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Die Dorfmatten

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Die Wehren-Matte

◀ Foto ca. 1910.

Die grosse Matte, auf welcher 1912/1913 das Hotel

Bellevue erbaut wurde, gehörte samt Scheune einer

Familie Wehren.

Auf dem Bild die «Pension Bellevue» mit Veranda und an der Strasse steht noch die Wehren-Scheune. Foto ca. 1906. Das Chalet «Mille Fleur», erbaut 1766, ganz links war ursprünglich zur Hälfte Haus und zur Hälfte Scheune. Die grosse Scheune rechts gehörte Familie Reichenbach unter der Brücke. Das Land reichte vom Holzzaun bis über das Eisbahnareal.

Die Reichenbach-Matte in Unter-Gstaad

Diese Besitzung grenzte gegen Osten an die Wehren-Matte und im Süden reichte sie über das heutige Curlinghallenareal, die Eisbahnmatte, bis zum Standort der «Bernerhof»-Personalhäuser.

Das Stammhaus der Familie Reichenbach von 1813 steht unter der später erbauten Eisenbahnbrücke. Die kleine Scheune auf dem Eisbahnareal wurde um 1910 abgerissen, während die grosse Scheune, welche links des Reichenbach-Hauses gestanden hatte, später auf die andere Seite des Hauses versetzt worden ist.

Auf der ehemaligen Reichenbach-Matte stehen heute unter anderem das «Hotel Victoria» sowie «Charly’s Tea-Room».

▶ Foto 1905.

Links die Hauswirth-Matte mit der Scheune. Nach dem Holzzaun folgt die Reichenbach-Matte. Die

Bernerhof-Scheune und Oehrli Bäckerei stehen ebenfalls auf Land, welches zu dieser Besitzung gehörte. Das Würstenhaus ist im Bau.

Für den Bau der Bernerhof-Scheune 1905, wurde u. a. das Gerüstholz verwendet, welches für die

Erstellung des Eisenbahnviadukts diente.

◀ Foto ca. 1908.

Das Reichenbach-Haus von 1813 mit Brunnenhüsli.

Die Eisbahnmatte rechts gehörte noch zur Besitzung.

Die Hauswirth-Matte

Weiter Richtung Ober-Gstaad folgte die grosse Hauswirth-Matte. Dort hatte das Stammhaus von Matthäus Hauswirth und dessen Sohn Alfred gestanden, welches 1919 abgerissen wurde. An dessen Stelle wurde ein Jahr später das Bankgebäude der «Spar- und Leihkasse Thun» erbaut.

Die angebaute Scheune wurde bereits 1904 abgerissen und an deren Stelle das «Cadonau-Haus» erbaut. 1907 ist eine Ersatzscheune neben dem Wohnhaus auf der heutigen Strassenparzelle zur katholischen Kirche erbaut worden.

Familie Hauswirth verkaufte 1906 die Bauparzelle für das «Hotel National» und einige Jahre später die restliche Besitzung samt Wohnhaus und Scheune an Robert Steffen und einen Herrn Dupertuis aus Montreux.

◀ Foto ca. 1916.

V.l. auf der Hauswirth-Matte: Scheune,

Wohnhaus und Cadonau-Haus.

◀ Skifahren auf der

Hauswirth-Matte,

Winter 1913/14. Die Erschliessungsstrassen und die Parzellierung der Hauswirth-Matte wurden von Robert Steffen geplant. Nach seinem unerwartet frühen Tode im Jahre 1923 verkaufte seine Witwe einige Parzellen und liess noch im selben Jahr einen Teil der Erschliessungsstrasse erstellen.

Zwei Jahre später verkaufte sie auch die Hauswirth-Scheune, welche infolgedessen abgerissen wurde.

In den 192oer Jahren wurden sämtliche Parzellen zu einem Quadratmeterpreis von ca. CHF 10.– verkauft, und alle Wohnhäuser im heutigen «Kirchenfeld» sind noch in dieser Zeit erbaut worden. 1930 folgte die katholische Kirche und 1959 ist dann die letzte Parzelle mit dem Bankgebäude der «Berner Kantonalbank» überbaut worden.

Foto 1913. Jacques Chardonne auf der Palace-Strasse. Hinter dem Hotel National die Hauswirth-Matte mit Wohnhaus.

Die Zwahlen-Reichenbach-Matte (spätere Suter-Matte)

Dieses riesige, 18600 m2 umfassende Landgut begann südlich des «Hotel National» Richtung Ober-Gstaad, dem Hangfuss des Oberborts entlangreichend, bis zum heutigen Doktorhaus (Dr. Sollberger), seitlich an die alte Lauenenstrasse und vorne an die Dorfstrasse grenzend.

