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Seelen-Nahrung

Seelen-Nahrung

«Ich bin der Weinstock, ihr seid die Rebzweige» (Johannes 15, 1-8)

Text: André Füglister, ehemaliger Synodalrat

Schwestern im Weinberg des Klosters Fahr beim Ernten der Trauben. Foto: zVg

Als Lütolf II im Jahre 1130 dem Kloster Einsiedeln Land an der Limmat für ein Frauenkloster schenkte, gehörten Rebhänge ausdrücklich dazu; in seiner Regel hatte ja schon der heilige Benedikt seinen Gefolgsleuten ein «Halbeli» (eine hemina) täglich zugestanden. Getreulich haben die Nonnen zwischen ihren Gebetsstunden unter anderem die Arbeit in den Reben geleistet; erst seit wenigen Jahren nehmen ihnen Freiwillige aus den Reihen des Vereins pro Kloster Fahr diese Mühe ab – und werden grosszügig zum Erntedank eingeladen. Eine hemina steht natürlich auch ihnen zu. Für das Publikum sind die Eigenprodukte im Klosterladen oder Hofladen erhältlich. Im Zuge der technischen Erneuerung keltern neuerdings beide Klöster ihre Trauben in Einsiedeln; im Gegenzug übernimmt der Winzer aus dem Fahr erweiterte Aufgaben als Rebmeister auch an den Halden über dem Zürichsee. Dass sich die neue Arbeitsteilung auf Anhieb bewährt hat, zeigt die Goldmedaille, welche der Pinot noir Kloster Fahr am Grand Prix du Vin Suisse erzielt hat. Wenn sich nun Laien im Rebberg dem Kloster zuwenden dürfen, so steigen beim Tun der Hände und Beine unter der Sonne die berühmten Gleichnisse Jesu aus der Erinnerung auf: «Ich bin der Weinstock, ihr seid die Rebzweige.» Der Stock ist die dauernde Verankerung und der Lebensspender für die Zweige, welche nicht selbständig leben, aber allein Frucht bringen können. Bringen wir Christen genügend Frucht? Notfalls auch in einem «verhagelten» Umfeld? Unser Trost kann darin bestehen, dass jenen, die sich erst spät zur Mithilfe im Weinberg aufraffen, immer noch der lebensnotwendige Denar pro Tag als Lohn geboten wird (Matthäus 20,2).

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