SINFONIEORCHESTER
KALEIDOSKOP
6. Sinfoniekonzert Ravel & Sibelius So. 13. / Mo. 14. Februar 2022 Historische Stadthalle Wuppertal
OPER
TANNHÄUSER von Richard Wagner ab So. 6. März 2022 Opernhaus
Kirchplatz 1, 42103 Wuppertal Ticket-Hotline: +49 202 563 7666
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Für uns ist Nachhaltigkeit ein Selbstverständnis. Deshalb setzen wir für eine enkelgerechte Zukunft auf wirtschaftliches Handeln, soziale Verantwortung und ökologisches Bewusstsein. Was wir sonst noch gern machen, erfahren Sie auf barmenia.de
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›A midsummer night’s dream‹ von William Shakespeare ab Sa. 12. Februar 2022 Opernhaus
Das Kulturmagazin im Bergischen Land 01/2022 Januar-März
EIN SOMMER NACHTSTRAUM
die beste Zeit
SCHAUSPIEL
Foto © Frank Elschner
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FILME ZUR KUNST ISSN 18695205
Jeden Freitag im März 2022 Vorverkauf online ab 25.2.
Hans-Christian Schink, Zwischen Lemmersdorf und Kleisthöhe, 2016 © Hans-Christian Schink Die Ausstellung wird gefördert durch
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Hirschstraße 12 · 42285 Wuppertal www.skulpturenpark-waldfrieden.de
Online Das Archiv der Pina Bausch Foundation Ausstellung Fotografie trifft Landschaftsmalerei Porträt Winfried Konnertz: Typograf, Autor, Künstler Bühne Die Wuppertaler Oper trotzt der Flut Medienprojekt Filmen verleiht Flügel Rückblick Else Lasker-Schüler-Forum in Sanary-sur-Mer
The art of tool making
01/ 2 0 2 2 J a n u a r - M ä r z / 5. 8 0 € 19.12.21 11:24
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Editorial wenn Sie dieses Heft in den Händen halten, liegt das zweite Pandemiejahr hinter uns. Als wir vor einem Jahr an dieser Stelle hoffnungsvoll vorausblickten, haben wir uns nicht vorstellen können, dass wir heute immer noch nicht zu einer „Normalität“ im Kultur- und im sonstigen Leben zurückkehren können – und es ungewiss bleibt, wann und ob es überhaupt wieder die Normalität alter, liebgewonnener Gewohnheiten und ehemals unhinterfragter Erwartungen geben wird. Von denjenigen, deren Beruf das Kulturschaffen ist, leiden viele weiter unter den Einschränkungen bis hin zur Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz – wie viele Menschen in anderen Lebensbereichen auch. Dabei sind „die Kulturschaffenden“ alles andere als eine homogene Gruppe: Der Riss, der sich unter dem Druck dieser weltweiten Krise in der Gesellschaft aufgetan hat, verläuft längst auch innerhalb der Gruppen der Kulturschaffenden und der Kulturkonsumenten. Wo früher das gemeinsame Erleben Verbundenheit schuf, bleibt jetzt oft ein Unbehagen, wenn der Sitznachbar zu nahe rückt. Ensembles müssen entscheiden, wie sie mit einem Mitglied umgehen, das sich nicht impfen lässt. Sollte nicht gerade die Kunst immer ein Hort der Freiheit sein und Freiheit verteidigen? Und steht der Bereich des Kulturschaffens nicht gerade dadurch zugleich immer schon in der gesellschaftlichen Verantwortung? Was im Falle der Pandemie aber bedeutet, temporär auf individuelle Freiheiten zu verzichten … Wo liegt das rechte Maß? Wer steht auf welcher Seite, wer ist noch in welchem Maße gesprächsbereit? Wie werden sich diese Verwerfungen und Zerwürfnisse auswirken? Kann die Kultur dazu beitragen, Wunden und Risse zu heilen und Gemeinschaft mit kreativen Mitteln zu restituieren? Die schöpferische Kraft und Vielfalt des Kulturlebens in unserer Region, wovon auch diese neue Ausgabe von die beste Zeit wieder erzählt, stimmt uns in dieser Beziehung hoffnungsvoll.
Auch 2022 möchten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mit vier Ausgaben unseres Magazins wieder Türen zu dieser Vielfalt öffnen, Sie einladen zum Mit- und Nacherleben herausragender Ereignisse und zum Kennenlernen interessanter Menschen, und wir möchten den Kulturschaffenden der Region weiterhin ein Forum bieten, auf dem sie mit ihren Aktivitäten sichtbar werden. Dafür bitten wir herzlich um Ihre Mithilfe: Abonnieren Sie die beste Zeit, verschenken Sie sie bei der nächsten Gelegenheit, erzählen Sie davon im Freundeskreis, nutzen Sie die Möglichkeit, Ihr Geschäft oder Unternehmen mit einer Anzeige einem kulturbegeisterten Publikum bekannt zu machen! Damit wir Sie auch im nächsten Jahr an dieser Stelle hoffnungsvoll und tatenlustig begrüßen und unsere Leidenschaft für die Kultur weiterhin mit Ihnen teilen können. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern ein gutes neues Jahr 2022! Das Redaktionsteam Anne-Kathrin Reif, Willi Barczat und Rita Küster
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Liebe Leserinnen, lieber Leser,
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Inhalt 4 Zeitgenössischer Fotograf trifft Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts
Der Mensch ist immer indirekt präsent Daniel Buren, Tatsuo Miyajima und Bettina Pousttchi
One Window Three Artists
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Opulenter Bildband dokumentiert elf Jahre Ausstellungen im Skulpturenpark Waldfrieden
Vom Reichtum der Bildhauerei
Fotoausstellung von Maciej Czarnecki in der Galerie Ludwig XIV
Relikte der Entspannung
Axel Lieber in der Hengesbach Gallery
Asservatenkammer
Rückblick auf ein multimediales Kunstprojekt im Bergischen Städtedreieck
Experiment Raum
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Porträt über Winfried Konnertz
Typograf, Autor, Künstler
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Bettina Wagner-Bergelt im Gespräch mit Michael Hofstetter
Orpheus und Eurydike Psyche und Wahrhaftigkeit. Zur Musik von Christoph W. Gluck Das digitale Pina-Bausch-Archiv – erste Materialien stehen online
Zu Besuch im Tausendtürenhaus
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38 Wuppertaler Oper trotzt der Flut. Ein Rückblick von Fritz Gerwin
Soap Opera und Thriller
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Das XXXIII. Else Lasker-Schüler-Forum in Sanary-sur-Mer
Auf der Suche nach dem flüchtigen Paradies Maltechniken von Martini bis Monet.
Entdeckt!
Junge Menschen machen Filme beim Medienprojekt Wuppertal
Filmen verleiht Flügel
Das wirklich Verbindende liegt jenseits der Sprache
„Pourquoi pas…?“
Bücher, Ausstellung und „Neu in der Oper?“
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Kulturtipps für Kinder und Jugendliche
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Ausstellungen, Musik, Bühne, Kino
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Kulturtipps
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Verkaufsstellen
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Impressum
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Werk für Werk
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Kulturnotizen
Neue Kunstbücher vorgestellt von Thomas Hirsch
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Hans-Christian Schink, Büro (4), 1998, © Hans-Christian Schink
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„Der Mensch ist immer indirekt präsent“
Zeitgenössischer Fotograf trifft Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts
Die erste „Freundschaftsanfrage“ des Von der Heydt-Museums gilt Hans-Christian Schink (geb. 1961 in Erfurt). Mit einer Präsentation, die Arbeiten der zurückliegenden zwei Jahrzehnte des Fotografen mit Hauptwerken aus der Sammlung zur Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert zusammenführt, eröffnet das Museum eine Ausstellungsreihe, in der renommierte
zeitgenössische Künstler eingeladen werden, sich mit den reichhaltigen Beständen des Hauses auseinanderzusetzen. Kunsthistorikerin Beate Eickhoff, die die Ausstellung kuratiert, erkundet im Gespräch mit dem Fotografen Hans-Christian Schink die Möglichkeiten der Gegenüberstellung von Malerei und Fotografie.
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scher. Sie beschäftigen sich mit Landschaft und Architektur bzw. wie beides sich in der modernen Welt verbindet. Sie interessieren sich für urbane Räume, für eine „gebaute Umwelt“. Die Fotografie entspricht als moderne Technik in besonderer Weise dieser modernen Landschaft viel mehr als die Malerei. Ein Beispiel – und in dieser Ausstellung zu sehen – sind die imposanten, großformatigen Bilder von Autobahn-Böschungen. Auch die Aufnahmen von leeren Innenräumen fügen Sie in unserer Ausstellung ein in das große Thema „Landschaft“. Was reizt Sie an diesen Motiven? Mit nur wenigen Bildelementen kann ich etwas aus meiner Sicht Grundsätzliches erzählen. Die Autobahn-Böschungen zeigen sehr unmittelbar unser Streben nach Beherrschung der Natur, aber durch die Faszination, die von Farbe und Material ausgeht, auch die Ambivalenz, die für mich mit diesem Thema verbunden ist. Die „Büro“-Arbeiten sind noch radikaler reduziert. Die Aufmerksamkeit richtet sich so auf die Dinge, die einen Raum ausmachen, in dem sich irgendwann menschliche Tätigkeit abspielt. Und vielleicht auch auf die Frage, wie sich die Atmosphäre des Raumes auf diese Tätigkeit auswirkt. Andererseits bringt diese extreme Reduktion eine ganz eigene ästhetische Qualität die sich aber tatsächlich erst im großen Format der ausgestellten Bilder entfaltet. Gegenüber gestellt sind Landschaften von Malern wie Hodler und Munch. Eine Wechselwirkung entsteht, die die Augen für die grafische Anlage von Bildern öffnet. Beide Maler malen ja nicht das, was sie vor sich sehen. Sie erzeugen ein Gefühl, eine Empfindung für Leere, für Raum, obwohl sie im Zweidimensionalen arbeiten. Sie haben diese Bilder von Munch und Hodler ausgesucht für den Auftakt zur Ausstellung. Was fasziniert Sie aus der Sicht des Fotografen an diesen Malern? Speziell die beiden Arbeiten „Thuner See mit Stockhornkette“ von Hodler und „Schneeschmelze bei Elgersburg“ von Munch haben einerseits einen ganz konkreten Reali-
Die Fotografen von damals folgten wiederum den Landschaftsmalern und nahmen deren Kompositionen, deren Motive, die Pinie zum Beispiel, auf. Der Vorteil, den die Fotografen gegenüber den Malern hatten, war, dass sie die Landschaften schneller einfangen, festhalten konnten. Und, bedenkt man, dass viele Gemälde erst im Atelier fertiggemalt wurden, galt die Fotografie auch als authenti-
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Eickhoff: Einer der Schwerpunkte unserer Museumssammlung ist die Malerei des 19. Jahrhunderts und hier insbesondere die Landschaftsmalerei. Nun haben wir ein neues „Ausstellungsformat“, übertitelt „Freundschaftsanfrage“, begonnen und zum Auftakt Sie eingeladen, hier anzuknüpfen, eine Auswahl von Werken zu treffen und diese mit Ihrer Fotoarbeit der zurückliegenden beiden Jahrzehnte in Korrespondenz zu zeigen. Der Gedanke ist nahe liegend. Ihre Art zu fotografieren ist bereits öfter in Verwandtschaft zur Kunst des 19. Jahrhundert gesehen worden. Nämlich aufgrund Ihrer Fototechnik, die Sie wie die Fotografen des 19. Jahrhunderts dazu veranlasst, langsam und bedächtig zu arbeiten. Sie haben in den vergangenen 30 Jahren überwiegend analog fotografiert, was der Fototechnik des 19. Jahrhunderts in mancher Hinsicht nähersteht als der heutigen digitalen Fotografie. Worin liegen für Sie die Vorteile? Schink: Die Frage nach den Vorteilen stellt sich ja erst aus heutiger Sicht. Ich hatte 1988 während meines Studiums an der HGB (Hochschule für Grafik und Buchkunst) Leipzig die Arbeit mit der Großformatkamera für mich entdeckt. Bis dahin war, wie bei der großen Mehrzahl der DDR-Fotografen, die Kleinbildkamera mein fast alternativloses Werkzeug. Mir wurde damals aber sehr schnell klar, dass das Fotografieren mit der Großformatkamera meinem Naturell viel mehr entsprach. Das langsame Arbeiten vom Stativ, der Umstand, dass die Entscheidung für ein Motiv vor der Aufnahme und nicht bei der Auswahl aus einer ganzen Reihe von Bildern getroffen werden musste, kam mir sehr entgegen. Eine solche Kamera unterscheidet sich im Grunde nur unwesentlich von einer Camera Obscura, kommt also dieser ersten Möglichkeit, ein Bild auf technischem Weg zu erzeugen, am nächsten. Inklusive der Tatsache, dass die Mattscheibe der Kamera das Motiv auf dem Kopf stehend zeigt. Natürlich kann man schon lange auch mit einer Großformatkamera digital fotografieren. Ich empfand aber die auf das Wesentliche reduzierte analoge Technik und die damit verbundene Bedingung, nicht jedes Bilddetail von vornherein als manipulierbar ansehen zu können, als gute Basis, meinen Blick auf die Welt fotografisch umzusetzen.
Ferdinand Hodler, Thuner See mit Stockhornkette, 1910/11,
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Öl auf Leinwand, 65,5 x 88 cm, Von der Heydt-Museum Wuppertal
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Hans-Christian Schink, Parco degli Acquedotti (1), aus der Serie „Aqua Claudia“, 2014, © Hans-Christian Schink Oswald Achenbach, Pinien, um 1850, Pappe, 25 x 32 cm, Von der Heydt-Museum Wuppertal
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tätsbezug wie er auch der Fotografie ursprünglich eigen ist, andererseits weisen sie einen Grad der Abstraktion auf, der sich in meinem Medium mit analogen Mitteln nur äußerst selten erreichen lässt. Ich sehe diese Werke quasi auf halbem Weg zwischen Caspar David Friedrich und Mark Rothko (die sich in ihrer Grundhaltung vielleicht sogar recht nahe waren).
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Im 19. Jahrhundert galt Italien als das Sehnsuchtsland; die Maler suchten Erfüllung ihrer romantischen Sehnsucht. Wir zeigen italienische Landschaften von Oswald Achenbach, Carl Rottmann, Friedrich Nerly und anderen, die ausgesprochen in der Stimmung des 19. Jahrhunderts schwelgen. Sie selbst konzentrieren sich in Ihrer Fotoserie „Aqua Claudia“ dagegen auf ein Monument, die berühmte Wasserleitung Roms aus dem 1. Jahrhundert nach Christus – fast 70 Kilometer lang, die letzten 13 Kilometer in Richtung Stadt führen überirdisch. Das ist eine Kulturlandschaft, in der ein antikes Monument, das sozusagen die Ewigkeit verkörpert, und der Alltag heute aufeinanderprallen. Romantik ist sicher nicht das, was Sie interessiert, wenn Sie in Italien fotografieren? Doch, indirekt. Mein Bildgedächtnis ist aus verschiedenen Gründen stark geprägt von romantischer Malerei was meinen fotografischen Blick entsprechend beeinflusst. Besonders bei der Arbeit an der „Aqua Claudia“-Serie hatte ich
immer wieder das Gefühl, Motive, die die Italiensehnsucht der Maler des 19. Jahrhunderts inspiriert haben könnten, durch die heutige Realität hindurchscheinen zu sehen. Gleichzeitig war mir bewusst, dass die Sentimentalität der Spätromantik, die unseren Blick auf die Epoche der Romantik insgesamt prägt, schon damals einen hohen Grad an Verdrängung der unerfreulichen Aspekte der Wirklichkeit erforderte. Die Spannung, das Motiv eines römisches Aquädukts, das in der Malerei des 19. Jahrhunderts so ganz anders interpretiert wurde, im aktuellen urbanen Kontext zu zeigen, macht für mich die Faszination dieser Serie aus. Alle ihre Fotoarbeiten sind menschenleer, der Himmel ist neutral, keine Bewegung wird suggeriert. Im Vergleich zur Malerei, die spontan, beweglich, offen ist, wird dem Foto schon immer nachgesagt, es wirkt wie der eingefrorene Moment. Das wird in Ihren Arbeiten aus meiner Sicht noch einmal betont. Ich sehe das hier eher im Sinne des Minimalismus, der aus der Reduktion eine größtmögliche Freiheit, einen Spielraum der Betrachtung zulässt. Welche Motivation liegt bei Ihnen zugrunde, wenn Sie etwa Menschen, Wolkenspiel etc. auslassen? Wie bekommen Sie das hin? Es ist zuallererst eine Frage der Geduld. In hiesigen Breiten stellt sich irgendwann doch der gewünschte bedeckte Himmel ein. Unter sehr glücklichen Umständen zu dem Zeitpunkt, in dem ich ein Motiv finde. Ansonsten kehre
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Alfred Sisley, Winterlandschaft, 1888, Pastell, 38 x 55,4 cm, Von der Heydt-Museum Wuppertal
Hans-Christian Schink, Zwischen Lemmersdorf und Kleisthöhe, 2016,
ich zurück. In Rom, bei der Arbeit an der Serie „Aqua Claudia“, war mit solchem Wetter nicht zu rechnen. Alle diese Fotografien entstanden in der kurzen Zeitspanne zwischen dem morgendlichen Ende der Dämmerung und dem Sonnenaufgang. In dieser knappen halben Stunde gelang mir meistens nur eine einzige Aufnahme, und ich musste im Vorfeld genau wissen, wo ich die Kamera aufzustellen hatte. Die Wirklichkeit hat dann allerdings oft nicht mitgespielt, mal parkte ein Auto vor dem geplanten Motiv, mal wollte eine Straßenlaterne einfach nicht ausgehen. Zumindest lief um diese Uhrzeit meist niemand durchs Bild. Wenn also alle Faktoren stimmen, können sich die Fotografien von dem eingefrorenen Augenblick lösen. Da meine Bilder in den meisten Fällen Zeugnisse der Zivilisation zum Objekt haben, ist der Mensch stets indirekt präsent. Die Anwesenheit konkreter Personen macht eine Aufnahme aber zum Dokument einer Szene, eben zu einer Momentaufnahme. Der Fokus wird dann immer auf das gerichtet sein, was geschieht und nicht darauf, was ist. Eigentlich ging es auch den Landschaftsmalern nicht um das Geschichtenerzählen. Die Staffagefiguren beispielsweise bei Friedrich Nerly – ein Künstler, der wie Sie in Erfurt geboren wurde – treten auf wie Fremdkörper in der weiten Natur. Denen ging es um die Erzeugung von Stimmung. Die Maler, die als Schlüsselfiguren der Moderne
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gelten, erzeugen eine andere Stimmung, Courbet der Realist, Monet der Impressionist, Cézanne, der das, was er sah, auf die Form hin analysierte. Ein Stimmungswechsel, der einen Epochenwechsel anzeigt. Sie alle beschäftigen sich also mit der Frage nach der Abbildbarkeit von Wirklichkeit. Indem man nach der Abbildbarkeit fragt, befragt man auch das Medium. In welchem Verhältnis sehen Sie Ihre Aufnahmen zu dem, was man kennt, was man weiß zur Wirklichkeit? Meine Fotografien zeigen immer etwas real Existierendes. Es sind keine Kompositionen im Sinne eines aus verschiedenen Elementen zusammengesetzten Bildes. Und doch sind es keine Dokumente, sondern ein jeweils subjektiver Ausschnitt der Wirklichkeit, ein durch die Wahl des Standorts, der Perspektive, der Technik und des Lichts herausgelöstes Fragment. Dieser scheinbare Widerspruch ist ein Grundprinzip klassischer analoger Fotografie. Auch dieses Medium kann kein objektives Abbild liefern, selbst wenn dieses Missverständnis seine gesamte Geschichte durchzieht. Die Formulierung „ein Bild machen“ trifft es doch sehr gut. Sie sind um die ganze Welt gereist. Es gibt Bilder aus Japan und aus Vietnam, Orte, die mit den Reiseländern der Maler des 19. und beginnenden 20. Jahrhundert nichts zu tun haben. Aber Sie sehen dort Landschaften mit den Augen eines 7
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aus der Serie „Hinterland“, 2012-2019, © Hans-Christian Schink
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Edvard Munch, Sternennacht, 1893, Leinwand, 108,5 x 120,5 cm, Von der Heydt-Museum Wuppertal
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in Westeuropa im 21. Jahrhundert „sozialisierten“ und „trainierten“ Künstlers. Es sind Serien von Arbeiten entstanden, die jeweils einem Interesse folgen, einem Ansatz. In unserer Ausstellung führen Sie beispielsweise Bilder eines Waldes in Vietnam zusammen mit Waldbildern aus unterschiedlichen „Malerschulen“ des 19. Jahrhunderts. Wie wählen Sie aus, welcher Idee folgen Sie, wenn Sie reisen? Ich folge in der Regel keinem festen Konzept. Es gibt einen gedanklichen Rahmen und eine ungefähre Vorstellung von Inhalt und Atmosphäre eines Projekts. Die eigentliche Form entsteht dann allmählich bei der Arbeit daran. Dabei kommen häufig noch Aspekte ins Spiel, die ich anfänglich gar nicht im Blick gehabt hatte. Mitunter lässt sich eine Idee aber einfach nicht in „meine“ Bilder umsetzen. Das war zum Beispiel in Vietnam der Fall. Ich wollte der Frage nachgehen, ob sich 30 Jahre nach Ende des Krieges dieses Ereignis noch unmittelbar an der Landschaft ablesen lässt, ohne Ruinen oder zerstörtes Kriegsgerät im Dschungel zu zeigen. Das wäre mit einem journalistischen Ansatz vielleicht möglich gewesen, bei meiner Arbeitsweise jedoch nicht. Also habe ich die Idee aufgegeben und versucht,
mich auf Entdeckungen bei der Reise durch das Land einzulassen. Eine ganz neue Bild-Serie wird in der Ausstellung erstmalig gezeigt: Bilder, die Sie unter Wasser gemacht haben. Sie arbeiten gerade an einem – wie ich schon sehen konnte – ganz wunderbaren Katalogbuch dazu. Bei diesen Unterwasserbildern spielt der Zufall eine Rolle, ähnlich bei dem „1hProjekt“, für das Sie an verschiedenen Orten der Erde den Verlauf der Sonne aufgenommen haben. Das sind sozusagen gefundene Bilder, denen wir Bilder, in denen es um im weitesten Sinne „Übernatürliches“ geht, gegenüberstellen. Wir mit unserem bloßen Auge können diese Bilder nicht sehen. Wie unterscheidet sich dieses Projekt für Sie von den vorangegangenen, und wo sehen Sie Parallelen? Der Zufall spielte eine noch viel größere Rolle als beim „1h-Projekt“, bei dem zumindest das Motiv der jeweiligen Landschaft gegeben war. Den Verlauf der Sonnenlinie konnte ich jedoch nur erahnen und die Entwicklung des Wetters während der einen Stunde der Aufnahme nicht immer vorhersehen. Bei der „Unter Wasser“-Serie habe ich
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die Kontrolle über das entstehende Bild noch weiter ausgesetzt. Ich bin nicht getaucht, sondern habe die Kamera an Stellen, die mir aus der Draufsicht spannend erschienen, ins Wasser gehalten. Erst im Nachhinein habe ich am Computer aus Hunderten Aufnahmen eine Auswahl getroffen. Während „1h“ ganz entscheidend auf den Eigenschaften des analogen Filmmaterials fußt, ist die neue Serie so nur mit digitaler Technik realisierbar gewesen. Die Parallele zu anderen Projekten zeigt sich erst im nächsten Schritt der Aufarbeitung. Ich entscheide mich für Motive, die ich auch beim Blick durch die Kamera als „gültig“ empfunden hätte, das heißt, ich lege die gleichen Kriterien zugrunde. Das Projekt „Hinterland“ ist in Mecklenburg-Vorpommern entstanden: Sie nehmen nun wieder sozusagen heimat-
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liche Gefilde in den Blick. Hat sich dieser Blick durch die vielen Reisen verändert? Was bedeutet für Sie persönlich diese Rückkopplung? Ich bin, zumindest in Hinsicht auf meine Arbeit, gelassener geworden. Und die Erfahrung der vielen Reisen hat dazu geführt, dass die Distanz im Blick auf mein eigenes Umfeld geringer geworden ist.
Hans-Christian Schink Freundschaftsanfrage No.1 27. Februar bis 10. Juli 2022
Von der Heydt-Museum Turmhof 8, 42103 Wuppertal www.von-der-heydt-museum.de 9
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Hans-Christian Schink, 2/26/2010, 7:54 am 8:54 am, S 36°49.622‘ E 175°47.340‘, aus der Serie: „1h“, 2003-2010 © Hans-Christian Schink
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One Window Three Artists Daniel Buren Tatsuo Miyajima und Bettina Pousttchi
Das Fenster, die Membran zwischen Innen und Außen, wird Skulptur: Der Skulpturenpark Waldfrieden zeigt von März bis November 2022 eine Reihe von drei aufeinanderfolgenden Ausstellungen, in denen erstmals die Architektur einer Ausstellungshalle zum künstlerischen Ausgangspunkt wird.
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Daniel Buren, Tatsuo Miyajima und Bettina Pousttchi realisieren für jeweils drei Monate eine neue Arbeit für die Glasfassade der Ausstellungshalle im unteren Parkgelände.
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Die Betrachtenden erreichen die Halle vom höher gelegenen Parkgelände über einen leicht abschüssigen Fußweg. Die anfängliche Aufsicht auf die Halle und das Kunstwerk weichen einer Untersicht, sobald man vor der Halle steht. Jedes Werk wird direkt auf die große Fensterfront der Hauptfassade appliziert und verbindet visuell und konzeptuell den Außenraum, den Park, mit dem Innenraum der Halle. Das Fenster selbst wird also zum Objekt. Das Zusammenspiel zwischen Außen- und Innenraum, die sich verändernden Lichtverhältnisse im Wechsel der Tagesund Jahreszeiten und die Schattenzeichnungen auf dem Hallenboden und den Wänden, schaffen ein vielschichtiges assoziatives Bild. Die Halle bleibt bei jeder Ausstellung für weitere Objekte bewusst leer. 10
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Ausstellungshalle im unteren Parkgelände, Foto: Süleyman Kayaalp
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Die drei Künstler aus drei Generationen stehen jeweils für ein eigenständiges künstlerisches Werk, das seit vielen Jahren international wahrgenommen wird. Im Skulpturenpark Waldfrieden werden sie erstmals im Rahmen dieser Ausstellungsreihe in Zusammenhang gebracht.
Daniel Buren: 19. März bis 19. Mai
Daniel Buren, Around the corner, work in situ, in „The Eye of the Storm“, Guggenheim Museum, New York, 2005. Detail. Foto: DB-ADAGP Paris
Seit den 1970er-Jahren hat Daniel Buren (*1938, lebt und arbeitet in-situ) Arbeiten in und auf Architektur realisiert, so unter anderem 2016 für die Fassade der Fondation Louis Vuitton in Paris oder im Rahmen seiner Ausstellung im Guggenheim Museum New York 2005. Prägnantes visuelles und stets wiederkehrendes Detail seiner Arbeit ist die Verwendung von 8,7 cm breiten vertikalen weißen Streifen. Damit bettet er seine weltweit realisierten Werke in einen Gesamtzusammenhang. Eine permanente Installation von Daniel Buren befindet sich im Café des Von der Heydt-Museum Wuppertal.
Tatsuo Miyajima: 2. Juni bis 18. August
Tatsuo Miyajima, Time Waterfall, ICC-Tower Hong Kong 2016,
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Foto: MCH Messe Schweiz (Basel) AG
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Bettina Pousttchi, Amplifier, Konzerthaus Berlin 2021, Courtesy Bettina Pousttchi, Foto: Jens Ziehe
Tatsuo Miyajima (*1957, lebt und arbeitet in Ibaraki, Japan) ist international bekannt geworden mit Arbeiten und Installationen aus farbigen LEDs (Licht emittierende Dioden), die in unterschiedlichen Geschwindigkeiten etwa von 1 bis 9 zählen. Der Künstler beschäftigt sich mit grundsätzlichen Fragen unserer Wahrnehmung von Zeit und Raum. Tatsuo Miyajima hat zahlreiche Werke in Korrespondenz mit Architektur realisiert, etwa für die Universität Dufour in Genf, das Denver Art Museum in den USA oder für die Fassade des ICC Tower in Hong Kong 2016. Eine seiner bekannten LEDArbeiten ist in der Villa Waldfrieden installiert.
