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PORTRÄT

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NACHHALTIGKEIT

NACHHALTIGKEIT

Ich hab’s gern harmonisch, bin fast schon harmoniesüchtig. Und: den Menschen, die mir wichtig sind, soll es gut gehen. Chefin im magischen Traumhaus

Als Leiterin der Kinder- und Jugendbibliothek in der neu eröffneten Zentralbibliothek sorgt Michaela Hutzheimer dafür, dass ihre Besucher:innen sich wohl und willkommen fühlen.

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Zugegeben: Ich komme mit höchsten Erwartungen zu diesem Interview – seit Eröffnung bin ich auf den neuen Standort vor dem Bahnhof gespannt. Dass ich nach dem Gespräch mit Michaela Hutzheimer tief gerührt und hoch beglückt wieder nach Hause fahre, liegt aber einzig und allein an dieser tollen Frau, die, so viel sei schon mal verraten, genau die Richtige für diese Position ist. Verabredet sind wir im Eingangsbereich auf der ersten Ebene. Ungewohnt: Die ist im zweiten Stock. Hier, im „Herz“, sind Belletristik, Spiele, Comics, DVDs und Hörbücher untergebracht, oben im „Hirn“ Sach- und Fachliteratur, Noten und Musik-CDs. Auch ungewohnt: Die frei stehenden Bücherregale sind so niedrig, dass sie einen weiten Blick über die gesamte Ebene erlauben. Genial. Ich will hier nie wieder weg. Muss ich auch nicht, denn die großzügigen Öffnungszeiten machen dieses Vorzeigeprojekt tatsächlich zum „Dritten Ort“ – einem öffentlichen Raum für alle mit jeder Menge Platz, um sich zurückzuziehen, gemeinsam oder für sich zu lernen oder kreativ zu werden. Michaela Hutzheimer präsentiert stolz ihr Reich samt Schlossturm, Rheinbrücke, Baumhaus und Martin-BaltscheitWandbild und dem dunkleren Jugendbereich, den Jugendliche mitgestaltet haben. Wer mit seinem Kind auf der zweiten Ebene in Ruhe arbeiten möchte, kann sich in eines der Eltern-Kind-Studios zurückziehen – kleine Räume mit großem und kleinem Tisch zum Arbeiten und „Arbeiten“: „Als Alleinerziehende hätte ich mich damals gefreut, wenn es so etwas gegeben hätte.“ Wie mir die 51-Jährige später im Xafé („Hier kann man auch richtig gut essen!“) über ihrem Milchkaffee erzählt, steht sie in einer Reihe starker Frauen. Ihre Mutter Helga, die sie vorigen Sommer nach mehreren schweren Schlaganfällen gehen lassen musste, befreite sich früh aus einer sehr problematischen Beziehung und zog die kleine Michaela allein auf, fand daneben aber noch die Energie, sich beruflich weiterzubilden und die Welt zu entdecken. Michaela Hutzheimer selbst wurde früh Mutter und kämpfte sich mit Abendschule und der für sie teilweise sehr fordernden Bibliothekarsausbildung („Mathe und Statistik sind eine echte Herausforderung für mich!“) an ihr Ziel. Diese Zeit war auch für ihre Tochter Jasmin nicht einfach, eine toughe junge Frau, die auf ihr Studium „Modernes Japan“ und Informatik noch eine Simultanübersetzerausbildung gesattelt hat und ihr Leben mit Baby Franziska-Sophie dank Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten gemeinsam mit ihrem Mann bestens gewuppt bekommt. Michaela Hutzheimer attestiere ich eine ausgeprägte Begabung zur Neugier und zum Vertrauen ins Leben. So besuchte sie Tochter und damals noch Freund in Okinawa und hat sich danach den Rest Japans „ganz blauäugig, ohne ein Wort Japanisch zu können“ allein angeschaut: „Und es war ein Traum! Die Mitarbeiterin des Reisebüros hatte mir eine ganz tolle Tour zusammengestellt, und so kam ich super zurecht. Die Menschen in Japan sind ja unglaublich serviceorientiert und hilfsbereit.“ Die Manga- und AnimeSzene würde sie in der Bibliothek gern noch ausbauen. Außerdem schwärmt sie für Fantasy-Literatur und Bollywood-Filme und entdeckt gern mit Wohnmobil „Helga“ und Freund Klausdieter die nähere und weitere Umgebung. „Wir sind seit vier Jahren zusammen und ich bin einfach nur glücklich mit ihm!“ Im Lauf des Gesprächs erzählt mir Michaela Hutzheimer von mehreren Begebenheiten, in denen freundliche Fremde ihr über Hürden hinweggeholfen haben: tolerante Vermieter, unterstützende Professoren, tatkräftige Freundinnen, hilfsbereite Taxifahrer. So eine freundliche Präsenz möchte sie auch für ihre kleinen Kunden sein: „Kinder sollen hier klarkommen und gut behandelt werden.“ Dafür setzt sie auch Grenzen und hat ihre Augen überall, damit ihr magisches Reich ein guter Ort für alle bleibt. PS: Eulen zeichnet sie schon seit ihrer Kindheit: „Normalerweise gelingen sie mir besser, aber ist okay so.“

Text: Pia Arras-Pretzler Foto: Andreas Endermann

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