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Rundum-Erneuerung für Pionierheizwerk in Pinggau
Als erstes Biomasseheizwerk im Bezirk Hartberg handelt es sich bei der bald 30 Jahre alten Anlage in Pinggau um eine wahre Pionierleistung. 1991 wurden 40 Haushalte mit nachhaltiger Wärme versorgt, heute profitieren 200 Haushalte davon.
Fotos: Riebenbauer
RUNDUMERNEUERUNG FÜR PIONIER-HEIZWERK IN PINGGAU
Eine erhöhte Feinstaubbelastung in der kalten Jahreszeit aufgrund einer ungünstigen Inversionslage sowie das Bewusstsein für die Fülle an der nachwachsenden Energiequelle Holz vor Ort waren die Antriebsfedern für die Energiepioniere aus dem steirischen Pinggau, die sich bereits vor rund 30 Jahren dazu entschlossen, ihre Gemeinde mit Wärme aus Biomasse zu versorgen. Mehrere Optimierungsmaßnahmen durchlief das Heizwerk, zuletzt 2019. Seither können wegen des erweiterten Fernwärmenetzes noch mehr Bewohner von der nachhaltigen Wärmeversorgung profitieren und dank moderner Heiztechnik konnte die Luftqualität nochmals verbessert und die Effizienz des Heizwerks gesteigert werden.
Die Geschichte der WLG Pinggau erzählt von Pioniergeist und Aufbruchsstimmung. Als noch kaum jemand von globaler Klimakrise sprach und der Erdölpreis so niedrig war wie noch nie, fand sich in der steirischen Gemeinde Pinggau eine Handvoll von Gleichgesinnten zusammen. 1987 begann eine kleine Gruppe von „Energiepionieren“ rund um den späteren Obmann der bäuerlichen Wärmelieferungsgenossenschaft Pinggau, Franz Riebenbauer, Ideen für ein Biomasseheizwerk zu spinnen. Ihr Ziel war einfach und rückblickend bahnbrechend zugleich: Erstens den seit Jahrhunderten bewährten und in der Region im Überschuss vorhandenen Rohstoff Holz in nutzbare Energie für die Menschen vor Ort zu verwandeln. Und zweitens: Die durch die dort herrschende Talkessellage massiv beeinträchtigte Luftqualität nachhaltig zu verbessern. Befeuert von der Idee, die Region zu stärken und energieautark zu werden, war die Gründung einer Genossenschaft der nächste logische Schritt, dieser Vision ein Gesicht zu geben. 1989 legte die Pinggauer Gemeindeführung den wirtschaftlichen Grundstein für den Bau der Anlage indem sie beschloss, alle Gemeindeobjekte an die bäuerliche Wärmeversorgung anzuschließen. Zwei Jahre später erfolgte der Bau des Heizwerkes und des Fernwärmenetzes und die ersten 40 Abnehmer konnten mit „nachwachsender“ Wärme versorgt werden.
KONTINUIERLICHE OPTIMIERUNG
Bis heute durchlief das Biomasseheizwerk bereits mehrere Erweiterungen und Modernisierungsprozesse. Sukzessive wurde die Leistung der Anlage gesteigert von ursprünglich 2.500 kW auf 4.000 kW (Kessel von Kohlbach) und das Fernwärmenetz von anfangs 3,8 km auf 12 km erweitert, wodurch weitere Bereiche der Gemeinde angeschlossen werden konnten und heute 160 Objekte bzw. 200 Haushalte mit nachhaltiger Wärme versorgt werden können. Der Status quo besteht seit der letzten grundlegenden Optimierung der Anlage im letzten Jahr, die federführend vom Planungsbüro Ing. Leo Riebenbauer begleitet wurde. Eine Herzensangelegenheit, schließlich handelt es sich bei der WLG Pinggau um das erste von ihm geplante Biomasseheizwerk – errichtet in seiner Heimatgemeinde. Logisch daher, dass das Planungsbüro Rieben
Die Mitglieder der WLG Pinggau bei der Wiederinbetriebnahme des Heizwerks im Oktober letzten Jahres.
bauer über die Jahrzehnte hinweg das Heizwerk zum zukunftsfitten Wärmeproduzenten begleitete.