Bettina Pousttchi: 3. September bis 6. November Bettina Pousttchi (*1971, lebt und arbeitet in Berlin) ist international bekannt geworden mit ihren schwarz-weißen Fotoinstallationen, die oft ganze Häuserfassaden bedecken und Bezug nehmen auf den urbanen oder historischen Kontext eines Ortes. Unter anderem hat sie 2021 eine fotografische Arbeit für die Hauptfassade des Konzerthaus Berlin realisiert, 2014 eine Arbeit auf Fenstern im Rahmen ihrer Ausstellung im Nasher Sculpture Center in Dallas oder 2012 für die Rotunde und den Ostflügel der Schirn Kunsthalle Frankfurt. Von Dezember 2021 bis Juni 2022 werden ihre Werke im Arp Museum Rolandseck ausgestellt, und ab Juni 2022 findet eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn statt, für die die Künstlerin eine große Installation auf der Dachterrasse realisieren wird. Ruth Eising
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Vom Reichtum der Bildhauerei
Opulenter Bildband dokumentiert elf Jahre Ausstellungen im Skulpturenpark Waldfrieden
Als Tony Cragg einst von den Nachkommen des Wuppertaler Lackfabrikanten Kurt Herberts dessen ehemaliges Privatgelände samt anthroposophischer Villa erwarb, um daraus einen Skulpturenpark zu machen, erntete er keineswegs ungeteilte Begeisterung. Be-
Die Bandbreite reicht von ganz unterschiedlichen figürlichen und gegenständlichen Positionen etwa von Stephan Balkenhol, Jan Fabre, Markus Lüpertz, Luise Kimme oder Erwin Wurm bis zu abstrakten wie Lynn Chadwick, Jaume Plensa, Eva Hild oder William Tucker. Von Christiane Löhrs hauchzarten Blüteninstallationen bis zu Eduardo Chillidas wuchtigen Eisenskulpturen, von den skurril-verspielt anmutenden, kopfstehenden Fantasiearchietekturen eines Thomas Virnich und den quietschenden Maschinen Jean Tinguelys bis zu den nahezu auf die Linie reduzierten Raumplastiken von Norbert Kricke. Von der Land Art des Richard Long bis zu Multimediaarbeiten von Bruce Nau-
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Skulpturenpark Waldfrieden, Ausstellungen 2008-2019. Cragg Foundation (Hrsg.), de/en, 28 x 28 cm, 332 S., 379 Abb., Hardcover, 40,- € 13
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denkenträger brachten sich in Stellung, Anwohnerinnen fürchteten um ihre Parkplätze. Alles Schnee von gestern. Tony Craggs Skulpturenpark Waldfrieden ist unbestritten eine Oase inmitten der Stadt, die ihresgleichen sucht, ist Anziehungsort für Besucher von nah und fern und schon mit seiner ständigen Ausstellung ein Kulturort von internationalem Rang. Und obendrein bietet er die Gelegenheit, über die Jahre ein unvergleichlich breites Spektrum von Positionen zeitgenössischer Bildhauerei kennenzulernen. Davon legt jetzt ein schwergewichtiger Bildband Zeugnis ab, der die Wechselausstellungen der ersten elf Jahre (2008 bis 2019) dokumentiert. Wobei Bildband wörtlich zu nehmen ist, denn Farbfotografien von ausgesuchter Qualität nehmen den größten Teil dieses opulenten Buches ein. Ergänzt werden sie durch ein Vorwort von Tony Cragg und einen Auftakt-Text der Kunsthistorikerin Carmen Klement: Darin kommen die Vorgeschichte des Parks und der Villa ebenso zur Sprache wie die Anlage des Skulpturenparks mit seinen drei Ausstellungshallen und der vielfältige Baumbestand des Parks. Bilder von einigen ständigen Exponaten in verschiedenen Jahreszeiten runden das Kapitel ab, dann folgen die Wechselausstellungen in chronologischer Abfolge.
man. Nicht zu vergessen die großen „Klassiker“ wie Henry Moore, Joan Miró, Jean Dubuffet. 38 Einzel- und Gruppenausstellungen sind es insgesamt. Ihre Vielfalt spiegelt Tony Craggs großen Respekt gegenüber auch solchen bildhauerischen Positionen, die von seiner eigenen weit entfernt sind, genauso wie seine Begeisterung für das Metier der Bildhauerei überhaupt. Der prächtige Katalog vermittelt davon einen schönen Eindruck. Dies kann (und muss) man sich freilich schauend selbst erschließen – erläuternde Texte gibt es außer einem Künstlerverzeichnis mit Kurzbiografien im Anhang nicht. Das Buch ist somit weniger ein Kompendium zum Studium zeitgenössischer Bildhauerei als ein Coffeetablebook im schönsten Sinne, lässt man es doch am besten offen liegen, damit man jederzeit darin blättern kann. Anne-Kathrin Reif
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So viel Entspannung war nie: das schwimmende Café einer Feriensiedlung
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Relikte der Entspannung
Fotoausstellung von Maciej Czarnecki in der Galerie Ludwig XIV Ein See inmitten von Wald. Die Lichtung einer Sandbucht, eins, zwei Badende schauen aufs Wasser. Am Ufer liegt eine flache Kapsel aus Glas und Beton: Ein Ufo scheint in dieser einsamen Landschaft gelandet zu sein. Das Dach gleicht dem Panzer einer Schildkröte.
Ryszard Kopczynski lacht. „Ja, da staunst du, was? Das waren damals die Wunderwerke des osteuropäischen Sozialismus.” Dieses witzig-verspielte Gebäude, erfahre ich, war das schwimmende Café einer Feriensiedlung, in der die polnischen Werktätigen ihren Urlaub verbrachten.
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Nicht hoch oben auf dem Himalaja – bloß die Schneekoppe im Riesengebirge (1603 Meter). Das meteorologische Hochgebirgsobservatorium auf dem nie ka-Gipfel hat die Form „fliegender Untertassen“ Architekten Witold Lipi ski und Waldemar Wawrzyniak entworfen. (1966-74). Im unteren Teil befinden sich ein Restaurant und ein TourismusZentrum.
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und wurde von den polnischen
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Der Ausstellungsraum mit einer beeindruckenden Bilderstrecke, Foto: Ryszard Kopczynski
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Zu Urlaubs- und Erholungszwecken in die Natur hineingesetzt, Foto: Willi Barczat
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Zum Teil sind die Gebäude noch im Gebrauch, zum Teil haben sie schon den Charme von Ruinen, Foto: Willi Barczat
Unter dem Titel „Relikte der Entspannung“ sind die neuesten Arbeiten des jungen polnischen Fotografen Maciej Czarnecki zu sehen. Ihr Thema ist die Funktionalarchitektur der Vor- und Nachkriegsmoderne, ab 1920 bis heute. Besonders angetan haben es ihm die Wohnmaschinen, Plattenbausiedlungen und die Gebäude, die zu Urlaubsund Erholungszwecken in die Natur hineingesetzt wurden, wie zum Beispiel das Ufo-Café am Badesee. Zum Teil sind sie noch im Gebrauch, zum Teil haben sie schon den Charme von Ruinen. Dabei geht der Fotograf von seinem eigenen Lebensraum aus, Niederschlesien, wo er reich fündig wurde mit bizarren sozialistischen Architekturen. Manchmal wirken sie lächerlich bieder, und manchmal staunt der Betrachter über so viel Fantasie und kühnen Einfallsreichtum. Ja, es ist durchaus vergnüglich, diese Abbildungen zu betrachten. In einer Mischung aus Rührung und ironischer Distanz blickt Kopczynski auf die Gebäude, in der er seine Jugend in Polen verbracht hat, aber durchaus auch mit Re-
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spekt vor der Originalität der Architekten, die vor mehr als einem halben Jahrhundert gebaut haben, und auch ihrem Wagemut. Er stammt ebenso aus Niederschlesien wie der ausstellende Fotograf und auch der Schreiber dieser Zeilen. Maciej Czarnecki hat sein Auge übrigens an der Technischen Universität Wroclaw/Breslau geschärft, wo er Raumplanung und Urbanistik studiert hat. Mittlerweile könne er gar nicht sagen, ob er „Architekturfotograf” oder „Architekturjäger” sei. Längst ist er über Polen hinausgegangen, hat den Balkan bereist, Georgien, Aserbaidschan – alles ehedem sozialistische Länder –, und hat Aufnahmen von einer ähnlichen Bauästhetik mitgebracht. Auch hier in Wuppertal hat der junge Mann seine Tage natürlich genutzt, um entsprechende Bauten zu fotografieren, unten im Tal die Sparkasse, die Bergische Universität oben oder die Böhm-Kirche von Neviges. Vielleicht werden wir die Ergebnisse ja in ein paar Jahren in der Foto-Galerie „Ludwig XIV” zu sehen bekommen. Michael Zeller
Relikte der Entspannung Maciej Czarnecki Galerie „Ludwig XIV” Ludwigstraße 14, 42105 Wuppertal Die Ausstellung kann nach telefonischer Vereinbarung besucht werden 0202 6481401 oder 0151 23455170 www.kopczynski.de 17
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Zusammen schauen wir uns jetzt die erste Ausstellung seit Corona an, die der in Wuppertal arbeitende Fotograf Ryszard Kopczynski in seiner Galerie „Ludwig XIV” seit Anfang November zeigt. Hinter dem Namen „Ludwig XIV” verbirgt sich nicht die Pracht barocker Paläste, sondern ein vergleichsweise schmuckloser großer Funktionsraum in der Ludwigstraße 14, in Blickweite der Gathe, und passt damit sehr viel besser nach Wuppertal als nach Versailles. Der Raum beherbergt die erste und einzige Fotogalerie der Stadt, die Kopczynski sich neben dem Beruf als Hobby leistet.
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Asservatenkammer Axel Lieber in der Hengesbach Gallery
Eine Asservatenkammer ist ein gesicherter Raum zur Aufbewahrung von Beweisstücken. Axel Liebers Kammer lässt sich nicht betreten, ist aber von außen einsehbar. Sie hat etwas von einer Stellage, in welche die Beweisstücke eingepasst sind. Beweise rufen ein vergangenes Geschehen wach, sind Fragmente und Aspekte dieses Geschehens und
regen zur Visualisierung und Interpretation an. Sie vermitteln einen Einblick in die Dimensionen des Geschehens ohne Rücksicht darauf, ob es uns angenehm oder unangenehm ist. Sie stellen bloß, die Entblößungen werden aber nur skelettiert sichtbar. Sie können dem Kern einer Sache auf den Grund gehen, das Geschehen verdichten, stellen es dabei jedoch mitunter auf den Kopf oder stülpen es um, so-
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„Asservatenkammer“, 2021, Holz, Lack, diverse Skulpturen und Modelle, ca. 250 x 220 x 280 cm
„Without Words“, 2020, Comics, Fine Art Prints, Farbe, Kappa, Permanentmarker, 44 x 64 x 4 cm
dass das Innere nach außen gewendet und das Äußere auf sein Inneres befragt wird. Sie sind etwas Konkretes, ordnen das Geschehen einzelnen Bereichen zu und leiten über zu Überlegungen der allgemeinen Tragweite der in dem Geschehen zusammenlaufenden Handlungen.
Übertragen wir diese Überlegungen auf den Lieber‘schen Skulpturbegriff, dann springt ins Auge, dass seine Werke recht wenig mit einer klassischen Skulptur als ästhetischer Formation eines Objekts zu tun haben. Die beiden zentralen Begriffe der Formerfindung und der Materialgestaltung spielen bei ihm nur eine untergeordnete Rolle. Liebers Arbeiten werden auch nicht angemessen als Aufgreifen und Verwandeln von Dingen beschrieben. Zwar benutzt er vorhandene Dinge, aber seine bildnerischen Eingriffe sind nicht einfach Verwandlungen, sondern vollständige Umwandlungen der Dinge in etwas anderes, bei dem wesentliche Aspekte des Dinghaften zugunsten der Beziehung auf menschliches Handeln und menschliches Geschehen umgepolt werden.
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Eine weitere Fehldeutung ist abzuweisen: Axel Lieber entstammt einer Generation von Bildhauerinnen und Bildhauern, in der es eine starke Strömung gegeben hat, Objekte zu Modellen zu formieren. Ihre Intention besteht darin, die Vielgestalt unserer Welt auf elementare Ideen und prägnante Anschaulichkeit zu reduzieren. Liebers Anliegen ist aber trotz äußeren Anscheins nicht objekthafte Reduktion, sondern Wandlung in einen verbalisierenden Raum von Bedeutungsverknüpfungen. Statt Versteinerung auf Elementarformationen möchte er verflüssigen, statt Konstruktion ästhetischer Prototypen möchte er subversiv bildhauerische Unscheinbarkeit verströmen, die mit der ehernen Gegenständlichkeit bricht und das menschliche Geschehen als dynamisches Gefüge aufruft. Deswegen haben Liebers Skulpturen auch meist nur ein geringes Gewicht. Sie bevorzugen die Nähe zu Papier, weil auf ihm die Gedanken fliegen oder schweben können und dabei nicht an Steinernes und Erzenes festgebunden sind. Eine Asservatenkammer bewahrt Vergangenes. Ohne unsere Interpretationsarbeit sind die Objekte jedoch nur abgestandene Fragmente, bringen keine Lebendigkeit in unsere Welt zurück, kein menschliches Geschehen in seiner bizarren Vielgestaltigkeit ersteht wieder auf. Liebers Skulpturen wird man nicht gerecht, wenn man sie als gegenüberstehende Objekte betrachtet, die auf ästhetische 19
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Beweisstücke sind Objekte, aber ihre Objekthaftigkeit enthält zunächst keine angemessene Aufklärung über ihren eigentlichen Charakter. Das Bedeutende an ihnen wird erst dann sichtbar, wenn ihre Verwicklung in Handlungen aufgedeckt wird und sie uns über diese Handlungen genauer unterrichten und uns diese plastisch vor Augen stellen. Aus unserer Vertrautheit mit Handlungen und aus unserem Wissen über die Vielfalt an Möglichkeiten von Handlungen muss der richtige Bezug des Objekts zu dieser Vielfalt herausgelesen werden und die Möglichkeiten auf das entscheidende Geschehen reduziert werden.
Liebers Skulpturen werden manchmal auch als Assemblagen bezeichnet, weil sie mitunter aus einer Zusammenfügung von Objekten bestehen. Eine solche Lesart hebt jedoch nur die ursprüngliche Herkunft und die Verschiedenartigkeit der Objekte hervor, betrachtet aber das skulpturale Werk nicht im Hinblick auf das neu entstandene körperliche Gefüge, auf die mit ihm verbundenen Handlungen und die damit verknüpften poetischen Gefüge.
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Eigenschaften befragt werden können. Seine bildhauerische Arbeit besteht in einer Entkörperlichung von Dingen und ihrer Transformation zu einer Neukörperlichkeit. Die Entkörperlichung wird bewirkt durch Entkernen und Fragmentieren, eine Arbeit der Hände. In der deutschen Sprache haben wir semantisch die Nähe von Hand und Handlung bewahrt. Für Handlungen sind Hände häufig der Ausgangspunkt. Ihr geheimes oder unterschwelliges Leben, ihre indirekte Sichtbarkeit spielt in vielen von Liebers Skulpturen eine zentrale Rolle: in Bewegungssuggestionen, in Formkompressionen oder als Verborgenes hinter den Hüllen wie beim Marionettenspiel.
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Liebers Neukörperlichkeit erscheint manchmal als Überbleibsel, als Geschrumpftes, als Ausgezehrtes, als Gestrecktes oder Gedehntes, Gespanntes, als Eingeschachteltes oder Verschachteltes. Diese Zustandsweisen stehen jedoch nicht für sich oder bilden einen intendierten Wert. Sie müssen immer so verstanden werden, dass in dieser Umwandlung der Dinge bzw. in diesen Umstülpungen der menschliche Körper das unverzichtbare Zwischenglied bildet. Mit dem menschlichen Körper kommt Bewegung, Kraft, zugleich aber auch Handeln, Gestaltung des menschlichen Lebensraumes ins Spiel. Unser Körper ist permanent mit Überlegungen und Planungen beschäftigt, um unser Leben zu organisieren. Dieses setzt sich zusammen aus einer Vielfältigkeit von Handlungen, die generalisierend als Ordnen, Einstellen und Aufstellen, Einfügen, Einräumen, als Sammeln, Zurecht- oder Passendmachen, als Messen, Sich-Aufhalten, Sich-einen-Halt-Geben, als Kleiden, SichFassen, die Fassung-Bewahren, Sich-einen-Rahmen-Geben oder In-einen-Stellen, als Sich-Richten, Aufrichten, Gerade-Richten, Einrichten, Platz-Schaffen, als Ablegen und Wiederaufgreifen, als Zählen und Erzählen, Erinnern, nach Innen-Gehen usw. interpretiert werden können.
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Verdeutlichen wir dies mit einer Analogie zur menschlichen Sprache: Lieber wandelt das bisher klassisch Substantivische der Skulptur zu einer verbalisierenden Skulptur. Dies ist ein einschneidender Paradigmenwechsel zu einer anderen Weise, auf Skulptur zu blicken. Denn mit der Ausrichtung auf menschliches Geschehen treten zwei grundlegende Fragen in den Vordergrund: Menschliches Geschehen kann in unterschiedlicher Weise ablaufen. Die Ablaufmodi werden ständig bewertet, indem wir Maßstäbe an sie anlegen. Lieber stellt in allen Arbeiten Fragen nach dem richtigen Maßstab. Menschliches Geschehen kann nicht nur von außen in seinem Verlauf, sondern auch von innen angeschaut werden. Bei der Innensicht interessieren
uns die Beweggründe und die Bedeutungen, mit denen wir das Geschehen interpretieren. Diese Bedeutungen schöpfen wir aus dem umfangreichen Vorrat unserer verbalen Be- und Zuschreibungen und dem Netz, welches wir mit den Beschreibungen aufspannen und in welchem wir modellierend beständig Verschiebungen vornehmen. So werden bei Liebers Skulpturen nicht nur Tätigkeiten aufgerufen, sondern zugleich auch unser Bewerten und unsere Interpretationsmöglichkeiten. Betrachten wir eine zunächst völlig unscheinbare Skulptur: An einer Verstrebung der Asservatenkammer hängt schlaff ein Bändel. Das Bändel ist ein Schnürsenkel, an welchem kleine Ringe von stofflichem Gewebe zu einer Kette aufgereiht sind. Bei den Ringen handelt es sich um die runden, durchlöcherten Fragmente des Gewebes der Schnürleiste eines Turnschuhs, in welchem der Schnürsenkel mit seiner Zugkraft seine Arbeit geleistet hat. Nicht mehr die horizontal gestreckte Form des Turnschuhs, sondern der Schnürsenkel hält wie ein seidener Faden den objekthaften Bestand zusammen. Das den Fuß ehemals Umschließende und ihm seinen Halt Gebende hat sich aufgelöst. Doch die Kraft, mit welcher er zugeschlossen wurde und welche ihm den passenden Sitz und die Möglichkeit für einen sicheren Stand und festen Abdruck gewährt hat, ist bewahrt. Die Schmuckform des Gewebes hat sich in eine andere Schmuckform umgewandelt, in eine Kette, die sich zart um unseren Hals legen könnte, und damit ist das Untere nach oben gekehrt.
Liebers Skulpturen verströmen ihren Reiz nicht durch den materialen Körper, sondern durch den Austausch von Körpern, den sie suggerieren oder vorschlagen, ferner durch die Verschiebung der Bedeutungen, die in dem Assoziationsfluss der mit ihnen verbundenen Tätigkeiten auftauchen. Manchmal erinnert solch ein Fluss an kindliche Fantasien, die sich in ihrem übersprudelnden Assoziationsreichtum noch nicht durch die Trennung in isolierte Objekte eingeengt fühlen. Um dafür frei zu werden, ist aber eine andere Art von Wahrnehmung und geistigem Nachsinnen notwendig als das bloße Begegnen-Lassen eines Objekts. Liebers Werke fordern ein Mitschwingen in dem reichen Raum des menschlichen Treibens und Tätigseins und zugleich ein Eindringen in die poetische Tiefe der Bedeutungszuschreibungen unseres Tuns mit seinen Motivlagen. Dafür lassen sie uns eindringen in eine tiefere Art der Beschäftigung und Sicht auf die Welt unseres menschlichen Geschehens jenseits der bloßen Beweisstücke. Rolf Hengesbach, alle Fotos: Dirk Wüstenhagen
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„Mein konstruktiver Alltag (SERVIZIO CLIENTE 06.10.2020)“, Karton, Holz, 73 x 42 x 33 cm
Axel Lieber – Asservatenkammer 31. Oktober bis 28. Januar 2021/22 Hengesbach Gallery Vogelsangstr. 20, 42109 Wuppertal www.hengesbach-gallery.de info@hengesbach-gallery.de 0202 75 35 32 Montag bis Freitag, von 13 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung 21
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Abb. oben rechts und unten: Installationsansichten
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Chrystel Guillebeaud und Mitch Heinrich „papillon in die beurre“, Tanz-und-Text-Performance,
Experiment Raum
Irena Paskali, „open dialog“, Videoperformance
Rückblick auf ein multimediales Kunstprojekt im Bergischen Städtedreieck
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Raum aus künstlerischer Sicht zu befragen, zu erforschen und neu zu definieren – das war die Herausforderung des multimedialen Ausstellungsprojektes Experiment_Raum.
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Eingeladen von der Ins Blaue Art Gallery, einem Bestandteil des gemeinnützigen Vereins Kulturwerkstatt Ins Blaue e.V. am Remscheider Honsberg, haben sich 24 Medienkünstlerinnen und -künstler in Remscheid, Wuppertal und Solingen auf ihre Weise mit unterschiedlichen Raumsituationen auseinandergesetzt. Vielfältige Ausdrucksformen fanden so im Projektzeitraum September bis November 2021 zusammen – darunter Licht-, Sound- und Videoarbeiten, ein Tanz-und-Text-Theaterstück, eine Sound-Performance und ein Liegekonzert. Die medialen Künste sind zeitbasiert, flüchtig und vergänglich. Für eine bestimmte Zeit können sie Orte, Menschen und Landschaften, unsere Stimmungen und Wahnehmungen verwandeln, in besonderer Weise hervorheben, neu erfinden. Das hat dieses spannende Projekt auf eindrucksvolle Weise bewiesen. Für DIE BESTE ZEIT lassen die Initiatorinnen Regina Friedrich-Körner, Nina Trompetter und Katja Wickert die vielfältigen Beiträge noch einmal Revue passieren:
zerin Chrystel Guillebeaud begeistern das Publikum mit der Tanz-und-Text-Performance „papillon in die beurre“, ein „Absurdes Theaterstück in Progress“. Mehrsprachig, mit Händen und Füßen nehmen sie ihren Raum tänzerisch, spielerisch ein. Frei nach dem Motto „Eine Story – ein Drink“ laden den Nachmittag über Su-Jin Zieroth und Thorsten Krämer mit ihrer Erzähl-Bar dazu ein, Geschichten und Gespräche gegen ein kühles Getränk zu tauschen. CYLVESTER „ALL YOUR BASE“
Die Eröffnung von Experiment_Raum findet am 4. September im Garten der Ins Blaue Art Gallery in Remscheid statt: Der Sprachkünstler Mitch Heinrich und die Tän22
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Vogelgezwitscher lockt dagegen die Besucherinnen und Besucher in Ria Gerths „Tagtraum #5“. Die Künstlerin thematisiert in ihren Videoarbeiten die doppelbödige, menschliche und räumliche Koexistenz im Grenzbereich zwischen Fiktion und Realität. So ist auch ihre zweite Arbeit „Tagtraum #7“ als eine surreale Allianz von fiktiven Alltagsszenen und Traumsequenzen zu betrachten. Ein Mobile aus Spiegeln wirft das projizierte Bild zurück durch den Raum und über seine Grenzen hinaus.
Irena Paskali, „salty drops“, Rauminstallation
Mit Sonnenschirm und Mikrofon kreieren die beiden so „einen temporäreren Raum der mündlichen Überlieferung als soziale Plastik“.
Leises Tropfen, Wasser trifft auf Wasser. In der Ins Blaue Art Gallery sorgen Irena Paskali „Salty Drops“ für eine diffuse Atmosphäre. Die Künstlerin entwirft ein szenisches Bild mit einer Videoprojektion eines weinenden Augenpaares und zahllosen, mit floureszierender Flüssigkeit gefüllten Glasgefäßen, die den dunklen Ausstellungsraum wie eine schwebende Skulptur durchziehen. In ihrer Videoperformance „open dialog“ drehen sich zwei Frauen unaufhörlich in einem Kreis oder verflechten ihre Haare miteinander, um sich dann schmerzhaft wieder voneinander zu trennen – ein Spiel mit räumlicher Trennung und Verbundenheit.
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Die Soundinstallation „inside_outside“ von Michael Lufen spielt mit dem voyeuristischen Impuls und den oftmals dünnen Grenzen zwischen privat und öffentlich: hinhören oder vorbeigehen? In der Hebebühne, einer ehemaligen Tankstelle in Nachbarschaft zur „Utopiastadt“ in Wuppertal, empfängt Josephine Garbe die Besucherinnen und Besucher im Eingangsbereich mit einer Sound-Installation, bei der sie Geräusche und Gesprächsfetzen mit ihrer eigenen Stimme zu einem ganz neuen Höreindruck vermischt. Parallel dazu kreiert Tobi Löhde in der Werkstatthalle seine Ria Gerth, „Tagtraum#7“, Videoinstallation
Ria Gerth, „Sommer“, Videoprojektion
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Das Künstlerduo CYLVESTER fasziniert währenddessen im Nachbarschaftswohnzimmer mit seiner interaktiven und audiovisuellen Medienkunst-Installation unter dem Titel „ALL YOUR BASE“. Der eigene Umriss dient dabei als Ausgangspunkt für eine sich kaleidoskopartig ausbreitende Flut an Mustern oder Farbveränderungen, die zu immer neuen Formen auswuchert.
Beate Gördes zeigt die in einem der leerstehenden Häuser entstandene Videoarbeit „playing into the void“. Ein roter Ball mit weißen Punkten bewegt sich scheinbar von selbst durch das verlassene Haus. Er rollt, hüpft, fällt, stößt sich und eckt an. In ihrer soundreaktiven Videoprojektion „TRIGGER by sound“ ist das Publikum aufgerufen, durch das Auslösen und Erzeugen von Klang oder anderer Geräusche geometrische Formen spielerisch über die Wand zu bewegen.
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„Lichtgeburt 1“ aus einer Dinosaurierfigur, einem Prisma und Lichtstrahlen, die, durch die Prismen gebrochen, eine beinahe mystische Atmosphäre schaffen. Ein musikalischperformativer Auftritt von Tim Löhde und Krzysz Burdzy an diesem Ort markiert das Ende des ersten Projektblocks. Sie präsentierten in Wuppertal und Amsterdam entwickelte Soundcollagen, die live miteinander in „sent/return“ zu einem Konzert verbunden wurden. Im Wuppertaler LOCH zeigt u.a. Sophia Hose in der Rauminstallation „gegenüber“, wie sich Video-, Fotoprojektionen und räumliche Begrenzungen zu einer Art Collage vermischen, die mit Transparenz und Durchlässigkeit spielt. Mit „TRACING RENDER GHOSTS II“ von Miriam Schröder überlagert sich auf poetische Weise virtueller und physischer Raum und hinterfragt, wie wir uns in unserem Alltag in beiden Welten bewegen. Die Frage, wie artikuliert sich so etwas Diffuses wie Stimmungen, wie werden sie transportiert und erzählt, thematisiert Jan Schillmöller in seiner Rauminstallation „Sentiment“. Im zweiten Ausstellungsteil, der ab Oktober in Remscheid stattfand, veränderten in den Abendstunden temporäre neue Licht- und Klangräume das gewohnte Straßenbild entlang der Siemensstraße. Beate Gärtner und Julia Priss zeigten über zwei Wände eines alten Hochbunkers ihre Videoarbeit „zeitRAUM“. Inspiriert durch die Geschichte des Bunkers – u.a. als Kinosaal – flackerten großformatig Strukturen im schnellen Wechsel oder abruptem Stillstand über die Fassade. Zwischen zwei Häuserwänden standen sich die kinetischen Lichtinstallationen „Zwischen-Raum“ des Künstlerkollektivs RaumZeitPiraten gegenüber. Mit ihren selbst gebauten optischen Geräten lassen sie einzelne Begriffe in
Beate Gärtner und Julia Priss, „zeitRAUM“, Videoprojektion
den am Honsberg gesprochenen Sprachen von einem Ventilator aufwirbeln oder von einer Art Roboterarm mischen und so nach dem Zufallsprinzip zu immer neuen Sinnzusammenhängen zusammenbringen. Mit „Leerraumflimmern“ bezieht sich Beate Gördes auf die Vergangenheit der leer stehenden Wohnungen, deren Geschichten in dem unruhigen Aufflackern der Bilder wieder lebendig zu werden scheinen.
