DAS MAGAZIN ZU FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG AUSGABE 01/2019
INTELLIGENT Wie viel unserer Intelligenz im Erbgut verankert ist.
BEDROHT
Welche Maßnahmen Windkraftwerke f ledermaussicher machen.
BEOBACHTET
Was 3D-Modelle zum Kampf gegen HIV beitragen können.
BERECHNET
Warum Turbulenzen so wichtig für die Wettervorhersage sind.
Wir forschen... fĂźr Ihre Gesundheit. www.i-med.ac.at
EDITORIAL
Inhalt 04 © STADTWERKE AUGSBURG/THOMAS HOSEMANN
WARM & BÖIG
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG 06
Krisenmanagement im Härtetest
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Macht sich Fairness bezahlt?
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Überblick über das Chaos
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Neues zum Thema Technologie & Forschung
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©SHUTTERSTOCK.COM
Stimme statt Papier
MEDIZIN 18
Wenn die Muskeln schwächeln
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Wirtshaus trotzt Unverträglichkeit
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Ein Gen, das die Intelligenz lenkt
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Jungbrunnen: Gefäße
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Neues zum Thema Medizin
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© NATURPARK KAUNERGRAT
Kampf gegen die Viren
UMWELT & NACHHALTIGKEIT „KLAR!“ gegen Klimawandel
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Fledermäuse am Radar
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Profit durch Nachhaltigkeit
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Herz für Holz
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Neues zum Thema Umwelt & Nachhaltigkeit
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„WER HAT’S ERFUNDEN?“
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Liebe Leserinnen, liebe Leser
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eugierde in unterschiedlichsten Ausprägungen ist eine fundamentale Eigenschaft, die nahezu alle Lebewesen verbindet. Von dunklen Höhlen und brennenden Ästen, an die sich unsere Vorfahren herangewagt haben, bis hin zum ersten Schritt auf den Mond oder zur Entdeckung von Penizillin – das in seiner stabilen Form übrigens in Kundl in Tirol entwickelt wurde: Neugierde war die treibende Kraft, die unsere Welt verändert hat und es bis heute tut. So befasst sich zum Beispiel Georg Dechant an der Medizinischen Universität Innsbruck mit dem zweiten Charakteristikum, das Menschen ausmacht: Intelligenz. Der Neurowissenschaftler erforscht, wie viel davon wir unserem Erbgut zu verdanken haben. Aber nicht nur der Mensch steht im Mittelpunkt. Auch in den Bereichen Technologie und Umwelt wird in Tirol geforscht. An der Universität Innsbruck entwickelt Ivana Stiperski eine Formel zur standardisierten Berechnung von Turbulenzen, um Wettervorhersagen noch präziser zu machen. Und Klaus Hochradel arbeitet an der UMIT an Möglichkeiten, Fledermäuse vor Windkraftwerken zu schützen. Denn auch Nachhaltigkeit ist ein wiederkehrendes Thema – egal ob in der Region Kaunergrat, die sich mit „KLAR!“ auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet, oder mit den Ideen von Michael Flach, der den Stiftungslehrstuhl für Holzbau an der Universität Innsbruck aufgebaut hat. Der Holzbauingenieur erklärt im Interview, warum Holz der Baustoff der Zukunft ist und wieso Innsbruck eine Vorzeige-Holzbaustadt sein könnte oder sein sollte. All diese Entwicklungen, Entdeckungen und Projekte haben zwei Dinge gemeinsam: Auch ihnen liegen Neugierde zugrunde und der Drang, die Welt zu verändern – im Großen wie im Kleinen. Und sie alle geschehen hier in Tirol. Dementsprechend wünschen wir auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine gesunde Portion Neugierde und viel Spaß dabei, auf den folgenden Seiten zu entdecken, was gerade Spannendes und Innovatives in Tirol direkt vor unserer Haustüre passiert.
Die Redaktion
Impressum Innovation in Tirol, Beilage der „Tiroler Tageszeitung“ Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: TARGET GROUP Publishing GmbH | Redaktion: Daniel Feichtner, Theresa Kirchmair, Simon Leitner, Haris Kovacevic, Katharina Wildauer, Lisa Schwarzenauer, Rebecca Müller, Andreas Marksteiner | Layout: Sebastian Platzer, Thomas Bucher, Lisa Untermarzoner, Alina Klampfer | Illustrationen: Alina Klampfer Anzeigenverkauf: Wolfgang Mayr | Anschrift für alle: Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck, T: 0512/58 60 20, E: office@target-group.at, www.target-group.at Druck: Intergraphik GmbH, Innsbruck
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INFOGRAFIK
Warm & böig Föhnwinde sind ein Markenzeichen des Inntals – aber bei Weitem nicht tirolexklusiv. Damit der warme Wind bläst, müssen bestimmte Bedingungen herrschen. Sind diese gegeben, kann es Föhn vielerorts geben – in Tirol, wie in der Antarktis. Von Daniel Feichtner
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öhn braucht zwei Dinge, um zu entstehen: ein Gebirge und einen Luftdruckunterschied zwischen seinen beiden Seiten. Luft beginnt dem Druckunterschied zu folgen und strömt vom Hoch ins Tief: Es entsteht Wind. In den meisten Fällen stammt sie aus einer hohen Luftschicht, manchmal aber auch aus einer mittleren. Dabei gilt: Mit zunehmender Höhe sinkt der Luftdruck. Die Luft ist nicht nur weniger dicht, sondern auch kühler. Deswegen kann sie weniger Feuchtigkeit speichern.
