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Mit den Händen lesen
LEGO Braille Bricks eröffnen einen spielerischen Zugang zur Blindenschrift.
Auf den Braille Bricks können Buchstaben ertastet werden
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Wer die Brailleschrift entschlüsseln möchte, muss lernen, mit den Händen zu lesen. Einen neuen, spielerischen Zugang zu dieser Schrift bieten seit letztem Jahr die Braille Bricks von LEGO. WIR haben getestet, wie die bunten Steine funktionieren und ob sie sich wirklich für das Lernen der Brailleschrift eignen.
Der Begriff LEGO weckt bei den meisten Menschen sicherlich schöne Erinnerungen an strahlende Kinderaugen, fröhliche Bastel- und Baustunden in der eigenen Familie oder auch das ein oder andere in der Fantasie ausgefochtene Abenteuer. Die kleinen, bunten Klemmbausteine sind in unendlichen Varianten miteinander kombinierbar. Und so entstehen aus den Plastiksteinen im Handumdrehen farbenfrohe Figuren, vielfältige Spielwelten und Gebäude – wie zum Beispiel auch das P.A.N. Zentrum der Fürst Donnersmarck-Stiftung. Weniger bekannt ist jedoch, dass man mit den Legosteinen nicht nur Burgen, Schiffe oder Technic-Bagger bauen kann, sondern diese noch für viele andere Zwecke geeignet sind. Denn der Weltkonzern aus dem dänischen Billund hat inzwischen auch zahlreiche weitere Verwendungsmöglichkeiten für sein Kernprodukt entdeckt.
Jenseits des Bauspaßes: Ernsthafte Produktlinien von LEGO
Relativ weit verbreitet ist beispielsweise LEGO Serious Play. Dabei handelt es sich um eine Moderationsmethode, die in den 1990er Jahren entstand und seit 2002 eine offizielle Produktlinie von LEGO ist. Beim Serious Play wird LEGO eingesetzt, um abstrakte Ideen, Raumvorstellungen oder soziale Beziehungen sichtbar und schließlich diskutierbar zu machen. Die Einsatzmöglichkeiten dieser Moderationstechnik sind nahezu unbegrenzt. Inzwischen haben sich zahlreiche Moderatorinnen und Moderatoren auf diese Technik spezialisiert.
Seit 2020 bietet LEGO nun ein weiteres Produkt mit einem ernsthaften Hintergrund an: Die LEGO Braille Bricks sind
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(c) LeGO GruPPe/LeGO stiFtunG
dazu gedacht, blinden oder sehbehinderten Kindern einen spielerischen Einstieg in die Blindenschrift zu geben. Die weltbekannten 2×4-Steine sind ideale Träger der Brailleschrift, die aus sechs Punkten in zwei Reihen besteht. Auf jedem Stein befindet sich ein Buchstabe, ein Zeichen oder eine Zahl in Braille sowie ein Aufdruck mit der jeweiligen Entsprechung in Schwarzschrift. Mit den Braille Bricks „schaffen wir einen spielerischen und integrativen Ansatz für das Erlernen der Blindenschrift, der hoffentlich Kinder, Eltern, Betreuer, Lehrer und Praktizierende weltweit genauso wie uns selbst begeistert“, erklärt John Goodwin, CEO der LEGO-Stiftung.
Nachgefragt: Einsatzmöglichkeiten in der Praxis
Doch wie gut lassen sich die kleinen bunten Steine denn wirklich in der Praxis einsetzen? Das haben wir Sophia Schmidt-Hieber gefragt. Sie ist Leiterin des Medienzentrums und stellvertretende Schulleiterin der Johann-August-Zeune-Schule für Blinde in Berlin-Steglitz. Aus ihrer Sicht sind die Braille Bricks „eine gute Idee, um vor allem sehenden Menschen die Brailleschrift näherzubringen und Kindern spielerisch einen Zugang zur Schrift zu ermöglichen.“
Für blinde Kinder seien die Steine allerdings erst geeignet, wenn sie bereits gut in Braille lesen und schreiben könnten. Denn die „Blindenschrift hat ja eine genormte Größe, die immer gleich ist und der Größe einer Fingerkuppe entspricht. Der Finger erkennt an der Position der Punkte das Schriftzeichen. Dabei wird nicht jeder einzelne Punkt erfühlt, sondern die Kombination der Punkte in ihrer Position zueinander“. Da jedoch die Abstände zwischen den einzelnen Punkten auf den LEGO-Steinen nicht der Norm entsprechen, müssten die Lesenden erst die Abstraktionsfähigkeit haben, um sich beim Lesen auch an andere Größen anzupassen.
Dennoch seien die Steine ein schönes Lernmaterial für den Einsatz im Unterricht. Ganz generell werden die bunten Klemmbausteine häufig von Lehrerinnen und Lehrern eingesetzt: „Denn mit LEGO kann man beispielsweise Matheaufgaben, Grafiken oder Modelle stecken, ohne dass man versehentlich das Material mit dem Ärmel oder der Hand vom Tisch fegt.“
Eine Idee aus der Selbsthilfe
Die Idee für die Braille Bricks hatte übrigens nicht LEGO selbst, sondern kam aus den Selbsthilfeorganisationen blinder und sehbehinderter Menschen. Bereits 2011 trug die Danish Association of the Blind die Idee, LEGO-Steine und Blindenschrift zu verbinden, an die LEGO-Gruppe heran. 2017 zeigte sich auch die brasilianische Dorina Nowill Foundation for the Blind von dem Konzept überzeugt. In der Folgezeit entwickelte LEGO schließlich zusammen mit mehreren Selbstvertretungsorganisationen das Produkt.
Wer nun von den LEGO Braille Bricks überzeugt ist und sie im eigenen Unterricht – oder auch für eigene Kinder – einsetzen will, kann sich an das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen) wenden. Die Braille Bricks-Sets bestehen aus ungefähr 250 Teilen und werden an Pädagoginnen und Pädagogen, die Brailleschrift unterrichten, kostenfrei abgegeben. Kinder, die Brailleschrift erlernen, können die Steine kostenfrei ausleihen.
Unser Fazit: Let’s play!
LEGO hat mit den Braille Bricks eine nette kleine Produktlinie veröffentlicht, die sicherlich nicht den pädagogischen Unterricht für blinde und sehbehinderte Kinder revolutionieren wird, aber vielleicht doch das ein oder andere Kind spielerisch an die Punktschrift heranführen kann. Durch die große Bekanntheit von LEGO wird zudem Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema gelenkt. Dass die Braille Bricks für den Einsatz im Unterricht kostenfrei zu erhalten sind, ist ein positives Signal, zumal LEGO eher zu den teureren Spielzeugen gehört.
Und nun ran an die alten Spielzeugkisten: Klemmbausteine raus und gemeinsam in der Pandemie Burgen bauen, Technic-Bagger konstruieren oder Brailleschrift lernen. Viel Spaß dabei!
Sebastian Weinert
Haben Sie es erkannt? Mit LEGO Bricks lässt sich auch das Kürzel der Fürst Donnersmarck-Stiftung legen.
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Kontakt: dzb lesen Gustav-Adolf-Straße 7, 04105 Leipzig Telefon: 0341 71130 Telefax: 0341 7113 125 dzblesen.de/lego
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