Wendezeit 6/15 - Tierschutz

Page 1

W

Nov./Dez. 2015 – Nr. 6/15

endezeit

Zeitschrift für ganzheitliches Leben und für ein neues Zeitalter mit mehr Geist und Seele

• Tierschutz • Unheimliche Wirklichkeiten • Blue energy – Die andere Art der Wassernutzung • Pulverisierter Rekord – kein Anglerlatein!


Inhalt Gedankensplitter Gesehen • Gelesen • Gehört

Zu lesen

1

in Nr. 1/16

Mehr Zeit mit Familie: Männer für Gehaltsverzicht

2

Smartphone-Sucht unter Schülern nimmt zu

2/3

TV und Internet leisten Verblödung Vorschub

Schwerpunkt

3

In 80 Minuten um die Welt – Reise durch die Sammlung

4/5

Schweiz – Suisse – Svizzera: multikulturelle Gesellschaft

6/7

Konvertiten suchen nach Wahrheit

7/8

WWF

Religion Geschichte der Bibel – Die Inspiration des Neuen Testaments

Geschichte der Bibel: Die Bibelkritik am Alten Testament

9-12

Parapsychologie Unheimliche Wirklichkeiten: Menschen, die in sich verbrennen

13-16

Transwelt - Erfahrungen jenseits von Raum und Zeit

17-19

Parapsychologie: Die Tierwelt: andere Formen der Intelligenz

Uris Kolumne Sorgenvolles Denken

20

Esoterik Theosophie – Teil 4

21-24

Reportage Die andere Art der Wassernutzung

Theosophie 25-28

Jetzt ist alles wieder klar: La Suiza exista!

49-52

Pulverisierter Rekord - kein Anglerlatein!

57-61

S chwerpunkt – T ierschutz

Historische Hintergründe des Tierschutzes

29-39

Tierschutz in der Schweiz

39-41

Auf dem Weg zur Tierfabrik

41/42

Tierwohl zwischen Macht und Agrarpolitik

43/44

So kaufen Sie die richtigen Souvenirs Tierschutzrecht

Lärmangriff auf gefährdete Mönchsrobben und Wale in der Aegäis

53

Ein Blick auf die letzten echten Wildpferde der Welt

54

Die Laubverwerter

55

Regionalität im Einkaufskorb

56

Bücher / CDs Maria Holl: Tinnitus lindern

62

Gedankensplitter

63

Sehr gerne, Mama, du Arschbombe

63/64

Selbstcoaching mit Symbolen

64/65

Karmische Rose

65 65/66

Remember the TimePulverisierter Rekord - kein

67

Moderne Tibetische Medizin

67

Agenda – Agora Therapeutenliste

Zinnfiguren – filigranes Kunsthandwerk

45 46-48

Ökologie

Cyberkrank!

Philippinischen Heilern über die Schulter geguckt

60 61-62

Kaviar aus den Bergen – Wahnwitz oder Weitsicht? Buch– und CD/DVD– Vorstellungen Gesehen – gelesen – gehört … und viele weitere Themen

Anfang Januar online


Gedankensplitter

Impressum

Wendezeit Nr. 6/15 Sept./Okt. 2015) – 28. Jg. (Gesamt–Nr. 158) Erscheint 6 x jährlich: Januar, März, Mai, Juli, September, November Herausgeber: Fatema Verlag GmbH

Redaktion Wendezeit,

Parkstr.14, CH–3800 Matten/ Interlaken Tel. +41(0)33 826 56 51, Fax 826 56 53 E–Mail: verlag@fatema.com Internet: http://fatema.com http://wendezeit.info Leitung: Orith Yvette Tempelman

Regelmässige Beiträge von: Uri Gel­ler (Ko­­lumne), Ernst Meckelburg (Grenz­ wis­sen­­schaften), Rudolf Passian (Pa­­­ra­­­psycho­lo­gie).

In dieser Ausgabe sind ausserdem

Texte fol­­­gen­der Autoren erschienen: Saskia Donath, W. J. J. Glashower, Heini Hofmann, Dr. Hansueli Huber, George Langelaan, Viola von Melis, Sara Stal­ der

Copyright: Fatema–Verlag GmbH. Alle Rech­te vor­be­halten. Nachdruck, auch aus­zugs­weise, nur mit Genehmi­gung der Re­dak­­­tion. Na­ment­lich ge­­kenn­­ zeich­­­­nete Bei­trä­ge geben nicht in je­ dem Fall die Meinung der Re­dak­tion wieder. Für unverlangt ein­ge­sand­tes Material wird kei­ne Gewähr über­ nom­men. Gerichtsstand: Inter­laken. Anzeigenverwaltung: Fatema Verlag Tel. +41(0)33 – 826 56 59, Fax +41(0)33 – 826 56 53

Therapeuten–/Beraterliste: Grundeintrag CHF 12,–/€ 10,–/Jahr Erweit. Eintrag: CHF 24,–/€ 20,–/Jahr Der Eintrag in die Therapeutenliste wird jeweils automatisch um ein Jahr verlängert, falls er nicht mindestens sechs Wochen vor Ablauf schriftlich beim Verlag ge­kündigt wird. Bestäti­ gung der Kün­digung nur per Mail. Abonnemente sind gratis. Freiwillige Spen­den zur Unkostendeckung willkommen Zahlstelle:

Liebe Leserin, Lieber Leser, Es ist wieder soweit – die Vorweihnachtszeit ist omnipräsent und kurbelt die Geschäfte an. Viele Menschen sind jetzt schon auf Geschenkesuche, wollen sie doch ihren Lieben nicht schon wieder handgestrickte Socken schenken. Wer das Gefühl hat, diesmal unbedingt etwas ganz Besonderes schenken zu müssen, kommt eventuell auf die «Schnapsidee», ein Tier unter den Weihnachtsbaum zu legen – kein Plüschtier, sondern ein echtes. Eines, das möglichst dem Kindchenschema entspricht und bei seinem Anblick verzückte Ahhs und Ohhs generieren wird. Weihnachten ist vorbei – alle waren begeistert von ihrem kuscheligen Geschenk. Jetzt, einige Wochen später, sind die grossen Kulleraugen ein bisschen kleiner geworden, die Nase ist wie beim lügenden Pinocchio gewachsen und das Fell ist gar nicht mehr so flauschig weich. Und das Geschenk stinkt manchmal – besonders, wenn es sich eben nicht wie ein Plüschtier benommen hat. Schon stehen die Frühlingsferien vor der Tür. Wohin mit dem Weihnachtsgeschenk? Man will oder kann es nicht überall mitnehmen. Zum Glück gibt es den Tierschutzverein und seine Tierheime. Dort kann man sich ja bequem obwohl nicht kostenfrei seiner unerwünschten Tiere entledigen – umständehalber, wie es jeweils heisst. Ein Familienmitglied habe Allergien entwickelt, oder der Vermieter erlaube keine Haustierhaltung. Das hat er aber auch vor Weihnachten nicht erlaubt, sei hier nur nebenbei bemerkt. Ende gut, alles gut – zumindest für den unverantwortlichen Schenker. Auf der Strecke bleibt das Tier. Aktiver Tierschutz bedeutet auch, auf solche fragwürdigen Geschenke zu verzichten oder – falls man sich unbedingt ein Tier anschaffen will – sich zuerst Gedanken über die Konsequenzen eines solchen Entscheids zu machen. Mittlerweile kann man ja immer noch auf das stellvertretende Plüschtier zurückgreifen und dieses unter den Weihnachtsbaum legen.

CH: Postkonto 20–584170–8, Fatema–Verlag GmbH, 3800 Matten

Übrige Länder: Commerzbank Bayreuth–Maximilianstr., BLZ 773 400 76, Kto 154544100, Fatema-Verlag oder IBAN CH84 0900 0000 9171 4207 3

Wendezeit 6/15

1


Gesehen

Gelesen

Gehört

Mehr Zeit mit Familie: Männer für Gehaltsverzicht

wollen sie gleichermassen weniger ar- Smartphone-Sucht beiten und mehr Zeit zuhause verbrin- unter Schülern nimmt gen. Nur 15 Prozent der Hauptverdiener würden ihr Arbeitspensum gerne massiv zu erhöhen. Erhebungen aus China und den USA kommen zu ähnlichen Ergebnissen Wenn die Männer nach der Arbeit zu müde sind, um am Familienleben teil- (pte) Zehn bis zwanzig Prozent der zunehmen, steigt auch die Wahr- Schüler von der ersten bis zur letzten scheinlichkeit, dass sie sich überarbei- Schulstufe verfügen über ein hohes tet fühlen. «Wir zeigen auf, dass Risiko einer Smartphone-Sucht. Zu diemännliche Brotverdiener ein höheres sem Er­gebnis kommen Forscher des Risiko haben, sich zu überarbeiten. Center for Prevention and Treatment Das hat damit zu tun, dass der Job das of Internet Addiction der Asia Familienleben stört. Das hat zur Folge, University und der China Medical dass sich männliche Brotverdiener da- University. Die Gefahr ist omnipräsent. rin eingeschränkt fühlen, so ausgiebig So hat eine Studie der Iowa State am Familienleben teilzunehmen, wie University (ISU) ergeben, dass die sie das gerne möchten, sogar wenn Trennung vom Gerät einen Menschen sie keine Kinder haben», erklären die an die Grenze eines vollständigen ZuStudienautoren. sammenbruchs führen kann.

Männer brauchen mehr Gleichgewicht

Der langjährige Mythos, dass erfolgreiche Männer ihrer Karriere zuliebe gerne mehr arbeiten würden, wird durch diese Studie widerlegt. Die AuPartner und Kinder leiden nachweis- toren appellieren daher an Unternehmen «mehr Augenmerk darauf zu lelich unter grosser Arbeitsbelastung gen, dass das Gleichgewicht zwischen (pte) Die meisten gut verdienenden Leben und Arbeit auch ein Thema für Männer in Europa würden gerne auf Männer ist und nicht nur für Frauen, einen Teil ihres Gehaltes verzichten, wie das zurzeit häufig dargestellt um mehr Zeit mit ihrer Partnerin oder wird». u Familie zu verbringen. Darauf weist eine Befragung von 4.000 Männern aus zwölf europäischen Ländern hin, die die Soziologen Shireen Kanji von der University of Leicester und Robin Samuel von der Universität Bern durchgeführt haben.

Zeit zuhause hat Vorrang Von den männlichen Brotverdienern, die den Hauptbeitrag zum Haushaltseinkommen leisten, gaben 58 Prozent an, weniger arbeiten zu wollen. Egal, ob die Männer nur in einer Partnerschaft waren oder auch Kinder hatten,

2

Geld: Wer viel hat, will mehr Freizeit (Foto: pixelio.de/Dr. Klaus-Uwe Gerhardt)

Wendezeit 6/15

Belastung für die Psyche Bei den chinesischen Schülern sind be­ reits 10,5 Prozent in der Grundschu­le sehr gefährdet. Je älter die Kinder wer­ den, desto höher wird auch das Risiko. In der Oberstufe liegt es bereits bei 23,5 Prozent. Zu dem suchtartigen Ver­ halten der Schüler gehört der Wunsch danach, immer wieder nachzusehen, ob es neue Nachrichten gibt und die Unfähigkeit, das Gerät weniger zu nutzen sowie weiter am Telefon zu hängen, obwohl klar ist, dass bereits zu viel Zeit damit verbracht wurde. Dazu kommt laut einer Umfrage auch die Nutzung des Smartphones, um persönlichen Problemen und schlechten Stimmungen aus dem Weg zu gehen. Laut dem zuständigen Minister Chen Der-hwa ist bereits ein Projekt in Vorbereitung, das den Schülern dabei helfen soll, das Internet sicher zu nutzen. Im Rahmen dieses Projekts sollen 2200 Berater geschult werden. Ziel ist es, Internetsucht zu verhindern. Informationsveranstaltungen an 60 ausgewählten Schulen sollen folgen. Laut der aktuellen Studie besitzen 41,6 Prozent der


Gesehen • Gelesen • Gehört

Grundschüler bereits ein eigenes Smartphone. In der Oberstufe liegt dieser Prozentsatz bereits bei 86,08 Prozent.

Auch in den USA ein Problem Ähnlich alarmierend sind die Ergebnisse der ISU-Studie. Caglar Yildirim geht sogar soweit zu sagen, dass die Angst vor der Smartphone-Trennung als Phobie, genauer gesagt als «Nomphobia», zu bezeichnen ist. Gemeinsam mit seiner Kollegin Ana-Paula Correia entwickelte der Wissenschaftler einen Fragebogen, der zeigt, wie ängstlich man durch die Trennung vom Handy werden würde. Die For­ schungsergebnisse wurden im Fachmagazin «Computers in Human Behavior» veröffentlicht. Der Fragebogen deckt vier Bereiche der emotionalen Abhängigkeit vom Smartphone ab. Bei der Beantwortung muss zum Beispiel auf einer Skala von eins bis sieben beurteilt werden, welche Folgen ein leerer Akku für den emotionalen Zustand haben würde. Yildrim war laut eigenen Angaben über die ersten Eindrücke am ISU-Campus sehr überrascht. «Ich war schockiert, wie viele Menschen angegeben haben, dass sie sich ohne das Gerät nackt fühlen würden.» Laut dem Wissenschaftler sind die Menschen heute so von diesen Geräten ab­hängig, dass es bereits um die Bekämpfung einer Abhängigkeit gehe. u

Schülerin mit Smartphone: starkes Suchtpotenzial (Foto: pixelio.de, Lupo)

TV und Internet leisten Verblödung Vorschub Cambridge-Forscher weisen Vorteile klassischen Lesens nach (pte) Fernsehen, Internet und Computerspiele machen nicht unbedingt schlau. Im Gegenteil, jede zusätzliche Stunde vor den Geräten sorgt für merklich schlechtere Noten beim Ge­ neral Certificate of Secondary Educa­ tion (GCSE), dem britischen Gegenstück zur mittleren Reife. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Univer­sity of Cambridge. Mehr Zeit für Hausaufgaben oder klassisches Lesen dagegen ist – zumindest in Massen – gut für die schulische Leistung.

845 britische Schüler analysiert Theoretisch kann Fernsehen über das Zeitgeschehen informieren und dank Dokumentationen bilden, während das Internet im Informationszeitalter unverzichtbar für den Wissenserwerb scheint. Die Praxis allerdings sieht anders aus, wie die aktuelle Studie an 845 britischen Schülern zeigt. Denn diese haben beim GCSE umso schlechter abgeschnitten, je mehr Zeit sie vor Bildschirmen verbrachten. Wer mit 14,5 Jahren eine Stunde mehr moderne Medien konsumiert hat, kam der Cambridge-Studie zufolge dann mit 16 bei der Prüfung auf 9,3 Punkte weniger. Das entspricht zwei Notengraden in einem oder je einem Notengrad in zwei Fächern.

zum Vergnügen verbracht haben, gab es beim GCSE deutlich bessere Noten. Eine Stunde mehr dieser sinnvollen Beschäftigung entspricht der Studie zufolge gleich 23,1 Punkten bei der Prüfung. Allerdings galt das in der Studie nur, wenn diese Aktivitäten maximal vier Stunden täglich beanspruchten. Das liegt den Forschern zufolge wohl daran, dass nur sehr schwache Schüler noch mehr Zeit in Hausaufgaben investieren müssen, davon aber nicht wirklich etwas haben.

Sport statt Sitzen vor der Glotze «Wir gehen davon aus, dass Programme zur Reduktion von Bildschirm-Zeiten wichtige Vorteile für Prüfungsnoten von Teenagern haben könnten und auch für ihre Gesundheit», meint daher Esther van Sluijs, Expertin für Ver­ haltensepidemiologie in Cambridge. Denn im Gegensatz zum Herumsitzen vor der Glotze oder dem PC hat physische Betätigung der Cambridge-Studie zufolge keinen Einfluss auf die schulische Leistung. Gesunder Sport wäre also ein viel sinnvollerer Ausgleich zum Lernen als Fernsehen oder Computerspielen. u

Während Fernsehen und Internet offenbar tatsächlich eher zur Verdummung der Bevölkerung beitragen, hat ein gutes Buch den gegenteiligen Effekt. Für jene Schüler, die mehr Zeit Buch und PC: Nur eines davon macht schlau (Foto: Uwe Steinbrich, pixelio.de) mit Hausaufgaben oder auch Lesen

Wendezeit 6/15

3


Gesehen • Gelesen • Gehört

Wechselausstellung im Bernischen Historischen Museum vom 15. Oktober 2015 bis 28. März 2016

I

n 80 Minuten um die Welt – Reise durch die Sammlung

Das Bernische Historische Museum bietet zurzeit Reisen durch seine Samm­ ­lung an. In der Wechselausstellung «In 80 Minuten um die Welt – Reise durch die Sammlung» (15. Oktober 2015 bis 28. März 2016) können die Besucher in einem inszenierten De­ pot Kopfreisen in fremde Länder und vergangene Zeiten unternehmen. Als Reiseleiter stehen Schweizer Künst­­ler­ in­nen und Künstler aus Literatur und Musik mittels Audioguide zur Verfü­ gung.

Künstler eine Auswahl aus der rund 500’000 Objekte umfassenden Sammlung des Museums. Als Reiseleiter führen die Künstler mittels Audioguide durch die Ausstellung und versprechen mit ihren acht Reisegeschichten poetische, überraschende und fantastische Erlebnisse.

Kopfreisen im Museum: Ob­ jekte erzählen Geschichte(n)

Der Besucher nimmt meist nur einen kleinen Teil der Sammlung eines MuseVom 15. Oktober 2015 bis 28. März 2016 ums wahr: Die Mehrheit der Objekte stehen in der Wechselausstellung «In 80 bleibt verwahrt im Depot. Doch auch Minuten um die Welt – Reise durch die diese Objekte tragen eine span- nende Sammlung» die Samm­lun­gen des Berni- Geschichte in sich – ihnen widmet sich schen Historischen Museums im Zent- die Ausstellung. Aus seinen Sammlungsrum: Objekte aus unterschiedlichen Zei- be- ständen zur Geschichte, Archäologie, ten und Kulturen aller Erdteile erlauben Ethnografie und Numis­matik zeigt das Reisen in die Vergangenheit und rund Bernische Historische Museum in der um den Erdball. In der Ausstellung be- Ausstellung unterschied­ liche, teilweise leuchten Schweizer Künstlerinnen und erstmals öffent­lich aus­gestell­te Objekte. Die Expona­te sind in einem inszenierten Depot zu erkunden, das die Breite und Fülle der Samm­lung des Bernischen Historischen Museums erlebbar macht. Sie erzäh­­­ len von frem­ den Kulturen und vergangenen Epochen und laden den Besu­cher dazu ein, auf Ent­ deckungs­reisen Das inszenierte Depot für die Reise um die Welt zu gehen.

4

Wendezeit 6/15

Dr. Jakob Messerli, Direktor des Bernischen Historischen Museums «Die aktuelle Ausstellung rückt für einmal das Fundament des Eisbergs, die Samm­lung, ins Zentrum und macht so die Funktion des Museums als Kul­tur­güter­archiv und Gedächtnis einer Gesellschaft erlebbar.»

Mit Schweizer Künstlerinnen und Künstlern auf Reise Acht Destinationen stehen in der Reiselounge zur Auswahl: Südsee, Westafrika, Seidenstrasse, Paris, Athen, Aven­ ches, Bern und das Berner Oberland. Schweizer Künstlerinnen und Künstler beleuchten die Exponate aus überra­ schenden Perspektiven und begleiten


Gesehen • Gelesen • Gehört

Die Spitze des Eisbergs

Haben es diese sieben Bundesräte etwa ins Wachsfigurenkabinett der Madame Tussaud geschafft? Nein: Sie waren Teil einer Ausstellung im Rahmen der Landesausstellung Expo.02, die von Frühsommer bis Herbst 2002 entlang der Juraseen stattfand. Anschliessend gelangten die leicht verkleinerten Figuren ins Depot des Bernischen Historischen Museums, von wo sie für die Ausstellung In 80 Minuten um die Welt – Reise durch die Sammlung erstmals wieder ins Rampenlicht befördert werden. © Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto Christine Moor

den Besucher als Reiseleiter via Audio­ guide. Daniel Schmutz, Kurator der Ausstellung, betont: «Mit dem Ausstel­ lungskonzept gehen wir neue Wege: Im Unterschied zu klassischen kulturhistorischen Ausstellungen erzäh­len wir nicht eine Geschichte entlang aller Objekte der Aus- stellung, sondern die Geschichten hinter den einzelnen Ex­ ponaten stehen im Zentrum – real und künstlerisch interpretiert.» So verzahnt die Ausstellung Objekte aus der Samm­ lung mit zeitgenössischer Literatur und Musik. Lo & Leduc, die Abräumer der Swiss Music Awards 2015, beispielsweise laden zu einem literarischmusikalischen Stadtrundgang durch Bern ein. Matto Kämpfs groteske Geschichte führt vom Berner Bahnhof in die Südsee. Und mit Ariane von Graffenried geht es in einem speziellen Luftschiff nach Paris und wieder zu­ rück nach Bern. Die insgesamt acht fantastischen Reisegeschichten verspre­ chen aussergewöhnliche Perspektiven auf die Exponate, Blicke hinter die Kulissen und ein Museumserlebnis, das Augen und Ohren gleichermassen anspricht.

Reisen inspirieren, werfen Fragen auf. Die Ausstellung gewährt Einblicke hinter die Kulissen: So zeigt die Ausstellung auch, wie ein Museum arbeitet, und was seine Kernaufgaben sind, näm­ lich Sammeln, Bewahren, Erforschen und Ausstellen. Dr. Jakob Messerli, Direktor des Ber­ nischen Historischen Museums, er­ läutert die aktuelle Herausforderung des Museums: «In der Öffent­lich­ keit wird meist nur der sichtbare Teil des Eisbergs wahrgenommen: die Ob­jekte in den Ausstellungen. Die aktuelle Ausstellung rückt für ein­ mal das Fundament des Eisbergs, die Samm­lung, ins Zentrum und macht so die Funktion des Museums als Kul­tur­güter­archiv und Gedächtnis einer Gesellschaft erlebbar.»

rund 500’000 Objekte von der Steinzeit bis zur Gegenwart und aus Kulturen aller Erdteile. Das integrierte Einstein Museum stellt Leben und Werk des Physikers in den Kontext der Weltgeschichte und in der grosszügigen Ausstellungshal­ le mit 1200 m2 Fläche werden regel­mäs­ sig Wechselausstellungen präsen­tiert. Ein Museum wird in der öffentlichkeit meist nur über seine Ausstellungen – den sichtbaren Teil des Eisbergs – wahr­ genomme. Wie beim Eisberg ruht diese Spitze auf einem mächtigen Fundement: der Sammlung. Die Museums­ aufgaben Sammeln, Bewahren und For­ schen machen einen grossen Teil der Museumsarbeit aus, bleiben aber in der Regel gegen aussen unsichtbar. Werden sie vernachlässigt, sind irgendwann keine Ausstellungen mehr möglich. Die Objekte in der Sammlung des Bernischen Historischen Museums stammen aus ganz unterchiedlichen Orten und Epochen. Aus allen Ecken von Stadt und Kanton Bern, aus allen Gegenden der Schweiz, Europas und der Welt haben sie im Laufe von mehr als 500 Jahren ihren Weg in die Sammlung des Museums gefunden. Museumsobjekte bergen spannende, manchmal skurrile und oft berührende Geschichten. Sie laden ein zu fantastischen Reisen mit dem Kopf: 80 Minuten genügen, um einmal rund um die Welt zu reisen. u

An solche Röntgengeräte, die in vielen Schuhläden aufgestellt waren, können sich noch viele erinnern.

Das Bernische Historische Museum Das Bernische Historische Museum – eine 1889 gegründete Stiftung von Kanton Bern, Stadt Bern und Burgergemeinde Bern – ist eines der bedeutendsten kulturhistorischen Museen der Schweiz. Seine Sammlungen zur Archäologie, Geschichte sowie Ethnografie umfassen

Wendezeit 6/15

Mausefalle, Lenk BE, 19. Jh

5


Gesehen • Gelesen • Gehört

auf religiöse und kulturelle Bedürfnisse im Alltagsleben von Personen ausländischer Herkunft. Aus der Studie resultieren die folgenden vier allgemeinen Empfehlungen, die wiederum in 25 konkrete Massnahmenvorschläge ausgestaltet sind: 1. sich für ein politisches Ethos einsetzen, das mehrsprachig und bildend ist, 2. die Mehrsprachigkeit von Lernenden durch eine Reihe praktischer Massnahmen unterstützen,

Schweiz – Suisse – Svizzera: multikulturelle Gesellschaft

tieferen Schwelle von null (absolut keine Kenntnisse der betreffenden Sprache). 3. die Vermittlung der Landessprachen durch zweisprachigen Unterricht sinn­ Bei Kenntnissen in diesen verschiedevoll gestalten, nen Sprachen hat sich herausgestellt, dass die Sprachkompetenz in Deutsch, Französisch und Italienisch meist be- 4. die Überlegungen über politische In­ tegration, unter Berücksichtigung ­ Die Eidgenössischen Jugendbefragun- scheiden ist und sich auf dem Niveau A2 der Unterscheidungen, die die Jungen ch-x befragen in Zweijahreszyklen bewegt, während sie in Englisch und vor gen hin­sichtlich der verschiedenen alle stellungspflichtigen Männer (zirka allem Rätoromanisch auf einem höheHerausforderungen in Bezug auf 30’000 19-jährige) sowie rund 2400 19- ren Niveau liegt. kulturelle Diversität machen, vertiejährige Frauen und Männer, seien es fen und wei­ter führen. nun Schweizer oder in der Schweiz le- Im Rahmen der Diversität haben junge bende ausländische junge Erwachse- Schweizer und Schweizerinnen zahl­rei­ che Kontakte, sei dies durch Auslandne zu einem definierten Thema. Geschichte der ch-x reisen (ab dem zwölften Altersjahr haDie Befragung «Schweiz – multikulturel- ben bereits mehr als ein Drittel sechs Früher – heute le Gesellschaft» beschäftigt sich mit der oder mehr Länder besucht), oder durch sprachlichen und kulturellen Vielfalt. Die den Freundeskreis, der bei mehr als Bereits 1854 wurden die ersten PädaStudie basiert auf den Antwor­ten von einem Viertel der Schweizer Jugendli- gogischen Rekrutenprüfungen (heute rund 41‘000 jungen Schwei­zer Männern chen mindestens gleich viele oder mehr ch-x) durchgeführt. Sie waren eine und wird ergänzt durch Stich­ proben­ Ausländer als Schweizer umfasst. Des Prü­ fung in Rechnen, Lesen und befragungen bei 1‘500 jun­gen Frauen. Weitern haben ab dem zwölften Le- Staatskun­de. Dadurch konnte man die Es handelt sich dabei um die bisher aus- bensjahr 10% der jungen Schweizer und Volksschulen der Kantone miteinanführlichste Untersuchung der sprachli- Schweizerinnen mindestens während der vergleichen. In der bildungsfödechen und kulturellen Kompetenzen von sechs Monaten im Ausland gelebt. ralistischen Schweiz dienten die früjungen Schweizern und Schweizerinnen heren Pädagogischen Rekrutenprüsowie deren Meinung über die sprachli- Hinsichtlich Integration zeigen die Da- fungen stets der Optimierung unseres ten, dass die jungen Schweizer und Bildungswesens. Seit ungefähr 1960 che und kulturelle Diversität. Schweizerinnen einerseits der Anwe- werden Themen aus der Welt der juDas Sprachenrepertoire der jungen senheit von Migrantengemeinschaften gendlichen Erwach­se­nen wissenMen­schen ist sehr vielfältig; insgesamt durchwegs sehr positiv gegenüberste- schaftlich untersucht. Inhalt­lich reicht wur­den 126 verschiedene Sprachen er- hen, andererseits jedoch auch erwar- das Spektrum vom Schul- und Lebensfasst. Untersucht wurde das Niveau der ten, dass diese durch die Einhaltung wissen bis zu Fragen zu Gesundheit, Sprachkompetenz (ohne Mutterspra- von nicht verhandelbaren Standards Sport und Lebensqualität. che) in den Landessprachen und in Eng- ihren Integrationswillen eindeutig belisch, vom tiefsten (A1) bis zum höchsten weisen. Gewisse Zugeständnisse werden Die Erhebungen – bis in die 1960er-Jah­re (C2) Niveau sowie einer zusätzlichen aber gemacht, insbesondere in Bezug als individuelle Prüfungen, danach als the-

6

Wendezeit 6/15


Gesehen • Gelesen • Gehört

menfokussierte Jugendbefragun­gen konzipiert – erfolgten früher in den Rekrutenschulen. Sie erfassten so­mit nur die diensttauglichen Männer, nicht hingegen Dienstuntaugliche und Dienst­ verweigerer. Seit 2003 finden die Befragungen anlässlich der Aushebung in allen Rekrutierungszentren (RZ). Es kann daher die Gesamtheit der stellungspflichtigen Männer der Schweiz befragt werden.

einmaliges Grundlagenwissen über die gesellschaftspolitische Befindlichkeit unserer Jugend.

Viola van Melis, Zentrum für Wissenschaftskommunikation, Exzellenzclu­ ster «Religion und Politik» an der Bei allen Stellungspflichtigen i.d.R. 19-jäh- Westfälischen Wilhelms-Universität rige stellungspflichtige Schweizer Männer Münster

Wie läuft die Befragung?

Die Befragungen der ch-x werden in den Rekrutierungszentren (RZ) durchgeIn den Befragungen werden gleiche und führt. Damit erreichen die ch-x quasi eiähnliche Fragen in Mehrjahresabstän- nen Abdeckungsgrad von nahezu 100% den wiederholt. Auf diese Weise lassen der 19-jährigen Schweizer Männer. sich Trends sichtbar machen. Die Auswertungen dienen als wertvolle Ent­ Bei einer Stichprobe junger Frauen scheidungsgrundlagen für die schweize- und junger Erwachsener in 100 Gerische Bildungs-, Jugend- und Gesund­ meinden, ca. 2500 19-jährige Frauen heitspolitik. und Männer

Das «ch» steht für den schweizerischen Charakter der Jugenderhebungen, das Kreuz für das «Ankreuzen» im Fragebogen. Das «x» ist auch die Unbekannte, die durch die Befragungen bekannt werden soll.

Organisation und Auswertungen

«Konvertiten suchen nach Wahrheit»

Konzeption der Stichprobe Für die Stichprobe – auch Ergänzungsbefragung genannt – werden rund 2500 19-jährige Frauen und Männer befragt, seien es nun Schweizer oder in der Schweiz lebende ausländische junge Erwachsene. Sie werden nach einem Zufallsverfahren in über 100 Gemeinden ermittelt. Alle Gemeinden mit mehr als 10‘000 Einwohner sind in der Ergänzungsbefragung mit eingeschlossen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ch-x kontaktieren die ausgelosten jungen Leute und bitten sie, den jeweiligen Fragebogen
auszufüllen. Die Erhebung wird statistisch ausgewertet. Die Anonymität der Befragten ist gewährleistet. Die Befragung dauert zwischen 60 und 90 Minuten mittels eines Fragebogens.

Die Verantwortung für die Durchführung der Erhebungen liegt bei den ch-x. Das VBS (Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) hat die Oberaufsicht. Die Erhebungen werden in der Regel von einem Hochschulinstitut geleitet und von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ch-x durchgeführt. Die vom VBS eingesetzte Kommission für die ch-x überprüft das Befragungsprogramm und garantiert die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Erhebungen. Die Leitung der ch-x stellt die Verbindung zu den Hochschulen her, koorHohe Repräsentativität diniert den Einsatz der rund 200 nebenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitar- Durch die Befragung in den Rekrutiebeiter und veröffentlicht die Resultate. rungszentren (RZ) werden nahezu 100% der 19-jährigen StellungspflichDie Ergebnisse der Befragungen wer- tigen befragt. Die Ergänzungsbefraden wissenschaftlich aufgearbeitet gungen von 2500 Frauen und auslänund sind im Buchhandel erhältlich. disch jungen Erwachsenen runden die Die Veröffentlichungen beinhalten ein Befragung ab. u

Wendezeit 6/15

Wenn Juden, Christen oder Muslime heute ihre Religion wechseln, stehen sie damit Wissenschaftlern zufolge in einer jahrhundertelangen Geschichte der Konversionen. «Seit der Antike haben Menschen immer wieder ihren Glauben oder ihr Weltbild und damit auch ihr Leben grundlegend verändert», erläutern die Germanisten Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf und Prof. Dr. Bruno Quast sowie der Historiker Prof. Dr. Wolfram Drews vom Exzellenzcluster «Religion und Politik» der Universität Münster. Als Motiv für solche Glaubens- und Lebenswenden liessen historische Quellen oft die dringliche Suche nach Wahrheit erkennen. «Eine solche Sicht dürfte auch heute noch auf etliche Konvertiten zutreffen, während sich andere vielleicht aus familiären oder beruflichen Gründen für den Wechsel des Bekenntnisses entscheiden», so Prof. Drews. Die Forscher kündigten die nächste öffentliche Ringvorlesung des Exzellenzclusters ab 20. Oktober an, die den Titel «Konversion. Glaubens- und Lebenswenden» trägt. Die Themen der 14 Vorträge reichen von der Bekehrung zum Christentum im alten Rom über Konversionsträume im Mittelalter und frühneuzeitliche Reformatoren bis zur Taufe europäischer Juden im 19. Jahrhundert. Auch Konversionen innerhalb des Islams in Indonesien, die Konversion zum evangelikalen Christentum des US-Musikers Bob Dylan und der Wandel von Geisterheilungen zur Psychiatrie im heutigen Indien werden unter die Lupe genommen. Die Reihe untersucht religiöse, aber auch politische und weltanschauliche Konversionen von der Spätantike bis heute. «Im

7


Mittelpunkt stehen die historischen, kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen von Konversionen, die Medien und rhetorischen Strategien ihrer Darstellung und Begründung sowie die strukturellen Ähnlichkeiten zwischen religiösen und nichtreligiösen Wenden», erläutert Mittelalter-Historiker Drews. Auch aussereuropäische Kulturen kämen in den Blick.

Im Verlauf der Geschichte konvertierten ganz unterschiedliche Arten von Menschen, wie die Forscher erläutern. «Hier sind keine Verallgemeinerungen möglich», unterstreicht Prof. WagnerEgelhaaf. Vielmehr seien für jeden Einzelfall die persönlichen Motive sowie historischen und kulturellen Bedingungen zu untersuchen. Auch geschehe nicht jede Konversion freiwillig oder aus innerer Überzeugung. Radikalisierung des eigenen «Wer jedoch aus innerer Überzeugung konvertiert, zeigt ein kritisches BeGlaubens wusstsein gegenüber vorgegebenen In der Geschichte hatten die Menschen Lebens- und Glaubensformen.» ganz unterschiedliche Vorstellungen von Konversionen, wie Prof. Wagner- «Heute stehen muslimische Egelhaaf darlegt. «In der Antike wurde Konvertiten im Zentrum der die Zuwendung der Seele des PhilosoAufmerksamkeit» phen zur Gottheit als Bekehrung begriffen», so die Wissenschaftlerin. «Die Auch die öffentliche Reaktion auf Kon‚hohe Minne‘ im Mittelalter vergött- versionen war stets abhängig von den licht die geliebte Frau. In der Moderne Bedingungen der jeweiligen Epoche, führte die Wende vom Geisterglauben wie Prof. Drews fortführt. Heute etwa zur Psychiatrie teils zur Verabsolutie- stünden vor allem muslimische Konrung wissenschaftlicher Heilmethoden. vertiten im Zentrum öffentlicher DeUnd wenn Juristen nicht mehr an den batten. Andere Übertritte, etwa von eiGesetzgeber glauben, verändert sich ner christlichen Konfession zur andeauch ihr Welt- und Selbstbild auf sehr ren, die ebenfalls stattfänden, seien grundsätzliche Weise.» «weniger konfliktbehaftet» und erführen daher weniger Aufmerksamkeit. Wörtlich bedeutet der Begriff Konver- Das sei in der Frühneuzeit durchaus ansion «Wende» und beschreibt eine ders gewesen, als etwa die protestantientscheidende Veränderung im Leben, sche Königin Christina von Schweden, wie die Germanistin ausführt. Das Tochter des vermeintlichen Protestankönne der Übertritt von einer Konfes- tenretters Gustav Adolf, zum Katholision oder Religion zur anderen sein, zismus übertrat. «Befremdlich wirkte aber auch die Radikalisierung des ei- auf die Zeitgenossen auch der Übertritt genen Glaubens oder der Wechsel von Bodo, Pfalzdiakon des karolingivom Nicht-Glauben zum Glauben. schen Kaisers Ludwigs des Frommen, Auch der Klostereintritt sei eine Kon- zum Judentum.» version, «insofern als sich dadurch das Leben radikal verändert.» Als Die Reaktion der neuen Gemeinde auf nicht-religiöse Bekehrung könne etwa den Glaubenswechsel sei immer unterauch der Wandel zum Vegetarier oder schiedlich gewesen, so Prof. Drews. zum eifrigen Leser der Werke von «Wenn Menschen sich in ihrer neuen Thomas Mann, den man vielleicht frü- Religion an- und aufgenommen fühlen, her nicht überzeugend fand, gewertet können sie sich glücklich schätzen.» werden. «Entscheidend ist, dass sich Denn oft seien Konvertiten mit dem mit einer solchen Bekehrung die Sicht Vorwurf konfrontiert worden, dass ihre auf die Welt und das eigene Ich sowie Entscheidung nicht aufrichtig und aldas Wertesystem grundlegend verän- lein aus beruflichen Gründen erfolgt dert. Daher sind solche Konversionen sei. Im Mittelalter habe die Bekehrung oft ideologisch, sie stellen neue Leit- auch gravierende familiäre Auswirkunbilder für das eigene Leben auf.» gen haben können: Ein Jude, der Christ

8

Wendezeit 6/15

wurde, habe den Bruch mit der Familie vollzogen. «Das konnte zu existenzieller Vereinzelung führen.»

