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Personalentwicklung und -führung
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Dezember 2012
3/2.6 Betriebliches Gesundheitsmanagement – auch im öffentlichen Dienst ein Muss!
Sabine Can
Die Autorin Sabine Can arbeitet im Bereich Personalentwicklung der Landeshauptstadt München und ist hier als stellvertretende Unterabteilungsleiterin für den Bereich „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ verantwortlich.
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Weitere Informationen zur Autorin finden Sie am Ende des Beitrags.
Gesundheit und Gesundheitsvorsorge ist heute nicht nur ein großes gesellschaftliches Thema. Das betriebliche Gesundheitsmanagement als wichtige Zukunftsaufgabe haben in den vergangenen Jahren auch immer mehr Unternehmen, Organisationen und Verwaltungen angepackt. Der vorliegende Beitrag stellt die vielfältigen Facetten eines nachhaltigen Gesundheitsmanagements dar und erläutert, was Kommunen tun können, um das Thema Gesundheit in ihrer Verwaltung aufzunehmen oder dort, wo ein entsprechendes Management bereits vorhanden ist, dieses weiterzuentwickeln. Was versteckt sich hinter Dienstvereinbarungen, was sind Gesundheitszirkel, was können Mitarbeiterbefragungen leisten? Die Antworten auf diese und andere Fragen, Beispiele und viele Hinweise erfahren und erhalten Sie in diesem Beitrag.
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Gliederung Einführung Was ist betriebliches Gesundheitsmanagement? Definition und Abgrenzung Qualitätsstandards eines betrieblichen Gesundheitsmanagements – Formulierung einer klaren inhaltlichen Zielsetzung – Abschluss schriftlicher Vereinbarungen – Notwendigkeit einer Dienstvereinbarung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement • Beispiel „Powernap“ – Einrichtung eines Lenkungsausschusses bzw. Arbeitskreises Gesundheit – Durchführung der vier Kernprozesse • Mitarbeiterbefragungen • Gesundheitszirkel • Planung/Intervention/Evaluation – Effekte von betrieblichem Gesundheitsmanagement • Bedeutung von Fehlzeiten – Akteure im betrieblichen Gesundheitsmanagement • Rolle der Führungskräfte • Zusammenarbeit mit externen Dritten n Fazit
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Einführung Die Basis für eine leistungsstarke, innovative und zukunftsfähige öffentliche Verwaltung sind gesunde und motivierte Mitarbeiter. Heute wissen wir: Die Beschäftigten sind die wichtigste Ressource in jeder Organisation. Die Mitarbeiter in ihrer Gesundheit zu fördern ist deshalb eine äußerst lohnende Investition, insbesondere in Zeiten des demografischen Wandels. Immer mehr Unternehmen und Verwaltungen sind sich hierbei der Tatsache bewusst, dass die Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz nicht ausschließlich Privatangelegenheit der Mitarbeiter ist, dies vor allem vor dem Hintergrund eines wachsenden Drucks auf viele Arbeitsplätze. Die stetig steigenden Anforderungen in der Arbeitswelt können die vorhandenen Ressourcen der Mitarbeiter aus dem Lot bringen. Unter ständiger Erreichbarkeit müssen immer mehr Aufgaben in immer kürzerer Zeit mit tendenziell geringeren Ressourcen erledigt werden. Unternehmen und selbstverständlich auch öffentliche Verwaltungen müssen daher neben dem „klassischen“ Arbeitsschutz – Verhütung von Arbeits- bzw. Dienstunfällen und Berufskrankheiten – ihr Hauptaugenmerk vermehrt auf die arbeitsbedingten Belastungen legen, die psychische Beeinträchtigungen hervorrufen können. Diese sind z.B.:
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hoher Zeitdruck wachsende Komplexität der Arbeit Überforderung durch die Arbeitsmenge zunehmende Verantwortung zu geringe Handlungsspielräume Ärger oder Konflikte mit Kunden, Kollegen oder Vorgesetzten (Badura, Hehlmann 2003: 64)
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Herausforderungen im öffentlichen Dienst
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Speziell für den öffentlichen Dienst nennt das „Deutsche Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung“ die folgenden gesundheitsrelevanten Herausforderungen:
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n gesundheitliche Belastungen durch Veränderungsprozesse n altersgerechtes Arbeiten – berufliche Perspektiven und Arbeitsplatzgestaltung
n für ältere Beschäftigte (hoher Alterdurchschnitt der Verwaltungsmitarbeiter)
n psychische Belastungen durch Stress verursacht durch Arbeitsdichte, Arbeitsabläufe
n Zeitdruck und Doppelbelastung n Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und privater Lebenswelt (Work-Lifen n n n n n n
