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Kontinuität und Wandel

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Helge Schneider

Helge Schneider

Als Friedrich Cerha in den Jahren 2007 und 2008 ein Schlagzeugkonzert für Martin Grubinger komponierte, war das in mancherlei Hinsicht außergewöhnlich. Bemerkenswert ist das Ergebnis: ein Werk, das als bedeutendstes seiner Art Eingang ins Standardrepertoire gefunden hat

VON DOMINIK SCHWEIGER

Der Schlagzeuger Martin Grubinger war gerade ein aufgehender Stern am Klassik-Himmel mit Anfang zwanzig, als er den achtzigjährigen Doyen der österreichischen Komponist:innen, Friedrich Cerha, darum bat, für ihn ein Solokonzert zu komponieren. Konzertante Werke für sein vielfältiges Instrumentarium, das erst durch Musiker:innen seiner Generation so richtig ins Zentrum des Musiklebens gerückt war, gab es Anfang des 21. Jahrhunderts noch nicht allzu viele, und schon gar nicht gab es sie in ausreichender Qualität. Grubinger wandte sich mit seinem Anliegen an jemanden, der seine Meisterschaft nicht nur längst unter Beweis gestellt hatte, sondern sich obendrein anschickte, seine jahrzehntelange Pionierarbeit als Komponist, Dirigent und Musiker mit einem reichen Alterswerk zu krönen.

Vivi Vassileva

(c) Julia Wesely

Es verging einige Zeit, bis Cerha Grubingers Bitte nachkam, doch dann komponierte er mit gewohnter Kompromisslosigkeit. »Als ich es schrieb«, erinnerte sich Cerha später, »hatte ich Grubinger noch niemals spielen gehört, und ich habe während der Arbeit auch keinerlei Kontakt zu ihm gesucht; ich wollte mich nicht in irgendeiner Weise beeinflussen lassen.« Herausgekommen ist ein Werk, das durch seine konzise Konstruktion ebenso besticht wie durch die Direktheit seines Ausdrucks. Als geradezu klassisch kann die Abfolge der drei Sätze beschrieben werden, die den Solisten oder die Solistin in verschiedenen Funktionen präsentieren: Fellinstrumente dominieren den kräftigen ersten Satz, metallische Nachhallinstrumente verleihen dem lyrischen Mittelsatz einen ätherischen Klang, auf trockene hölzerne Klänge konzentriert sich der virtuose Schlusssatz.

Friedrich Cerha ist im Februar kurz vor Vollendung seines 97. Lebensjahres verstorben, Martin Grubinger beendet im Mai mit seinem 40. Geburtstag seine aktive Bühnenkarriere. Umso schöner ist es, dass die Saison 2023/24 mit einem kraftvollen Zeichen der Kontinuität anhebt: Vivi Vassileva übernimmt den Staffelstab von Grubinger und eröffnet die Zyklen »Percussive Planet« und »RSO Wien« mit Cerhas Meisterwerk.

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Mi, 04/10/23, 19.30 Uhr · Großer-Saal

RSO Wien · Vassileva · Alsop

Nähere Informationen siehe Zyklus »Percussive Planet«

Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60598

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