«Keine Konversion ohne Erzählung oder Song» Die Nachwelt erfährt von Bekehrungen häufig aus Berichten, die die Konvertiten selbst verfasst haben, wie Prof. Quast erläutert. «Viele haben ihre Konversion literarisch oder auch musikalisch aufbereitet. Keine Konversion ohne Erzählung, Bericht oder Song.» Das sollte den Glaubenswechsel sowohl vor der Öffentlichkeit als auch vor dem Autor selbst als plausibel, konsequent und glaubwürdig erscheinen lassen und die neu gewonnene Identität nach innen wie aussen festigen. Wichtigste Quelle der Konversionsforschung seien somit autobiografische Berichte, auch wenn sie nachträglich überformt wurden. Als Beispiel nennen Prof. Quast und Prof. Drews die Dialoge des christlichen Konvertiten Petrus Alfonsi, in denen er ein Selbstgespräch zwischen Moses, benannt nach seinem jüdischen Namen, und Petrus, sein neuer christlicher Name, inszeniert. «Viele Konversionserzählungen greifen rhetorisch auf Urszenen wie die Bekehrung der Kirchenväter Augustinus und Hieronymus im 4. Jahrhundert zurück.» Im Pietismus habe es Sammlungen von Bekehrungsberichten gegeben, andere Konversionen seien romanartig literarisiert worden wie durch die christliche Schriftstellerin Ruth Nahida Lazarus, die 1898 in ihrem Roman «Ich suchte Dich!» ihre Konversion zum Judentum schildert. In der Ringvorlesung «Konversion. Glau­ bens- und Lebenswenden» des Exzellenzclusters kommen Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Disziplinen zu Wort: der Geschichts- und der Rechtswissenschaft, der Ethnologie, Theologie, Arabistik, Germanistik, Indonesischen Philologie, der Judaistik und der Mittellateinischen Philologie. Die Vorträge sind ab 20. Oktoberdienstags von 18.15 bis 19.45 Uhr im Hörsaal F2 im Fürstenberghaus, Domplatz 20-22, in Münster zu hören. (ska/vvm) u


Die Geschichte der Bibel

Die Inspiration des Neuen Testaments W. J. J. Glashower Auch hier können wir wieder zwei Gruppen unterscheiden. Genauso wie Christus die Inspiration des Alten Testaments bestätigte, versprach er eine solche «Geistesleitung» auch seinen Jüngern; und diese konnten sich auf Grund seines Versprechens und ihrer apostolischen Sendung auf eine göttliche Inspiration berufen.

aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird es euch verkündigen» (Johannes 16,13; siehe die Offenbarung).

In seinem Gebet zum Vater hat 1. Die Vorhersage Jesu. Der Herr Jesus Christus speziell für die Einheit versprach den Jüngern, die er berief des Zeugnisses der Apostel gebetet: und aussandte, mehrmals die beson­ «Heiliger Vater, erhalte sie in deinem dere Leitung des Heiligen Geistes: Namen, den du mir gegeben hast, «Denn ihr seid es nicht, die da reden, dass sie eins seien gleich wie wir» (Josondern eures Vaters Geist ist es, der hannes 17,11). Und schliesslich sanddurch euch redet» (Matthäus 10,20; te der Herr Jesus sie als derjenige aus, Markus 13,11 «der Heilige Geist»); der alle Macht auf Erden hat, damit «denn der Heilige Geist wird euch zu sie Menschen zu Jüngern machten derselben Stunde lehren, was ihr saund diese alles halten lehrten, was gen sollt» (Lukas 12,12). Wenn das Christus ihnen befohlen hatte (Matschon gültig war für die Zeit, in der sie thäus 28,18 + 19). Und so zogen sie mündlich Zeugnis geben sollten, wie hin: Das Alte Testament war «Gottes viel mehr würde es für das NiederleWort» (siehe oben), die Lehre von Jegen ihrer Schriften gelten. Der Herr Jesus war es auch (Lukas 5,1), und die sus machte sogar Zusagen mit Bezug Predigt der Apostel war es ebenfalls auf verschiedene Teile des Neuen Tes(Apg. 8,14; 11,1; 12,24; 13,7 + 44-49; taments: «Aber der Tröster, der Heilige 15,35 + 36; 17,13; 18,11; 19,20; vgl. I. Geist, welchen mein Vater senden Thess. 2,13). Wieviel mehr galt dieses wird in meinem Namen, der wird euch dann für ihr geschriebenes Wort, welalles lehren und euch erinnern alles ches höher gewertet wurde als das des, was ich euch gesagt habe» (Jomündliche (vgl. Johannes 5,47; Lukas hannes 14,26; das sehen wir vor allem 16,30 + 31). in den Evangelien erfüllt). «Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen ich euch senden werde vom Vater, der 2. Die Ansprüche der Verfasser. Die apostolischen Verfasser des Neuen Geist der Wahrheit, der vom Vater Testaments wussten sehr wohl, dass ausgeht, der wird zeugen von mir. Und sie «Wort Gottes» niederschrieben auch ihr werdet meine Zeugen sein, und auch, dass sie keine apostolidenn ihr seid von Anfang bei mir geschen Nachfolger haben würden, wesen» (Johannes 15,26 + 27; dieses weil Apostel Augenzeugen Christi Letztere sehen wir vor allem in der sein mussten (Apg. 1,21 + 22; 1. Kor. Apostelgeschichte erfüllt). «Wenn

Wendezeit 6/15

9,1; vgl. 2. Kor. 12,12). Das Neue Testament ist also das einzige Werk, das den Anspruch erheben kann (und es auch tut), die Erfüllung der Verheissung Christi und die authentische Wiedergabe der apostolischen Lehre (also der Lehre Christi) zu sein; siehe Galater 1,6-12; Hebräer 2,3 + 4. Wir sehen somit, dass das Neue Testament sich mit dem Alten auf eine Linie stellt. Das Alte Testament wird «die Schriften» genannt, und Petrus stuft die «Schriften» des Paulus genauso hoch ein wie die «übrigen Schriften» (2. Petrus 3,16). Paulus selber nennt seine Briefe «prophetische Schriften» (Römer 16,26) und gibt ihnen damit ebenso viel Autorität wie dem Alten Testament (vgl. 1. Tim. 4,11 + 13). Auch spricht er in 1. Timotheus 5,18, wo er 5. Mose 25,4 und Lukas 10,7 zitiert, über das Evangelium von Lukas als «die Schrift» und stellt damit beide Abfassungen auf eine Stufe. Johannes nennt das Buch der Offenbarung «Prophetie» (1,3; 22,18 + 19) und zählt sich damit zu den «Propheten»; vergleichen Sie, was wir gerade sahen mit Römer 16,26, und beachten Sie auch Epheser 2,20; 3,3 + 5.

9


Geschichte der Bibel

Sowohl das Alte als auch das Neue Testament wurden also von «Propheten», von «Männern Gottes» geschrieben und stehen damit auf gleicher Ebene. Wir sehen, dass das ganze Neue Testament den Anspruch erhebt, inspiriert und von göttlicher Autorität zu sein. Beachten wir dazu die bemerkenswerten Behauptungen der Evangelisten (u.a. Markus 1,1; Lukas 1,1-4; Johannes 20,31; 21,24) und die des Paulus in verschiedenen Briefen (Röm. 1,1-3; 16,26; 2. Kor. 10-13; Gal. 1 und 2; Kol. 1,23-26; 4,16; 1. Thess. 2,13; 5,27; 2. Thess. 3,14; 2. Tim. 1,13; 4,1 + 2). Ähnliche Kennzeichen weisen die «allgemeinen Briefe» auf (u.a. Jakobus 1,1; 1. Petrus 1,1; 5,1 + 12,2. Petrus 3,2 + 2; 1. Joh. 1,1-5; 4,1-6; 5,13; Judas 3).

Begründung der Inspiration Man kann für die Inspiration der Bibel viele «Argumente» ins Feld führen – und das haben wir ja auch versucht -, aber letztlich ist das so, als wollte man das Bestehen der Sonne (mit Wörtern) bewerten. Der beste Beweis für ihr Bestehen ist die unmittelbare Erfahrung ihres Lichts und ihrer Wärme. So ist es auch mit der Inspiration; der beste Beweis dafür ist letztlich die persönliche Glaubenserfahrung als Folge und Wirkung dieser Inspiration! In dieser Hinsicht können wir jetzt vier Eigenschaften unterscheiden: 1. Die moralische Kraft und Autorität der Bibel. Wir erkannten in Kapitel

Rembrandts Belsazar

1010

Wendezeit 6/15

5 unter den Kennzeichen eines «kanonischen» Buches ihre göttliche Autorität und lebenserneuernde Kraft. Nun sehen wir, wie solch ein Buch zu diesen Eigenschaften kommt: Es sind die Folgen der göttlichen Inspiration! So wie Christus «mit Vollmacht lehrte» (Matth. 7,29), so lehrt auch die Bibel mit ihrem immer wieder vorkommenden «so spricht der Herr». Geben wir der Bibel einmal die Chance, mit Autorität zu reden, so wird sie brüllen wie ein Löwe; aber die «Autorität» eines Löwen kann sich erst dann herausstellen, wenn man ihn loslässt. Die Lehre der Bibel muss nicht verteidigt, sondern verkündigt werden. Schliess­­lich muss ja


Geschichte der Bibel

« Geben wir der Bibel einmal die Chance, mit Autorität zu reden, so wird sie brüllen wie ein Löwe». Löwe (Panthera leo) Kevin Pluck - Flickr: The King.

ein Mensch, um von der Bibel 2. Die Einheit der Bibel. Jetzt, wo wir «überführt zu werden», nicht in seidas Geheimnis der Inspiration kennem Verstand, wohl aber in seinem nen, können wir auch besser begreiHerzen und Gewissen überzeugt fen, warum die Bibel von solcher werden, und das ist das Werk des Einzigartigkeit gekennzeichnet ist. Heiligen Geistes (1. Kor. 2,13 + 14; 2. Petrus 1,19-21). Pascal sagte einWir müssen jetzt besonders die Einmal: «Es gibt genügend Licht für zigartigkeit ihrer Entstehung und ihden, der sehen will» (vgl. Joh. 7,17; rer Einheit: Wer oder was hat die Offb. 22,17). Das Licht des Wortes Einheit der 66 Bücher geschaffen, Gottes hat angefangen, in Tausendie über einen Zeitraum von minden von Herzen zu leuchten (2. Kor. destens 1500 Jahren geschrieben 4,1-6), und die Menschen haben wurden, von ca. 40 Autoren in drei die lebenserneuernde Kraft dieses Sprachen, mit Hunderten von TheWortes an sich selbst erfahren. men, die aber nur ein Hauptthe-

Wendezeit 6/15

ma kennen: Jesus Christus? Kein Mensch und auch keine Gruppe von Menschen stellte dieses Buch zusammen: Die Bücher wurden, nachdem sie geschrieben waren, nur deshalb der wachsenden Sammlung hinzugefügt, weil die Empfänger sie als inspiriert erkannten. Die Sammlung weist einen bemerkenswerten «Plan» auf, von dessen Existenz vor oder während ihres Entstehens kein Mensch wissen konnte. Der Ursprung dieses Planes muss also über den Bibelverfassern selber stehen und übernatürlich sein; die Einheit

11


der Schrift muss demnach von dem stammen, von dem sie selbst immer wieder bezeugt, dass er ihr Verfasser ist: von Gott selbst! 3. Die Anerkennung der Bibel. Wir haben schon auf die wunderbare Aktualität, die gigantische Verbreitung, die haargenaue Über­ lieferung und das hartnäckige Überleben der Bibel hingewiesen. Wir kennen das Geheimnis jetzt: Millionen von Menschen in der Geschichte haben dieses Buch als das inspirierte Wort Gottes angenommen. Von Anfang an hat die christliche Kirche viele und kräftige Zeugnisse dieser Inspiration abgelegt. Bereits die ältesten Kirchenväter betrachteten das Neue Testament als «die Schrift» und wiesen auf dieselbe Art und Weise auf sie hin, wie es die Apostel mit dem Alten Testament taten. Die Inspirationslehre ist nicht eine Erfindung blinder Orthodoxie von einigen «Aus­ senseitern» der Christenheit, son­dern von den allerersten Anfängen bis heute besteht ein ununterbrochener Strom von Millionen Christen, die die vollkommene, wörtliche Inspiration der Schrift von Herzen akzeptiert haben. 4. Die historische und wissenschaftliche Glaubwürdigkeit der Bibel. Wir haben oben kurz über vermeintliche Fehler und Widersprüche in der Bi-

bel gesprochen und darauf hingewieschon zur Zeit Abrahams bestand; als sen, dass die meisten ganz einfach zu die Geschichte und Chronologie der erklären sind. Wenn nun auch einiKönige von Israel bestätigt wurden ge Probleme übrig bleiben, die nicht und als die damalige Existenz des Kö(sofort) zu lösen sind, vergegenwärtinigs Belsazar von Babel und des ange man sich doch, wie viele Tausentiken Volkes der Hethiter nachgewiede von Fehlern historischer, kosmolosen wurde. gischer und biologischer Art, wie viele Irrtümer, Fehler und ÜbertreibunUnd die Bibel spricht nicht nur glaubgen die 31’173 Verse der Bibel hätten würdig über die Vergangenheit, son­ enthalten müssen, wenn sie nicht das dern auch über die Zukunft. Sie enthält inspirierte Wort Gottes wäre. VerHunderte von Verheissungen, von degleichen wir damit die Irrtümer der nen manche, obwohl Hunderte von Ägypter (die Mose nicht beeinflus- Jahren vorher gegeben, sich dennoch sen konnten!), der Chaldäer (die Dabuchstäblich erfüllt haben; keine vaniel nicht durcheinanderbrachten!) gen Zukunftsvorhersagen, die man auf und der Griechen (die Paulus nicht irsubjektive Weise deuten könnte (wie reführten!); denken wir ferner an die bei einem Horoskop), sondern sehr geUnwissenschaftlichkeiten, denen wir naue Vorhersagen, wie die genaue bei den Hindus, bei Homer, bei ArisVerheis­sung der Zeit, des Ortes und der toteles und sogar bei Augustinus und Art der Geburt Jesu Christi. Ferner weiAmbrosius begegnen, vor allem, wo tere Prophetien, die sein Leben, Stersie Aussagen über die stoffliche Welt ben, seine Auferstehung und Himmelmachen. Die Bibel spricht über die fahrt betreffen. Der Koran und die Natur, über Pflanzen, über das Licht Veda (die ältesten heiligen Texte der Inund die Atmosphäre, über Meere der) enthalten keine so genauen Pround Berge – und das alles (obwohl in phezeiungen, die darüber hinaus auch überwissenschaftlicher Sprache) den noch erfüllt wurden. Die Ursache dafür Tatsachen entsprechend! Die Bibel ist ganz einfach: Die Bibel unterscheiredet von Tausenden von Orten und det sich von allen (religiösen) Büchern Geschehnissen aus dem Altertum – der Welt dadurch, dass sie das unfehlaber kein Fund der Archäologie hat bare, autoritative und inspirierte Wort jemals eine biblische Aussage als unGottes ist! richtig entlarvt. Der Sport der Kritiker erstarb, als die Archäologen entdeck- Nächste Folge: Die Bibelkritik am Al­ ten, dass die Kunst des Schreibens ten Testament u

Die Bibel spricht über die Natur, über Pflanzen, über das Licht und die Atmosphäre, über Meere und Berge…

12

Wendezeit 5/15


U

nheimliche Wirklichkeiten

George Langelaan

Menschen, die in sich verbrennen Zur Viktorianischen Zeit – meine Grossmutter hat es mir immer wieder berichtet – sah man es als eine besonders schwere Strafe des Himmels an, wenn Trunkenbolde plötzlich aus sich heraus verbrannten. Ein Körper verzehrte sich im Innern, manchmal auch äusserlich im Zeitraum weniger Sekunden oder Minuten. Ein Onkel meiner Grossmutter soll auf diese Weise umgekommen sein, als er eines Tages besonders viel Whisky und Sherry getrunken hatte. Meine Grossmutter erzählte, wie er in einem Sessel seines Clubs an der Pall Mall eingeschlafen war, als ein unvorsichtiger Raucher im Nebensessel sich eine Zigarre anzündete und sein Streichholz meinem heftig schnarchenden Onkel unter die Nase hielt. Dabei flammte ein blaues Licht auf, und blaue Flammen züngelten aus seinen Ohren. Dann erfolgte eine kleine Explosion im Innern meines Onkels, und wenige Sekunden später war er vollständig schwarz. Auch der Sessel war total versengt und musste neu bezogen werden.

Zeit und Erfahrung meinen Glauben leicht erschüttert, bis mir eines Tages ein Pariser Feuerwehrmann von seltsamen Fällen erzählte, in denen Menschen auf niemals geklärte Weise verbrannt waren.

Die weissglühende Pariserin In einem Bericht an die medizinischchirurgische Gesellschaft meldete ein Pariser Arzt, Dr. Bertholle, er sei am 1. August 1919 von der Polizei aufgefordert worden, ein Gutachten über einen seltsamen Todesfall abzugeben. Eine Frau war verbrannt in ihrem Zimmer aufgefunden worden. Nach den Worten des Arztes war der Fussboden an der Stelle, wo die Leiche lag, verbrannt, aber die Ursache des Brandes war nicht feststellbar. Vorhänge, Teppiche, Bettzeug und Tapeten waren unversehrt, nur der Körper der unglücklichen Frau sah aus, als käme er aus einem Backofen. In seinem Bericht gab Dr. Bertholle an: Der linke Arm ist verschmort, die rechte Hand zu Asche verkohlt, Magen, Herz, Lunge sind vollkommen ausgebrannt, und was von den übrigen Organen geblieben ist, ist nicht mehr zu erkennen. Die Frau hatte weder geschrien noch um Hilfe gerufen, niemand hatte etwas gesehen oder gehört. So kam man zu dem Schluss, das Feuer müsse im Innern ihres Körpers ausgebrochen sein.

Ich glaubte nicht an diese finstere Geschichte, bis ich eines Tages in einem Roman von Dickens las, dass ein bösartiger Trinker wie ein Weihnachtspudding in Flammen stand und verbrannte. Von diesem Tage an glaubte ich es, denn ich befand mich in dem glücklichen Alter, da für mich Alexander Dumas der einzige zuverlässige Historiker, Jules Verne der einFeuer im Innern zig glaubwürdige Wissenschaftler und Charles Dickens der grösste englische Ro- Der amerikanische Gerichtsmediziner, Dr. mantiker waren. Später haben Schule, B. H. Hartwell aus Massachusetts, Mit-

Wendezeit 6/15

George Langelaan

glied der Gerichtsmedizinischen Gesellschaft der Vereinigten Staaten, berichtet, wie er am 12. Mai 1890 durch einen Wald in der Nähe der kleinen Stadt Ayer ging und plötzlich in einer Lichtung eine Frau hocken sah, deren Körper Rauch entstieg. Dr. Hartwell stürzte eilig hinzu und entdeckte, dass ein seltsames Feuer, ohne die Kleidung der Frau anzugreifen, Schultern und Körperpartien unter den Armen verbrannte. Die beiden Beine waren schon verkohlt. Die Frau war tot. Man hat den Fall niemals aufklären können. Am 13. Mai 1907 geschah ein ähnlicher Fall in dem kleinen indischen Dorf Manner in der Nähe von Dinapore bei Madras. Zwei Polizisten entdeckten in einem Haus die Leiche einer Frau, der noch Qualm entstieg. Die Frau war anscheinend bei lebendigem Leibe von innen her verbrannt, ihre Kleider jedoch nur wenig angesengt. Die Polizisten brachten die rauchende Leiche zum nächsten Polizeiposten.

13


Parapsychologie

Am 28. Januar 1909 fand Albert Houck aus Pittsburg, in Pennsylvanien bei seiner Heimkehr den völlig verkohlten Leichnam seiner Frau auf dem Küchentisch liegen. Nirgends im Hause gab es Brandspuren. Am 24. Januar 1930 berichtete ein Polizeiarzt über den seltsamen Tod der Mrs. Stanley Lake aus Kingston im Staate New York: «Obwohl sie lebendig verbrannte, ist ihre Kleidung nicht einmal angesengt!»$Am 28. Februar 1905 drang aus dem Fenster eines Hauses in Blyth, Nordengland, Qualm. Die herbeieilenden Nachbarn fanden die Leiche der 77-jährigen Barbara Bell. Aus dem Körper der fast unkenntlichen Frau stieg immer noch Rauch auf. Das Sofa, auf dem sie lag, trug nicht die geringsten Brandspuren. Barbara Bells Körper sah so schwarz und verbrannt aus, als habe er lange Zeit in einem Backofen gelegen. Lediglich im Kamin brannte ein kleines Feuer still und friedlich vor sich hin. Am 22. März 1908 lief Margaret Dewar aus Whitley Bay, in der Nähe von Blyth, schreiend zu ihren Nachbarn. Ihre Schwester schien innerlich zu brennen. Die Nachbarn kamen herbeigelaufen und fanden Wilhelmina verbrannt auf einem völlig unberührten Bett. Im ganzen Haus gab es sonst keinerlei Brandspuren.

Verbrannt bei 2000 Grad Hit­ ze

14

Eines Abends gegen 21 Uhr sagte Dr. Richard Reeser seiner Mutter gute Nacht. Sie lebte in einem möblierten Zimmer beim Ehepaar Carpenter in der kleinen Stadt Saint-Petersburg in Florida. Kurz danach schauten Mrs. Carpenter und eine Nachbarin bei der alten Dame hinein. Die 68-jährige Mrs. Reeser rauchte vor dem Zubettgehen gerade noch ihre letzte Zigarette. Sie war schon im Nachthemd und Morgenrock, ihre Füsse steckten in Pantoffeln.

FBI-Foto eines Opfers von spontaner menschlicher Selbstentzündung. | Copyright: FBI

der in den Flammen seltsam zusammengeschrumpfte Schädel sowie einige Wirbel waren vollkommen verAm nächsten Morgen, es war der 2. brannt. Von dem grossen Sessel waJuli 1951, stieg Mrs. Carpenter zum ren nur noch die Stahlfedern übrig. Zimmer ihrer Untermieterin hinauf und wollte sie zum Frühstück ihrer Die Wände des Zimmers waren noch Untermieterin hinauf und wollte sie heiss. Etwa einen Meter über dem zum Frühstück einladen. Um die alte Fussboden begann eine Russschicht, Dame nicht zu wecken, berührte Mrs. die sich bis zur Decke zog. Die Hitze Carpenter den Türknopf nur vorsichtig, hatte einen Spiegel, drei Meter entzog ihre Hand jedoch mit einem Schrei fernt vom Lehnstuhl, zerspringen laszurück, sie hatte sich verbrannt. Sie sen Auf der Kommode waren zwei rannte aus dem Haus und rief Arbeiter Kerzen geschmolzen. Überall fand von einer benachbarten Baustelle zu man Spuren einer ungeheuren TemHilfe. Mit einem kräftigen Stoss drück- peratur; jedoch waren alle Möbel in te einer der jungen Leute die Tür ein. mehr als einem Meter Entfernung Die entsetzliche Szene, die sich ihnen vom Sessel unversehrt. Die Sachverbot, hat man bis auf den heutigen Tag ständigen machten zwei auffällige Benicht aufklären können. obachtungen. Unter dem Sessel war nur eine kleine runde Brandspur im Neben dem geöffneten Fenster Teppich, an der Wand daneben aber qualmten die Überreste des grossen war eine Steckdose geschmolzen, was Sessels und darin, ebenfalls rauchend, einen Kurzschluss ausgelöst hatte. die Überreste von Mrs. Reeser. Deshalb waren die Sicherungen im Zimmer durchgebrannt. Die Zeiger der Die Polizei war sofort zur Stel- elektrischen Uhr waren genau auf 4 le und liess Feuerwehr und Uhr 20 stehengeblieben. Ärzte kommen. Diese machten sich an eine lange ausführ- Niemand konnte sich einen Vers darliche Untersuchung, die unge- auf machen. Der Versicherungsexperwöhnliche Einzelheiten ent- te Edward Davies konnte lediglich behüllte. stätigen, dass das Opfer lebendig verbrannt war. Mrs. Reeser, die achtzig Kilo gewogen hatte, war nur noch Der Gerichtsmediziner, Professor Wilein Häuflein Asche von fünf ton Forgman von der Universität bis sechs Kilo. Ihr linker Fuss, Pennsylvanien, hatte noch niemals ei-

Wendezeit 5/15


Parapsychologie

nen vom Feuer so vernichteten Schädel, einen so vollkommen verkohlten Körper gesehen, mit Ausnahme natürlich bei Kremationen. «Dies ist das Ungewöhnlichste, das ich je gesehen habe», schrieb er unter seinen Bericht.

erzählte mir eines Abends ein alter Ire in einer Schenke an der Küste der Bantry Bay. Der Gischt der Wellen spritzte gegen die kleinen Fensterscheiben, der Wind heulte in dem grossen Kamin, wo ein riesiges Torffeuer loderte. «Aber das ist noch gar nichts gegen den Lärm, den sei­ne Frau macht, wenn er nachher nach Hau­se kommt», meinte ein Seemann und prostete uns zu.

Grafschaft Clare war, hatte er eines Samstagabends eine Gruppe junger Leute zum Tanz in die Nachbarstadt begleitet. Spät in der Nacht, einer schönen Vollmondnacht, machten sie sich zu Fuss singend auf den Heimweg. Die Mädchen gingen eingehakt vor den Jungen her, und der Pfarrer folgte mit zweien seiner Pfarrkinder, die einen über den Durst getrunken hatten und vor deren Blick die Strasse seltsam schwankte. Plötzlich hörte er aus einem Feld neben der Strasse gellende, langgezogene Schreie. Er liess seine zwei Gefährten los, alle blieben stehen, und er rannte zu der niedrigen Steinumrandung des Feldes.

«Haben Sie das auch gehört, Vater?», «Man muss es gehört haben, um sich fragte ein Mädchen und bekreuzte sich. Nach verschiedenen Überlegungen das vorstellen zu können. Gott und alkamen die Experten zum Schuss, dass le Heiligen mögen euch davor bewah- «Was soll er gehört haben?», sagte ein Junge. mindestens eine Hitze von 2000 Grad ren», sagte der Alte still. geherrscht haben muste, um eine so totale Auflösung zu bewirken. Die Ich habe leider noch nie eine Banshee Einen Augenblick sahen sich alle beSpuren einer solchen Hitze waren gehört, aber in Irland und auch in stürzt an und schwiegen. Die Mädzwar vorhanden, aber nichts liess auf Schottland und Cornwall redet man chen drehten sich um, damit der jundie Hitzequelle schliessen. viel davon. Niemand weiss genau, was ge Mann sie nicht sähe, und bekreueine Banshee ist. Manche behaupten, zigten sich dreimal. es sei nur ein Schrei in der Nacht, anDie Banshees in Irland dere wollen sie gesehen haben und Wieder gellten die Schreie, diesmal bezeugen, es sei eine bleiche, blonde aus einem weiter abgelegenen Feld. Frau, die sich mit einem zerbrochenen Niemand sprach. Kamm das Haar kämme, und wenn sie schreit, möchte man beim Anblick ih- Am nächsten Tag stürzte der Junge, res Gesichtes sterben. Wieder andere der die Schreie nicht gehört hatte, mit erzählen, es seien Sirenen, die manch- dem Motorrad und war tot. Es übermal an Land kommen und den Tod an- raschte keinen, denn er allein hatte die Banshee nicht gehört. Der Priester kündigen. erinnert sich noch heute an zwei DinEines ist sicher: In einigen alten iri- ge mit Gewissheit: Er hatte deutlich schen Familien kündigt sich der Tod die Schreie gehört, und es waren LauDie Bunworth Banshee, Illustration in des Familienältesten immer durch die te, die weder von Menschen noch TieThomas Crofton Crokers Fairy Legends Schreie einer Banshee an. Nur der ren stammten. and Traditions of the South of Ireland Todgeweihte selbst hört sie nicht. Bei (1825) anderen Familien kündigt die Banshee Die Banshee der immer den Tod des Jüngsten an. Familie Carnsen «Der fürchterlichste, gellendste, unheimlichste Schrei, den man sich über- In Dublin habe ich mich lange mit ei- Als die Carnsens das Herrenhaus von haupt vorstellen kann klingt wie ein nem Priester unterhalten, der einige Flesbury bei Bude in Cornwall beKinderlachen, verglichen mit dem Jahre zuvor eine Banshee gehört hat- wohnten, gellten die Schreie einer grauenvollen Heulen einer Banshee», te. Als er noch Dorfpriester in der Banshee jedes Mal durch das ganze

Wendezeit 6/15

15


Gebäude, wenn jemand aus der Familie starb. Nur der Todgeweihte vernahm sie niemals. So wussten die ganze Familie, alle Hausangestellten und sogar zwei Gäste, dass der kleine John Carnsen sterben würde, da er als Einziger am 5. Juni 1901 die gellenden Schreie nicht hörte. Die Schreie waren so grauenerregend, dass die Männer fluchten und die Frauen schluchzten. Das letzte Mal hatte man den Schrei vor zehn Jahren gehört, als William Carnsen starb. Und wiederum zehn Jahre früher hatte die Banshee den Tod angekündigt, zwei Tage bevor die Grossmutter des kleinen John, Mrs.

16

Carnsen, einen Herzschlag erlitt. Am Morgen des 5. Juni schrie die Banshee zum ersten Mal gegen 7 Uhr und weckte die Geschwister des kleinen John Der Vater, Marcus Carnsen, eilte ins Kinderzimmer, um zu wissen, wer geschrien habe. Dann ging er in Johns Zimmer. Hier fand er die Mutter zitternd, halbtot vor Angst, denn auch sie hatte den Schrei behört. Nur John, den sie gerade anzog, hzatte nichts gehört.

ne Eltern liessen trotzden den Arzt kommen, doch konnte er nichts finden. Fünf Tage später ertönten wiederum vom Keller bis zum Boden die fürchterlichen gellenden Schreie, und John, der abermals nichts hörte, tat seinen letzten Atemzug.

Zweimal noch hörte man die Banshee: Beim Tod von Marcus Carnsen und wenige Monate später, als seine Frau ihm folgte. Seither wohnen die Carnsens nicht Niemand wollte dieses Mal an das bö- mehr im Herrenhaus von Flesbury. se Omen glauben. Der kleine John war zwar einige Wochen vorher krank ge- Nächste Folge: Die Tierwelt – andere wesen, hatte sich aber gut erholt. Sei- Formen der Intelligenz u

Wendezeit 6/15


T

ranswelt – Erfahrungen jenseits von Raum und Zeit

Ernst Meckelburg

Bewusstsein als Skalpell «Dort, wo sich Leben mit Bewusstsein verbindet, betreten wir vollkommenes Neuland. Wer näher mit den Gesetzen der Chemie und Physik vertraut ist, für den ist die Annahme, dass die … Welt (des Bewusstseins) von Gesetzen verwandter Art regiert werden könnte, ebenso absurd wie die Annahme, eine Nation könne von solchen Gesetzen wie denen der Grammatik regiert werden.» Sir Arthur Eddington (1882-1944) in Science and the Unseen World

strömten, sollen bei diesem Behandlungsakt heilend auf das erkrankte Organ einwirken. Manche glauben, dass bei der normalen magnetopathischen Behandlung der Heiler seine überschüs­ sige, im Feinstofflichen angestaute «Le­ benskraft» direkt an den Erkrankten abgibt. Bei der spirituellen Heilungsmethode will der Heiler dem Leidenden lediglich kosmische Heilenergie vermitteln.

Nach östlicher Auffassung sammelt sich diese kosmische Energie in den sogenannten Chakras – hypothetische Kraft­ Geist über Materie zentren im geistigen Körper des MenDr. Franz (Friedrich) Anton Mesmer Heilerfolge kommen im Bereich des schen –, steigt über die Kundalini zu praktizierte erstmals magneto- Paranormalen auf unterschiedliche Wei­ den höchsten Zentren auf und wird pathisches Heilen se zustande. Die einzelnen Heilungsar- dann über die Hand oder den Atem abten und Wirkungsprinzipien lassen sich gestrahlt. man durch eine äusserliche Handlung allerdings kaum exakt voneinander tren­ auf eine räumlich entfernte Person ein­ nen, und oft treten während eines einzi- Die Geistheilung mit ihren therapeuti- wirken. Fernheilungen wie diese wergen Behandlungsganges gleich mehrere schen Techniken, die im wesentlichen den gelegentlich auch durch Gebetsparanormale Phänomene in Erscheinung. eine psychische Einflussnahme auf das aktionen und Fürbitten ausgelöst, deKrankheitsbild vorsieht, wird von der ren autosuggestiver Charakter unverAufgrund einschlägiger Erfahrungen un­ Schulmedizin nur allzu wenig beach- kennbar ist. terscheidet man grob zwischen der tet, eine Haltung, die um so bedauerpsychischen Heilung (entweder in der licher ist, als dass gerade die von me- Über Heilungen auf beliebige Distanz – normalen oder in der spirituellen dizinischer Seite hofierte Psychosoma­ man spricht von «Proxy»-Operationen Form), der Geistheilung, der sogenann­ tik – die Lehre von der Seele-Körper- (engl. proxy = Stellvertreter) – berichtet ten «Geistchirurgie» oder Logurgie und Beziehung – verwandte Züge trägt. der philippinische Psychologe Dr. Hiram der «Wunderheilung». Ramos: «Der inzwischen verstor­ bene Innerhalb dieser Heilungskategorie un­ Heiler Gonzales behandelte in Bauio auf Beim psychischen, dem sogenannten terscheidet man noch zwischen Glau- Luzon (Philippines) eine stell­vertretende magnetopathischen Heilen, wie es z.B. bens- und Gebetsheilung, denen reli- Person – das «Proxy» –, wäh­rend sich von Franz Anton Mesmer (1734-1815) giöse, wohl aber auch suggestive Wirk­ der eigentliche Patient in Seattle (USA) erstmals praktiziert wurde, steht der prinzipien zugrunde liegen, sowie zwi- aufhielt. Dieser erlebte den HeilungsvorHeilungssuchende ausschliesslich und schen Ritual- und spiritualistischer Hei­ gang synchron. Gonzales beschrieb späunmittelbar mit dem Heiler in Verbin- lung, wie sie vorwiegend von Natur- ter auch den ihm völlig unbekannten dung. Der Heilungsvorgang wird durch völkern bzw. südamerikanischen und Raum in Seattle, in dem sich der Patient Handauflegen, «Bestreichen» und an- philippinischen Glaubensgemeinschaf­ befunden hatte, ganz genau.» Hatte Hans Gonzales sein Bewusstsein, einen dere magnetopathische Praktiken aus­ ten praktiziert werden. Teil seiner Heilener­gie auf «Hausbesuch» ge­löst. Feinstoffliche (bioplasmati­sche) Energien, die der Hand des Heilers ent­ Bei magischen Heilungsmethoden will geschickt?

Wendezeit 6/15

17


Parapsychologie

Bei der Geistchirurgie – ebenfalls eine spiritualistische Form der Heilung – kennt man ausser der eigentlichen Logurgie, d.h. «operativen» Eingriffen, bei denen der Heiler durch sogenannte psychokinetische Schnitte auch auf Dis­tanz in den Körper des Patienten eindringt, noch die völlig unblutig verlaufenden «Operationen» am As­ tral­kör­per der erkrankten Person, gemeint ist deren bioplasmatisches Or­ ganisations­feld. Die in der Union Espiritista Cristiana lose zusammengeschlossenen rund 50 bedeutenden philippinischen Geist­­­ chirurgen nehmen an ihren Patienten meist sichtbare operative eingriffe vor und handeln dabei, nach eigener spiritualistischer Auffassung, lediglich als Werkzeuge sogenannter «Kon­troll­geis­­ ter», jenseitiger Ärzte, die den Operateuren angeblich die Hand führen. Von Zé Arigó, einem berühmten, 1971 verstorbenen brasilianischen Geistheiler, will man wissen, dass er unter der «Kontrolle» eines ehemaligen deut­ schen Arztes, eines gewissen Dr. Fritz, gestanden habe. Im Verlauf seiner Heilertätigkeit führte er, meist nur mit einem einfachen Federmesser, schmerz­ freie, unblutige «Operationen» aus. Dabei unterhielt er sich häufig noch

mit anwesenden Patienten, offenbar ohne sonderlich auf die Bewegungen seiner Hände zu achten. Animisten sehen in besagten «Kontrollgeistern» dissoziierte, d.h. abgespaltene Teile der Psyche des Heilers, eine Hypothese, die jedoch eine gewisse Interpretationsmüdigkeit erken­ nen lässt, denn wie kann der Operateur von sich aus den verborgenen Krankheitsherd exakt diagnostizieren und an diesem gleichzeitig auch noch paranormale therapeutische Massnah­ men ergreifen? Unternimmt er vielleicht mit Hilfe seines Bewusstseins im Trancezustand kleine Exkursionen in den Körper des Geplagten? Und wieso gehen diese «Operationen» oder wie immer man sie nennen will, stets gut aus, wenn die meisten Geistheiler kaum über spezielle medizinische Kenntnisse verfügen und sie nur ganz selten Antiseptika benutzen? Über eine interessante geistchirurgische «Operation» am Astralkörper (Bioplasma-Organisationsfeld) berich­ tete im Jahre 1973 der bei der NASA beschäftigte Entwicklungsingenieur Dr. Rolf Schaffranke. Nach Angaben seines Operateurs – hier ein amerikanischer Geistlicher – wird bei solchen «Operationen» der Astralkörper des Erkrankten von dessen materiellen Körper etwas «abgehoben», ohne jedoch die Verbindung zu diesem völlig abreissen zu lassen. Die «Operation» findet dann gewissermassen in einer höheren Dimensionalität statt. Der physische Körper soll nach dem Eingriff eine gewisse Zeit benötigen, um auf die am Astralkörper vorgenomme-

Zé Arigó (José Pedro de Freitas, 19211971) war ein brasilianischer Geistheiler, der unter der Kontrolle des Geistes +Dr. Fritz» operierte, oft mit einem rostigen Messer (Bild rechts)

18

Wendezeit 6/15

nen Korrekturen zu reagieren. Reverend X, der übrigens während der «Operationen» mit den Geistesinhalten von nicht weniger als 28 verstorbenen Medizinern – meist Spezialisten aus aller Herren Länder – in Verbindung stehen und in Trance nur dessen Anweisungen befolgen will, beauftragt jedes Mal seine Frau mit dem Protokollieren der medial gestellten Diagnose. Das hat seinen Grund, denn sobald der Reverend aus der Trance erwacht, erinnert er sich gewöhnlich an nichts mehr.

