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The world’s most Mys vtous book
DAS GROSSE VOYNICH-RÄTSEL
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Andrea Fischbacher
Marie-Louise Lindon-Iten
Antonia und Sophia gewidmet, den beiden Frauen aus dem Mittelalter. Für sie gelte, was sie geschrieben:
«Das Wichtigste von allem ist die Liebe».
Dedicated to Antonia and Sophia, the two women from the Middle Ages. For them, what they wrote applies:
“The most important thing of all is love.”
Impressum
Alle Angaben in diesem Buch wurden von der Autorin nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und von ihr und vom Verlag mit Sorgfalt geprüft. Inhaltliche Fehler sind dennoch nicht auszuschliessen. Daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autorin noch Verlag übernehmen Verantwortung für etwaige Unstimmigkeiten.
Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe.
© 2023 Weber Verlag AG, 3645 Thun/Gwatt
Autorin und Korrektorat: Andrea Fischbacher
Zeichungen: Marie-Louise Lindon-Iten
Übersetzung: ?
Weber Verlag AG
Leitung/Konzept: Madeleine Hadorn
Gestaltung / Satz: Shana Hirschi
Bildbearbeitung: Dominic Fischer
Gestaltung Cover: Sonja Berger
ISBN 978-3-03818-381-5 www.weberverlag.ch
Die Weber Verlag AG wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2024 unterstützt.
Imprint
All information in this book was created by the author to the best of her knowledge and reviewed carefully by her and the publisher. Nevertheless, errors in content cannot be ruled out. All information is therefore provided without guarantee. Neither the author nor the publisher accepts responsibility for any discrepancies.
All rights reserved, including those of excerpts and electronic reproduction.
© 2023 Weber Verlag AG, 3645 Thun/Gwatt
Author and proofreader: Andrea Fischbacher
Drawings: Marie-Louise Lindon-Iten
Translation: ?
Weber Verlag AG
Lead/Concept: Madeleine Hadorn
Design/Typesetting: Shana Hirschi
Image editing: Dominic Fischer
Cover design: Sonja Berger
ISBN 978-3-03818-381-5 www.weberverlag.ch
Weber Verlag AG is supported by the Swiss Federal Office of Culture with a structural contribution for the years 2021–2024.
Vorwort
Wir standen kurz vor dem Abschluss unserer Arbeiten an den «Liebesbriefen aus der Steinzeit», da fielen Marie-Louise Lindon-Iten veröffentlichte Zeichnungen aus dem berühmten Voynich-Manuskript auf. Und ja, sie hatte recht, einige dieser Zeichnungen hatten tatsächlich grosse Ähnlichkeit mit der Darstellung, wie wir sie für die natürlichen Kräfte erstellten. Ihr Interesse war geweckt. Immer wenn es ihre Zeit zuliess, recherchierte, suchte, forschte sie diesen rätselhaften Zeichnungen nach. Und als die «Liebesbriefe» erschienen waren, hatte auch die Forschungsstelle wieder Kapazität und stieg in die Recherchen ein.
Es dauerte nicht lange, und Marie-Louise begann die Bilder zu zeichnen, und zwar genau so, wie sie das vorher für die Steinaussagen gemacht hatte, als eine Art Trance- oder Halbtrance-Zeichnungen. Diese gaben ihr Informationen weiter, die sie später auch direkter erhielt. Die Forschungsstelle prüfte in energetischen Testreihen, ebenfalls genau wie für die «Liebesbriefe», die vorliegenden Aussagen. Auf diese Weise arbeiteten wir uns Seite für Seite durch das umfangreiche Manuskript. Als Arbeitsgrundlage diente uns das sorgfältig gestaltete «The Voynich Manuscript», Editid by Raymond Clemens, ISBN 978-0-300-21723-0. Zu Beginn wussten wir nicht, wohin uns diese Reise führen würde. Ja, wir wussten nicht einmal, ob sie uns überhaupt irgendwohin führen würde. Doch schnell wurde klar, dass wir es mit
Preface
We were about to finish our work on the book “Liebesbriefe aus der Steinzeit” (“Love Letters from the Stone Age”) when Marie-Louise Lindon-Iten spotted some published drawings from the famous Voynich manuscript. And yes, she was right, some of these drawings did indeed bear a great resemblance to the illustration we created for the natural forces. Her interest was sparked. Whenever her time permitted, she researched, searched, and investigated these enigmatic drawings. And once the “Love Letters” had been published, the research centre also had capacity again and got involved in the research.
