Poesie der Nachbarn - Syrien

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Poesie der Nachbarn – Dichter übersetzen Dichter begründet von Gregor Laschen

Mitarbeit: Lisa Schwesinger © 2018 Verlag Das Wunderhorn Rohrbacher Straße 18 D - 69115 Heidelberg www.wunderhorn.de © 2018 Autoren und Übersetzer Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Satz: Cyan, Heidelberg Druck: NINO Druck GmbH, Neustadt/Weinstrasse ISBN 978-3-88423-582-9

9 783884 235829


Mahmoud Hassanein, Hans Thill (Hrsg.)

Deine Angst – Dein Paradies Gedichte aus Syrien Nach Interlinearversionen von Mahmoud Hassanein

Wunderhorn



Hans Thill

Als die Finger noch Schwerter waren Alle meine Wörter sind weiblich außer Brad Pitt, der ein amputierter Fuß von Ibn Al-Farid ist. Erzähl mir was vom Meer, von seinen Innereien, vom Doppelgänger des Flusses Jabbok, der in Edenkoben versandete, freigelegt wurde und erneut versandete. Erzähl mir was von Al-Nabegha, seiner Wanduhr! Mein Haus ist eine Mühle aus Glas und Lavendel, der Zipfel eines Traums einer Rose direkt vom Berg Quasi, der zur Hälfte aus Saqr (Falke) und zur Hälfte aus Qasr (Rietburg) besteht. Mit langen Schritten geht die Dummheit zwischen Bäumen umher und knetet sich einen Nebel. Ach, ein Schuh ist gestorben, ach, die Lagerplätze sind verlassen, die Asche noch warm, man kann sie essen, aber man sollte nicht, sagt Malek, der Strassenräuber. Eine Tür, die sich schließt, ist noch lange keine Apfelin. Was wäre die Bibel, wenn nicht große Mengen Obst auf einem kleinen Stück Stoff, das der Nichtraucherengel über den Schultern trägt, wenn er nachts wie zwanzig Katzen durchs Rebland tobt? Was wären Tom und Jerry, wenn nicht der rechte und der linke Fuß einer Rakete? Alle meine Wörter sind Sandalen, eher zum Hauen als zum Kauen, eher zum Stechen, es sei denn der leere rote Mantel käme plötzlich zur Tür herein, in der Hand das Brot der Schönheit aus einem Text von Al-Muttanabi – sein Name ist ein Storch aus einem anderen Traum, in dem es genial von der Wand tickt als wäre eine Frau im Schrank Edenkoben, 28. Juni 2017 5



Aref Hamza


‫‪Aref Hamza‬‬

‫البحر‬ ‫مل أشاهد البح َر يف صغري‬ ‫ومل أعشقه‬ ‫ُ‬ ‫يطلب لوح ًة‬ ‫سم‬ ‫ر‬ ‫ال‬ ‫ذ‬ ‫أستا‬ ‫ن‬ ‫وعندما كا‬ ‫َ‬ ‫ُ‬ ‫ّ‬ ‫ٍ‬ ‫كنت بال تر ّدد أرس ُم البح َر‬ ‫ُ‬ ‫ليس سط َح ُه‬ ‫أو سف َن ه‬ ‫أو صوت َه الذي يشب ُه القصف‬ ‫بل أحشا َء ُه‬ ‫كنت بال تردّد‬ ‫ُ‬ ‫أرس ُم‬ ‫رش‪.‬‬ ‫ذلك ال ّ‬

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Das Meer Als Kind sah ich es nie, das Meer, liebte es auch nicht, und verlangte der Kunstlehrer Bilder von mir, so malte ich ohne zu zögern das Meer, nicht seine Wellen, nicht seine Schiffe und nicht sein Toben, das wie Bomben tönt, sondern sein Eingeweide, malte ohne zu zögern jenes Böse. (Jan Wagner)

das meer ich sah das meer in meiner kindheit nicht ich liebte es nicht und immer wenn der zeichenlehrer ein bild verlangte malte ich kurzerhand das meer nicht seine oberfläche nicht seine schiffe auch nicht sein geräusch, wie der abwurf von bomben, sondern seine eingeweide immer zeichnete ich kurzerhand dieses böse. (Joachim Sartorius)

