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Regionale, erneuerbare Energie für Gewerbegebiet in Oberösterreich

Neben dem eingesparten Kohlendioxid von jährlich 6.700 Tonnen CO2 bewirkt auch der Ursprung des Brennstoffs einen nachhaltigen Effekt: Die Hackschnitzel werden aus den Wäldern der Region bezogen. Bei Anlieferung werden diese per Brückenwaage (unten links zu sehen) gewogen.

Foto: Büro Riebenbauer REGIONALE, ERNEUERBARE ENERGIE FÜR GEWERBEGEBIET IN OBERÖSTERREICH

Dass Ökonomie und Ökologie sich nicht ausschließen, beweist das Gewerbegebiet im oberösterreichischen Vorchdorf. Ganz im Gegenteil: Durch die Wärme- und Stromversorgung über Holzvergasung ist der Industriestandort unabhängig von Gasimporten. Zudem profitieren auch private Abnehmer von der nachhaltigen Energieerzeugung. Vor bald fünfzehn Jahren von Landwirten gemeinsam gegründet, erzielte die Nahwärme Vorchdorf mit einer Leistungssteigerung und technischer Aufrüstung einen signifikanten Modernisierungsschub.

In Vorchdorf befindet sich das erste Gewerbegebiet Oberösterreichs, das ausschließlich auf Nahwärme setzt: Alle angesiedelten Betriebe werden mit Wärme aus Biomasse versorgt. Möglich macht das die Nahwärme Vorchdorf. Nach etlichen Erweiterungen seit der Inbetriebnahme 2008 reagierte man mit den letzten baulichen und technischen Maßnahmen auf den gestiegenen Bedarf und machte das Heizwerk fit für die Zukunft. „Die Nahwärme Vorchdorf ist an uns herangetreten, um ein Konzept erstellen zu lassen, wie der gestiegene Wärmebedarf am effizientesten abgedeckt werden kann“, erzählt der für die

letzte Optimierung zuständige Planer Leo Riebenbauer. „Aufgrund des ständig wachsenden Netzes war zusätzliche Wärmeerzeugungsleistung notwendig. Neben den neuen Biomassekesseln mit 3 MW (Urbas) und 500 kW (ETA Heiztechnik) wurden daher drei Holzgas-BHKW-Anlagen errichtet.“ Netzübersicht der Anlage mit aktuellen Statusanzeigen und Messwerten.

VERGLÜHEN STATT VERBRENNEN

Die Holzgasanlagen sind das Herzstück der Anlage: Statt Hackschnitzel zu verbrennen, verglühen diese im Prozess und die entstehenden Gase werden zur Stromgewinnung verwendet. In Vorchdorf vertraut man auf österreichische Qualität und setzt auf eine

Das begrenzte Platzangebot war eine der Herausforderungen bei der technischen Optimierung der Nahwärme Vorchdorf.

Neben den Biomassekesseln produzieren seit diesem Sommer drei Holzgas-Anlagen von VEE Energy Strom und Wärme.

vollautomatische Lösung von VEE aus dem vorarlbergischen Bürserberg. Zum Einsatz kommen drei Anlagen des Typs wp2.150 mit einer Leistung von jeweils 165 kWel. Kern der Anlage ist ein über Jahre entwickelter Gleichstrom-Festbettvergaser in Kombination mit einem speziell darauf abgestimmten Gewebefilter. Auch für viele andere Anlagenteile, wie etwa Brennstoffschleuse oder Kohlestaub-Ausschleusung, wurden Systeme entwickelt, die weniger störungsanfällig und wartungsfreundlicher sind als Standardlösungen. Neben dem Hauptprodukt Strom für umgerechnet 1.200 Zwei-Personen-Haushalte pro Jahr wird zusätzlich in einem 3-MW-Biomassekessel Wärme gewonnen, die anschließend ins Netz eingespeist wird. Momentan sind über 200 Betriebe und Haushalte an das Vorchdorfer Nahwärmesystem angeschlossen und werden mit sauberer Energie versorgt. Jährlich werden so zwei Millionen Liter Heizöl eingespart. Durch die räumliche Nähe zu einigen Großabnehmern im angrenzenden Industriegebiet werden aufgrund der Kürze des Rohrnetzes Wärmeverluste minimiert.

Foto: Büro Riebenbauer

WERTSCHÖPFUNG IN DER REGION

Das Projekt Nahwärme Vorchdorf startete bereits 2008: Damals schlossen sich Vorchdorfer Landwirte zusammen und waren überzeugt, dass das Nahwärmekonzept nicht nur nachhaltig, sondern auch krisensicher ist. 40 Landwirte, die zugleich Eigentümer der Nahwärme Vorchdorf sind, beliefern das Unternehmen mit regionalen Hackschnitzeln. Neben dem eingesparten Kohlendioxid von 6.700 Tonnen CO2 pro Jahr bewirkt auch der Ursprung des Brennstoffs einen nachhaltigen Effekt. Denn das Hackgut wird aus den Wäldern der Region bezogen, was kurze Transportwege und eine lokale Wertschöpfung schafft. Zudem werden Wälder, Hecken und Ökoflächen bewirtschaftet und das regionale Erscheinungsbild bleibt erhalten. Um den Betrieb des Heizwerks noch nachhaltiger zu gestalten, entschied man sich eine Photovoltaikanlage mit insgesamt 175 kWp zur Abdeckung des Stromeigenbedarfs zu integrieren. Produzierte Überschüsse werden ins Netz eingespeist.