It wasn’t long before Marie-Louise began to draw the pictures, exactly as she had done before for the stone testimonies, as a kind of trance or semi-trance drawings. They passed on information to her, which she later also received more directly. The research centre tested the available statements in energetic test series, just as it had done for the “Love Letters”. In this way, we worked through the extensive manuscript page by page. We used the carefully arranged “The Voynich Manuscript”, Edited by Raymond Clemens, ISBN 978-0-30021723-0, as the basis for our work. In the beginning, we didn’t know where this journey would take us. In fact, we didn’t even know if it would lead us anywhere at all.
But it soon became clear that we were dealing with an old diary, a coded one, as it einem alten Tagebuch zu tun hatten, einem verschlüsselten, da es wohl nicht von jedermann gelesen werden durfte. Nun gab es für uns kein Halten mehr, wir wollten mehr erfahren. Wer hatte diese Zeichnungen angefertigt, wer hatte mit seiner schönen Handschrift was geschrieben? Es gab Fragen über Fragen. Natürlich sahen wir, dass bereits unzählige Versuche vorliegen, die rätselhafte Handschrift zu verstehen. Doch niemandem, so stellten wir fest, ist es bis heute gelungen, dieses «most mysterious book» zu entschlüsseln. Aus diesem Grund gibt es im vorliegenden Buch keine Quellenangaben, wir hatten keine Quellen. Die abgedruckten Zeichnungen stammen alle von Marie-Louise Lindon-Iten, das Copyright liegt bei ihr. was probably not supposed to be read by everyone. Now there was no stopping us, we wanted to learn more. Who had made these drawings, who had written what with their beautiful handwriting? There were questions upon questions. Of course, we saw that there are already countless attempts to understand the enigmatic manuscript. But no one, we discovered, has to date succeeded in decoding this “most mysterious book”. That’s why there are no references in this book, we had no sources. The printed drawings are all by MarieLouise Lindon-Iten, the copyright is hers.
Niemand verstand. Wir aber begannen zu verstehen. Wir blieben dran, arbeiteten weiter, Marie-Louise zeichnend und «lesend», die Forschungsstelle testend, ich selber schreibend. Der Prozess dauerte ein gutes Jahr und was wir erfahren durften, ergibt ein Kaleidoskop an Eindrücken aus einer längst vergangenen Zeit, aus unserer eigenen Schweizer Geschichte und Kultur. Uns ist es gelungen, einen weiteren Kulturschatz zu heben, darüber sind wir gleichermassen glücklich und dankbar. Ihnen, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, wünsche wir viel Freude beim Entdecken dessen, was in der weltweit rätselhaftesten Handschrift steckt.
No one understood. But we began to understand. We kept at it – we kept working, Marie-Louise was drawing and “reading”, the research centre was testing, and I was writing. The process took more than a year, and what we were privileged to experience yields a kaleidoscope of impressions from a time long gone, from our Swiss history and culture. We succeeded in unearthing another cultural treasure, and we are equally happy and grateful for this.
We hope you, dear reader, will enjoy discovering what lies within the world’s most mysterious manuscript.
Andrea Fischbacher Research Centre Energy & Cultural Sites Switzerland
Ihre Andrea Fischbacher Forschungsstelle Kraft-& Kulturorte Schweiz
Einleitung
Interview mit dem Medium
Marie-Louise Lindon-Iten
Marie-Louise Lindon-Iten, können
Sie als Medium wahrnehmen, wie die Handschrift ursprünglich hiess?