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Bela Usabaev, „synthetic sweat“, Licht-Sound-Installation
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Miriam Schröder, „TRACING RENDER GHOSTS II, 2-Kanal Video
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Auf beiden Seiten der Galerie bespielt Ria Gerth mit Videoprojektionen die Wände der benachbarten Häuser. „Sommer“ – eine Person, die langsam im Regen eine Treppe herabschreitet. Mehr und mehr wird das plätschernde Wasser zu tosenden Wellen, bis schließlich das Meer mit schaumiger Gischt das Bild beherrscht. Mit „towntown“ führt die Person durch ein Endzeitszenario und weckt mit ihrer Inszenierung Assoziationen an vergangene Zivilisationen und versunkene Städte, in denen Medusen als einzig überlebende Spezies körperlos durch Zeit und Raum schweben.
Alicja Darsk, „#Ruhe#Unruhe“, Video
Die ortspezifischen Lichtinstallationen von Tobias Löhde, „Lichtgeburt II“, die durch ein Fenster in einer leer stehenden Wohnung zu entdecken waren, und die Soundinstallation „synthetic sweat“ in einer benachbarten Löw von Bela Usabaev bildeten den Abschluss des nächtlichen Rundgangs.
Alicja Darski greift in ihren Videoperformances zeitlose und immer wiederkehrende Fragestellungen des menschlichen Daseins auf und lädt die Besucherinnen und Besucher zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst ein. Mit der Gegenüberstellung der beiden Arbeiten „Gefangen 1“ und „Gefangen 2“ erzeugt sie eine beklemmende Atmosphäre des Verfolgtwerdens. Mit „#Ruhe#Unruhe“ und „Eskalation“, aufgenommen in der Remscheider Siemensstraße, nähert sie sich der künstlerischen Verarbeitung der Coronazeit. Zum Auftakt des zweiten Blocks war diese Videoperformance auch live vor Publikum zu sehen. Im Ballett im Hof in Solingen war das Ambient-Music Liegekonzert „inner_room“ mit Soundkompositionen von Michael Lufen ein weiteres Highlight.
Bewohnerinnen und Besucher im Bergischen Städtedreieck wurden im Laufe des Projektes immer wieder mit den neu-
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Julia Priss, „Zwischenraum“, Stoff, Plexiglas, Video
en, ungewöhnlichen Arbeitsergebnissen der Kunstschaffenden konfrontiert und haben zahlreich die Einladung angenommen, sich auf Neues, Ungewohntes, einzulassen. Fotos: Regina Friedrich-Körner, Nina Trompetter, Katja Wickert Die Ins Blaue Art Gallery gehört zur Kulturwerkstatt Ins Blaue e.V. Der gemeinnützige Verein veranstaltet kulturelle Projekte und nachbarschaftliche Aktionen im Remscheider Stadtteil Honsberg. Zu Ins Blaue gehören Ateliers, Räumlichkeiten für Veranstaltungen, Konzerte und Workshops, das Nachbarschafts-Wohnzimmer und die Galerie. Der Begleitfilm zu EXPERIMENT_RAUM und weitere Infos auf www.ins-blaue.net 25
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Ihre neu entwickelte Rauminstallation „im gleichen Koordinatensystem“ zeigten Beate Gärtner und Julia Priss in der Ins Blaue Art Gallery. Sie lässt die Besucherinnen und Besucher beinahe meditativ im Zeitraffer dem Lauf der Sonne folgen, die minimalistisch als kleiner Lichtpunkt entlang von Heizungsrohren und Fußleisten wandert. Weitere Arbeiten der beiden Künstlerinnen thematisieren Fragestellungen zur Digitalisierung unserer Gesellschaft, zu Prozessen von Wandlung, Auflösung und Vergehen. Dabei finden sie beeindruckende neue Formen, sensible und poetische Sichtweisen, die die Besucherinnen und Besucher nicht unberührt lassen.
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Typograf, Autor, Künstler Porträt über Winfried Konnertz
Winfried Konnertz, Foto: Karl-Heinz Krauskopf
Von Beruf Buchgestalter und Typograf, hat Winfried Konnertz als Artdirector von 1964 bis 1995 die Kunstbücher des DuMont Buchverlags gestaltet. Wegweisende Publikationen der
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klassischen Moderne zu Picasso, Miro, Chagall, Max Ernst, um nur einige zu nennen, sind unter seinen Händen entstanden. Dabei blieb (und bleibt) er noch heute immer im Hintergrund, sagte er bei unserem Gespräch in seiner Wohnung von sich: „Was an Texten und Bildern ins Buch kommt, entscheiden Künstler und Autor, wie es dann am Ende aber aussieht, das ist mein Thema“.
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Sein Lebenslauf ist schnell erzählt: Als Zehnjähriger zog er mit den Eltern aus dem Warburger Land ins Rheinland und machte 1961 sein Abitur in Köln. Anschließend wurde er bei dem damals noch jungen DuMont Buchverlag zum Typografen ausgebildet und entwickelte dann als Buchgestalter - heute sagt man Buchdesigner - das Erscheinungsbild der Bücher mit. Bei DuMont wurde er bald Assistent des Verlegers und dann das, was man heute Artdirector nennt. Er war also künstlerisch verantwortlich für die Bücher des Verlages. Er entwarf individuell für jedes Buch die typografische Form, also das Verhältnis von Schrift und Bild zur Buchseite. Dazu wird auch die Anordnung der Abbildungen (über den Textspiegel hinausragend, im Textfluss, doppelseitige Bilder) nach ästhetischen Kriterien geklärt.
Die Kunst des Satzspiegels und die Auswahl der Schrift ist laut dem Nestor der deutschen Typografie Jan Tschichold keine alleinige Frage des guten Geschmacks, sondern „beruht auf dem klaren Wissen um die Gesetze harmonischer Gestaltung“. Schlecht lesbare Typografie ist wenig brauchbar. Schrifttype und Zeilendurchschuss (oder auch Zeilenabstand) spielen bezüglich der Lesbarkeit von Texten eine gravierende Rolle. Als gut lesbar gelten die alten Schriften aus der Familie der Antiqua, die deswegen, obschon sie aus der Zeit des Renaissance-Humanismus stammen, bis heute als Standardschriften benutzt werden. Auch Konnertz bevorzugt sie. Dank des Buchdrucks (Gutenberg ab 1450) bzw. später des Handzettel- und Plakatdrucks wurden die Ideen der Renaissance und später der Aufklärung in Europa schnell und weit verbreitet. Wahrhaft eine Medienrevolution. „Natürlich gibt es auch heute noch schöne Bücher, doch viele Bücher werden nachlässig gestaltet.“ W. Konnertz
Die Medienrevolution nach der Entwicklung von EDV, PC und Layout-Programmen hat auch den handwerklich hergestellten Umbruch überflüssig gemacht, mit dem die Seiten eines Buches gestaltet wurden, indem man in vorgedruckte Satzspiegel die Textfahnen und Bildandrucke
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Bibliothek ist ,Die Welt Henry van de Veldes‘ aus der Mercator Presse Antwerpen von 1967, ein großer Band mit hochwertigen Papieren, eingeklebten Farbtafeln und gebunden in Feinleinen mit Pergamentrücken im Schuber“, erklärt Konnertz. Ja, in Antwerpen spielte der Buchdruck schon im 16. Jahrhundert eine große Rolle. „Dort steht das sehr sehenswerte Plantin-Moretus-Museum, die einzige erhaltene Druckerei aus der Renaissance. Dort kann man sich hautnah der Faszination historischen Buchdrucks und Herstellung von ehrwürdigen Büchern hingeben.“ „In Gesprächen mit Künstlern über das Büchermachen, für die ich z.B. zu Picasso oder Max Ernst nach Südfrankreich gefahren bin, habe ich viel über Kunst und Künstler gelernt. Daraus haben sich nicht nur Bekannt- sondern auch Freundschaften entwickelt“, erzählt Konnertz. Publikationen von W. Konnertz in seiner Ausstellung in der Villa Waldsteige der
einklebte. So hat Winfried Konnertz künstlerisch-handwerklich gearbeitet und diese „Urbücher“ (realiter Klebeumbrüche) jeweils den Künstlerinnen und Künstlern vorgelegt. Mit solchen „Büchern“ unterm Arm erschien er bei dem jeweiligen Künstler und/oder der Autorin, die in aller Regel mit seinen Entwürfen schnell einverstanden waren, sodass das Werk in Produktion gehen konnte. Wenn nicht, wurden die unterschiedlichen Stil- und Geschmacksfragen diskutiert und das Layout angepasst. „Was aber die Schönheit sei, daß weisz ich nit”, meinte überraschenderweise schon Albrecht Dürer, dem man ein sicheres Urteil in diesen Fragen zugetraut hätte. Mehr als 1600 Bücher hat Winfried Konnertz in 31 Jahren bei DuMont (und in weiteren zehn Jahren als selbstständiger Buchgestalter) entworfen. Sein neuestes Buch entstand 2021, der Katalog zur Ausstellung Kristian Dubbick „Dahinter“ im Kunstverein Duisburg. „Tatsächlich ist die Liebe zum gut gemachten Buch weitgehend verloren gegangen“, sagt er. Zunehmend wird das Buch vom Lesepublikum in seiner elektronischen Form als Kindle oder Tolino genutzt. Buchhandlungen werden durch Buchläden ersetzt, und die Gesetze des Marktes bestimmen zumeist die Buchproduktion und den Buchhandel, während bibliophile Bücher eher in Nischenverlagen produziert werden. „Das schönste neuere Buch in meiner Widmung „für Winfried Konnertz
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Kunstsammlung Krohne, Duisburg, vom 9.–17. Oktober 2021, Foto: Joh. Vesper
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Mit Max Ernst verband Konnertz eine engere Freundschaft, die Anfang der 70er-Jahre dazu geführt hat, dass man nebeneinander gezeichnet oder sonst wie auf Papier gearbeitet hat. Ein einziges kleines Bild aus jener Zeit ist bei ihm zu Hause noch zu sehen. Max Ernst war damals sehr von afrikanischer Kunst angetan, riet er doch einem Kollegen, „Er gehe nach Afrika und lerne dort Plastik“ (Zitat Konnertz). Konnertz ist noch heute von afrikanischer Bildhauerei fasziniert. Von Max Ernst erhielt er eine liebenswürdige Widmung mit zwei kleinen Vogelzeichnungen, und seine eigene Vorliebe für afrikanische Kunst ist in der Wohnung nicht zu übersehen.
herzlich von seinem Freund Max Ernst“
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„Aufgabe von Kunst heute ist es, Chaos in die Ordnung zu bringen“ Theodor W. Adorno
Aztekischer Turm, 2020, Aquarell auf Papier, 31 x 18,8 cm Foto: Karl-Heinz Krauskopf
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Auch mit Sir Eduardo Paolozzi, einem bedeutenden Bildhauer Großbritanniens, war er befreundet, hat mit ihm und der Creme der britischen Kunstszene 1984 dessen 60. Geburtstag in der prächtigen Royal Library zu London gefeiert und als Überraschung 60 Exemplare der von ihm verfassten und damals eben erschienenen Monografie dabei. Sie wurden von Paolozzi den Gästen als Geschenk überreicht.
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Als einer der wichtigsten Kunstbuchgestalter seiner Zeit in Deutschland war Konnertz anscheinend nicht ausgelastet. So wurde er infolge seines Interesses für das, was zwischen Buchdeckeln zu lesen und zu sehen war, als Autor auch zahlreicher Katalogbeiträge aktiv. Seine Bücher über Max Ernst (1984), Eduardo Paolozzi (1984) und Josef Beuys (mittlerweile in vierter Auflage) gelten heute als Standardwerke. Sein Werk über Josef Beuys (zusammen mit Götz Adriani und Karin Thomas), jeweils immer wieder aktualisiert und überarbeitet, wird im neuen Joseph Beuys Handbuch immer wieder zitiert.
Während der Buchgestalter und Autor Konnertz öffentlich wahrgenommen wurde und wird, sind seine Arbeiten auf Papier nur einem kleinen Freundeskreis bekannt. Mit 21 Jahren hatte er seine erste Ausstellung in der Galerie Peukert in Bonn. Farbige Collagen, meist in Formaten von 30 x 20 cm, verkauften sich damals trotz politisch aggressiver Themen gut. Dass die Gesellschaft Anfang der 60erJahre im Kern dieselbe geblieben war wie zur Zeit NaziDeutschlands, war Gegenstand seiner kritisch-satirischen Darstellung. Aus der Bekanntschaft mit Max Ernst in den folgenden Jahren entwickelte Konnertz für sich ein anderes Kunstverständnis und erkundete, was mit dem Durchreiben, der Frottage, von mehr oder weniger strukturierten Oberflächen zu machen war. Erst Jahre nach dem Eintritt in den Ruhestand nahm seine künstlerische Produktion wieder Fahrt auf. In den letzten Jahren sind etliche Arbeiten auf Papier entstanden. Bei seinen „Knitterbildern“ wird zuvor zusammen geknittertes Pergamentpapiers ausgebreitet. Durch das Knittern bilden sich Falten im Papier und begrenzte Felder. Diese so strukturierten Blätter werden mit einem großen Kohlestift abgerieben und dann in unterschiedlicher Weise koloriert, oft unter Erhalt der Knitterstruktur, gelegentlich aber diese auch überdeckend. Weil die aufgetragene Aquarellfarbe nur langsam trocknete, kam ihm die Idee, die noch feuchten Knitterbilder umgedreht auf eher saugendes Papier zu bügeln („Bügelbilder“). Auf diese Weise wird die Farbe spiegelbildlich auf das Papier gedruckt. Wie Max Erst liebt Konnertz auch Frottagen, also Strukturen, die beim Durchreiben von Gegenständen auf dem Papier entstehen. Auch „papiers dechirées“ hat er gemacht, farbig bemalte Papiere in Stücke zerrissen und wieder zu Bildern zusammengeklebt. Er hat mit seinen Bildern Inhalte und Bedeutung nie angestrebt. Seine Werke kommen nach bewusster Entscheidung für eine Technik eher spielerisch zustande und sind keine Abbildungen einer Alltagswirklichkeit. So glitt unser Gespräch ab. Was macht denn die bildende Kunst zur Kunst? Die Kunstfertigkeit und Geschicklichkeit des Kunstschaffenden bei der Darstellung der uns umgebenden Wirklichkeit galt für Jahrhunderte als ein Kriterium für Kunst. Aber mit zunehmender Abstraktion, beginnend mit dem Impressionismus über die abstrakten, gegenstandslosen Bilder eines
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Ohne Titel, 2020, Aquarell auf Pergamentpapier, 20,8 x 15,1 cm,
Wassily Kandinsky, einer Hilma af Klint, eines František Kupka bis hin zum Schwarzen Quadrat des Kasimir Malewitsch, wurden die Sujets bildender Kunst aufgelöst. Ob solche Kunstwerke aus sich heraus, unabhängig von dem sie schaffenden Künstler, seinen Schriften, seinen Gedanken und Ideen dazu, allein bestehen werden? Fragen über Fragen. Entspricht die Auflösung der Kunst bis hin zur Concept Art, bei der allein der gedankliche Entwurf eines Kunstwerks mit diesem gleichgesetzt wird, der Entwicklung der Musik hin zur Atonalität?
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In unserem Gespräch an diesem Morgen stellte Konnertz fest, dass die Kunst jedenfalls aber multivalent sei. Er meinte damit, dass es immer lohnend sei, Kunst anzusehen, über sie unter den verschiedensten Aspekten zu sprechen, sich auszutauschen, sich mit ihr zu umgeben und sie nicht als „Wohnzimmerkunst“ (Max Ernst) den Protagonisten von „Schöner Wohnen“ oder – schlimmer – den Anlageberatenden des Kunstmarktes, bei denen die großen Bilder der Kunstgeschichte zur Kapitalanlage werden, zu überlassen. Seit mehr als 20 Jahren lebt Winfried Konnertz, der die Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich dargestellt hat, in Wuppertal, und seine Bücher sind den Interessierten dringend zu empfehlen. Eine Ausstellung seiner Werke hat kürzlich in Duisburg anlässlich seines 80. Geburtstages stattgefunden, zu welchem wir ihm hiermit herzlich gratulieren. Johannes Vesper 29
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Foto: Karl-Heinz Krauskopf
Der Autor bei Winfried Konnertz, Dezember 2021, Foto: Karl-Heinz Krauskopf
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Orpheus und Eurydike Psyche und Wahrhaftigkeit. Zur Musik von Christoph W. Gluck Bettina Wagner-Bergelt, Intendantin des Tanztheater Wuppertal, im Gespräch mit Michael Hofstetter, Künstlerischer Leiter der Gluckfestspiele in Fürth.
Ensemble Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, Foto: Helmut Drinhaus
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Michael Hofstetter, Foto: Patrick Sheedy
Orpheus und Eurydike, die Tanzoper von Pina Bausch von 1975 mit Musik von Christoph W. Gluck – zuletzt 1993 in Wuppertal zu sehen, danach viele Jahre im Repertoire der Pariser Oper – wird im Frühjahr vom Tanztheater selbst wieder getanzt. Unter der musikalischen Leitung von Michael Hofstetter spielt in Wuppertal das Sinfonieorchester, und es singt der Chor der Wuppertaler Bühnen. Ende April bis Anfang Mai geht die Produktion, begleitet vom Händel-Festspielorchester und der Lauschwerk/AUDI Chorakademie, als Gastspiel zu den GLUCK FESTSPIELEN nach Fürth.
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Herr Prof. Hofstetter, Sie waren Dirigent und Musikalischer Leiter ganz unterschiedlicher Orchester, dennoch gelten Sie vor allem als Barockexperte. Was fasziniert so an dieser musikalischen Epoche? Es geht immer darum: Was erzählt die Musik und wie kann ich diese Gesten, die ja nur aus semantischen Inhalten kommen, so in eine Klangrede übersetzen, dass der Zuhörer diese Gesten, diese Texte, sofort versteht? Und das ist das Tolle an dieser Epoche: Diese Sprache, dieses musikalische Vokabular ist im Barock entstanden und wurde von Monteverdi bis ins 18. Jahrhundert immer weiterentwickelt und immer weiter differenziert. Einer der Musiker, die das am brillantesten auf die Bühne brachten, war Händel, der nicht zuletzt deshalb auch mit modernen Orchestern so gut zu musizieren ist. Die ersten Barock-Inszenierungen in Wiesbaden und an der Staatsoper in München in den frühen 90ern waren ein Novum - und heute ernten wir die Früchte dieser Zeit. Die Musiker haben gelernt, auf den alten Instrumenten oder aber jedenfalls im Sinne dieser Instrumente und im Sinne dieser Sprache zu spielen. Wir haben immer mehr verstanden, wie diese barocken Melodien aus Gesten gespeist werden, wie sozusagen eine
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Ensemble Ballett der Pariser Oper, Foto: Ursula Kaufmann
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gestisch durchdrungene Sprache entsteht und wie man das ins Musizieren übertragen kann. Über dieses Wissen, über dieses Verständnis entschlüsselt sich eine Partitur ganz anders, man kann das lesen wie ein Buch, wie einen Text. Die barocken Instrumente bzw. generell die Instrumente einer jeweiligen Epoche sind natürlich optimal, um den Dialekt einer Zeit oder eines bestimmten Kulturraums bestmöglich wiederzugeben, wiederzufinden, aufzuspüren.
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Die Geschichte einer Oper erzählt sich mir immer über die Musik, weniger über die – oft mediokren – Libretti. Christoph Willibald Gluck, der Namensgeber des Festivals, das Sie jetzt in Fürth leiten, markiert einen Paradigmenwechsel in der barocken Oper. Können Sie das näher erläutern? Manche barocken Libretti sind zunächst einfach nur Vorlage für die Affektdarstellung. Sie müssen eine gewisse Anzahl an bestimmten Reizwörtern enthalten, Wörter, an denen sich die musikalische Darstellung entzündet. Darum gibt es zum Beispiel immer wieder das Bild der „Tempesta“, der Sturm, ein Seelensturm. Ein anderes beliebtes Bild ist z.B. das Schifflein alleine draußen auf wilden Wellen ... Es gab damals einen ganzen Kanon an Reizwörtern, die im Libretto sein mussten, und so konnte auch ein etwas dünneres Libretto anhand dieser Reizwörter eine sehr schöne Musik auslösen. Ja, aber weitgehend standardisiert und austauschbar. Die Arien der Barockoper leben von der Affektdarstellung. Das waren dann eben die Rachearie oder die Trauerarie und genau an dieser Stelle hakt Gluck ein und lenkt den Blick nach innen, da kommt bei ihm die Psyche ins Spiel,
die Durchführung und Entwicklung der Figuren in ihrer Individualisierung wie in einem Roman. Glucks Musik und die Texte seiner Librettisten entwickeln seelische Welten - nähern sich dem Bewusstsein wie dem mystischen Unterbewusstsein ihrer Protagonisten. Glucks Opern berühren hier mystische Bereiche, die z.B. bei C.G. Jung als die Welt der Schatten zu bezeichnen wären. Bei Wagner (und hier speziell bei Tristan und Isolde) findet sich das später wieder; aber auch bei C. M. von Weber in der berühmten Wolfsschlucht. Also seelische Welten statt Affektdarstellung. Der eine Blick wäre: „Das ist Zorn“, „das ist Zärtlichkeit“, das andere ist der Blick in die Seele: „Was ist da los in diesem Herzen?“, „Was ist da los in dieser Psyche?“, „Da tobt es“. Natürlich benutzt Gluck dafür auch die musikalische Sprache, die musikalischen Gesten seiner Zeit, aber zusätzlich findet er dafür zum Teil gänzlich neue Klangbilder und Effekte, vor allem bei den Streichern. Das berühmte Gluck‘sche Tremolando zum Beispiel, bei dem man auch heute übrigens nicht mehr ganz genau weiß, wie das damals aufgeführt wurde. Berlioz, ein großer Verehrer der Musik Glucks, beschreibt es in seiner Instrumentationslehre. Gluck erschafft hier ganz neue Klanglichkeiten und Klangbilder mit unendlich vielen Nuancen, für gespenstische Momente, für Momente tiefster Verwirrung wie Ängste, Unsicherheit, die Nähe zum Tod usw. Das könnte heute ein Filmkomponist ganz ähnlich machen, es ist also eine ganz heutige, wie jede große Kunst eben zeitlose Musik; eine Musik, die ganz sensibel tief hineinhört und hineinleuchtet in seelische Befindlichkeiten. Gluck erweitert so die Klangrede um zuvor noch nie gehörte Klänge. Das macht übrigens auch Richard Wagner, der dafür das
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Instrumentarium seiner Epoche (um z.B. die sogenannten Wagner-Tuben) ergänzt, aber doch nicht um lauter zu spielen, sondern nur und ausschließlich, um bei der Beschreibung seiner Seelenlandschaften eine noch reichere Klangpalette und noch differenziertere Zwischentöne zur Verfügung zu haben. Ich sehe eine große Affinität in Pina Bauschs Realisierung dieses Stoffes zu den ersten Schritten einer psychologischen Personenführung bei Gluck. Es liegt ja nahe, dass Pina Bausch speziell dieser musikalische Autor interessiert hat. Sie war an der Repräsentation, wie sie die barocke Oper mit ihren endlosen Ausschmückungen, Koloraturen und Rezitativen kennt, ähnlich dem klassischen Ballett mit seinen Variationen, überhaupt nicht interessiert. Glucks Opernreform ist genau das: Psyche und Wahrhaftigkeit statt Repräsentation. Alles in den Dienst des unmittelbaren Ausdrucks stellen.
Was macht in der Musik den qualitativen Unterschied, auch im Hinblick auf die Deutung der Figur des Orpheus, aus, wenn man statt des Soprans einen Countertenor einsetzt? Wir haben das ja gemeinsam lange überlegt. Diese Stimme, die ja etwas Besonderes ist, für mich der Inbegriff der Oper, eine Stimme, die immer so etwas Hysterisches hat im Sinne von grenzgängerisch, fast überirdisch. Wir haben diese Stimme Orpheus zugeordnet, damit er nochmal eine andere, nicht nur menschliche Qualität bekommt, sondern darüber hinausweist. Das ist eine Stimme, die, wenn sie schön ist – das vorausgesetzt –, etwas Überirdisches hat, einen ganz eigenen Zauber, schwer zuzuordnen. Nicht weiblich, auch nicht
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Sehen Sie in dieser musikalischen Besetzung auch eine Betonung des Androgynen im Charakter des Orpheus? Getanzt wird er ja bei uns neben Pau Aran Gimeno von einer Tänzerin unseres Ensembles, die sich als Transgender positioniert. Es geht um die Liebe, die Kraft der Liebe als Energie, die etwas bewegt; die Alten Griechen haben für diese Energie eine Gottheit benannt - Gott Amor. In dieser Lesart kann die Erzählung der Orpheus-Geschichte zum reinsten denkbaren Ausdruck werden jenseits menschlicher diesseitiger MannFrau-Kategorien - ein Geschenk der Götter eben! Michael Hofstetter wirkt seit über 30 Jahren als Gastdirigent an zahlreichen Opernhäusern und Festivals, u.a. Houston, London, Kopenhagen, Oslo, Toronto, Hamburg, Hannover, Stuttgart, München und Paris, bei den Salzburger Festspielen, den Händelfestspielen Karlsruhe, den WRD-Tagen für Alte Musik, den Händelfestspielen Halle sowie der Styriarte Graz. Zuletzt Generalmusikdirektor in Gießen, prägte er zuvor als Chefdirigent das Orchestre du Chambre de Genève, das Stuttgarter Kammerorchester, die Ludwigsburger Schlossfestspiele sowie das styriarte Festspielorchester. Über 30 vielfach ausgezeichnete CDs und DVDs bei Labels wie Sony, Deutsche Grammophon und Oehms-Classics sind bisher von ihm erschienen. Er ist Professor an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seit Januar 2020 ist Michael Hofstetter Intendant und Geschäftsführer der GLUCK FESTSPIELE und ist seit der Spielzeit 2021/22 Künstlerischer Leiter des Tölzer Knabenchores. Orpheus und Eurydike Tanzoper von Pina Bausch 9., 10., 12., 13., 14., 16., 17., 18. April 2022 Opernhaus Wuppertal Vorverkaufsbeginn 11. Februar 2022 Karten bei Kulturkarte 0202 563 7666 oder auf www.pina-bausch.de
Bettina Wagner-Bergelt, Intendantin des Tanztheater Wuppertal, Foto: Milan Nowoitnick Kampfer
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Sie waren es, der uns beim Tanztheater vor drei Jahren den Floh ins Ohr setzte, über eine Neueinstudierung von Orpheus und Eurydike nachzudenken. Ich habe das aufgenommen, weil ich Pina Bauschs Arbeiten aus den 70er-Jahren wegweisend finde, besonders innerhalb ihres eigenen Kosmos‘. Warum sind Sie auf Pina Bauschs Umsetzung des Stoffes, die ja immerhin über 40 Jahre alt ist, aufmerksam geworden? Die Kunst von Pina, ihre singuläre Genialität, erschafft eine unverwechselbare und sofort und unmittelbar vom Zuschauer spürbare, erlebbare Körpersprache für genau diese Seelenlandschaften. Hier trifft sie sich perfekt mit dem Genie Glucks. Das ist wohl das Wesen großer Kunst - nicht an Zeiten und Moden gebunden, sondern ewig gültig zu sein. Im Geiste Walter Felsensteins vielleicht: „Von der Pflicht die Wahrheit zu suchen.
typisch männlich, sondern im Zwischenbereich, im Zweifelsfall von unfassbarer Schönheit, aber immer mit einer gewissen Fragilität, man kann vielleicht sagen, es ist eine bedrohte Schönheit.