HOHE SCHICHT In etwa 2 bis 3 Kilometer Höhe ist die Luft verhältnismäßig kühl und trocken.
Mit Abkühlung der Luft sinkt ihre Fähigkeit, Wasserdampf zu speichern. Es können sich Wolken bilden. Kondensiert Wasserdampf zu Tröpfchen, wird Wärme frei: Die Luft kühlt nur etwa 0,7° Celsius pro 100 Meter ab. Ist es feucht genug, kommt es zu Niederschlägen.
MITTLERE SCHICHT Weiter unten, in rund 1 bis 2 Kilometer Höhe, nimmt die Dichte der Luft zu. Sie ist wärmer und speichert mehr Feuchtigkeit. Luft aus der mittleren Schicht muss das Gebirge überwinden. Beim Aufsteigen verliert sie Dichte und Temperatur – rund 1° Celsius pro 100 Meter.
BODENNAH Hier ist es bei Föhnlagen meist relativ windstill. Die Luft ist zu dicht und damit zu schwer, um über den Berg getragen zu werden.
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INFOGRAFIK
Alexander Gohm erforscht das Phänomen Föhn am Institut für Atmosphärenund Kryosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck. Sein Hauptaugenmerk liegt darauf, was geschieht, bevor der Föhn durchbricht. Je besser die Mechanismen verstanden werden, desto genauer ist eine Vorhersage möglich – egal ob für die Bevölkerung, Wintersportgebiete oder den Innsbrucker Flughafen, der seine Anflugszenarien auf den Föhn abstimmen muss
TALFAHRT Hat die Luft den Gipfel überwunden, sinkt sie. Der Luftdruck steigt, die Luft wird verdichtet und erwärmt sich etwa 1° Celsius pro 100 Meter.
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Auf seinem Weg abwärts hat der Föhn bereits eine Vielzahl von Hindernissen überwunden. Turbulenzen haben den geradlinigen Luftstrom in einen böigen Wind verwandelt. Im Tal angekommen, muss er dem Terrain weiter folgen und wird aufgespalten.
Wenn es bewölkt ist, nimmt die dichtere und wärmere Luft Feuchtigkeit wieder auf – die Wolken lösen sich auf. So kann die Sonne den Boden aufheizen, der die Luft zusätzlich erwärmt.
In Innsbruck weht er deswegen in Kranebitten oft nach Westen, in Mühlau, Arzl, Rum, Thaur und Absam aber nach Osten.
Am Weg ins Tal strömt der Föhn über den Boden und durch sich langsamer bewegende Luftschichten. So entsteht Reibung, die Turbulenzen erzeugt. Welchen Einfluss diese haben, erfahren Sie im Beitrag auf Seite 14.
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TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
Stimme statt Papier Die Wartung von Straßenbahnen ist erstaunlich aufwändig. Im Auftrag der Stadtwerke Augsburg hat die FH Kufstein Tirol nun die nötige Software entwickelt, um mit Hilfe von Datenbrillen jeden Arbeitsschritt lückenlos zu dokumentieren. Von Theresa Kirchmair 01
01 Die Software auf den neuen Datenbrillen wurde besonders an die Bedürfnisse des Wartungspersonals angepasst. Zwei ausgewählte Mitarbeiter trugen mit ihrem Input zur Entwicklung bei.
© STADTWERKE AUGSBURG/THOMAS HOSEMANN
Bernhard Mandl
„Schäden wurden früher oft mit dem Privathandy des Mitarbeiters abfotografiert, das Bild an den Vorgesetzten geschickt, von diesem ausgedruckt und dann archiviert.“ 6
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
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s gibt Orte, die sich für den Einsatz von Stift und Papier schlicht nicht eignen. Einer davon ist die Wartungshalle der Stadtwerke Augsburg. Staub und Flüssigkeiten bedrohen die Lesbarkeit des Papiers, die vielen mechanischen Teile wollen eigentlich beidhändig überprüft werden. Doch wohin unterdessen mit den langen Listen, auf denen jeder Schritt abzuhaken ist? „Die Wartungsschritte zu dokumentieren war bislang eine eher lästige Pflicht. Teils wurden die Listen im Nachhinein ausgefüllt, weil während des Prüfprozesses einfach keine Hand frei war“, beschreibt Bernhard Mandl. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Masterstudiengangs ERP-Systeme & Geschäftsprozessmanagement der FH Kufstein Tirol und hat für die Stadtwerke Augsburg jene Anwendung geschrieben, mit deren Hilfe die Wartungsdokumentation künftig lückenlos mit Augmented-Reality-Brillen durchgeführt werden kann. Sollte ein Fehler auftreten oder gar ein Unfall passieren, ist es nämlich entscheidend, die korrekte Wartung der Straßenbahnen nachweisen zu können. Smartes Monokel Die Modernisierung der Wartung hat den Schritt des Wischens auf Touchscreens übersprungen und ist gleich bei der Verwendung von Datenbrillen gelandet. Konkret werden sogenannte monokulare Modelle verwendet, hier das Modell Realwear HMT-1, das speziell auf den Einsatz im Industriebereich ausgelegt ist. Bei ihr ist vor einem Auge ein kleines Display platziert, auf dem die Befehle aufscheinen. Die Sprachsteuerung funktioniert auch noch bei erheblichem Umgebungslärm. „Die technische Umsetzung der nötigen Software war kein Problem. Die Herausforderung lag darin, sie so einfach, benutzerfreundlich und aussagekräftig wie möglich zu gestalten“, so Mandl. Somit musste ein Weg gefun-
Bernhard Mandl studierte Webbusiness and Technologie an der FH Kufstein Tirol und macht nun seinen Master in Smart Products and Solutions. Während und nach seinem Bachelorstudium arbeitete er bereits als Softwareentwickler für ein lokales Unternehmen, seit 2016 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter.
