechnen dazu einen «Föhnindex».
2200 m -8°C Föhnmauer Föhnfische
1000m -2°C
Kaltluft-See (bleibt liegen) -0,5°C/100 Hm feucht +1,0°C/100 Hm trocken kalt
400 m warm +10°C
Westwindwetter
Bei dieser häufigen Wetterlage folgen sich oft Warm- und Kaltfronten (siehe S. 24) in kurzen Abständen und sorgen für wechselhaftes Wetter mit Niederschlag und Temperaturwechseln. Besonders im Mont Blanc-Gebiet, den Waadtländer und Freiburger Alpen können grössere Niederschlagsmengen fallen. In den übrigen Gebirgsregionen sind die Niederschlagsmengen meistens kleiner als bei Staulagen.
Bise
Bise entsteht, wenn der Druck über Deutschland höher ist als im Genferseegebiet. Die von Norden einfliessende Kaltluft schiebt sich infolge ihrer höheren Dichte (kalte Luft ist «schwerer» als warme) dem Boden entlang und verdrängt die warme Luft nach oben. Wie bei winterlichem Hochdruckwetter führen auch ausgeprägte Bisenlagen zu einer Höheninversion und damit einer Hochnebelgrenze auf etwa 1500 bis 2000 m. Im Sommer herrscht bei Bise meistens schönes Wetter.
Wetterzeichen
Eine Wetteränderung kündigt sich meistens an. Um nicht überrascht zu werden, achten wir unterwegs auf folgende Anzeichen:
Cumulonimbus (Gewitterwolke): zieht häufig nach Nordosten.
Zirren und dahinterliegende Wolkenwand: eine Kaltfront ist im Anzug – höchste Zeit zur Umkehr.
Zirrostratusbewölkung: eine Warmfront ist im Anzug. Allmählich trübt es immer mehr ein.
Halo um Sonne oder Mond: feuchte Höhenluft. Langsame Wetterverschlechterung.
Bei (häufigem) Westwindwetter: Purpurfarbenes Abendrot: schlechtes Wetter zieht nach Osten ab, klare Nacht. Purpurfarbenes Morgenrot: Wetterverschlechterung aus Westen. Kondensstreifen von Flugzeugen lösen sich rasch auf: trockene Höhenluft, stabiles Wetter.
Kondensstreifen bleiben lange am Himmel: feuchte Höhenluft, langsame Wetterverschlechterung möglich.
Besser werdende Fernsicht: trockenere Luft, Wetterstabilisierung. Schlechter werdende Fernsicht: feuchtere Luft, mögliche Wetterverschlechterung. (Hoch) Nebel über den Niederungen: stabiles Hochdruckwetter, sofern • Obergrenze nicht ansteigt; • der Nebel sich nicht zu ungewohnter
Tageszeit auflöst.
Starkes Auffrischen des Windes in der Höhe, z. B. rascher Wolkenaufzug aus SW: Wetterverschlechterung.
Anzeige des auf gleicher Höhe belassenen Höhenmessers steigt: Druck fällt -> Wetterverschlechterung. Anzeige des auf gleicher Höhe belassenen Höhenmessers sinkt: Druck steigt -> • langsamer, steter Anstieg: Wetterverbesserung; • einem raschen Druckanstieg folgen oft
Druckfall und Wetterwechsel. Keine Regel ohne Ausnahme, auch nicht beim Wetter!