Foto: Büro Riebenbauer

RESSOURCENSCHONENDER TROCKNUNGSPROZESS Um die fünf Biomassekessel, drei HolzgasBHKW-Anlagen, zwei Pufferspeicher mit zusammen 250.000 Liter Speicherkapazität und die Trocknungsanlage mit der Brennstoffördertechnik effizient betreiben zu können, war eine übergeordnete Regelung notwendig, die automatisiert abläuft. Somit ist die Anlage imstande, schnell auf veränderte Bedingungen wie Wärmeabnahme oder Hackgutfeuchte, welche für den Trocknungsprozess relevant sind, reagieren zu können. In Vorchdorf trägt die Raumwärme der BHKW- und Biomassekesselanlagen einen Großteil zur Trocknung des Hackguts bei (auf 25 Prozent Wassergehalt), um Ressourcen einzusparen. In der zweiten Trocknungsstufe wird unter anderem die Niedertemperatur-Wärme aus der Gemischkühlung des Gasmotors effizient genutzt, um das Hackgut auf den Zielfeuchtegehalt zu bringen. Durch dieses Abwärmekonzept wird Trocknungsenergie, die der Leistung eines 120 kW Kessels entsprechen würde, eingespart. Das Hackgut wird mittels einer Siebanlage direkt

Historischer Trend für die Darstellung des Messwertverlaufs über auswählbare Zeitabschnitte.

RIEBEN BAUER

Büro für Erneuerbare Energie

www.riebenbauer.at, office@riebenbauer.at, 8243 Pinggau,T 03339 25 113

Spitzenlasten können mit Hilfe der zwei Pufferspeicher (250 m3 Gesamtvolumen) ausgeglichen werden.

Foto: Büro Riebenbauer

am Standort aufbereitet. Leistungsstarke Hydraulikzylinder von Glock Ecotech treiben drei Schubboden-Sektionen an, die das Hackgut zum Querförderer zur Kesselbeschickung befördern.

BEGRENZTES PLATZANGEBOT

Eine besondere Herausforderung stellte das begrenzte Platzangebot auf dem Grundstück und somit auch im Gebäude dar – was die Planung der Anlagenkomponenten im Inneren des Gebäudes schwierig gestaltete. „Durch exakte Planung konnten die Lüftungsleitungen bis 2 x 2 m Querschnitt, heizungsseitige Leitungen bis DN200, die beiden Heizkessel mit 3 MW und 500 kW, die drei Holzgas-BHKW Anlagen mit je 165 kW elektrisch und die Brennstofftrocknung sowie -aufbereitung durch eine Siebung im Gebäude optimal untergebracht werden“, zählt Leo Riebenbauer die technischen Komponenten im Inneren des Heizwerks auf.

Wassergehaltmessung beim Hackgut

ZUKUNFTSWEISENDE TECHNOLOGIE ZUR ENTSTAUBUNG VON RAUCHGASEN

Um die Feinstaubbelastung in der oberösterreichischen Gemeinde so gering wie möglich zu halten, entschied man sich für den effizienten Elektrofilter von Scheuch. Die Auslegung von Elektrofiltern zur Rauchgasreinigung nach Verbrennungsprozessen erfordert hohes Verfahrens-Know-how, da eine Vielzahl an Parametern zu berücksichtigen sind. Einerseits sind die direkt auf die Abscheideeffi zienz Einfluss nehmenden Rauchgasparameter und die Aschezusammensetzung, andererseits aber auch die Rahmenbedingungen des Prozesses zu beachten. Nur durch die richtige Beurteilung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Technologien bzw. deren Kombinationen, beispielsweise mit nachgeschalteten Wärmerückgewinnungssystemen, ist eine optimale kundenspezifische Lösung erzielbar. Für den 3 MW starken Heizkessel entschied man sich in Vorchdorf für das System des oberösterreichischen Spezialisten Scheuch, das mit seinen hohen Abscheidegraden und der Unempfindlichkeit gegen Lastschwankungen, Funkenflug und Überhitzung punktet.

PROJEKTBETEILIGTE

• Planung: Büro für Erneuerbare Energie

Riebenbauer • Biomassekessel: Urbas und ETA Heiztechnik • Holzgas-Anlagen, Schubboden-Trockner: VEE • Elektrofilter: Scheuch • Steuerungstechnik: Grübl

Automatisierungstechnik • Elektrotechnische Einbindung:

EAG Elektroanlagenbau GmbH • Brennstofffördertechnik: Glock Ecotech • Wärmenetz: ATG Anlagentechnik • PV-Anlage: EFIT Energie

GUTE AUSSICHTEN

Das neue Heizwerk ist nunmehr seit Anfang Juni in Betrieb. Nach den ersten Monaten ist abzusehen, dass die Holzvergaseranlagen auf einem guten Weg sind das Ziel von mindestens 8.000 Betriebsstunden pro Jahr zu erreichen bzw. zu übertreffen und die Nahwärme Vorchdorf technisch optimal ergänzen.

Fotos: Nahwärme Vorchdorf

Leistungsstarker Hydraulikzylinder für den Antrieb einer Schubboden-Sektion. Der Schubboden transportiert das Hackgut zum Querförderer, der die Kesselbeschickung vornimmt.

Baugrößen von 50 kW bis 350 kW Ein technischer Standard für alle Baugrößen Gesamtlösung von der Trocknung bis zur Ensorgung der Holzkohle Sehr hoher elektr. Wirkungsgrad Kompakte Bausweise mit geringem Platzbedarf Minimaler Wartungsaufwand durch hochwertige Komponenten Keine Kondensate und Reststoffe außer Holzkohle Garantieleistungen

Holzgastechnologie, die funktioniert.

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vee GmbH Anlagenbau | Erneuerbare Energietechnik | A - 6707 Bürserberg office@vee.energy

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