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Es gibt viel zu tun: Nach und nach werden die bereits digitalisierten Materialien aus dem Pina Bausch Archiv in das digitale Archiv eingespeist. Archivansicht 4, Foto: Sala Seddiki, © Pina Bausch Foundation
Zu Besuch im Tausendtürenhaus
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Das digitale Pina-Bausch-Archiv ist auf dauerhaftes Wachstum angelegt. Seit Kurzem stehen erste Materialien online: www.pinabausch.org
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Als die nach dem Tod von Pina Bausch 2009 gegründete Pina Bausch Foundation mit dem Aufbau eines Archivs zum Werk der Choreografin begann, war von Anfang an das Ziel, die Materialien nicht nur zu ordnen, zu sichern und zu verwahren, sondern sie auch – zumindest in großen Teilen – der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dass Forscherinnen und Forscher und andere Interessierte sich nach Herzenslust in die physischen Materialien vertiefen könnten, war dabei freilich nie mitgedacht. Die Vision war, die Materialien so weit wie möglich zu digitalisieren und parallel zum physischen ein virtuelles Archiv zu erschaffen. Seit November 2021 gibt es nun einen ersten öffentlichen Zugang zur digitalen Welt des Pina-Bausch-Archivs.
Da will man sich mal rasch einen Überblick verschaffen, und nach 20 Minuten Herumstöbern sind zwei Stunden vergangen. Und man hat an dem, was bisher da ist, gerade mal ein bisschen an der Oberfläche gekratzt. Um das ganze Material auszuloten, würde es wohl schon jetzt Tage dauern. Was eine ungefähre Vorstellung davon vermittelt, was dieses digitale Archiv vom Ansatz her ist und was es irgendwann einmal werden könnte. Dabei sind es gerade einmal drei Stücke, die als vollständige Aufzeichnungen und mit weiterem ausgewählten Material online stehen. Drei Stücke von 55, die Pina Bausch in einem Zeitraum von 50 Jahren geschaffen hat – 47 davon mit dem Ensemble des Tanztheater Wuppertal.
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Gewissermaßen das „Rückgrat“ des digitalen Archivs bildet aber schon jetzt das vollständige, chronologische Verzeichnis aller Stücke (inklusive sämtlicher Aufführungen und Aufführungsorte). Zu jedem ist hinter den Buttons „Mitwirkende“, „Kostüme“, „Oral History“, „Programmhefte und Abendzettel“, „Plakate“ und „Fotos“ eine mal größere, mal noch sehr kleine Anzahl an Materialien hinterlegt. Die Stücke „Fritz“ (1974), „Café Müller“ (1978) und „Palermo Palermo“ (1989) sind es, die bislang die größte Anzahl an Materialien auf sich versammeln, und sie sind die ersten, die als vollständige Aufzeichnungen zu sehen sind. Was in der Aufzählung einigermaßen übersichtlich klingt, erweist sich schnell als eine Art Tausendtürenhaus, hat man sich einmal in das System hineinbegeben. Denn von jeder Stelle aus gibt es schon jetzt zahlreiche Verbindungen. Nimmt man zum Beispiel irgendein Stück als Ausgangspunkt, dann finden sich dort die Namen aller Mitwirkenden – nicht nur der Tänzerinnen und Tänzer –, und jeder ist mit einer Verlinkung versehen, die zu Fotos, Abendzetteln, Plakaten, Kostümen oder anderem führen kann. Vielleicht sogar zu genau der Stelle in einer der
Stückaufzeichnungen, wo die betreffende Person zu sehen ist. Oder zu einem der Oral-History-Interviews, in dem die oder der Befragte diese Person erwähnt. Zahlreiche dieser Interviews hat der Foundation-Mitarbeiter Ricardo Viviani bereits geführt, zehn davon stehen jetzt online (mit früheren Ensemblemitgliedern wie Anne Martin, Finola Cronin oder Jean-Laurent Sasportes ebenso wie mit solchen aus jüngerer Zeit wie Breanna O’Mara oder Scott Jennings). Im digitalen Archiv können die Besucher das tun, was ihnen im physischen Archiv verwehrt bleiben wird: Sie können gewissermaßen Schranktüren öffnen und in Schachteln hineinschauen, an Regalen vorbeischlendern und etwas herausgreifen, was ihnen interessant erscheint. Mithilfe einer Filterfunktion kann man aber auch gezielt suchen. Ich möchte die Kostüme sehen, die eine bestimmte Person getragen hat? Im Fall von Dominique Mercy führt das bereits zu 150 Fotos, bei Regina Advento nur zu 15. Manche der „Zimmer“ in diesem Tausendtürenhaus sind schon recht üppig möbliert, um im Bild zu bleiben, bei anderen steht nicht viel mehr als der Name an der Tür.
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Wie erklärt sich die Auswahl, die unterschiedliche Gewichtung? „Wir bauen Schichten auf“, erklärt Ismael Dia, Leiter des Pina-Bausch-Archivs. „Wir haben zunächst ganz bewusst drei Stücke aus verschiedenen Epochen ausgewählt und fünf Tänzerinnen und Tänzer in den Fokus genommen: Dominique Mercy, Marlis Alt, Nazareth Panadero, Finola Cronin und Jan Mina ík. Jemand wie Dominique deckt zum Beispiel schon einen sehr großen Zeitraum
Auch dieser Bereich wird ständig erweitert: Die Kostüme und deren Verbindung zu den Stücken
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Mittels Suchfunktion lassen sich die vielen Materialien gezielt filtern. Hier sind es die Plakate zu Stücken von Pina Bausch.
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ab, Marlis Alt steht für den frühen Zeitabschnitt vor dem Tanztheater Wuppertal. Jede der Personen öffnet auch Türen zu anderen.“ Nach und nach werden in allen Bereichen weitere Schichten hinzukommen. Das betrifft sowohl die Materialien zu weiteren Stücken und Personen als auch neues Material zu den Stücken, die bereits online stehen. So könnten z.B. Bühnenbildzeichnungen von Rolf Borzik zu „Café Müller“ bald hinzukommen und Oral-HistoryInterviews mit den an der Entstehung des Stücks Beteiligten. „Und die halten sich im Gespräch ja nie an ein Stück“, sagt Dia schmunzelnd – „das führt dann wieder anderswohin und gibt neuen Input.“ Damit der neue „Input“ auch genutzt werden kann, d.h. sich sowohl mit allen digitalen Materialien vernetzt, zu denen es schon eine Schnittstelle gibt, als auch eine neue
Schnittstelle aufmacht, muss alles akribisch „annotiert“ werden. Heißt: Jede Information, die einmal abrufbar sein soll, muss an der entsprechenden Stelle im digitalen System vermerkt werden. Jeder einzelne Name auf jedem Foto, in jeder Szene eines Videos, bei jeder Erwähnung in einem Gespräch, auf jedem Programmzettel, jedem Plakat. Ein immenser Arbeitsaufwand – was zumindest in Teilen erklärt, warum der Aufbau des Ganzen so langwierig ist. Ein weiterer Grund für das nur sehr langsame Wachsen der Schichten ist die immer wieder komplizierte Rechtelage. 150 Fotografinnen und Fotografen mussten kontaktiert werden; bei Stückaufzeichnungen sind die Rechte an Musik, Kamera, Bühnenbild und Mitwirkenden zu beachten. Nicht alle früheren Ensemblemitglieder haben schon ihr Einverständnis zur Veröffentlichung von Fotos und Videos
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Weit über 100 000 Fotos hat die Pina Bausch Foundation bereits digitalisiert. 1389 davon stehen jetzt online. Hier: Pina Bausch und Dominique Mercy in „Café Müller“.
gegeben. Zu leistende Tantiemen für die in den Stücken verwendete Musik sprengen häufig jeden Kostenrahmen, was gerade dem Zugänglichmachen von Stückaufzeichnungen enge Grenzen setzt.
Bei aller schon jetzt vorhandenen Fülle gibt es allerdings auch das ein oder andere, was man schmerzlich vermisst: etwa die Musiklisten der Stücke, vor allem aber eine Datierung der Fotografien. Irritieren mag auch, dass die einführenden Texte über das Archiv und seine verschiedenen Bereiche neben Englisch und Französisch auf Deutsch in „leichter Sprache“ verfasst sind. So ehrenwert das Ansinnen ist, den Zugang zum Archiv niederschwellig und für alle zugänglich zu gestalten, mag sich da der ein oder andere, der sich im Archiv einer der international wichtigsten Kulturstiftungen in das Werk einer der bedeutendsten Künst-
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Angesichts der Vielzahl an vorhandenen und der immer wieder neu hinzukommenden Materialien liegt es in der Natur der Sache, dass der Aufbau des digitalen Archivs wohl niemals abgeschlossen sein wird, solange das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch besteht. Aber egal wie groß die digital bereitgestellte Fülle auch jemals sei: Es wird immer das Bedürfnis von Forscherinnen und Forschern geben, auch Originalmaterialien zu sichten. Bleibt zu hoffen, dass auch dies – spätestens im einst realisierten Pina Bausch Zentrum – in größerem Umfang möglich sein wird. Einstweilen aber ist ein erster großer Schritt bei der Zugänglichmachung der Archivschätze gemacht – und man kann sich darauf freuen, dass im Laufe der Zeit immer mehr virtuelle Türen aufgehen werden. Für 2022 ist geplant, umfangreiche Materialien zu drei weiteren Stücken online zu stellen. Anne-Kathrin Reif 37
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So wächst das digitale Archiv langsam, aber es wächst. „Und die Verbindungen werden feiner und feiner“, betont Ismael Dia. Denn immer, wenn neue Informationen auftauchen – etwa Angaben zu Spielstätten, Aufführungsdaten, beteiligten Personen – werden sie im System nachgepflegt.
lerinnen des 20. Jahrhunderts vertiefen will, verwundert fragen, ob er zufällig in die „Sendung mit der Maus“ geraten ist. „Das wird sich noch ändern“, versichert der Archivleiter: Auch an dieser Stelle sei der Aufbauprozess noch im Gange.
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Soap Opera und Thriller
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Mit zwei sehr gelungenen Inszenierungen von Händel und Sciarrino hat die Wuppertaler Oper der Flut getrotzt. Ein Rückblick von Fritz Gerwin.
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Yosemeh Adjei als Julius Caesas, Ralina Ralinova als Cleopatra
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Was für ein Pech! Durch Corona konnten viele fertig geprobte Stücke nicht gespielt werden, lagen auf Halde. Mit der neuen Saison wollte man am Wuppertaler Opernhaus wieder richtig loslegen. Und dann kam das Hochwasser und flutete den Orchestergraben. Guter Rat war also teuer. Und Intendant und Management, kreativ und notwendigerweise permanent flexibel, fanden gute Lösungen. Die erste Frucht dieser Kreativarbeit war sehr wohlschmeckend: Händels „Julius Caesar“. Nicht von Immo Karaman für die große Bühne inszeniert (das soll später nachgeholt werden), sondern von Karin Kotzbauer-Bode als Musikinstallation in den Werkstätten der Wuppertaler Bühnen eingerichtet (Premiere war am 3. Oktober). Fazit vorneweg: voll gelungen.
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Die Aufführung wurde im Malersaal der Bühnen gespielt, der sich auf dem Betriebsgelände der kulturell hoch interessierten und spendablen Firma Riedel an der Uellendahler Straße befindet. Die Trennung von Kunstschaffenden und Publikum war hier nur sehr begrenzt möglich. Der Eingang für Solistinnen und Solisten sowie Orchester lag direkt neben der Eingangstür fürs Publikum, und man konnte die Sängerinnen und Sänger beim Einsingen hören. Die Spielfläche in der Mitte des großen Malersaals war aufgelockert durch wenige Podeste und zwei hölzerne Emporen, und in den vier Ecken fand das Publikum Platz. Von zweien dieser Ecken konnte man Orchester und Dirigent so gut sehen, als gehörte man dazu. Die zweite Produktion (Premiere war am 23. Oktober im Erholungshaus Leverkusen), ebenso gefeiert, fand auch überregional große Anerkennung: die Uraufführung vor 39
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Simon Stricker als Agamemnon
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Etienne Walch als Tolomeo und Ralitsa Ralinova
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Publikum von Salvatore Sciarrinos neuer Oper „Il canto s´attrista, perché?“. (Sie wurde zwar schon einmal im kooperierenden Klagenfurter Theater gespielt, aber nur vor kleinem Fachpublikum).
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Für Sciarrinos Oper – der Komponist war aus Italien angereist - fand man im Erholungshaus in Leverkusen eine geeignete Ersatzspielstätte. Das ist ein relativ großes Theater, hat einen ansteigenden Zuschauerraum, sodass man von allen Plätzen aus gut sehen kann, und einen Orchestergraben, in dem die komplette Besetzung für dieses Stück untergebracht werden kann. Auch die (Dreh)Bühne ist voll funktionsfähig. Für die Zuschauenden, die nicht mit dem eigenen Auto fahren konnten oder wollten, hatte das Opernhaus einen Shuttlebus gechartert, der lange Parkplatzsuche ersparte.
Händel: „Julius Caesar“ In dieser Aufführung sah man den Dirigenten, Clemens Flick, Spezialist für Alte Musik, von vorne und konnte seine Arbeit wunderbar verfolgen. Er dirigierte mit weit ausladenden Bewegungen, bildete die Musik fast körperlich ab, und es war ganz offensichtlich, dass ihm das exzellente Orchester genauestens folgte, ebenso wie Sängerinnen und Sänger, und dies sogar manchmal ohne Sichtkontakt. Er wählte immer die genau passenden Tempi, dirigierte präzise Ritardandi und Fermaten, gab bei den schnelleren Arien ein rasantes Tempo bis fast an die Grenze der Sing- und Spielbarkeit vor, setzte auf fulminante Akzente und hatte seinen Spaß auch an musikalisch-theatralischen Effekten. Auf ein Wiedersehen mit ihm kann man sich jetzt schon freuen, wenn er die komplette Oper auf der wiederhergestellten großen Bühne dirigiert.
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Etienne Walch, Iris Marie Sojer als Sesto und Joslyn Rechter als Cornelia
Zwischenbeifall gab es nicht, obwohl etliche Gesangsleistungen ihn verdient hätten. Das lag wohl an der dichten und spannungsreichen Regie von Karin Kotzbauer-Bode, die die Ereignisse auf der Bühne so schnell aufeinanderfolgen ließ, dass einem manchmal der Atem stockte. Das hatte mehrere Gründe. Zuerst einmal wurde die gesamte Fläche der Bühne ausgenutzt, die Solistinnen und Solisten agierten an unterschiedlichen Orten, sangen auch manchmal direkt in einen der Publikumsblöcke, wechselten ihre Standorte, benutzten die Podeste, während die Emporen weitgehend den Herrschenden vorbehalten waren. Dazu war die Musik geschickt gekürzt, Gegensätze waren auch musikalisch auf den Punkt gebracht. Nur wenige der bei Händel noch üblichen Dacapo-Arien (ABA, der erste Teil wird am Schluss wiederholt) wurden komplett wiedergegeben, ansonsten wurden Teile daraus entnommen und mit Teilen anderer Arien verkettet, sodass der Spannungsbogen durch überraschende Wendungen erhöht wurde. So war z.B. das Ende der Ouvertüre der Beginn von Caesars erstem Gesang. Der Ablauf wurde auch dadurch verdichtet,
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dass schon während einer Arie die nächste Szene vorbereitet oder sogar angefangen wurde. Schließlich wurden auch die Charaktere der Personen deutlich akzentuiert, wohl auch durch dezente Textaktualisierungen. Beispiel: Tolomeo fordert, dass Frauen vor allem putzen, kochen und lieb sein müssen, wird daraufhin von Cleopatra als „schlaffer Schürzenjäger“ beschimpft. Die sich hier emanzipiert Gebende tritt dann aber später als Putzfee auf, um inkognito Caesar zu bezirzen. Nachher tritt die Brutalität Tolomeos in den Vordergrund, der mit jeder Frau Sex haben will. Insgesamt hat die Regisseurin fünf Episoden zusammengestellt, jede mit unterschiedlichen Personen, Handlungen und Schauplätzen. Nachvollziehbar, dass sie dabei an eine moderne Soap Opera gedacht und das Stück auch so inszeniert hat. Dass nicht die ganze Oper bis zum Ende gespielt wird und das hier gewählte Ende offenbleibt, passt zu dieser Aufführung, die ja wegen Corona keine Pause haben darf, sehr gut. Auch in der kompletten Oper wechseln die Machtverhältnisse unablässig, und die titelgebende Person kommt keineswegs ständig vor. Zudem liegen aktuelle Bezüge auf der Hand: Es geht um Macht, und weit zu sehen braucht man nicht, um festzustellen, dass es heute nicht viel anders zugeht, wenn auch nicht so offensichtlich brutal. Und das Wichtigste: Jede Episode ist spannend, der Schluss ziemlich abrupt, sodass man heiß ist auf den nächsten Teil. Zwischen den Episoden las Philippine Pachl Teile aus „Der Fürst“ von Machiavelli vor. Das passte gut, weil es hier wie dort um Macht geht. Machiavelli beschreibt sehr lakonisch die Mittel, die Fürsten anwenden müssen, um Macht zu gewinnen und diese zu behalten. Die Lesungen hätten aber durchaus kürzer sein können. 41
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Allen Sängerinnen und Sängern merkte man deutlich die große Freude an, endlich wieder vor Publikum singen zu können. Da stimmte nicht nur jeder Ton, sondern auch jede Geste, jeder Gesichtsausdruck, Gesang und Darstellung waren aus einem Guss, und zwar ohne Ausnahme bei allen. Besonders gut zu merken war das bei Ralitsa Ralinova, die die kapriziöse Cleopatra spielte, jede Gesangsphrase war kongruent mit Gestik und Mimik. Die Entdeckung des Abends war der junge Countertenor Etienne Walch, Mitglied des Opernstudios NRW, der den fiesen, macht- und sexbesessenen Tolomeo, Bruder der Cleopatra, in Gesang und Spiel hinreißend verkörperte. Aber auch alle anderen waren hervorragend, eine kompetente Mischung aus dem Ensemble mit einem Gast (Yosemeh Adjei als Caesar) und Mitgliedern des Opernstudios NRW.
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Sciarrino: „Il canto s´attrista, perché?“
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Sciarrino vertont auf seine sehr individuelle Weise eine entscheidende Episode des Atridenmythos aus der griechischen Mythologie: Troja ist gefallen, Agamemnon kehrt zurück und bringt seiner Frau Klytämnestra ein zynisches Geschenk mit: die trojanische Prinzessin und Seherin Kassandra, einerseits Sklavin, andererseits aber Agamemnons Mätresse. Klytämnestra hat aber längst einen anderen Plan, will ihren Mann ermorden, weil sie ihm die Opferung ihrer gemeinsamen Tochter Iphigenie nicht verzeihen kann, und Kassandra gleich mit. Dies wird wie ein Thriller aufbereitet: Zuerst erfährt ein Wächter vom Fall Trojas, ein Herold kündigt die Rückkehr der Krieger an, ehe Agamemnon selbst erscheint. Dabei will jegliche Freude, die nach langem Krieg aufkommen könnte, sich nicht einstellen, auch im weiteren Verlauf nicht, wenn Klytämnestra und Kassandra ihre großen Szenen haben. Dies zeigt sich in Kostümen und Bühnenbild. Die vorherrschende Farbe ist schwarz, betont die allgemeine Düsternis, und ein Gazevorhang am Bühnenrand lässt alles noch schemenhafter erscheinen. Im gesamten Stück spielt der Chor wie im griechischen Theater eine wichtige Rolle. Auf der Bühne kommunizieren vier Statisten mit den handelnden Personen, ihre sängerischen Entsprechungen kommen von vier Chorsolisten aus dem Orchestergraben, die vom Chor auf der hinteren Empore unterstützt werden bzw. sich mit ihm ablösen.
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Schon von der Geschichte her keine leichte Kost, aber extrem spannend aufbereitet. Auch Sciarrinos eigenwillige Musiksprache verbietet behagliches Zurücklehnen. Vieles bleibt leise, entwickelt sich aus der Stille. Die gewohnten Klangfarben der Instrumente werden kaum gebraucht, sondern alle anderen mögliche Spielweisen, z.B. bei den Bläsern Atemgeräusche, Glissandi oder Spielen von zwei Tönen gleichzeitig. Diese Klänge, Geräusche, Klangfarben werden von Sciarrino zu einer ungewöhnlichen extrem ausdrucksvollen Musik zusammengeführt, die die jeweilige Stimmung wiedergibt, die Ereignisse auf der Bühne kommentiert, Gesten nachahmt, aber auch Motive der Sängerinnen und Sänger aufnimmt und wiederholt. Es werden aber auch Bausteine verwendet, die in der Musik schon immer eine bestimmte Bedeutung hatten, so z.B. das Seufzermotiv.
Die Sängerinnen und Sänger werden durch diese Art der Komposition nicht unterstützt. Zwar wandern manche Motive hin und her, letztlich bleiben sie aber allein, müssen ihren Gesang im Kopf und in der Stimme haben, dazu ihre Anfangstöne selbst finden. Dies machten alle überFoto ganz oben: Nina Koufochristou als Kassandra
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Zusammengehalten wurde das Ganze von Johannes Witt, dem neuen ersten Kapellmeister der Bühnen, der exzellent vorbereitet war und präzise geprobt hatte und dafür auch von Orchestermitgliedern ausdrücklich gelobt wurde. Bewundernswert, wie er Vokalisten und Orchester über die gesamte Zeit in Balance hielt.
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Nigel Lowerys Inszenierung betonte die Düsternis der Geschichte, zeigte dies auch an Details, z.B. an den übergroßen blutigen Händen, die zuerst Agamemnon und später, nach dem Mord an ihm, Klytämnestra trug. Kassandra erschien in einer schwarzen Hochzeitskutsche, das zeigte Agamemnons Wertschätzung ihr gegenüber und seine Verachtung gegenüber seiner Frau, deutete aber schon ihr weiteres Schicksal an. Den Schluss bildete eine Art Prozession um das von den schwarzen Wänden befreite skelettierte Haus im Mittelpunkt der Bühne; die erinnerte ein wenig, in extrem trauriger Version allerdings, an Pina-Bausch-Polonaisen.
Am Schluss minutenlanger, enthusiastischer Beifall, der noch einmal anschwoll, als der angereiste Komponist auf der Bühne erschien. Fritz Gerwinn Alle Fotos „Julius Caesar“: Bettina Stöß Alle Fotos „Il canto s´attrista, perché?“: Björn Hickmann
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zeugend und wortverständlich. Das Einüben der Melodien und vor allem das Auswendiglernen wird aber Monate gebraucht haben, um so mühelos zu erscheinen. Dazu mussten ja auch noch die Charaktere der dargestellten Personen über die Rampe gebracht werden. Hier standen die beiden Frauen im Vordergrund. Einmal die kühl und hinterlistig planende Klytämnestra, dargestellt von Iris Marie Sojer, auf der anderen Seite die exaltierte Kassandra, die erst spät auftritt, in ihrer langen Szene dann aber eine ungeheuer emotionale Intensität zeigen muss. Dies gelang Nina Koufochristou beeindruckend. Ensemblemitglieder, Chor und Chorsolistinnen und -solisten reihten sich in diese hohe Qualität nahtlos ein.
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Auf der Suche nach dem flüchtigen Paradies Das XXXIII. Else Lasker-Schüler-Forum in Sanary-sur-Mer
Gerade erst waren die glamourösen Dichterkinder Klaus und Erika Mann von ihrer Weltreise zurückgekehrt – finanziert vom Nobelpreisgeld ihres Vaters –, da machten sie sich 1931 zu einer neuen Reise auf, diesmal entlang der Côte d’Azur. Gemeinsam verfassten sie
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den Reiseführer Das Buch von der Riviera: Man taucht ein in das Lebensgefühl der Roaring Twenties, in diese champagnerisierte Leichtigkeit des Seins. Eine Unbeschwertheit, nach der man sich heute, fast ein Jahrhundert später, in diesen Covid- und Fake-News-verseuchten Jahren sehnen könnte; wüsste man nicht, was folgte. Damals war die Côte d’Azur zu einem Magneten für amerikanische Millionäre und europäischen Geldadel geworden, für an Kultur Arme und Reiche, für Exzentriker, Lebenssüchtige und Aussteigerinnen. Vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Zweiten Weltkrieg tanzte hier die mondäne Welt am Abgrund der Zeitgeschichte.
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Klaus und Erika Mann – unterhaltungssüchtig auf der Suche nach dem nächsten besten Kick, der nächsten Sensation – machten auf ihrer Reise entlang der Côte Station in Sanary, und was sie dort sahen, ließ sie erstaunen: „Sanary“, so schrieben sie, „ist zunächst das freundliche und intime Hafenstädtchen, wie es deren an der Riviera viele gibt […]. In Wahrheit aber hatte seine eigene Bewandtnis mit Sanary, denn seit einigen Jahren ist es die erklärte große Sommerfrische des Café du Dôme, der sommerliche Treffpunkt der Pariser berlinerisch-schwabingerischen Malerwelt, der angelsächsischen Bohème.“ Und, als ob sie über seherische Fähigkeiten verfügten, warfen Klaus und Erika Mann einen
Sanary sur Mer, Foto: Anna Schwartz
Blick in die Zukunft des Städtchens: „Diese Sanary-Sommer werden in die Kunstgeschichte eingehen und vielleicht auch in die Cronique scandaleuse der großen europäischen Bohème.“ Sie sollten recht behalten, wenn auch anders, als sie es damals gedacht haben mögen. Nur zwei Jahre später wird Sanary-sur-Mer, dieses zwischen Marseille und Toulon gelegene Fischerstädtchen, zur Hauptstadt der deutschen Literatur avancieren. So nannte der deutsche Philosoph Ludwig Marcuse den kleinen Ort retrospektiv in seinem Buch Mein 20. Jahrhundert. Dass ausgerechnet Sanary zum Fluchtpunkt der deutschsprachigen Literatur wurde, hat viel mit Hermann Kesten zu tun, dem „Freund der Dichter“, wie er gerne genannt wurde. Er war der Leiter der nach 1933 gegründeten deutschen Abteilung des Amsterdamer Allert de Lange Verlages, die zusammen mit dem Querido Verlag zur wichtigsten literarischen Stimme der deutschen Exilautoren von links nach rechts: Ron Williams, Hajo Jahn Fotos: Manfred Brusten, Roman Babik und Wolfgang Schmidtke, Foto: Anna Schwartz, Carolina Tudyka, Foto: Manfred Brusten
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werden sollte. Um neue Autoren zu gewinnen, war Kesten 1933 nach Sanary gegangen, wo er unter anderem Gespräche mit Bertolt Brecht, Arnold Zweig und René Schickele führte. Über Schickele kam auch der mit ihm befreundete Thomas Mann nach Sanary und im Sog des Literaturnobelpreisträgers viele weitere Autoren. Eine Gedenktafel am Fremdenverkehrsamt der Stadt erinnert an die Emigranten, die hierherkamen, um Schutz, Abstand und Kraft zu finden, ihren schöpferischen Prozess fortzusetzen. Die insgesamt 68 Namen auf der Gedenktafel lesen sich wie das „Who is who“ des deutschen Geistesadels der Weimarer Republik. Eine kurze Auswahl (in alphabetischer Reihenfolge): Bertolt Brecht, Ernst Bloch, Lion und Martha Feuchtwanger, Bruno Frank, Alfred Kerr, Hermann Kesten, Egon Erwin Kisch, Thomas, Heinrich, Katia, Erika und Golo Mann, Erich Maria Remarque, René Schickele, Ernst Toller, Franz Werfel, Alma Mahler-Werfel, Arnold Zweig, Stefan Zweig. Jeder Name, den ich auslasse, schmerzt. Manche blieben nur für Monate, andere wie Lion und Marta Feuchtwanger lebten hier über Jahre.