Gehirnwellenmuster angepasst Die Heilkräfte der Engländerin Rose Gladden – eine der bekanntesten und erfolgreichsten Heilerpersönlichkeiten unserer Zeit – werden meist dann erst in Anspruch genommen, wenn die Schulmedizin nicht mehr weiter weiss, wie beispielsweise im Falle des neunjährigen Andrew Buchan, der infolge eines Tumors im November 1969 mitten im Spiel durch eine plötzlich aufgetretene Gehirnblutung gelähmt wurde. Tagelang kämpften die Ärzte einer Londoner Kinderklinik um sein Leben. Er überlebte schliesslich, aber es bestand keine Hoffnung, dass er je wieder völlig genesen würde. Der Gehirntumor erwies sich als nicht operabel. Die Lähmung hielt an, und Andrew konnte sich nur im Rollstuhl


Parapsychologie

fortbewegen. Eines Tages wurde die Mutter des Jungen von Freunden auf Rose Gladden aufmerksam gemacht, die sie, nach anfänglichem Zögern, in Begleitung ihres Sohnes aufsuchte. Rose legte ihre Hände sanft auf Andrews Kopf, der, wie viele andere vor ihm, schon beim ersten Mal gespürt haben will, dass diese plötzlich «sehr heiss» wurden. Gleichzeitig nahm er ein eigenartiges «Pulsieren» in ihren Händen wahr. Mrs. Gladden, die sich selbst nur als Mittlerin zwischen einer höheren Macht und den Leidenden sieht, wusste sofort, dass sie dem Jungen helfen konnte.

such­ te Rose Gladden mehrfach mit dem von ihm entwickelten «mind mirror», einem Gerät, mit dem es möglich ist, die Rhythmen beider Gehirnhälften gleichzeitig sichtbar zu machen. Am 17. Juli 1977 kam es an der Universität von Loughborough (Leicestershire) vor mehr als 400 Zuschauern zu einer ungewöhnlichen Darbietung. Rose wurde an einem, die Patientin Nora Forbes an einem anderen «mind mirror» angeschlossen. Über Kabelfernsehen konnte jeder der im Saal Anwesenden beobachten, wie Mrs. Gladden ihr Gehirnwellenmuster willentlich veränderte. Mehr noch: man bemerkte, wie sich das Gehirnwellenmuster der Patientin allmählich dem von Rose anpasste. Schon nach 15 Minuten hatten beide ein völlig identisches Elektroenzephalogramm. Erstmals war es gelungen, den Harmonisierungsvorgang zweier unterschiedlicher Gehirnwellenmuster (von Patient und Heiler) einem breiten Publikum vor Augen zu führen.

Nach einer Behandlung, die nur fünf Wochen dauerte, konnte sich Andrew schon allein fortbewegen und normal sprechen. Ein «Wunder» war geschehen; der Rollstuhl hatte ausgedient. Sein linkes Bein, das während seiner Erkrankung völlig verkümmert war, bil­ dete sich allmählich zurück. Die Ärzte der Kinderklinik waren über die spontane Heilung des bereits aufgegebe- Den Zustand der Heilung will Dr. Cade bei Rose durch «eine Alphawellen-Aknen Patienten verblüfft. tivität» (hohe Amplitude) bei kontinuIm Verlaufe ihrer un­ ierlichen und stabilen Frequenzen zuermüdlichen Heiler- sammen mit zwei Seitenbändern (im tätigkeit in aller Welt Theta- und Betabereich) charakteriarbeitet Rose Glad- siert wissen. den häufig mit Gehirnspezialisten zu- Zwar werden auf diese Weise gewisse sammen. Aufgrund Zusammenhänge zwischen Bewusstdieser erfreulichen sein und zerebralem Bereich deutlich, Kooperation ist man vom Erkennen der näheren Ursachen interessanten Zu- des Heilungsvorganges aber sind wir sammenhängen nach wie vor weit entfernt, genau wie zwischen den bei bei ausgesprochenen «Wunderheilunder Behandlung gen», von denen noch zu berichten sein aufgetretenen Ef- wird. Allein in Lourdes verzeichnete fekten und ihrem man bis zum Jahre 1977 mehr als 1200 Gehirnwellenmus- aussergewöhnliche und 64 von einer ter auf die Spur ge- neutralen Kommission als Wunder bekommen. Ein Dr. stätigte Heilungen spontaner Art. Cade – Mitbegründer und Leiter einer Animisten sprechen in solchen Fällen Londoner Elektro- häufig von «Heilungen in einem religiRose Gladden nikfirma – unter- ös determinierten affektiven Feld»

Wendezeit 6/15

(Professor H. Bender) an bestimmten «heiligen Orten» oder an denkwürdigen Jahrestagen. Über die eigentlichen Auslöser paranormaler Heilungs­ prozesse und spontaner Heilungen weiss man bis heute so gut wie nichts. Der Arbeitsbegriff «affektives Feld» lässt viele Deutungen zu, sogar die des Einwirkens jenseitiger Entitäten, den Persönlichkeitskernen Verstorbener. Nicht an Medien gebundene Heilungen wie diese lassen sich unter Umständen auch auf die konzentrierte und kontinuierliche Durchtränkung des «Wunderortes» mit positiven psychischen Äusserungen (Gebete, Genesungswünsche usw.) zurückführen, auf kollektiv erzeugte bioplasmatische Heil­ muster (Organisationsfelder), die auf die erkrankten Organe mancher Heilungssuchender – deren feinstoff­liche Matrize – schliesslich regenerativ wirken. Wunder im Sinne von «unfassbar» produzieren die philippinischen Heiler tagtäglich. Sie verdienen es, dass man ihnen bei ihrer Tätigkeit ein wenig über die Schultern schaut. – In der nächsten Ausgabe der Wendezeit. u

19


Machen Sie sich über alles Sorgen? Gehen Ihnen ech­te oder eingebildete Streitereien immer wieder durch den Kopf? Stellen Sie sich vor, wie Ihr Chef Sie respektlos behandelt oder wie Sie ihm sagen, was Sie wirklich über ihn denken? Denken Sie an vergangene oder imaginäre Meinungsverschiedenheiten mit Freunden und geliebten Menschen? Oder ist der Raum zwischen den Ohren in der Regel ein positiver Ort? Stel­len

20

Sie sich vor allem glückliche Ereignisse vor, Orte, die Sie gerne sehen wollen, positive Erfahrungen, die Sie haben möchten, Ihren Chef, der Sie für Ihre gute Arbeit lobt?

in einem konstanten Strom von News; die meisten davon sind negativ und ge­ nerieren ebensolche innere Gespräche.

Realisieren Sie überhaupt, wie wichtig dieser ständige innere Dialog ist? Und Ich habe Ihnen schon gesagt (in Nr. dabei spielt es, wie ich Ihnen auch 4/15) wie wichtig es ist, seine Gedan- schon gesagt habe, keine Rolle, warum ken unter Kontrolle zu behalten. Die dies so ist. meisten Leute scheinen einfach in einem Meer von inneren Gesprächen Wir bestehen aus Energie, wie Einstein ohne erkennbare Ausrichtung zu trei- es in seiner Formel E=MC2 entdeckt ben, und leider scheinen wir Men- hat, und das, was oder wie wir fühlen, schen eine Tendenz zu haben, in nega- ist unsere Schwingungsfrequenz, mit tivem Denken und negativen Vorstel- welchen wir die Menschen, Ereignisse lungen zu schwelgen. Der Grund dafür und Objekte anziehen, die dieser Freist, glaube ich, die menschliche Ten- quenz entsprechen. Was wir ständig denz, sich zu sorgen, und das führt aufnehmen bestimmt, wie wir uns füh­ schnell zu all- len, bestimmt unsere Frequenz. Wenn gemein sorgen­ das nicht ganz in Ihr Glaubensschema vollem Denken passt, dann kann es Ihnen leichter fallen, über alles, was dies nur aus psychologischer Sicht zu geschieht bzw. betrachten und anzunehmen, dass, wenn ge­schehen wir dank unserem positiven inneren könnte. Wenn Dialog uns gut fühlen, unsere Ta­ten ent­ unsere Gedan- sprechend ausfallen und die Re­aktio­ ken sich in ei- nen darauf ebenso positiv sein werden. nem solchen Bereich bewe- Deshalb sollten wir unsere ständigen gen generieren inneren Gespräche als extrem wichtig wir immer mehr betrachten. Lassen Sie Ihre Gedanken negative Vor- nicht planlos schweifen und konzentstellungen. rieren Sie sich nicht auf negative Dinge, die Ihnen Sorgen bereiten. Ändern Wir leben auch Sie Ihren inneren Dialog zum Positiin einer Welt, ven, erinnern Sie sich an schöne Erwo wir ständig fahrungen, glückliche Zeiten, an alles, von Nachrich- was ein gutes Gefühl auslöst. Lenken ten bombar- Sie Ihre Gedanken zu den Arten von diert werden; Ereignissen und Erfahrungen, die Sie wir müssen eigentlich sehen und machen wollen. keine Zeitung kaufen um her- Dazu wünsche ich Ihnen viel Erfolg. auszufinden, was in der Welt geschieht. Wir befinden uns

Wendezeit 6/15


Theosophie Rudolf Passian

Teil 4

Es mag wohl stimmen, dass das leidvolle Dasein in der Materie uns zur Besinnung bringen soll, zur Besinnung auf das Wesentliche, aber die Materie ist – nach christlich-spiritualistischer Auffassung – nicht der «lichtbringenden Liebe» Luzifers zu verdanken, son­ dern sie ist eine naturgesetzliche Folge seines und unseres Falles! Luzifer ist, bei allem Respekt vor seiner anscheinend unbeugsamen Willensstärke, auch bloss ein Geschöpf. Und den Gesetzen, die auf allen Seins­ebe­nen das All durchfluten und regieren, ist auch er unterworfen. Infolgedessen können die Gesetze der Materie und die Materie selbst nicht von Luzifer stammen, sondern stehen unter dem Rückführungsprinzip der wieder eins machenden und versöhnlichen Gnade Gottes. Nach Lorber erfolgt die Rückführung Luzifers samt seiner Scha­ren in Atomen und «Urlebensfunken» im Verlaufe von ungeheuren Zeit­­spannen. Daher die zähen Bemühungen des gegensätzlichen Prinzips, die naturgesetzlich-allmähliche Vergeistigung der Materie hinauszuzögern und unser Denken in falsche Rahmen zu leiten. Ziel des Gegensatzes ist die Verewigung der Materie, denn sie ist «Luzifers Reich». Hier ist das Schlachtfeld im Ringen zwischen Licht und Finsternis, hier tobt der Kampf um jede einzelne Menschenseele! Es ist jedenfalls bezeichnend, dass für Helena Petrowna Blavatsky (HPB) und viele Esoteriker Luzifer und seine mitgefallenen Engel die eigentlichen Erlöser der Menschheit sind. Das Prinzip des Bösen wird – teils unter anderen Namen – seit alters doppelgesichtig bzw. unter zwei personifizierten Aspekten vorgestellt: Satan (als «Fürst der Finsternis», des Chaos, der Vernichtung) und Luzifer (als Blen-

der und Verführer zum falschen Licht). Mit viel Worten wird dies in HPBs «Geheimlehre» einerseits betont, andererseits verschleiert oder umgemünzt. Da wimmelt es nur so von «Herzen der Flamme» und der «dunklen Weisheit», deren Oberhaupt der kirchlicherseits angeblich zu Unrecht verteufelte, von der Venus stammende Luzifer/Satan sein soll (Venus, lat. luci­ fer, griech phosphóros). Er gilt als Vertreter des «Sonnen-Logos» auf Erden und als Gründer der Adepten-Hierarchie unseres Planeten. Ein Hinweis mehr auf das wahre Wesen theosophischer «Meister».1 Dabei ist Satan/ Luzifer nicht bloss «der Herr der sieben Wohnungen (Sphären) des Hades», also der Unterwelt, sondern «der Herr dieser Welt, der Gott unseres Planeten und der einzige Gott».2 Noch unmissverständlicher wird HPB auf S. 394 des zweiten Bandes ihrer «Geheimlehre», wo man erfährt: «Um die Sache ein für allemal klarzumachen: Das, was die Priesterschaft einer jeden dog­ matischen Religion, vorzugsweise der christlichen, als Satan, den Feind Gottes, bezeichnet, ist in Wirklichkeit der höchste göttliche Geist, die okkulte Weisheit auf Erden.» Wird demnach bei den Theosophen Satansverehrung getrieben? In bewuss­ter Form wohl kaum. Was freilich in den sogenannten «inneren Kreisen» geschieht, unterliegt strenger Geheim­ haltung.3 Wie dem auch sei, für Christen sollten derlei Anschauungen inakzeptabel sein. Bei aller Achtung vor dem auch in Satan/Luzifer glimmenden Gottesfunken bleibt für uns das Christus-Prinzip massgebend und nicht das luziferische. Christus lebt und wirkt in weit höheren Gesetzen, als es jene der Materie sind. Man muss einmal erlebt habe, wie allein schon die Nennung seines Namens

Wendezeit 6/15

Rudolf Passian

auf niederastrale oder gar dämonische Wesen­hei­ten wirkt!4 An sich müsste jedermann einzusehen in der Lage sein, dass der Schatten seine Existenz dem Licht verdankt. Für HPB freilich ist das Böse «bloss eine entgegenwirkende blinde Kraft der Natur», ist lediglich «Schatten des Lichtes ohne welchen das Licht kein Dasein haben könnte…» Würde das Übel verschwinden, so verschwände auch das Gute von der Erde! Der Teufel ist für sie die Menschheit, und ausserhalb derselben gab es nie einen.5 Auch hier wieder eine Umkehrung einer beobachtbaren Tatsache, dass Licht ohne Schatten sehr wohl existieren kann, aber nicht andersherum. In einem von zweifellos hoher jenseitiger Warte gegebenen Kommentar zum Matthäus-Evangelium heisst es in Bezug auf den 18. Vers des 28. Kapitels («Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden»): «Der Gegensatz könnte ohne Gesetz nicht leben, denn er ist wie ein fauler Sumpf, der frisches Wasser als Lebenszufluss braucht, um wenigstens Sumpf zu bleiben.»6

21


Esoterik

In der Offenbarung 12,9 ist vom Teufel und Satanas die Rede, «der grosse Dra­ che und die alte Schlange». Auch hier dürfte das Doppelgesicht des Bösen angedeutet sein. Kahir, der ein Wissen­ der, wenn nicht ein Eingeweihter war (allerdings des Rechten, nicht des Linken «Pfades») interpretiert jene Angaben so: Der Drache (alte Schlange) ist das Prinzip des Widergöttlichen. Teufel ist der gegen den Schöpfungsplan gerichtete «Entzweiungswille», das Le­ bensfeindliche. Satanas ist der Geist der Verdichtung, Vermaterialisierung, ist materielles Denken. «Sat-an» bedeutet die verdichtenden Kräfte der Materie, ist der Geist der Materie. Auch der nordischen Edda war, ebenso wie der griechischen Mythologie, das doppelgesichtige Böse bekannt, wie es aus seinem Ursprung ins Dasein tritt und uns Menschen zweifach beeinflusst: unterbewusst und wachbewusst. Kahir sagt zu Recht: «Sind nicht die Schlagworte vom kalten Krieg und seinem flammenden Bruder mehr als Wortspiele? Luzifer steht für die Napalm-, Phosphor- und Atombomben, für die brennenden Städte, für das Flüchtlingselend und den Sadismus der Zwangsarbeitslager. Und Satan (Ahriman) für die Erfindungs-

22

kraft negativer Wissenschaft» /Atomkernspaltung, Gentechnologie, Massen­ vernichtungsmittel), für Zinswucher ­ und Profitgier, Geschichtsfälschung und verlogene Propaganda sowie «die eiskalte Berechnung von Methoden zur Abwürgung jedes guten Willens, den der Grossteil der Menschheit diesem Totentanz noch entgegenzusetzen vermag». Wie aber Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Besserung sei, schreibt Kahir, «so bedeutet die gewonnene Erkenntnis vom Wirken der Widerordnung und ihrer karmi­schen Leidfolgen (zugleich) auch den ersten Schritt zu deren Überwin­dung. Das innerste Wesen des Men­schen ist göttlich. Wenn er in der Freiheit seines Wil­ ­lens, dem Luziferischen die Macht seines Herzens und dem Satanischen die Kraft seiner hö­heren Ver­nunft ent­gegen­ stellt, dann wird das zweideutige Gesicht des Bösen sich abwenden von einer Welt, die sich wieder eindeutig zu den Werken des Ewigen bekennt.» Eine Abwendung wird aber kaum möglich sein, wenn man Logos, Christus, Luzifer und Satan gleichsetzt.7

Charles Webster Leadbeater 2014, im Alter von 60 Jahren

sichtigkeit. Freunde der Theosophie mö­ gen mir das Wort «vorgeblich» – wie an anderen Stellen das Wort «angeblich» – verzeihen, aber als Parapsychologie muss ich sagen, dass Leadbeater nie einen wissenschaftlich abgesicherten Beweis wirklichen Hellsehens erbracht hat, ebenso wenig wie Rudolf Steiner, Max Heindel und andere Grössen auf dem Beim Abscheiden HPBs (1891 in London) bestand die Theosophie Gesell- Gebiet esoterischer Lehren. Dabei stütschaft (TG) aus nahezu dreihundert ze ich mich auf offenbar unwidersproZweigen und Zentren, unterteilt in chen gebliebene Angaben im deutfünf nationale Sektionen. Bald kam es schen «Zentralblatt für Okkultismus». zu Spaltungen. Dennoch gedieh die TG prächtig was vor allem auf das Wir- 1905 erfolgte der spektakuläre Ausken von Charles W. Leadbeater (1847- schluss Leadbeaters aus der TG. Der 1934) und Annie Besant (1847-1933), Grund waren seine befremdlichen Erdie nach dem Tode Oktotts ab 1907 ziehungsmethoden bei ihm anvertrau­ das Präsidentenamt bekleidete, zu- ten Knaben, zu denen er homosexuelle Beziehungen unterhielt. Lead­beater rückzuführen sein dürfte. gestand dies unumwunden ein und Leadbeater hatte seinen Priesterberuf erklärte, nichts Schlimmes getan zu in der anglikanischen Kirche aufgege- haben. Er habe die Jungen hellsehend ben. Er trat der TG bei und wurde nach machen wollen – und das gehe am seiner Begegnung mit HPB (1884) bald leichtesten im Zustand sexueller Reieine Art «Chefideologe». Als HPB ge- zung und Schwächung…8 storben war, übernahm er die «Esoteric Section», die Innere Abteilung der Damals verurteilte Annie Besant solAdyar-TG. Hier betrieb er, so heisst es of- che Ansichten auf das entschiedenste. fiziell, okkulte Forschungen, und zwar Eine derartige Einstellung «entstellt auf der Basis seiner vorgeblichen Hell- und verdirbt den zur Erhaltung der

Wendezeit 5/15


Esoterik

Rasse in den Menschen eingepflanzten der Venus, dem angeblichen Planeten sexuellen Trieb, sie entwürdigt die Idee Luzifer/Satans, sollen denn auch die Lehder Ehe, der Vaterschaft und Mutterrer und «Meister» der Adyar-Theososchaft, die heiligsten der menschlichen phie stammen (nach Johannes FährIdeale; sie korrumpiert die Einbildungsmann, «Einführung in das Theosophikraft, beschmutzt die Empfindungen sche Weltbild der Gegenwart», Buenos und untergräbt die Gesundheit». Am Aires 1951, S. 35. Der Verfassername ist allerschlimmsten aber empfand Annie vermutlich das Pseudonym von Hans Besant, dass solches im Namen der TG Fändrich). gelehrt würde, «was doch ausschliesslich irdisch, sinnlich und teuflisch ist».9 2 «Geheimlehre» II, S. 245. – Eliphas Lévi, Diese wortgewaltige sittliche Entrüsder eigentlich Alphonse-Louis Constant tung schien aber bald abzuklingen, hiess (1810-1875) gilt unter Esoterikern denn Leadbeater wurde Frau Besants als unbestrittene Autorität. Auch HPB engster Mitarbeiter, und 1911 setzte schätzte ihn sehr und zitierte seine Lobresie in gewohnt energischer Weise seide auf Satan: «Das ist jener Engel, der ne Wiederaufnahme in die TG durch.10 stolz genug war, sich selbst für Gott zu hal-

phie» (Altmann, Leipzig, S. 54) schreibt HPB: «Die Gesellschaft zerfällt, wie bekannt ist, in eine äussere und eine innere. Diejenigen, welche zur letzteren gehören, haben eine besondere Philosophie oder – wenn dieser Ausdruck vorgezogen werden sollte – ein eigenes religiöses System. Die Grundlinien desselben sind vor einigen Jahren im ‚Theosophist’ und im ‚Esoterischen Buddhismus’ (von Herrn Sinnett) dargestellt worden und können noch ausführlicher in der ‚Geheimlehre’ gefunden werden.» Und ebendiese «Geheimlehre» gipfelt in der Luzifer/SatanVerehrung! Es sei allerdings so, bemerkt Friedrich Wilhelm Haack in seiner Schrift «Satan – Teufel – Luzifer» (München, 5. Aufl. 1987, S. 43), «dass in der deutschsprachigen Theosophie nie eine grosse Neigung bestand, diese Satan/LuziferGnosis gross herauszustellen».

ten; tapfer genug, seine Unabhängigkeit um den Preis ewiger Leiden und Qualen zu erkaufen; schön genug, sich selbst im vollen göttlichen Licht angebetet zu ha1 Beatrice Flemming, «Kleines Lexikon und Register für das theosophische ben; stark genug, noch immer in FinsterWeltbild», München 1976, S. 139. – Von nis inmitten von Pein zu herrschen und 4 Hierzu ein Beispiel aus der para­ psy­ chologischen Praxis anlässlich einer Sitsich selbst einen Thron aus seinem zung mit dem damals berühmten unauslöschlichen Materialisationsmedium Rudi Schneider Scheiterhaufen ge(1908-1957), die in Granz stattfand. Der macht zu haben. Das Berichterstatter erzählt den Vorgang des Rudolf Passian ist der Satan des reIntrancegehens, was bei solchen Medien publikanischen und einem Sterben gleichkommt. Danach L I C H T U N D S C H AT T E N ketzerischen Milton… wurde Schneiders Gesicht «leuchtend DER ESOTERIK der Fürst der Anar­ grün. Es ist nicht sein Gesicht, brutale Züchie, bedient von eige voll Hass! Die Hände werden leuchEiner der namhaftesten deutschen ner Hierarchie seiner tend, erheben sich, greifen nach meiParapsychologen beleuchtet auf der Basis einer zeitlos gültigen Ehtik die Geister.» HPB benem Hals– Ich sage: ‚Jesus gebe dir FrieGrau- und Dunkelzone esoterischer merkt dazu: «Diese den!’ – Das war wie in einen luftgefüllten Lehren und Praktiken. Nach langjähriBeschreibung, die so Sack gestochen! Das grüne Leuchten ergen intensiven Studien entstand somit geschickt theologilischt plötzlich. Wie ein Toter sackt Rudi ein zuverlässiger Wegweiser im Labysche Dogma und zusammen.» Hier handelte es sich um rinth von Esoterik und New Age. kabbalistische Alleein Phänomen, welches wir «TransfiguDer Autor eröffnet uns den Blick für den gigantischen Kampf zwischen gorie versöhnt und ration» nennen: Die Gesichtszüge des Licht und Finsternis auf allen Lebenses sogar zustande Mediums verändern sich dermassen, gebieten und um jede Menschenseele. bringt, eine politidass es deutlich eine FremdpersönlichBewußt oder unbewußt stellen wir jetzt die Weichen sowohl sche Artigkeit in ihre keit darstellt. Der Bericht stammt von für unsere persönliche als auch für allgemeine Zukunft. Wohl Redewendung einIng. Viktor Nussbaumer, mit dem ich korjenen, die sich geborgen wissen in einer höheren Liebe! Das ist zuschliessen, ist – respondiere. nach R. Passian die beste „Esoterik“. wenn im rechten 412 Seiten, kart. 17,00 Euro, 30,20 SFr ISBN 978-3-87667-250-2 Geiste gelesen – 5 «Geheimlehre» I, S. 445; II, S. 533; I, S. ganz richtig.» 406. REICHL VERLAG DER LEUCHTER

Schluss folgt

D-56329 St. Goar Auf dem Hähnchen 34 Tel. (49) 0 67 41 - 17 20 Fax -17 49 www.reichl-verlag.de E-mail: post@reichl-verlag.de •

3 In ihrem «Schlüs­ 6 «Reformierende Blätter» 1878, S. 439. sel zur TheosoDer Text lautet im Zusammenhang: «Je-

Wendezeit 6/15

23


Esoterik

fassbare Weisheit, die sich selbst als Licht und Schatten, als Gutes und Böses in der Natur offenbart – die einzige Weise, die dem beschränkten Verstande des Menschen fassbar ist.» («Geheimlehre» II, S. 245). Und: «Der Logos und Satan sind eins» und Logos und Luzifer desgleichen. «Das würde letztlich heissen», bemerkt F.-W. Haack in «Satan – Teufel – Luzifer» (München, 5. Aufl. 1987, S. 43), «Christus und Satan sind eins, denn Joh. 1,1 heisst: ‚Im Anfang war das Wort’, und der griechische Begriff für ‚das Wort’ ist ‚ho Logos’ (Der Logos).» Diese Gleichsetzung wird in vielen Darstellungen der Theosophie übersehen, meinst F.-W. Haack, womit er wohl Recht hat. 8 Von Leadbeater erzogen wurden u.a. de Folge ist ein Kreis, und jeder Kreis hat der Sohn von A. P. Sinnet sowie der nachseine Farbe, sein Licht und seinen Schatmalige TG-Präsident C. Jinarajadasa, der ten, seine Arten von Kräften und Fluiden mit dreizehn Jahren zu Leadbeater stiess. und seine ihm adäquaten Geister. So hat, Das Magazin «Der Spiegel» – in seiner von Gott, dem Urlicht an, alles seinen oft ätzend-satirischen Sprache – kennAusdruck in Geist, Kraft und Stoff nach zeichnet Leadbeater in der Nr. 9/1986 seiner Art, nach seiner Folge. Und jeder mit den Worten «…ein rasputinhafter, Kreis hat seine Pole; diese bedingen Pobekennender Päderast». Vieles in seinen tenz und Depotenz im eigenen Kreise. Schriften ist jedoch ohne weiteres akzepObgleich sie eins in ihrem Kreise sind, tabel. sind sie doch wieder so verschieden wie Gesetz und Gegensatz; sie bedingen sich 9 Karl Rohm, «Die Truggestalt der Annie jedoch im Dasein. Der Gegensatz könnte Besant und andere Irrlichter der Theoohne das Gesetz nicht leben, denn er ist sophischen Gesellschaft», S. 36. Rohm wie ein fauler Sumpf, der frisches Wasser zitiert Annie Besant wörtlich aus einer als Lebenszufluss braucht, um wenigstheosophischen Zeitschrift (ohne Queltens Sumpf zu bleiben und nicht in eigelenangabe). ner Fäulnis zu ersticken und ganz zu vertrocknen. Und die gesetzliche Vernunft 10 Leadbeater erwies sich seiner Gön­­ findet Arbeit an der gegensätzlichen Vernerin gegenüber dankbar und pries ihre nunft. Durch den Kontakt mit ihr lernt sie Qualitäten in den höchsten Tönen: sich überwinden – wird stark und wächst «Was kann ich euch noch sagen von euund schreitet fort zu ihrem Ziele, zur Urrer Präsidentin, was ihr nicht schon vernunft.» wüsstet? Ihre kolossale Intelligenz, ihre unfehlbare Weisheit, ihre unerreichte 7 MuSch 6. Jg., Nr. 5,4. – HPB meint: Beredsamkeit, ihr wunderbares Selbst«Wenn daher die Kirche den Satan ververgessen, ihre unermüdlich Hingabe flucht, so verflucht sie den kosmischen an die Arbeit für Andere, das ist euch alWiderschein Gottes. Sie tut Gott in les bekannt. Jedoch diese EigenschafBann, der in der Materie oder im Geten und Fähigkeiten sind nur ein Teil ihgenständlichen offenbar geworden rer Grösse, sie liegen an der Oberfläche; (ist); sie schmäht Gott oder die ewig unalle können sie sehen, sie springen ins

24

Wendezeit 5/15

Auge. Aber es gibt andere Eigenschaften, andere Fähigkeiten, wovon ihr gar nichts wissen könnt, denn sie gehören zum Geheimnis der Initiation. Sie ist eine Schülerin unserer Meister, aus der Quelle ihrer uralten Weisheit entspringt ihre eigene; die Pläne, welche sie ausführt, sind die Pläne der Meister zum Heile der Welt.» «Bedenket also, wie gross die euch gewiesene Ehre ist, dass ihr zugelassen werdet, unter ihr zu arbeiten, denn indem ihr dieses tut, arbeitet ihr tatsächlich unter den Meistern. Bedenket, wie ihr wachen müsst, um auch nicht eine Andeutung zu verlieren, die von ihren Lippen fällt, um die Weisungen zu befolgen, welcher Art sie auch immer sein mögen, die sie euch gibt. Erinnert euch, dass sie – weil sie eben eine Eingeweihte ist – auch weit mehr weiss als ihr; aber gerade weil ihr Wissen okkult und unter dem Siegel der Einweihung erlangt ist, kann sie es nicht mit euch teilen.» «Ihre Handlungen sind daher fortwährend inspiriert von Erwägungen, die eurer Fassungskraft entgehen. Es wird Augenblicke geben, wo ihr ihre Beweggründe nicht erkennen könnt, denn sie zieht viele Dinge in Berechnung, die ihr nicht seht und von denen sie euch nichts sagen darf. Aber ob ihr sie versteht oder nicht, ihr werdet weise sein, ihr blind zu folgen, aus dem einfachen Grund, weil sie wissend ist. Alles dies ist nun keine blosse Annahme meinerseits oder ein Trugbild der Einbildungskraft; ich war zur Seite unserer Präsidentin in Gegenwart des höchsten Leiters der Entwicklung dieser Weltkugel, und ich weiss, wovon ich spreche. Lasset die Weisen meine Worte hören und danach handeln!» Mich selber eines Kommentars hierzu enthaltend, lasse ich Karl Rohms Bemerkung folgen: «Und die Annie Besant schämt sich nicht, diesen Erguss in der von ihr selbst herausgegebenen Monatsschrift abzudrucken!» u


D

ie andere Art der Wassernutzung

Blue energy – Hoffnungsbeitrag zur Energiewende Heini Hofmann Die jedem Physikstudenten bekann­ten Erfinder Tho­ mas Edison und Nikola Tesla hätten wohl in ihren kühnsten Träumen nicht gedacht, dass rund 125 Jahre später dank einem Augenarzt ihre Vision eines thermo­ magnetischen Antriebssystems bahn­brechend in die Praxis umgesetzt würde – als willkommener Beitrag zur Energiewende.

Das Bestreben, Niedertemperaturener­gie unter 100°C, die zu den weltweit grössten Energiequellen zählt, zur Stromerzeugung zu nutzen, ist alt. So hat Thomas Edison 1888 den Pyromagnetischen Generator und ein Jahr später Nikola Tesla den Magnetokalorischen Motor beschrieben. Seither gab es noch Dutzende von Versuchen, einen Thermomagnetischen Motor (TMM) zu bauen. Auch in der Schweiz haben Professor Peter Egolf und sein Team von der Fachhochschule Westschweiz mit Unterstützung durch das Bundesamt für Energie die Realisier- und Anwendbarkeit von TMM-Motoren mehrfach beschrieben. Doch niemandem ist es gelungen, ein brauchbares System mit kontinuierlicher Leistung zu bauen – bis jetzt ein Augenarzt und passionierter Erfinder eine visionäre Eingebung hatte. Was beweist, dass Neuerungen nicht immer etablierten Denkfabriken entspringen, sondern gelegentlich von klugen Einzelköpfen stammen.

Industrieller Prototyp geplant Seit nun vor einiger Zeit im Thermalbad Zurzach ein Demonstrator in Betrieb gesetzt wurde und noch in diesem Jahr ein erster industriell anwendbarer Prototyp in der Schweiz ge­testet werden soll, kommt Bewegung in die Geschichte. Wie früher kleine Buben mit glänzigen Augen beobachteten, wenn sich das Schwungrad der Spielzeug-Dampfmaschine in Bewegung setzte, so hat das Blue energie-Team in Zurzach mitgefiebert, als ihr TMM-Baby zu funktionieren begann. Denn in ihm steckt, was die Wissenschaft be­stätigt, ein grosses Potenzial. Noch gibt es weltweit wenige Technologien, um Niedrigtemperaturenergie wirtschaftlich zu nutzen. Organic Ran-

Die ersten thermomagnetischen Maschinen von Edison 1888 (Pyromagnetischer Generator, oben) und Tesla 1889 (Magnetokalorischen Motor).

Wendezeit 6/15

Bilder: Swiss Blue Energie

25


Ökologie

Im Niedertemperaturbereich jedoch besteht noch Brachland ohne viel Kon­ kurrenz, was der Swiss Blue Energy AG mit Sitz in Zurzach, die eng mit dem Bundesamt für Energie zusammenarbeitet, eine Technologie- und Marktführerschaft eröffnet. Die drei führenden Köpfe dieser neuen TechnoDie Swiss blue energy-Strommaschine – effizient, einfach, logie mit grossem Anrobust und emissionsfrei. Unten die Warm- und Kaltwaswendungspotenzial in serzufuhr, darüber der Abfluss Industrie- und Entwicklungsländern sind king Cycle (ORC) ist eine solche, zwar der Hauptpromotor, Augenarzt Ni­ ausgereift, im Gegensatz zu TMM-An- kolaus Vida aus Bad Zurzach, Profeslagen jedoch komplex, unterhaltsinten­ sor Kurt Heiniger*) von der Fachhochsiv und mit uninteressantem Strom­ schule Nordwestschweiz in Windisch gestehungspreis. Geforscht wird auch und Professor Hugo Tschirky von der an Thermoelektrischen Generatoren, ETH Zürich. die zwei Wärmequellen ungleicher Temperatur direkt in Energie umwanThermomagnetisches deln. Doch hier fokussiert man sich auf Karussell hohe Einsatztemperaturen, zum Beispiel Motorenabgase. Wie funktioniert diese «Wunderma-

schine»? Dass ein Magnet an Eisen haftet, weiss jeder. Weniger bekannt ist, dass er bei Erwärmung des Eisens über den Curie-Punkt von selber wieder abfällt. Dies deshalb, weil die Bausteine (Atome, Moleküle, Jonen), die im kalten Eisen gleichmässig ausgerichtet sind und daher auf ein externes Magnetfeld reagieren, durch Erwärmung in Schwingung geraten und bei erreichter Curie-Temperatur ihre strukturierte Anordnung verlieren und somit nicht mehr auf einen Magneten ansprechen. Dieser Vorgang ist zyklisch. Doch der Bau eines leistungsfähigen thermomagnetischen Antriebs setzt voraus, dass es gelingt, den Zustand geeigneter magnetokalorischer Materialien unter Temperatureinwirkung in kürzester Zeit, sprich in Millisekunden, zu ändern. Der Schlüssel dazu sind geeignete ferromagnetische Werkstoffe und ein thermomagnetischer Schalter, der durch ein Medium unterschiedlicher Temperatur aktiviert wird. Dies zu realisieren, war die Knacknuss zum Erfolg.

Das magnetokalorische Antriebsprinzip mit dem «Brennstof» Warm- und Kaltwasser.

26

Wendezeit 5/15

In einem zylinderförmigen (und, wie es sich für Blue energy geziemt, blau gestrichenen) Gehäuse befindet sich, analog einem liegenden Mühlrad, ein drehbarer Teller. Das magnetokalorische Material ist darauf ringförmig angeordnet und wird durch mehrere per­ manente Magnete geführt. Kurz vor diesen wird es in magnetisch aktiven Zustand versetzt, das heisst angezogen, was den Teller in Rotation versetzt.


Um diese zu erhalten, wird das Material beim Durchgang durch die Magnete mittels eines thermischen Schalters entmagnetisiert. Dieser Wech­selvor­gang (Curie-Effekt) wiederholt sich laufend, so dass sich, wie von unsichtbarer Hand getrieben, das Hightech-Karussell dreht.