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‫‪Aref Hamza‬‬

‫قلب‬ ‫ُ‬ ‫أعرف أن ِّك ال تنامني‬ ‫وبتق ل ِ‬ ‫ّبك األعمى‬ ‫ت ُتلف َني األزها َر الخفيفة‬ ‫ِ‬ ‫لثوبك الشّ فاف‪.‬‬ ‫ِ‬ ‫صخبك نامئ اً يف املم ّر‬ ‫أستطي ُع أن أرى‬ ‫خافت اً وخجوالً يف غرفة الضيوف‬ ‫ِ‬ ‫مشاغباتك املركونة يف زوايا البيت‬ ‫ِ‬ ‫ألوانك ‪...‬‬ ‫يف املطبخ كم تفس ُد‬ ‫وأنّه َ‬ ‫طوال عامني‬ ‫مل تزه ْر يف حديقتي‬ ‫سوى زهرة الهج رانً !‬ ‫كان حبي‬ ‫يرعى‬ ‫بني الوحوش ‪.‬‬ ‫كل وقت‬ ‫تستطيعني يف ّ‬ ‫أن مت دّي ِ‬ ‫داخل حيايت‬ ‫يدك َ‬ ‫وتلميس‬ ‫سطوة املايض‬ ‫أن تشاهدي يدا ً ت ُل ّم ُع‬ ‫الفيض لطفولتكِ‬ ‫اإلطا َر‬ ‫ّ‬ ‫‪.......‬‬ ‫ِ‬ ‫سيؤملك الذي بقي هناك‬ ‫مثل فأ ٍر م يّ ت‬ ‫يف القع ر‪.‬‬

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Herz Ich weiß, du schläfst nicht, doch wenn du dich umdrehst mit blinden Augen, zerquetschst du die zarten Blumen auf deinem hauchdünnen Kleid. Vom Flur aus sehe ich deine Tiraden im Gästebett wegdämmern, leise und scheu, ahne dein lautes Gelächter, das sich in dunklen Ecken des Hauses verbirgt, in der Küche verkommt deine Farbe. Zwei Jahre lang trieb im Garten nur Trennung aus. Meine Liebe graste zwischen Beutegreifern. Noch immer kannst du von überall her mein Leben mit Händen greifen, kein Stück Vergangenheit schwindet, schau wie ich sogar deine Kindheit im silbernen Rahmen poliere. ... Was von dort übrig ist, schmerzt dich: Eine tote Ratte im Keller. (Christoph Peters)

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‫‪Aref Hamza‬‬

‫الشبيه‬ ‫أليس غريب اً أن تكو َن ظبي اً‬ ‫َ‬ ‫وتكو َن َ‬ ‫هناك فرقة للتصوير‬ ‫مئاتُ اآلالف ينظرو َن َ‬ ‫إليك‬ ‫َ‬ ‫بأنفاسك األخرية‬ ‫تتعب‬ ‫تركض ‪...‬‬ ‫ُ‬ ‫ُ‬ ‫ِ‬ ‫العضالت مت ّز ُق َ‬ ‫قلبك‬ ‫مئاتُ‬ ‫ث ّم‬ ‫تلتفت‬ ‫َ‬ ‫حتفك‬ ‫إىل‬ ‫حيثُ لن يوج َد َم ن ُ‬ ‫يرأف بك؟‬ ‫ص ّف قوا‬ ‫َ‬ ‫ضلعك‬ ‫عندما اقرتبَ ْت الكام ريا من‬ ‫كانت جميلة ولذيذة‬ ‫القط راتُ الحم راء‬ ‫عىل ضل عٍ صغري ويتيم‬ ‫مثل نظر ٍة عميقة‬ ‫َ‬ ‫مثل نظرة من األحشاء‪.‬‬ ‫الدمع ُة‬ ‫التي نزلت‬ ‫من َ‬ ‫عينك اليرسى‬ ‫شاهدت ُها‬ ‫فأشحت بوجهي‪.‬‬ ‫ُ‬ ‫اآل َن‬ ‫يقتلو َن‬ ‫شبيهي األربعني‬ ‫وسأعيش وحيدا ً‪.‬‬ ‫ُ‬

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Der Doppelgänger ... wie sonderbar, dass du Antilope bist, dass es, ein Kamerateam gibt und Millionen, die zuschauen, wie du, deine letzten Atemzüge tust, du läufst... wirst müde alle Muskeln zerren an deinem Herz, dann drehst du dich um, deinem Tod zu, dort ist niemand, der Gnade kennt. Sie klatschen als die Kamera auf deine Rippen zugreift, appetitlich sehen sie aus, die Blutstropfen, auf der zarten Waisenrippe wie ein tiefer Blick ein Blick aus Eingeweiden. Ich sehe, die Träne, die aus deinem linken Auge ausläuft, wende mich ab. Jetzt töten sie dich, meinen vierzigsten Doppelgänger. Ich werde einsam leben. (Christoph Peters)

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