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Der Einladung der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft, sich auf die Spuren der Exilantinnen und Exilanten zu begeben, folgen bundesweit ca. 400 Menschen, viele von ihnen aus Wuppertal, der Heimatstadt Else Lasker-Schülers. Hinzu kommen Deutsche, die im Department Var leben, und Franzosen, die an dem reichen Kulturangebot des XXXIII. Else Lasker-Schüler-Forums interessiert sind, darunter eine ältere Dame, die sich jahrzehntelang für die Aussöhnung zwischen Franzosen und Deutschen engagiert hat. Manche Gäste des Forums kommen aus Großbritannien und der Schweiz angereist. Die meisten der Veranstaltungen finden im Théâtre Galli statt, benannt nach dem französischen Boxer und Stummfilmstar, der später Pfarrer werden sollte und das wunderschöne Theater seiner
Foto: Prof. Dr. Manfred Brusten
Heimatgemeinde stiftete. Links und rechts der Bühne befinden sich Wandgemälde, die die prominentesten Exilautorinnen und -autoren zeigen. So ist die Vergangenheit in diesem schönen Theater stets präsent. Überhaupt wird die Zeit des Exils in Sanary auf vielfältige und liebevolle Weise lebendig erhalten. Eröffnet wird das Forum durch den deutschen Botschafter Hans Dieter Lucas, der als erster Vertreter der Bundesrepublik Sanary besucht. Zwei Jahre lang hatte Hajo Jahn das Forum vorbereitet. Entstanden ist eine „Komposition“ aus insgesamt 25 Veranstaltungen: Theaterstücke, Ausstellungen, Chanson-Abende, Vorträge, Diskussionsrunden und literarische Stadtführungen. Gerade letztere vermitteln einen lebendigen Eindruck von den Orten, an denen die Literaten lebten. Und so pilgert die Gemeinde unter Führung des aus der Schweiz angereisten Literurwissenschaftlers Martin Dreyfus u.a. zu dem Ort, wo einst Thomas Manns
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Angela Winkler in Gerod Theobalts Stücke „Fremd in der Heimat“
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Margaux Kier, Bernt Hahn, Julia Wolff, Bernd Kuschmann in Heiner Bontrups Stück „Der schwierige Tod“. Foto: Anna Schwartz
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Villa „La Tranquille“ in erhabener Lage über der Bucht von Portissol lag, oder zum Domizil von Lion und Marta Feuchtwanger, der Villa Valmer. Dreyfus lässt diese Orte lebendig werden, liest aus den literarischen Werken oder Tagebuchaufzeichnungen, etwa von Lion Feuchtwanger: „Wenn ich morgens das blaue Ufer wiedersah, die Berge, die Bäume wie sie die Hänge hinaufkletterten, freute ich mich, dass ich mir diesen Himmel gewählt hatte, unter ihm zu leben. Oder wenn ich etwa den Tag über gut gearbeitet hatte und ich mich nun in der Stille meines abenteuerlichen Gartens erging, in welcher nichts war als das Auf und Ab des Meeres, vielleicht ein kleiner Vogelschrei, dann war ich ausgefüllt mit meinem Einverstanden-Sein, mit meinem Glück.“ Am Abend dann vergegenwärtigt die wunderbare szenische Hommage an Marta und Lion Feuchtwanger „Fremd die Heimat“ von Gerold Theobalt das Menschliche und zuweilen Allzumenschliche im Zusammenleben der Feuchtwangers und erhellt zugleich die großen gesell-
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schaftlichen, politischen und historischen Zusammenhänge. Eine großartige Angela Winkler schlüpft in die Rolle der Marta Feuchtwanger, ihr zur Seite brilliert Nikolaus Kinsky in der Rolle ihres Ehemannes. Hajo Jahns Komposition lebt von den „Farben“, die eingeladene Bühnenkünstler und Autorinnen verkörpern. Da ist Frido Mann, der Lieblingsenkel Thomas Manns, der als Kind im Schweizer Exil und in den USA aufwuchs, und dieses Schicksal in einem sehr persönlichen Erinnerungsbuch „Democracy will win“ beschreibt: ein Appell an Vernunft und Humanität in den dunklen Jahren der Trump-Ära. Da ist die frühere Auslandskorrespondentin der ARD Marion von Haaren, die mit großem Einfühlungsvermögen und Taktgefühl die hochkarätig besetzten Diskussionsrunden moderiert. Und da ist Ron Williams, der Sänger und Entertainer. Mit dem großartig intonierten Bill Withers-Song „Lean on me“ flutet er das Galli mit menschlicher Wärme
von links nach rechts: Margaux Kier, Professor. Dr. Frido Mann, Marion von Haaren, alle Fotos: Manfred Brusten
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„Warten“, Holzschnitt von Carl Rabus Die von Birte Frisch kuratierte Ausstellung „Trauma Transit“ präsentiert in der Maison Flotte Werke von Künstlern der Sammlung des Zentrums für Verfolgte Künste an der Nahtsetlle zwischen Gefangenschaft, Freiheit, Leben und Tod im südfranzösischen Internierungslager Les Milles. Gezeigt wurden auch die Zeichnungen Else Lasker-Schülers. Chrystel Guillebeaud in ihrem Stück „Dein femur singt“, Foto: Anna Schwartz
Und da sind die Wuppertaler Schauspielerinnen und Schauspieler Andrea Witt, Julia Wolff sowie Bernd Kuschmann und Bernt Hahn. Kuschmann und Hahn schlüpfen in die Rolle von Klaus Mann und René Crevel in Heiner Bontrups Live-Hörspiel „Der Schwierige Tod“, das von der Dichterfreundschaft der beiden Autoren erzählt. Und vom Suizid als letzter Ausfahrt auf dem Weg zur Hölle des Nationalsozialismus. Und da ist Gregor Eisenmann, der die großartige surreale Licht- und Videoinstallation zu diesem Projekt realisiert – und dabei Filmaufnahmen einbindet, die er kurz vor der Aufführung in Sanary gedreht hat. Tod, Bedrohung und Angst sind ständige Begleiter der deutschsprachigen Literatengemeinde in der Diaspora,
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Sanary ein „Flüchtiges Paradies“, so hat Manfred Flügge, einer der Entdecker der „Hauptstadt der deutschen Literatur“, sein Buch über Sanary völlig zurecht genannt. Auch er, schwer gezeichnet von einem Schlaganfall, liest aus seinem Buch. Sanary ist so schön, dass man darüber fast das Elend der Emigration vergessen könnte. Doch das Schicksal des Exils war bitter – auch unter Palmen und mit dem Blick auf das Blau des Meeres. Klaus Mann schrieb: „Die Emigration war nicht gut. Habe ich den Eindruck erweckt, als hätten wir’s im Exil doch alles in allem ganz traulich und gut gehabt? Das ist nicht die Wahrheit. Da waren die tausenden, die in der Fremde hungerten. Dazu kam der psychologische Druck, die seelische Spannung. Da war die Angst, die hilflose, verzweifelte Angst vor einem Verhängnis, das man immer unabwendbarer war, immer unentrinnbarer werden sah.“ Der Tod warf mit Beginn des Zweiten Weltkrieges spätestens seit 1939 seine Schatten auf das flüchtige Paradies, dräuend wie der Himmel, wenn der Mistral aufzieht. Bald würde sich die Landkarte von „La Douce France“, das Charles Trenet in seinem Chanson beschwörte, braun einfärben. Diesen dunklen Schatten, die ohne das Licht des Lebens nicht sein könnten, setzt die frühere Pina BauschTänzerin Chrystel Guillebeaud in ihrem wohl persönlichsten Stück „Dein Femur singt“ ein traurig-schönes Denkmal, mit dem das Forum fulminant ausklingt. Heiner Bontrup
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und Optimismus. Da sind die exzellenten Jazzmusiker Wolfgang Schmidtke, Roman Babik und Mathias Haus, die wunderbare Kölner Diseuse Margaux Kier, die den Alabama-Song von Brecht/Weill so darbietet, dass einem das Blut in den Adern erstarrt. Da ist die Wuppertaler Journalistin und Sozialwissenschaftlerin Ulrike Müller, die den Fluchtweg der Emigranten von Frankreich nach Spanien über die Pyrenäen selbst gegangen ist, sehr eindrücklich von ihren Erfahrungen berichtet und diese mit den Schicksalen derer verzahnt, die diese strapaziösen Wege gehen mussten, um ihr Leben zu retten. Da ist Anne Weber, die im vergangenen Jahr den Deutschen Literaturpreis gewonnen hat für ihr Werk „Annette, ein Heldinnenepos“, in dem sie das Leben der Résistance-Kämpferin und Fluchthelferin Anne Beaumanoir in einfacher, anschaulicher Sprache und zugleich im griechischen Versmaß schildert.
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Abteilung „Ausbildung und Praxis der Maler“, Foto: Rainer K. Wick
Entdeckt!
Maltechniken von Martini bis Monet. Besuch einer Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud in Köln
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Vor hundert Jahren erschien Max Doerners grundlegendes Buch „Malmaterial und seine Verwendung im Bilde“, das sich schnell als Standardwerk zur Maltechnik etablieren konnte und das inzwischen, jeweils erweitert und aktualisiert, mehr als 20 Auflagen erlebt hat. Doerner war ein eher durchschnittlicher,
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am Impressionismus orientierter Landschaftsmaler mit einem besonderen Interesse an der Erforschung der Techniken alter Meister. 1911 wurde er Dozent für Maltechnik an der Münchner Akademie, 1921 folgte seine Ernennung zum Professor, 1937 wurde er Leiter der neu gegründeten „Staatlichen Prüf- und Forschungsanstalt für Farbentechnik“, einer Institution, die bis heute als „Doerner Institut“ an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen existiert. Als praktizierender Maler beklagte Doerner im Vorwort zur ersten Auflage seines Buches, dass die Kunst „den Boden des Handwerks verlassen (habe) und daher ihrer sicheren Grundlage“ entbehre. Entgegen der „Sorge mancher Maler“, so Doerner, „ihre Persönlichkeit könnte darunter
leiden, wenn sie sich mit dem Handwerklichen ihrer Kunst näher befassen“, lautete seine Forderung: „Das Handwerk muß wieder die feste Grundlage der Kunst werden“ – ein Satz, der übrigens fast wörtlich an eine zentrale Passage im Bauhaus-Gründungsmanifest von 1919 erinnert, in dem Gropius an Architekten, Bildhauer und Maler den Appell richtete: „... wir alle müssen zum Handwerk zurück“. Dass im 20. Jahrhundert derartige Postulate gerade bei Malerinnen und Malern der Avantgarde nicht immer ankamen, da sie sich für maltechnische Belange kaum interessierten, ja Handwerkliches geradezu für überflüssig und mit ihrer Idee von Kunst und Künstler für unvereinbar hielten, wird regelmäßig von Restauratoren bestätigt, die sich nun um den Erhalt in ihrer materiellen Substanz oft stark gefährdeten Kunstobjekte der Moderne bemühen müssen. Dies in einer eigenen Ausstellung darzustellen, wäre sicherlich ein spannendes Projekt. Zu berichten ist hier aber über ein anderes Projekt, nämlich eine Ausstellung in Köln, die sich nicht um Fragen der
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Unbekannt, Martyrium des hl. Laurentius, frühes 17. Jh., Öl auf Kalksinter, ohne und mit rückseitiger Beleuchtung, Fotos © Rheinisches Bildarchiv Köln
Ein zentraler Raum mit Gipsabgüssen, einer Gliederpuppe und Staffeleien, an denen Besucher selbst tätig werden können, soll so etwas wie Akademieflair erzeugen. Vor allem hat dieser Raum aber den Charakter eines Prologs, werden an den Wänden doch in einer friesartig angebrachten Bild-Text-Sequenz Etappen der Ausbildung und Praxis der Maler dargestellt. Trotz sozialgeschichtlich bedeutsamer Wandlungen von der Einbindung in zünftige Organisationsstrukturen bis hin zur akademischen Künstlerausbildung jenseits des strengen Zunftregiments, was historisch einem enormen Statusgewinn der bildenden Künstler gleichkam, blieb das Handwerk lange eine maßgebliches Element sowohl des Lehrens und Lernens als auch der alltäglichen Berufsroutine der praktizierenden Maler.
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Bildträger und Grundierung Entsprechend der Logik des Bildaufbaus beginnt die Kölner Schau, die sich auf die sogenannte Tafelmalerei beschränkt und das Wandbild ausklammert, mit den klassischen Bildträgern, nämlich Holztafeln, die über Jahrhunderte als Malgrund bevorzugt und erst seit dem 16. Jahrhundert allmählich von der auf Keilrahmen aufgespannten Leinwand abgelöst wurden. Kaum bekannt ist dagegen das Malen auf Metallplatten, vor allem auf Kupfertafeln, und die Malerei auf steinernen Bildträgern – Untergründen, die wegen ihrer Haltbarkeit zeitweise durchaus geschätzt wurden. Die Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum brilliert mit einem ganz ungewöhnlichen Gemälde eines unbekannten Künstlers aus dem frühen 17. Jahrhundert, das das Martyrium des heiligen Laurentius zeigt und auf eine Steintafel gemalt wurde. Während bisher angenommen wurde, dass es sich dabei um Marmor handelt, konnte inzwischen der Nachweis erbracht werden, dass als Malgrund ein Kalksintergestein benutzt wurde, wie es sich über lange Zeiträume als Ablagerung kalkhaltigen Wassers bildet. Das Spektakuläre besteht aber nicht nur in der Seltenheit des gewählten Bildträgers, sondern darin, dass ursprünglich hinter der dünnen, transluziden Steinplatte ein Kerzenlicht flackerte, sodass im Bereich des auf einem Eisenrost das Martyrium erleidenden Heiligen die Flammen zu lodern schienen und damit die Dramatik des grausamen Geschehens noch deutlich gesteigert wurde. 49
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Maltechnik im 20. Jahrhundert dreht, sondern deren Zeitspanne vom späten Mittelalter bis um 1900 reicht. Noch bis Mitte Februar 2022 zeigt das Wallraf-Richartz-Museum die sehenswerte Schau mit dem Haupttitel „Entdeckt!“ und dem Untertitel „Maltechniken von Martini bis Monet“. Sie bilanziert Forschungsergebnisse der Abteilung für Kunsttechnologie und Restaurierung des Museums aus den letzten 20 Jahren und bietet – zumeist aus den eigenen reichen Sammlungsbeständen – ein thematisch geschlossenes und systematisch strukturiertes Ganzes zu den unterschiedlichsten Facetten der Maltechnik. Neben Bekanntem präsentiert die Ausstellung manche Überraschung, und es ist genau diese Mischung, die einen Besuch lohnend macht.
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Simone Martini, Maria mit dem Kind, 1315-35, Tempera auf Pappelholz,
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Foto: Rainer K. Wick
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Breiten Raum nimmt in der Ausstellung das Thema der Grundierung ein. Ihr kommt maltechnisch eine maßgebliche Rolle zu, dient sie doch dem Ausgleich von eventuellen Unebenheiten des Bildträgers, der Egalisierung der Saugverhaltens des Untergrunds und vor allem dazu, eine gute Haftung des nachfolgenden Farbauftrags auf dem Malgrund zu garantieren. Traditionsreich sind die Gips- und Kreidegrundierungen, für die als Bindemittel meistens tierische Leime verwendet wurden. Gerade in der mittelalterlichen Tafelmalerei bedurfte es dickschichtiger Grundierungen, um vergoldete Partien, etwa Heiligenscheine, punzieren, also mit eingeprägten ornamentalen Verzierungen, versehen zu können. Beispielhaft lässt sich dies an Simone Martinis großartigem Bild „Maria mit dem Kind“ aus dem frühen 14. Jahrhundert studieren. Merkwürdig nur, dass im ansonsten exzellenten Katalogbuch der bedeutende Sieneser Gotiker Martini fälschlich als „einer der berühmtesten und einflussreichsten Künstler der italienischen Renaissance“ apostrophiert wird. Ohne hier näher auf einzelne Grundierungstechniken und das Sonderphänomen der Imprimtur, einer reinweißen oder auch farbig pigmentierten, meist ölhaltigen Zwischenschicht, einzugehen, zeigt die Kölner Ausstellung anhand von Arbeiten von Adolph Menzel und impressionistischer Künstlerinnen und Künstler wie Édouard Manet, Alfred Sisley und Berthe Morisot, wie sehr deren lockere, ja flüchtige Malweise dazu führen konnte, dass die Grundierung partiell stehen, also sichtbar, blieb und als das Bild mitgestaltender Faktor einbezogen wurde.
Berthe Morisot, Der Hafen von Nizza, 1881/82, Öl auf Leinwand, oben Durchlichtaufnahme, die orange die von Farbe unbedeckt gebliebenen Partien sichtbar macht, Fotos © Rheinisches Bildarchiv Köln
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Adolph Schroedter, Mephistopheles in Auerbachs Keller, nach 1848, Tempera (?), Foto: Rainer K. Wick
Unterzeichnung und Malschicht Die nächste Station der Kölner Schau gilt der Unterzeichnung. Dabei geht es Iris Schaefer, Leiterin der Abteilung für Kunsttechnologie und Restaurierung, und ihren CoKuratorinnen nicht um die Darstellung der schrittweisen Erarbeitung einer Komposition von den ersten Ideenskizzen über Vorstudien bis hin zum Entwurf in Originalgröße, sondern darum, dem Besucher die historisch gebräuchlichen Methoden der Übertragung einer Zeichnung auf den – grundierten – Bildträger vorzustellen, etwa das Durchgriffeln, die Lochpause (italienisch „spolvero“) oder die Quadrierung.
Marten van Heemskerck, Beweinung Christi, um 1530, Öl auf Eichenholz, und Infrarotreflektogramm mit sichtbar gemachter Unterzeichnung, Foto: Rainer K. Wick
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Interessante Einblicke in die Prozesse der Bildentstehung bieten etliche unvollendet gebliebene oder nur halb fertig-
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gestellte Gemälde, die das Werden eines Werkes von der Grundierung über die Unterzeichnung bis zu durchgearbeiteten Partien „lesbar“ machen. Besonders spannend sind aber die in der Schau präsentierten Ergebnisse avancierter naturwissenschaftlicher Untersuchungsverfahren wie der Infrarotreflektografie, die in der Lage ist, Malschichten zu durchdringen und Unsichtbares sichtbar werden zu lassen. So tritt mithilfe dieses Instrumentariums nicht nur die ursprüngliche Unterzeichnung zutage, sondern es werden auch, zuweilen sogar erhebliche, Abweichungen erkennbar, die Änderungen während des Malprozesses geschuldet sind. Im Fachjargon werden derartige Änderungen als „Pentimenti“ bezeichnet, ein Begriff, der sich aus dem Italienischen herleitet und so viel wie „Reuezüge“ bedeutet. Dazu unten mehr.
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Blick in die Abteilung „Malschicht“, Foto: Rainer K. Wick
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Eingehend wird das Thema „Malschicht“ abgehandelt. Hier geht es in erster Linie um die Tempera- und die Ölmalerei sowie um die unterschiedlichen Techniken des Farbauftrags und der dazu verwendeten Werkzeuge. In der mittelalterlichen Tafelmalerei dominierte die Eitemperatechnik, bei der das Eigelb, eine Emulsion aus wässrigen und öligen Bestandteilen, als Bindemittel der mühsam von Hand angeriebenen Pigmente benutzt wurde. Da Eitemperafarben nicht sehr geschmeidig sind und sich kaum vertreiben lassen, mussten sie in feinsten, nebeneinander gesetzten Pinselstrichen, der charakteristischen Stricheltechnik, aufgetragen werden. Dies änderte sich seit dem 15. Jahrhundert mit dem allmählichen Übergang zur Ölmalerei grundlegend. Dass diese neue Technik eine Erfindung des flämischen Malers Jan van Eyck gewesen sei, gehört übrigens ins Reich der Mythen, wie Iris Schaefer im Katalogbuch zu Recht bekräftigt. Grundsätzlich zu unterscheiden ist die Ölmalerei als Schichtenmalerei, bei der in einem aufwendigen und zeitraubenden Werkprozess meist mehrere Lasuren, also transparente Schichten, übereinandergelegt werden, und die Ölmalerei als sogenannte Primamalerei (italienisch „alla prima“), bei der die Farben in einem spontanen Malakt gleichsam nass in nass aufgetragen werden. Letzteres ist nicht nur für den Impressionismus typisch, sondern findet sich vereinzelt schon im 17. Jahrhundert, wie die Kölner Schau deutlich macht. Als Gegenbeispiel zeigt das Wallraf-Richartz-Museum etwa das Bild „Herodias mit dem Haupt Johannes des Täufers“ des französischen Salonmalers Paul Delaroche aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, das exemplarisch für die akademische Glattmalerei steht, bei der die Ölfarben derart vertrieben wurden, dass eine individuelle Pinselfaktur nicht mehr auszumachen ist. Üblicherweise wurden die Farben mit Haar- und Borstenpinseln aufgetragen, zum Einsatz
David Ryckaert, Werkstatt des Malers, 1642 (Ausschnitt: Anreiben der Malfarben), Foto: Rainer K. Wick
kamen aber auch Palettmesser und Malspachtel, die gerne die Künstler der klassischen Moderne nutzten, um mit den pastosen Substanzen industriell hergestellter Tubenfarben plastische Wirkungen zu erzeugen. Besondere Effekte ließen sich mithilfe farbgetränkter Lappen durch das Auftupfen fleckiger Strukturen erzielen, und manche Künstler bedienten sich beim Farbauftrag gelegentlich sogar ihrer Finger und Handballen. Das alles ist hochinteressant und wird in Köln ausgezeichnet dokumentiert. Faszinierend sind die Untersuchungen des Teams der Abteilung für Kunsttechnologie und Restaurierung zum Thema der oben erwähnten Pentimenti. Es geht um Kor-
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Max Liebermann, Die Rasenbleiche, 1882, Öl auf Leinwand, und Röntgenaufnahme, vorne rechts die übermalte Wäscherin, Fotos © Rheinisches
rekturen, die oberflächlich kaum oder gar nicht erkennbar sind und oftmals erst sichtbar werden, wenn die Geheimnisse dieser „Reuezüge“ mit den Methoden der Röntgenfotografie oder mithilfe infraroter Strahlen gelüftet werden. So zeigt Max Liebermanns großformatiges Gemälde „Die Rasenbleiche“ von 1882 im Röntgenbild eine im Vorder-
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grund Kniende, die die Wäsche zum Bleichen ausbreitet – eine Figur, die auf der endgültigen Fassung aber fehlt. Der Künstler hat sie „reuig“ übermalt, nachdem die Platzierung der Wäscherin von der Pariser Kunstkritik herb getadelt und Liebermann ein „kapitaler Fehler“ bescheinigt worden war. Etwas anders könnte sich die Situation im Fall 53
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Bildarchiv Köln
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Rembrandt, Selbstbildnis, um 1662, Öl auf Leinwand, und Röntgenaufnahme,
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Fotos © Rheinisches Bildarchiv Köln
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des späten Selbstporträts von Rembrandt (um 1662), einem der herausragenden Gemälde der Ausstellung, darstellen. Denn obwohl die Röntgenaufnahme beträchtliche Abweichungen erkennen lässt, die sowohl die Physiognomie als auch kompositorische Details betreffen, ist keineswegs sicher, ob es sich hier um Pentimente, also um Korrekturen Rembrandts, handelt. Vielmehr könnte es durchaus sein, dass die Übermalungen von fremder Hand und aus späterer Zeit stammen – eine offene Frage, die von der Forschung bisher nicht eindeutig beantwortet werden konnte.
Firnis als Finish Die letzte Etappe des Ausstellungsparcours gilt der bis ins frühe 20. Jahrhundert geläufigen Praxis, fertige Gemälde zu firnissen, also abschließend mit einer transparenten, meist hochglänzenden Schicht aus einem Öl-Harz-Gemisch oder aus reinen Harzlösungen zu überziehen. Der
Firnis (französisch „vernis“) diente dem mechanischen Schutz, der Egalisierung unterschiedlicher Glanzgrade der Bildoberfläche und der Intensivierung der Farbwirkung durch das entstehende Tiefenlicht. Bei der alljährlichen Kunstausstellung des Pariser Salons, im 19. Jahrhundert einem gesellschaftlichen Ereignis ersten Ranges, wurden in der Regel einen Tag vor der offiziellen Eröffnung die von der Jury zugelassenen Bilder frisch gefirnisst, also mit „vernis“ beschichtet. Dieses „Firnissen“ fand in Anwesenheit von Freunden und Auftraggebern der Künstler statt, die Veranstaltung nahm den Charakter einer informellen Vorbesichtigung an und wurde Vernissage genannt, ein Begriff, der später dann zum Synonym für „Ausstellungseröffnung“ geworden ist. Da Firnisse gerade bei pastosen Farbaufträgen unliebsame Reflexe erzeugen können und überdies zum Vergilben neigen, waren es im 19. Jahrhundert die französischen Impressionisten, die nicht nur
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gegen den Salon als konservative, innovationshemmende Institution opponierten, sondern auch auf das Firnissen verzichteten, um die Frische ihrer „Hellmalerei“ zu bewahren. Zwar hielten die akademischen Salonmaler noch länger am Firnissen fest, doch wurde eine matte, reflexfreie Gemäldeoberfläche allmählich zum ästhetischen Ideal. Die vom Gedankengut der Lebensreform inspirierte Komposition „Vier Frauen am Meer“ (1905) des Jugendstilkünstlers Ludwig von Hofmann dient hierfür als exemplarischer Beleg in einer instruktiven, überaus lehrreichen und attraktiv gestalteten Schau, die mit der Zeit um 1900 ihren Schlusspunkt erreicht hat. Beim Verlassen der Ausstellung mag man sich an ein Statement von William Morris, Protagonist der kunstgewerblichen Reformbewegung im England des 19. Jahrhunderts, erinnern: „Das Gerede von Inspiration ist barer Unsinn. ... Kunst ist einzig Handwerk.“ Oder, nicht ganz so apodiktisch: auch Handwerk. Rainer K. Wick
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Ausflugsempfehlung der Redaktion:
Entdeckt! Maltechniken von Martini bis Monet
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud Obenmarspforten 40 50667 Köln noch bis 13. Februar 2022 www.wallraf.museum
Im Wienand Verlag Köln ist ein sachhaltiger, reich illustrierter Katalog erschienen, herausgegeben von Iris Schaefer in Zusammenarbeit mit Anna Bungenberg und Caroline von Sainte-George, der das Zeug zu einem Standardwerk der historischen Maltechniken hat; 256 Seiten, 319 meist farbige Abbildungen, Hardcover, 30,- €.