Knacknuss Gadolinium-Ersatz Deshalb ist der Laie versucht, an ein Perpetuum mobile zu glauben. Doch auch hier steht ein Antrieb dahinter. «Treibstoff» für die Drehbewegung ist – man staunt – verfügbares warmes und kaltes Wasser im Niedertemperaturbereich. Doch dieses «Wasserrad» nutzt, im Gegensatz zu einem Mühlrad, nicht etwa die Kraft des Wassers, sondern den Temperaturunterschied. Deshalb führen Zuleitungen für warmes und kaltes Wasser in das Zylindegehäuse mit dem liegenden Teller, und das genutzte Wasser fliesst wieder ab. Beim heutigen Stand der Technik genügt schon Warmwasser von gut 30

Das ominöse «Beinahe-Perpetuum mobile» während der Bau- und Probephase; die Entwicklung dieses thermomagnetischen Motors dauerte mehrere Jahre.

Ein neuer Stern am Stromhimmel Bei der Weiterentwicklung von Swiss blue energy bis zur Marktreife sind noch einige Hürden zu meistern, vorab die Optimierung des magnetokalorischen Materials und dadurch des «thermomagnetischen Schalters», aber auch die Konfiguration sinnvoller Anlagedimensionen für den industriellen Einsatz. Doch alles scheint auf gutem Weg zu sein, und das Projekt zur Erforschung von neuen magnetokalorischen Materialien in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Delft ist bereits bewilligt worden. Die Vorteile dieser Erfindung sind evident, und das Anwendungspotenzial dieser neuen Technologie ist praktisch unbegrenzt. Die Blue energie-Module können in verschiedensten Grössenordnungen gebaut werden, sind emissionsfrei, geräuscharm und praktisch ohne Eingriffe in Landschaftsbilder. Sie beruhen auf einfacher, verschleissarmer Mechanik, sind günstig in den Herstellungskosten und leicht transportierbar für dezentralen Einsatz (an entlegenen Orten oder auch in Entwicklungsländern). Zudem lassen sie sich innerhalb von Sekunden anfahren und abstellen, was ein Betriebsspeichersystem erübrigt. Solch flexibler Betrieb und die Einfachheit des Systems ermöglichen es, Strom zu erzeugen, der preislich im Vergleich zu anderen Technologien relativ günstig liegt. Kurz: Das Blue energy-Prinzip entspricht dem wachsenden ökologischen Bewusstsein, überschüssige Wärme sinnvoll zu nutzen statt in Flüssen zu entsorgen oder in Kühltürmen zu verdunsten. Dieser neue Stern am Stromhimmel dürfte daher spürbar dazu beitragen, die energetische Zukunft zu erhellen. HH

Wendezeit 5/15

Grad Celsius mit einem Unterschied von 20 Grad zum Kaltwasser. So wurde etwa für den Demonstrationsprototyp in Zurzach das Abwasser des Thermalbads erfolgreich genutzt. Bei sehr warmen Abwässern wäre es sogar möglich, diese in einer kaskadenförmigen Anlage mehrfach zu nutzen, wodurch die Leistungsausbeute noch erhöht würde. Doch der technische Hund liegt beim Herzstück dieser innovativen Maschine begraben, beim magnetokalorischen Material, das den Magnetisierungseffekt bewirkt. Momentan kann im Niedertemperaturbereich als einziges Ele­ ment aus der Gruppe der Seltenen Erden Gadolinium eingesetzt werden (mit einer Curie-Temperatur von zirka 19 Grad Celsius). Doch es ist teuer und schwer zu bearbeiten. Deshalb forscht die Wissenschaft in Kooperation mit Swiss Blue Energy nach alterna­tiven Materialien, die es ermöglichen, je nach Beschaffenheit der lokal verfügbaren Wasserquellen, die optimalen Curie-Temperaturen zu wählen.

27


Das Interesse rund um den neuen Stern am Stromhimmel ist gross, doch die wichtigsten technischen Details bleiben Geschäftsgeheimnis und entziehen sich den Blicken. Der fertiggestellte Demonstrator des «Hightech-Mühlrades» im Thermalbad Zurzach.

Aktiver Beitrag zur Energiewende Gelingt dies, sind die Nutzungsmöglichkeiten nahezu unbeschränkt. Als Wärmequellen kommen Abwässer mit unterschiedlichen Temperaturniveaus aus industriellen Betrieben sowie Solar- und Geothermie aus natürlichen Quellen in Frage. Die Nutzung industrieller Abwärme ist zudem ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung von CO2-Emissionen. Blue energy-Anlagen können zwischen (durch Solarthermie oder PV-Kühlsystem) erwärmtem und umgebungstemperiertem, kälterem Wasser betrieben werden. Ideal sind sonnige Standorte an Seen, Flüssen und Meeren. Bezüglich Geothermie, die überall vorhanden ist: Da neben Kaltwasser nur Warmwasser unter 100 Grad Celsius benötigt wird, sind keine teuren und problematischen Tiefenbohrungen notwendig. Es genügt kostengünstiges Abteufen in oberflächennahe Schichten. Tektonisch aktive Gebiete wie Island oder Japan sind nachgerade optimale Standorte für Swiss blue energy-Anlagen. Studien zum Wirkungsgrad zeigen zudem, dass dieser im Niedertemperaturbereich wesentlich besser ist als der aller heute verfügbaren Technologien.

28

Mit diesem neuartigen, thermomag­ netischen Verfahren für gewerbliche und industrielle Anwendung wird es möglich, die in unerschöpflicher Menge vorhandene Abwärme und natürliche Wärme im Bereich niedriger Temperaturen zu nutzen, um Rotationsenergie zu erzeugen, die beispielsweise dem Antrieb elektrischer Generatoren dienen kann. Blue energy scheint somit prädestiniert, die angestrebte Energiewende in der Schweiz und international ganz wesentlich mitzugestalten. Weiterführende Info: www.swiss-blueenergy.ch u

Die drei führenden Köpfe der neuen Technologie (v.l.): Professor Hugo Tschirky von der ETH, Augenarzt Nikolaus Vida (Hauptpromotor) und Professor Kurt Heiniger von der Fachhochschule Nordwestschweiz. Letzterer ist tragischerweise nach Erstellung dieses Artikels in seinen geliebten Bergen tödlich verunglückt; das Projekt wird jedoch weitergeführt.

Wendezeit 6/15


Als Tierschutz werden alle Aktivitäten des Menschen bezeichnet, die darauf abzielen, Tieren individuell ein artge­ rechtes Leben ohne Zufügung von unnötigen Leiden, Schmerzen und Schäden zu ermöglichen. Der Tierschutz zielt auf das einzelne Tier und seine Unversehrtheit. Im Unterschied zu den Vertretern so genannter Tierrechte, die teilweise jegliche Nutzhaltung von Tieren durch den Menschen ablehnen, liegt im Tierschutz und den zugehörigen rechtlichen Regelungen im Tierschutzrecht der Schwerpunkt auf der sach- und artgerechten Haltung und Nutzung von Tieren durch den Menschen bzw. auf dem sach- und artgerechten Umgang mit Tieren. Aufgrund der unterschiedlichen Nut­ zungsweise begrenzt sich die Tierschutzbewegung zumeist auf regional den Menschen vertraute und sympathische Wirbel- und Säugetiere.

Historische Hintergründe des Tierschutzes Tierschutz und Religion In den frühen Kulturen der Menschheit (beispielsweise im Alten Ägypten) und bei sogenannten Naturvölkern findet man eine mehr oder weniger ausgeprägte Tierverehrung. So waren die alten Ägypter sich beispielsweise über die gemeinsame Herkunft von Tier und Mensch in der Schöpfung bewusst. Dies drückte sich auch in ihrer Götterdarstellung aus: Die meisten ägyptischen Götter wurden mit Menschenkörpern und Tierköpfen dargestellt. In asiatischen Religionen wie Hinduismus, Jainismus und Buddhismus haben bestimmte Tiere, insbesondere bezüglich des Reinkarnationsgedankens, eine besondere Stellung. So gelten in diesem Zusammenhang im Hinduismus die Kühe als unantastbar. Und da der Mensch unter Umständen als Tier wiedergeboren werden kann, spielt dort die Verkörperung der menschlichen Seele in einem Tier eine sehr prägende Rolle. Im Jainismus geht der Tierschutzgedanke so weit, dass alle seine Glaubensanhänger vegan leben.

und mit der Formulierung von Tierrechten wie Sabbatruhe für Tiere, der Verantwortung des Tierhalters für das Tier sogar am Ruhetag – ist Grundlage der Argumentation von Hanna Rheinz: Sie führt das Schächten, die Shechita (das betäubungslose jüdische Schlachten) und das Tieropfer im Tempel auf das ursprünglich auch für Tiere geltende Tötungsverbot zurück. Neben der auch im Judentum verwurzelten Ethik des Mitgefühls steht nicht das willkürlich und nach Spezies selektierende Mitleid, sondern der im jüdischen Religionsgesetz verankerte Rechtsanspruch des Tieres im Mittelpunkt.

Wie für das Judentum gelten auch für das Christentum die Aussagen des Alten Testaments. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass Christus das Tieropfer abgeschafft und durch das Opfer von Wein und Brot ersetzt hat. Einzelne Theologen haben dies als Form von Verantwortungsethik verstanden. Der württembergische, vom Pietismus geprägte Pfarrer Christian Adam Dann (1758–1837) begründete seinen Einsatz für die gequälten Tiere damit, dass sie die Mitgeschöpfe der Menschen seien und als solche ebenDer jüdische Tierschutz – mit seinem so von Gott geliebt. Ein Mensch, der bereits in der Tora verankerten Verbot Tiere quäle, könne Gott und seine Mitder Tierquälerei (Tza`ar ba`alei chayim) menschen nicht lieben. Er bezog sich

Wendezeit 6/15

dabei unter anderem auf Spr 12,10 LUT: «Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs, aber das Herz der Gottlosen ist unbarmherzig». Sein Freund, der Liederdichter und Pfarrer Albert Knapp, gründete wenige Monate nach Danns Tod einen der ersten Tierschutzvereine Deutschlands. Albert Schweitzer vertrat das Konzept der «Ehrfurcht vor dem Leben». Als Kernsatz seiner Auffassung wurde die Aussage populär: «Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.» Daraus folgte für Schweitzer, dass die Grundsätze der Ethik nicht an der Artengrenze zwischen Mensch und Tieren enden, sondern der Mensch zu ethischem Verhalten gegenüber der gesamten Schöpfung verpflichtet ist. Für ihn bedeutete das unter anderem auch, dass das Töten von Tieren für die Ernährung der Menschen nicht zulässig sei. Karl Barth, der Schweitzers Theologie eher ablehnte, warnte davor, Schweitzers Auffassungen als «sentimental» abzutun: «Wie rechtfertigt man sich eigentlich, wenn man es anders hält, als es Schweitzer […] von einem haben will?» Eine ähnliche Argumentation gibt es bei Fritz Blankes Ethik der Mitgeschöpflichkeit und in neuerer Zeit bei Eugen Drewermann.

29

Schwerpunkt

Tierschutz


Schwerpunkt

Auf breiterer Basis im christlichen Bewusstsein verankert wurde der Tierund Naturschutz im «Konziliaren Prozess zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung», einer Bewegung, die 1983 in Vancouver auf der Vollversammlung des Weltkirchenrates (Ökumenischer Rat der Kirchen) begann und 1990 in Seoul zum Schwerpunktthema wurde. Die dort noch eher allgemein formulierte Grundüberzeugung, «dass Gott die Schöpfung liebt. Gott, der Schöpfer, ist der Ursprung und der Erhalter des ganzen Kosmos. Gott liebt die Schöpfung… Da die Schöpfung von Gott ist und seine Güte die ganze Schöpfung durchdringt, sollen wir alles Leben heilig halten» hat seitdem Eingang in Denken und Aktionen vieler Gemeinden an der kirchlichen Basis gehalten. Im Islam gibt es einen ähnlichen Blick auf die Tiere wie im Alten Testament. So heisst es in Sure 40 in «Der Gläubige»: «Allah ist es, der für euch die Tiere gemacht hat, dass ihr auf den einen reiten und von den anderen essen möchtet... und dass ihr durch sie jegliches Bedürfnis befriedigen möchtet, das in euren Herzen sein mag.»

Philosophische Tierschutz­ argumentation In der Antike wird der Gedanke des Tierschutzes erstmals mit der Forderung nach einer vegetarischen Le-

René Descartes

30

bensweise verbunden, beispielsweise bei Pythagoras und Plutarch. Im Römischen Recht galten Tiere hingegen als Sachen, eine Auffassung, die bis in die Gegenwart hineinreicht.

Pflichten gäbe, ist geradezu eine empörende Roheit und Barbarei des Occidents, deren Quelle im Judenthum liegt.» Für viele Tierschützer bereits im 19. Jahrhundert lag daher auch die Hinwendung zu neopaganistischen, Der Naturalismus brach mit dem aris- darunter völkisch-germanischen Kultotelisch-scholastischen Weltbild der ten, wie insbesondere asiatischen ReKirche und forderte einen methodi- ligionen wie auch einer von dort überschen, rationalistischen Zugang zu Na- nommenen Lebensweise hin nahe. turphänomenen. René Descartes Der Tierschutz wurde auch zu einem (1596–1650) kam über die von Galileo Wahlkampf- und frühen GesetzgeGalilei (1564–1642) nachgewiesene bungsprojekt der Nationalsozialisten. ,Himmelsmechanik‘ des Nikolaus Kopernikus zum Schluss, dass für die geTierschutz in der Neuzeit samte Natur vergleichbare Gesetzmässigkeiten gelten müssen. Für ihn war Mit der Industrialisierung und der dader Mensch Teil der Natur und unter- mit verbundenen Technisierung der schied sich vom Tier einzig und allein Viehzucht, der umfangreichen Verdurch Sprache und Vernunft. wendung von Tieren in Landwirtschaft, Handwerk und Industrie wie Jean Jacques Rousseau (1712–1778) auch im Militär entstanden aber im argumentiert: Tiere...»da ihnen Denk- 19. Jahrhundert Tierschutzbewegunvermögen und Freiheit fehlen, dieses gen und -organisationen. Gesetz nicht erkennen können,... sie aber durch die Empfindungsfähigkeit, Der neuzeitliche gesetzliche Tiermit der sie begabt sind, etwas mit un- schutz und der Aufbau des zugehöriserer Natur gemeinsam haben,... sie gen Tierschutzrechts begann 1822 mit auch am Naturrecht teilhaben müs- dem ersten erlassenen Tierschutzgesen und... der Mensch ihnen gegen- setz in England an und schützte Pferüber einer gewissen Art von Pflichten de, Schafe und Grossvieh vor Missunterworfen ist.» Bei Immanuel Kant handlungen. Zustande gekommen findet sich der Schutz der Tiere vor war es auf Initiative des Parlamentarigrausamer Behandlung in sein Pflich- ers Richard Martin, der daraufhin den tenkonzept eingebettet, da Grausam- Spitznamen Humanity Dick erhalten keit gegen Tiere das Mitleid des Men- hatte. Zusammen mit anderen zählte schen abstumpfe und dadurch eine er auch zu den Gründungsmitgliedern seiner Moralität dienliche Anlage aus- der weltweit ersten Tierschutzorganitilge. Die moderne Tierschutzdiskussi- sation Society for the Prevention of on knüpft vielfach an naturalistische Cruelty to Animals (SPCA), die zwei Positionen an, wobei dann umstritten Jahre später aus der Taufe gehoben ist, wo die Grenze zwischen zulässiger wurde. Nachdem die Gesellschaft Tiernutzung und moralisch zu verwer- 1840 den Segen der damaligen Könifender Grausamkeit verläuft. gin Victoria erhalten hatte, durfte sie sich fortan Royal Society for the PreBei Arthur Schopenhauer findet sich vention of Cruelty to Animals (RSPCA) der Gedanke der Tierrechte: «Die nennen und erlangte einen bedeutenWelt ist kein Machwerk, und die Tiere den Einfluss. Zur gleichen Zeit warb sind kein Fabrikat zu unserem Ge- Marie Espérance von Schwartz eurobrauch. Nicht Erbarmen, sondern Ge- paweit für ein Engagement gegen rechtigkeit ist man den Tieren schul- Tierversuche. dig.» Schopenhauers Auslassungen sind von einem grundsätzlichen Anti- In Deutschland hingegen war Tierjudaismus bestimmt. So führt er aus schutz im Kaiserreich ein politisch we«Die vermeinte Rechtlosigkeit der nig anerkanntes Anliegen, auch wenn Thiere … dass es gegen Thiere keine sich etwa Richard Wagner 1879 in ei-

Wendezeit 6/15


Die Tierschutzbewegung im Kaiserreich war erfolglos bemüht, die damals sehr tierversuchsfreundliche Gesetzgebung zu verschärfen, ein Anliegen, welches vom NS-Regime aufgenommen und sofort nach 1933 mit grossem propagandistischen Aufwand in die Tat umgesetzt wurde. Die Tierschutzgesetzgebung des Naziregimes wurde in beiden deutschen Staaten nach 1945 übernommen. Bei der Reform des Tierschutzgesetzes im Westen 1972 waren – so etwa in der Person von Albert Lorz, Vizepräsident des Bayerischen Obersten Landesgerichts a.D. – auch Juristen intensiv beteiligt, die bereits in den 1930er Jahren am Reichstierschutzgesetz mitgewirkt hatten. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdrängten Automobile die Pferdekutschen von den Strassen. Es gab jedoch Rückfälle, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele Kutscher im zerstörten Berlin 1945 waren ehemalige Autofahrer, die mit Pferden nicht umgehen konnten und diese misshandelten. Das führte zu offener Kritik. Seit den 1980er Jahren werden von Rechtsextremen zunehmend wieder Themen des Tierschutzes im Nationalsozialismus aufgegriffen, oft in Verbindung mit anti-islamischer Propaganda,?[10]? Antiglobalismus und Antisemitismus. (s. Kasten rechts) Der Tierschutz ist inzwischen als Staats­ziel im Grundgesetz und im Jah-

Tierschutz im Nationalsozialismus Tierschutz im Nationalsozialismus wurde antisemitisch, biologistisch und rassistisch begründet und propagiert. Viele NS-Führer, darunter Adolf Hitler, Heinrich Himmler und Hermann Göring, zeigten sich öffentlich als Anhänger des Tierschutzes. Umweltschutz, Artenschutz und Tierschutz wurden wichtige Propagandathemen des Nationalsozialismus. Das erste deutschlandweite Tierschutzgesetz gehörte zu den zentralen frühen Gesetzgebungsmassnahmen der Anfangszeit des Regimes und wurde intensiv propagandistisch begleitet. Später wurden Tierschutzaspekte ökonomischen wie wehrwirtschaftlichen Zielen zunehmend untergeordnet. Vorarbeiten zum Tierschutzgesetz von 1933 fanden bereits in der Weimarer Republik statt. Mehrere Tierschutz-Gesetze im deutschsprachigen Raum gehen massgeblich auf das in der NS-Zeit verabschiedete Konzept zurück. Bis heute werden antisemitische Traditionen des Tierschutzes aufgegriffen. Insbesondere die Agitation gegen das Schächten ist von antisemitischen Stereotypen geprägt. Rechtsextremistische Positionen zum Tierschutz und besonders zum Schächten werden vereinzelt in die Tradition des nationalsozialistischen Tierschutzes gestellt.

Historische Hintergründe Ende des neunzehnten Jahrhunderts war Tierschutz in Deutschland häufig mit antisemitischen Theorien verbunden. Bedeutende Teile der Tierschutzbewegung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland sahen Vivisektion und Schächtung als Ausdruck einer «jüdischen» Medizin und stellte eine direkte Verbindung her. Vegetarier, Tierschutz- und Naturheilvereine waren Teil der sozialen Bewegung, die als Lebensreform bekannt wurde und in allen Bevölkerungsschichten und politischen Gruppen, auch dem Faschismus, verbreitet war. Eine rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung analog zu der von Queen Victoria geförderten Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals blieb aber zunächst für den deutschen Tierschutz aus. Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 bestrafte nicht die Tiermisshandlung als solche, sondern nur öffentliches Ärgernis daran. Sie blieb damit beispielsweise hinter den englischen Tierschutzregelungen zurück. Dagegen liefen die in erheblichem Masse rechtsgerichteten und oft auch antisemitisch orientierten Tierschutzvereine erfolglos Sturm. Mit dem «Gossler-Erlass» wurden in Preussen 1885 die vorhandenen Bestimmungen zur Vivisektion verschärft. Weitergehende Petitionen und Initiativen zum Tierschutz wurden mit Hinweis auf diese Regelung mehrfach abgeschmettert. Die Forderungen der Anti-Vivisektionisten fanden bei der wachsenden Zahl völkisch gesinnter Menschen grossen Zuspruch. 1930 kam es mit dem sogenannten «Grimme-Erlass» zu einer weiteren Verschärfung der Tierschutzgesetzgebung, die aber den in über 700 verschiedenen Vereinen und Organisationen engagierten Tierschützern nicht genügte. Bereits im Januar 1930 verabschiedete der Bayerische Landtag ein Gesetz über das Schlachten von Tieren, das das Schächten von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Pferden, Eseln, Maultieren, Mauleseln und Hunden nur nach vollständiger Betäubung zuliess. Laut dem entsprechenden Gesetz konnte die Betäubung durch mechanische Apparate oder mittels Kopfschlag vorgenommen werden. Zuwi-

Wendezeit 6/15

31

Schwerpunkt

nem offenen Brief sehr aktiv dafür eingesetzt hatte. Der Tierschutz war in Deutschland völkisch, antisemitisch und gegen die moderne Industriegesellschaft eingestellt, Schächtung und Vivisektion wurden als Ausdruck und Grundlage einer «jüdischen Medizin» beschimpft. Diese Vorgeschichte macht Tierschutzanliegen im deutschen Judentum bis zum heutigen Tag problematisch. Umgekehrt trifft das spezielle, durchaus innige Verhältnis von Judentum und Natur bei den deutschen Tierschutzorganisationen auf Desinteresse und antijudaistische Vorbehalte.


derhandlungen wurden mit Geldstrafen oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.

Schwerpunkt

Tierschutz in der Zeit des Nationalsozialismus Das erste deutsche Tierschutzgesetz (Reichstierschutzgesetz) wurde am 24. November 1933 verabschiedet. Für die Nationalsozialisten war der Tierschutz ein willkommenes populäres Thema. Die Argumentation von Nationalsozialisten und radikalen Tierschützern war über den Antisemitismus eng verbunden. Tierversuche galten Vielen als das Werk jüdischer Wissenschaftler und «verkörperte[n] die angeblichen Bestrebungen, den germanischen Menschen von der ihm eigenen Naturverbundenheit zu lösen und an deren Stelle eine mechanistische, die Natur ausbeutende Wissenschaft zu etablieren.» Manche der Tierschützer und Tierversuchsgegner, die antisemitische Tendenzen kritisiert hatten, gingen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ins Exil, wie etwa der Schriftsteller Magnus Schwantje und der Historiker und Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde. 1927 forderte ein NS-Vertreter im Reichstag Massnahmen gegen «Tierquälerei und Schächten». 1932 schlug die NSDAP ein Verbot der Vivisektion von Tieren vor. Am 21. April 1933 wurde das Schächten unter Strafe gestellt. Das «Gesetz über das Schlachten von Tieren» vom 21. April 1933 gebot, warmblütige Tiere beim Schlachten vor Beginn der Blutentziehung zu betäuben. Ausnahmen waren nur bei Notschlachtungen gestattet. Bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Zuwiderhandlungen wurden Geldstrafen oder Gefängnisstrafen bis zu sechs Monaten Haftdauer angedroht. Das Gesetz trat zum 1. Mai 1933 in Kraft (RGBl. I, S. 203. und gehörte damit zu den ersten und in erheblichem Mass propagandistisch verwendeten Gesetzgebungsmassnahmen der NS-Zeit. Es bediente eine Vielzahl weitverbreiteter antisemitischer Ressentiments und schränkte die religiösen Freiheiten der Juden erheblich ein. Eine weitere Ausnahme des Schächtverbots, die auf dessen antisemitisch motivierten Charakter hinweist, bildete in der Endphase des Zweiten Weltkriegs der Befehl des Oberkommandos der Wehrmacht, der muslimischen Kriegsgefangenen das Schächten erlaubte. Ein gänzliches Verbot von Tierversuchen, wie propagandisre 2004 auch in den Entwurf der EUVerfassung aufgenommen worden: «Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt tragen die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende

32

tisch angekündigt, war nicht beabsichtigt. Die Gesetzgebung führte einen strikteren Genehmigungsprozess für Tierversuche in der Forschung ein. Im Zusammenhang mit der Androhung, Tierquäler ins Konzentrationslager zu stecken, wurde das System der Konzentrationslager zum ersten Mal in der Öffentlichkeit breiter erwähnt. Bekannt wurde eine Karikatur im Kladderadatsch zum Verbot der Vivisektion im September 1933, die Versuchstiere beim Zeigen des Hitlergrusses gegenüber Hermann Göring zeigte. Tierversuche wurden beispielsweise im Bereich der Krebsforschung durchgeführt. Der Fokus verschob sich jedoch bald auf «kriegswichtige» Forschungsprojekte, die die Erlaubnis zum uneingeschränkten Überschreiten des Tierschutzgesetzes erhielten. Dazu zählte die Arbeit an biologischen Kampfstoffen, die an Tieren und an KZ-Häftlingen getestet wurden. Tierbilder wurden in der nationalsozialistischen Ideologie für rassistische und antisemitische Zwecke herangezogen. Als Beispiel lässt sich der Vergleich von Juden mit Ratten als «hinterlistige», «feige» und «grausame» Tiere anführen, wie er im Film Der ewige Jude propagandistisch eingesetzt wurde. Hier zeigt sich, wie auch Tiere ideologisch hierarchisiert und die daraus resultierende Einordnung als «Schädlinge» oder «Parasiten», und somit nicht schützenswerte Tiere, bildlich auf bestimmte Menschengruppen übertragen wurde.

Das Reichstierschutzgesetz nach 1945 Das Reichstierschutzgesetz blieb in der Bundesrepublik, der DDR und Österreich zunächst gültig. Wesentliche Aspekte aus dem Reichstierschutzgesetz wurden in die neuen Gesetze zum Tierschutz übernommen. So wurde in der Bundesrepublik Deutschland 1972 ein neues Tierschutzgesetz verkündet, das mehrfach geändert wurde – zuletzt am 24. Juli 2013 (vgl. Tierschutz in Deutschland nach 1945). Erst 1986 wurde in der Bundesrepublik mit der Neufassung des § 1 die «Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf» zum Grundsatz des Tierschutzrechts erhoben, und im Jahr 2002 wurde mit der Änderung des Artikel 20a des Grundgesetzes der Schutz der Tiere zum Staatsziel. u

Wesen in vollem Umfang Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechtsund Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.» In vielen Staaten, wie beispielsweise China, existiert allerdings bis heute

Wendezeit 6/15

kein Tierschutzgesetz. In China spielen Tiere als Rohstofflieferant für die Traditionelle Chinesische Medizin eine Rolle, so werden z. B. Bärenfarmen unterhalten, in denen in engen Käfigen Tausende von Tieren zur Gewinnung und Vermarktung von Gallensaftprodukten gehalten werden (siehe Asiatischer Schwarzbär). Daneben wurde die Pelztierhaltung in China in


Helmut F. Kaplan spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer «Tierschutz-Lüge» und meint damit die «Verniedlichung von Grundsatz-Problemen zu MengenProblemen.» Beispiele hierfür seien Schächten, Darstellung aus dem 15. Jahrhundert etwa die Forderung nach weniger Tierversuchen oder weniger Fleischkon- Für Tiertransporte innerhalb Deutschsum: «Anstatt zu sagen, dass es falsch lands ist eine maximale Zeit von acht ist, Tiere zu foltern und umzubringen, Stunden gestattet, für Tiertransporte wird gesagt, dass es falsch ist, zu viele ins Ausland gibt es bei Einhaltung reTiere zu foltern und umzubringen.» gelmässiger Zwischenstationen keine Natürlich sei, so Kaplan, weniger zeitliche Beschränkung. Die EU-SubFleisch zu essen besser für die Tiere. ventionierung von Lebendtier-Expor«Aber besser eben nur in dem Sinne, ten fördert noch immer Transporte wie auch weniger Vergewaltigungen, quer durch Europa. In der Schweiz weniger Folterungen und weniger sieht das neue Tierschutzgesetz eine Hinrichtungen besser sind.» Die For- maximale Zeit von sechs Stunden vor. derung nach Verringerung von Ver- Das schweizerische kagfreiland-Label brechen müsse konsequenterweise erlaubt höchstens eine Stunde. mit der Forderung nach ihrer Abschaffung verbunden werden. Die Schlachtung von Tieren sollte unter vorheriger Betäubung und ohne unnötige Schmerzen und Leiden erfolTierschutz gen. Dies ist bei der Schlachtung im und Landwirtschaft Akkord nur schwierig zu gewährleisten. Zu besonderen Diskussionen hat Tierhaltung das betäubungslose Schächten geAus Sicht vieler Tierschutzorganisatio- führt, das in Deutschland einer Ausnen sollte sich eine tierschutzgerech- nahmegenehmigung bedarf.

Wendezeit 6/15

Zucht von Pelztieren

Werbung für Pelztierzucht als Kapitalanlage (1933)

Tierschützer argumentieren, viele als Pelztiere gehaltene Tierarten wie Amerikanischer Nerz, Füchse, Chinchilla, Waschbär und Nutria seien für die in Pelztierfarmen praktizierte Käfighaltung ungeeignet und litten unter diesen Bedingungen an Verhaltensstörungen und körperlichen Schäden.

33

Schwerpunkt

den letzten Jahrzehnten umfangreich te Nutztierhaltung an den biologiausgeweitet. schen Merkmalen und Bedürfnissen der jeweiligen Tierart orientieren. SoMit dem Aufkommen der Tierrechts- ziale Tiere sollten in entsprechenden bewegung in den 70er Jahren des 20. Gruppen gehalten werden, mit artgeJahrhunderts kam es zu einer bis heu- rechten Beschäftigungsmöglichkeiten te andauernden Spaltung in eine (tra- und genügend Raum für Bewegung. ditionelle) Tierschutzbewegung und Gegenüber den Interessen der Landeine (radikalere) Tierrechtsbewegung. wirtschaft, in der sich die BedingunWährend Tierschützer, wie etwa der gen von Zucht, Haltung, Ernährung, Ehrenpräsident des Deutschen Tier- Transport und Schlachtung unter Beschutzbundes Wolfgang Apel, Tier- rufung auf wirtschaftliche Notwendigrechtlern vorwerfen, durch überzoge- keit orientieren, gibt es Abwägungsne Forderungen den Tieren de facto konflikte zum Tierschutz. einen Bärendienst zu erweisen, kritisieren Tierrechtler an Tierschützern, Tiertransporte dass diese die Interessen der Tiere nur und Schlachtung halbherzig und inkonsequent vertreten würden.


Schwerpunkt

Tierquälerische Praktiken und hygienisch unzumutbare Zustände in einzelnen Ländern bzw. bei einzelnen Pelztierhaltern werden regelmässig von Tierschutzorganisationen thematisiert, auch um rechtliche Verschärfungen und Verbote durchzusetzen. Die Robbenjagd und Fallenjagd wie auch bei der Gewinnung der sogenannten Persianerfelle aus unmittelbar nach der Geburt geschlachteten Karakullämmern war bereits im 20. und 19. Jahrhundert Gegenstand massiver Tierschutzkampagnen.

Tierschutz im Verhältnis zu Jagd und Fischfang

gesetz aus dem Jahr 1934, welches damals aber bereits in enger Kooperation und unter Berufung auf Art- und Tierschutzelemente erstellt wurde.

Fischerei und Walfang

Allgemein kritisiert wird an der Fischerei mit Netzen häufig, dass die Fische qualvoll ersticken und neben den für die menschliche Nahrung wie auch für die Nutztierhaltung verwendeten Fischen zusätzliche Meereslebewesen als Beifang getötet werden. Schleppnetzfische­ rei ist ein grosses Problem wegen der oft viele Kilometer langen Netze, die oft auch bis auf den Meeresgrund reichen und hier neben den Tieren, die gefangen werden sollen, auch tonnenweise andere Lebewesen einfangen. Diese werden dann aussortiert und meist tot ins Meer zurückgeworfen. Säugetiere wie Wale und Delphine ersticken, wenn sie sich unter Wasser in den Netzen verfangen oder Plastikmüll verschlucken. Beim Thunfischfang müssen mittlerweile technische Vorkehrungen getroffen Schweiz werden, um die früher massiv mitgetöteten Delphine zu schonen. Siehe Artikel auf Seite 39 ff.

Bei der Gegnerschaft gegenüber dem Walfang werden diesen grossen Meeressäugetieren auch eine hohe Intelligenz und ein hochentwickeltes soziales Verhalten unterstellt, das die Jagd auf Jäger-Hochstand diese Tiere ethisch problematisch mache. Kritiker halten dies für speziesistisch, da etwa bei Schweinen und Ratten der Jagd Gegnerschaft gegenüber dem Walfang Ein besonderes Interesse am Tier- vergleichbare Aktivitäten kaum zu finschutz haben Jäger insbesondere hin- den seien, obwohl diese Tiere deutlich sichtlich der Wildrettung, also von menschenähnlicher seien. Massnahmen zum Schutz von Wild beim Mähen landwirtschaftlicher FläHeimtierhaltung chen, und stehen dabei oft zu den beteiligten Landwirten im Interessengegensatz. Sofern Tierschützer die Jagd nicht generell ablehnen, fordern sie – im Einvernehmen mit den Ökologischen Jagdverbänden – eine Erneuerung des Bundesjagdgesetzes, um aktuellen Forderungen des Arten- und Tierschutzes Rechnung zu tragen. Das derzeitige Jagdgesetz beruht auf dem Reichsjagd-

34

Bei der Heimtierhaltung kann es zu verschiedenen Tierschutzproblemen kommen. Ausser den offensichtlichen Fällen – mutwilliger Tierquälerei, Aussetzen von Tieren, grober Vernachlässigung – spielt die nicht artgerechte Haltung eine Hauptrolle. Auch wenn domestizierte und domestizierbare Tiere an das Leben mit Menschen gut angepasst sind, haben sie Mindestansprüche an ihre Haltungsbedingungen: neben artgerechter Ernährung vor allem ausreichende Be­ wegungsmöglichkeiten und Beschäftigungsangebote. Die Haltung von nicht domestizierten Raub- und Wildtieren sowie «exotischen» Arten stellt zum Teil hohe Anforderungen an den Halter, die ohne ausreichende Sachkenntnisse und materielle Mittel kaum erfüllbar sind. Soweit ein Tierhalter wiederholt und beharrlich gegen tierschutzrechtliche Vorschriften verstösst, kann er mit einem Tierhaltungsverbot belegt werden. Für einzelne Tierarten existieren deshalb gesetzliche Bestimmungen:

Wendezeit 6/15

Deutschland Die Mindestanforderungen an die Haltung sind durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in einer Reihe von Gutachten und Leitlinien festgelegt.

Österreich Die gesetzlich festgelegten Mindest­ an­forderungen an die Haltung der unterschiedlichen Tierarten sind in der 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II 2004/ 486, nachzulesen. Viele Probleme der Heimtierhaltung fangen Tierschutzvereine mit ihren Tierheimen in ehrenamtlicher Arbeit auf: sie gehen Hinweisen auf Tierquälerei und nicht artgerechte Haltung nach, nehmen unbedacht angeschaffte Haustiere auf und geben sie an neue Tierhalter weiter und übernehmen die kommunale Auf­gabe der Ab-


wehr von Gefahren durch streunende Tiere (vor allem Hunde) und betreuen verwilderte Haustiere. Unter den verwilderten Haustieren sind häufig Katzen und Hunde. Daher verfolgen Tierschützer das Ziel, die Fort­ pflanzung einzudämmen und durch artgerechte Fütterung für eine stabile gesunde Population zu sorgen. So wird beispielsweise das sogenannte Paderborner Modell – die Kastrationspflicht für freilaufende Katzen – oft als vorbildlich zur Eindämmung verwilderter Katzen angesehen.

Tiere in der Unterhaltung

Fuchsjagd, Hunde- und Hah­ nenkampf oder von Pferdeund Windhundrennen und der Beizjagd.

Aus Sicht des Tierschutzes sollen darüber hinaus an die artgerechte Haltung von Wildtieren besonders hohe Anforderungen gestellt werden, da diese weniger an das Leben in menschlicher Obhut angepasst sind. Auch die HalStierkampf in Frankreich Aufgrund der teilweise schlimmen Zutung von Wildtieren in Zirkussen und stände in ausländischen Tierheimen Ein frühes, auch teilweise sehr erfolgrei- Zoos sowie die Dressur wird deshalb werden häufig Heimtiere auch nach ches Anliegen des Tierschutzgedankens von einigen Tierschützern abgelehnt. der Schweiz und nach Deutschland war die Einschränkung oder das Verbot Horst Stern betonte in einem 1971 vermittelt. Meist werden die Tiere da- von Tierkämpfen und Tierhatz zur Unter- sehr kontrovers diskutierten Film die bei durch Flugpaten transportiert. haltung wie z. B. dem Stierkampf, der Nähe der Dressur an natürlichen Ver-

Wendezeit 6/15

35

Schwerpunkt

Nicht dem Tierschutzgesetz entsprechende Haltung von Europäischen Landschildkröten


Schwerpunkt

haltensweisen von Tieren und sah es als wichtiger an, entsprechende Massstäbe auch an die Haltung der Tiere anzulegen. Bei der Zootierhaltung, die auch Unterhaltungs- und Lehraspekte aufweist, kollidieren gelegentlich Ansprüche des einzeltierbezogenen Tierschutzes mit Belangen des Artenschutzes wie der Bildung und Kenntnisvermittlung über Tiere und Natur, welche auch ein Anliegen des Tierschutzes sind.