Sie hatte keinen Namen. Die vorliegende Schweizer Kulturgeschichte entstand aus der Not heraus, was sie besonders authentisch macht. Auch war sie weder als Kulturgeschichte noch als Ganzes geplant, vielmehr entstand sie als sehr persönlicher Fortsetzungsbericht und wurde über Jahre fortgeführt, und zwar von zwei jungen Autorinnen.
Über die mögliche Autorschaft wurde schon vielfach spekuliert. Wer waren diese Autorinnen?
Sie waren erst 17 und 15½ Jahre alt, als sie mit dem Tagebuch begannen. Antonia, die ältere Schwester, hat geschrieben und Sophia, die jüngere, gezeichnet. Ihr Vater war aller Wahrscheinlichkeit nach der mächtige Franchino Rusca († 1339), Herr von Como und Bellinzona. Er war dreimal verheiratet, aber offenbar nicht mit der Mutter der beiden Schwestern, mit Aurelia. Sie scheint seine grosse Liebe und Stütze gewesen zu sein, allerdings konnte er sie als Mädchen ohne Namen nicht heiraten. Seine Eheschliessungen dienten der Stärkung seiner gesellschaftlichen Position und seiner politischen Macht. Dennoch sorgte er stets für die Sicherheit und das Wohlergehen seiner Wunschfamilie und für die Bildung seiner Töchter. Die Mutter, Aurelia, muss eine ganz
Introduction
Interview with the medium
Marie-Louise Lindon-Iten
Marie-Louise Lindon-Iten, as a medium, can you perceive what the manuscript was originally called?
It had no name. This Swiss cultural narrative was created out of hardship, which makes it particularly authentic. It was neither planned as a cultural narrative nor as a whole, rather it was written as a very personal serial and continued over the years, by two young female authors. There has been much speculation about the possible authorship. Who were these authors? They were only 17 and 15½ years old when they started the diary. Antonia, the older sister, wrote and Sophia, the younger, drew. Their father was in all probability the powerful Franchino Rusca († 1339), lord of Como and Bellinzona. He was married three times, but apparently not to the mother of the two sisters, Aurelia. She seems to have been his great love and support, but as a girl without a name, he could not marry her. His marriages served to strengthen his social position and political power. Nevertheless, he always ensured the safety and well-being of his family of choice and the education of his daughters. Their mother, Aurelia, must have been a very special woman. She was, on the one hand, very educated and clairvoyant on the other. She passed besondere Frau gewesen sein. Sie war zum einen sehr gebildet und zum anderen hellsichtig. Sie hat ihren Töchtern ihr altes Wissen überliefert. Um die Zeit der Entstehung der Handschrift lebte sie auf der Burg von Bellinzona. Wie offen Rusca mit seiner nicht offiziellen Familie umging, lässt sich schwer sagen.
Wo schrieben und zeichneten die Rusca-Töchter dieses Buch?
Auf der Schnabelburg der von Eschenbachs auf dem Albis. Allerdings wussten sie lange Zeit nicht, wo sie sich befanden.
Wie kamen sie von Bellinzona auf den Albis?
Es war die Zeit des langsamen Niedergangs des Adels. Die Schnabelburger verarmten, sie wurden immer mehr zu Raubrittern und Söldnern. Ein Raubzug im Süden war möglich. Sie fanden sicher mehr als nur die beiden jungen Frauen in der Nähe der Burg von Bellinzona. Der Burgherr, Franchino Rusca, war mit seinem Gefolge für einige Tage ortsabwesend, was sich offenbar herumgesprochen hatte. Walter IV. von Eschenbach mit seinen Gesellen raubte die gut gekleideten jungen Damen, wohl ohne zu wissen, um wen es sich dabei genau handelte. Bei Nacht und Nebel brachte er sie auf seinen Pferden über den Gotthard in seine Ritterburg auf dem Albis. Als seine Gefangenen sollten sie ihm zu Diensten sein, was sich dank der Sprachgrenze vor allem auf den Körper bezog – für ihn eine einfache, für die jungen Frauen eher keine einfache Sache. Obwohl er ihnen keine Wahl liess, schei- on her ancient knowledge to her daughters. Around the time the manuscript was written, she lived in the castle of Bellinzona. It’s difficult to say how candid Rusca was when it came to his non-official family.