Das Stammhaus der Familie Reichenbach stand auf einer hohen Natursteinmauer, welche das Haus vom Gstaadplatz abhob (Standort der heutigen Drogerie von Grünigen). Der First dieses sehr grossen Hauses war der Wirtschaft «Rössli» zugewendet und eine elegant geschwungene Treppe führte auf derselben Seite zum Hauseingang. Hinter dem Haus war eine Scheune angebaut und eine zweite stand weiter in der Matte (auf der Höhe der heutigen Apotheke).

Der Besitzer, Johann Samuel Reichenbach, war von 1847 bis 1852 und von 1858 bis 1877 Regierungsstatthalter von Saanen. Er wünschte, dass er die Amtsgeschäfte in seinem Wohnhaus in Gstaad ausführen durfte, was ihm ausnahmsweise auch gestattet wurde. Dies allerdings mit der Auflage, dass er sich verpflichten musste, «sich mindestens dreimal in der Woche in Saanen der Öffentlichkeit zu zeigen». Eine Tochter des Regierungsstatthalters Reichenbach hatte Gottlieb Zwahlen geheiratet, und so wurde die Besitzung nach dem Tode des Vaters «Zwahlen-Reichenbach-Matte» bzw. «-Haus» genannt.

Während des Gstaadbrandes befand sich Frau Zwahlen in Paris, um ihre dort verheiratete Tochter zu besuchen. Nach ihrer Rückkehr fand sie nur noch einige wenige gerettete Möbelstücke vor; vom stattlichen Haus hingegen war nur eine riesige Brandstätte übrig geblieben.

Voller Wut und Verzweiflung machte sie der Feuerwehr nun grosse Vorwürfe und beschuldigte den Feuerwehrkommandanten, die Rettung ihres Hauses bewusst unterlassen zu haben. Dies führte im Anschluss zu einer Untersuchung und allerlei Spekulationen.

Tatsächlich aber hatte der Feuerwehrkommandant entschieden, das «Rössli» und den dahinter liegenden alten Dorfkern zu retten. Das Reichenbach-Haus hatte ja wie erwähnt auf einer hohen Mauer gestanden, und durch die davor liegende Lauenenstrasse war die Distanz zwischen den beiden Häusern auch grösser gewesen als bei allen anderen Gebäuden. So hatten sich die Feuerwehren auf die noch zu rettenden Häuser des «Rössli» und der «Salzhütte» («Ammannhaus») konzentriert.

Foto ca. 1902. Nach dem Brand ist die Zwahlen-Scheune neu erbaut worden. Rechts von der Scheune die eingezäunte Brandstätte «Sternen». Foto ca. 1905.

▶ Foto 1907.

Die noch unüberbaute Zwahlen-Matte. Das Haus auf der Brandstätte Sternen wurde in diesem Jahr erbaut.

Alles verfügbare Wasser war mit den Spritzen an die beiden Hausfassaden gespritzt worden, um ein Übergreifen des Feuers auf den damaligen Dorfkern zu verhindern; ansonsten nämlich wäre ganz Gstaad vollständig verbrannt.

Herr und Frau Zwahlen haben sich in ihrer Verzweiflung dazu entschlossen, zu ihrer Tochter nach Paris auszuwandern. Im November 1898 haben sie das gerettete Mobiliar versteigern lassen, um danach Gstaad für immer zu verlassen.

Um sich gewissermassen zu rächen, haben sie auf der Brandstätte ihres Hauses einen Bretterschopf errichten lassen, um dem «Rössli» die Aussicht wegzunehmen. Gleichzeitig hat Frau Zwahlen geschworen, die Besitzung nie einem Einheimischen zu verkaufen. Tatsächlich ist die Liegenschaft erst nach ihrem Tode verkauft worden.

Nach dem Brand hat die Gemeinde beabsichtigt, die Lauenenstrasse zu verbreitern. Es gab aber auch Pläne, die Strasse an den Lauibach zu verlegen. Diese hätte von der Sägerei Reichenbach an der Lauenenstrasse (spätere Sägerei Dorner) bis zur Pferdescheune der Sägerei Reichenbach (heutiges «Huus am Bach») führen sollen.

Verschiedene Kaufinteressenten waren mit dem Schwiegersohn von Frau Zwahlen, Herrn Légeret-Zwahlen aus Paris, in Verhandlung gewesen, um die Liegenschaft erwerben zu können. Schliesslich aber konnte der sprachgewandte Robert Steffen die ganze Parzelle erwerben. Dies allerdings mit der Absicht, diese sofort an die Gebrüder Suter aus Villeneuve weiterzuverkaufen und für sich als Vermittlungsprovision ein Stück Land zu behalten, welches er für den Bau der Palacestrasse unbedingt benötigte.