Balance) Bewegungsmangel durch Bildschirmtätigkeit Betriebsklima (mangelnde Kooperation, „Seilschaften“, Mobbing) Führung und Gesundheit Arbeitsgestaltung (Ergonomie, Arbeitszeitgestaltung) Einbindung von BGF in integrierte Qualitätsmanagementsysteme Fehlzeiten neue Arbeitsformen (Telearbeit/Callcenter)
(aus: Deutsches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung, Positionspapier Forum Öffentlicher Dienst/Stand 02.04.2009) Das körperliche und seelische Wohlbefinden der Beschäftigten rückt also zunehmend in das Bewusstsein von Unternehmen und Verwaltungen. So definierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits vor Jahrzehnten den Begriff „Gesundheit“ als Zustand sozialen, psychischen und körperlichen Wohlbefindens. Die Vision betrieblicher Gesundheitspolitik ist die gesunde Arbeit in gesunden Organisationen mit dem Ziel, Wohlbefinden und Produktivität der Beschäftigten zu fördern (vgl. auch Badura 2010). Dies erfolgt im Wesentlichen durch die Schaffung gesundheitsförderlicher Strukturen und Rahmenbedingungen.
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Zwar gilt dies für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst gleichermaßen. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass sich die Rahmenbedingungen im öffentlichen Dienst dennoch in vielerlei Hinsicht von denen in der Privatwirtschaft unterscheiden. Modernisierungsdruck und Leistungsverdichtung
Hierzu gehört insbesondere der seit Jahren unvermindert andauernde Modernisierungsdruck, der sich in erster Linie aus der Kritik an der Struktur und der Größe sowie der zunehmenden Skepsis bezüglich Qualität und Effektivität der Leistungen des öffentlichen Dienstes ergibt (Sachert 2003: 13). Dieser Modernisierungsdruck trifft alle Verwaltungen im öffentlichen Dienst gleichermaßen. Parallel hierzu verringern sich die finanziellen und damit auch die personellen Ressourcen. Einerseits sieht sich der öffentliche Dienst verpflichtet, hochwertige Leistungen für seine Bürger zu erbringen, andererseits jedoch steht er unter einem enormen Sparzwang. Auf die Beschäftigten wirkt sich diese Problematik u.a. durch Arbeitsverdichtung und höhere Anforderungen aus. Es genügt nicht mehr, dass sie „nur“ ihre Arbeit erledigen. Vielmehr werden heute von allen Mitarbeitern eine hohe Motivation, ein überdurchschnittliches Verantwortungsbewusstsein sowie voller Einsatz und Kreativität verlangt, um den geänderten Leistungsansprüchen und Kundenerwartungen gerecht zu werden.
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Qualitätsstandards eines betrieblichen Gesundheitsmanagements Für die nachhaltige Einführung und Umsetzung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements innerhalb der jeweiligen Organisation spielt die Entwicklung und Festlegung sog. Standards eine wichtige Rolle. Jedoch lässt insbesondere für den öffentlichen Dienst, der sich wie kein anderer Bereich durch eine extreme Heterogenität hinsichtlich seines Aufgabenspektrums auszeichnet, kein standardisiertes Konzept für die nachhaltige Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements beschreiben. Dennoch können diverse Mindeststandards benannt werden, die für ein erfolgreiches Handeln im betrieblichen Gesundheitsmanagement grundsätzlich unabdingbar sind: Mindestanforderungen an betriebliches Gesundheitsmanagement
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Formulierung einer klaren, inhaltlichen Zielsetzung Abschluss schriftlicher Vereinbarungen Einrichtung eines Lenkungsausschusses bzw. Arbeitskreises Gesundheit Bereitstellung von Ressourcen Festlegung personeller Verantwortlichkeiten Qualifizierung von Experten und Führungskräften Beteiligung und Befähigung der Mitarbeiter betriebliche Gesundheitsberichterstattung Durchführung der vier Kernprozesse
(vgl. hierzu auch Walter 2010) Nachfolgend werden ausgewählte Mindeststandards (oben fett markiert) etwas ausführlicher dargestellt:
Formulierung einer klaren inhaltlichen Zielsetzung Am Anfang eines jeden Wegs steht das Ziel. Wie jedes professionelle Handeln erfordert auch die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements eine klare inhaltliche und vor allem messbare Zielsetzung. Das heißt, es ist zunächst genau zu überlegen, welche Ziele mit betrieblichem Gesundheitsmanagement – orientiert an der Gesamtstrategie der Verwaltung – verfolgt werden sollen. Grundlegendes Ziel eines betrieblichen Gesundheitsmanagements ist es, gesundheitsförderliche Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen und damit die Gesundheitssituation der Beschäftigten zu verbessern. Merke
Was soll verändert werden?