den werden, ohne viel Platz oder Farben eine minimalisierte Benutzeroberfläche zu schaffen, auf der alle Daten vollständig untergebracht sind. Die Bedienung folgt dann dem Prinzip von „say what you see“ – die Sprachbefehle entsprechen exakt der Beschriftung der einzelnen Felder. Lächeln bitte Im Vergleich zu vorher spart man sich dank der AR-Brillen einigen Aufwand, erklärt Mandl: „Schäden wurden früher oft mit dem Privathandy des Mitarbeiters abfotografiert, das Bild an den Vorgesetzten geschickt, von diesem ausgedruckt und dann archiviert.“ Bei jedem Wartungsvorgang fallen etwa 200 einzelne Schritte an, die im System der Software in zehn auszuwählende Abschnitte unterteilt sind. Taucht ein Problem auf, muss es mit der Brille gleich fotografiert oder gefilmt werden. Wenn dem Arbeiter direkt die Reparatur gelingt, wird erneut ein Fotonachweis verlangt. Lässt sich der Schaden nicht beheben, wird der Schritt in der Dokumentation als fehlerhaft vermerkt. Prioritäten Jede Ebene im Betrieb der Stadtwerke hatte ihre eigenen Anforderungen an das neue Programm. Während im Management der Wunsch nach Vollständigkeit – besonders bei den sicherheitsrelevanten Informationen – groß war, wollten die Praktiker an den Gleisen möglichst we7
nige, klare Anweisungen. Um sicherzustellen, dass Brille und Programm auch gut aufgenommen werden, schenkte man bei der Entwicklung den Bedürfnissen des Wartungspersonals besonders viel Aufmerksamkeit. Zu der Zusammenarbeit geführt hatte der Input eines Mitarbeiters aus dem mittleren Management. Er las von einem Projekt der FH Kufstein Tirol mit einem Haller Unternehmen, das ebenfalls Datenbrillen einband, und sah darin eine Chance für die Stadtwerke. „Die Wartung der Garnituren mit ARBrillen zu dokumentieren, ist eine recht junge Einsatzform. Meines Wissens geht kein anderes Unternehmen so vor“, beschreibt Mandl die Besonderheit des Projekts. Freie Fahrt In den ersten Tests kam die Dokumentation via Brille gut an. Die Software ist so ausgelegt, dass etwa beim Kauf neuer Garnituren mit anderen Wartungsschritten diese auch von den Stadtwerken selbst ergänzt werden können, ohne die Dienste eines Informatikers in Anspruch nehmen zu müssen. Für die FH Kufstein Tirol ist das Projekt, das von April bis September 2018 dauerte, damit abgeschlossen und dient als Technologiestudie, aus der man für künftige Anwendungsfälle lernen kann. Was ist Augmented Reality? Wie der Name bereits verrät, wird bei Augmented Reality (AR) die Realität um zusätzliche Elemente ergänzt. Wichtige ist hierbei, dass dem Nutzer keine komplett neue Umgebung gezeigt wird, wie es bei Virtual Reality (VR) der Fall wäre. Stattdessen werden vor dem Hintergrund der realen Welt weitere Informationen eingeblendet, etwa in Form von Texten oder Grafiken. AR lässt sich nicht nur mit Datenbrillen nutzen, sondern funktioniert auch über Smartphones, Tablets oder Hologramme.
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
Krisenmanagement im Härtetest Flugzeugabstürze sind selten. Aber wenn sie geschehen, muss alles schnell gehen. Das damit verbundene Krisen management ist eine enorme Aufgabe. Die Tiroler Firma General Solutions Steiner GmbH hat als Antwort darauf die Software CASE entwickelt, die nun mithilfe der FH Kufstein Tirol weiter optimiert wurde. Von Theresa Kirchmair
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© FLICKR – PEXELS, AUSTRIAN AIRLINES
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anchmal werden Programme ent- Krisennetzwerk wickelt und zur Perfektion geschlif- Im Ernstfall wird durch die Medien die Rufnummer fen, die im Idealfall nie zum Einsatz des Callcenters verbreitet, das als Anlaufstelle für kommen. In diese Kategorie fällt die die besorgten Anrufer dient. Die Mitarbeiter dort Krisenmanagementsoftware CASE. Sie dient bekommen so von Angehörigen oder Freunden Informationen zu den Passagiedazu, Flugzeugabstürze und ren und deren direktem Umihre Konsequenzen für OpWalter Steiner feld. Neben dieser gewaltigen fer und Angehörige admiMenge an persönlichen Daten nistrativ be wältigen zu können. „Das Programm gibt es „Das Programm gibt es enthält das webbasierte CASE auch das Task Management, bereits seit 2006, seit 2014 bereits seit 2006, seit mit dem die diversen Aufgawird es von allen Airlines der ben verteilt werden, sowie das Lufthansa-Gruppe eingesetzt“, 2014 wird es von allen Logbuch, in dem alle Ereigerzählt Walter Steiner, GeAirlines der Lufthansa- nisse lückenlos dokumentiert schäftsführer des Landecker werden. Die Software dient IT-Unternehmens General Gruppe eingesetzt.“ nicht nur als Datenbank. Sie Solutions. Verunglückt eine verwaltet auch die Planung Maschine, läuft ein Gutteil von Kommunikation, Organisation und Dokumen- von Anreise und Unterbringung der Angehörigen. tation über CASE ab. „Die Software unterstützt das Hinzu kommt, dass CASE als Kommunikations- und Krisenmanagement dabei, die Informationsflut, die Vernetzungsplattform für die involvierten Abteilunin solchen Situationen entsteht, zu bewältigen“, er- gen fungiert. Auf die Informationen zurückgreifen gänzt Ulrike Bruckenberger, wissenschaftliche Mit- können etwa die speziell auf Betreuungsaufgaben arbeiterin und Lektorin an der FH Kufstein Tirol. Die geschulten Special Assistance Teams (SATs) der Folgen jedes Absturzes sind eine Mammutaufgabe Lufthansa, ebenso Hilfskräfte oder der Krisenstab. für sich, menschlich wie organisatorisch. Um so vie- Alles muss möglichst schnell und fehlerfrei ablaule Fehlerquellen wie möglich zu beseitigen, ließ man fen, CASE kann die Daten filtern und so aufbereiten, nun die Kufsteiner die letzte Version der Software dass nur überprüfte und bestätigte Informationen an Angehörige oder Presse weitergegeben werden. auf ihre Nutzerfreundlichkeit („Usability“) testen.