Tierversuche Tierversuche werden damit gerechtfertigt, dass sie dem Wohle der Menschen dienen. In Tierversuchen wird die potentielle Schädlichkeit sowie die medizinische und Umweltwirksamkeit von Stoffen erprobt, werden Krankheiten in ihren Ursachen und ihrem Verlauf erforscht, Operationsmethoden getestet und grundsätzliche Erkenntnisse über die Funktionen des Körpers gewonnen. Dabei werden Tieren auch teilweise Leiden, Schmerzen und Schäden zugefügt. Daher ist aus Sicht des Tierschutzes anzustreben, dass die Zahl der verwendeten Tiere und das Mass ihrer Schädigung auf ein Minimum gesenkt wird. Wo es möglich ist, müssten Tierversuche durch alternative Methoden ersetzt werden. Ergebnisse wären auszutauschen, wenn dies die geltende Gesetzeslage zuliesse, damit Mehrfachuntersuchungen vermieden würden. Die Übertragung von Ergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen ist nicht immer möglich. So wurde beispielsweise Contergan im Tierversuch als unbedenklich eingestuft, während etwa Acetylsalicylsäure (Aspirin) für viele Tiere giftig ist. Besonders in der Kritik stehen die Haltungsbedingungen bei der Zucht der Versuchstiere und in den Labors und Versuchsmethoden (beispielsweise der LD50-Test), die als drastisch und qualvoll empfunden werden. Dem entgegen stehen Ansprüche an eine Sicherheit und Überprüfbarkeit von Herstel-

36

lungsmethoden und Stoffen, die im Rahmen umweltschutzbedingter Gesetzgebung wie der EU-REACH Richtlinie die Anwendung von Tierversuchen zwingend vorschreibt.

Private Tierschutz­ organisationen

sind etwa die Stiftung für das Tier im Recht, die Ärztinnen und Ärzte für Tierschutz in der Medizin, ALTEX (Alternativen zu Tierexperimenten), die IG Tiertransporte und Schlachthöfe oder der VgT (Verein gegen Tierfabriken).

Am 1. Januar 1981 schlossen sich die 1953 gegründete Tierschutzorganisation ISPA International Society for the Protection of Animals und die 1959 gegründete Tierschutzorganisation WFPA World Federation for the Protection of Animals zur World Society for the Protection of Animals (WSPA) zusammen. Die Organisation benannte sich im Juni 2014 in World Animal Protection um und ist eine international arbeitende Tierschutzorganisation, die sich durch Bildungsarbeit, Katastrophenhilfe, Kampagnen und die direkte Hilfe vor Ort dafür einsetzt, die Tierschutzstandards in der ganzen Welt zu verbessern und zu Pfarrer Albert Knapp garantieren. Im Jahr 2006 startete die Tierschutzorganisation die Kampagne 1837 gründete der Pfarrer Albert zu einer Weltweiten TierschutzerkläKnapp in Stuttgart den ersten deut- rung, die eine Vereinbarung über weltschen Tierschutzverein, dem überall weite Tierschutzstandards durch die in Deutschland weitere folgten. Sie Vereinten Nationen fordert. schlossen sich 1881 zum Deutschen Tierschutzbund zusammen. Dieser 1969 wurde in Kanada von Brian Davis vereinigt heute etwa 720 Tierschutz- der International Fund for Animal vereine mit über 800.000 Mitgliedern. Welfare (IFAW) gegründet, um gegen Die Tierschutzorganisationen der Eu- die Tötung junger Kegelrobben vor der ropäischen Gemeinschaft arbeiten in Küste Neufundlands zu protestieren. der Eurogroup for Animals zusammen. Daraus hat sich eine der grössten internationalen Tierschutz- und ArtenIn der Schweiz entstand um 1840 in schutzorganisationen weltweit entwiBern der erste Tierschutzverein. 1861 ckelt. Prominentestes Mitglied ist der wurde der Schweizer Tierschutz STS ins James Bond-Darsteller und SchauspieLeben gerufen, damals unter dem Na- ler Pierce Brosnan. men «Schweizerischer Centralverein zum Schutz der Tiere». Der Schweizer Mit dem Aufkommen der TierrechtsTierschutz, heute die grösste Tier- bewegung in Deutschland haben sich schutzorganisation, ist eine Dachorga- seit den 1980er Jahren zahlreiche nisation von lokalen Tierschutzverei- neue Tierschutz- und Tierrechtsorganen. Er ist die älteste national tätige nisationen gebildet. Die Ziele und ArTierschutzorganisation der Schweiz. Im beitsweisen sind unterschiedlich. VieBereich der Nutztierhaltung versucht le haben sich auf eine Thematik spezidie Organisation kagfreiland («kag» alisiert, um wirksame Arbeit leisten zu steht für KonsumentInnen-Arbeits- können. Der Verein Animals´ Angels gruppe) seit den 1970er Jahren, vor- e.V. ist eine international operierende bildliche Tierhaltung zusammen mit Organisation, die sich durch die AufLandwirten umzusetzen. Sie vergibt klärung der Öf­fentlichkeit, Kontrollen, deshalb ein Label für Fleisch, Eier und Dokumentationen und die enge ZuKäse. Andere Tierschutzorganisationen sammenarbeit mit den zuständigen

Wendezeit 6/15


Schweiz Siehe Artikel auf Seiten 39 ff.

International Die Methoden, mit denen die Organisationen versuchen, ihre Ziele zu erreichen, sind unterschiedlich. Grundsätzlich betreiben und unterstützen Tierschützer etwa Tierheime oder Gnadenhöfe und bemühen sich um praktische Hilfen und Weiterbildung ihrer Mitglieder und Interessenten im Sinne des Tierschutzes wie auch die Aufnahme und Versorgung ausgesetzter und geschwächter Tiere. Für die Mitgliederwerbung werden Infostände auf der Strasse, Rundbriefe wie auch symbolische Aktionen und Demonstrationen, von der Störung einer Jagdgesellschaft bis hin zu spektakulären Aktionen wie der Blockade von Walfängern, veranstaltet. Greenpeace, später auch Robin Wood wurden durch solche medienwirksame symbolische Aktionen überregional bekannt. Radikale Gruppierungen, wie etwa Sea Shepherd, rammen auf hoher See illegal operierende Walfänger. Sea Shepherd versenkte bisher zehn Schiffe und nimmt für sich in Anspruch, in Internationalen Gewässern

Einige Tierschutzorganisationen in der Schweiz AKUT – Aktion Kirche und Tiere Animalfree Research, Zürich (ehemals Stiftung Fonds für versuchstierfreie Forschung FFVFF) Animal-Life Schweiz Animals’ Angels Animal Trust Arche Noah Schweiz Arme Pfoten Ärztinnen und Ärzte für Tierschutz in der Medizin, Zürich (wurde 1979 unter dem Namen Vereinigung «Ärzte gegen Tierversuche» gegründet) KAGfreiland – für Kuh, Schwein, Huhn & Co. Katzenseelen in Not Network for Animal Protection NetAP OceanCare Parenas Pfotenhilfe ProTier Schweizer Liga gegen Vivisektion (SLgV), Thônex GE Schweizer Tierschutz STS, Basel Schweizer Vereinigung für die Abschaffung der Tierversuche (ATRA), Lugano Stiftung für das Tier im Recht, Zürich tier-im-fokus.ch Tierschutzbund, Dübendorf Tierschutzbund Basel und Verein gegen die Vivisektion, Basel Verband «Tierrechts-Signet», Biel Verband Tierschutz-Organisationen Schweiz (VETO), Zürich Verein Wildtierschutz Schweiz Vier Pfoten Schweiz, Zürich u.a.m. die Strafverfolgung durchsetzen zu dürfen. Dabei beruft sich die Organisation auf die United Nations World Charter for Nature.

Kontext Tierschutz in Deutschland finden. Jene, welche innerhalb Deutschlands das grösste Gewicht im Hinblick auf die beteiligten Organisationen und die mediale Reichweite Die Gewaltbereitschaft, das Begehen haben, seien im Folgenden beschrievon Straftaten durch militante Tier­ ben. schützer und Tierrechtler, ist ein ernstzunehmendes kriminologisches wie ethi- Demonstrationen gegen die sches Problem. Die Straftaten reichen Massentierhaltung von der Sachbeschädigung, etwa dem Beschädigen von Hochsitzen, was aber In Deutschland aber auch in den Nieauch Verletzungen wie im Extremfall derlanden gibt es eine Reihe von Deauch den Tod des Jägers billigend in monstrationen unter dem Motto Wir Kauf nimmt, bis hin zu Psychoterror, haben es satt!. Ein Hauptanliegen der Einbrüchen, Landfriedensbruch, Brand­ Veranstaltung ist es, auf die Zustände stiftung und Mord. in der Massentierhaltung aufmerksam zu machen. Der Protest wird von Tierschutzorganisationen wie der AlAktuelle Projekte und bert Schweitzer Stiftung für unsere Themen in Deutschland Mitwelt, PROVIEH, Deutscher TierDerzeit lässt sich eine Vielzahl von schutzbund und anderen OrganisatioDiskussionen und Projekten aus dem nen getragen.

Wendezeit 6/15

37

Schwerpunkt

Behörden dafür einsetzt, dass die geltenden Tierschutzbestimmungen bei Tiertransporten eingehalten werden. Der Verein PROVIEH kämpft gegen die industrielle Tierhaltung, das Komitee gegen Vogelmord gegen Vogelfang und Wilderei. Animal Public hat sich auf den Schutz von Wildtieren spezialisiert, wie auch die Organisation Pro Animale, die verschiedene Projekte betreut (z. B. Freikauf aus nicht tierschutzgerechten Pferdetransporten und aus dem Tierversuch, Aufbau von Tierheimen in der Türkei und anderen Ländern, «Tanz­bären»-Pro­ble­matik, Ket­­­ ten­hunde­haltung). Andere Verbände wie Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. setzen sich für die gesellschaftliche und rechtliche Anerkennung weiterer Tierrechte und deren Umsetzung ein.


Schwerpunkt

Widerstand gegen Tier- und Pflanzenpatente Im Jahr 1992 haben sich in Deutschland verschiedene Organisationen zu der Initiative «Kein Patent auf Leben!»?[23]? zusammengeschlossen. Das Netzwerk wird von einem Büro in München aus gesteuert, welches wiederum Teil der europäischen Initiative «No Patents on Life!» ist. Europaweit sind mehrere hundert Organisationen beteiligt. Ziel der Initiative ist es, die Patentierung von Leben zu verhindern. Dazu zählen sowohl Pflanzen und Tiere als auch Gensequenzen und menschliche Stammzellen. Anlass für die Initiative war die Patentierung der «Krebsmaus», welche im Widerspruch zum Europäischen Patentrecht stand. Neben ethischen Bedenken werden wirtschaftliche und ökonomische Gründe gegen die Patentierung angeführt. Trotz zahlreicher Einsprüche steigen die Patentanmeldungen und -genehmigungen für Pflanzen und Tiere jährlich. Die Initiatoren wenden sich daher weiterhin, grösstenteils ehrenamtlich, mit Einsprüchen und Öffentlichkeitsarbeit dagegen.

Bienenschutz Seit etwa 2008 stehen die Pestizide Imidacloprid und Clothianidin von Bayer sowie Thiamethoxam des SyngentaKonzerns im Verdacht, für das zunehmende Bienensterben verantwortlich zu sein. Die Unternehmen widersprachen mit der Begründung, dass die Produkte nur bei unsachgemässer Anwendung schädlich für Bienen seien. Im April 2013 hatte ein Brüsseler Berufungsausschuss über die Einsatzgenehmigung der Pestizide zu entscheiden. Bereits im März sprachen sich 13 europäische Staaten für ein Verbot aus, dem gegenüber standen jedoch neun Gegenstimmen und fünf Enthaltungen, darunter auch Deutschland. Die EU-Kommission hat nun ab dem 1. Dezember 2013 ein auf zwei Jahre begrenztes Verbot ausgesprochen. In diesem Zeitraum sollen weitere For-

38

schungen stattfinden, um im An- greifende Lösungsfindung bezeichnet schluss die Zulassungsbedingungen Landwirtschaftsminister Lindemann erneut zu überprüfen. als den «Niedersächsischen Weg»: Den Landwirten sollen keine DoktriWegfall der Bauprivilegien nen und die alleinige Verantwortung auferlegt werden. Stattdessen gilt es, für Tierfabriken konstruktive Lösungsmöglichkeiten zu Ein wichtiger Schritt gegen die Mas- erarbeiten, bei deren Umsetzung die sentierhaltung: Der Deutsche Bundes- Landwirte Unterstützung durch Fachtag hat im April 2013 eine Änderung leute und Behörden erhalten. des Baugesetzbuches veranlasst. Mit der Gesetzesänderung werden die Der Tierschutzplan Niedersachsen ist Bau-Privilegien für Tierfabriken einge- ein Pilotprojekt in Deutschland. Neben schränkt. Zugleich erhalten Städte dem Landwirtschaftsminister sind verund Gemeinden ein Vetorecht ab ei- schiedene Tierschutzorganisationen, ner für die jeweilige Tierart definier- Veterinärmediziner und Behörden soten Stallgrösse, sofern nicht mehr als wie Vertreter aus Wissenschaft, Wirt50 Prozent des für die Massentierhal- schaft, Verbraucherschutz, der Kirche tung erforderlichen Futters auf dem und dem Handel beteiligt. Die Koopeeigenen Land produziert werden. Die ration verschiedener Fachleute soll geAlbert-Schweitzer-Stiftung und ande- währleisten, dass alle relevanten Asre Organisationen befürworten den pekte in der industriellen NutztierhalWegfall der bisherigen Bau-Privilegien tung Beachtung finden. Zu diesem für die sogenannten Tierfabriken und Zweck wurden der Lenkungsausschuss setzen sich mit dem Netzwerk «Bau- «Tierschutzstrategie» und verschiedeernhöfe statt Agrarfabriken» weiter- ne Facharbeitsgruppen gegründet, die hin gegen die Massentierhaltung ein. sich jeweils einem Teilbereich widmen.

Tierschutzplan Niedersachsen In der industriellen Nutztierhaltung stehen sich die Interessen und Möglichkeiten der Landwirte und die Bedürfnisse der Tiere gegenüber. Aufgrund dessen wurde 2011 in Niedersachsen durch Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Gert Lindemann ein Tierschutzplan ins Leben gerufen. Dieser hat zum Ziel, Missstände in der Nutztierhaltung aufzudecken und diese zu beheben. Neben einer artgerechten Haltung von Nutztieren wie Geflügel, Schweinen und Rindern wird schliesslich eine Vermeidung von tierquälerischen Massnahmen angestrebt. Letzteres ist jedoch in vielen Fällen nur möglich, wenn vorab unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Tiere eine Änderung in der Haltung erfolgt. Bei der Umsetzung sollen sowohl tierschutzrelevante Aspekte als auch die Interessen und Möglichkeiten der Landwirte sowie die Interessen der Verbraucher berücksichtigt werden. Eine derart über-

Wendezeit 6/15

Mit dem Tierschutzplan Niedersachsen soll die artgerechte Nutztierhaltung auf Landesebene erreicht werden, denn das Bundesland sieht sich als Agrarland in einer besonderen Verantwortung mit Vorbild-Charakter. Während für alle Nutztiere eine artgerechte Haltung und Ernährung angestrebt wird, gilt es ausserdem konkret, das Kürzen der Schnäbel von Geflügel zu unterbinden sowie eine Betäubungspflicht beim Schwanzkürzen und Kastrieren von Ferkeln, beim Schenkelbrand von Fohlen und dem Enthornen von Kälbern einzuführen. Die artgerechte Haltung umfasst ausreichend Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für alle Nutztiere sowie das Einrichten geeigneter Tränken und Wasserstellen für Enten. Weiterhin hat sich der Tierschutzplan Niedersachsen die Definition von Tierschutzindikatoren zur Aufgabe gemacht, die künftige Mängel in der Haltung frühzeitig aufdecken sollen. In einem Arbeitsprogramm wurden 40 Handlungsfelder für zwölf Tierarten und entsprechende Zeitrahmen für die Umsetzung definiert.


Schutz von Meereslebewesen

enthalten, der Müll ordnungsgemäss entsorgt und auf Plastik-Verpackungen verzichtet wird. Als übergreifende Massnahme soll gemäss EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie jede weitere für die Meerestiere schädliche Vermüllung bis 2020 eingestellt werden.

Zahlreiche Tierschutzorganisationen sind im Ausland tätig und vermitteln von dort aus Tiere nach Deutschland. Zu diesem Zweck werden ständig Flugpaten gesucht, die beispielsweise auf der Heimreise vom Urlaubsort ein Tier mitnehmen, indem sie als offizielle Begleiter fungieren. Für den Flugpaten sind damit keine Kosten oder Mühen verbunden. Die Tierschutzorganisation übernimmt sämtliche Formalitäten im Ausland, bringt das Tier zum Flughafen und checkt es dort in Toter Albatros mit Plastik im Magen Begleitung des Flugpaten ein. Am Ankunftsort nimmt der Flugpate das Tier Die Vermüllung der Ozeane gefährdet so dass Kleinstpartikel im Wasser ver- zusammen mit seinem Gepäck in zunehmend das Leben von Seevögeln, bleiben. Weitere Mikropartikel gelan- Empfang und übergibt es anschlieFischen und anderen Meerestieren. gen über die Industrie, Kläranlagen ssend den wartenden Tierschützern, Laut Umweltbundesamt sterben jähr- und durch Schiffsunfälle in das Meer. den neuen Besitzern oder dem Vertrelich etwa 100.000 Tiere durch Verpa- Es werden durchschnittlich 13.000 ter der Pflegestelle. ckungsreste, Taue, Netze und andere solcher Rückstände je QuadratkilomeFischereiabfälle, in denen sie sich ent- ter vermutet. Dies kann auch für den Die Anmeldung als Flugpate kann entweder verheddern und erwürgen Menschen gefährlich werden, da die weder direkt bei einer Tierschutzorgaoder indem sie Müll verschlucken. Mikropartikel bereits im Wasser vor- nisation oder bei der zentralen Verhandene Toxine binden, die von Mee- mittlungsstelle erfolgen. Diese InstituEine besondere Gefahr stellen die an- restieren aufgenommen werden und tion leitet jede Anmeldung an die relevanten Tierschutzorganisationen im teilig circa ein Drittel Plastikabfälle in so in die Nahrungskette gelangen. Ausland weiter und vermittelt auch den Ozeanen dar, da diese sich nur langsam zersetzen und dabei Giftstof- Das Umweltbundesamt fordert die Kontakte in Deutschland, wenn beife abgeben, die von Meerestieren auf- Menschen auf, zum Schutz der Meeres- spielsweise eine Pflegestelle gesucht genommen werden. Zudem werden tiere beizutragen, indem keine Kosmeti- wird oder eine Abholung organisiert Kunststoffe nicht vollständig zersetzt, ka verwendet werden, die Kunststoffe werden muss. u

Tierschutz Zu lesen auf der Webseite des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV Tiere machen heute deutlich häufiger Schlagzeilen als noch vor dreissig Jahren. Dabei dominieren völlig gegensätzliche Darstellungen: das «bedroh-

liche Tier» wie bei der Vogelgrippe oder den Kampfhunden auf der einen Seite, und der idealisierte Star auf der anderen. Mit Tipps zur Tierhaltung, Regelung der Aus- und Weiterbildung im Tierschutzbereich, Bewilligungen für Stalleinrichtungen und Tierversuchsstatistik trägt das BLV zur Versachlichung der Diskussion bei - zum Wohl unserer Tiere.

Wendezeit 6/15

Tierhaltung / Umgang mit Tieren Aus- und Weiterbildung Das Wohlbefinden von Tieren kann geschützt werden, indem die Personen, die mit ihnen umgehen oder für sie verantwortlich sind, richtig ausgebildet werden. Aus diesem Grund wird der

39

Schwerpunkt

Flugpatenschaften nach Deutschland


Schwerpunkt

Aus- und Weiterbildung im schweizeri- will, wird ab 2013 eine fachspezifische schen Tierschutzrecht einen sehr gross- berufsunabhängige Ausbildung mit eien Stellenwert eingeräumt. nem praktischen und einem theoretischen Teil absolvieren müssen. In der Tierschutzverordnung wird geregelt, welche Ausbildungen von wel- Personen, die am 1. September 2008 chen Tierhaltern verlangt werden. Wie bereits als Halter von mehr als 5 Pferdie verschiedenen Ausbildungen auf- den erfasst waren oder zu diesem Zeitgebaut sind, können Sie in der Verord- punkt bereits gewerbsmässig mehr als nung des EDI über Ausbildungen in 11 Pferde hielten, müssen die Ausbilder Tierhaltung und im Umgang mit dung nicht nachholen. Davon ausgeTieren nachlesen. nommen sind auch die Landwirte: Da sie bereits über eine professionelle Ausbildung für den Umgang mit GrossAus- und Weiterbildung: tieren verfügen, brauchen sie keine Hunde weitere Zusatzausbildung. Um den richtigen Umgang mit den Tieren zu lernen, müssen HundehalAus- und Weiterbildung: tende einen theoretischen und (zuHaltung von Nutztieren sammen mit ihrem Hund) einen praktischen Kurs absolvieren. Danach er- Wer Rinder, Lamas, Alpakas mehr als 3 halten sie einen sogenannten Sach- Schweine, mehr als 10 Schafe oder kundenachweis. Die Kurse werden Ziegen oder eine grössere Zahl von Kavon Hundetrainern durchgeführt, wel- ninchen oder Geflügel hält, muss bis che ihrerseits eine fachspezifische be- spätestens 2013 einen Sachkunderufsunabhängige Ausbildung absolviert nachweis vorlegen können. haben. Besondere Regelungen gelten für die Ausbildung von Hunden im Umfasst die Tierhaltung insgesamt Schutzdienst. mehr als 10 Grossvieheinheiten Nutztiere, ist eine landwirtschaftliche AusTraining mit dem Hund:
 Mit jedem bildung erforderlich. neuen Hund, auch wenn man bereits einen hat, muss man ein Training ab- In kleineren Tierhaltungen mit weniger solvieren – im ersten Jahr nach Erhalt als zehn Grossvieheinheiten muss die des Hundes. Im Training lernt man, ei- für die Haltung und Betreuung verantnen Hund zu führen und zu erziehen, wortliche Person einen SachkundeRisikosituationen zu erkennen und zu nachweis nach Artikel 198 TSchV erentschärfen und was man tun kann, bringen für die Haltung von: wenn der Hund problematische Verhaltensweisen zeigt. • mehr als drei Schweinen oder mehr als zehn Schafen oder zehn Ziegen, wobei vom Muttertier abhängige Aus- und Weiterbildung: Jungtiere nicht mitzuzählen sind; Pferdehaltung Wer ab dem 1. September 2008 neu mehr als 5 Pferde hält, braucht einen Sachkundenachweis. Für die gewerbsmässige Haltung von mehr als 11 Pferden ist eine fachspezifische berufsunabhängige Ausbildung vorgeschrieben (Ausnahme: Landwirtschaftsbetriebe). Wer mehr als 5 Pferde hält, muss bis spätestens 2013 einen Sachkundenachweis vorlegen können. Wer dagegen gewerbsmässig mehr als 11 Pferde halten

40

Personen, die am 1. September 2008 bereits als Haustierhalter oder Haustierhalterin erfasst waren, müssen die Ausbildung nicht nachholen. Vom Sachkundenachweis befreit sind auch die Landwirte: Da sie bereits über eine professionelle Ausbildung für den Umgang mit Grosstieren verfügen, brauchen sie keine weitere Zusatzausbildung.

Aus- und Weiterbildung: Wildtierhaltung und -zucht In bewilligungspflichtigen Wildtierhaltungen müssen die Tiere unter der Verantwortung einer Tierpflegerin oder eines Tierpflegers betreut werden. In Wildtierhaltungen mit nur einer Tiergruppe mit ähnlichen Haltungsansprüchen genügt es, wenn die für die Tierbetreuung verantwortliche Person über eine Ausbildung nach Artikel 197 TSchV verfügt. In privaten Wildtierhaltungen, in denen ausschliesslich die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber die Tiere betreut, genügt ein Sachkundenachweis, sofern es sich um die in Artikel 85, Abs.3 TSchV aufgelisteten Tierarten handelt. In Wildtierhaltungen mit nur einer Tiergruppe mit ähnlichen Haltungsansprüchen genügt es, wenn die für die Tierbetreuung verantwortliche Person über eine Ausbildung nach Artikel 197 der TschV verfügt.

In Tierheimen mit maximal 19 Pflegeplätzen oder in gewerbsmässigen Zuchten oder Haltungen von Heimtieren, Nutzhunden und nicht bewilligungspflichtigen Wildtieren, in denen nur ei• mehr als fünf Pferden, wobei Saug- ne Tiergruppe mit ähnlichen Haltungsansprüchen vorhanden ist, genügt es, fohlen nicht mitzuzählen sind; wenn die für die Tierbetreuung verantwortliche Person über eine Ausbildung • Rindern sowie Alpakas oder Lamas; nach Artikel 197 der TSchV verfügt. • Kaninchen, wenn mehr als 500 JungDie Ausbildung nach Art 197 der TschV tiere pro Jahr produziert werden; (eine vom BLV anerkannte fachspezifi• Hausgeflügel, wenn mehr als 150 Le- sche berufsunabhängige Ausbildung) gehennen gehalten oder 200 Jung- vermittelt Fachkenntnisse und praktihennen bzw. 500 Mastpoulets pro sche Fähigkeiten, die für die tiergerechte Haltung eines Tieres, seine verJahr produziert werden.

Wendezeit 6/15


länglich. Als Orientierungshilfe listet rinnen und Züchtern ihre Zuchtstratedie Verordnung des BLV über den Tier- gie und die Daten der Zuchttiere und schutz beim Züchten Belastungen auf, Nachkommen dokumentieren und auf die im Zusammenhang mit Zuchtzie- Verlangen vorweisen können. len auftreten können. Weitere InforTierschutz beim Züchten mationen sind der umfangreichen Mit hochbelasteten Tieren darf nicht gezüchtet werden. In diese Kategorie Die neue Verordnung über den Tier- Fachliteratur zu entnehmen. fallen insbesondere Extremzuchten schutz beim Züchten zielt hauptsächlich auf Prävention und nicht auf Verbote ab Tiere mit Verdacht auf eine mittlere oder wie die Tanzmaus, bestimmte Goldstarke Belastung müssen vor der Verpaa- fischzuchtformen oder extrem verund enthält folglich keine Rasselisten. rung auf vorhandene BelaSie müssen das Belastungsausmass ei- stungen untersucht werden. Die neue Verordnung zeigt nes Zuchttieres kennen auf, wie bei der BelastungsDie Tierschutzverordnung von 2008 abschätzung vorzugehen ist schreibt vor, beim Züchten darauf zu und wie das Belastungsausachten, gesunde Tiere zu erhalten, die mass eines potenziellen frei von belastenden Merkmalen sind. Zuchttieres zu dokumentieEinem Tier dürfen also insbesondere ren ist. keine mit dem Zuchtziel zusammenhängende Schmerzen, Leiden oder Vom Ausmass der BelaSchäden zugefügt werden, noch darf stung hängt es ab, inwietiefgreifend in sein Erscheinungsbild fern ein Tier zur Zucht einoder in seine Fähigkeiten eingegriffen gesetzt werden darf. RasMit der japanischen Tanzmaus darf nicht gezüchtet werden. Jede Rasse oder Zuchtform setiere sind oft stark ingewerden. hat eigene kritische Punkte. Wer züch- züchtet. Um den Inzuchtten will, muss sich vorgängig über all- grad nicht noch zu erhöhen, soll der zwergte Hunde. Tiere mit extremen fällige erblich bedingte Probleme der Zuchteinsatz von Tieren mit mittel- Abweichungen von der Normalform, Elterntiere und der Nachzucht ausrei- schweren Belastungen möglich sein, die ohne menschliche Hilfe nicht überchend informieren. Denn im Gegen- sofern gleichzeitig eine Strategie ver- leben können oder die deswegen satz zu Haltungsfehlern, die jederzeit folgt wird, um die Belastung bei den nicht vorschriftsgemäss gehalten werkorrigiert werden können, leidet ein Nachkommen zu vermindern. Damit den können, gehören ebenfalls zu den Tier mit einem Zuchtschaden lebens- dies überprüfbar ist, müssen Züchte- verbotenen Zuchtformen. u

Medienkonferenz des Schweizer Tierschutzes STS vom 11. September 2015 auf dem Ueli-Hof, St. Niklausen

Auf dem Weg zur Tierfabrik Die Lebensmittelindustrie verlangt nach möglichst billigen Rohstoffen und das heisst: Hin zu grossflächigen Landwirt­ schaftsbetrieben und hin zu Tierfabriken. In diese Richtung wirkt heute auch die Schweizer Agrarpolitik. So nahm in­ nert Jahresfrist die Zahl an Grossbetrieben mit jährlich über 150‘000 Franken Direktzahlungen um 56% zu. Der Schwei­ zer Tierschutz STS fordert eine Anpassung dieser ökonomisch fragwürdigen, überhöhten Direktzahlungen zugunsten der Tierwohl-Förderung. Als ein Gegenmodell zur billigen Mas­ senproduktion profiliert sich die ob Lu­ zern gelegene Erzeugergemeinschaft UeliHof. Hier setzt man auf Regionalität, artgerechte Tierhaltung und den direk­ ten Kontakt zum Konsumenten. Die Ueli-Hof AG wurde so zum führenden

Anbieter von Bio-Fleischprodukten in der Region Luzern. Den Erfolg führt de­ ren Leiter, Ueli Unternährer, auf das Einhalten hoher Qualitätsstandards bei Tierwohl und Ökologie zurück. «Die Kon­ sumenten honorieren unsere Anstren­ gungen», sagt Unternährer.

Wendezeit 6/15

Von Konsumentenfranken und Wertschöpfung Die Schweizer Landwirtschaft produ­zie­­ re zwar von Jahr zu Jahr effizienter und kostengünstiger, doch die Bauern wür­ den kaum davon profitieren. «Die Wert­

41

Schwerpunkt

antwortungsvolle Nutzung und Zucht und den schonenden Umgang mit ihm erforderlich sind.


Schwerpunkt

schöpfung liegt primär bei der Lebensmittelindustrie» erläutert der öko­nom Mathias Binswanger im Rahmen einer auf dem Ueli-Hof durchgeführten STSMedienorientierung. Sara Stalder, Ge­ schäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz SKS, weiss, dass so man­cher Konsument glaubt, Preiserhöhungen bei landwirtschaftlichen Produkten kämen direkt dem bäuerlichen Einkom­men zu­ gute. In Tat und Wahrheit bliebe aber immer weniger vom Konsumentenfran­ ken in der Landwirtschaft. Sowohl Stalder wie auch Binswanger plädieren für eine vermehrte Rückholung der Wertschöp­ fung auf den Bauernhof und sehen natur- und tierfreundliche Produktion

und die Direktvermarktung regionaler die Zahl der Betriebe, die zwischen Produkte als Chance für die Bauernschaft. 150‘000 und 200‘000 Franken Direktzah­ lungen jährlich erhalten, um 48% und diejenige der Betriebe mit über In Sachen Tierschutz 200‘000 Franken um 79%. 48 «RiesenBezüglich Tierschutz sieht Hans-Ulrich betriebe» erhielten gar über 300‘000 Huber, Geschäftsführer Schweizer Tier­ Franken in einem Jahr! Das viele Geld, schutz STS, erheblichen Handlungsbe- das in Grossbetriebe hineingepumpt darf im Markt und in der Politik. Hart wird, fehlt nach Meinung des Schweiins Gericht geht er dabei mit der Agrar­ zer Tierschutz STS bei der Förderung politik. «AP 2014-2017 setzt beim Tier- tierfreundlicher Ställe und der Auslauf­ wohl keine Impulse», so Huber. Noch haltung. Damit missachtet der Bundes­ nie in der Geschichte der neueren rat den Verfassungsauftrag (LandwirtAgrarpolitik wurden Grossbetriebe vom schaftsartikel (Art. 104) der Bundesver­ Staat – wider jede ökonomische Ver- fassung), der eine wirtschaftliche lohnunft – mit derart viel Geld überschüt- nende Förderdung des Tierwohles tet wie heute. Innert Jahresfrist stieg vor­schreibt. u

Ueli-Hof: Von Natur aus besser – weil aus artgerechter Tierhaltung Die Ueli-Hof AG gehört heute in ihrer Region zu den führenden unabhängigen Anbietern von Bio-Fleisch-Erzeugnissen. Der Erfolg des Unternehmens ist, neben der Qualität, ganz wesentlich das Ergebnis einer schlüssigen Vision, die sowohl gelebt als auch den Kunden klar und deutlich vermittelt wird. Ueli-Hof steht ein für die tier-, menschen- und umweltfreundliche Entstehung von Lebensmitteln – auf der Grundlage einer naturnahen und nachhaltigen Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung. Die Ueli-Hof AG steht im Zentrum einer stetig wachsenden regionalen Gemeinschaft von Erzeugerpartnern. Diese halten ihre Tiere artgerecht nach den Richtlinien von Bio Suisse und Ueli-Hof. Sie begleiten die Tiere auch in das Schlachthaus der Bio-Fleischmanufaktur von Ueli-Hof in Ebikon und achten dabei auf möglichst kurze Transportwege. Bei UeliHof wird das Bio-Fleisch nach traditionellen handwerklichen Methoden zu einer breiten Auswahl an Spezialitäten verarbeitet. So hält Ueli-Hof die ganze Wertschöpfungskette wie auch die Einhaltung seiner hohen Qualitäts- und TierethikStandards in den eigenen Händen. Auf dem Fundament dieser aktiv gelebten und auch kommunizierten Philosophie ist das Unternehmen zu einem der regional führenden unabhängigen Bio-Fleisch-Anbieter herangewachsen. Den Grundstein zur Erfolgsgeschichte der Ueli-Hof AG legte die Familie Unternährer 2002 auf dem Hof Mättiwil nahe Luzern. Hier eröffnete sie auch den ersten Bio-Fleisch-Verkaufsladen. Und hier führen heute Ueli und Lydia Unternährer den Betrieb. Als Mitglieder der Erzeugergemeinschaft versorgen sie Ueli-Hof mit Fleisch vom Bio-Jungrind aus Mutterkuhhaltung, vom Bio-Schwein und vom Bio-Lamm. Die Leitgedanken, die hinter Ueli-Hof stehen, gehen aber noch weiter zurück. Schon in denfrühen 1970er Jahren begannen Walter und Trudi Unternährer die bis dahin gängige Art derTierhaltung in der Landwirtschaft zu hinterfragen und auf ihrem Hof zu verändern. Ihr Motto:Die Verantwortung hört nicht an der Stalltür auf, sondern beginnt bei der Geburt jedes Tiersund führt bis zu dessen letztem Gang. Überhaupt kann es für Walter Unternährer nurhochwertige Lebensmittel geben, wenn diese tier-, menschen- und umweltfreundlich entstehen. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten stimmen dem zu. u

42

Wendezeit 6/15


gehennen, die vom Einpacken in bis zur Schlachtung oft 10, 12 Stunden in engen Transportkäfigen zusammen­ gequetscht werden

jährlich, was grundsätzlich unseren Konsumenten ein gutes Zeugnis ausstellt.