Where did the Rusca daughters write and draw this book?
At Schnabelburg Castle of the von Eschenbachs on the Albis. However, for a long time, they didn’t know where they were.
How did they get from Bellinzona to the Albis?
It was the time of the slow decline of the nobility. The lords of Schnabelburg Castle became impoverished, they turned more and more into robber barons and mercenaries. A raid in the south was possible. They certainly found more than just the two young women near the castle of Bellinzona. The lord of the castle, Franchino Rusca, was absent with his retinue for a few days, which had apparently got around. With his henchmen, Walter IV von Eschenbach abducted the well-dressed young ladies, probably without knowing exactly who they were. In the dark of night, he took them on his horses over the Gotthard to his castle on the Albis. As his captives, they were to be at his service, which, owing to the language barrier, mainly referred to the body – easy for him, not so much for the young women. Although he gave them no choice, they seemed to have tricked nen sie ihn immer wieder ausgetrickst zu haben. Aber auch wenn sie ihm immer wieder entkamen, hatten sie Angst vor ihm, auch wegen der Ungewissheit ihrer Zukunft. Eine emotionale Bindung gab es von keiner Seite.
Wann war das? Stimmt die Zeit mit der wissenschaftlichen Einschätzung der Handschriftenentstehung überein? Das begann, entgegen der wissenschaftlichen Einschätzung, im bedeutenden Jahr 1308. Freiherr Walter IV. von Eschenbach, Burgherr der Schnabelburg, und Entführer der beiden Mädchen, war am 1. Mai 1308 am berühmtberüchtigten Königsmord von König Albrecht I. von Habsburg beteiligt. Da die Gefangenen die Geschichte des Königsmordes laut ihren Aufzeichnungen unmittelbar mitbekamen, dürfte ihre Gefangennahme kurz davor, Ende März oder im April 1308 datieren. Wie sie mit dem Umstand umgingen, von einem Königsmörder entführt worden zu sein und körperlich begehrt zu werden, lässt sich nur erahnen. Das sind die Stoffe, aus denen Traumata bestehen.
Aber warum schrieben sie als Gefangene ein Buch?
War das eine Auftragsarbeit?
Zu schreiben begannen sie in der schwierigen Zeit des Erwachsen-Werdens, wobei man damals viel früher als erwachsen galt. Der erste Teil der Handschrift beinhaltet Überlebenshilfe und Widerstand.
Es hat den Schwestern geholfen, die Situation der Gefangenschaft zu meistern und him time after time. But even though they got away from him again and again, they were afraid of him, also because of the uncertainty regarding their future. There was no emotional attachment from either side.
When was that? Does the period coincide with the scholarly assessment of the origin of the manuscripts?
This began, contrary to scholarly assessment, in the momentous year 1308. Baron Walter IV von Eschenbach, lord of Schnabelburg Castle, and abductor of the two girls, was involved in the notorious regicide of King Albrecht I of Habsburg on 1 May 1308. Since the captives, according to their records, were immediately aware of the story of the regicide, their abduction is likely to date shortly before, in late March or April 1308. One can only guess how they coped with the fact that they had been abducted by a kingslayer and were physically lusted after. This is the stuff that trauma is made of.
But why did they write a book as captives? Was this a commissioned work?
They started writing during the difficult time of growing up, although in those days one was considered an adult much earlier. The first part of the manuscript contains survival assistance and resistance. It helped the sisters cope with being in captivity and gave them something während der langen, leeren Tage in ihrer Burgkammer beschäftigt zu sein. Sie beschlossen, ein Gefangenentagebuch zu schreiben und verlangten Pergament, Farbpigmente und Schreibzeug. Dass der Schnabelburger dieser Bitte nachkam und das Verlangte wahrscheinlich im nahen Kloster Kappel, einer EschenbachSchnabelburg-Stiftung, besorgen liess, zeigt, dass er die jungen Frauen nicht nur schlecht behandelte. Die Jüngere, Sophia, konnte offenbar telepathisch den Kontakt zur hellsichtigen Mutter herstellen. Sie konnte ihr zwar nicht sagen, wo sie festgehalten wurden, denn sie wussten es selbst nicht. Dennoch schien die Mutter eine grosse Hilfe mit dem Buch gewesen zu sein. Auch wird sie die beiden Töchter während der Gefangenschaft moralisch unterstützt und stabilisiert haben.