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
Ulrike Bruckenberger schloss ihren Master in Kommunikationswissenschaften an der Universität Salzburg ab und arbeitet seit zwei Jahren an der FH Kufstein Tirol. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lektorin für die Studiengänge Web Business & Technology und Web Communication & Information Systems. Ihr Arbeits- und Forschungsfeld ist HumanComputer Interaction, ihr aktueller Forschungsfokus liegt auf Usability und User Experience Tests von interaktiven Systemen. 01
Schritt für Schritt Genau diese Mitarbeiter und der schiere Umfang von CASE machen es unabdinglich, das Programm so benutzerfreundlich wie nur möglich zu gestalten. Steiner beschreibt den Knackpunkt: „Die Lufthansa, bei der unsere Software zum Einsatz kommt, mag zum Beispiel weltweit etwa 100.000 Angestellte haben, aber im Falle eines Absturzes werden die Callcenter mit SATs besetzt, weil sämtliches Personal benötigt wird, um parallel den normalen Flugbetrieb aufrechtzuerhalten.“ Die Rolle dieser Callcenter-Mitarbeiter nahmen Studierende an der FH ein. Mit Start der Zusammenarbeit 2016 begann ein stetes Wechselspiel zwischen Landeck und Kufstein. Die Studierenden konnten die wichtigsten Anwendungsbereiche von CASE wie die Ergänzung und Zuordnung von Passagierdaten testen. Stießen sie auf Prozesse, die verwirrend oder nicht intuitiv waren, wurden diese gesammelt und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet. Das Programmierteam von General Solutions setzte diese dann um. Mit dieser verbesserten Version arbeiteten die Studierenden im darauffolgenden Test. Insgesamt fanden sechs solcher aufeinander aufbauenden Studien statt. „Mithilfe dieses iterativen Vorgehens konnten wir die Benutzerfreundlichkeit der Software CASE über den Projektzeitraum von zwei Jahren kontinuierlich steigern“, fasst Bruckenberger das Ergebnis zusammen. „Im Anschluss an das Forschungsprojekt wurde die Software CASE von der AUA einem internen Sicherheitstest unterzogen und hat sie dabei als eine der besten webbasierten Anwendungen des gesamten Konzerns abgeschnitten.“
01 Nach einem Flugzeugabsturz muss alles schnell und reibungslos ablaufen. Bei CASE laufen sämtliche Informationen zusammen.
Die Klärung von Verwandtschaftsstrukturen und Informationsverläufen ist laut Steiner besonders wichtig: „Durch das Zuordnen der Daten gelingt es uns, Trittbrettfahrer und Journalisten auszusieben, die über die Callcenter an Informationen gelangen wollen.“ Die Mitarbeiter im Callcenter haben immer den Überblick, welche Person zu welchem Zeitpunkt welche Information bekommen kann und wer mit wem in Verbindung steht.
Faktor Zeit CASE wird nicht nur direkt im Krisenfall eingesetzt, sondern auch zur Aufarbeitung der Unglücke. „In der Regel dauert es zehn bis 15 Jahre, bis der Prozess abgeschlossen ist“, so Steiner. CASE beschleunigt ihn nicht und hat dies auch gar nicht zum Ziel. Stattdessen setzt man auf Genauigkeit bei Kommunikation und Dokumentation, um Fehler zu vermeiden. Die größte Probe war bisher der Absturz einer German9
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TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
ANGEHÖRIGE CALLCENTER
HILFSKRÄFTE
REISEMANAGEMENT
CASE KRISENSTAB
geben Infos an CASE
bekommen Infos von CASE
kommunizieren durch CASE
Ulrike Bruckenberger
„Mithilfe dieses iterativen Vorgehens konnten wir die Benutzerfreundlichkeit der Software CASE über den Projektzeitraum von zwei Jahren kontinuierlich steigern.“
erstelltes Programm, theoretisch könnte jede Airline zur Lösung aus Tirol wechseln. Bei General Solutions kam man in einem Projekt für die AUA erstmals mit CASE in Kontakt. „Wir haben die Software für die Fluggesellschaft 2006 neu mit Webtechnologien entwickeln“, so Steiner. Damals wurde das Projekt mit minimalem Budget entwickelt. Derzeit wird geprüft, wie weit CASEs dritte Version von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft unterstützt werden wird. Laut Bruckenberger sind FH Kufstein Tirol und General Solutions bereits in Gesprächen für Folgeprojekte. Mit im Team der Fachhochschule war auch Studiengangsleiter Karsten Böhm, die Zusammenarbeit mit General Solutions erfolgte im engeren Sinne mit dem WEBTA – Institute for Web Technologies and Applications der FH Kufstein Tirol.