Leider gibt es neben den seriösen Dr. Hansuli Huber, Geschäftsführer • den Handel mit Babykälbern quer Tierwohl-Labeln wie z.B. Naturafarm, Fachbereich Schweizer Tierschutz STS durch die Schweiz und deren Auf­ auch Mitbewerber, die zwar mit dem führen an Märkten Tierschutz Werbung machen, in Tat und Wahrheit aber lediglich die geWir haben den Ueli-Hof ausgewählt, weil er in der Schweizer Landwirt- • die sogenannte arbeitsteilige Ferkel- setzlichen Minimalvorschriften gaschaft ein vorbildliches Beispiel ist für produktion, wo u.a. hochträchtige rantieren und den Tieren nicht einKundennähe und den Anspruch, mehr Sauen und Ferkel auf verschiedenste mal Stroh zum Liegen, genügend Platz und Auslauf ins Freie bieten – sein zu wollen als ein von vor und Betriebe verschoben werden. etwa die Marke QM-Schweizernachgelagerten Industrien und Händlern extrem abhängiger Rohstoffpro- Bis heute sehen die Behörden leider Fleisch. Dass die­ses im Laden mit den duzent, wie es Landwirte heute über die der ganzen Branche bestens gleichen Tierschutzargumenten aber mehrheitlich sind. Es ist bekannt, dass bekannten Tierschutzwidrigkeiten hin­ billiger angeboten wird, konkurrenimmer weniger vom Konsumenten- weg, obwohl diese auch mitverant- ziert die Label unfair und täuscht die franken bei den Bauern ankommt; bei wortlich sind für den überdurch­schnitt­ Konsumenten. Pouletbrust, Plätzli oder Steaks sind lich hohen Antibiotikaeinsatz in der das kaum mehr 25%, bei Milch rund Kälbermast und der Schweinehaltung. Das ist umso störender als der Quali35% und selbst bei Eiern sind es nur Mit der Regionalität und einem eige- täts-Markt im Prinzip noch lange nicht 40%! Mit der zunehmenden Import nen Kleinschlachthof beugt der Ueli- ausgereizt wäre. Selbst bei den «LabelBilligkonkurrenz wird der Fortbestand Hof solchen Missständen vor und si- motoren» Coop und Migros besteht der von der Gesellschaft erwünschten, chert kurze, schonende Wege für Mast­ Luft nach oben. So bietet beispielsweibäuerlichen und tierfreundlichen ein- tiere. Die Einrichtungen im Schlacht­hof se Migros kein Schweizer Freiland­ge­ heimischen Landwirtschaft nur mög- wurde mit Fachleuten vom STS ge- flu­̈gel und kein Kaninchenfleisch aus lich sein durch vermehrte Wertschöp- plant und regelmässige Audits und tierfreundlicher Haltung an. Angesichts der aktuell katastrophalen Lage am fung auf den Höfen, sprich durch faire Schulungen sind vereinbart. Milchmarkt mit entsprechenden negaPreise. Ansonsten ist der Weg hin zu Tierfabriken und Massentierhaltung Übrigens: Wenn Tiere auf einen Cami- tiven Tierschutzkonsequenzen für Kühe vorprogrammiert, wie es das Ausland on verladen werden, wissen sie nicht, und Kälber müssten Migros und Coop vordemonstriert. ob sie den Sommer auf einer Alp ver- zudem ernsthaft Labelmilch/-produkte bringen oder zum Schlachter gefahren aus Weidehaltung forcieren und verDer Ueli-Hof zeigt eine Möglichkeit, werden. Beobachtungen in Schlachthö­ markten. wie man es machen kann. Der Ueli-Hof fen zeigen, dass Tiere auf den Anblick liegt uns am Herzen, weil bei ihm die betäubter, getöteter Artgenossen nicht Im Vergleich zu den beiden Grossen Sorge zum Tierwohl nicht an der Stall­ mit Todesangst und Fluchtbewegun- nutzen andere Detaillisten ihre Mögtüre aufhört. Der Tiertransport in der gen reagieren. Angst macht ihnen viel­ lichkeiten zur Vermarktung von ProSchweiz ist mit der seit 2008 geltenden mehr ungeübtes, grobes Personal, dukten aus tierfreundlicher Haltung maximal sechs Stunden Fahrtzeitrege- Schreien und Lärm und tierschutzrele- viel zuwenig. Insbesondere von Aldi lung grundsätzlich gut geregelt. Länge- vant wird es im Schlachthof dann, und Lidl erwartet der STS in Zukunft re Fahrten belasten die Tiere stark, füh­ wenn nicht korrekt betäubt wird vor nicht nur schöne Plakate mit glücklichen Tieren sondern eine Laren zur Dehydration und geschwächter der Tötung der Tiere. bel-Offensive an der Verkaufstheke. Immunabwehr sodass die Anpassungsfähigkeit der Tiere über­ for­ dert wird. Markt Trotzdem haben sich auch hierzulande Das allergrösste Potential findet sich drei Problembereiche herauskristalli- Produkte aus tierfreundlicher Haltung im Gastrokanal. Das Tierwohl-Besiert, wo aus unserer Sicht die Aufla- sind etwas teurer. «Herz statt Porte- wusstsein vieler Köche ist bislang ungen in Art. 151 der Tierschutzverord- monnaie» heisst deshalb die Devise, terentwickelt und statt Qualität zählt nung nach schonend und ohne unnöti- um eine bäuerliche und tierfreundli- nur der Preis bei der Produkte-Bege Verzögerungen durchzufüh­ren­den che Landwirtschaft à la Ueli-Hof lang- schaffung. Die Menüpreise sind zwar Transporten oft Makulatur bleiben. Es fristig in der Schweiz sichern zu kön- oft hoch aber das Tierwohl in vielen handelt sich um nen. Der Jahresumsatz von tierfreund- Restaurants tief. Insbesondere die zu lichen Label-Produkten liegt mittler- Migros und Coop gehörenden Gross• den Transport von ausgedienten Le- weile bei rund 3 Milliarden Franken Gastrozulieferanten Prodega und

Wendezeit 6/15

43

Schwerpunkt

Tierwohl zwischen Markt und Agrar­ politik


Cash+Carry sollten sich beim Tierwohl mehr ins Zeug legen. Hingegen steht der STS seit Frühjahr mit dem schweizweit grössten Personalrestaurant-Zulieferanten, der SV-Group, in Kontakt zwecks Erhöhung des Tierschutz-Warensortimentes.

Schwerpunkt

Agrarpolitik Die neue Agrarpolitik setzt leider beim Tierwohl keine Impulse. Jetzt, in der Halbzeit von AP 2014-2017, muss man feststellen, dass der damals heiss geführte Parlamentsdisput um Öko und produzierende Landwirtschaft bestenfalls ein Nebenschauplatz war. Eine Nebelpetarde, deren Rauch eine radikale Umverteilungsaktion der Direktzahlungen verdecken sollte. Noch nie in der Geschichte der neueren Agrarpolitik wurden Grossbetriebe, die sowieso schon viel und erst noch mit weniger Aufwand und Kosten produzieren können wie ein durchschnittlicher Bauernhof, vom Staat – wider jede ökonomische Vernunft – mit derart viel Geld überschüttet wie heute. Während ein Schweizer im Durch-

Würde des Tieres Das geltende Schweizer Tierschutzgesetz trat am 1. September 2008 in Kraft. Im Gegensatz zum seinem Vorgängererlass schützt es nicht nur das Wohlergehen des Tieres, sondern auch dessen Würde. Die Arbeitsgruppe «Würde des Tieres» des Bundesamtes für Lebensmit­ telsicherheit und Veterinärwesen hat eine Vorlage für die korrekte und einheitliche Handhabung der Güterabwägung erarbeitet. Sie richtet sich an Personen, die im Rahmen ihrer Arbeit mit konkreten Fragestellungen hinsichtlich Achtung der Würde des Tieres konfrontiert sind. Die Vorlage führt in sieben Schritten durch die Güterabwägung, um im Rahmen der Tierschutzgesetzgebung über die Zulässigkeit von Eingriffen an Wirbel­ tieren, Kopffüsslern und Panzerkrebsen zu entscheiden, insbesondere auch bei der Bewilligung von Tierversuchen, und im Rahmen des GTG bei der Herstellung und beim Inverkehrbringen von gentechnisch verän­ derten Wirbeltieren. Die Erläuterungen zur Vorlage haben das Ziel, den theoretischen Hintergrund des Konzeptes der Würde der Kreatur/Wür­ de des Tieres und die Umsetzung dieses Konzepts mittels Güterabwä­ gungen darzustellen

Das viele Geld, das seit 2014 in Grossbetriebe hineingepumpt wird, fehlt nun aber bei der Förderung des Tierwohles im Rahmen der Förderprogramme für besonders tierfreundliche Ställe (BTS) und den regelmässigen Auslauf ins Freie (RAUS). Seit Jahren missachtet der Bundesrat den Auftrag der Bundesverfassung, welche im Landwirtschaftsartikel 104 dem Bund klipp und klar den Auftrag gibt, das Tierwohl mit wirtschaftlich lohnenden Beiträgen zu fördern. Weil die heutigen Beiträge für BTS und RAUS oftmals den Mehraufwand resp. die Fazit: Von der AP 2014-2017 profitierten Grossbetriebe, die hohe Direktzahlungen er­ Mehrkosten nicht abgelten, halten, stark. So gab es eine markante Zunahme der Betriebe mit über CHF 150‘000.- ist die Beteiligungsrate der resp. über CHF 200‘000.- Direktzahlungen jährlich. 48 Betriebe erhalten gar mehr als Bauern bei rund der Hälfte der Tierkategorien unterCHF 300‘000.- Direktzahlungen. durchschnittlich und weit von den vom Bundesrat als Ziel angegebenen 80% entfernt. schnitt CHF 60‘000.- im Jahr verdient, überweist dank der neuen Agrarpolitik der Bund heute Grossbauern jährlich je über CHF 150‘000.- an Direktzahlungen. Das ist ein Mehrfaches dessen, was ein durchschnittlicher Schweizer Bauernhof an Direktzahlungen erhält.

Fazit: AP 2014 - 2017 führte zu einer Verlagerung der Direktzahlungen hin zu Grossbetrieben, indem heute 11 % der (Gross)-Betriebe 27 % aller Direkt­ zahlungen erhalten.

44

Wendezeit 6/15

Der Schweizer Tierschutz STS erwartet deshalb hier von Parlament und Bundesrat rasche und konsequente Anpassungen, indem ökonomisch höchst fragwürdige, völlig überhöhte Direktzahlungen an Grossbetriebe angepasst und statt dessen das Tierwohl wirtschaftlich lohnend gefördert wird. u


So kaufen Sie die richtigen Souvenirs Gemeinsame Medienmitteilung BLV und WWF

Ferienzeit ist Reisezeit. Wer von diesen «schönsten Tagen im Jahr» das falsche Souvenir mit nach Hause bringt, kann damit geschützte Tiere und Pflanzen bedrohen. «Unterliegt das Reiseandenken dem Washingtoner Artenschutzabkommen Cites (siehe Box) und verfügt der Reisende

Jahr das viertgrösste illegale Geschäft», erklärt Doris Calegari, Artenschutzexpertin beim WWF Schweiz. «Dieser Handel bringt viele wildlebende Tiere und Pflanzen an den Rand des Aussterbens.»

Meist kaufen Touristen die heiklen Souvenirs gedankenlos und nicht mit krimineller Absicht. Der Handel mit der Mehrheit der geschützten Arten ist mit Bewilligungen erlaubt, was die nachhaltige Nutzung dieser Arten sicherstellt. Doch Händler auf den Touristenmärkten in den Ferienländern machen Reisende oft nicht auf die Bewilligungspflicht aufmerksam. Damit Touristen wissen, welche Risiken sie beim Souvenir-Einkauf eingehen und welche Produkte sie mit gutem Gewissen mitbringen dürfen, gibt es jetzt den Souvenir-Ratgeber in der WWFRatgeber-App, die in Zusammenarbeit Präparierter Affenschädel. mit dem BLV erstellt wurde. Die App © WWF Schweiz / BLV_1 kann kostenlos via www.wwf.ch/app bezogen werden. u nicht über gültige Aus- und Einfuhrpapiere, kann es zur Beschlagnahmung der Ware und zu einem Strafverfahren kommen», sagt Mathias Lörtscher, Leiter Artenschutz beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Dass es sich dabei nicht nur um Einzelfälle handelt, zeigen die Zahlen des Schweizer Zolls: In den letzten vier Jahren konfiszierte er im Schnitt pro Jahr über 1300 Objekte geschützter Arten, darunter erstaunlicherweise auch immer wieder Produkte aus Elfenbein.

Besonders problematisch sind lebende Tiere als Mitbringsel. «Neben dem Drogenhandel, der Geldwäscherei und dem Menschenhandel ist der Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten mit rund 20 Milliarden Dollar pro

Elefantenfüsse werden zu Papierkörben oder Hocker verarbeitet. © WWF Schweiz / BLV

Wendezeit 6/15

Souvenir-Ratgeber in der WWF-Ratgeber-App,

Was ist Cites? Das «Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen», kurz Cites genannt, listet mehr als 35‘000 Tier- und Pflanzenarten auf, die entweder lebend oder als Produkte international gehandelt werden. Cites hat die Erhaltung und eine nachhaltige Nutzung der Tierund Pflanzenpopulationen unserer Erde zum Ziel. Inzwischen haben 180 Staaten das multilaterale Abkommen unterzeichnet, als einer der ersten auch die Schweiz. www.cites.org

45

Schwerpunkt

Jedes Jahr bringen Touristen tausende von Souvenirs nach Hause und wissen nicht, dass es sich dabei möglicherwei­ se um geschützte Arten handelt. Der gemeinsame Souvenir-Ratgeber von WWF und dem Bundesamt für Lebensmit­ telsicherheit und Veterinärwesen gibt die richtigen Tipps.


Tierschutzrecht

Schwerpunkt

Tierschutzrecht umfasst Rechtsprechung und Gesetze zu Tierschutzfragen. Sie wurden in vielen Ländern erlassen, um Tiere, insbesondere Wirbeltiere wie Haus- und Nutztiere vor Tierquälerei und Missbrauch durch Menschen zu schüt­ zen und den Umgang mit Tieren, die Tierhaltung und -nutzung, den Tierschutz sowie Tierversuche zu regeln. Interna­ tionale Regelungen umfassen insbesondere den Handel mit lebenden Tieren und Tierprodukten unter der Massgabe des Artenschutzes. In den letzten Jahren wurden die Tierschutzgesetze in den meisten Ländern der Europäischen Union und ihrer Nachbarländer verschärft. In Spanien ist ein einheitliches Tierschutzgesetz geplant, aber noch nicht erlassen. In China und Indien gibt es nur geringe oder keine Regelungen zum Tierschutzrecht.

Geschichte Bereits im Alten Testament finden sich Hinweise und rechtliche Vorgaben zur Verantwortung und schonenden Umgang mit Mitgeschöpfen. Auch im Reich des Kaisers Ashoka (272 v. Chr.–232 v. Chr.) war die Stellung der Tiere bereits gesetzlich geregelt. Ein frühes neuzeitliches Tierschutzgesetz trat im Jahre 1502 unter Sultan Bayezid II. in Istanbul in Kraft. Es wurde unter Strafe gestellt wenn Nutztiere wie Pferde und Esel nicht richtig behandelt wurden beziehungsweise unter Qualen arbeiten mussten. Dazu zählte auch, dass die Tiere entsprechendes Geschirr und Sattel tragen mussten. Viele heutige Aspekte des Tierschutzes sind mittlerweile auch durch europäisches Recht geregelt; dieses wird von den Mitgliedsstaaten in nationale Gesetze umgesetzt. Seit 1986 regelt beispielsweise die EG-Richtlinie 86/609/ EWG den Umgang mit Versuchstieren. In dieser Richtlinie ist festgelegt, dass Versuchstiere artgerecht gehalten werden müssen.

Gesetzlicher Tierschutz in Deutschland von 1871 bis 1930

tere Verstärkung des Tierschutzes und insbesondere auch eines Verbots der Vivisektion. Ein prominentes Mitglied wie Richard Wagner forderte in seinen letzten Lebensjahren nicht nur eine Abschaffung von Tierversuchen, die ihm zutiefst verdammenswert erschienen, sondern ebenso vehement eine Abkehr vom Fleischverzehr. 1885 wurden in Preussen mit dem «Gossler-Erlass» die vorhandenen Bestimmungen zur Vivisektion neu formuliert und moderat verschärft. Weitergehende Petitionen und Initiativen zum Tierschutz wurden mit Hinweis auf diese Regelung regelmässig ignoriert und abgeschmettert. Die einprägsamen Forderungen der Anti-Vivisektionisten fanden bei der wachsenden Zahl rechtsextrem gesinnter Menschen hohen Zuspruch wie auch bei rechten Lebensreformern, die eine Abkehr von der modernen «jüdischen» Wissenschaft hin zu einer rein deutschen Volks- und Naturmedizin forderten. 1930 kam es mit dem sogenannten Grimme-Erlass zu einer weiteren Verschärfung, die aber den massenhaft, in über 700 verschiedenen Vereinen und Organisationen engagierten Tierschützern, bei weitem nicht genügte.

nur deren berufliche Existenz in Frage gestellt, sondern über das Verbot des religiös bedingten Schächtens hinaus auch ihr kulturelles Leben unter Druck gesetzt werden konn­ te. Nach der Machtübernahme 1933 wurde bereits ab dem 1. April 1933 unter Innenminister Wilhelm Frick mit Hochdruck und intensiver Mit­arbeit der Tierschutzverbände an einem pathozentrischen Tierschutzgesetz ge­arbeitet, welches das Leiden des Tieres und nicht mehr dessen öffentliche Wirkung in den Mittelpunkt stellte. Der durch ein Gesetz vom 26. Mai eingefügte § 145b StGB bestrafte nun generell das rohe Misshandeln sowie das absichtliche Quälen von Tieren als Vergehen (RGBl. I S. 295). Diese Strafvorschrift wurde in das am 24. November erlassene Reichstierschutzgesetz (RGBl. I S. 987) übernommen. Ein Verbot des rituellen Schächtens wurde am 21. April 1933 durch das Gesetz über das Schlachten von Tieren (RGBl. I S. 203) eingeführt. Unter vermeintlich zivilisatorischen Vorzeichen bediente es antisemitische Ressentiments und schränkte religiöse Freiheiten der Juden erheblich ein.

Am 16. August 1933, über drei MonaIn Deutschland wurde im ReichsstrafTierschutz und gesetzbuch vom 15. Mai 1871 (§ 360 Tierschutzgesetzgebung im te vor Erlass des ReichstierschutzgeNr. 13) als Übertretung mit Strafe beNationalsozialismus droht, wer «öffentlich oder in Ärgernis erregender Weise Tiere boshaft (s. auch Artikel auf S. 29/30) quält oder misshandelt.» Geschützt wurde also das Empfinden der Men- Für die Nationalsozialisten war der schen, weswegen man von einem an- Tierschutz ein willkommenes populäthropozentrischen Tierschutz spricht. res Thema – auch weil Pelzhändler wie praktische und akademische Mediziner Im Kaiserreich forderte eine Vielzahl und Biologen vielfach Juden waren und von Initiativen und Gruppen eine wei- mit Tierschutzargumentationen nicht

46

Wendezeit 6/15


der Tierschutz durch landesrechtliche Bestimmungen geregelt. In dem 1990 durch das TierVerbG eingefügten § 90a BGB wird ausdrücklich festgestellt, dass Tiere keine Sachen sind. Allerdings sind auf sie grundsätzlich die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Helmut Heinrichs beschreibt den Paragraphen daher als eine «gefühlige Deklamation ohne wirklichen rechtlichen Inhalt». Othmar Jauernig hebt insbesondere die Inhaltslosigkeit von § 90a Satz 2 BGB hervor und weist darauf hin, dass dessen Banalität von § 903 Satz 2 BGB sogar noch übertroffen würde.

und Vollziehung Ländersache und wurde 2005 nach Art. 11 Abs. 1 Nr. 8 der österreichischen Bundesverfassung zur Bundessache. Näheres regelt das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Schutz der Tiere. Zur gleichen Zeit (2004) wurden die Tierhaltungsverordnungen eingeführt:

Die 1. Tierhaltungsverordnung regelt die Mindestanforderungen für die HalDie nationalsozialistische Tierschutztung von Pferden und Pferdeartigen, gesetzgebung stand nicht im GegenSchweinen, Rindern, Schafen, Ziegen, satz zu den massenhaft durchgeführSchalenwild, Lamas, Kaninchen, Hausten Menschenversuchen mit oft tödligeflügel, Straussen und Nutzfischen, chem Ausgang, genauso wenig wie die an diesen Tieren zulässigen Eingrifdem nationalsozialistischen Krankenfe sowie Art und Nachweis der Sachmord oder dem Holocaust. Der natiokunde von Betreuungspersonen und nalsozialistische Tierschutzgedanke Am 26. Juli 2002 wurde im Plenum des sonstigen sachkundigen Personen, die im­plizierte eine radikale Verschiebung Bundestages das Staatsziel Tierschutz Eingriffe vornehmen dürfen. innerhalb der Mensch-Tier-Hierarchie, im Grundgesetz (GG) verankert, nachausgewählten Tieren wurden als ideo- dem dies 2000 noch abgelehnt worden Die 2. Tierhaltungsverordnung regelt logischer Bestandteil einer «arisch-­ war. Der Art. 20a GG lautet nun: die Haltung von Wirbeltieren, die Volks­ gemeinschaft» Schutz gewährt, nicht unter die 1. Tierhaltungsverordaus­ ser­ halb dieser stehenden Men- «Der Staat schützt auch in Verantwor- nung fallen, über Wildtiere, die beschen wurde dieser verwehrt tung für die künftigen Generationen sondere Anforderungen an die Haldie natürlichen Lebensgrundlagen und tung stellen und über Wildtierarten, Auf den Punkt brachte diese Einstel- die Tiere im Rahmen der verfassungs- deren Haltung aus Gründen des Tierlung Heinrich Himmler bei seiner Po- mässigen Ordnung durch die Gesetzge- schutzes verboten ist. sener Rede am 4. Oktober 1943: Ob bung und nach Massgabe von Gesetz bei dem Bau eines Panzergrabens und Recht durch die vollziehende Ge- Ferner gibt es in Österreich ein Gesetz 10‘000 russische Weiber an Entkräf­ walt und die Rechtsprechung.» über Versuche an lebenden Tieren tung umfallen oder nicht, interessiert (Tierversuchsgesetz) von 1989. mich nur insoweit, als der Panzergra­ Auch diese Regelung ist bisher ohne ben für Deutschland fertig wird. (…) grössere rechtspraktische Bedeutung Am 1. Januar 2005 ist das TierschutzWir Deutsche, die wir als einzige auf geblieben und wurde lediglich verein- gesetz des Bundes in Kraft getreten. der Welt eine anständige Einstellung zelt in der verwaltungsgerichtlichen Durch die gleichzeitig mit der Erlaszum Tier haben, werden ja auch zu Rechtsprechung herangezogen, um sung dieses Gesetzes beschlossene diesen Menschentieren eine anständi­ Mus­limen das Schächten zu untersa- Änderung des Art. 11 B-VG wurde die ge Einstellung einnehmen, aber es ist gen. Durch Urteil des Bundesverfas- Gesetzgebungskompetenz zum Bund ein Verbrechen gegen unser eigenes sungsgerichts vom 15. Januar 2002 verlagert. Die Vollziehung der tierBlut, uns um sie Sorge zu machen… wurde festgelegt, dass das Tierschutz- schutzrechtlichen Normen bleibt jegesetz so auszulegen ist, «dass musli- doch weiter Aufgabe der Länder. Der mische Metzger eine Ausnahmege- Bund hat sich verschiedene KontrollGesetzlicher Tierschutz in nehmigung für das Schächten erhal- rechte vorbehalten (Einschaurecht, Deutschland seit 1945 ten können.» Berichtspflicht der Länder etc). Behörde I. Instanz sind die BezirksverwalDie DDR hat die Regelungen des Reichstierschutzgesetz in den 1950er Jah- Der Tierschutz ist gemäss Art. 74 tungsbehörden. Über Berufungen ren wieder übernommen. Die Tier- Abs. 1 Nr. 20 GG ein Rechtsbereich der entscheidet das Landesverwaltungsgericht. Die Landesregierung ist sachschutzgesetze aus dem Dritten Reich konkurrierenden Gesetzgebung. lich in Betracht kommende Oberbegalten in der Bundesrepublik Deutschhörde, sie hat den Vollzug zu koordiland als vorkonstitutionelles Recht Gesetzlicher Tierschutz in nieren, trifft aber selbst keine Sachfort, wurden aber bis heute durch neu Österreich entscheidungen. Bund, Länder und erlassene Gesetze substituiert. So wurde am 24. Juli 1972 ein neues Tier- In Österreich war der Tierschutz bis zum Gemeinden haben den Tierschutz schutzgesetz erlassen. Zudem wird Ablauf des Jahres 2004 in Gesetzgebung nach Massgabe der budgetären Mittel

Wendezeit 6/15

47

Schwerpunkt

setzes, hatte Hermann Göring in seiner Funktion als preussischer Ministerpräsident die «Vivisektion an Tieren aller Art für das gesamte preussische Staatsgebiet» per Erlass als verboten erklärt. Die gleichzeitige Androhung von Lagerhaft für Tierquälerei im Rahmen einer Radioansprache war eine der ersten öffentlichen Erwähnungen der Konzentrationslager.


Schwerpunkt

zu fördern. Ein wichtiger Punkt des neuen Gesetzes ist auch die Schaffung eines Tierschutzombudsmannes in jedem Bundesland, der die Interessen des Tierschutzes zu vertreten hat. Er geniesst in den behördlichen Verfahren Parteistellung. Im Strafgesetzbuch vom 1. Januar 1975 sind die Strafbestimmungen für rohe Misshandlung von Tieren bundeseinheitlich festgelegt: Bis zu ein Jahr Freiheitsentzug oder 360 Tagessätze Geldstrafe. Ausserdem existiert seit dem 1. Juli 1974 ein Tierversuchsgesetz.

Gesetzlicher Tierschutz in der Schweiz Die Schweizer Bundesverfassung der Schweiz erwähnt den Tierschutz in § 80. In der Schweiz wurde am 9. März 1978 ein nationales Tierschutzgesetz verabschiedet und am 27. Mai 1981 die dazugehörige Tierschutzverordnung. Die beiden Erlasse wurden am 1. September 2008 durch das vollständig revidierte Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (TSchG) und die ebenfalls vollständig revidierte Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV) ersetzt. Im Jahre 1992 wurde in die Bundesverfassung eine Bestimmung über die Kreaturwürde eingefügt. Art. 120 Satz 2 lautet: Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen. Er trägt dabei der Würde der Kreatur sowie der Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt Rechnung und schützt die genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten. Der Schutz der Tierwürde hat auch Eingang in das neue Tierschutzgesetz gefunden. So heisst es in Art. 1 TSchG: Zweck dieses Gesetzes ist es, die Würde und das Wohlergehen des Tieres zu schützen. Und Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG lautet: Mit Gefäng-

48

nis oder mit Busse wird bestraft, wer vorsätzlich ein Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt oder dessen Würde in anderer Weise missachtet.

Gesetzlicher Tierschutz in den USA Bis zum Jahre 1966 war die wissenschaftliche Verwendung von Tieren in den USA ungeregelt. Am 24 August 1966 beschloss der Senat und das Repräsentantenhaus den Schutz von Hun­de, Katzen, Affen, Meerschweinchen, Hams­ter und Hasen.

Durchsetzung des Tierschutz­ rechts in Deutschland

Ordnungswidrigkeits- und Straftatbestände des Tierschutzrechts sind ausserdem Polizei und Staatsanwaltschaft, die in den Fällen nach der Strafprozessordnung bzw. dem Ordnungswidrigkeitengesetz vorgehen. Ei­ nige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hessen, Berlin und das Saarland haben Landes­tier­ schutz­ beauftrag­ te bestellt, die aber meist nur als Berater und Ansprechpartner fungieren und über keine behördlichen Kompetenzen verfügen. Ermächtigt zum Erlass von Verordnungen aufgrund des Tierschutz­gesetzes sind nach § 2a TierSchG nur die Bundesministerien.

Wissenschaftliche Ausbildung In Deutschland gibt es keine akademischen Programme speziell zum Tierschutzrecht. In der Schweiz werden einzelne Seminare im Rahmen des Jurastudiums sowie ein Doktorandenprogramm angeboten. Masterstudiengänge gibt es zudem in Edinburgh, in Barcelona sowie in Strassburg. In den USA gehört Tierrecht in den Lehrplänen vieler renommierter Universitäten zum Standardrepertoire, z.B. an der Harvard Law School an der Yale Law School oder in der Columbia Law School. An der Lewis & Clark Law School in Portland, USA, gibt es einen Masterstudiengang zum Tierrecht. u

Die Durchführung des Tierschutzgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen ist Sache der Länder, die damit in der Regel die Kreisverwaltungsbehörden (d.h. Landkreise und kreisfreie Städte) beauftragen und dort Veterinärämter einrichten. Die Genehmigung von Tierversuchen ist hingegen den Mittelbehörden (Bezirksregierungen bzw. Regierungspräsidien) bzw. den Lan­desminis­terien übertragen. Diese treffen Beschlüsse durch einfache Mehr­ heitsent­scheidungen und werden dabei durch unabhängige Tierversuchskommissionen unterstützt, die zu zwei Dritteln mit Fachleuten (Veterinär- und Hu­ man­­mediziner, Biologen etc.), zu einem Drittel durch Vertreter von Tierschutzor- Quellen für das Schwerpunktthema ganisationen besetzt werden. Zuständig «Tierschutz»: Wikipedia, Bundesamt für die Verfolgung von Verstössen gegen für Veterinärwesen BLV, WWF u.a.m.

Wendezeit 6/15


J

etzt ist alles wieder klar: La Suiza exista!

«Alphörner statt Hellebarden» – der Knüller an der Expo Milano Heini Hofmann An der Weltausstellung in Mailand, die Ende Oktober ihre Tore schloss, war das Schweizer Alphorn-Rekordkonzert das grösste Highlight mit dem weltweit intensivsten Medienecho. Damit ist die an der Expo Sevilla begangene Nestbeschmutzung korrigiert: La Suisse existe! Wer das vor Ort miterleben konnte, war fasziniert: Bei schönstem Sonnenschein zuerst ein Auftritt beim Schweizer Pavillon in der Expo und dann der Exploit auf der majestätischen Piazza della Madonnina vor dem Mailänder Dom mit 425 Alphornbläsern (darunter erstaunlich viele Frauen), dazu Fah-

nenschwinger, Tambouren und (unbewaffnete) Hellebardisten, alle in Tracht – ein Monsterkonzert der Superlative mit Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Die Schweiz krönte die Expo 2015 mit dem publikumswirksamsten Highlight.

Psychedelisches Klangerlebnis Eine klangtechnisch idealere Freilicht­ bühne als den Domplatz in Mailand hätte man kaum finden können: In Front die himmelstrebende Fassade des gotischen Bauwunders, rechteckig um den

Impressionen vom Alphornkonzert beim Schweizer Pavillon innerhalb der Expo Milano, die Ende Oktober zu Ende gegangen ist. Alle Bilder: swiss-image/Andy Mettler

Wendezeit 6/15

49


Reportage

Für ein Alphorn-Monsterkonzert mit Guinnessbuch-Eintrag hätte man sich wohl keine imposantere Freilichtbühne aussuchen können als den Domplatz in Mailand.

Platz angeordnet ebenfalls monumentale Prachtbauten. In dieser nur zum Himmel hin geöffneten Freiluft-Konzerthalle erzeugten die 425 Kultinstrumente aus den Schweizer Bergen eine noch nie in dieser Dichte erlebte, im wahrsten Sinne des Wortes archaischpsychedelische Klangsäule. Also ein ähnlicher Outdoor-Klang­ ef­ fekt, wie er in der Schweiz – nicht in der Tonalität, aber bezüglich Intensi­ tät – wohl nur bei einem Ereignis zu erleben ist, nämlich wenn an der Basler Fasnacht um punkt 04.00 Uhr mor­ gens alle Lichter erlöschen und es heisst «Morgestraich – vorwärts marsch!» und sich aus allen Gassen und Stras­ sen der gesamten Innerstadt gleichzeitig Trommelschläge und Piccolotöne in einer dichten Klangsäule him-

50

melwärts erheben. Der allerhöchste Genuss solch dichter Klangerlebnisse wäre wahrscheinlich nur von hoch oben aus einem Fesselballon möglich.

bei Marignano hat nun also am 26. September 2015 erneut ein Schweizer Kontingent die Lombardei heimgesucht, diesmal allerdings in friedlicher Absicht, mit Alphörnern statt Hellebarden, mit Musik statt Waffen. Noch nie vorher gab es ein Konzert im Ausland mit derart vielen Alphornisten. Weil unser Nationalinstrument nicht nur unverwechselbar, sondern auch bodenständig und dadurch echt und vertraut wirkt, generiert es Sympathie und Goodwill für unser Land, ein in den momentan schwierigen Zeiten will­ kommener Effekt.

In Mailand, gegenüber dem Dom, überblickte von einer kolossalen Reiterstatue herab König Vittorio Emanue­le II. das Geschehen. Er, der Re cacciatore, sah wohl nur deshalb grossmütig-wohlwollend auf die vielen Schweizer herab, deren Vorfahren seinem Nachnachfolger 1906 aus dem königlichen Jagdrevier drei Steinkitze gestoh­len hatten, weil dadurch das Steinwild alpenbogenweit bis heute erhalten blieb, womit die Straftat retrospektiv zur Guttat mutierte… Mit diesem gigantischen AlphornEvent wollten die Organisatoren im Positive Signale mit Wirkung Rahmen der Expo Milano nicht nur Italien, sondern die ganze Welt auf 500 Jahre nach der verlorenen Schlacht vier wichtige Marksteine der Eidgenos­

Wendezeit 6/15


Reportage

senschaft aufmerksam machen: 500 Jahre Neutralität (Marignano bei Mailand, 1515), 200 Jahre Friede und Unabhängigkeit (Wiener Kongress, 1815) und – mit Blick in die Zukunft – 725 Jahre Schweiz (2016) sowie Eröffnung des mit 57 km längsten Eisenbahntunnels der Welt (Gotthard, 2016).

Reisende erinnern sich an frühere Schulreisen. Denn dieser Dreiklang ist mehr als ein Verkehrssignal, er ist eine Art technischer Betruf, der, gleich wie das Alphorn, heimatliche Gefühle weckt.

bänden. Doch die beiden Konzerte in Mailand waren dann Feuerprobe und Liveauftritt in einem. Aber es hat perfekt funktioniert, weil alle ihr Bestes gaben – diszipliniert im Auftritt und stark im Ton.

Neben Rossinis «San Gottardo» kamen noch zwei weitere Stücke zur Urauf«Tü-ta-too» – «Post-au-too» führung, nämlich «Expo Milano» und «Die Schlacht von Marignano». Der Beide Konzerte – an der Expo und auf Eintrag ins Guinness-Buch der Rekordem Domplatz – begannen mit der de, der nur noch die formellen HürOuvertüre zur Oper «Wilhelm Tell» den nehmen muss, dürfte gesichert von Gioacchino Rossini, einem der sein. Das ist aber der ganzen Alphorngrössten italienischen Komponisten, familie weniger wichtig als der perder mehrere seiner Werke in der Mai- sönliche Stolz jedes Einzelnen, zum länder Scala uraufgeführt hat. Aus dem Gelingen mit beigetragen zu haben. Andante dieser Ouvertüre stammt der berühmte Dreiklang mit der Tonfolge Logistische Parforceleistung cis-e-a in A-Dur, bekannt seit 1923 als «Tü-ta-too»-Ohrwurm aus dem Signal­ Das Verrückte an dieser Geschichte: horn der gelben Schweizer Postautos. Alle 425 Alphornbläser und -bläserinnen konnten vor den beiden KonzerWenn vor Engnissen auf Passstrassen ten in Mailand nie gesamthaft proben. der Postautochauffeur diesen Dreiklang Wohl gab es in verschiedenen Landesertönen lässt, applaudieren die aus- teilen für alle Teilnehmer obligatoriländischen Touristen, und Schweizer sche Generalproben in grösseren Ver-

Und ebenso erstaunlich die Organisation: Aus allen Kantonen der Schweiz zusammengewürfelte Trachtenleute, be­ gleitet von Bundesrat Ueli Maurer im Kühermutz, zeigten der Welt, wozu eine Willensnation an deren Basis fähig ist. Im Verbund mit den Schweizer Ikonen Alphorn, SBB und PostAuto reisten sie an einem Tag (etliche mussten dafür vor vier Uhr morgens aufbrechen) mit viel Goodwill und einem gesponserten Znünisäckli zum Monsterkonzert in Mailand und abends mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fröh­ lich wieder nach Hause – ohne einen Zwischenfall.

Zur Nachahmung empfohlen Auch die Idee für diesen einfach gestrickten, aber überaus effizienten Wertschöpfungsanlass kam nicht aus Touristiketagen, sondern von der Basis. Initiant war das Alphorn-Ensemble Engiadina St. Moritz mit Hans Peter Danuser, dem früheren Kurdirektor von St. Moritz.

Bundesrat Ueli Maurer erwies den Alphornbläsern des Jodlerverbandes die Ehre im Kühermutz.

Wendezeit 6/15

Das Patronat oblag Karin Niederberger aus Malix, der Präsidentin des Eidg. Jodlerverbandes, und für die Projektleitung zeichnete Christian Durisch aus Chur verantwortlich, erfahren bezüglich Auslandexpedition (2008 «Graubünden in Berlin» – mit über 300 Alpziegen). Dass der Assessore alla Cultura (Stadtrat für Kultur), der in Mailand die Schweizer Hornisten begrüsste, Filip-

51


Reportage

Weltausstellung in Mailand hat, bei minimalem Kostenaufwand und breit abgestützter Freiwilligenarbeit, weltweit mit Ab­stand das grösste Medien­ echo ausgelöst und könnte viel­leicht Finger­ zeig dafür sein, dass man sich – auch bei zukünftigen Landes- und Weltausstellungen – wieder vermehrt auf eige­ ne Grundwerte besinnt. Sie wirken nachhaltiBundesrat Ueli Maurer mit der Präsidentin des Eidg. Jodlerverbandes, Karin Niederberger (Malix) ger als manch und der Ehrendame Viviane. intellektuellge­künstelter po del Corno hiess, war wohl nur das Kurz: Diese friedliche, vom Engadin Sau­glattismus. Statt «La Suiza no exisTüpfchen auf dem i eines durchdach- aus angestossene Schweizer Demo ta» heisst es jetzt international wieder ten Markenmanagements… «Alphörner statt Hellebarden» an der «La Suisse existe – mehr denn je!» u

Hans Peter Danuser von Platen, Spiritus Rector der erfolgreichen Veranstaltung an der Expo 2015.

52

Wendezeit 5/15

Das Logo-Plakat «Alphörner statt Hellebarden».