Im September 1911 kam Herr Légeret-Zwahlen nach Gstaad, um den Landverkauf zu besiegeln und noch am gleichen Tag mit einem Scheck über CHF 65000.– wieder abzureisen.

Robert Steffen verkaufte das für die Verbreiterung der Lauenenstrasse benötigte Land an die Gemeinde, welche dann 1913 die markante Stützmauer abreissen liess, um die Strasse verbreitern zu können.

Durch den Bau des Eisenbahndammes in der sogenannten «Reichenbachkurve» ist der äusserste Teil der Suter-Matte, wie sie nach dem Verkauf genannt wurde, abgetrennt und 1913 für den Bau des heutigen Loertscher-Graa-Hauses verkauft worden.

Im Jahre 1915 bauten die Gebrüder Suter eine Erschliessungsstrasse («Suterstrasse»), um das Land erschliessen und parzellieren zu können.

Im gleichen Jahr, also erst 17 Jahre nach dem Gstaadbrand, ist diese geschichtsträchtige Matte mit den ersten zwei Häusern überbaut worden. 1918 wurde der Viehmarktplatz erstellt und 1930 war bereits die gesamte Suter-Matte (mit Ausnahme des Kinos, welches 1955 erstellt wurde) überbaut.

Foto 1910. Ein Jahr bevor die Matte an Suter verkauft wurde. Foto 1916. Mit dem Bau der «neuen Post» und dem Chalet Central wird die Suter-Matte ab 1915 überbaut.

Foto 1910. Die noch unverbauten Matten. Parkhotel im Bau.

Von-Grünigen-Matte in Unter-Gstaad

Das Land der von-Grünigen-Matte reichte vom Stammhaus gegenüber dem Stockbrunnen bis hinauf zur Gstaad-Kapelle. Auch der Ebnitbühl, das grosse Landstück hinter dem Gstaad-Viadukt, gehörte samt der Scheune zur Besitzung von Grünigen.

Diese grosse Besitzung bestand aus drei Wohnhäusern und zwei Scheunen. Das Stammhaus der Familie Gottfried von Grünigen-Kübli, erbaut 1822, welches zuvor Herrn Kropfli gehört hatte, befand sich dort, wo heute der Coop steht.

Auf diesem Terrain wurden ein Teil des Bahnhof- und Postareals sowie sämtliche Geschäftshäuser an der Dorfstrasse vom «Bernerhof» bis und mit «Hotel Christiania» erbaut.

Beim Bau der MOB ist das Land auf dem Ebnitbühl durch die Geleiseanlage zweigeteilt worden. Die Landentschädigung für den Geleisebau betrug damals 50 Rappen pro Quadratmeter.

Foto 1905. Kurz vor der Einweihung der Eisenbahn. Die von-Grünigen-Matte liegt zwischen Hotel Bahnhof und der Scheune rechts im Bild.

Unter-Gstaad vor und nach dem Bau der Eisenbahn

Diese zwei Bilder zeigen auf ausserordentliche Weise, wie der Eisenbahnbau Gstaad und seine Landschaft verändert hat.

Obwohl zwischen den beiden Aufnahmen nur sieben Jahre liegen, ist das Bild von 1898 recht schwierig in die Landschaft einzuordnen.

Links im Bild die beiden Wohnhäuser, welche der Familie von Grünigen gehörten. Das linke Haus steht heute in der Bissen, das Haus rechts ist im Grund wieder aufgebaut worden.

Auf der von Grünigen-Besitzung steht der heutige Coop und anstelle der Scheune in der Mitte das Hotel Christiania. Das Wohnhaus rechts vorne im Bild diente damals als Genossenschaftsbäckerei und wurde zu jener Zeit von Bäcker Andreas Jost betrieben. Dieses Haus wurde 1911 abgebrochen und in Ebnit wieder aufgebaut. An dieser Stelle erbaute Armin Hefti das heutige Geschäftshaus der Comestibles Pernet.

Im Hintergrund rechts das Wohnhaus der Familie Reichenbach. Rechts davon, in der Kählen, sieht man zwei Kornfelder.

Die Matte im Vordergrund gehörte Lehrer Robert Würsten. Auf dieser ist 1903 der Bahnhof erbaut worden.

Die kleine Scheune vor der Genossenschaftsbäckerei, ganz rechts im Bild, ist 1904 abgerissen worden. An dieser Stelle erbaute Adolf von Siebenthal das Hotel Bahnhof.

Foto ca. 1898. Vor dem Eisenbahnbau.

▶ Foto 1905.

V.l. die zwei Wohnhäuser und Scheune der von-

Grünigen-Besitzung. Das Haus hinter dem Hotel

Bahnhof gehörte ebenfalls dazu und wurde als

«Genossenschaftsbäckerei» vermietet (heute Haus

Stucki im Ebnit).

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