wings-Maschine in den französischen Alpen 2015. Der Lufthansa-Konzern, der kurz zuvor CASE eingeführt hatte, wickelt das Krisenmanagement und die Nachbetreuung komplett über das Programm ab. Was an kurzfristigem Verbesserungsbedarf zutage trat, wurde von General Solutions mit der Zweitversion von CASE abgedeckt. Was sich weiter an neuen Erkenntnissen ergab, veranlasste das Unternehmen dazu, die FH Kufstein Tirol zu kontaktieren. „Wir suchten 2016 einen kompetenten Partner für Usability-Tests und fanden ihn in der Hochschule“, erzählt der Firmengründer.
Walter Steiner brachte sich in den 1980ern selbst das Programmieren bei und gründete vor 30 Jahren General Solutions Steiner GmbH. Die Firma beschäftigt inzwischen zehn Mitarbeiter und ist auf Tourismus, Krisen- und Einsatzmanagement spezialisiert.
Zukunftspläne Die neue Version wird zurzeit ausgerollt. Vor ihrem Umstieg auf CASE nutzte die Lufthansa ein selbst 10
FH KUFSTEIN TIROL
UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES
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TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
Macht sich Fairness bezahlt? Was wäre, wenn Insiderhandel auf Finanzmärkten erlaubt wäre? Wie verhalten sich Insider, und welche Auswirkungen hat ihr Handeln auf Markt und Menschen? Ein Forschungsprojekt am MCI begibt sich auf die Suche nach Antworten. Von Katharina Wildauer
gemeinsame Herausforderung: dem Umgang mit asymmetrisch verteilter Information. So wissen zum Beispiel Banken nicht sicher, wie es wirklich um die Bonität ihrer Kunden bestellt ist. Ebenso wissen Aktienhändler nicht, ob ihr Gegenüber nicht besser über den Wert der Aktie Bescheid weiß als sie selber. Dieses Phänomen ist weit verbreitet und betrifft keineswegs nur Finanzmärkte: „Beim Kauf eines Gebrauchtwagens treten ebenso Unsicherheiten auf wie beim Arztbesuch: Bekomme ich wirklich die gewünschte Leistung für mein Geld?“, vergleicht Thomas Stöckl, Professor am Management Center Innsbruck. Der Finanzökonom beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Informationsasymmetrien und Insiderhandel und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft.
Thomas Stöckl leitet am MCI den englischsprachigen Bachelorstudiengang Business & Management und forscht im Bereich der experimentellen Finanzwirtschaft, sein Forschungsschwerpunkt liegt auf Insidergesetzgebung und Informationsasymmetrie auf Finanzmärkten. Der studierte Finanzökonom habilitierte an der Universität Innsbruck, bevor er 2015 ans MCI wechselte.
Wertvolle Information „Ein klassischer Insider ist beispielsweise der Vorstand eines Unternehmens, der von der geplanten Fusion mit einer zweiten Firma weiß. Basierend auf dieser Information kann er abschätzen, wie sich die Aktienkurse womöglich ändern, und die entsprechenden Transaktionen tätigen, um von seinem Wissen zu profitieren“, erklärt Stöckl den Prozess des Insiderhandels. Ein Begriff, der meist negativ behaftet ist, es aber nicht zwingend sein muss. Denn der Insiderhandel hat auch Vorteile: So wird dadurch der Informationsgehalt der Preise erhöht. Wenn diese Information nicht auf den Markt kommt, wird die Aktie zu einem zu geringen oder zu hohem Preis gehandelt:
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anken, Unternehmer und Privathaushalte sind typische Teilnehmer am Finanzmarkt. Sie versuchen, Geld rentabel anzulegen oder mit geringen Mehrkosten Geld für Investitionen zu leihen. Damit gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen, müssen alle nach denselben Regeln spielen – wer vertrauliche Informationen nutzt, widerspricht dem Grundsatz der Fairness und wird strafrechtlich wegen Insiderhandels geahndet. Das stellt die Marktteilnehmer vor eine 12
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
Thomas Stöckl
„ Das Forschungsprojekt soll zu einem besseren Verständnis der Auswirkungen von Insidergesetzgebung beitragen.“
Insidergesetzgebung Die Regulierung von Insiderhandel versucht, asymmetrische Informationslagen auf Finanzmärkten zu verringern und dadurch gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. In den USA hat die Insidergesetzgebung bereits lange Tradition: Seit der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre wird der Insiderhandel gesetzlich geregelt.
zu Insidern gemacht werden, und analysieren dann das Verhalten dieser Personen in verschiedenen Situationen“, weiß Stöckl.
Der europäische Finanzmarkt war bis in die 1980er-Jahre weitgehend unreguliert. Erst mit der Europäischen Union kam der Wunsch nach einheitlicher Regulierung der Finanzmärkte auf. In Österreich legt die Marktmissbrauchsverordnung fest, welche Information eine Insiderinformation ist.