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Ludwig von Hofmann, Vier Frauen am Meer, 1905, Öl auf Leinwand, Foto: Rainer K. Wick
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Sevda (rechts) im Spielfilm „Die da oben“
Filmen verleiht Flügel
Junge Menschen machen Filme beim Medienprojekt Wuppertal
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Wuppertal ist das Zentrum für den jungen Film in Deutschland. Seit 30 Jahren unterstützt das Medienprojekt Wuppertal junge Menschen bei ihren Filmproduktionen. Die
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jüngsten von ihnen sind noch in der Pubertät, die Ältesten studieren schon – zum Beispiel Film. Jeder Film – und es sind jährlich 200 Kurzfilme von einigen Hundert Aktiven vor und hinter der Kamera – wird in einer Premiere in einem Wuppertaler Kino auf großer Leinwand gefeiert und diskutiert. Ein Teil der Kurzspielfilme, Dokus oder Musikvideos lädt das Medienprojekt nach der Kinopremiere auf seinem Youtube-Kanal hoch, einen anderen Teil vertreibt die medienpädagogische Einrichtung deutschlandweit für die Bildungsarbeit. Viele Filme wurden aufgrund ihrer besonderen Qualität ausgezeichnet. Beim Medienprojekt Wuppertal bekommen junge Menschen durch selbst produzierte Filme eine Stimme für ihre Geschichten, ihre Meinungen, ihre Kunst. So werden sie sichtbarer und selbstbewusster Teil der Stadtgesellschaft. Daher lag es auf der Hand, an dieser Stelle das Medienprojekt und damit den jungen Film aus dem Blickwinkel
von den Filmemacherinnen beschreiben zu lassen. Das Interview mit Aerthika Krishnakumar (19), Sevda Bilan (20) und Madelaine Wörheide (19) führte der Gründer und Geschäftsführer des Medienprojektes Andreas von Hören. Andreas: Warum machst du überhaupt Filme? Madelaine: Meine große Motivation beim Filmemachen ist es, Geschichten zu erzählen. Das hat mir eigentlich schon immer Spaß gemacht, mir Szenarios auszudenken und bestimmte Geschichten umsetzen zu wollen und die dann an andere Leute zu bringen. Sevda: Zuerst war es gar nicht mein Ziel, in der Filmbranche irgendwas zu tun. Jetzt bin ich von dieser Richtung total fasziniert. Es erfüllt mich selbst, wenn man von Menschen Geschichten erzählt. Auch etwas total Banales, was keine Message hat, sondern einfach nur was Künstlerisches finde ich total faszinierend und bringt mich auch dazu, mich selber zu erweitern. Aerthika: Ich finde Filme sind eine gute Plattform, die Leuten eine Möglichkeit gibt, sich auszudrücken. Dieses „Ich möchte gehört werden“, das war meine allererste Motivation,
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weswegen ich überhaupt mit dem Filmen angefangen habe, und deswegen ist meine Nische auch momentan eher dieser dokumentarische Bereich. Echte Geschichten von Menschen zu erzählen, das ist mein Fokus, weil ich merke, was für eine Aufmerksamkeit man dadurch bekommt. Ich bin ganz ehrlich, ich liebe diese Aufmerksamkeit, sowohl als Filmemacherin, aber auch für die Menschen, deren Geschichte ich erzählen darf und die dann Aufmerksamkeit bekommen. Es gibt einfach super viele Themen, die mehr angesprochen werden könnten, und ich möchte einfach meinen Teil dazu beitragen, deswegen mache ich Filme. Was interessiert dich besonders daran, filmische Geschichten zu erzählen? Madelaine: Was mich da besonders interessiert, sind die Bilder. Ich bin ein sehr visueller Mensch, und ich finde es sehr schön, wenn man Sachen einfach nur mit Bildern erzählen kann. Was ist die Kraft dieser laufenden Bilder? Madelaine: Wenn man einen Film macht, dann versucht man, die Emotionen der Leute mit seinen Bildern zu erreichen. Was mich beim Film sehr inspiriert, sind generell Emotionen, weil ich zum einen Emotionen darstellen und zum anderen aber auch diese Emotionen bei meinen Zuschauer*innen ansprechen möchte.
Aerthika in der Doku „Ich bin von Rassismus betroffen!“
Machst du den Film für dich oder für die Zuschauer*innen? Sevda: In erster Linie mache ich den Film für mich, weil ich mich selber dazu entschieden habe, eine Thematik anzusprechen oder das als Kunst zu sehen. Aber ich denke auch an die Zuschauer. Aerthika: Ich habe schon einen eigenen Themenbereich, wo ich gerne Filme mache, weil ich weiß, dass vor zehn Jahren ich diese Filme gebraucht hätte und die mir so geholfen und mich gestärkt hätten. Gleichzeitig weiß ich, heutzutage ist das Thema immer noch präsent: sei es Colourism, sei es Rassismus oder aber auch Themen, die ich noch nicht angesprochen habe. Spielt das für dich eine Rolle, möglichst vielen deine Geschichte zu erzählen? Madelaine: Für mich ist es sehr schön, wenn ich viele Menschen damit erreiche. Es ist nicht unbedingt die Nummer eins, warum ich Filme mache, dass ich besonders viele Klicks kriege, sondern weil ich etwas mache, was mir Spaß macht. Wenn ich damit dann noch viele Klicks kriege, dann ist es natürlich toll, dann ist es die perfekte Mischung.
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Welche Rolle spielt das Kino oder Streaming übers Internet bei der Veröffentlichung? Madelaine: Einen Film im Kino zu sehen, ist einfach das schönere Erlebnis. Du kannst dich komplett auf den Film fokussieren, alles um dich herum ist eigentlich egal, es ist dunkel. Du hast einfach nur den Film vor dir, und du kannst dich wirklich darauf fokussieren. Natürlich finde ich es wichtig, dass der Film auch weiter veröffentlicht wird, damit du ihn nochmal mehr Leuten zeigen oder auch immer mal wieder anschauen kannst. Du kannst nicht immer den Film im Kino sehen, das ist eigentlich ein einmaliges Erlebnis, was es sehr besonders macht. Wenn man den Film auf Youtube hochlädt, dann ist es aber trotzdem gut, weil 57
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Madelaine im Spielfilm „Ohne Moos nichts los“
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Screenshot aus der Reportage „Radikal kommt von Radieschen“ der Umweltredaktion
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man den Film vielen anderen Leuten auch schicken kann, er ist dann immer auf irgendeiner Plattform verfügbar. Sevda: Die Open-Air-Kinopremiere von Dach der Stadt war ein unbeschreiblicher Moment für mich. Ich habe alles gerade ausgeschaltet und wusste, es geht jetzt los, man sieht schon den Titel auf der Leinwand, und ich war total nervös und aufgeregt. Ich habe nichts von den Zuschauern mitbekommen in dem Moment. Das waren wirklich Glücksgefühle. Es war einfach schön, den eigenen Film zu sehen. Diese ganze Liebe, das Ganze, was man da reingesteckt hat und die Kreativität, mein Blut, das ist alles in dem Film drin. Du zeigst dein Werk, dein Baby, und du realisiert das gerade nicht. Aerthika: Ich finde an den Kinopremieren am schönsten, wenn Menschen dabei sind, die mir was bedeuten und die mir dann einfach diese Rückmeldungen geben - auf deren Meinung setze ich am meisten. Deswegen finde ich es voll schön, das dann mitzukriegen. Wenn andere
Making of der Kurzspielfilmproduktion „Die Jugend von heute“
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Making of der Kurzspielfilmproduktion „Zoey”
Zuschauer*innen bei den Premieren dann auf dich zukommen und sagen: „Danke dir, dass du diesen Film gemacht hast.“ Oder letztens: „Meinem Sohn ging es ähnlich mit Colourism, und danke, dass du mir die Augen geöffnet hast.“ Was ich auch richtig geil fand, war meine ehemalige Nachhilfelehrerin, die früher immer so ein bisschen rassistische Äußerungen getroffen hat. Sie kam zu mir und meinte: „Tut mir leid, aber ich werde dich nie wieder Schokoprinzessin nennen.“ Auf Youtube und den anderen Social-Media-Plattformen ist das ebenfalls so, und negative Kritik habe ich bisher noch nicht bekommen, deswegen keine Ahnung, wie es dann für mich wäre. Du hast beim Dreh schon Dinge erlebt, die hättest du nicht gehört, hättest du keine Kamera dabeigehabt. Wie weit ist dein Motiv als Filmemacherin, nah ranzukommen, in Begegnung zu gehen, Neugierde zu stillen?
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Welche Bedeutung hat das Filmemachen für dich als junge Frau? Madelaine: Wenn ich Filme mache, dann sehe ich auch einen Teil von mir in diesem Film. Ich denke, dass ich einen Teil von mir in diesen Film gebe. Wenn es ums Geschichtenerzählen geht, dann ist immer ein Teil von mir auch in dieser Geschichte. Das heißt, wenn ich diese Geschichte oder diesen Film dann jemandem zeige, zeige ich eigentlich auch einen kleinen Teil von mir, und das hat für mich auch eine große Bedeutung. Dieser Film ist nicht von irgendwem, sondern das ist ein Film von mir. Ich finde, es ist auch ein tolles Gefühl, wenn man einen Film von sich auf einer großen Leinwand sieht. Es ist einfach sehr motivierend, weiter Filme machen zu wollen. Andreas: Inwiefern bist du als Filmemacherin Lernende? Aerthika: Jeder bringt seine Fähigkeiten mit, also das was er schon beherrscht, und im besten Fall dann auch die Motivation, von anderen zu lernen oder sich von anderen inspirieren zu lassen. Sevda: Letztendlich ist es nicht das Ziel, ein geiles Ding rauszubringen mit der besten Qualität, sondern eigentlich: Wie arbeiten wir zusammen und was machen wir mit diesen unterschiedlichen Menschen und diesen ganzen Stärken und Schwächen? 59
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Aerthika: Das ist sogar das größte Motiv für mich. Ich finde Menschen faszinierend, also auch unabhängig vom Film. Ich bin grundsätzlich einfach krass fasziniert und liebe es, mich mit Menschen zu unterhalten. Film gibt mir die Möglichkeit, das auch festzuhalten. Diese Gespräche festzuhalten und dann auch gleichzeitig in die Tiefe zu gehen und damit Menschen die Stimme zu geben, diese Tiefe dann auch anderen Menschen zu zeigen.
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Screenshot Kurzspielfilm „Gefangen“ von Sevda Bilan
Screenshot Animationsfilm „Meine bunte Angst“ von Madelaine Wörheide
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Aerthika: Ich finde im Medienprojekt wird man viel zusammengewürfelt. Die Gemeinsamkeit, die alle hier haben, ist, dass sie alle gerne Filme machen. Dieser Schaffenszauber entsteht dadurch, dass man zusammen das Ziel hat, gemeinsam einen Film zu machen, und diesen Teamgeist in sich trägt.
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Wann ist für dich dein Film erfolgreich? Wie definierst du Erfolg? Sevda: Wenn ich mit dem Ergebnis zufrieden bin, dann sehe ich das schon für mich als Erfolg. Wie das ankommt, da kann ich letztendlich nichts dran machen. Ich habe jetzt was geschafft, das ist mein Werk, und da ist meine Kreativität drin, meine Arbeit. Aerthika: Dadurch, dass ich eher im dokumentarischen Bereich unterwegs bin, würde ich sagen, je länger Menschen über diesen Film reden, desto mehr Erfolg habe ich. Wenn andere sagen, “Voll geil, danke, dass du mich zum Nachdenken angeregt hast, ich fand den Film voll gut.“, wenn das Leute dann in einem halben Jahr auch noch sagen, das empfinde ich für mich als Erfolg, weil ich dann weiß, es ist in deren Köpfen geblieben. Madelaine: Für mich ist ein Film erfolgreich, sobald sich eine Person damit emotional angesprochen fühlt. Selbst wenn die Person nur einmal durch den Film gelacht hat oder einmal einen speziellen Gedanken hatte oder sich
irgendwie durch den Film anders fühlte, finde ich, dass der Film schon erfolgreich war. Was bedeutet für dich das Medienprojekt Wuppertal als Filmeinrichtung? Madelaine: Das Medienprojekt ist mir eigentlich sehr wichtig, weil ich erst hier richtig auf den Film gekommen bin, davor hatte ich eigentlich keine Ahnung vom Film. Wenn man Lust und Motivation hat, dann kann man auch einfach ein paar Leute hier fragen, und man kann gemeinsam Filme machen. Es ist einfach super schön, dass man sich hier einfach ausprobieren kann. Sevda: Ich selber habe mich total krass entfaltet durch das Medienprojekt. Gefühlt bin ich ein anderer Mensch und sehe alles auch total anders, nehme Sachen ganz anders wahr und gehe auch anders durch die Welt. Ich bin jetzt hier seit sieben Monaten dabei, und in dieser Zeit hat sich mein ganzes Leben kurz gedreht und ist total schön geworden. Aerthika: Ich glaube, was mich am meisten bewegt hat, waren die Drehs, weil dadurch auch Freundschaften entstanden sind. Ich habe krasse Geschichten mitbekommen und natürlich mit geilen Leuten gedreht, aber dann auch noch dieses Persönliche für mich herausgezogen. Gefühlt habe ich mit jeder Person, mit der ich gedreht habe, heute noch Kontakt.
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nicht so weit, wie ich jetzt bin, und deswegen ist es einfach ein Stück weit Zuhause. Das Geile hier aber ist auch, dass wir nicht nur emotional miteinander zu tun haben, sondern auch einfach dieses Ziel haben, geile Filme zu machen. Sevda: Also, du musst eigentlich gar keine Idee haben, um hierher zu kommen. Die Türen sind immer offen, egal für wen, und wenn du Bock hast, kannst du dann auch einen Film machen. Du musst auch keine Ahnung haben vom Filmemachen. Du machst die Erfahrungen selber. Interesse, das solltest du vielleicht haben.
Welche Bedeutung spielen hier die Medienprojekt-Mitarbeitenden für dich? Madelaine: Ich finde, die Mitarbeiter*innen sind sehr wichtig, weil das ja auch so die Bezugspersonen sind. Ich verstehe mich hier wirklich mit sehr vielen. Das ist auch sehr schön, wenn du direkt jemanden hast, mit dem du dich verstehst, weil du direkt aufgenommen wirst. Dann hast du auch ein besseres Gefühl, und man möchte auch direkt mehr machen. Sevda: Das Medienprojekt ist ein Auffangort für egal wen. Es ist so ein schöner Ort, es gibt so unterschiedliche Menschen hier. Jeder ist auf seine eigene Art anders, und das harmoniert. Letztendlich wollen wir alle das Gleiche. Wir wollen alle Filme machen, und das macht uns aus. Es ist nicht nur, dass wir zusammenarbeiten, sondern wir sind auch ein Team, wir sind auch ein Stück weit Familie. Aerthika: Für mich ist das Medienprojekt auch voll das Auffangbecken gewesen, also vielleicht sogar meine Rettung. Weil ich erst hier wieder Struktur erlangt habe, aber auch gleichzeitig mit Menschen in Verbindung gekommen bin. Hätte ich mit denen nicht geredet, wäre ich persönlich
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Gibt es noch einen Gedanken, den wir vergessen haben? Aerthika: Ich würde mir nur wünschen, dass sich mehr Leute ans Filmen trauen. Vor allem auch Leute in unserem Alter oder jüngere. Wir sind Generation Z, und warum haben wir nicht den Mut, auch den Film als Medium zu nutzen? Wir sind die Zukunft, wir entscheiden über die Zukunft und über die kommenden Generationen. Film ist eine geile Möglichkeit, für die kommenden Generationen zu sorgen, um die Zukunft gemeinsam zu gestalten.
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Sevda: Für mich macht das Medienprojekt aus, dass man hier gesehen wird. Du bekommst ein ganz anderes Selbstwertgefühl, du wirst noch selbstbewusster, noch selbstständiger auf allen Ebenen.
Letztendlich lernt man das Filmemachen durch das Filmemachen. Wie war das bei dir? Sevda: Ich habe alles immer schön angeguckt, und das, was ich theoretisch gesehen habe, habe ich dann auch angewendet. Letztendlich sieht man irgendwas, aber verinnerlichen und lernen tust du es erst, wenn du das selbst ausprobierst und dann mal Scheiße baust oder was Geiles machst. Du musst letztendlich viel machen, um viel Scheiße zu bauen, um viel draus zu lernen. Aerthika: Ja, ich glaube auch, einfach machen und auch vor allem Scheiße bauen. Das hilft einem sogar viel mehr, als voll sicher an eine Sache ranzugehen. Mir ist zumindest aufgefallen, dass es super unangenehm ist, gesagt zu bekommen, das hättest du anders machen müssen. Beim nächsten Mal weiß ich doppelt und dreifach, wie ich es dann mache. Einfach mutig sein und nicht so viel nachdenken. Das habe ich auch beim Filmemachen gelernt, manchmal nicht so viel nachdenken.
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Das wirklich Verbindende liegt jenseits der Sprache Haben wie alle Ensemblemitglieder schon Bühnenerfahrung: Lioba Ullrich und Tim Alberti. Foto: André Scollick
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„Pourquoi pas…?“ ist bereits das dritte Stück eines außergewöhnlichen inklusiven Ensembles aus Wuppertal. Anne-Kathrin Reif stellt es vor und sprach mit der Initiatorin Ute Völker.
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Zehn regional, national und international agierende Musikerinnen und Musiker sowie darstellende Künstlerinnen und Künstler der freien Szene Wuppertals formieren sich zu einem Ensemble, um gemeinsam ein MusikTanzTheater-Stück zu kreieren – soweit alles ganz normal. Ungewöhnlich daran ist nur die Tatsache, dass es sich dabei etwa zur Hälfte um Menschen mit einer geistigen oder emotionalen Behinderung handelt, die hier gleichberechtigt mit renommierten Profis ihres jeweiligen Genres agieren – eine NRW-weit einmalige Konstellation. „Wichtig ist mir, dass alle Akteurinnen und Akteure einen künstlerischen Background haben. Es ist kein pädagogisches Projekt. Auch die Mitglieder mit Behinderung verstehen sich als Künstler“, betont die Wuppertaler Musikerin Ute Völker, die 2016 mit einem ersten integrativen Projekt die Grundlage für das jetzige Ensemble legte. Inzwischen ist daraus ein festes, gleichwohl immer noch namenloses Ensemble geworden,
das sich mittlerweile ein Renommee im Bergischen Land und im Ruhrgebiet erspielt hat. Einige der Akteure arbeiten schon seit Jahren immer wieder projektbezogen zusammen, wie die Musikerinnen Ute Völker und Gunda Gottschalk, der Tänzer Kenji Takagi und die Schauspielerin Luise Kinner. Mit dabei ist auch die Sopranistin Dorothea Brandt, deren lyrischen Partien an der Wuppertaler Oper in bester Erinnerung sind. Wie alle Akteurinnen und Akteure ist sie mit großer Begeisterung dabei: „Bei der Arbeit mit diesem Ensemble kann man nur gewinnen“, sagt sie. „Es ist immer wieder spannend, weil jede und jeder Einzelne neue Blickweisen und Ideen mitbringt.“ Bühnenerfahrung bringen aber nicht nur die langjährigen Profis mit. Der 19jährige Tim Alberti hat bereits beim Ensemble Glanzstoff Erfahrung gesammelt und erhält zurzeit eine Ausbildung im Inklusiven Schauspielstudio an den Wuppertaler Bühnen. Lioba Ullrich (Jg. 1998) war schon beim letzten Stück dabei und hatte zuvor bei Tanztheaterproduktionen der Gruppe integrativer tanz in Wuppertal mitgewirkt. Leo Nitas und Kirsten Edelhagen
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sind von Anfang an beim Ensemble. Sie erhielten ihre musikalische Ausbildung in den Kreativgruppen von PROVIEL e.V. in Wuppertal, wo beide auch leben und arbeiten. Es ist ein bunt gemischtes Ensemble aus individuellen Künstlerpersönlichkeiten mit verschiedenen kulturellen Wurzeln und ästhetischen Haltungen. Dass es in der Lage ist, trotz aller Verschiedenheit eine gemeinsame Sprache zu finden und zu einem äußerst erfolgreichen künstlerischen Ergebnis zu kommen, hat das Ensemble bereits in den beiden Produktionen „Ich bin ein Prinz_Normalität 3 bis 5“ (2018) und „Ich selfie mich selbst…“ (2016) bewiesen. Aber wie finden so verschiedene Akteure überhaupt zusammen? Wie redet man miteinander, wie gelingt Verständigung bei so unterschiedlichen Voraussetzungen? Und ist gelungene Kommunikation nicht immer ein Kunststück? Das neue Stück „Pourquoi pas…?“ macht diese Suche nach einer gemeinsamen Sprache selbst zum Thema.
War es denn von Anfang an klar, dass es am Ende Französisch sein sollte? Nein, im Gegenteil. Der Weg dorthin ist schon ein Teil des Stücks. Zunächst einmal bringt jeder seine eigene Sprachkultur und Ausdrucksform mit. Die Opernsängerin trällert ihre Arien auf Italienisch, die Geigerin mag es nur musikalisch und der Tänzer spricht am liebsten gar nicht. Auf der Suche nach einer gemeinsamen Sprache plädiert die eine für chinesisch, der andere für arabisch – bis wir uns schließlich einigen auf „französisch“. Denn „französisch“ – das klingt nach Liebe und Leichtigkeit und weckt Sehnsüchte, die alle teilen. Dann geht es also gar nicht so sehr um die konkrete Sprache, sondern vielmehr darum, das Verbindende jenseits der sprachlichen Ebene auszuloten? Ganz genau. Es geht darum, was Kommunikation überhaupt bedeutet und wie sie gelingen kann. In der Kommunikation erweitert jeder der Mitspielenden zugleich seine eigenen künstlerischen Grenzen: Alle spielen, sprechen, musizieren und tanzen. Und ganz nebenbei wird immer wieder geschaut und neu vermessen, was Sprache über-
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haupt macht, soll und kann. Wie zum Beispiel schreit, jammert, schluchzt, umgurrt, liebt es sich auf Französisch? Auch das ist ja Kommunikation… Welche Rolle spielt denn die Musik dabei – und welche Art Musik erwartet uns überhaupt? Auch Musik ist eine Sprache, ganz klar – und Sprache wird zu Musik. Wir spielen bewusst mit verschiedenen Klangsprachen und Genres: Opernarien, Chansons, französische Musette, zeitgenössische „Echtzeitkompositionen“ und Sprechgesänge werden sich auf der Bühne live zu einem Klangteppich verweben. Struktur erhält er durch rhythmische Einwürfe und Passagen der Percussionband. Die Premiere von „Pourquoi pas?“ war ja schon für 2021 geplant, musste wegen der Corona-Pandemie mehrfach verschoben werden… Wie hat sich das auf die Entwicklung des Stücks ausgewirkt? Die Einschränkungen waren Anfang 2021 schon erheblich. Geprobt werden konnte nur mit Abstand, gemeinsames Singen musste gestrichen werden, die Opernsängerin konnte nur abgeschirmt in einer Kiste singen, und das Ersetzen von sprachlicher durch körperliche Kommunikation als Thema des Stückes mussten wir ohne die Möglichkeit der Berührung ganz anders behandeln. Wir haben dann erstmal eine ganze Weile pausiert. Im Februar und März nehmen wir die Proben wieder auf... dann werden wir sehen...
DAS ENSEMBLE Ute Völker Idee, Organisation, Komposition, Akkordeon, Gunda Gottschalk Komposition, Violine, Dorothea Brandt, Kirsten Edelhagen Gesang / Schauspiel, Bernhard Glose, Luise Kinner, Leo Nitas Schauspiel / Musik, Kenji Takagi, Tim Alberti, Jakob Fedler Regie, Oliver Kostecka Bühne.
Premiere: 11. März 2022, 19.30 Uhr, im Theater am
Engelsgarten, Engelsstraße 18, 42283 Wuppertal. Weitere Aufführungen ebendort am 12. März 2022, 19.30 Uhr, und am 7. April, 19.30 Uhr, im Prinz Regent Theater Bochum, Prinz-Regent-Str. 50-60. 63
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Warum „Pourquoi pas“, Frau Völker? Haben sich die Akteure am Ende etwa auf Französisch als gemeinsame Sprache geeinigt? Ute Völker: Ja, warum auch nicht – pourquoi pas? Entscheidend ist, dass niemand von uns die französische Sprache sonderlich beherrscht (lacht). Das Ensemble erobert sich singend und spielend Wort um Wort sein eigenes Französisch. Es geht um den gemeinsamen Lernprozess.
Gunda Gottschalk, Ute Völker, Dorothea Brandt (v.l.). Foto: André Scollick
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Kulturnotizen
Ausstellungskatalog „Brücke und Blauer Reiter“ hrsgg. von Frédéric Bußmann, Roland Mönig, Daniel J. Schreiber, Wienand Verlag 2021, 288 S., geb., 29 Euro ISBN www.von-der-heydt-museum.de
„Einladung zum lustvollen Schauen“ Der Katalog zur Ausstellung „Brücke und Blauer Reiter“
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Federleichte Bildgeschenke Eine höchst ungewöhnliche Engelsversammlung
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Im Jahr 1993 wünschte sich die Mutter des 9-jährigen Leonard Erlbruch zum Geburtstag einen Engel. Der Engel, den das Kind für sie zeichnete, war kein niedlich gelockter Himmelsbote. Es war eine Ratte, ausgestattet mit mächtigen Flügeln. Für Mama zum Geburtstag von Leo. Es wurde ein Brauch daraus. Aus dem ursprünglich einmaligen Geschenk ging mit den Jahren eine ganze himmlische Heerschaar hervor – und jetzt dieses Buch. Leonard Erlbruch, der, wie sein berühmter Vater Wolf, Illustrator wurde, griff für seine Engelsbilder nie auf die Stereotypen der abendländischen Kunstgeschichte zurück. Er bewahrte sich die Freiheit des Kindes und verhalf der ganzen irdischen Fauna zur Schwerelosigkeit! Durch dieses Buch flattern Bären, Elefanten, Schweine, Hunde und bisweilen sogar alte Männer. Alle emporgehoben von artfremden Schwingen und der großartigen Imagination des Künstlers. Leonard Erlbruch Ich wünsch mir einen Engel Ein Angelus-Bestiarium Mit einem Text von Andreas Platthaus 24 Euro, 64 Seiten, gebunden, Format 16,5 x 26 cm Peter Hammer Verlag ISBN 978-3-7795-0644-7
Noch bis zum 27. Februar läuft im Wuppertaler Von der Heydt-Museum die Ausstellung „Brücke und Blauer Reiter“. Sie bringt Werke der wichtigsten Protagonisten des Deutschen Expressionismus aus dem eigenen Bestand sowie aus den Sammlungen des Buchheim-Museums in Bernried am Starnberger See und den Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz zusammen, ergänzt von weiteren bedeutenden Stücken nationaler und internationaler Leihgeber. Eine opulente Schau, bei der man sich ganz der Augenlust hingeben kann. Als „Einladung zum lustvollen Schauen“ bezeichnet Daniel J. Schreiber, Direktor des Buchheim-Museums, auch den Katalog zur Ausstellung. Er beschreibt im Einleitungskapitel anschaulich, „wie reife rote Früchte auf blauen Tischdecken liegen, wie eine bunte Häuserfront vor einem rotglühenden Himmel steht, wie blaue Pferde sich schmuckvoll in die Farbklänge der Landschaft fügen (…)“. Gleichwohl ist die Begegnung mit solchen Farbexplosionen vor den Originalen sicher nicht durch das Blättern im Katalog ersetzbar. Aber ebenso gewiss werden sich dem, der sich in die Artikel des Katalogs vertieft hat, Zusammenhänge und Hintergründe auftun, die wiederum das Betrachten der Bilder bereichern oder gar ganz neu erschließen. Nicht alles liest sich für die Laien genauso flüssig wie die Texte von Daniel J. Schreiber und dem Wuppertaler Museumsdirektor Roland Mönig, die den Beziehungen zwischen den beiden Künstlergruppen, ihren Berührungspunkten und Differenzen nachgehen. Die Themen der insgesamt neun Beiträge sind aber durchweg spannend. Da geht es unter anderem um die (gar nicht mal so eindeutige) Rolle der Expressionisten im Nationalsozialismus (Isgard Kracht), um die unterschiedliche Rezeption in Ost- und Westdeutschland nach 1945 (Frédéric Bussmann), um den heute als eher problematisch
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angesehenen Dreiklang „Expressionismus – Primitivismus – Kolonialismus“ (Frank Ugiomoh) oder um die Rezeption der Künstlerinnen (denen in der Ausstellung übrigens erfreulich viel Raum gegeben wird) und die Rolle der Frau bei „Brücke“ und „Blauer Reiter“, deren Bedeutung der Autorin Anna Storm zufolge bis heute nicht angemessen gewürdigt wird. Wie fast immer gilt der Grundsatz „Wer mehr weiß, sieht mehr“ – sodass man nach der Lektüre des Katalogs die Ausstellung sicher gern ein zweites Mal besucht. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang unbedingt auch noch das Angebot auf der Museumswebseite, wo man sich den Audioguide zur Ausstellung mit zwei- bis dreiminütigen Einführungen zu 16 ausgewählten Werken ganz bequem vorab oder im Nachgang zu Hause anhören kann. (akr)
halle am Johannisberg stattfinden. Bei Redaktionsschluss war die Planung für die Ausstellung noch nicht abgeschlossen. Vorgesehen ist, die gesamte Halle einzubeziehen. Balkone und Brücken werden mit Arbeiten auf großen Planen bzw. Stoffbannern bespielt; zuvor nur als Plakat draußen präsente Arbeiten werden als Originale in den unterschiedlichsten Formaten zu sehen sein. „Wir wollen alle an der ersten Out-and-about-Aktion beteiligten Künstlerinnen und Künstler auf irgendeine Art integrieren“, sagt Frank N. im Vorfeld. Und Birgit Pardun verspricht: „Es wird bunt.“ (akr) 17. März bis 29. April 2022, Stadtsparkasse Wuppertal, Johannisberg 1, Eröffnung am Mittwoch, 16. März 2022, 19.30 Uhr
Von draußen nach drinnen Ausstellung in der Stadtsparkasse Wuppertal
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2022 feiert die Stadtsparkasse Wuppertal ihr 200-jähriges Bestehen. Eine der ersten Aktionen in diesem Rahmen: eine große Ausstellung in Kooperation mit Birgit Pardun und Frank N., den Machern der Plakat-Kunstaktion „Out and about“, die im Coronajahr 2020 viel Aufsehen erregt hat. 127 Künstlerinnen und Künstler waren daran beteiligt und zeigten Arbeiten auf seinerzeit nicht genutzten Werbeflächen, welche die Firma Ströer zur Verfügung gestellt hatte. Da im Frühjahr das Kundenforum am Islandufer umgebaut wird, wird die Ausstellung in der großen Glas-
Arbeiten von Birgit Pardun und Frank N. aus der Kunstplakataktion „out and about“. Fotos: Frank N.