Wie setzten sie die Sprache zusammen?
Antonia, die Schreiberin, war für die Sprache zuständig. Da es zu riskant gewesen wäre, ein offensichtliches Gefangenentagebuch zu schreiben, erfand sie eine ganz eigene Geheim- oder Phantasiesprache, die nicht Wort für Wort zu entschlüsseln ist. Auf wissenschaftlichem Weg lässt sich da leider nichts machen. Dennoch kann ich als Medium das Geschriebene ganzheitlich wahrnehmen. Dem Burgherrn blieb der Inhalt tatsächlich verborgen.
Zusätzlich waren die Pergamentbogen als hübsches Herbar getarnt. Bisher scheint niemand auf die Idee gekommen zu sein, to do during the long, empty days in their castle chamber. They decided to write a prisoners’ diary and asked for parchment, colour pigments and writing materials. The fact that the lord of Schnabelburg Castle complied with this request and probably had the desired materials procured from nearby Kappel monastery, an Eschenbach-Schnabelburg foundation, shows that he didn’t only treat the young women badly.The younger one, Sophia, was apparently able to telepathically get in touch with her clairvoyant mother. She couldn’t tell her where they were being held, because they didn’t know themselves. Nevertheless, the mother seemed to have been a great help with the book. She will also have provided moral support and stability for the two daughters during their captivity.
How did they put the language together?
Antonia, the scribe, was responsible for the language. Since it would have been too risky to write an obvious prisoners’ diary, she invented her very own secret or fantasy language that cannot be decoded word for word. Unfortunately, it cannot be solved scientifically. Nevertheless, as a medium, I can perceive what is written holistically. The contents actually remained hidden from the lord of the castle.
In addition, the parchment sheets were disguised as a pretty herbarium. So far, no one seems to have thought of decoding the visual language, because it is almost die Bildsprache zu entschlüsseln, denn diese ist fast noch aussagekräftiger als die Phantasiesprache.
Wieso wechseln die Bilder von Blumen zu Badeszenen, weshalb Badeszenen?
Sophia malte, was sie kannte. Offensichtlich kannte sie sich mit Blumen aus und ein Herbar scheint ihr als Deckmantel für ihr Gefangenentagebuch tauglich gewesen zu sein. Interessant ist auch die Beobachtung, dass für die Handschrift, im Gegensatz zu den bekannten Klosterhandschriften, weder wertvolle Farben noch Gold verwendet wurde. Später, auf der Habsburg, musste das Geschriebene wohl nicht mehr zwingend verschlüsselt werden. Offenbar haben die beiden Frauen dennoch an der eingeschlagenen Richtung festgehalten, auch an der Art der Farben, lediglich die Bildinhalte wechselten von Blumen zu Badenden. Wahrscheinlich genossen die Frauen den Badespass und anscheinend hat er sie beeindruckt. Die Wölbungen und Verbindungsbogen, die in den Bildern zuweilen mit Blumendarstellungen gemixt oder ergänzt werden, finden sich übrigens in der Zisterne, die 2017 durch den Sturz der Kuh Belinda in Habsburg ans Tageslicht kam. Womöglich haben sich die beiden Frauen hier mit ihren Liebsten getroffen, mit den Kindern badeten sie hingegen an Bächen, was sie beschreiben.
Was ist das Thema der Handschrift?
Sie begann wie gesagt als Gefangenentagebuch und hielt die persönliche Entwicklung even more revealing than the made-up language. Why do the pictures change from flowers to bathing scenes, and why bathing scenes?