Für die nachhaltige Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements innerhalb eines Unternehmens bzw. einer Verwaltung ist es unerlässlich, konkrete, zwischen der Verwaltungsleitung, den Führungskräften und der Personalvertretung vereinbarte Ziele zu definieren.
Die Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen empfiehlt, sich schon zu Beginn Klarheit über bestehende Problemlagen zu verschaffen und dann gemeinsam zu entwickeln, was sich mit einem Gesundheitsmanagement verändern soll: „Denn jeder hat zunächst etwas anderes im Kopf, wenn es um Betriebliches Gesundheitsmanagement geht. Der Eine denkt an Entspannungsübungen und Rückenschule, der Andere an die Arbeitszufriedenheit und
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die Verbesserung des Betriebsklimas. Bevor man darüber diskutieren kann, was für das eigene Haus wichtig wäre, sollte man also einen gleichen Informationsstand schaffen.“ Empfohlen wird, sich z.B. zunächst einen Experten einzuladen, der darüber informiert, was ein systematisches und ganzheitliches Gesundheitsmanagement umfasst und unter welchen Bedingungen es was leisten kann (in: Betriebliches Gesundheitsmanagement in öffentlichen Verwaltungen, Hannover 2009, www.gesundheit-nds.de). Die in Dienstvereinbarungen von Unternehmen und Organisationen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement am häufigsten niedergeschriebenen Ziele lauten: Ziele für Dienstvereinbarungen
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Reduzierung der arbeitsplatzbedingten Belastungsfaktoren Verbesserung des Gesundheitszustands der Beschäftigten Förderung der Gesundheitskompetenz Steigerung der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit Verbesserung von Information und Kommunikation Steigerung der Arbeitszufriedenheit und -motivation Förderung eines positiven Betriebsklimas Senkung der Kosten durch Krankheit und arbeitsplatzbedingte Beeinträchtigungen
Zwar sollte der reine Kostenaspekt in Form von „Senkung der Fehlzeiten um xx Prozent“ nicht im Vordergrund eines betrieblichen Gesundheitsmanagements stehen, dennoch sollte er bei der Implementierung eines solchen (mit-) bedacht werden. Merke Grundsätzlich gilt immer: Jede Verwaltung muss die konkreten Ziele ihres betrieblichen Gesundheitsmanagements für sich selbst definieren.
Abschluss schriftlicher Vereinbarungen – Notwendigkeit einer Dienstvereinbarung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement
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Eine nachhaltige Implementierung von betrieblichem Gesundheitsmanagement ist nur möglich, wenn es von ganz oben als Führungsaufgabe verstanden und wahrgenommen sowie in Kooperation mit der Personalvertretung aktiv und dauerhaft unterstützt wird (vgl. auch Rudow 2004). Wichtig Der Abschluss einer Dienstvereinbarung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Ziel einer entsprechenden Dienstvereinbarung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement sollte sein, das Thema dauerhaft in den Strukturen zu verankern, die Rahmenbedingungen festzulegen, die jeweiligen Rollen zu klären. Damit werden einheitliche Voraussetzungen für die Einführung und Umsetzung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements in der jeweiligen Verwaltung geschaffen (vgl. hierzu Dienstvereinbarung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement bei der Landeshauptstadt München).