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Kulturnotizen
Mitch Heinrich „Panamahut der Steine“ Anagramme und Gedichte € 22,– Klappenbroschur, 208 Seiten Verlag „der gesunde menschenversand“, Luzern ISBN 978-3-03853-118-0
Buchstäblich anarchisch Der Soundpoet Mitch Heinrich hat sein zweites Buch veröffentlicht
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Demokratie ist lustig. Koi steigt im Sudelrat. Das TitiMusketier log. Alles klar? Satz zwei und drei sowie 24 weitere bestehen aus denselben Buchstaben wie der Titel „DEMOKRATIE IST LUSTIG“. Gut und gern über hundert solcher Anagramme versammelt das neue Buch von Mitch Heinrich, „Panamahut der Steine“, dazu noch verschiedene Gedichte. Ist das Kunst, hat das Sinn? Ist das Quatsch - und wäre das gar gut so?
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Dass Heinrichs Kunst keinesfalls belanglos ist, weiß schon jeder, der ihn als Soundpoeten live erlebt hat. Die Solo-Performances des auch in Kollektiven tätigen Wuppertalers sind Ereignisse, nicht zuletzt physische: Beim lautmalenden Vortrag wird hemmungslos gebrummt, geprustet und guttural geknackt - irritierend und begeisternd. Schon wie der Mann sich verausgabt, lässt keinen Zweifel: Es ist ihm ernst, irgendwie, ja. Vielleicht sagt schon der Einband des Buchs etwas aus: farbenfroh in Streifen, kunterbunt und doch mit Struktur; plus Referenz zu seinem Hang zum Akustischen. Diesem entspricht durchaus auch die Buchform, sogar mit Appell zur eigenen Performance. „Das gedruckte Wort“, heißt es dazu, „fordert zum eigenen phonetischen Agieren auf.“ Daneben die kryptische Angabe, typografisch genau wie die Vorderseite: „Henri Tichmich: Der Ausnahmepatient.“ Ent-
deckerstolz beim Leser, wenn er erkennt: Sie anagrammiert nichts anderes als „Mitch Heinrich: Panamahut der Steine“. Nun birgt zwar der Wechsel zur gewichtigen Buchform die Gefahr, heiteren Genuss unbillig zu beschweren. Doch unterstützt das „schwarz auf weiß“ die Wertschätzung, führt vor Augen, dass Dichtung auch Arbeit ist. Was übrigens das Poem „ein gedicht machen“ selbst thematisiert - ein Beispiel für die ganz unterschiedlichen nicht-anagrammatischen Texte des Werks. Darunter sind etwa ein „Sinfönisches Drama“ und ein „Simultannenbaum“, doch auch das ziemlich witzige, aber geradezu seriös gebaute Strophengedicht „im namen der weste“. Anagramme füllen drei der acht Kapitel, gesammelt aus der langen Zeit von 2007 bis heute. Ob nun bei diesen, ob bei der Serie „Lallphabete“ oder anderen experimentellen Formen: Gehalt, gar „Message“ lässt sich durchaus finden. Das Eingangskapitel widmet sich gutteils der Corona-Krise; soll da die Zeile „RUF OPTIMISMUS!“ etwa vermitteln, Immunisierung wolle gute Laune verbreiten? Weiß man nicht, es ist eine Umordnung der Buchstaben „IMPFTOURISMUS“. Weil Hirne Ordnung suchen, lockt manchmal eine Linie: Bei „LICHT AM ENDE DES TUNNELS“ ahnt man am „MANDELTEICH“ sacht eine Romanze - doch bei der schrägen Schlussvariante „EMSDETTEN UND NILSCHALE“ gibt man es auf. Eine ganz andere Form wie das Gedicht „schuh auf“ wiederum, das man sich lebhaft von Heinrich gesprochen vorstellen kann, scheint nur das Wort „Schuhplattler“ vielfach abzuwandeln, erzählt dann aber von „schuhplattplattleer“ über „schuh blut yeah“ anscheinend eine Geschichte: Schlummert im Brauchtum Ekstase? Doch es gibt ja auch vorsätzlich verweigerte Kohärenz. In der Literaturgeschichte ließe sich da an Dada denken, aber auch an manch expressionistisches Gedicht, das gerade durch die Schwierigkeit, sich logisch einen Reim zu machen, Sinnlosigkeit gestaltet - etwa als Kommentar zu Kriegsgeschehen. Auch bei Heinrich findet sich ein durchbuchstabiertes „kriegphabet“ von „krifg“ bis „krazg“, das an Ernst Jandls berühmtes „schtzngrmm“ denken lässt. Vielerlei Spiel in diesem Buch will sichtlich gar nicht aufgelöst, rational reduziert werden. Und vermittelt eben dadurch: Es ist halt alles eitel – und manchmal ist das gut. Selbst eine „AUTOPSIE“ ist nicht mehr als „TOPSI-AUE“. Auch systematischer Un-Sinn kann entschieden ein Verhältnis zur Welt zelebrieren. Anarchie: Bei Heinrich kommt sie heiter. Martin Hagemeyer
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Neu in der Oper? Als Opernneuling Schritt für Schritt zum ersten Opernerlebnis Der erste Opernbesuch kann mit Aufregung verbunden sein: die Wahl des Stücks, die Wahl der Kleidung. Opernneulinge stellen sich viele Frage, die gewiefte Operngängerinnen und -gänger schon lange nicht mehr ins Schwitzen bringen. Das neue Angebot der Oper Wuppertal mit dem Titel „Neu in der Oper?“ setzt genau dort an und beinhaltet ein zweisprachiges Onlineportal und eine gesonderte Einführungsveranstaltung vor ausgewählten Vorstellungen, die speziell auf die Bedürfnisse von Erstbesuchern abgestimmt sind. Während der Vorstellung wird diese Anleitung ergänzt mit dem bereits bekannten Digitalangebot „Share Your Opera?“. Per App werden die Zuschauerinnen und Zuschauer während der Vorstellung durch die Handlung der Oper geführt – Vorkenntnisse, langes Einlesen und auch die Übertitel werden damit überflüssig.
Ziel dieses dreischrittigen Projektes ist es persönliche oder organisatorische Hemmschwellen bezüglich des ersten Opernbesuches abzubauen. Die Oper Wuppertal leistet einen aktiven Beitrag Personen, die bislang noch keinen Bezug zum Genre aufbauen konnte, begleitet an ihr erstes Opernerlebnis herauszuführen, damit aus Opernneulingen Opernliebhaberinnen und -liebhaber werden.
Neukundinnen und -kunden, die bislang noch keine Veranstaltung der Oper Wuppertal gebucht haben, erhalten bei ihrer ersten „Neu in der Oper?“-Buchung 5% Rabatt auf den Ticketpreis. Das Zusatzangebot „Neu in der Oper?“ ist hierbei kostenlos, es fällt einzig der Ticketpreis für die Vorstellung an.
Das Opernportal widmet sich den wichtigsten Themen vor dem ersten Besuch: der Buchung, der Anfahrt, der Kleidung etc. Am Abend der Aufführung werden Opernneulinge persönlich von der Dramaturgin der Oper Wuppertal Marie-Philine Pippert im Foyer begrüßt und mit den Gegebenheiten des Gebäudes vertraut gemacht. Des Weiteren können sie ihre Fragen rund um den Vorstellungsbesuch stellen: „Wie entsteht eine Operninszenierung? Darf ich während der Vorstellung klatschen? Und worum geht es?“. Anschließend bietet während der Aufführung „Share Your Opera?“ einen niederschwelligen Zugang zur Handlung über das Smartphone. In der Pause schließt eine weitere Betreuung durch die Dramaturgie an und die Möglichkeit sich direkt über das Erlebte auszutauschen.
Kontakt: Sara Teckenberg, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing Oper Wuppertal Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester GmbH, Kurt-Drees-Straße 4, 42283 Wuppertal Tel.: +49 202 563-7628, mobil: +49 151 402 56 192, sara.teckenberg@wuppertaler-buehnen.de Neu in der Oper? wird zunächst bei den folgenden beiden Veranstaltungen angeboten: Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart – Opernhaus Wuppertal So. 12. Dezember 2021, 19.30 Uhr Fr. 17. Dezember 2021, 19.30 Uhr Das digitale „Neu in der Oper?“-Portal finden Sie unter oper-wuppertal.de/how-to 67
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Foto: Jens Großmann
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Kulturtipps für Kinder und Jugendliche
K 4 | Theater für Menschlichkeit Neuenteich 80, 42107 Wuppertal Weitere Infos: www.k4theater.de oder Tel. 0202 44 77 66
Akademie für Darstellende Kunst Westfalen Neuenteich 80, 42107 Wuppertal, Aktuelle Infos: www.adkwestfalen.de oder telefonisch 0202 44 77 66
Die Stagefreaks kommen nach Wuppertal! LCB | Haus der Jugend Barmen Geschwister-Scholl-Platz 4-6 42275 Wuppertal Aktuelle Infos über www.hdj-online.de
Schnipselkino - Karneval im Zoo Ein Bilderbuch von Sophie Schönwald und Günther Jakobs Schweinhorn, Elefummel, Girafant - was zum Kuckuck ist hier bloß los? Im Zoo wimmelt es von lauter merkwürdigen Wesen: Heute feiern die Tiere nämlich Karneval! Affen, Nilpferde, Zebras - alle haben sich verkleidet. Aber wer ist nun wer? Zoodirektor Ungestüm steht vor einem Rätsel und bittet seinen Freund Ignaz Pfefferminz Igel um Hilfe. Denn bald schon öffnet der Zoo seine Tore, und bis dahin muss das Geheimnis gelöst sein! Weitere Infos: www.kinderkulturausderkiste.de
Schauspiel, Tanz und Gesang ist unsere Leidenschaft. Wir unterrichten dich in allen drei Bereichen und zeigen dir, wie du sie eindrucksvoll kombinieren kannst. Jeden Samstag bieten wir dir ein geschütztes Umfeld. Peinlich gibt’s nicht. Hier hilft jeder jedem und ist für den anderen da. Gemeinsam gibt es für uns keine Grenzen! Egal, ob du gerade erst einsteigst oder schon auf dem Weg bist. Wir holen dich ab, wo du stehst, nehmen dich mit deinen ganz persönlichen Eigenschaften auf.
Junior Uni Wuppertal Forscherplattform Bergisches Land Am Brögel 31, 42283 Wuppertal Kursprogramm, auch mit eigener Sparte „Kunst & Kultur“: www.junioruni-wuppertal.de
Kulturelle Jugendbildung Kursinformationen und Anmeldungen über www.jugend-kult.de oder 0202 563 26 45 Ein buntes und interessantes Programm für Kinder und Jugendliche quer durch alle Stadtteile Wuppertals könnt ihr auf der Internetseite www.jugend-freizeit.de finden.
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Wuppertaler Bühnen
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Kurt-Drees-Str. 4, 42283 Wuppertal wwww.wuppertaler-buehnen.de
Oper Wuppertal Comic-Wettbewerb
Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater Theater im Berufskolleg, Bundesallee 222, 42103 Wuppertal Aktuelle Infos und Anmeldung über : www.kinder-jugendtheater.de oder Tel. 0202 89 91 54
Zum 5. Mal findet unser Comic-Wettbewerb statt. Thema ist es, die Oper „Die Zauberflöte“ in Bildern darzustellen. Teilnehmen können Schülerinnen und Schüler ab 12 Jahren - allein oder als Gruppe, im Kunstunterricht oder in der Freizeit. Einsendeschluss: Fr., 1. April 2022 Weitere Inforrmationen und Anleitung unter oper-wuppertal.de/comic
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Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart
Von der Heydt-Museum Wuppertal
Premiere: Di., 21. Juni 2022, Opernhaus „Große Oper klein“ ist ein Format der Oper Wuppertal, welches große Opernstoffe in gekürzter Fassung für Schülerinnen und Schüler erlebbar macht. Aus der abendfüllenden Inszenierung werden die schönsten und wichtigsten Szenen übernommen. Diese Spielzeit können die Klassen 3-7 „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart als „Große Oper klein“ erleben.
Turmhof 8, 42103 Wuppertal www.von-der-heydt-museum.de
Schauspiel Wuppertal Faust von Johann Wolfgang von Goethe Theater am Engelsgarten Schulvorstellung: Do., 20. Januar 2022, 18 Uhr Die Gretchen-Story wird als romantisches Schauermärchen resp. Horrorgeschichte im Kasperle-Format erzählt, wobei Maditha Dolle und Julia Meier die Figuren großartig synchronisieren. Die Inszenierung macht einen Heidenspaß. Und nachdenklich stimmt sie auch noch.
Sinfonieorchester Wuppertal Historische Stadthalle Wuppertal, Großer Saal
Das schlaue Füchslein / 3. Familienkonzert eine Produktion des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks So., 20. Februar 2022, 11 Uhr, Dauer: ca. 60 Minuten Jochen Malmsheimer, Sprecher Sinfonieorchester Wuppertal, Claudio Novati, Dirigent Gefahr im Wald! Ein Jäger macht mit seinem Hund Jagd auf alles, was ihm vor die Flinte kommt. Angeführt von einer kleinen schlauen Füchsin, entwickeln die Tiere des Waldes einen Rettungsplan, bei dem jeder eine Aufgabe hat und erfahren, dass man jedes Abenteuer bestehen kann, wenn man gute Freunde an seiner Seite hat.
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Foto: Von der Heydt-Museum
Für alle Angebote ist eine Anmeldung erforderlich. Buchungen im Onlineshop auf der Website des Museums per E-Mail vdh.kunstvermittlung@stadt.wuppertal.de Tel. 0202 563 66 30 oder 563 69 00 Anmeldungen am Wochenende nur an der Museumskasse, Tel. 0202 563 22 23 Aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation bitte auf der Webseite über kurzfristige Änderungen informieren.
Kinderführungen Zweistündig mit Atelierarbeit, für Kinder ab 5 Jahren ohne Begleitung der Eltern. Sonntags findet eine halbe Stunde später die öffentliche Führung für Erwachsene statt. Kosten: 7 €/Kind Eine bunte Stadt für Paul Klee So., 6. Februar, 15 bis 17 Uhr Mit selbst gemischten Farben und geometrischen Formen aus Moosgummi werden nach dem Ausstellungsbesuch Türme und Häuser gestempelt, bis eine bunte Stadt entsteht. Wasser – Unterwasser, So., 6. März, 15 bis 17 Uhr Abtauchen im Museum: von tanzenden Booten auf flirrenden Wasseroberflächen bis zu Unterwasserwäldern und schuppigen Fischen. Nach dem Tauchgang durch die Ausstellung entstehen im Atelier großformatige Kunstwerke.
Familiensonntage, So., 15 bis 17 Uhr Pro Kind können max. zwei erwachsene Begleitpersonen für den Familiensonntag angemeldet werden. Kosten Erwachsene 10 €/Kinder 5 € Farbwerkstatt Expressionismus, So., 13. Feb., 15 bis 17 Uhr Knallige Kontraste und ausdrucksstarke Farben: Die expressionistischen Künstlerinnen und Künstler wussten, wie es geht. Nach dem eindrucksvollen Rundgang durch die Ausstellung wird das Atelier zur Werkstatt, in der Farben hergestellt, gemischt und vermalt werden. Zwischen Himmel und Erde, So., 20. März, 15 bis 17 Uhr Alte Landschaftsgemälde und neue Landschaftsfotografien von Hans Christian Schink inspirieren zu Landschaftsgemälden, die nur mit Schwarz und Weiß und ganz vielen verschiedenen Grautönen gemalt werden. 69
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Angebote für Kinder und Familien
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Louise Stomps,
Peter Tuma,
Natur gestalten 1928-1988,
Am Wege/En Route,
224 Seiten mit
144 Seiten mit
185 Farbabbildungen,
103 Farbabbildungen,
Hardcover, 28,5 x 23,5 cm,
Hardcover, 29,5 x 24,5 cm,
Hirmer Verlag, 39,90 €
Kerber, 36,- €
Neue Kunstbücher vorgestellt von Thomas Hirsch
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Werk für Werk
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Von Louise Stomps (1900-1988) hatte ich Anfang der 1990er-Jahre gehört, als ich die Ausstellungen eines Skulpturen-Sammlers in Süddeutschland aufbauen durfte. Jener Sammler berichtete, dass er noch immer keine ihrer Skulpturen erwerben konnte, dass sie eben eine exzentrische Persönlichkeit gewesen sei, die noch als alte Dame auf dem Motorrad gefahren und auf diesem tödlich verunglückt sei. Ein absoluter Geheimtipp als Künstlerin also, die sich zu Lebzeiten nicht zu einem Verkauf hatte überreden lassen, obzwar sie sein Sammelgebiet mit dem Wandel der Kunstauffassung so wunderbar repräsentiert hätte: Mit dem klassischen Material Holz, zeitweilig auch Stein hat Louise Stomps den Schritt aus der figürlichen Tradition in die Abstraktion und dann in die mehr psychische Andeutung von Figürlichkeit vollzogen. Der Eigensinn aber mag erheblich dazu beigetragen haben, dass sie nie in die größere Öffentlichkeit trat und zuletzt, zumindest aus der Perspektive des Rheinlandes, vergessen wurde. Zum Glück wird ihr jetzt endlich wieder Aufmerksamkeit zuteil, indem ihr Werk – von ihr selbst und dann ihrer Familie zusammengehalten – in der Berlinischen Galerie zu sehen ist. Louise Stomps war eine Vollblutkünstlerin, die sich auch von den Widrigkeiten ihrer Zeit nicht von ihrer Tätigkeit abhalten ließ. Als Frau hatte sie in diesem Metier einen schweren Stand; sie musste nach der Scheidung ihre zwei Töchter allein erziehen und befand sich im Widerstand gegen die NS-Diktatur, weigerte sich einmal auszustellen, und das andere Mal durften ihre Werke als „entartet“ nicht ausgestellt werden. 1943 ging ihr Frühwerk, das bereits den Schritt von der Abbildhaftigkeit der Figur in die blockhafte Verknappung vollzogen hatte, bei einem Bombenangriff verloren. Im Nachkriegs-Berlin erlangte sie als Bildhauerin erneut Anerkennung, zog sich aber 1960 nach Rechtmehring in Oberbayern zurück, wo sie in einer alten
Kumpfmühle ihre Wohnung nebst Atelier einrichtete, auch hier mit Ausstellungserfolgen. Erst in der Natur Oberbayerns hat Louise Stomps zu ihrem Thema gefunden, der Fragilität und Gefährdung von Mensch und Natur in einer Koexistenz, die beides mitunter – vegetativ, organisch – ununterscheidbar werden ließ. Sie beließ das Holz, das sie in der Umgebung gefunden hatte, in seinem natürlichen Zustand und glättete die Oberflächen nur partiell oder gar nicht. Ihr skulpturales Werk entwickelte sich – eigentlich ohne Entwicklung – in Variationen, respektvoll und radikal zugleich der Natur gegenüber. Unter Mitwirkung der Familie und in Kooperation mit dem Verborgenen Museum e.V. ist das Katalogbuch zur Berliner Ausstellung entstanden, das bei aller Strenge genauso lebhaft und überraschend wie das künstlerische Werk gelungen ist. Aus heutiger Perspektive wirkt die monolithische Skulptur der Louise Stomps angenehm und engagiert aus der Zeit gefallen: Wie gut, dass es dieses Buch gibt! Eine (Wieder-)Entdeckung ist auch das Werk von Peter Tuma. Immerhin hat der 1938 geborene Maler, Zeichner und Druckgrafiker, der zeitweilig eine Malklasse an der FH Hannover geleitet hat, bereits 1977 an der documenta teilgenommen. Vertreten war er mit Zeichnungen, neben die, als weitere Disziplin, komplex manieristische Karikaturen traten. Seine oft großformatige Malerei mit Ölfarbe auf Leinwand, zu der vor eineinhalb Jahren bei Kerber ein profundes Buch aus Anlass der Ausstellung in der Städtischen Galerie Braunschweig erschienen ist, greift das Verdrehte, Verknotete der Zeichnung immer wieder auf, wendet es ins stabile Verhältnis von Kontur zwischen Fläche und Raum und ist doch großzügig von ausgesparten Feldern umfangen, die entleert und brüchig wirken. Tumas Malerei vereint Disparates, vorgetragen schon im changierenden
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Phyllida Barlow, frontier,
Nicolas Party,
272 Seiten mit
Rovine,
307 Farbabbildungen,
188 Seiten, durchgängig
Hardcover mit Leinenbezug,
Farbabbildungen,
28,5 x 22,5 cm,
Hardcover, 28,5 x 23,5 cm,
Hirmer Verlag, 49,90 €
Scheidegger & Spiess, 48,- €
Eine Künstlerin, der seit etwa einem Jahrzehnt die Huldigungen von allen Seiten zufliegen, die aber die Jahrzehnte zuvor mit mehr oder weniger Missachtung klarkommen musste, ist die britische Bildhauerin und Installationskünstlerin Phyllida Barlow (*1944). Es sind die Leichtigkeit und der Mut, auch das Beharrungsvermögen, die ihr Werk auszeichnen – abgesehen von der Pionierarbeit, die darin verwirklicht wird, und der Sinnlichkeit des Erlebens, bei der der Betrachter mit seinen Bewegungen und wechselnden Perspektiven Teil des Geschehens ist. Barlow arrangiert Alltagsgegenstände und profane, auch beim Bau verwendete Materialien, sie überzieht sie mit Farben, bedeckt sie mit weiteren materiellen Schichten und erreicht so eine Intensität, die uns den Alltag anders sehen lässt und befragt, wie wir uns in der Welt, ihren Konstruktionen und Trümmern einrichten. Die wohl umfassendste Ausstellung ihres Werkes fand im vergangenen Jahr im Haus der Kunst in München statt, und indem das dazu erschienene Buch die Ausstellung dokumentiert, geht es darüber hinaus: Im vorderen Teil lässt es uns die Details der installativen Werke sehen, verdeutlicht die Komplexität der Formen und die
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künstlerisch zwingende Notwendigkeit ihrer Anordnung, und im hinteren Teil rekapituliert sie die Werkentwicklung seit ihren Anfängen anhand von Installationsaufnahmen aus dem Archiv der Künstlerin. Das alles ist enorm anregend, auch wenn die engen Textblöcke nicht so gut zu lesen sind, aber vielleicht gehört ja auch das zur Dichte dieses Buches. Phyllida Barlow wird immer bekannter, in diesem Jahr erhält sie den Kurt-Schwitters-Preis – an der Monografie im Hirmer Verlag kommt man bei der Rezeption nicht vorbei. Eine etwas andere Karriere liegt bei Nicolas Party vor, ein Schweizer, der 1980 in Lausanne geboren wurde und mittlerweile in New York lebt. Bereits als junger Künstler ist er weltweit gefragt, und das, obzwar er in dem traditionellen Medium Malerei arbeitet, sich gerade nicht an den historischen, gesellschaftlichen oder politischen Themen abarbeitet und auch nicht unbedingt innovativ oder experimentell wie ein Chamäleon vorgeht. Die Strategie seiner Kunst ist vielmehr das Rigorose und Beharrliche seines Stils. Das Besondere ist, wie er abbildet, Figuren und Gegenstände minutiös erfasst, aus der Flächigkeit heraus Plastizität entwickelt und dabei ein inneres künstliches Licht erstrahlen lässt. Ein bisschen Salvo und ein bisschen George Condo und Fernando Botero und dann noch der neusachliche Realismus der 1920er-Jahre: Das ist der Background dieser merkwürdigen Porträts, Landschaften und Stillleben mit ihrer merkwürdig distanzierten Darstellung, die berührt, irritiert und nicht mehr aus dem Kopf geht. Zu Partys aktueller Ausstellung im Museo d‘arte della Svizzera italiana in Lugano ist ein Katalogbuch erschienen, das – ähnlich wie bei der Monografie zu Phyllida Barlow – die Ausstellung durchschreitet und dabei die Hängung der Gemälde auf jeweils farbig temperierten Wänden und Wandelementen verdeutlicht: Der Betrachter ist, indem er Werk für Werk abschreitet, mitten in der Welt der Bilder. Konsequent für Party, dass er auch figürliche Skulpturen geschaffen hat – aber auch sie sind in ihrem Innersten Malereien. Spannend! 71
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Verhältnis von gegenständlich und abstrakt. Die Gemälde kombinieren Technik mit Natur, Konstruktives mit Organischem, Vegetabiles mit Architekturzitaten, Zukunft mit Historischem, wobei Tuma in seinen Motivkonstellationen immer wieder überrascht und im Fragmentarischen seiner Darstellung konsequent bleibt. Das „Bild ist wie eine offene Wunde, eine Operation, die abgebrochen wurde“, schreibt Giso Westing in einem der sehr guten Buchtexte. Dabei geht es Tuma, der sich zeitweilig auf seine Beobachtungen auf Japan-Aufenthalten bezieht, um ökologische Fragestellungen und das Verhältnis von Ursprünglichkeit und Fortschritt. Sehr gut, dass die überzeugend klare Monografie dies für den Zeitraum von 1999 bis 2019 in der Malerei herausarbeitet. Schade, dass die frühere Malerei und der zeichnerische Anteil kaum abgebildet sind, obzwar sie in den Texten angesprochen sind – da fehlt was.
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Kulturtipps Galerie Grölle pass:projects
AUSSTELLUNGEN
Friedrich-Ebert-Straße 143e, 42117 Wuppertal noch bis Montag, 24. Januar 2022
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things about thread Marion Schärer Luzern Chris Dreier Berlin Alice Musiol Köln Theo Schärer Luzern Gary Farrelly Brüssel, Dublin Hanna Kuster Düsseldorf Julia Zinnbauer Düsseldorf Gesine Grundmann Köln Fiederike Ruff Berlin Dorothea Nold Berlin passprojects.com Hans-Christian Schink, Zwischen Lemmersdorf und Kleisthöhe, 2016, aus der Serie „Hinterland“, 2012-2019, © Hans-Christian Schink
Von der Heydt-Museum Turmhof 8, 42103 Wuppertal Sonntag, 27. Februar bis 10. Juli 2022
Hans-Christian Schink
Freundschaftsanfrage No.1 siehe Seite 4 in diesem Magazin von-der-heydt-museum.de
Galerie Ludwig XIV Ludwigstraße 14, 42105 Wuppertal
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Stadtmuseum Hattingen
siehe Seite 14 in diesem Magazin
Marktplatz 1-3, 45527 Hattingen-Blankenstein
Maciej Czarnecki Die Ausstellung kann nach telefonischer Vereinbarung besucht werden: 0202 6481401 oder 0151 23455170 www.kopczynski.de
noch bis Sonntag, 6. Februar 2022
Relikte der Entspannung
Hier und Jetzt
Stephan Marienfeld und Künstlerfreunde: James Rogers, Ivo Ringe, Hede Bühl, Maria Wallenstal-Schoenberg
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Hengesbach Gallery Vogelsangstraße 20, 42109 Wuppertal noch bis Sonntag, 28. Januar 2022
Asservatenkammer
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Axel Lieber siehe Seite 18 in diesem Magazin hengesbach-gallery.com
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galerie#23 Frohnstraße 3, 42555 Velbert-Lgb.