Neue Perspektiven Bisherige Forschungsarbeiten haben bereits überraschende Ergebnisse aufgezeigt: „Nicht informierte Personen sind in Märkten ohne Insiderregulierung tatsächlich bessergestellt als in regulierten Märkten. Aufgrund der Dynamik sind die Preise zudem für alle effizienter“, erklärt der Finanzmarkt ökonom. Seit Oktober leitet Thomas Stöckl am MCI ein Forschungsprojekt, das vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank unterstützt und gemeinsam mit der Universität Graz durchgeführt wird. Insgesamt werden drei Studien angestrebt: Eine davon geht der Frage nach, welche Wechselwirkung zwei verschiedene Marktinterventionen aufeinander haben. Untersucht wird dieses Zusammenspiel anhand der Insidergesetzgebung und der Beschränkung von Leerverkäufen, also dem Handeln mit geliehenen Aktien. Eine zweite Studie thematisiert das Migrationsverhalten von Händlern, wenn Insiderhandel im einen Markt erlaubt ist, im anderen jedoch nicht. Die Forscher möchten herausfinden, ob Marktteilnehmer in diesem Szenario den Finanzmarkt wechseln. Die dritte Studie simuliert eine selbstständige Entscheidung der Personen am Finanzmarkt, ob es Insiderregulierungen geben soll oder nicht. „Das Forschungsprojekt soll verschiedene Blickwinkel einfangen und zu einem besseren Verständnis der Auswirkungen von Insidergesetzgebung beitragen. Wie beeinflusst die Regulierung das Verhalten der Finanzmarkteilnehmer?“, so Stöckl.
„Das ergibt einen Verlust für die Volkswirtschaft, weil weniger effiziente Entscheidungen getroffen werden“, führt der MCI-Professor aus. Künstliche Insider Wenn Insider zu mehr Effizienz am Finanzmarkt beitragen, warum ist dann Handeln auf diesen Märkten verboten? „Wenn Insiderhandel erlaubt ist, befürchten die Anleger, Geld verlieren zu können. In weiterer Folge würde das Vertrauen der Anleger in den Finanzmarkt sinken und der Handel womöglich zusammenbrechen“, erklärt Thomas Stöckl. In seiner Forschung untersucht der Finanzökonom, wie sich unterschiedliche Arten in der Insiderregulierung auf den Markt auswirken würden. Die Studien können aufgrund der Verbote nur schwer mit realen Finanzmarktdaten erfolgen: schließlich operieren Insider nicht offen, da ihr Handeln illegal ist. Deshalb greift Stöckl auf experimentelle Forschungsmethoden zurück. Dazu wird mittels Software ein Finanzmarkt gebaut, auf dem Testpersonen dann Aktien handeln. „Wir generieren die Asymmetrien, indem manche Teilnehmer 13
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
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Überblick über das Chaos Turbulenzen sind ein Faktor, der viele Wetterphänomene beeinflusst. Sie sind aber chaotisch kleinräumig und geländeabhängig. Das erschwert es bislang, ihre Auswirkungen in Wettermodelle einzubinden. Von Daniel Feichtner
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gal ob das Wetter umschlägt, sich Wolken bilden, Wind in Böen bläst oder er komplett einbricht: In vielen Fällen sind Turbulenzen zumindest ein Mitgrund, wenn nicht sogar der Auslöser dafür. Zugleich ist es allerdings schwer, sie in Prognosen zu berücksichtigen. „Grundsätzlich sind Turbulenzen chaotische Bewegungen in Gasen oder Flüssigkeiten, die meist im relativ kleinen Maßstab geschehen“, erklärt Ivana Stiperski. Sie erforscht das Phänomen in der bodennahen Luftschicht und seine Auswirkungen am Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften an der Universität Innsbruck. „Das Problem ist: Selbst wenn wir sie an einem Punkt messen würden, könnte die Situation einige Meter weiter völlig anders aussehen.“
Ivana Stiperski
„Ziel ist es, eine universelle Formel zu entwickeln, die Turbulenzen und ihre Auswirkungen auf das Wetter auch im komplexen Gelände vorhersagen kann.“
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Reibung und Wärme Turbulenzen können auf zwei Arten entstehen: durch Reibung und durch Sonneneinstrahlung. Treffen Luftströme auf Hindernisse – sei es der Untergrund, sei es eine zweite Luftschicht, die sich mit anderer Geschwindigkeit oder in eine andere Richtung bewegt – erzeugt das Reibung. „So entstehen Verwirbelungen an der Grenze zwischen den beiden Schichten“, erklärt Stiperski. Der geradlinige Luftstrom wird dort gestört und es kommt zu chaotischen Bewegungen. Aber es braucht nicht zwangsläufig Wind, um Turbulenzen zu erzeugen. „Es genügt auch ein Temperaturunterschied“, beschreibt die Meteorologin. „Heizt die Sonne den Boden auf, erwärmt dieser die unterste Luftschicht,
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
© IVANA STIPERSKI (2), JUAN PEDRO MELLADO
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Windsysteme, die es bislang unmöglich machen, Turbulenzen mit einem standardisierten Modell zu berechnen.
01 An sechs Stellen im Inntal messen i-Box-Stationen seit 2012 Temperatur, Feuchtigkeit und Windrichtung. 0₂ So wurden seither rund 200 Billionen Datenpunkte gesammelt. 0₃ Verwirbelungen entstehen unter anderem dann, wenn sich kalte und warme Luft vermischt.