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Die Erfahrungen anderer nutzen!
Internet-Tipp
Hierbei muss das Rad nicht immer neu erfunden werden. Mittlerweile gibt es deutschlandweit etliche Verwaltungen, die betriebliches Gesundheitsmanagement als wichtiges Thema für sich erkannt und entsprechende Dienstvereinbarungen abgeschlossen haben. Einige Verwaltungen haben ihre Dienstvereinbarungen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement auch auf ihrer Homepage veröffentlicht. Beispiele hierfür sind die Städte Dortmund, Bremen, Aachen und München. www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Personal-und-Organisationsreferat/ Gesundheit/Dienstvereinbarung-Betriebliches-Gesundheitsmanagment-.html www.betrieblichegesundheitsfoerderung.dortmund.de/project/assets/ template1.jsp?tid=52642&smi=1.0 www.hs-bremen.de/mam/hsb/personalrat/dv_bgm-broschuere.pdf www.aachen.de/DE/stadt_buerger/politik_verwaltung/gesuv/gesuv_dokumente/ dienstvereinbarung_betriebliches_gesundheitsmanagement.pdf
Weitere interessante Beispiele für im öffentlichen Dienst geschlossene Dienstvereinbarungen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement finden sich auf der Homepage des Deutschen Netzwerks für Betriebliche Gesundheitsförderung unter www.dnbgf.de/downloads/dienstvereinbarungen-zum-getrieblichen-gesundheitsmanagement.html#c805. Ein mutiges und auf den ersten Blick ungewöhnliches Beispiel einer erfolgreichen kommunalen Gesundheitsaktion für alle Beschäftigten hat die Stadtverwaltung Vechta gegeben: Praxisbeispiel Fit nach der Mittagspause: Stadt Vechta macht „Powernap!“
Beispiel „Powernap“ Schlafforscher predigen schon seit Jahrzehnten den Mittagsschlaf als wohltuende Pause für den menschlichen Organismus bei Stress und Anforderungen. Der Arbeitswissenschaftler Martin Braun vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation geht davon aus, dass die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland auch während der Arbeit an Übermüdung leidet. Der Mittagsschlaf aber ist in vielen deutschen Unternehmen ein Tabuthema, denn er klingt nach Behaglichkeit. Das Nickerchen heißt deshalb schon seit einigen Jahren „Powernap“ – zu Deutsch Energieschlaf. Die einfache Formel lautet: Investiere Schlaf, gewinne Leistung! In den USA, Japan oder China ist der Powernap schon längst eine Selbstverständlichkeit. Und wir alle wissen: Auch Südländer halten Siesta. Die gute Nachricht: Vorreiter beim Powernap in Deutschland ist eine Kommune! Die Stadtverwaltung Vechta in Niedersachsen gönnt ihren Mitarbeitern schon seit vielen Jahren, sich in der Mittagszeit „rekreativ zu betätigen“. Vechta ist bundesweit die einzige Stadtverwaltung, die ihren Mitarbeitern ein mittägliches Schläfchen an der Dienststelle gönnt. Dafür gab es viel Lob von Arbeitsfor-
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schern, aber zunächst auch Häme von Medien über „schläfrige Beamte“. Diese Häme ist mittlerweile verstummt. Das Frauenhofer-Institut bestätigte Vechta 2007, dass es in keiner vergleichbaren Kommune Niedersachsens eine so hohe Arbeitsproduktivität gibt wie in Vechta. Hintergrund der PowernapInitiative der Verwaltung war auch die Ausgangslage, dass Vechta mit außergewöhnlich wenig Personal außergewöhnlich viel leisten muss. Denn die Stadt gehört niedersachsenweit zu den Kommunen mit den geringsten Beschäftigten pro tausend Einwohner. Mit Powernap schaffte es die Gemeinde Vechta nach eigenen Angaben, auf intelligente Art den hohen Output der Beschäftigten dauerhaft zu erhalten, und natürlich deren Gesundheit insgesamt zu fördern. Eine klassische Win-Win-Situation. Wie sieht Powernap in Vechta konkret aus? Gut die Hälfte der knapp 200 Mitarbeiter der Stadtverwaltung nutzt den kreativen Mittagsschlaf. Alle Teilnehmer des Programms wurden vorab in der Übung „Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen“ geschult. Die Beteiligten ziehen sich nach dem Mittagessen in ihr Büro zurück, stellen das Telefon in der Regel auf Kollegen um und führen die Übung etwa 15 bis 20 Minuten aus. Das geht im Sitzen oder im Bürostuhl. Am Ende fühlt man sich erfrischt und fit – so die einhellige Einschätzung aller. Wie wichtig der Stadt Vechta diese Initiative war, zeigt auch die Tatsache, dass die neuen Ruhepausen sogar in einer Dienstvereinbarung festgeschrieben sind.