Ökologie – Fauna

L

ärmangriff auf gefährdete Mönchsrobben und Wale in der Aegäis

Mönchsrobben sind die am stärksten gefährdete Meeressäugerart Europas. Der Gesamtbestand wird im östlichen Mittelmeer auf knapp 300 und im gesamten Mittelmeer auf maximal 450 Individuen geschätzt. Nun plant ein USamerikanisches Unternehmen inmitten des Verbreitungsgebietes der vom Aussterben bedrohten Robben vor der griechischen Insel Santorin Schallkanonen einzusetzen, um die Bodenbeschaffenheit zu erforschen. Ein Lärmangriff, der fatale Folgen für die Meerestiere haben kann. Im November und Dezember 2015 soll während 30 Tagen und insgesamt 384 Stunden alle zehn bis 15 Sekunden Explosionsschall von mehr als 240 dB in den Meeresgrund um die Insel Santorin ausgesandt werden. Das Echo der Schallwellen, die mehrere Hundert Meter in die Erdkruste am Meeresgrund eindringen, wird mit 93 Empfängern registriert und danach analysiert. OceanCare warnt vor dramatischen Folgen für die Meeresbewohner und sieht in dem Projekt des USamerikanischen Unternehmens LamontDoherty Earth Observatory einen klaren Verstoss gegen gültige Arten­ schutz­­ bestimmungen. In der Vergangenheit haben griechische Behörden seismische Tests, die bei der Suche nach Bodenschätzen eingesetzt werden, ohne grosse Auflagen genehmigt. Auch der durch die NATO verursachte Unterwasserlärm wurde in der zentralen Ägäis ohne Risikominimierung geduldet. In der Folge kam es mehrfach zu Walstrandungen von tieftauchenden Pott- und Schnabelwalen, die besonders lärmempfindlich sind. Die Beschallung kann die Tiere physisch verletzen und sogar töten oder sie aus dem angestammten Lebensraum vertreiben. Meeresschützer sehen in den Auflagen des Marine Mammal Protection Act der USA, eine für amerikanische Unternehmen bindende Gesetzgebung eine Chance, das Projekt zu verhindern. Erst vergangene Woche verpflichtete sich die US-Marine dazu, auf Aktivitäten, die intensiven Lärm verursachen, in bestimmten für Walarten sensiblen Gebie-

ten zu verzichten. «Ein Schnabelwal im Mittelmeer ist genauso lärmempfindlich wie seine Artgenossen im Pazifik. Und seismischer Lärm ist ähnlich gefährlich wie der von Militärsonar», erklärt Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare. Sie verweist auf den Sonderschutzstatus der Walarten und Mönchsrobben durch internationale Verträge, wie zum Beispiel durch die Bonner Konvention sowie die Biodiversitätskonvention und durch das Walschutzabkommen im Mittelmeer. Das für die Untersuchungen vorgesehene Gebiet wurde zudem von der Biodiversitätskonvention als ökologisch und biologisch wertvolle Zone ausgezeichnet. «Jahrelang gab es intensive Bemühungen, die Mönchsrobben in der Ägäis vor dem Aussterben zu bewahren. Zum Schutz der wenigen verbleibenden Tie-

re wurde eigens ein Schutzgebiet etabliert. Und nun sollen die Tiere über mehrere Wochen zugedröhnt werden? Das Risiko ist hier einfach zu gross, besonders wenn man bedenkt, dass die vom Lärm verschreckten Mönchsrobben Jungtiere zurücklassen müssten, die ohne ihre Mütter wohl nicht überleben können», warnt Lüber und fordert eine klare Absage an das Projekt durch die US-amerikanischen Behörden. Nicolas Entrup, Campaigner für OceanCare und die US-amerikanische Naturschutzorganisation NRDC, sieht die europäischen Institutionen in der Pflicht: «Eine Umweltverträglichkeitsprüfung kann in so einem Fall kaum zu einem für das Projekt positiven Urteil kommen. Doch was tun, wenn seitens der griechischen Behörden gar keine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt wird?» u

Blainville-Schnabelwal (Mesoplodon densirostris)

Wendezeit 6/15

53


E

in Blick auf die letzten echten Wildpferde der Welt nach 100 Jahren Gefangenschaft

Saskia Donath Pressestelle des Forschungsverbundes Berlin e.V. Zum ersten Mal hat ein internationales Forscherteam das komplette Erbgut von elf Przewalski-Pferden sequenziert, einschliesslich aller Abstammungslinien. Fünf Pferdeproben stammten von mehr als 100 Jahre alte Museumsexemp­ laren. Die Genome wurden mit dem Erbgut von 28 Hauspferden verglichen, um ein detailliertes Bild der Vergangen­ heit und Gegenwart der bedrohten Tiere zu erhalten. Die aktuelle Studie wurde jetzt im (Cell Press-)Fachmagazin «Current Biology» veröffentlicht. Die letzten echten Wildpferde der Welt, bekannt als Przewalski-Pferde, lebten in den 1870er Jahren in den asiatischen Steppen der Mongolei und Chinas. 90 Jahre später waren diese Pferde jedoch nicht mehr freilebend. Nur eine einzige in Gefangenschaft lebende Population blieb übrig, die von etwa einem Dutzend Individuen aus Wildfängen und vier domestizierten Pferden abstammte. Dank erheblicher Schutzbemühungen umfasst die heutige Population der Przewalski-Pferde über 2.000 Individuen, von denen etwa ein Viertel in Auswilderungsreservaten lebt.

Orlando und seine Kollegen fanden die grössten genetischen Unterschiede zwi­ schen domestizierten und wilden Pferden bei Genen, die den Stoffwechsel, die Reproduktion, das Verhalten sowie Herzerkrankungen, Muskelkontraktio«Der genetische Nachweis trägt zur Klä- nen, und Signalwege betreffen. rung einer langjährigen Debatte hinsichtlich der Beziehung zwischen wilden Die Wissenschaftler zeigten ausserund domestizierten Pferden in der Pfer- dem, dass die letzten 110 Jahre in Gedeevolution bei», erklärt Arne Ludwig, fangenschaft nicht spurlos an den PrzeGenetiker am Leibniz-Institut für Zoo- walski-Pferden vorbeigegangen sind. und Wildtierforschung (IZW). Die Wis- Dies machte sich in Form einer gerinsenschaftler berichten, dass die Vorfah- geren genetischen Diversität und zuren der Przewalski-Pferde und Haus- nehmender Inzucht bemerkbar. In einipferde noch für lange Zeit durch einen gen Fällen kam es zudem zu wesentli«Neuartig an unserem Forschungsan- Genfluss miteinander verbunden blie- chen Veränderungen des Genpools satz ist, dass wir nicht nur die gegen- ben, nach ihrem Auseinanderstreben durch domestizierte Individuen. In den wärtige, sondern auch die einstige ge- vor ungefähr 45.000 Jahren. Auch als extremsten Fällen bestand ungefähr netische Vielfalt der Przewalski-Pfer- Menschen vor etwa 5.000 Jahren anfin- ein Viertel des Erbguts der Przewalskide mit Hilfe von Museumsexemplaren gen Pferde zu domestizieren, vermisch- Pferde aus Genvarianten, die von dountersucht haben», erklärt Ludovic ten sich ihre Populationen weiterhin. mestizierten Pferden vererbt wurden. Orlando vom Zentrum für Geogenetik «Wir konnten tatsächlich zeigen, dass des Naturkundemuseums Dänemark Hauspferde bereits zu Beginn ihrer Es gibt jedoch auch gute Nachrichten: «Obwohl Przewalski-Pferde einen extGe­fangenschaft remen demographischen Zusammen– während des bruch hinter sich haben, scheint sich frühen 20. Jahr- die Population zu erholen und ist imhunderts – ent- mer noch genetisch divers», sagt Orscheidend zu ei- lando. «Damit besteht Hoffnung für nigen Linien des (andere) gefährdete Populationen, Stammbaums die mit ähnlichen demographischen der Przewalski- Problemen zu kämpfen haben.» Pferde beigetragen haben», sagt «Die Ergebnisse unterstreichen die Orlando. «Das Bedeutung von fossilen DNA-Nachbedeutet, dass weisen, um die Domestikation von nicht alle überle­ Tieren zu verstehen. Wir wollen noch benden Przewal- weitere alte Pferderassen – sowohl ski-Linien den wilde als auch domestizierte – unterWildpferde-Gen- suchen, um die Geschichte der 5.500 pool in gleichem Jahre alten Pferdedomestizierung zu Masse vertreten.» rekonstruieren», berichtet Ludwig. u Blick auf die letzten echten Przewalski-Wildpferde. © L. Orlando

54

und der Universität Kopenhagen. «Dadurch konnten wir den Einfluss von mehr als 100 Jahren Gefangenschaft auf den Genpool der ehemals stark bedrohten Tiere ermitteln.»

Wendezeit 6/15


Ökologie – Fauna

Die Laubverwerter Jeder kennt ihn beim Namen, zu Gesicht bekommt man ihn aber nur selten: den Tausendfüsser. Dabei ist das träge und lichtscheue Tier in Wäldern und im Garten allgegenwärtig. Als Laubkompostierer nimmt er eine wichtige Stelle in den Ökosystemen ein. In Bezug auf seine Beine ist der «Tausendfüsser» ein Hochstapler: Die meisten Arten aus dieser Tiergruppe besitzen nicht annähernd so viele. Es gibt Arten mit nur 26 Beinen, aber auch eine mit 750 Gliedmassen, was mit der Übertreibung der Namensgebung halb­ wegs versöhnt. Damit keines der Beine beim Laufen am Boden schleift oder über ein anderes stolpert, führt jedes Beinpaar stets die gleiche bogenartige Bewegung durch. Dadurch entstehen harmonische, nach vorne laufende Wel­ lenberge.

Besonders beliebt sind Ahorn-, Haselnuss- und Erlenblätter. In tropischen Wäldern sind Tausendfüsser sogar die Hauptzersetzer der Laubschicht.

räuberisch lebenden Hundertfüssern – von denen auch nur die wenigsten 100 Beine haben! –, sind die Tausendfüsser friedliche Gesellen. Um sich vor Parasiten und Bakterien zu schützen, investieren sie mehrere Stunden am Tag in die Körperpflege. Sie haben keine Angriffswaffen, dafür einen harten Panzer. Viele Arten hüllen sich permanent in eine Wolke aus übel riechenden Stoffen, einige können Fressfeinde aus seitlichen Öffnungen mit einem Giftcocktail bespritzen. Hilft auch das nicht, rollen sich die Tiere zusammen. Manche Arten haben diese Technik so perfektioniert, dass sie eine komplett geschlossene Kugel bilden.

Die Blätter werden regelrecht skelettiert und die zerkauten Teile im Verdauungstrakt zu wertvollem Humus umgewandelt. Dabei helfen im Darm vorhandene Bakterien und andere Mikroorganismen fleissig beim Abbau. Die stabilen und nährstoffreichen Kotballen verbessern die Bodenstruktur und dienen anderen Bodenlebewesen als Nahrungsgrundlage. Durch diesen Verdauungsprozess werden Nährstoffe dosiert freiWichtige Laubfresser gesetzt und stehen den Bäumen wieder Tausendfüsser meiden das Scheinwer- zur Verfügung. Auch in den Gärten und ferlicht. Sie leben versteckt unter dem Komposthaufen leisten die Tausendfüs­ Respekt statt Abscheu Laub oder im Boden. Dort spielen die ser wertvolle Hilfe auf dem Weg zu einer Vielfüsser allerdings eine wichtige Rol- reichen Gemüseernte. Hin und wieder rotten sich die Tiere zu le als Humusbildner, vor allem in Wälunerklärlichen Massenwanderungen zudern. Die Tiere ernähren sich vor allem sammen. Sind Siedlungen betroffen, schaf­ Friedliche Gesellen von feuchtem Laub. So verarbeiten die fen sie es in die lokalen Nachrichten. Wer Tausendfüsser schätzungsweise einen In der Schweiz wurden bisher 137 Arten Google nach «Tausendfüsser» abfragt, stösst Viertel der jährlich anfallenden Blätter. von Tausendfüssern nachgewiesen; welt- fast ausschliesslich auf Seiten, in denen ­weit sind es rund von einer «Plage» die Rede ist. Die häu10 000 Arten. figsten Tipps in Internetforen: Zertreten Man findet sie und vergiften. Es gibt Vorschläge, alle auf allen Konti- potenziellen Unterschlupfe im Garten zu nenten. Meist be- beseitigen und den Rasen noch häufiger siedeln sie feuch- zu schneiden und zu vertikutieren. te Lebensräume, weil ihre Vorfah- Angesichts der Leistungen, die die Tieren im Wasser re für funktionsfähige Böden und dagelebt und viele mit auch für uns Menschen erbringen, der heutigen Ar- ist dies nicht sinnvoll. Weder stechen ten noch nicht noch beissen sie, beschädigen weder vollständig an das Häuser noch Möbel und fressen keine Landleben ange- lebenden Pflanzen. Sie vermehren sich passt sind. Im Ge- auch nicht in den Gebäuden, weil es ihgensatz zu ihren nen dort zu trocken ist. Statt Ekel und entfernten Ver- Abscheu verdienen sie deshalb ResTausendfüsser spielen eine wichtige Rolle als Humusbildner. 
 wandten, den pekt und Bewunderung. u © chatchaisomwat www.fotosearch.de

Wendezeit 6/15

55


Ökologie/Umwelt

Zunehmend gefragt:

Regionalität im Einkaufskorb Sara Stalder, Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz SKS

Direktvermarktung: Rezept gegen verschleierte Preiserhöhungen Auch wenn Lebensmittel im Verkaufsregal teurer werden, erhalten die Produzenten von einem Konsumentenfranken einen verschwindend kleinen Teil, den ich aber nicht beziffern kann: Diese Verteilung ist ein sehr gut Windorias_pixelio.de gehütetes Geheimnis. Statistisch erIn unseren Nachbarsländern ist es wiesen ist aber, dass die Schere zwigang und gäbe: Jede Region bietet schen Produzenten- und Konsumenstolz ihre Produkte an. Diese Haltung tenpreisen seit den 1990-er Jahren findet sich zunehmend auch in der tendenziell auseinanderklafft. Schweiz. Es gibt Produzenten, Verarbeiter und Anbieter, die überzeugt Den Konsumentinnen und Konsumensind von ihren regionalen Lebensmit- ten ist dies vielfach nicht bewusst, teln. Die Vision und die Werte, wie sie denn bei Preiserhöhungen gehen sie beispielsweise der Ueli-Hof (s. S. 42) oftmals davon aus, dass die Landwirte lebt, über­zeugen die Kundschaft ver- bessergestellt werden. Doch wenn die mehrt: Es ist möglich, die ganze Wert­ Produzenten mehr von ihren landschöpfungs­kette zu überblicken, das wirtschaftlichen Erzeugnissen verdieschafft Vertrauen. Dass dieser Aspekt nen wollen, ist ein gut ausgebauter Dibeim Kaufentscheid zunehmend ge- rektvermarktungskanal die effizientes­ wichtet wird, ist jedoch nicht zufällig: te Art. Für viele Konsumentinnen und Konsumenten ist dies ein wichtiger Als Gegenbewegung zur Globalisie- Grund – nebst den naturbelassenen rung fand in den letzten Jahren eine und saisonalen Spezialitäten, die sie Rückbesinnung statt. Das haben auch teilweise nur über diese Verkaufssteldie Detailhändler in der Schweiz er- len finden –, beim Bauern oder bei eikannt. Sie buhlen um Kundschaft mit ner Kooperation direkt einzukaufen. «regionalen» Produkten. Was dahinter steckt, ist jedoch nicht immer klar. Mit der neuen Landwirtschaftspolitik Den Detailhändlern ist nicht entgan- des Bundes soll die nachhaltige Progen, dass die Konsumentinnen und duktion gestärkt werden. Weitere solKonsumenten gerne bereit sind, für che Produktionsketten sind erwünscht, Regionalität etwas tiefer in die Tasche da sie einerseits in einem Kreislauf zu greifen. Hier ist es die Aufgabe der produzieren und andererseits herstelStiftung für Konsumentenschutz SKS, len, was die Kundschaft wünscht. Inden Markt zu beobachten, damit bei novative Projekte können daher auf sogenannten regionalen Produkten Gesuch hin mit Bundes-Finanzhilfe unterstützt werden. nicht Missbrauch betrieben wird.

56

Wendezeit 6/15

Die SKS setzt sich dafür ein, dass sich die Landwirtschaftspolitik in diese Richtung weiterentwickelt und dass beispielsweise Ethoprogramme wie «RAUS» und «BTS» stärker gefördert werden, obschon in der Schweiz der Tierschutz vergleichsweise streng ist. Aber: Auch die Einhaltung der Tierschutzgesetzgebung gewährleistet immer noch keine tierfreundliche Kuh-, Mastschweine- und Rinderhaltung.

Bewusster Fleischkonsum: für mehr Ökologie und gegen Lebensmittel­ verschwendung Abschliessend noch ein Anliegen, welches die Fleischproduzenten nicht gerne hören: Es ist bekannt, dass bei der Lebensmittelherstellung keine Produktegruppe die Umwelt so stark belastet, wie die Lebensmittel tierischer Herkunft. Die SKS setzt sich daher für massvollen Fleischkonsum ein. Bei keinem anderen Lebensmittel ist es ausschlaggebend, wie es produziert wurde und wie es verwertet wird. Diesbezüglich besteht Handlungsbedarf. In den letzten Jahrzehnten hat die Fleischküche stark an Vielfalt verloren: Hochwertige Fleischstücke sind Favoriten in der Schweizer Küche. Doch es fallen weit mehr Fleischstücke an, die ebenfalls wieder Eingang in die Küchen finden sollten. Aus diesen Überlegungen hat die SKS im Früh­ sommer ein Kochbuch herausgegeben mit überraschenden Rezepten von Fleischstücken, die in Vergessenheit ge­ raten sind. u


P

ulverisierter Rekord – kein Anglerlatein!

Eine Trouvaille aus den Katakomben eines Naturmuseums Heini Hofmann Rekorddenken ist ein weitverbreitetes menschliches Bedürfnis, nicht nur im Sport, sondern auch beim Jagen und Fi­ schen. Grünröcke sind stolz auf kapitale Böcke, Petrijünger auf Allzeit-Rekordfänge. Die nachfolgende Goliathge­ schichte kam nur durch Zufall ans Licht. Das Oberengadin hatte mit Dr. Oscar Bernhard (1861-1939) nicht nur einen berühmten Alpenmediziner, Bergretter und Kunstmäzen, sondern auch einen Hochgebirgsjäger, Naturforscher und -schützer. In seiner Vielseitigkeit war er eine Art Naturgelehrter alter Schule, mit breitem Horizont, grenzenloser Neugier und einem umfassenden Wissen. Nun bringt ein kapitaler Fund aus dem Museumskeller seinen Namen erneut wieder ins Spiel.

Antibiotika, weltweit Hunderttausenden von Patienten geholfen werden konnte. Indem er die Sonne zum Arzt machte, hat er einer uralten Erkenntnis wieder zum Durchbruch verholfen. Den Anstoss dazu gab ein Gedankenblitz: So wie die Sonne Bindenfleisch durch Trocknung haltbar machte, konnte sie auch Wunden heilen. Sic!

Naturforscher und -schützer

Als er eine noch grössere Sonnenklinik bauen wollte, verwehrte ihm dies St. Moritz und hat dadurch vielleicht einen Nobelpreis-Anwärter gegroundet (denn er war insgesamt sechsmal vorgeschlagen worden, wie erst jetzt, nach der Öffnung des Nobel-Archivs, bekannt wurde). Il Bernard, wie ihn die Bevölkerung liebe- und respektvoll zugleich nannte, war auch einer der ersten Operateure im Tal und später (im Auftrag der Schweizer Armee im Ausland) einer der erfahrensten Kriegschirurgen.

Berühmt wurde der «Sonnendoktor» durch die Begründung der Heliotherapie bei Knochen- und Gelenktuberkulose, womit damals, vor der Zeit der

Mit 16 Jahren erlegte Il Bernard die erste Gams, und mit 18 machte er das Bergführerpatent. Aus dem Buch «Mythos St. Moritz»

Den Ausgleich zu seinem intensiven Arbeitspensum suchte Oscar Bernhard in der Natur. Und er scheute sich nicht, sich für diese einzusetzen – ohne Rücksicht auf seinen Ruf. Denn die Oscar Bernhard (1861-1939): AlpenmeNatur war für ihn nicht nur Erholung, diziner, Hochgebirgsjäger, Naturforscher und -schützer. Aus dem Buch «My- sondern auch Verpflichtung. 1919 thos St. Moritz» kämpfte er erfolgreich für den Schutz

Wendezeit 6/15

des Silsersees und verhinderte eine Wasserrechtskonzession.

Das Naturalien-Kabinett Frühere Naturforscher waren aber stets auch Sammler. So hat Oscar Bernhard selbst auf seinen vielen Auslandreisen immer wieder zoologische Raritäten – Vögel, Amphibien, Reptilien und Fische –

57


Naturmuseum

denn die Museen hatten für solche Anschaffungen damals kein Geld, sie waren auf Gönner angewiesen. Auf der Suche nach diesen Objekten ist man im heutigen Bündner Naturmuseum leider nicht mehr fündig geworden. Zwar gibt es, wie in jedem Naturmuseum, einen riesigen Fundus von Exponaten, die aus Platzgründen den Besuchern nicht zugänglich gemacht werden können, aber fein-säuberlich erfasst und registriert hinter den Kulissen verwahrt werden. Doch es stellte sich heraus, dass alles «Exotische» offenbar früher einmal an das Zoologische Museum in Zürich abgetreten worden sei. Doch auch die Suche in den dortigen Katakomben blieb «Dem starken Verbundensein mit der Natur verdanke ich die Schärfung der Sinne, erfolglos. Also konzentrierte man sich was mir später in meinem Berufsleben sehr zugute kam» – Originalton Oscar Bernhard. Aus dem Buch «Mythos St. Moritz» nochmals auf den Museumskeller in Chur. Und siehe da, man wurde fündig gesammelt, diese in Ethanol konserviert, ralienkabinett in Chur (= Vorläufer des – allerdings nicht mit exotischen Präpanach Hause gebracht und sie dem Natu- heutigen Naturmuseums) vermacht; raten, aber mit einheimischen.

Rothalstaucher und Alpenkrähe

Dass zu Bernhards Zeit noch Jungadler ausgehorstet wurden, ist aus dem damaligen Konkurrenzverhältnis Mensch/Beutegreifer zu verstehen. Der alternde Bernhard hat dies später als Fehler bezeichnet. Aus dem Buch «Mythos St. Moritz»

58

Wendezeit 5/15

Dieser Rothalstaucher, der beim Herbstzug als Durchzügler auf den Oberengadiner Seen anzutreffen ist, hat Oscar Bernhard 1892 dem Naturmuseum in Chur vermacht. Bündner Naturmuseum, Chur


Naturmuseum

Auch eine Alpenkrähe (Pyrrhocorax graculus, 1882) kam zum Vorschein, die Il Bernard bereits als Medizinstudent dem Museum geschenkt hatte. Seit 1967 ist dieser Flugakrobat als Brutvogel aus ganz Graubünden verschwunden (Nahrungsmangel wegen Dezimierung der Magerwiesen), und heute existiert schweizweit nur noch im Wallis eine Population. Zu Oscar

Engadin dominiert Seeforellen-Rekordstatistik Damit bezüglich Rekordstatistik alles mit rechten Dingen zugeht, dokumentieren die Fischer ihre kapitalen Fänge in ihrer Fachzeitschrift «PetriHeil» in einer jährlichen RekordstatisAuch der Bergmaler Giovanni Segantini, dessen Freund und Mentor Bernhard war, tik für die verschiedenen Fischarten nahm an Aushorstungsaktionen teil, versuchte die Vögel aber später (wahrscheinlich mit wenig Erfolg) wieder freizulassen. Aus dem Buch «Mythos St. Moritz» und zudem in einer Liste der AllzeitRekorde. Die hier aufgeführten Fänge Unter diesen Trouvaillen, die vom ropa, der in Mitteleuropa überwintert, sind die grössten ihrer Art aus SchweiSammler und Gönner Oscar Bernhard macht auch heute noch vor allem im zer Gewässern in den letzten 66 Jahstammen und entsprechend etiket- Herbstzug (Mitte August bis Mitte De- ren; soweit reicht die Statistik zurück. tiert sind, befand sich ein Rothalstau- zember) etwa Halt auf den OberengaUnter Seeforelle figuriert hier als uncher (Podiceps grisegena, 1892). Die- diner Seen. geschlagener Rekord ein Exemplar von ser Brutvogel aus Nord- und Ost­eu­ 113 cm Länge und einem Gewicht von 31,2 Pfund, gefangen 2001 im Silvaplanersee von Yannik Durand aus Lausanne. Er brachte den Silberling mit einer Elritze am System nach nur 20 Minuten Drillzeit an einer 20er-Schnur ans Ufer.

Mit diesem «Flyer» kämpfte Oscar Bernhard 1919 erfolgreich für den Schutz des Silsersees. Aus dem Buch «Mythos St. Moritz»

Wendezeit 6/15

Weil nun aber die mit 123,6 cm (Schrumpfung bei der Präparation nicht eingerechnet) noch wesentlich grössere Seeforelle von Oscar Bernhard aus dem Jahr 1922 ebenfalls im Lej da Silvaplana gefangen wurde, dominiert somit das Engadin diese Seeforellen-Rekordstatistik, was umgekehrt auch für die Wasserqualität seiner Seen spricht. Und notabene: Auch die bisher grösste Bachforelle (95 cm, 25 Pfund) wurde im Inn gefangen, von Duri Caviezel aus Ramosch. HH

59


Ökologie – Fauna

Begehrte «Silberbarren» Die alljährliche Seeforellen-Fangeröffnung im Winter (Dezember/Januar) ist für viele Schlepp- und Uferfischer an diversen Schweizer Seen alljährlich ein ganz besonderes Erlebnis. Dies vor allem dann, wenn es ihnen – sei es bei Hudel- oder Kaiserwetter – gelingt, einen der begehrten, wunderschön gezeichneten «Silberlinge» oder «Silberbarren» zu fangen. Mässig bis untermässig grosse Exemplare dürfen wieder in den See zurück. Erwünscht ist der Massfisch, oder noch besser, der Traumfisch oder Gigant. Doch nur ganz selten gelingt es einem Seeforellen-Enthousiasten, ein solches Rekordexemplar zu fangen, das ihm einen Eintrag in die Liste der Allzeit-Rekorde sichert. HH

Forellen sind Lachsfische Bei der zur Familie der Lachsfische (Salmonidae) gehörenden Forelle werden verschiedene Formen der gleichen Art mit abweichenden Lebensweisen unterschieden: Die Bachforelle in Fliessgewässern, die Seeforelle in Süsswasserseen (die zum Laichen in die Zuflüsse aufsteigt) und die (nicht einheimische) Regenbogenforelle. Sie alle sind mit der Meerforelle verwandt.

Wie vielseitig Il Bernard war, zeigt, dass er den zweiten Ehrendoktor als Numismatiker erhielt.Aus dem Buch «Mythos St. Moritz»

Die hier zur Diskussion stehende See-, Lachs- oder Silberforelle besticht durch ihren torpedoförmigen Körper mit bläulich-grünlichem Schimmer und silbrig-glänzenden Seiten mit eckigen Tupfen. Männchen weisen den typischen «Lachshaken» am Unterkiefer auf. HH

Bernhards Zeit brütete die Alpenkrähe auch noch im Engadin (Tarasp, Ramosch, Ardez).

Pulverisierter SeeforellenRekord Doch dann, beim weiteren Durchstöbern der antiken Präparatesammlung, kam es zur ganz grossen Überraschung: Man fand das montierte Trockenpräparat einer gewaltigen, weiblichen Seeforelle (Trutta lacustris), die 1922 im Silvaplanersee von einem Angler (wahr- Die von Oscar Bernhard 1922 dem Museum in Chur geschenkte Seeforelle aus dem scheinlich nicht von Il Bernard selber) Silvaplanersee misst – trotz Schrumpfung durch Trocknung – immer noch 123,6 cm, was den aktuellen Schweizerrekord von 113 cm markant übertrifft. gefangen wurde. Bündner Naturmuseum, Chur Naturforscher Bernhard hat aber so- sig um ein Ausnahmeexemplar han- der Etikette zu lesen steht – beim dafort erkannt, dass es sich grössenmäs­ delte, hat es angekauft und – wie auf mals schweizweit bekannten Tierprä-

60

Wendezeit 6/15


Naturmuseum

Dass es sich bei der Bernhard’schen Seeforelle um ein weibliches Tier handelt, ist an der Kopfform ersichtlich. Männchen imponieren durch einen «Lachshaken» am Unterkiefer. Bündner Naturmuseum, Chur

parator Max Irniger in Winterthur präparieren lassen und anschliesssend dem Museum geschenkt. Das Erstaunliche an dieser Geschichte: Besagte Seeforelle von 1922 misst, obschon die Haut bei der damaligen Trocknungstechnik sicher um einige cm geschrumpft ist, heute immer noch 123,6 cm, was den aktuellen Schweizerrekord von 113 cm (ebenfalls Lej da Silvaplana, 2001) locker um gut 10 cm pulverisiert (vgl. Kasten Rekordstatistik auf S. 55). Typisch für die See- oder Silberforelle sind die silbrig-glänzenden Seiten mit eckigen Tupfen. Bündner Naturmuseum, Chur

Bereits als Student hat Il Bernard 1882 diese Alpenkrähe dem Naturmuseum in Chur geschenkt. Seit 1967 ist dieser Flugkünstler als Brutvogel aus Graubünden leider verschwunden. Bündner Naturmuseum, Chur

u

Wendezeit 6/15

61


voll und ermutigend zeigt ihr Ratgeber auf, wie das Wissen asiatischer Heilkunst durch eine regelmässige Übungspraxis verblüffende Ge­ nesungserfolge ermöglicht: Eingeschliffene Denk- und Fühlmuster können verändert werden, wenn verloren gegange­ ne Persönlichkeitsanteile wieder integriert sind. Und der innere Ruf des Tinnitus zur Besinnung endlich erhört wird. Eine Audio-CD hilft dabei, die Übungen zur täglichen Gewohnheit werden zu lassen.

Maria Holl

Tinnitus lindern und zur Ruhe finden Das Selbsthilfeprogramm mit der Tinnitus-Atemtherapie Andreas Klatt. Ganz werden, damit der Tinnitus gehen kann. Erleben, wie der Tag an einem vollkommen stillen Morgen erwacht – Menschen mit einem Tinnitus ist dieser Genuss nur eingeschränkt möglich. Viele von ihnen haben Probleme, mit dem Ohrengeräusch einzuschlafen. Und fühlen sich von der modernen Medizin im Stich gelassen. Dann können alternative Heilmethoden sich als sanfte Alternative bewähren. Die Atemtherapeutin Maria Holl setzt seit Jahren auf ein Set bewährter Übun­gen, die im ersten Moment seltsam anmuten mögen: In ihrem Buch Tinnitus lindern und zur Ruhe finden empfiehlt sie Betroffenen, mithilfe von Bewegung, Selbstmassagen sowie Atem- und Imaginationsübungen zunächst auf den Ener­giekörper einzuwirken – und Tugenden wie Selbstfürsorge und einen Zugang zur eigenen Aggression wieder zu stärken, die bei diesem Krankheitsbild ihrer Erfahrung nach häufig ins Hintertreffen geraten sind. Humor-

62

«Leiden wir unter Krankheiten, bei denen die äusseren Hilfsmöglichkeiten unzurei­ chend sind, dann sind wir aufgerufen, wieder auf unsere innere Stim­me, unse­ ren inneren Heiler, zu hören. Das kann je­ der, der dazu bereit ist», ist Holl überzeugt, dass die Innenschau einen Meilenstein auf dem Weg zur Genesung darstellt. Aber wie können Betroffene, die sich lange Zeit für Andere aufgeopfert und hohen Ansprüchen gerecht zu werden versucht haben, diesen entscheidenden Perspektivwechsel vollbringen? Hier zeigt sich eine grosse Stärke des Ratgebers von Maria Holl: Anstatt die teilweise exotisch anmutenden Übungen als ein inzwischen nachweislich effektives Selbst­hilfeprogramm lediglich vorzustellen, lädt Holl in den zwölf Lektionen immer wieder auch skeptische Anteile der Be­troffenen ein. «Wenn wir krank sind und nichts hilft, dann sind wir oft so resigniert, dass wir an nichts mehr glauben. Wir selbst müs­ sen uns erlauben, die Resignation wieder aufzugeben», so Holl. Es gilt, verspielte Anteile wieder hervorzulocken, die unter der Last der Erfordernisse bei vielen Tinnitus-Betroffenen verschüttet sind: sich wie eine Katze räkeln, durch den Raum tanzen, einen Schrei ausstossen. Und immer wieder das Becken in die Einatmung einbeziehen und die Ausatmung über die Vorstellung in die Beine und Füsse leiten, um Energien nach unten zu lenken und Spannungen an den Boden abgeben zu können. Die Anregungen der erfahrenen Atemtherapeutin öffnen für

Wendezeit 6/15

Betroffene Räume, sich eigenständig mit den Übungsangeboten auseinanderzu­ setzen, nachzuspüren, was davon sich stimmig anfühlt und was sie lieber aus­ lassen möchten. In diesem Nachfühlen sieht Holl einen zentralen Schlüssel der Heilung. Oft seien schmerzliche Emotionen abgespalten mit dem Preis, dass das Gefühlsleben verflache. So bezeichnet Holl Tinnitus als eine Autoaggressions­ krank­ heit: «Wir richten unsere natürlichen, berechtigten Aggressionen nicht nach aussen, sondern nach innen.» Wer den Mut aufbringt, dieses Spüren behutsam neu zu kultivieren und dem Gespürten Ausdruck zu verleihen, findet im Körper den bestmöglichen Verbündeten für einen gelingenden Heilungsweg. Vielleicht ist es anfänglich nur die Unterscheidung, wo beim Massieren kalter Füsse die wärmere Zone des Körpers beginnt. Mit der Zeit gewinnt dieses Spürvermögen an Nuancen. Wir können uns zunehmend besser auf die Vorstellung einlassen, unsere Zehen wachsen zu lassen, unser Becken mit einem weichen, lichten Tuch auszuwischen oder an wichtigen Meridianpunkten das Wachsen karottenförmiger Wurzeln zu visualisieren. «Verhal­ tensänderung geschieht von innen he­ raus, wie das Wachsen einer Pflanze», fasst Holl zusammen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass der Körper nur Bilder versteht, initiiert Holl ihre Leser beharrlich in die Kunst, Energiemedizin kreativ für die Aktivierung der Selbst­ heilungskräfte einzusetzen. Die Wirksamkeit der Methode konnte 2012 in einer Untersuchung der Universität Re­ gensburg nachgewiesen werden – ein Meilenstein der Tinnitus-Therapie: die Wiederentdeckung des Körperlichen. Maria Holl ist Diplom-Sozialarbeiterin sowie Heilpraktikerin (Psychotherapie). Sie ist vom International Institute for Bioenergetic Analysis Alexander Lowen in New York zertifizierte Thera-


peutin in Bioenergetischer Analyse und ist in tiefenpsychologisch fundierter Psy­chotherapie ausgebildet. «Hilfe zur Selbsthilfe» – nach diesem Motto hat Maria Holl im Jahr 1995 die TinnitusAtemtherapie (TAT) nach Holl® entwickelt, deren Wirksamkeit durch eine wissenschaftliche Studie der Universität Regensburg 2012 bestätigt wurde. Die mehrfache Buchautorin bietet seit 1981 in ihrer Praxis in Aachen mit ihrem Team neben der Tinnitus-Atemtherapie (TAT) nach Holl®, Psychotherapie, achtsamkeitsbasierte Meditation, Supervision und Coaching an. Neben ihren psychotherapeutischen Ausbildungen lernte sie 14 Jahre bei Hetty Draayer (Meditation, stilles Qi Gong), studierte Shiatsu bei Wataru Ohashi und erhielt Impulse durch Frieda Goralewski (Bewegungsarbeit).

Wie­ser in seiner losen Sammlung von Artikeln an, die er gerne als «Split­ter­ parade» bezeichnet. Ein Generalist ist er, belesen und wis­senshungrig. Buch, Presse, Rundfunk, Fernsehen und In­ ternet sind seine Quellen. Finanz­ märkte und Politik, Kosmos, Big Bang und Evo­lution, Wissenschaft, For­schung und Künste: Was ihn nicht loslässt, packt Wieser in seiner «Schreibwut» an – immer wieder sei der hin­ter­grün­ dige Zweck der notwendige Abbau seines eigenen Adrenalin­spiegels, hält er mit seiner ehrlichen Motivation nicht hinter dem Berg. Aber auch Ex­ kurse in sein persönliches Leben fin­ den Platz: gemein­same Erlebnisse mit der Familie, die Sorge um die eigene Gesundheit oder Gedanken an die noch immer aktuellen Weltkriege und ihre fort­dauernden Folgen. Wieser ist Schweizer und vergisst auch den Blick TB, 140 S., CHF 19,90, eBook 10,90 / € auf sein Heimatland nicht. Er diskutiert, 12,95, eBook 9,99, ISBN 978-3-95883- überlegt, stellt infrage oder kritisiert bisweilen; bringt eigene Überzeu­gun­ 006-6, J. Kamphausen Verlag gen und Feststellungen ein, wagt Spe­ Die CD zum Buch: 71 Minuten, € 12,95 kulationen und Neudefinitionen. Sein , ISBN 978-3-00-018627-1 u Publikum, ob Le­serschaft oder Kritiker, verliert er dabei nie aus den Augen.