Mischa Kuball. five planets, 2015, je 5 Spiegelkugeln, Drehmotoren, Gobostrahler Installationsansicht Kunstmuseum Wolfsburg 2021, © Archiv Mischa Kuball, Düsseldorf / VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Foto: Marek Kruszewski, Wolfsburg
Museum Morsbroich Gustav-Heinemann-Straße 80, 51377 Leverkusen noch bis Sonntag, 24. April 2022
ReferenzRäume – Mischa Kuball Primär mittels Licht verschiedenster Wellenbereiche erforscht Mischa Kuball mit Installationen, Performances, Fotografie und Projektionen architektonische Räume und deren soziale und politische Diskurse. Dabei reflektiert er – im doppelten Sinne – die unterschiedlichen Dimensionen von kulturellen und historischen Strukturen. Er versteht sich als ein in unterschiedlichen Medien und Räumen arbeitender Konzeptkünstler. „Licht ist Soziologie, Licht ist Politik“, umschreibt Mischa Kuball selbst seinen Ansatz. In einer Zeit, die im privaten wie im politischen Raum zunehmend von sogenannten „alternativen Wahrheiten“ durchsetzt ist, verknüpfen sich mit künstlerischen Interventionen und ihrem Erkenntnispotential, wie es in einigen von Kuballs Arbeiten zutage tritt, zentrale Sinnfragen.
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Andrea Thierbach, 1971 in Schwerte geboren, absolvierte nach ihrem Studium der Sozialpädagogik und der Bildenden Kunst ein einjähriges Praktikum bei den städtischen Bühnen Dortmund. „Die Zeit bei den städtischen Bühnen Dortmund hat mich intensiver an das künstlerische Arbeiten herangeführt, sodass es zum Teil meines Lebens wurde. Neben der Farbgestaltung, Mischen von Farbtönen, Reproduktion von Bildern auch auf großen Flächen, plastischem Arbeiten mit Ton und verschiedene Techniken des Abformens mit Gips, war auch der Austausch untereinander und das gemeinsame Erschaffen von Kunst wichtig, um mich weiter zu bringen“, so Andrea Thierbach. Es entstand eine neue Form des Malens, das intuitiv, experimentell und oft abstrakt ist. galerie-23.de
In seinen ortsspezifischen, gesellschaftspolitisch motivierten Projekten (Werkreihe public preposition) untersucht Mischa Kuball öffentliche Räume, stellt unsere Wahrnehmung von scheinbar vertrauten Umgebungen in Frage und schafft Momente der Irritation. Für leverkusen_transfer legte er in einer Phase der kontroversen Hinterfragung von Museum Morsbroich vor das Leverkusener Rathaus den Grundriss des ersten Ausstellungsraums, so dass man diesen dort begehen, als Ort für Aufführungen oder als Raum der Reflexion nutzen konnte. www.museum-morsbroich.de 73
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ReferenzRäume bietet erstmals einen retrospektiven Querschnitt durch Mischa Kuballs Werk der letzten drei Jahrzehnte.
noch bis Sonntag, 20. Februar 2022 Yahia Alselo (Silo) 1966 in Abrass, nördlich von Aleppo, geboren, ist Maler, Karikaturist, Kinderzeichner sowie Autor von Romanen und Kurzgeschichten. Von 1985 – 1988 studierte er in Aleppo Kunst am Institut der Bildenden Künste, Fachrichtung Malerei und Bildhauerei. Seit den 90er-Jahren ist er als freischaffender Künstler tätig. Er lebt und arbeitet seit 2008 in Düsseldorf. „Silos Beobachtungen über die Außen- und Innenwelt treffen sich in den Tiefen seiner Vorstellungskraft und überqueren die engen Gassen seiner Leidenschaft, um seine unabhängige Kunst zu formen. Er ist einer der Namen der Welt der modernen Kunst und pflanzt mit seiner neuen Technik Hoffnung in Trümmer und umarmt die Wärme des Lebens im Herzen seiner Pinsel, in einer Welt, in der die Dunkelheit laut spricht, sprechen die Farben lauter“, Loran. C.
Andrea Thierbach
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Yahia Alselo
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MUSIK Peter Kowald Gesellschaft/ ort e.V. Luisenstraße 116, 42103 Wuppertal Sonntag, 9. Januar 2022, 20 Uhr
Baby Sommer & Die Brüder Lucaciu
Antonio Lucaciu alto sax, Simon Lucaciu piano, Robert Lucaciu bass, Baby Sommer drums
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Günter Baby Sommer, Jahrgang 1943 und einer der bedeutendsten Vertreter des zeitgenössischen europäischen Jazz, formiert sich mit drei hervorragend ausgebildeten jungen Musikern, die zusammen gerade so alt sind wie er allein, zum Quartett. Mit dem Saxofonisten Antonio Lucaciu spielt er bereits seit drei Jahren im Duo zusammen, jetzt kommen die Brüder Simon und Robert Lucaciu dazu. Alle vier eint die Faszination des Prinzips der Songlines der Aborigines. Denn das Aufnehmen und Weitergeben von Informationen ausschließlich durch das Ohr und den Klang ist auch Hauptbestandteil improvisierter Musik. Aus Klängen entstehen sich bewegende Linien und damit erzählerische Pfade. Spannend ist, wie die vier mit ihren eigenen musikalischen Ansätzen eine gemeinsame Erzählstruktur finden.
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Samstag, 22. Januar 2022, 20 Uhr CD Release-Konzert:
Sonntag, 13. Februar 2022, 18 Uhr Julie Sassoon Piano & Willi Keller Schlagzeug
Gunda Gottschalk violine, Achim Konrad Laptop/electronics, Jonas Gerigk bass
Das Spiel der klassisch ausgebildeten Pianistin Julie Sassoon wird gerne mit dem von Keith Jarrett verglichen. Willi Kellers hat mit unzähligen Größen des Jazz gespielt und gilt als einer der besten Schlagzeuger Deutschlands. Ihr Zusammenspiel wirkt wie eine transzendente Einheit fast meditativer Improvisationen. Lyrische Melodien und perkussive Ausbrüche, die sich mit Schlagzeugrhythmen aus Bartoks oder Strawinskys Welt überlagern, Jazz, Afrika, Wildheit wechseln ab mit sehr leisen, fast unhörbaren atmosphärischen Sequenzen.
FleischWolf plus Jonas Gerigk
Ein Solist und ein Duo stellen ihre neuesten Alben und damit ein weites Spektrum faszinierender Sounds vor: Kontrabassist Jonas Gerigk präsentiert „Sound Plantings“ (impakt Köln 2021): eine Klanglandschaft zwischen organisch-abstrakten Texturen und hoch-dynamischem Free-Flow, die von ihm über Jahre kultiviert wurde und dann im Moment des Spiels wie im Zeitraffer entsteht und vergeht. Gunda Gottschalk, weithin bekannte Protagonistin im Bereich der Improvisierten Musik, und der Soundkünstler Achim Konrad gründeten im Mai 2020 das Duo „FleischWolf“. Nach diversen gemeinsamen Projekten setzten sie damit ihren langgehegten Wunsch einer gemeinsamen Live-Performance um. Jetzt präsentieren sie ihr erstes gemeinsames Album mit dem Titel „einst“ (Valve Records 2021). Freitag, 4. Februar 2022, 20 Uhr Reihe „all female”: Ute Völker Akkordeon, Angelika Sheridan Flöten, Carolin Pook Violine Die 2021 im ORT etablierte Reihe „all female“ geht auch 2022 weiter: Das erste Konzert bestreitet die Akkordeonistin Ute Völker mit ihrer langjährigen Duopartnerin Angelikan Sheridan (Flöten). Sie präsentieren ihre im Lockdown 2021 frisch aufgenommene und abgemischte CD. Als Gast wird an diesem Abend im zweiten Teil die ehemalige Artist in Residenz der Peter Kowald Gesellschaft, die Violinistin und Komponistin Carolin Pook spielen.
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Mehr Infos: www.kowald-ort.com Tickets nur über www.wuppertal-live.de
Kulturzentrum Immanuel Normannenstraße 24, 42275 Wuppertal Sonntag, 9. Januar 2022, 10 Uhr
Kantorei Barmen-Gemarke Kantate-Gottesdienst am 1. Sonntag nach Trinitatis Landeskirchenrat i.R. Eckhard Langner Predigt Patrick Kampf Orgel Kantorei Barmen-Gemarke Gesang Alexander Lüken Leitung Sonntag, 13. Februar 2022, 10 Uhr
Kantorei Barmen-Gemarke Kantate Gottesdienst & Orgelmatinee am Sonntag Septuagesimae Pfarrer Dr. Jochen Denker Predigt Dietrich Modersohn Orgel Wuppertaler Kurrende Markus Teutschbein Leitung Orgelmatinee im Anschluss an den Kantate-Gottesdienst
Antonio Lucaciu und Baby Sommer
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Samstag, 5. März und Sonntag, 6. März 2022, 13 Uhr
Mabel Yu-ting Huang Kunstfestival
„The Present“:
Unikonzert
Dienstag, 15. Februar und Mittwoch, 16. Februar 2022, 20 Uhr Chor und Orchester der Bergischen Universität
UNIkonzert
Die Ensembles von Chor und Orchester der Bergischen Universität melden sich fulminant zurück! Zusammen mit dem Pianisten Yuhao Guo spielt das UNI Orchester das Klavierkonzert in a-Moll von Edward Grieg, außerdem Medleys aus den Filmen „The Rock“, „Once Upon A Time In Amierca“ und „A Chorus Line“. Der UNI Chor präsentiert unter anderem den Song zum neuen Bond-Film „No Time To Die“, den Song „Come What May“ aus dem Film „Moulin Rouge“, heiße LatinRhythmen mit „Oye Como Va“ und ein Medley aus den Songs zur Filmreihe „Toy Story“. Leitung: Kirchenmusikdirektor Christoph Spengler Tickets über wuppertal-live.de und dessen VVK-Stellen
Geliebte und Ekstase Sehr oft beschäftigen wir uns mit den herrlichen und prächtigen Momenten. Wir wollen sie als die glücklichsten und bedeutsamen Teile des Lebens wahrnehmen. Im Gegensatz dazu nehmen wir nur selten die kleinen Details des täglichen Lebens bewusst wahr. Sie bleiben Fragmente im Schatten unseres Gedächtnisses und beeinflussen uns als seelische Effekte.
Die Pianistin möchte im Programm „Geliebte und Ekstase” zusammen mit Künstlern über Naturmaterialien, Licht, Klang und Kunstwerke eine hör- sichtbare, sinnliche Erlebniswelt schaffen. Das Veranstaltungsformat wird in dem Konzertprogramm mit Performances, Klang- und Kunstinstallation zyklisch alternieren entwickelt. Die Installation strukturiert die Veranstaltung räumlich und zeitlich. Das Publikum wird mit in das Festivals mit einbezogen. Eintritt: frei, um Anmeldung wird gebeten unter info@immanuelskirche.de
Freitag, 11. März 2022, 19.30 Uhr
Chorwerk Ruhr
Bruckner und Reger Mit Anton Bruckner und Max Reger rücken zwei Spätromantiker ganz unterschiedlichen Typs in den Blick dieses rein geistlichen A-Cappella-Konzertprogramms des Chorwerk Ruhr. Chorwerk Ruhr zählt zu den bedeutendsten Kammerchören in Deutschland. Der Dirigent Florian Helgath sieht den Schwerpunkt seiner Arbeit darin, neue Chormusik in Bezug auf traditionelle Musikformen zu beleuchten und somit für den Zuhörer vor dem Hintergrund der reichen Musikgeschichte neu wirken zu lassen. Mit dem erstklassigen Ensemble setzt er Chormusik auf höchstem Niveau um. Mitwirkende Chorwerk Ruhr Dirigent Florian Helgath Eintritt: 22 € – 11 € erm. im Vorverkauf. Tickets über wuppertal-live.de
Sonntag, 13. März 2022, 10 Uhr
Kantorei Barmen-Gemarke Kantate-Gottesdienst Pfarrer Thomas Kroemer Predigt Dietrich Modersohn Orgel Kantorei Barmen-Gemarke Alexander Lüken Leitung www.immanuelskirche.de
Tanja Tismar & Katharina Greiß
Liederabend „Dann öffnet sich der frische Blick!“ Innehalten - Wandel - Aufbruch mit Werken von Robert Schumann, Johannes Brahms, Samuel Barber und George Crumb. Katharina Greiß Sopran Tanja Tismar Klavier Um Spenden zugunsten der Stiftung Kantorei Barmen Gemarke wird gebeten. 75
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Sonntag, 20. Februar 2022, 18 Uhr
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Chorwerk Ruhr, © Chorwerk Ruhr & Pedro Malinowski
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Vittoria Quartararo
L‘aréna – Kultur auf der Siegesstraße Siegesstraße 110, 42287 Wuppertal Sonntag, 6. Februar 2022, 17 Uhr
Vittoria Quartararo
Eine außergewöhnlich leidenschaftliche Pianistin spielt Sonaten von Ludwig van Beethoven, Henri Dutilleux sowie eine Partita von Johann Sebastian Bach. Freuen Sie sich auf einen stimmungsvollen Klavierabend. Donnerstag, 24. März 2022, 19.30 Uhr
Steve Clayton
The Boogie Man from Birmingham live bei uns in der L‘aréna! Ein unverzichtbares Konzert für alle Boogie-Woogie-Freunde. Sonntag, 24. April 2922, 17 Uhr
Denis Ivanov & Yuri Broshel Klavier und Saxophon vom Feinsten. Lassen Sie sich überraschen! Anmeldung/Onlinebuchung: larena-wuppertal.de
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BÜHNE
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Kulturzentrum Immanuel Normannenstraße 24, 42275 Wuppertal Samstag, 15. Januar 2022, 20 Uhr Heinz Strunk
Nach Notat zu Bett
Showtime! In seiner unvergleichlichen Art verquickt Heinz Strunk High-End Literatur, moderne Musik und visuelle Schlüsselerlebnisse zu einer einzigartigen Mixtur. In seinem Buch „Nach Notat zu Bett“ bringt der Autor des Satiremagazins Titanic weltenweit Entferntes humoristisch
zusammen: Alltagsbeobachtungen, Lektüren anderer Autoren, Privatfernsehabende mit viel Alkohol, Selbstbeobachtung beim Altern, alberne „Karrieretipps“, manchmal auch Poesie. Zweiter Showbaustein ist das Album „Aufstand der dünnen Hipsterärmchen“, in dem sich „Beats und Burger“ ein fettes, lautes Stelldichein geben. Das Allergeilste zum Schluss: Strunks erster Kalender mit ihm als einzigem Motiv: „Fantasy 40 +“. Heinz itself in 12 aufregenden, den erotischen Bedürfnissen betagterer Menschen angepassten, sanft sexualisierenden Posen. Eintritt: 19 € im Vorverkauf – 25 € an der Abendkasse Tickets über wuppertal-live.de und dessen VVK-Stellen
Heinz Strunk
Samstag, 12. März 2022, 20 Uhr Jürgen Becker
Die Ursache liegt in der Zukunft Da wollten wir uns einfach mal ’nen schönen Abend machen! Doch Corona kam. Jetzt wird allseits die Wirtschaft wieder angekurbelt, es wird allseits wieder geöffnet, obwohl das Virus weiter lauert, alle können nur Kapitalismus – aber kann man mit Kapitalismus alles reißen? Das Finale unseres fossilen Feuerwerks kollabiert ausgerechnet mit einem China-Kracher. Haben wir’s verkackt? Ökologie und Ökonomie verwirbeln gewaltig unser Gewohnheitsrecht und unsere Nebenkostenabrechnung. Ein bahnbrechend zorniges Sturmtief kündigt sich an. Recken wir also die Hände zum Heizpilz und fahren nach der Party voll im SUV vor die Wand? Oder machen wir die Wende in ein genüssliches Leben voll Komischer Intelligenz? Da recherchieren wir dann genau, was die Welt zusammenhält, wenn sie auseinanderfällt – und wie es sich für alle so richtig rechnet, sie jetzt zu retten. Humor lüftet durch, hält das Zeitfenster auf Kipp und macht den Chancen Avancen. Am Ende wird es doch ein schöner Abend geworden sein, wir werden nach Hause gehen und denken: Da geht noch was! Eintritt: 24 € im Vorverkauf Tickets über wuppertal-live.de und dessen VVK-Stellen
Freitag, 25. März 2022, 20 Uhr Christoph Sieber
Jürgen Becker
Christoph Sieber
Mensch bleiben
Christoph Sieber hat mit „Mensch bleiben“ erneut das aufgeboten, was ihn ausmacht: Den schonungslosen, satirischen Blick auf Politik,
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Heinz Strunk
Kunst und Gesellschaft. Ihm gelingt mit bitterbösen Texten eine gnadenlose Sicht auf unsere Zeit: Warum werden die, denen wir unsere Kinder anvertrauen schlechter bezahlt als die, denen wir unser Geld anvertrauen? Wie konnte es so weit kommen, dass wir Konsumenten sind, User, Zuschauer, Politiker, Migranten, Deutsche, aber immer seltener Mensch? Doch Sieber andere Seite - schelmische, urkomische und komödiantisch lässt uns über unser Dasein lachen und schafft so einen eindrucksvollen Kabarettabend. Eintritt: 25 € im Vorverkauf Tickets über wuppertal-live.de und dessen VVK-Stellen www.immanuelskirche.de
KINO cine:ort – Peter Kowald Gesellschaft/ort e. V. Luisenstraße 1, 42103 Wuppertal Donnerstag, 13. Januar 2022, 20 Uhr
Mali Blues
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Jürgen Becker
Donnerstag, 3. Februar 2022, 20 Uhr Astor Piazzolla – “The Years Of The Shark” Regie Daniel Rosenfeld, AR / FR 2018, 90 Minuten Astor Piazzolla (1921 bis 1992) war einer der wichtigsten lateinamerikanischen Komponisten des 20. Jahrhundert. Er war Begründer des „Tango Nuevo“ und integrierte Jazz- und klassische Musikelelemente in die traditionelle Tangomusik. Im Film erzählt der Sohn Daniel Piazzolla anhand von privaten und öffentlichen Archivaufnahmen und Interviews das facettenreiche Leben der Familie Piazzolla. Neben den intimen Einsichten in Astor Piazzollas Privatleben besticht der Film durch seine Musikaufnahmen, welche die ganze emotionale Bandbreite des Tango Nuevo vom energetisch-explosiven bis hin zum erotisch-melancholischen Tango aufzeigen. 77
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Christoph Sieber
Regie Lutz Gregor, ML/D 2015, 53 min. „Seid ihr bereit? Geht‘s euch gut?“. So beginnt Lutz Gregors Dokumentarfilm „Mali Blues“, der von einem Land handelt, dem es nicht gut geht, aber dessen junge Generation bereit ist. Bereit für ein Zusammenrücken gegen Separatisten, für einen Islam ohne Dschihadisten und vor allem bereit, in der Musik seine Sehnsüchte auszudrücken. Das westafrikanische Land Mali gilt als Wiege des Blues, den verschleppte Sklaven auf die Baumwollfelder Amerikas mitbrachten. Traditionelle Musik hält schon seit Jahrhunderten die Gesellschaft Malis zusammen. Der Film erzählt die Geschichten von vier Musikern, die Hass, Misstrauen und Gewalt in ihrem Land und eine radikale Auslegung des Islam nicht akzeptieren wollen. Weder in Mali, noch an einem anderen Ort auf der Welt. Die faszinierende Sängerin Fatoumata Diawara, Protagonistin des Films, die auf den Konzertbühnen Europas gefeiert wird, begeisterte bereits bei einem Konzert bei „KlangArt im Skulpturenpark“ in Wuppertal.
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„die beste Zeit“ Das Kulturmagazin im Bergischen Land erhalten Sie bei:* Wuppertal Elberfeld Bloom Event Thomas & Sabine Haase, Friedrich-Ebert-Str. 66, 42103 Wuppertal, (0202) 97 11 37 23, facebook:@bloomevent.de Buchhandlung v. Mackensen Fr.-Ebert-Str., Ecke Laurentiusstr. 12, 42103 Wuppertal, (0202) 30 40 01, www.mackensen.de Buchhandlung Thalia Wuppertal City-Arkaden, Alte Freiheit 9, 42103 Wuppertal, (0202) 69 80 30, www.thalia.de Glücksbuchladen Kerstin Hardenburg, Friedrichstraße 52, 42105 Wuppertal, (0202) 37 29 00 58, www.gluecksbuchladen.de Looping Luisenstraße 71 b, 42103 Wuppertal, (0202) 31 01 06, www.looping-mode.net RELAY. Wuppertal Hauptbahnhof, Döppersberg 37, 42103 Wuppertal, www.my-relay.de Von der Heydt-Museum Museumsshop, Turmhof 8, 42103 Wuppertal, (0202) 563 6231, www.von-der-heydt-museum.de Wuppertal Barmen Bücherladen Jutta Lücke Hünefeldstraße 83, 42285 Wuppertal, (0202) 8 83 53 Café und Buchhandlung im Barmer Bahnhof Winklerstraße 2, 42283 Wuppertal, (0202) 59 53 85,www.joliso1904.de Musikhaus Landsiedel-Becker Höhne, Ecke Werther Hof, 42275 Wuppertal, (0202) 59 21 57, www.landsiedel-becker.de RELAY. Wuppertal-Oberbarmen Bahnhof, Berliner Platz 15, 42277 Wuppertal, www.my-relay.de Skulpturenpark Waldfrieden Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal, (0202) 3 17 29 89, www.skulpturenpark-waldfrieden.de Wuppertal Cronenberg Buchhandlung Nettesheim Hauptstraße 17, 42349 Wuppertal, (0202) 47 28 70, www.nettesheim.de Wuppertal Ronsdorf Ronsdorfer Bücherstube Christian Oelemann, Staasstraße 11, 42369 Wuppertal, (0202) 2 46 16 03, www.buchkultur.de Wuppertal Vohwinkel Buchhandlung Jürgensen Vohwinkeler Straße 1, 42329 Wuppertal, (0202) 73 09 42, www.buch-juergensen.de Friseursalon Capilli Heinrich Wermann, Manteuffelstr. 2, 42329 Wuppertal, (0202) 30 13 22, www.capilli.de Remscheid Galerie Wroblowski Alleestraße 83, 42853 Remscheid, (02191) 25910, www.galerie-wroblowski.de Solingen Kunstmuseum Solingen Museumsshop, Wuppertaler Str. 160, 42653 Solingen, (0212) 25 81 40, www.kunstmuseum-solingen.de Leverkusen Schloss Morsbroich Museumsshop, Gustav-Heinemann-Str. 80, 51377 Leverkusen, (o214) 8 55 56 28, www.museummorsbroich.de
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Vittoria Quartararo
Eine außergewöhnlich leidenschaftliche Pianistin spielt Sonaten von Ludwig van Beethoven, Henri Dutilleux sowie eine Partita von Johann Sebastian Bach. Freuen Sie sich auf einen stimmungsvollen Klavierabend.
Donnerstag Steve Clayton The Boogie Man from Birmingham live bei uns in der 24. März L‘aréna! Ein unverzichtbares Konzert für alle Boogie19.30 Uhr Woogie-Freunde.
Sonntag 24. April 17 Uhr
Denis Ivanov & Yuri Broshel
Klavier und Saxophon vom Feinsten. Lassen Sie sich überraschen!
Regie Lutz Gregor, ML/D 2015, 53 min.
SA * 22 JAN 2022 * 20H CD RELEASE-PARTY: FLEISCHWOLF PLUS JONAS GERIGK
GUNDA GOTTSCHALK Violine ACHIM KONRAD Laptop/electronics JONAS GERIGK Bass Karten können nur im Vorverkauf unter: wuppertal-live.de/Ort/207 erworben werden.
Für alle Veranstaltungen gilt die 2G-Regelung, bzw. die jeweils gültige Hygieneverordnung. Anmeldung/Onlinebuchung: www.larena-wuppertal.de „l‘aréna“, Siegesstraße 110, 42287 Wuppertal
Tel.: 02 02 / 42 97 83 - 50/51/52, info@larena-wuppertal.de
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Impressum Herausgeber und v.i.S.d.P.: Schwebetal, Stadtteilverlag Wuppertal
Nachdruck - auch auszugsweise - von Beiträgen innerhalb der gesetzlichen
Willi Barczat, Rita Küster, Juliane Steinbach GbR
Schutzfrist nur mit der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages.
Redaktion: Willi Barczat, Rita Küster, Dr. Anne-Kathrin Reif
Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht immer die Meinung des Verlages und
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Uta Atzpodien,
der Herausgeber wider. Für den Inhalt dieser Beiträge zeichnen die jeweiligen
Heiner Bontrup, Dr. Beate Eickhoff, Ruth Eising, Regina Friedrich-Körner,
Autoren verantwortlich.
Fritz Gerwinn, Martin Hagemeyer, Rolf Hengesbach, Dr. Thomas Hirsch,
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Nina Trompetter, Dr. Johannes Vesper, Andreas von Hören,
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Alle Inhalte des Magazins sind urheberrechtlich geschützt.
Bettina Wagner-Bergelt, Prof. Dr. Rainer K. Wick, Katja Wickert, Dr. Michael Zeller Titelbild: Pina Bausch, Foto: Ulli Weiss, © Pina Bausch Foundation Druck: Offset Company, Wuppertal, Auflage: 1000 Erscheinungsweise: vierteljährlich, Erfüllungsort und Gerichtsstand: Wuppertal Trotz journalistischer Sorgfalt wird für Verzögerung, Irrtümer oder Unterlassungen keine Haftung übernommen. Texte und Fotos: Bildnachweise/Textquellen sind unter den Beiträgen vermerkt. Haftung oder Garantie für Richtigkeit, Aktualität, Schreibweise, Inhalt und Vollständigkeit der Informationen kann nicht übernommen werden. Kürzungen bzw. Textänderungen, sofern nicht sinnentstellend, liegen im Ermessen der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Beiträge kann keine Gewähr übernommen werden.
Verlag Wuppertal Schwebetal Verlag Wuppertal W. Barczat · R. Küster, · J. Steinbach Friedrich-Engels-Allee 191a · 42285 Wuppertal Telefon: 0202 313431 · info@schwebetal-verlag.de www.schwebetal-verlag.de
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SINFONIEORCHESTER
KALEIDOSKOP
6. Sinfoniekonzert Ravel & Sibelius So. 13. / Mo. 14. Februar 2022 Historische Stadthalle Wuppertal
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TANNHÄUSER von Richard Wagner ab So. 6. März 2022 Opernhaus
Kirchplatz 1, 42103 Wuppertal Ticket-Hotline: +49 202 563 7666
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Für uns ist Nachhaltigkeit ein Selbstverständnis. Deshalb setzen wir für eine enkelgerechte Zukunft auf wirtschaftliches Handeln, soziale Verantwortung und ökologisches Bewusstsein. Was wir sonst noch gern machen, erfahren Sie auf barmenia.de
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Viermal im Jahr „die beste Zeit“
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›A midsummer night’s dream‹ von William Shakespeare ab Sa. 12. Februar 2022 Opernhaus
Das Kulturmagazin im Bergischen Land 01/2022 Januar-März
EIN SOMMER NACHTSTRAUM
die beste Zeit
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FILME ZUR KUNST ISSN 18695205
Jeden Freitag im März 2022 Vorverkauf online ab 25.2.
Hans-Christian Schink, Zwischen Lemmersdorf und Kleisthöhe, 2016 © Hans-Christian Schink Die Ausstellung wird gefördert durch
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Hirschstraße 12 · 42285 Wuppertal www.skulpturenpark-waldfrieden.de
Online Das Archiv der Pina Bausch Foundation Ausstellung Fotografie trifft Landschaftsmalerei Porträt Winfried Konnertz: Typograf, Autor, Künstler Bühne Die Wuppertaler Oper trotzt der Flut Medienprojekt Filmen verleiht Flügel Rückblick Else Lasker-Schüler-Forum in Sanary-sur-Mer
The art of tool making
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