Einrichtung eines Lenkungsausschusses bzw. Arbeitskreises Gesundheit Im betrieblichen Gesundheitsmanagement fungiert der Lenkungsausschuss bzw. Arbeitskreis Gesundheit als Steuerungs- bzw. Entscheidungsgremium. Hierin sollten idealerweise die Verwaltungsleitung sowie die unter Ziffer 4.6 aufgeführten Akteure vertreten sein. Um Synergien zu nutzen, können bei ordnungsgemäßer Zusammensetzung die nach § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) vorgeschriebenen Arbeitsschutzausschüsse als Lenkungsausschuss bzw. Arbeitskreis Gesundheit fungieren. Zu den Aufgaben des Lenkungsausschusses bzw. Arbeitskreises Gesundheit gehören im Wesentlichen:
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Was leistet ein Lenkungsausschuss?
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Planung und Steuerung des bereichsbezogenen Gesamtprozesses Definition von Zielen und Zielgrößen (Was wollen wir erreichen?) Planung der Analyseschritte bzw. Istanalyse Einrichtung von Gesundheitszirkeln Entgegennehmen und Bearbeiten der Analyseergebnisse Festlegung von Schwerpunkten und Prioritäten Entscheidung über die Umsetzung von geeigneten Maßnahmen Begleitung der Umsetzung Controlling der Maßnahmen und Ergebnisse Entwicklung von Vorschlägen zur Sicherung der Nachhaltigkeit
(vgl. hierzu auch Dienstvereinbarung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement bei der Landeshauptstadt München)
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Effekte von betrieblichem Gesundheitsmanagement
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Bedeutung von Fehlzeiten Die Kennziffer „Krankenstand“ hat bedauerlicherweise nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Es würde jedoch definitiv zu kurz greifen, den Erfolg des betrieblichen Gesundheitsmanagements ausschließlich an der Reduzierung des Krankenstands oder auch am Rückgang der Unfallzahlen zu messen. Merke Fehlzeiten sind sog. Spätindikatoren, die wenig über den tatsächlichen Gesundheitszustand einer Organisation aussagen.
Nicht nur auf Fehlzeiten konzentrieren
Dem Grunde nach setzt die Kennzahl „Fehlzeiten“ auch zu spät an; denn hier ist „das Kind schon in den Brunnen gefallen“ (vgl. auch Ueberle, Greiner 2010). Oft stellen die Krankenstandszahlen lediglich „die Spitze des Eisbergs“ dar. Unter der Oberfläche verbergen sich häufig Probleme in Form von Unzufriedenheit, innerer Kündigung oder permanent belastenden Stressoren. Sie führen auch nicht zu einem unmittelbaren Ausfall durch Krankheit, können sich aber zu gestörten Arbeitsabläufen sowie mangelnder Qualität und Quantität des Outputs in Unternehmen und Verwaltungen verdichten. Es wäre also die falsche Strategie, sich als Unternehmens- oder Verwaltungsleitung – bei einer durchschnittlichen Fehlzeitenquote von ca. 5 % – ausschließlich auf die abwesenden Beschäftigten zu konzentrieren und mittels eines sog. Fehlzeitenmanagements zwanghaft zu versuchen, den Krankenstand zu senken. Im Fokus müssen insbesondere auch Gesundheit und Wohlbefinden der 95 % Anwesenden stehen; denn mittel- bis langfristig wird es darum gehen, die Belastungen für die Beschäftigten insgesamt zu mindern, die Ressourcen zu stärken und damit der weiteren Entstehung von Fehlzeiten entgegenzuwirken.
