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Perspektiven

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Fronleichnamsprozession in Dietikon 1925

Text: André Füglister, ehemaliger Synodalrat

Das Bild von 1925 zeigt die Fronleichnamsprozession in Dietikon, welche 1969 zum letzten Mal durchgeführt wurde.

Im 13. Jahrhundert hatte die heilige Juliana von Lüttich eine Vision, nach der sie öffentliche Feiern des Altarssakraments forderte. Schon 1264 erhob Papst Urban die Feier zu einem Fest der Gesamtkirche. Im deutschen Sprachraum entwickelte sich rasch die Sakramentsprozession. Die Prachtentfaltung nahm zu, über der Monstranz trugen Würdenträger den ‘Baldachin’ (das Wort ist abgeleitet von ‘Bagdad’ und der feierliche Traghimmel war ein Relikt des östlichen Herrschaftszeremoniells). Musikanten begleiteten die Schritte der Betenden und dem Erlöser wurde mit Mörserdonner salutiert. Die Reformatoren lehnten diesen Pomp aufs Schärfste ab. So wurde die Fronleichnamsprozession in katholischen Stammlanden erst recht zu einem Auftritt der Selbstvergewisserung und in der Diaspora Grund für Streit. Das Limmattal blieb konfessionell gemischt. Das Foto von 1925 in Dietikon zeigt im Mittelpunkt den frommen Akt, im Hintergrund freilich distanzierte Zuschauer. Die Lokalgeschichte berichtet von üblen Rempeleien an kirchlichen Festtagen. Im benachbarten Spreitenbach war ein Stationsaltar mitten in die wogenden Getreidefelder des weiten Limmattales gesetzt; der Priester wandte die Monstranz in alle Windrichtungen und mit den Worten a grandine, fulgure et tempestatibus libera nos domine bat er den Herrn, unser künftiges Brot vor Unwetter zu bewahren. Manch einer von den andächtigen Älteren hatte die Mühsal des Ackerbaues mit Zugtieren, Pflug und Sense erfahren und die Ungewissheit des Ertrages erlebt; gewieftere Zeitgenossen überschlugen indessen in der Mitte des Jahrhunderts bereits, was für ein Geldsegen auf jedem Quadratmeter des Bauerwartungslandes ruhte. 1969 wurde die Fronleichnamsprozession in Dietikon letztmals durchgeführt, 1973 strich der Kanton Zürich die katholischen Feiertage. Im Kanton Aargau ist der Feiertag – meist ohne Prozession – geblieben. Etwa gleichzeitig mit dem vorliegenden Foto setzte Meinrad Inglin in seinem Roman Die «Die Welt in Ingoldau» der katholisch geprägten Bevölkerung von Schwyz ein hintergründiges Denkmal und schloss das Werk mit einer eindrücklichen Schilderung der Fronleichnamsfeier auf dem Hauptplatz.

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