Sophia painted what she knew. She obviously knew her way around flowers and a herbarium seems to have been suitable as a cover for her prison diary. It’s also interesting to note that, unlike the known monastic manuscripts, neither precious colours nor gold was used for the manuscript. Later, at Habsburg Castle, it was probably no longer necessary to encode what was written. Apparently, the two women nevertheless continued in the direction they had taken, including the type of paints; only the content of the pictures changed from flowers to bathers. The women probably enjoyed bathing and apparently, it made an impression on them. Incidentally, the vaults and connecting arches, which are sometimes mixed or supplemented with floral depictions in the paintings, can be found in the cistern that was discovered in Habsburg in 2017, when Belinda the cow fell into it. This may be where the two women met up with their loved ones, while with the children they bathed in streams, which is what they describe.
What is the theme of the manuscript?
As mentioned, it began as a prisoners’ diary and recorded the personal develop - der beiden jungen Frauen und der unmittelbaren Zeitgeschehnisse fest. Die Leserin, der Leser erfährt Spannendes über den Königsfelder Königsmord, über den Alltag des Adels und der Bauern, über das Leben auf der Schnabelburg, die Entstehung des Klosters Königsfelden und vor allem über das Leben auf der Habsburg, wohin die Frauen für einige Zeit übersiedelten, bevor sie nach Bellinzona zurückkehrten. Bruchstückhaft kommt auch historisch Überliefertes zur Sprache, etwa zur Schlacht am Morgarten oder zur Schlacht in Mühldorf, und dies aus der Perspektive der Zeitzeuginnen. Die Handschrift endet 1330 mit dem Tod Friedrichs I. von Habsburg. ment of the two young women and the immediate events of the time. The reader learns exciting facts about the Königsfelden regicide, the everyday life of nobility and peasants, life at Schnabelburg Castle, the origins of Königsfelden Monastery and above all life at Habsburg Castle, where the women settled for a while before returning to Bellinzona. Fragments of historical events are also mentioned, such as the Battle of Morgarten or the Battle of Mühldorf, from the perspective of our contemporary witnesses. The manuscript ends in 1330 with the death of Frederick I of Habsburg.
Obwohl die letzten Jahre nur sehr lückenhaft beschrieben werden, wird schnell klar, dass die Fernbeziehungen immer wieder auch als Nahbeziehungen gelebt wurden. Die Verbindung zwischen den beiden Bellinzonerinnen und den beiden Habsburgern muss sehr eng und von einer tragenden Liebe geprägt gewesen sein. Das Spezielle an der Schrift liegt darin, dass sie zwar bei den Herren der damaligen Welt entsteht, die Herren- oder Herrschergeschichte jedoch nur am Rande einfliessen lässt. Es ist ein typisches Frauenbuch, das den Alltag, die Umstände, die Sorgen und Nöte und die Möglichkeiten schildert, auch immer wieder diejenigen der kleinen Leute. Unsere Geschichtsschreibung ist ja immer mehr Herren- und Herrschergeschichte denn Frauen- oder Volksgeschichte. Diese Handschrift ist das Pendant dazu.
Although the last few years are described only very vaguely, it quickly becomes clear that the long-distance relationships were always lived as close relationships as well. The connection between the two women from Bellinzona and the two men from Habsburg must have been very close and characterised by steadfast love. What is special about the manuscript is that although it originates with the lords of the realm of the time, the history of lords or rulers is only peripherally incorporated. It is a typical women’s book that describes everyday life, the conditions, the worries and hardships and the possibilities, including, again and again, those of the little people. Our historiography is always more the history of masters and rulers than the history of women or the people. This manuscript is the counterpart to that.
Wo konnten die vier Personen ihre Nahbeziehung pflegen?
Sie scheinen sich vorwiegend auf halbem Weg, in der kleinen Trutzburg am Zugersee getroffen zu haben. Die Burg besteht heute zwar nicht mehr als Burg, ihre Reste sind jedoch in einem Bauernhaus aus dem 16. Jahrhundert noch immer erhalten. Es ist in Privatbesitz, kaum jemand weiss von seiner speziellen Vergangenheit.