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Akteure im betrieblichen Gesundheitsmanagement Die nachhaltige Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements in die Strukturen und Prozesse vor Ort kann nur gelingen, wenn betriebliches Gesundheitsmanagement von ganz oben gewollt ist und alle „gesundheitsrelevanten“ Stellen der jeweiligen Organisation zusammenarbeiten. Hierzu gehören in erster Linie: Möglichst viele mit einbeziehen!
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Personalabteilung, Personalentwicklung betriebsärztlicher Dienst Fachdienst für Arbeitssicherheit Sozialberatung betriebliches Eingliederungsmanagement Personalvertretung
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Rolle der Führungskräfte Durch die rasanten Entwicklungen in der Arbeitswelt sind vor allem an Qualifikationen und soziale Kompetenzen von Führungskräften auch in öffentlichen Verwaltungen erhöhte Anforderungen gestellt. Wissenschaftlich unumstritten ist mittlerweile, dass gute Führung maßgeblich zum Erhalt der Gesundheit von Beschäftigten beiträgt. Führungskräfte spielen eine besondere Rolle wenn es um die Gesundheit und Zufriedenheit von Mitarbeitern und um die Gestaltung des Gesundheitsmanagements geht. Sie sind einerseits aufgrund ihrer Führungsaufgabe Gestalter von Arbeitsbedingungen und beeinflussen durch ihre Art zu führen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Auch Führungskräfte sind belastet!
Praxis-Tipp
Andererseits sind sie selbst eine wichtige Zielgruppe des Gesundheitsmanagements. Aufgrund ihrer Führungsrolle sind sie meist besonderen Stressoren ausgesetzt und selbst stark belastet. Es ist wichtig, Führungskräfte möglichst früh in die Entwicklung und Vorbereitung des betrieblichen Gesundheitsmanagements einzubinden. Für Führungskräfte: Kein Stress mit dem Stress! Die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unterstützt Führungskräfte und Unternehmen/Verwaltungen mit Informationen, Beispielen und Handlungshilfen und Tipps bei der Bewältigung von psychischen Belastungen im Arbeitsalltag. Ein praxisorientierter Sammelordner „Kein Stress mit dem Stress“ zeigt auf, was Vorgesetzte tun können, um Umfang und Ursachen psychischer Belastungen zu identifizieren. Neben Daten und Fakten zum Thema werden auch verschiedene Tests angeboten: Wie belastet bin ich? Wie belastet sind meine Mitarbeiter? Was können wir tun? Welche Erfahrungen haben andere Unternehmen gemacht? Unter zehn Schlagwörtern – von Burnout über Arbeitsverdichtung bis hin zu Work-Life-Balance – bietet das Werk (kostenlos!) über 200 konkrete Tipps und Lösungsansätze, wie die psychische Gesundheit von Beschäftigten in Unternehmen durch einen gesundheitsgerechten Führungsstil gefördert werden kann. Der äußerst interessante und hilfreiche Sammelordner kann unter www.psygatransfer.de/praxishilfen/handlungshilfen/ – auch in Einzelkapiteln – heruntergeladen werden.
Coaching
Und was die Belastungen von Führungskräften durch wachsende Anforderungen betrifft, so kann auch Coaching Führungskräfte dabei unterstützen, solche Belastungen zu erkennen und ggf. kritisch eigene Verhaltensmuster und Gewohnheiten zu reflektieren. Psychische Störungen bilden heute in Unternehmen und Verwaltungen schon die vierthäufigste Krankheitsgruppe. Vor allem kleinere und mittelgroße Verwaltungen und deren Führungskräfte brauchen handhabbare Lösungen für ihren betrieblichen Alltag, um psychisch bedingte Erkrankungen und Ausfallzeiten zu reduzieren bzw. durch betriebliches Gesundheitsmanagement und gute Führung erst gar nicht entstehen zu lassen! Auch in öffentlichen Verwaltungen liegen Schutz und Förderung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten zu einem erheblichen Teil in der Verantwortung von Führungskräften, d.h. vor allem bei den unmittelbaren Vorgesetzten sowie bei Team- und Projektleitern. In Verwaltungen gibt es in