Willi Wieser

Gedankensplitter eines Nichtakademikers

Bastelmuttihölle, Erledigungen, die vier Stunden mit Kind statt eine Stunde ohne dauern, die Fensterbank voller Raupenkacke und das Wort «Arschbombe» 100-mal am Tag – das Leben mit Kindern kann ganz schön anstrengend oder nervig sein. Wie man trotz allem den Humor nicht verliert und eine entspannte Haltung im Leben mit Kindern behält, verrät Patricia CamWilli Wieser, 1935 geb. in Schladming, marata warmherzig mit viel SelbstiroÖsterreich, seit 1954 in der Schweiz. nie in diesem Buch. Ursprünglich Schreiner von Beruf, 4,5 Jahre berufsbegleitendes Studium zum Patricia Cammarata ist laut LohnsteuArchitekt HTL (FH), Diplom 1966. Ver­ erkarte die Mutter von 2,5 Kindern. heiratet, zwei Kinder, wohnhaft im Kan­ Sie ist 1975 geboren, lebt und arbeitet ton Bern, pensioniert. Erste Publi­ka­ als IT-Projektleiterin in Berlin, was tion 2015, zweite in Vorberei­tung. The­ sehr gut zu ihrem Psychologie-Diplom menkreis: Natur­wissenschaften gene­ passt. Von ihrer sizilianischen Grossrell, Kosmologie, Evolution, Philoso­ mutter erbte sie ihre blühende Fantaphie, Gesellschaft sie, die sie früh zum Geschichtenerzählen gebracht hat. Seit 2004 führt Taschenbuch, 308 Seiten, CHF 28,80 / sie ein Blog, wo sie über alles schreibt, € 23,80, ISBN 978-3-8372-1709-4, Au­ was sie bewegt. Seit einigen Jahren ist gust von Goethe Literaturverlag u ihre Familie ein grosses Thema. Vor ihren Kindern hat sie sich oft gelangweilt. Das ist jetzt zum Glück vorbei. Patricia Cammarata

Sehr gerne, Mama, du Arschbombe

Philosophie, Weltgeschichte, Gegen­ wart – alle grossen Themen spricht Tiefenentspannt durch die Kinderjahre

Wendezeit 6/15

Leserurteile: «Es macht riesen Spass zu lesen, wie Patricia Cammarata immer wieder

63


über die eigenen Kinder staunt, als Licht. Mit Hilfe der Symbolscheibe, die wären sie Esperanto sprechende Ein- Mond- und Sonnenseite vereint, zeigt hörner» Nilz Bokelberg, Moderator Petra Neumayer Wege, um das eigene Potenzial zu entfalten und zur Selbst«Ich weiss nicht, was Kinder von dem Buch verwirklichung zu gelangen. halten, aber für Eltern ist es ein Muss» Kai Biermann, Journalist und Autor. Heilsames «Update» «Es ist also kein Erziehungsratgeber. Mehr eine humorvolle Situationsbeschreibung. Denn bei all den Problemen und Herausforderungen, die ein Leben mit Kindern mit sich bringt und die auch Cammarata kennt, machen ihre Texte richtig Lust auf Kinder und sind wahre Werbung für eigenen Nachwuchs.» Viktoria Meinholz, Stern.de.

Seit über zehn Jahren arbeitet die Medizinjournalistin und Buchautorin Petra Neumayer schon mit Symbolen und ihren heilenden Wirkungen. Die Beschäftigung mit der «Neuen Homöo­ pathie», aus der die Buchreihe «Medizin zum Aufmalen» (zusammen mit Roswitha Stark) hervorging, inspirierte auch die Idee einer Symbolscheibe, die als wirksames Instrument des Selbst­ Taschenbuch, 240 Seiten, CHF 12,90, coachings eingesetzt werden kann. eBook 9,00 / € 8,99 (D), 9,30 (A), eBook 6,85, ISBN 978-3-404-60840-9, «Die Arbeit mit der Symbolscheibe ist Bastei Lübbe u eine Art Update für unser System», sagt die Autorin – ähnlich wie auf einer Festplatte Platz für Neues geschaffen wird, kann auch unser Unterbewusstsein neu «programmiert» werden, indem zuerst ein alter Glaubenssatz gelöscht und dann durch einen neuen positiven ersetzt wird. Auf der einen Seite – der «Mondseite» – wird zunächst der Blick auf das Unbewusste gelenkt, wo Blockaden verhindern können, dass Vorhaben oder Visionen umgesetzt werden. Sind diese Blockaden gelöst, unterstützen die Symbole der «Sonnenseite» dabei, Ziele leichter zu erreichen oder zu manifestieren.

Die Sprache der Seele und des Universums In allen Zeiten und Kulturen übten Symbole eine grosse Faszination auf die Menschen aus, denn sie transportieren das Immaterielle, «Unsichtbare», den «Geist Selbstcoaching mit der Dinge», ins Sichtbare – und die Seele Symbolen
 versteht anscheinend ihre Sprache, auch Die heilsame Arbeit mit der Symbolwenn der Verstand ihre Botschaft noch scheibe nicht begreift. Sym­bole können kompleDie Heilarbeit mit Zahlen und Symbo- xe Informationen auf ihren kleinsten ren. Als Vermittler len löst blockierende Themen auf und Nenner komprimie­ bringt diese aus dem Schatten ins zwischen der inneren und äusseren Welt Neumayer, Petra Rosa

64

Wendezeit 6/15

spielen sie eine herausragende Rolle bei der Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Die Arbeit mit Symbolen als «Sprache der Seele und des Universums» erreicht daher oft auch mentale und spirituelle Dimensionen und fördert damit eine Therapie auf der Ursachenebene. Symbole sind sogar die Sprachgrundlage des Gehirns, bestätigen neue Forschungen aus der Neurologie. Die Scheibe ist das Ursymbol der Menschheit schlechthin. Der runde Kreis symbolisiert die Sonne und den Vollmond in Perfektion. Der Kreis steht für Ganzheit und Vollkommenheit, er hat keinen Anfang und kein Ende. Das Sym­ bol der Scheibe eignet sich daher ideal, um die zwei Seiten einer Münze, die Polaritäten darzustellen: Yin und Yang, Sonne und Mond, Schwarz und Weiss, Bewusstes und Unbewusstes. Die jeweils abgebildeten Symbole helfen da­ bei, die körpereigenen Selbstheilungsmechanismen zu aktivieren und dem Organismus einen Impuls, eine Information zu geben, damit er selbst alles wieder in den Urzustand von Balance und damit Gesundheit bringen kann.

Selbstheilung durch Reflexion Wer heil werden möchte, sollte über sein Leben reflektieren lernen. Diese Einstellung erhöht zugleich die Heilbe­ reitschaft und steigert damit die Hei­ lungschancen. Der erste Schritt beim Selbstcoaching ist also, sich darüber klar zu werden, inwieweit man in einer Situation feststeckt. Damit beginnt die Spurensuche, ob es Blockaden gibt, die uns am Erreichen unserer Ziele hindern. Die Arbeit mit der Symbolscheibe ist gerade dann besonders wertvoll, wenn einem im Leben immer wieder dasselbe «passiert» oder wenn Unternehmungen aus irgendeinem unerfindlichen Grund einfach nicht gelingen. Um im Leben weiterzukommen, muss zunächst ein Licht auf die Blockaden geworfen werden; sie müssen erkannt oder sogar enttarnt werden. Das mag oftmals ein


schmerzhafter Prozess sein, aber danach winken die grosse Freiheit, ein kreatives Leben und die Entfaltung un­seres wahren Potenzials. Selbstcoaching bedeutet, sich selbst zum Erfolg bzw. zum Glücklichsein hinzuführen. Und auf diesem Weg soll die Symbolscheibe mit ihren beiden Seiten, mit ihrer Mond- und der Sonnenenergie, unterstützen, indem sie zu individuellen Lösungen, auch in Krisen­ situationen, verhilft. Selbstcoaching, die Reflexion über sich selbst und die Arbeit mit der Symbolscheibe wirken als Dreiklang, der die eigene Lebensmelo­ die wieder in Harmonie mit der Seelenenergie bringen kann. Taschenbuch, 127 Seiten, CHF 23,90 / € 16,95 (D), 17,50 (A), ISBN 978-386374-243-0, Mankau Verlag u

wirkungen. Anhand neuer wissenschaftlicher Studien zeigt der renommierte Gehirnforscher Manfred Spitzer, in welchem Mass diese Entwicklung unsere Gesundheit bedroht. Wir werden cyberkrank, wenn wir den digitalen Medien die Kontrolle aller Lebensbereiche überantworten, stundenlang Online Games spielen und in sozialen Netzwerken unterwegs sind. Stress, Empathieverlust, Depressionen sowie Schlaf- und Aufmerksamkeitsstörungen sind die Folgen. Kinder werden in ihrer Motorik und Wahrnehmungsfähigkeit geschädigt. Com­­puter­sucht, Internetkriminalität und Mob­­ bing verbreiten sich immer mehr. Man­fred Spitzer informiert über verbreitete Krankheitsmuster, warnt vor den Ge­sund­heitsgefahren der digitalen Tech­nik und erklärt, wie wir uns schützen können. «Wir dürfen weder die Köpfe noch die Gesundheit unserer Kinder dem Markt überlassen.»

der neuen schönen Cyberwelt mit kritischem Bewusstsein gegenüberste­hen. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer, geboren 1958, leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen. Zahlreiche Buchveröffent­li­chun­ gen, darunter die Bestseller «Lernen» und «Vorsicht Bildschirm!» und «Digitale Demenz». 2004 – 2013 moderierte er die wöchentliche Sendereihe «Geist & Gehirn» auf Bayern Alpha. Manfred Spitzer ist einer der bedeutendsten deutschen Gehirnforscher. Kaum jemand kann wissenschaftliche Erkenntnisse derart pointiert und anschaulich präsentieren. Geb., 432 Seiten, CHF 28,89, eBook 22.- / € 22,99, eBook 19,99, ISBN: 9783-426-27608-2, Droemer u

In seinem neuen Buch diagnostiziert Manfred Spitzer nichts weniger als eine neue Zivilisationskrankheit: Wir werden cyberkrank, wenn wir den digitalen Medien die Kontrolle aller Lebensbereiche übergeben, stundenlang Online-Games spielen oder in sozialen Netzwerken unterwegs sind.

Manfred Spitzer

Cyberkrank! Wie das digitalisierte Leben unsere Gesundheit ruiniert

Rund 1,2 Millionen drei- bis achtjährige Kinder sind regelmässig online. Ihre Datenspuren werden wie die der Erwachsenen ausgewertet, verkauft, missbraucht. Doch viel gravierender ist der Schaden, der in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen angerichtet wird: Lehrer klagen über zunehmende Konzentrations- und Denkschwächen von Schülern. Zu den krank machenden Auswirkungen der Digitalisierung gehören ausserdem Sucht und Depres­ sionen, Angstzustände und Herz- und Kreislauferkrankungen, Bewegungsman­ gel und Adipositas.

Die Digitalisierung unseres Alltags schreitet immer weiter voran – mit fatalen Aus- Ein Buch für Eltern, Erzieher und alle, die

Wendezeit 6/15

Ulrike Vinmann

Karmische Rose Wir sehen uns im nächsten Leben Jede Verbindung im Leben beruht auf ein vergangenes Ereignis – spannender und sehr aufschlussreicher Roman zum Thema Reinkarnation

65


Wie oft ist es Ihnen in Ihrem Leben passiert, dass Sie jemanden kennengelernt haben und derjenige Ihnen spontan sympathisch oder auch das absolute Gegenteil – äusserst unsympathisch war? Haben wir eine Antenne oder ein Gen dafür? Immer mehr Menschen glauben inzwischen an ein Leben nach dem Tod – und somit auch an ein Leben vor dem Tod. In der Holographischen Reinkarnationstherapie spricht man hier von drei verschiedenen Arten von Leben: Opfer-, Täter- bzw. Ressourcenleben. Ein Ressourcenleben zu geniessen, ist wundervoll. Hier leben wir in guten Beziehungen und schöpfen unser ganzes Potenzial an Talenten und Fähigkeiten aus. Nur leider sind diese Leben eher selten. Treffen wir nun einen – für dieses Leben – uns unbekannten Menschen, scheint es eher so zu sein, dass wir ihn aus einem Opfer- bzw. Täterleben kennen. Und hier wären wir bei einer karmischen Beziehung.

war gelähmt. Da ihre Eltern nicht mehr dende, alles durchdringende sibirische lebten, fühlte sie sich ihm gegenüber Kälte, die den ganzen Körper erfasst. verantwortlich. Die gesamte Last befand Aber keine von ihnen ist jemals nach Sisich auf ihren Schultern. Um kurz eine birien gereist. Woher kommt diese Atempause zu erhalten, liess sie ihn Empfindung? Sind es lange vergangene damals kurz allein. Während dieser Zeit Geschehnisse, von denen ihr Bewusstpassierte ein Unglück und er starb. sein nichts ahnt, die ihr jetziges Leben beeinflussen? Und in welcher BezieDieses traumatische Erlebnis beein- hung stehen die beiden zueinander? flusste nun auch ihr jetziges Leben. Tief in ihrem Inneren schwang der Satz: Der Reinkarnationstherapeutin und «Ich kann ihn nicht verlassen, denn Fachbuchautorin Ulrike Vinmann ist es weil ich in einem anderen Leben ge- im vorliegenden Roman grandios gelungangen bin, ist er gestorben». gen, dem Leser aus einer übergeordneten Perspektive die Zusammenhänge Spannend ist, dass die Klientin kurz verschiedener Leben nahezubrin­gen. Alnach dieser Sitzung diesen Mann auf le Begebenheiten – egal aus welchem der Strasse wieder traf und ihn kaum Leben – bleiben gespeichert. Aber: Wir noch erkannte. Es gab keine Resonanz sind den verborgenen Erinnerungen mehr und sie beendete die Beziehung nicht machtlos ausgeliefert. Alles – wirklich alles – kann bereinigt werden. noch in der gleichen Woche.

Nicht jede karmische Beziehung ist so dramatisch. Und auch nicht jede Beziehung muss geklärt werden. Nur wenn eine Beziehung sehr anstrengend und energieraubend ist, sollte man besser einmal hinschauen. Laut der HolograStarke Resonanz, starker Ma­ phischen Reinkarnations­leh­re sind algnetismus = karmische Be­ le Erlebnisse der vergangenen Leben in jeder einzelnen Körperzelle des Men­ ziehung? schen gespeichert. Egal ob aus einem Das Beispiel der Reinkarnationsthera- Opfer-, Täter- oder Ressourcenleben. peutin Ulrike Vinmann verdeutlicht es am besten: Eine Klientin erzählte ihr, Unsichtbare Fäden umspin­ dass sie nicht glücklich in ihrer Bezienen das jetzige Leben. hung sei, diese aber beim besten Willen nicht beenden könne. Jedes Mal, Loredana Sánchez, eine attraktive spa­ wenn sie beschlossen hatte sich von nische Anwältin, bricht aus ihrem Eheleihrem Partner zu trennen, spürte sie ben aus und gerät immer wieder an den eine starke Energie – wie ein Gummi- gleichen Männertypus – Macho durch band – welche sie wieder zu ihren und durch. Warum fällt es ihr so schwer, Partner zurückzog. Es war ihr unmög- dieses Muster zu durchbrechen? lich, sich dauerhaft zu lösen. Sarah Breuner, erfolgreiche Therapeutin Während einer darauffolgenden the- mit eigener Praxis, fühlt sich immer wierapeutischen Sitzung spürte die Klien- der «unsichtbar», ohne zu verstehen, tin ein vergangenes Leben auf, in dem woher dieses Gefühl kommt. Und wieso sie als Bruder und Schwester zusam- träumt sie immer wieder von Russland, men gelebt hatten. Ihr jetziger Lebens­ obwohl sie noch nie dort gewesen ist? gefährte war in dem damaligen Leben komplett von ihr abhängig, denn er Beide Frauen kennen eine einschnei-

66

Wendezeit 6/15

Ulrike Vinmann wurde 1962 in Krefeld geboren. Sie ist Diplompsychologin und Reinkarnationstherapeutin. Ihr Psychologie-Studium absolvierte sie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Parallel liess sie sich von Tineke Noordegraaf und Rob Bontenbal als Holographische Reinkarnationstherapeutin ausbilden. Seit Mai 1998 führt sie ihre eigene psychotherapeutische Praxis, in der sie Klienten aus ganz Europa behandelt. Ihr Anliegen ist es, andere Menschen dabei zu unterstützen, ihre seelischen Verletzungen zu heilen, damit sie an Gesundheit, Lebensqualität und Lebens­ freude gewinnen sowie ihre verborgenen Potenziale ans Licht bringen und ihre eigene Kraft und Kreativität entwickeln können. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Bearbeitung und Integration traumatischer Erfahrungen aus dem jetzigen Leben und aus vergangenen Leben. Seit 2003 leitet sie Ausbildungsgruppen in Holographischer Reinkarnationstherapie. Broschiert, 416 S., CHF 19,90, eBook 15,90 / € 14,95, eBook 12,99, ISBN: 9783-937883-57-1, EchnAton Verlag u


Aleksej Zasuhin

Moderne Tibetische Medizin Praktisches Heilwissen für weitverbreitete Beschwerden und Krankheiten Lässt sich eine buddhistisch geprägte Medizin auf die Bedürfnisse des Menschen in unserer hoch- technisierten Gesellschaft anwenden? Durchaus. Aleksej Zasuhin kennt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Kulturen und weiss, wie die westliche Zivilisation von der Tibetischen Medizin lernen und profitieren kann. Die Tibetische Medizin begleitete ihn seit seiner Jugend und Schulterschmerzen, Allergien, Depreswurde zur Grundlage seiner weltlichen sionen, Herz-Kreislauf- oder Hauterund medizinischen Auffassungen. Sein krankungen – die Tibetische Medizin Bill Whitfield und James Beard ganzheitlicher Heilansatz beinhaltet ne- hat erstaunlich hilfreiche Antworten ben den klassischen Behandlungs-me- auf die Probleme unserer Zeit. Remember the Time thoden eines Physiotherapeuten auch Die Bodyguards von Michael Jackson Pulsdiagnostik, Atemtherapie, Manuel- Aleksej Zasuhin, 1970 in Ulan Ude/Sibirien geboren und aufgewachsen, ist erzählen, warum der King of Pop le Therapie und Ernährungsberatung. aus­gebildeter Lehrer der Tibetischen wirklich starb Die Symptome der Patienten, die zu Medizin. Nach seiner Übersiedelung Über den plötzlichen Tod von Micha- Aleksej Zasuhin in die Praxis kommen, nach Deutschland Ende der 90er Jahre el Jackson wurde viel gemutmasst. sind zahlreich, und oft stecken lang- machte er noch eine Zusatzausbildung Doch niemand kannte den Superstar jährige Fehlentwicklungen dahinter: als Physiotherapeut und eröffnete dann so gut wie Bill Whitfield und Javon Stress, falsche Ernährung, eine ungu- eine eigene Praxis in Berlin, das UmaBeard. Tag und Nacht waren die bei- te Lebensweise. Ursachen für Krank- haus. Die Tibetische Medizin begleitete den Bodyguards an seiner Seite. Hier heitsentwicklungen liegen hier, doch ihn seit seiner Jugend und wurde zur erzählen sie erstmals von Jacksons die westliche Schulmedizin und mit Grundlage seiner weltlichen und mediletzten Lebensjahren. Mit viel Einfüh- ihr der westliche Mensch sehen nicht, zinischen Auffassungen. Sein ganzheitlilungsvermögen und Sympathie be- was auf der Hand liegt. Symptome cher Heilansatz beinhaltet neben den schreiben sie das tragische Schicksal werden behandelt, kurzfristig gelin- klassischen Behandlungsmethoden eines Physiotherapeuten auch Pulsdiageines Ausnahmekünstlers, der zerrie- dert und tauchen wieder auf. nostik, Atemtherapie, Manuelle Thera­ ben wird zwischen der enormen Schuldenlast, dem Druck der Öf­fent­ Die Tibetische Medizin dagegen be- pie und Ernährungsberatung lichkeit und dem Wunsch, ein ganz trachtet den Menschen als ein komplenormales Familienleben zu führen. xes System vielfältiger Energien. Körper Wie Aleksej Zasuhin seine Patienten beEin bewegendes und sehr wichtiges und Psyche gehören zusammen, ihre handelt, wurde auf der DVD «SibyllenBuch. Weil es bedeutsame biografi- Kommunikation und ihr ausgegliche- wurz und Speisedampf», eine Produktische Lücken schliesst - und weil es nes Zusammenspiel sind die Voraus- on der Werkstatt Ethnologie Berlin in KoMichael Jackson ein für alle Mal re- setzung für körperliche und geistige operation mit dem Institut für Ethnologie Gesundheit. Jede Krankheit hat aus der FU Berlin (2012), dokumentiert. habilitiert. Sicht der Tibetischen Medizin eine Taschenbuch, 416 Seiten, CHF 14,90, geistige Wurzel: An die Stelle der symp- Gebunden, 232 S., CHF 28,90, eBook eBook 11.- / € 9,99, eBook 6,23, ISBN tomatischen Behandlung tritt die Ursa- 20,- / € 19,99, eBook 17,99, ISBN: 978978-3-404-60849-2, Bastei Lübbe u chentherapie. Ob Kopf-, Rücken- oder 3-426-65758-4, Knaur MensSana u

Wendezeit 6/15

67


A genda Einträge von Veranstaltun­gen mit Angabe von Telefon oder E–Mail sind kos­tenlos. Detaillierte Angaben zu den Veranstaltungen und/oder den Referenten (inkl. Links) kosten CHF 2.- pro Anlass. Die Agenda sehen Sie unter

http://fatema.com/agenda

Die nächste Ausgabe erscheint Anfang November. Bitte melden Sie Ihre Termi­ne von Januar/Februar an:

Wendezeit–Agenda, Parkstr. 14, CH-3800 Matten verlag@fatema.com en, Be rater,

w.

T h e ra p

ut

Veranstaltungen

us

e

E–Mail:

des

BPV,

des

und der

PZ,

des

Orgam

Quelle Bern

Die Agenda dieser Veranstaltungen sehen Sie unter http;//fatema.com/liste

http://fatema.com/veranstaltungen

Agora

Die in der Wendezeit vorgestellten Bücher online und bei der Redaktion erhältlich.

Wer hat Interesse an regelmässigem Gedanken– und Erfahrungsaustausch und realisierbaren Vorschlägen

Redaktion Wendezeit Parkstr. 14 CH–3800 Matten b. Interlaken Tel. +41(0)33 826 56 51 E–Mail: verlag@fatema.com http://fatema.com/buecher

vor allem zum Thema

Bewusstseinswandel? N. v. Muralt, Tel. 044 910 66 41

Wer ist Maitreya? Maitreya ist der persönliche Name des Weltlehrers, des Hauptes der Geistigen Hierarchie unseres Planeten. Er wird von allen gros­ sen Weltreligionen als der Messias, Krishna, der Imam Mahdi, Maitreya Buddha und der Christus erwartet. Er kommt als Avatar für das neue Zeitalter zurück, als Lehrer und Berater für alle Menschen – egal ob sie einer Religion angehören oder nicht. Er kommt mit seiner Gruppe, den Meistern der Weisheit. Gemeinsam werden sie die Menschheit inspirieren, eine neue, strahlende Zivilisation zu schaffen, die auf Gerechtigkeit und gemeinsamem Teilen basiert. Er wird zum Handeln aufrufen, um die Millionen Menschen, die täglich in einer Welt des Überflusses verhungern, zu retten. Durch Maitreyas Fürsprache werden die sozialen Belange Priorität erlangen, so dass ausreichende Nahrung, Obdach, Kleidung, Bildung und medizinische Versorgung für alle Menschen zu universellen Rechten werden. www.share–international.org

68

Wendezeit 6/15


e

ut

en, Be rater,

T h e ra p

Reb = Rebirthing RefZ = Reflex­zo­ nentherapie (n. Dorn) Rel = Religion REM = Ruhe, Entspan­nung, Mitte finden ResT = Resonanz­ therapie Ret = Retreats

w.

He = Heilkräuter, spagyrische HK Ho = Homöopathie HP = Heilpraktiker/in HR = Heilrituale Hy  = Hypnosetherapie IK = Indigo Kinder JK = Jenseitskontakte Ka = Kartomantie/Kartenlegen KB = Katathymes Bilderleben KGT  = Kunst– und Gestaltungstherapie Ki = Kinesiologie, Psycho–Kinesiologie Kla = Klangtherapie KP = Kirlianfotografie KPsy  = Körperorient. Psychotherapie KT  = Kurzzeit–Therapieprogramme KUF = Krankheitsursachenfindung/ – auflösung L  = Lebensberatung/–hilfe Li = Lithotherapie/Edelsteintherapie LiG = Lichtgeometrie LK = Lichtkunst LL  = Lieben lernen M = Meditation Ma = Klass./intuitive/med. Massage MaT = Matrix Transformation Me = Metamorphose–Practitioner Med = Medialität Mer = Merkaba MH = Mediale Heilung/Beratung MM = Meditatives Malen, Mediales Malen, Mandala–Malen MT  = Mentaltraining, –coaching Na = Naturarzt, Naturheilpraktiker NK  = Natürliche Kosmetik NLP  = Neurolinguist.Programmieren No = Nosodentherapie Nu = Numerologie/Kabbalistik O  = Ohrkerzentherapie OA = Organspez. Aminosäuren PE = Persönlichkeitsentwicklung PH  = Prana (pranic) healing Pol = Polarity–Therapie PP  = Parapsychologie PsE = Psychosomatische Energetik Psy = Psycholog. Beratung/Psycho­therapie PsyS = Psychosomatik, Psycho­synthese PW  = Persönliches Wachstum/ –Training QH = Quantenheilung R  = Reiki Ra = Radionik Rad = Radiästhe­sie, Pendeln

us

A  = Astrologie/Astropsychologie ADS = Aufmerksamkeitsdefizit–Syndrom AF = Akufeldur AL  = Astrolog. Lebensberatung AlexT = Alexander Technik All = Allergie+Asthmatherapie APu = Akupunktur/Ohrakupunktur APr = Akupressur Ar = Aromatherapie/–essenzen AS = Aura Soma AY = Ashtânga Yoga AT  = Autogenes Training Atl = Atlaslogie Au = Aurasehen, Aura–Arbeit etc. Av = Avatar B = Beratung BB  = Bach–Blüten Bf = Bewusstseinsförderung Bio = Bioenergie, Bioresonanz Bio–HA = Bioenergetische Haaranalyse BV  = Buchverlag/–versand CA  = Chakra–Aktivierung/–Arbeit Ch = Channeling ChG = Chi Gong ChrE = Therapie chron. Erkrankungen CM  = Chinesische Medizin Coa = Coaching CrS = Craniosacral–Therapie E  = Esoterik EFT = Emotional Freedom Techniques EnFS = Energetisches Feng Shui EnG = Energet. Gebäudereinigung EnR = Energet. Rückenmassagen EP  = Energiepyramiden Er = Ernährungsberatung/–begleitung ET  = Energetische Therapien Fa = Fastenseminare FaT = Familientherapie FH = Fernheilung FR  = Fussreflexzonenmassage/ Fussmassage FS = Feng Shui FT  = Farbtherapie/–punktur GA = Ganzheitl. Atemgymnastik/ – therapie GB  = Gesundheitsberatung/praxis Geo = Geomantie GH  = Geistheilung GKo = Ganzheitliche Kosmetik GKM = Ganzkörpermassage Ha = Handauflegen

RT = Rückführungen/Reinkarnations­therapie RüM = Rückenmassage n. Breuss Rut = Rutengängerei SchH = Schamanische Heilrituale SchM = Schreibmedium Sh = Shiatsu SO = Seminarorganisation Sp  = Spiritualität, spirit.Heilung SpL = Spirituelle Lebensberatung SpT = Spirituelle Therapie StB = Sterbebegleitung (MT Mensch und Tier) SUT = Seelische Urblockadentherapie Sy = Synergetik–Therapie SyS = System.Stellen n. Bert Hellinger Tar = Tarot Tan  = Tantra TC  = Tai Chi, Taijiquan TE  = Tachyon–Energie TfH = Touch for Health Th = Therapeut/in (allg.) Th.K. = Therapeut. Kartenlegen Tib = Fünf–Tibeter–Training TK = Tierkommunikation TLT = Time–Line–Therapie TPI  = Trager Psychophysische Integration Tr = Traumanalyse Tran = Trance TrT = Trauma–Therapie ÜG = Übungsgruppen VeM = Vedische Meditation VF  = Vitalfeld–Therapie Vi = Visagist/in W  = Wassertherapie (div. Methoden) WBe = Wohnberatung WBA  = Wirbelsäulen–Basis–Ausgleich WT = Wirbelsäuletherap. n. Dorn/Breuss Y  = Yoga/Kriya Yoga/Hatha Yoga Z  = Zilgrei

Schweiz Therapeuten/Berater 1714 Heitenried, Martin Moser, Konradshus 1, 079 211 30 73 – Ha / Sp / EnG / StB / GH – www.mwmoser.ch, twm@bluewin.ch 2504 Biel, Gesundheitspraxis Rosenquelle, Irmhild Beek, Hainbuchenweg 12, 032 322 45 42 – AT / BB / R / FR / GH – www. rosenquelle.ch, info@rosenquelle.ch 2545 Selzach–Haag, Ursula Markwalder, Chappeliweg 8, Zentrum für Mensch und Tier, 079 277 25 21 – TK / Med – www.zentrum–men–tier.ch, ursula.markwalder@bluewin.ch 2556 Schwadernau, Willi Stauffer, Standweg 20, 032 373 42 37 – AL / Er / RT 3007 Bern, Arpad Wächter, Landoltstrasse 73, 076 380 36 69 – L / MT / Med, – www.geistige–welt.com 3052 Zollikofen, Heidi Lanz, Rebenweg 5, 031 869 63 59 – MaT / Rei / L

3182 Ueberstorf, Edith Wilhelmy, Tutzishus 22, 076 360 69 79 – Bf / GH / MH / SchH / SO – www.altes–wissen.ch, Info@altes–wissen.ch

Wendezeit 6/15

69


3250 Lyss, Ruth Hirschi, Wallisloch 4, 079 292 90 64 – RT / KUF / Ch / AS / Au / SUT – www.reinkarnationen.ch, info@reinkarnationen.ch 3367 Thörigen, Dominic Frosio, Mattenbergstr. 15, 062 961 54 83 – A / GH / Me 3400 Burgdorf, Marianne Grund, Lyssachstr. 17, Tel. 034 422 68 68 – GB / GA / AT / Hy / TLT / Ha – www.grund–hps.ch 3400 Burgdorf, Wenzel Grund, Lyssachstr. 17, Tel. 034 422 68 68 – GB / FH / GH / Ha / Ki / Ra – www.grund–hps.ch, grund.hps@bluemail.ch 3400 Burgdorf, Praxis Hamali, Marlen Hämmerli, Steinhof 7, 034 423 63 68 – Kla / ChrE / SchH / REM / EnG / Coa – www.hamali.ch, marlen.haemmerli@besonet.ch 3422 Kirchberg, Rubinenergie–Verlag GmbH, Postfach 370, 079 469 82 22 – Hy / A / AT – www.rubinenergie.ch, praxis@rubinenergie.ch 3613 Steffisburg, Barbara Witschi, SingulArt GmbH, Untere Zulgstr. 1, 079 652 90 47 – AS / Sp / B / M / Med / SO www.singulart.ch, singulart@bluewin.ch 3654 Gunten, Gerrard McInerney, Schönörtli, 033 243 04 26 – L / MH / Sp 3706 Leissigen, Annette Ast, Blumenstrasse, 033 847 17 25 – Bio / SUT 4051 Basel, Anita Suter, Feierabendstr. 55, 079 245 56 64 – Sys / L / M / R / EFT – www.lebenskrisen–management.ch, mail@lebenskrisen–management.ch 4125 Riehen, Franziska Reusser, Lachenweg 34, 061 601 28 02 – JK / FH / SpL – www.franziska–medium.ch, franziska–medium@bluewin.ch 4125 Riehen, Dora Schaufelberger, Im Niederholzboden 52, 061 601 52 79 – GH / SpL / SO 4451 Wintersingen (b. Rheinfelden), Maria Waldvogel, 076 498 38 12 – Ch / SpL / SyS ­– www.kristallschaedel.ch 4562 Biberist, Heinz Fahrni, Bromeggstr. 22, 032 685 30 37 – Ma / APr / WBA 4718 Holderbank/SO, Dorothea Schneider, Hauptstr. 97, 062 390 10 04 – Bio / Ki / All 5505 Brunegg, Ruth Lengacher, Sandhübelstr. 6, 062 896 26 62 – E / ET / FT / L / Ka / Th.K – www.rhl.ch 5608 Stetten AG, Sabine Brem, Eggweg 2, 056 470 11 58 – GH / QH / SchM 6010 Kriens, Stefan Beutler–Huber, Schachenstr. 32, 041 320 26 30 – CrS / Pol / FR 6037 Root, Praxis Angelica, Claudia A. Lüthi, Schumacherstr. 3, 041 852 01 20 – GH / KUF / MH / Nu / SpL / TrT – www.praxis–angelica.ch 6816 Bissone, André P. Tondeur, Via Maroggia 34, 091 649 52 01 – MM / R / B 8008 Zürich, Dr. Peter Müri, Hammerstr. 23, 044 980 22 80 – Coa / PE / Tar 8053 Zürich, Lieselotte Eder, Carl–Spitteler–Str. 9, 044 262 58 68 – L / GH / FH – www.heilerkurs–eder.ch / www.physiognomik–eder.ch, l.eder@bluewin.ch 8106 Adlikon b. Regensdorf, Peter Bachmann, Schulhausstr. 1, 056 249 44 55 – WT / MH / ET 8247 Flurlingen, Barbara Bachmann, Gründenstr. 10, 052 650 10 63 – RT / Hy / KB / L / MT – www.ecps.ch, bbachmann@ecps.ch 8280 Kreuzlingen, Dolores Rüegg, Egelseestr. 4, 071 680 07 15 – FT / FR / R 8500 Frauenfeld, Susanne Schiesser, Altweg 16, 079 481 92 20 – Ch / Coa / FH / GH / MH – www.suschi.ch, info@suschi.ch 8700 Küsnacht, Silvia Kockel, Bergstr. 38, 043 844 08 18 – AtT / A / AS / Er / GB / L – www.lebensquell.ch ­­­­ 8762 Schwanden, Evelyne Huber, Zügerstenstr. 4, 055 644 14 25 – RT / BB / FH / GH / Ha / StB 8815 Horgenberg, Rösli Nägeli, Unterhaus,Steinkrattenweg 11, 044 726 21 62 – Ki / TfH / ET (n. Banis) 8882 Unterterzen, Patricia Pfiffner, Walenseestrasse 14, 079 216 42 01 – Na / Er / GKM / He / Ma / PsE – www.naturheilpraxis–patriciapfiffner.ch, patriciapfiffner@bluewin.ch 9430 St.Margrethen, Bahnhofplatz 3, jk–raum–für–meditation, Jessica Klammer, 076 / 582 77 24 – Sp, R, FH, Ha, Ent, CA – www.jk–meditationen.ch

Schulen/Seminarveranstalter usw.

3073 Gümligen, Der Kanal, Zirkel, Seminare, Ausbildung, Dorfstr. 52, 031 352 10 40 – www.derkanal.ch, info@derkanal.ch 3076 Worb, C&H Beratungen, Kurse, Seminare GmbH, Bahnhofstrasse 13, 031 711 19 82 – Psy / A / MH / Y / M / Med www.ch–beratungen.ch, chbuerer@sunrise.ch 6210 Sursee, Sam Hess, Badstr. 1, 041 920 21 41 – Waldseminare / Baumheilkunde – www.waldmystik.ch, waldmystik@bluewin.ch 6472 Erstfeld, Cosy Zurfluh, Gotthardstr. 82, 078 744 97 32 – R / Kerzen segnen mit Engel–Reiki / Workshops auf Anfrage 8032 Zürich, ANIMA–Experience, Lisa Maria Meierhofer, Freiestr. 155, 043 500 56 75 – Bf / Med / GH – www.anima–experience.com, info@anima–experience.com

Deutschland Therapeuten/Berater 09456 Annaberg–Buchholz, Pfr. Helmuth Goy, Parkstr. 37, 03733–142180 – GH / Ha / FH 31832 Springe, Ingeborg Oelmann, Allerfeldstr. 17, 05045–9126 726 – Psy / PsyS / SyS – http://www.lebe–mutig–deinen–traum.de, blues–rock1@web.de 57627 Hachenburg, Dr. med. Ulrich Klettner, Wiedstr. 2, 02662–9696967 – CM / MH / PsyS 61381 Friedrichsdorf, Franz Braum, Ostpreussenstr. 18, 06172–778468 – GH / PH / RT 87459 Pfronten, Magdalene Helk, Allgäuer Str. 42, 08363 925216 – RA / CH / TK / JK www.andalassa.com, info@andalassa.com

70

Wendezeit 6/15


1/08

Hellsehen 1/12

2/08

Karma

Edelsteine

2/12

3/12

Natur– Bach–Blüten wissenschaft 4/12 5/12

Was ist Leben? 6/12

Parallele Universen 1/13

Achtsamkeit Wunderkinder Savants 2/13 3/13

Burnout

Falun Gong

Charisma

4/13

5/13

6/13


Wendezeit

Die Zeitschrift, die das ganze Spektrum der unbegrenzten Möglichkeiten für ein ganzheitliches Leben im Wassermann­zeitalter zeigen will: Esoterik, Para­psycho­logie, Spiritualität, Lebenshilfe, My­stik, Ökologie, Alternativmedizin. Mit Reisereportagen und Beiträgen auch über Feng Shui, Heilöle/Steine, Medi­tation, sowie Vorstellungen von Buch– und CD–Neu­erscheinungen, u.a.m. Eine Medizin mit mehr Geist und Seele: das wünschen sich Abermillionen von Patienten. Entsprechend boomen «geistiges Heilen» und verwandte Heil­wei­sen. Auch um sie geht es in

Wendezeit Mit einer regelmässigen Kolumne von

Uri Geller

und einer Therapeuten-/Be­rater-/Dienstleistungsliste.

Schwerpunkt-Thema in der Nr. 1/16: WWF


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.