GROSSES LEISTUNGSPLUS SEIT 2019
Eine kräftige Leistungssteigerung konnte bei der Rundumerneuerung 2019 neben dem erneuerten und aufgerüsteten Heizkessel durch den Einsatz weiterer modernster Heiztechnik erreicht werden, etwa durch die Wärmerückgewinnung über einen Energy Booster des Herstellers Heger Edelstahl. Abgase, welche sonst ungenutzt aus dem Kamin austreten, werden mit dem RauchgasECO noch zur Erwärmung des Netzrücklaufs genutzt. Der Heger Energy Booster ist speziell konzipiert für Heizwerke in welchen man eine Kombination aus hohem Netzrücklauf und trockenem Brennstoff vorfindet. Da unter solchen Bedingungen keine konventionelle Rauchgaskondensation sinnvoll betrieben werden kann, werden mit dem einfachen und robusten System des Heger Energy Boosters noch ca. 5 bis 10 Prozent der Kesselleistung zurückgewonnen. Und noch weitere Optimierungsmaßnahmen wie beispielsweise ein 170 m3 großer Pufferspeicher, der zum Lastausgleich und zur Spitzenlastabdeckung dient, sowie eine volldigitalisierte Steuerungs und Regelungstechnik von Kohlbach konnten eine erhebliche Effizienzsteigerung erzielen.
LUFTQUALITÄT NOCHMALS VERBESSERT
Nicht nur ein deutliches Leistungsplus sollte durch die Rundumerneuerung erreicht werden, auch sollte die Luftqualität der Gemeinde Pinggau nochmals gesteigert werden. Vor der Inbetriebnahme des Biomasseheizwerks schwebte in der kalten Jahreszeit eine Rauchgaswolke über der steirischen Gemeinde aufgrund ihrer Inversionslage und der vielen EinzelofenHeizsysteme. Um eine optimale Luftreinhaltung zu gewährleisten, wurde ein hocheffizienter Elektrofilter installiert, der die gesetzliche Vorgabe von 20 mg/Nm³ Reingasstaubgehalt unterschreitet, wodurch ein wesentlicher Beitrag zur Reduktion der Feinstaubbelastung geleistet wird. Heute können sich die Pinggauer über beste Luftverhältnisse auch während der Heizperiode freuen.
BRENNMATERIAL AUS DER REGION
14.200 srm Hackholzschnitzel werden pro Jahr verfeuert und als 6,5 Millionen kWh/a an die Wärmeabnehmer geliefert. Verheizt wird Holz, das quasi vor der Haustür wächst. „Wir liefern Naturwärme aus unseren Wäldern – unsere Genossenschaftsmitglieder sorgen mit Waldhackgut für eine gesicherte Wärmeversorgung von Pinggau“, erläutert Herbert Zingl, Obmann der WLG Pinggau. Über eine Millionen Liter Heizöl können dank der nachhaltigen Wärmeerzeugung jährlich eingespart werden.
FÜR DIE NÄCHSTEN 30 JAHRE GERÜSTET
„Die WLG Pinggau begleiten wir seit 1990 auf ihrem Weg der CO2 freien Wärmeversorgung der Gemeinde. Mit der neuen Kesselanlage samt Elektrofilter, Rauchgaswärmerückgewinnung sowie Pufferspeicher ist die WLG Pinggau technisch für die nächsten 30 Jahre zur Wärmeversorgung von Pinggau bestens gerüstet“, fasst Planer Ing. Leo Riebenbauer zusammen. Dank der jüngsten Erneuerung und Investition sowie dem Weitblick engagierter Menschen steht das Heizwerk in Pinggau auf einem zukunftssicheren Fundament – und wird auch die nächsten 30 Jahre dafür sorgen, dass die Pinggauer morgens beim Lüften die frische Wechsellandluft genießen können, abends die behagliche Wärme und sie sich sommers wie winters auf eine sichere Energieversorgung verlassen können.
Der 2.500 kW-Kessel von Kohlbach wurde 2019 erneuert und aufgerüstet. Ein weiterer Kessel mit 1.500 kW sowie ein 500 kW-Kessel für den Sommerbetrieb ergänzen die Anlage.
bürofürerneuerbare energie ing.leoriebenbauer
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