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„ES GING IMMER UM DIE FRAGE, IST DAS WIRKLICH GUT FÜR DAS BABY.“

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WOCHE DER VIELFALT

WOCHE DER VIELFALT

SCHLECHTE MUTTER, WENN DU SIE NICHT MITNIMMST. UND DU BIST EINE SCHLECHTE FRAU, WENN DU DICH GEGEN KINDER ENTSCHEIDEST.“

JANINE BEX

Reaktionen auf die Anwesenheit des Babys bei den Sitzungen waren, stellt sich tatsächlich die Frage, was genau das Problem ist. Das Baby selbst ist im Gegensatz zu manch anderen Anwesenden bisher in keiner der Sitzungen negativ aufgefallen, sondern die Ruhe in Person, beeinträchtigt also objektiv betrachtet weder die Arbeit von Bex noch die des Gemeinderats als Ganzes und wirkt entspannt und zufrieden. Um das Wohl des Kindes oder die Arbeitsfähigkeit des Gremiums kann es also eigentlich nicht gehen –es sieht vielmehr danach aus, dass es hier im Kern um etwas Grundsätzlicheres geht: Sind Frauen in der Politik willkommen, und wenn ja, in welcher Rolle?

SEXISMUS? JEIN.

Um herauszufinden, wie die direkt Beteiligten die Situation sehen, hat 6020 allen im

Gemeinderat vertretenen Fraktionen einige Fragen zu den Themen Gleichstellung, Sexismus und Familienfreundlichkeit im Gemeinderat zur Beantwortung geschickt. Geantwortet haben Grüne, VP, FI, SPÖ, ALI und Lebenswertes Innsbruck, nicht auf die Anfrage reagiert haben FP, NEOS und Gerechtes Innsbruck. Die Liste Fritz hat reagiert, aber keine Antworten geschickt. Einig sind sich die Fraktionen, die ihre Antworten geschickt haben, darüber, dass es mehr junge Frauen – und Mütter – in der Politik braucht und dass in den Gemeinderatssitzungen nicht angemessen mit sexistischen Äußerungen und Angriffen umgegangen wird. Hier wird vor allem betont, dass es mehr Sanktionen (Ordnungsrufe, Sitzungsunterbrechungen) und eine strengere, besser sensibilisierte Vorsitzführung brauche. Auch die Anwesenheit eines Babys

Karenzlösung in Sicht?

Für im Gemeinderat tätige Politiker:innen gibt es aktuell keine Karenzlösung Während Angestellte – und inzwischen auch Politiker:innen auf Landesebene – einen Rechtsanspruch auf die Freistellung von ihrer Tätigkeit haben und in Form des Kinderbetreuungsgeldes vom Staat finanziell unterstützt werden, können sich Lokalpolitiker:innen aktuell zwar beurlauben und von Ersatzmandatar:innen vertreten lassen, verlieren aber damit sowohl ihr Entgelt als auch ihren Versicherungsschutz. Hier könnte sich allerdings noch 2023 etwas ändern: Ein Antrag für eine umfassende Karenzlösung im Gemeinderat – nicht nur im Fall einer Geburt, sondern beispielsweise auch bei einer Adoption – befindet sich aktuell zur Diskussion im Rechtsausschuss und soll noch heuer im Gemeinderat zur Abstimmung kommen.

bei Sitzungen befürwortet der Großteil der Befragten – FI positioniert sich hier nicht klar, VP beantwortet die Frage nicht. Interessanterweise divergieren die Antworten auf die Fragen, ob in Gemeinderatssitzungen schon einmal Sexismus erfahren beziehungsweise beobachtet wurde und ob der Gemeinderat ein Sexismusproblem hat: Während Grüne, SPÖ, ALI und Lebenswertes Innsbruck beide Fragen bejahen, liefert die Volkspartei zu beidem keine eindeutigen Antworten. Für Innsbruck sagt, Sexismus im Gemeinderat erlebt zu haben, Sexismusproblem gebe es aber keines.

THEORIE UND PRAXIS.

Auch wenn die Antworten teilweise stark voneinander abweichen, vor allem in der Klarheit der Formulierung, scheint beim Großteil der Politiker:innen – die teilneh­ menden Fraktionen machen 27 der 40 Mandatar:innen aus – ein Bewusstsein dafür da zu sein, dass Sexismus eine problematische Rolle im politischen Alltag spielt und der Gemeinderat eigentlich ein diverser, offener Ort sein sollte, der Menschen aus allen Lebensbereichen willkommen heißt, vor allem auch Mütter und junge Frauen.

Wie sehr diese grundsätzlich positive Haltung in der politischen Arbeit gelebt wird, ist eine andere Sache. Wer ein Bewusstsein für Probleme hat, sollte zumindest daran interessiert sein, Lösungen dafür zu finden und aktiv dagegen einzustehen, was aktuell nicht von allen Fraktionen gesagt werden kann. Bei der kommenden Gemeinderatssitzung am 15. Juni haben aber alle die nächste Chance, zu zeigen, wie ernst es ihnen damit ist, den Status quo zu ändern.

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