Seit wann liegt die Handschrift in Buchform vor?
Bindung und Seitennummerierung stammen nicht von den Autorinnen, die Notfallapotheke bildet einen selbständigen Teil und ist nicht integraler Bestandteil der Handschrift. Die Autorinnen nähten die Blätter, in Bündel geordnet, mit Leinenfaden zusammen und verschenkten die Bündel in Leinenstoff oder Pergament eingewickelt als ungebundene Handschrift ihren Liebsten, Friedrich I. und Leopold I. von Habsburg, die Notfallapotheke zum täglichen Gebrauch, die übrige Handschrift als Erinnerung. Da die jungen Frauen keine standesgemässen Nachkommen mit adligem Stammbaum waren, war eine Heirat mit einem Habsburger ausgeschlossen.
Handelt es sich bei der Handschrift um eine Schweizer Kulturgeschichte?
Die Handschrift gewährt interessante Einblicke in die Zustände, Machenschaften und Entwicklungen der damaligen Zeit in der heutigen Schweiz. Sie zeigt die Schwierigkeiten, die sich aus den gültigen Normen ergaben und das überraschend
Where could the four people cultivate their close relationship?
They seem to have met mainly halfway, in the small fortress on Lake Zug. The castle no longer exists as a castle today, but its remains are still preserved in a 16th -century farmhouse. It is privately owned, and hardly anyone knows about its special past.
Since when has the manuscript been available in book form?
Binding and page numbering are not by the authors, the emergency pharmacy forms an independent part and is not an integral part of the manuscript. The authors sewed the sheets, arranged in bundles, together with linen thread and gave the bundles, wrapped in linen or parchment, as unbound manuscripts to their sweethearts, Frederick I and Leopold I of Habsburg, the emergency pharmacy for daily use, the rest of the manuscript as a memento. Since the young women were not descendants of noble birth, marriage to a member of the Habsburg dynasty was out of the question.
Is the manuscript a Swiss cultural narrative?
The manuscript provides interesting insights into the conditions, machinations and developments of that time in presentday Switzerland. It shows the difficulties that arose from the prevailing norms and the surprisingly progressive mindset of fortschrittliche Denken der jungen Leute. Aus den Einträgen ist eine eindrückliche und spannend zu lesende Schweizer Kulturgeschichte aus der Frauenperspektive entstanden. the young people. The entries create an impressive and enthralling Swiss cultural narrative from a female perspective.
Mit welchen drei Adjektiven würden Sie die Handschrift auszeichnen?
Klärend, verblüffend, berührend.
Vielleicht sogar erschütternd.
Which three adjectives would you use to describe the manuscript?
Clarifying, astonishing, touching. Perhaps even shocking.
GLIEDERUNG DER VOYNICH-HANDSCHRIFT
Teil I, 01–66A
– Herbar 1308
– Gefangenentagebuch von Antonia und Sophia auf der Schnabelburg, getarnt als Herbar
– Verbotene Ausgänge aus der Schnabelburg, kennen lernen der Bauern und der näheren Albis-Umgebung
– Aufzeichnungen der Lehr- und Wanderzeit
– Ausbildung bei der Heilerin Gertrud zu Heilerinnen und Lehrerinnen
– Hospiz- und Schulgründung
– Erster Pestfall am Albis
– Erste Kontakte und Zusammenarbeit mit Agnes von Ungarn in Königsfelden
– Mentorat für Königin Agnes Hospiz in Königsfelden
– Erster Pestfall in Königsfelden
– Übersiedlung von Antonia und Sophia auf die Habsburg
– Wiedersehen mit den Eltern im Herbst 1308
Teil II.I, 67–74A
– Einschub Gesprächsprotokolle 1308
– Habsburgs Situation nach dem Königsmord von 1308
– Evaluation der Königsnachfolge im Hause Habsburg
– Monatszeichen: Bestandesaufnahme von Habsburgs Macht nach dem Mord