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die dann aufzusteigen beginnt.“ Bei der Vermischung von kalter und warmer Luft entstehen Wirbel. Dieser Effekt lässt sich manchmal sogar mit freiem Auge beobachten, wenn die Temperaturdifferenz zwischen Boden und Luft groß genug ist: Dann entsteht eine sogenannte Mirage – das „Flimmern“ der Luft, das zum Beispiel im Sommer über Asphalt zu sehen ist. Kleiner Effekt, große Wirkung Und genau diese Vermischung, die bei einer Mirage sichtbar wird, ist es auch, was Turbulenzen zu einem so wichtigen Faktor in der Meteorologie macht. Wenn die chaotischen Wirbel auftreten, werden kalte, warme, feuchte und trockene Luft durchmischt. Erst das macht es möglich, dass sich größere Luftmengen erwärmen oder Feuchtigkeit aufnehmen. „Gelangt feuchte Luft in höhere Lagen, können sich Wolken bilden und so weiter“, erklärt die Meteorologin. „Sie tragen zur Ausbreitung von Pollen und Schadstoffen bei, machen Wind böig oder lassen ihn in sich zusammenbrechen.“ Flache Lösung Völlig ungelöst ist das Vorhersageproblem von Turbulenzen nicht. Bereits in den 1950ern entwickelten russische Meteorologen die sogenannte Similarity
Ivana Stiperski hat ihr Studium in ihrer Heimat Kroatien abgeschlossen und beschäftigt sich eingehend mit GebirgsMeteorologie. Unter anderem war sie für die meteorologische Vorhersage für zwei rein von Frauen durchgeführte Expeditionen auf den Cho Oyu und den Mount Everest verantwortlich. Seit 2011 forscht und arbeitet sie an der Universität Innsbruck, für die sie seit diesem Jahr im Rahmen einer Ingeborg Hochmair Professur tätig ist.
Theory, die „Ähnlichkeitstheorie“. Sie beruht darauf, dass es zwar unmöglich ist, einzelne Turbulenzen hervorzusagen, ihre statistischen Charakteristiken – also ihre Häufigkeit auf einer größeren Fläche – aber schon. „Die russischen Kollegen haben beobachtet, dass Turbulenzen unter den gleichen Bedingungen an unterschiedlichen Orten dieselben Effekte erzeugen“, erklärt Stiperski. Weiß man also, dass an Ort A unter bestimmten Bedingungen bestimmte Phänomene auftreten, kann man davon ausgehen, dass sich die Situation an Ort B gleich verhalten wird – „wenn man Faktoren wie den Höhenunterschied miteinberechnet“, erklärt die Meteorologin. „Das funktioniert aber nur für flaches Gelände“, schränkt sie ein. „Sobald das Terrain komplexer wird – wie hier im Gebirge geht diese Rechnung nicht mehr auf.“ Landschaften mit Formationen, die Luftströme lenken, bremsen oder beschleunigen, haben ihre eigenen 15
Datenflut Dabei könnte die Lösung dieses Problems eine rein mathematische sein, glaubt Stiperski: „Die Energieverteilung in Turbulenzen tritt in drei Formen auf – kugelförmig, langgezogen und flachgedrückt.“ Die Similarity Theory behandelt diese alle gleich. „Wendet man die Methode aber auf jede der drei Varianten separat an und kombiniert die Ergebnisse dann, sehen sie schon deutlich vielversprechender aus“, erklärt sie. Ihre Vermutung ist nicht ohne Fundament. Denn für ihre Forschung steht ihr mittlerweile ein gewaltiger Fundus an Daten zur Verfügung: Seit dem Jahr 2012 werden im Projekt i-Box, an dem sie selbst mitgearbeitet hat, an sechs Messpunkten im Inntal Daten gesammelt. Die Stationen erfassen Temperatur, Feuchtigkeit und Windrichtung – und weil Turbulenzen so komplex und chaotisch sind, tun sie das bis zu 20mal pro Sekunde. Mittlerweile sind so rund 200 Billionen Datenpunkte zusammengekommen. Die magische Zahl Neben dieser gewaltigen Datenmenge dienen Stiperski auch Turbulenzdaten aus vielen anderen Regionen rund um den Globus als Grundlage. Seit 2016 hat sie sich – zumindest vorerst – aus der Feldforschung zurückgezogen und arbeitet an ihrer allgemeingültigen Theorie: „Ziel ist es, eine universelle Formel zu entwickeln, die Turbulenzen und ihre Auswirkungen auf das Wetter auch im komplexen Gelände vorhersagen kann“, erklärt sie. Mit den richtigen Variablen an die entsprechenden Gegebenheiten angepasst, würde eine solche Gleichung dann dabei helfen, Wetter- und Klimaphänomene besser vorherzusagen – „egal ob in einem Tiroler Gebirgstal, in den Rocky Mountains oder an den Polkappen“.
MEDIZIN
AUSSERDEM: NEUES IN DER
TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
URSACHENFORSCHUNG Am 23. Mai 1618, vor 399 Jahren, nahm mit dem zweiten Prager Fenstersturz eines der blutigsten Kapitel der europäischen Geschichte seinen Anfang: der Dreißigjährige Krieg, der ganze Landstriche entvölkerte und Millionen von Menschenleben kostete. An der Universität Innsbruck hat Robert Rebitsch sich mit einem Team von Historikern auf die Suche nach den Ereignissen gemacht, die zu den Konfessionskriegen führten. Ihr Hauptaugenmerk lag dabei auf Böhmen, wo der Streit um den Bau von zwei evangelischen Gotteshäusern den Boden für die Konflikte ebnete.
SCHWANGERE GESUCHT
Damit, welche Veränderungen eine Schwangerschaft im Hinblick auf die ökonomischen Entscheidungssituationen mit sich bringt, beschäftigt sich eine vom Land Tirol geförderte Studie von Helena Fornwagner. Die Innsbruckerin arbeitet als Verhaltens- und Experimentalökonomin an der Universität Innsbruck. Die Studie sei „ein Beitrag zu einem besseren Verständnis und einer verbesserten Betreuung von schwangeren Frauen“, erklärt Wissenschaftslandesrat Bernhard Tilg. Für die Studie werden noch Probandinnen gesucht. Informationen dazu gibt es unter www.oekonomische-studie.at.
