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MADE TO MEASURE

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DER NEUE

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MASSSCHNEIDER ERLEBEN IN DEUTSCHLAND EIN COMEBACK

„Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedes mal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch.“ GEORGE BERNARD SHAW

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Individualität, Stil, Liebe zum Detail und Performance sind traditionell wesentliche Merkmale von Jaguar und Land Rover. Doch was im automobilen Premiumgeschäft selbstverständlich ist, hat in der von Massenfertigung geprägten Textilbranche Exotenstatus. Und doch blüht in Deutschland, oft im Verborgenen, eine sehr dynamische Maßschneider-Szene, die mit Handarbeit, Können und Menschenkenntnis für individuelle und hochwertige Bekleidung sorgt.

DER WEG ZUM PERFEKTEN ANZUG „Die Fertigung nach der klassischen Vollmaßmethode ist sehr anspruchsvoll: Wir vermessen den Kunden, besprechen Stil und Form sowie den Stoff des Anzugs, erstellen ein individuelles Schnitt-Muster aus Papier und passen bei mehreren Anproben das Kleidungsstück so lange dem Träger an, bis es perfekt passt. So entstehen in einem persönlichen und handwerklich aufwendigen Prozess echte Unikate“, erläutert der Münchner Maßschneider Detlev Diehm. Der ausgebildete Gewandmeister Diehm gehört zu den besten Maßschneidern Deutschlands und steht wie die Herrenschneiderin Manuela Leis für eine stilistische Erneuerung des traditionsreichen Handwerks. Diehm versorgt mittlerweile nicht nur in seinem Münchner Atelier Kunden mit feinsten Stoffen in individueller Ausführung, er arbeitet auch „am Kunden“ in Frankfurt, Berlin oder Paris.

In Deutschland zählt der Verband der Maßschneider noch rund 2.500 inhabergeführte Meister-Betriebe, davon ist der größte Teil auf Damenbekleidung spezialisiert. „Maßschneiderei für Herren ist nicht günstig, bei etwa 80 Stunden Arbeit an einem Anzug beginnen die Preise um 3.500 Euro, aber ein für seinen Träger individuell angefertigter Anzug oder Mantel ist aber auch die absolute Champions League. Der Träger spürt es, einige sehen es – diskreter Komfort und Luxus eben“, ergänzt Manuela Leis, die sich in ihrem Berliner Atelier auf die Fertigung von Mänteln auf Maß spezialisiert

FOTO: ANA SANTL

FOTO: SEBASTIAN HILGETAG

hat. Als „the coatress“ ist sie eine der wenigen Frauen in dem traditionell von Männern dominierten HerrenschneiderBusiness.

„Der Markt ist in Bewegung, der Wunsch nach bester Passform und eigens ausgewählten Schnitten und Stoffen nimmt zu, die Preise für einen Maßanzug unterscheiden sich dabei nicht von denen der Fertigprodukte englischer oder italienischer Luxusschneider – sind aber eben einfach besser gemacht und aufgrund ihrer Qualität auch deutlich nachhaltiger“, erklärt die Journalistin und „FairFashion“-Gründerin Gerlind Hector.

ÜBERLIEFERTE TECHNIKEN Auch die Gruppe „Die Herrenschneider“, eine Vereinigung von Schneiderinnen und Schneidern, steht für eine Modernisierung des traditionsreichen Handwerks. Die Mitglieder wollen einerseits ihre Handwerkskunst kompromisslos nach

überlieferten Techniken ausüben und andererseits eine Neubelebung ihres Handwerks forcieren. Ihnen geht es dabei auch um die Wahrung des Kulturguts „Maßanzug“, das von Zeitlosigkeit, Eleganz und Leidenschaft geprägt ist.

HOCHWERTIGSTE ARBEIT „Die Maßschneiderei in Deutschland kann im Gegensatz zu England oder Italien nicht die bekannten Adressen mit Geschichte bieten. Die Briten haben mit der Savile Row eine Straße, die ein Begriff für Herrenschneiderei ist; und in Mailand sind auch heute noch die Schneider von Gianni Agnelli oder Marcello Mastroianni gut im Geschäft. Die deutschen Schneider stehen für die qualitativ hochwertigste Arbeit, aber lange fehlten große Namen und eine eigene Stilistik. In Zeiten von Instagram haben aber auch wir internationale Reichweite, das Interesse auswärtiger Kunden an deutscher Schneiderkunst hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen“, ergänzt Manuela Leis.

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