– Politik: Habsburg-Eidgenossen und die Kraft der Frauen
Structure Of The Voynich Manuscript
Part I, 01–66A
– Herbarium 1308
– Prisoners’ diary of Antonia and Sophia at Schnabelburg Castle, disguised as a herbarium
– Illicit outings from Schnabelburg Castle, getting to know the farmers and the nearer Albis surroundings
– Records of the apprenticeship time
– Learning from the healer Gertrud to become healers and teachers
– Hospital and school foundation
– First plague case on the Albis
– First contacts and collaboration with Agnes of Hungary in Königsfelden
– Mentorship for Queen Agnes Hospital in Königsfelden
– First case of plague in Königsfelden
– Antonia and Sophia move to Habsburg Castle
– Reunion with the parents in autumn 1308
Part II.I, 67–74A
– Insert of interview transcripts 1308
– Habsburg situation after the regicide of 1308
– Evaluation of the royal succession in the House of Habsburg
– Sign of the month: taking stock of Habsburg power after the regicide
– Politics: Habsburg-Swiss confederates and the power of women
Teil II.II, 75–86
– Badekapitel 1309–1310
– Alltagsleben auf der Habsburg als Erzieherinnen, gestaltet als Badekapitel
– Neues Erziehungs- und Schulungsmodell
– Erste Liebe
– Moderne Ideen und etwas Politik, eine Art Traumplan
– Abschied und gegenseitige Liebesversprechen 1310
Teil III, 87–102C
– Mentale Notfallapotheke für Friedrich und Leopold: Lebenshilfe
– Mentale Notfallapotheke für Friedrich und Leopold: Heilpflanzen und Lebenshilfe
Teil IV, 103–117
– 1311–1330
– Persönliche Einzelnachrichten bis zum Tod Friedrichs I.
Part II.II, 75–86
– Bathing chapter 1309–1310
– Everyday life at Habsburg Castle as teachers, arranged as a bathing chapter
– New education and training model
– First love
– Modern ideas and some politics, a kind of dream plan
– Farewell and mutual promises of love 1310
Part III, 87–102C
– Mental emergency pharmacy for Frederick and Leopold: life assistance remedies
– Mental emergency pharmacy for Frederick and Leopold: medicinal plants and life assistance remedies
Part IV, 103–117
– 1311–1330
– Personal individual messages until the death of Frederick I
Interpretation Teil I
Gefangenentagebuch als Herbar 1308
01–14A: Gefangenentagebuch von Antonia und Sophia auf der Schnabelburg, getarnt als Herbar
15–28A: Verbotene Ausgänge aus der Schnabelburg, kennen lernen der Bauern und der näheren Albis-Umgebung
29–61A: Aufzeichnungen der Lehr- und Wanderzeit
29–39: Ausbildung bei der Heilerin Gertrud zu Heilerinnen und Lehrerinnen
39A-48: Hospiz- und Schulgründung
48A-51: Erster Pestfall am Albis
51A-55A: Erste Kontakte und Zusammenarbeit mit Agnes von Ungarn in Königsfelden
56–66A: Mentorat für Königin Agnes Hospiz in Königsfelden
60A-61A: Erster Pestfall in Königsfelden
63A-64: Übersiedlung von Antonia und Sophia auf die Habsburg
64A-66: Wiedersehen mit den Eltern im Herbst 1308
Interpretation Teil I
Prisoners’ diary as herbarium 1308
01–14A: Prisoners’ diary of Antonia and Sophia at Schnabelburg Castle, disguised as a herbarium
15–28A: Illicit outings from Schnabelburg Castle, getting to know the farmers and the nearer Albis surroundings
29–61A: Records of the apprenticeship time
29–39: Learning from the healer Gertrud to become healers and teachers
39A-48: Hospital and school foundation
48A-51: First plague case on the Albis
51A-55A: First contacts and collaboration with Agnes of Hungary in Königsfelden
56–66A: Mentorship for Queen Agnes Hospital in Königsfelden
60A-61A: First case of plague in Königsfelden
63A-64: Antonia and Sophia move to Habsburg Castle
64A-66: Reunion with the parents in autumn 1308