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TECHNOLOGIE & FORSCHUNG
Frauen sind in Wissenschaft und Forschung heute etabliert und weithin vertreten. In die Bildsprache ist die Gleichstellung aber noch nicht vorgedrungen, wie Michaela Lackner bei der grafischen Gestaltung ihres Lebenslaufs feststellen musste. Auf die Initiative der Forscherin an der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie wurden an der Medizinischen Uni Innsbruck deswegen gemeinsam mit dem Innsbrucker Grafikbüro 54 Icons entwickelt, die Frauen in Leitungspositionen und in der Forschung darstellen. Die Grafiken stehen auf der Website der Koordinationsstelle für Gleichstellung, Frauenförderung und Geschlechterforschung www.gendermed.at zur freien Nutzung zur Verfügung.
TIROLER TECHNOLOGIE IN JAPAN In Tirol sind die von Syncraft entwickelten Holzkraftwerke bereits etabliert und auch mehrere europäische Länder bauen inzwischen auf die Tiroler Technologie. Nun hat das Unternehmen, das aus einem Spin-off des MCI hervorgegangen ist, den nächsten großen Sprung geschafft: Die japanische Stadt Shingu City hat in eine Syncraft-Anlage investiert, mit der 3.900 Haushalte mit aus Holzhackgut gewonnenem Strom und Wärme versorgt werden sollen. Dabei erreichen die Syncraft-Kraftwerke einen Brennstoffnutzungsgrad von bis zu 92 Prozent und arbeiten emissionsfrei.
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© JULIA SOLERTI, BÜRO54
WEIBLICHE WISSENSCHAFTSIKONEN
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© D. WILFLINGSEDER (2), D. WILFLINGSEDER/K. PFALLER
MEDIZIN
01 Dreidimensionale Schleimhaut, die mit HIV-neutralisierenden Antikörpern (gelb) und HIV (pink) infiziert wurde. 02 Nicht infiziertes 3D-Gewebe mit Wimperzellen (grün) und Becherzellen (orange); die Zellkerne sind blau. 03 Mit HIV (pink) infizierte Zelle des menschlichen Immunsystems.
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Kampf gegen die Viren Mithilfe eines humanen Schleimhautmodelles und leuchtenden Zellkulturen leisten die Innsbrucker Forscher Doris Wilflingseder und Wilfried Posch Pionierarbeit im Bereich der HIV-Forschung. Von Lisa Schwarzenauer
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eit Jahrzehnten wird daran gearbeitet, wirksame Medikamente gegen HIV zu entwickeln. Trotzdem ist es bisher nicht gelungen, HIV zu heilen oder wirksame vorbeugende Impfstoffe gegen das Virus zu entwickeln. Ein Pilotprojekt von Doris Wilflingseder von der Medizinischen Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit Tom Hope von der Northwestern University in Chicago könnte hier den Weg für einen entscheidenden Fortschritt ebnen.
Doris Wilflingseder arbeitet an der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität. 2017 hat sie den „MUI animalFree research cluster“ initiiert, um in Innsbruck die bereits bestehende Expertise im Bereich tierversuchsfreier Forschung zu bündeln und weiter auszubauen.
Forschungsziele „Wir wollen im Prinzip herausfinden, wie das HIVirus an den menschlichen Schleimhautbarrieren mit den jeweiligen Zellen wechselwirkt und welche neuen Methoden man testen kann, um den Eintritt des Virus zu verhindern“, beschreibt Wilflingseder ihre Arbeit. Dafür wird das Verhalten von HIV-neutralisierenden Antikörpern in einem dreidimensionalen menschlichen Modell untersucht, das an der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikro18
MEDIZIN
Das Virus HIV (Human Immunodeficiency Virus) ist ein über Körperflüssigkeiten übertragenes Virus, das zu einer bisher unheilbaren Erkrankung des Immunsystems führt. Die Infektion kann durch Kontakt mit den Schleimhäuten oder offenen Wunden sowie durch Injektion erfolgen. Wilfried Posch ist studierter Molekularbiologe und seit 2010 Teil der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität.
bieten sie schon jetzt in vielen Bereichen nicht nur aufgrund der geringeren Kosten und der ethischen Komponente eine gute Alternative zu Tierversuchen: „Es liegt auf der Hand, hier mit humanen 3DModellen zu arbeiten, weil sie einfach nahe an der Realität sind“, betont die Immunologin, die sich seit Beginn ihrer Karriere für eine Reduktion von Tierversuchen einsetzt. Gute Zellkulturmodelle würden es ermöglichen, effektiver zu forschen und neue Behandlungsmethoden zu entwickeln – und zwar für alle möglichen Krankheitserreger, da die Modelle adaptierbar sind. Das von Wilflingseder und Posch verwendete Modell kann zum Beispiel noch um eine Immunkom-
biologie der Medizinischen Universität entwickelt wurde. Noch besteht das Modell aus Zellen des Atmungstraktes. Wilflingseder und Wilfried Posch, der auch an der Medizinischen Universität arbeitet und forscht, arbeiten aber bereits an für die HIVInfektion relevanteren Modellen. Die leuchtenden Antikörper liefert der Imaging-Experte Tom Hope, den Wilflingseder vor Jahren auf einem HIV-Kongress kennen gelernt hat. Die einjährige Pilotstudie wird vollständig durch Fördermittel der National Institutes of Health (NIH) finanziert und soll vorerst nur zeigen, wie gut und realistisch das Modell und die verwendeten Werkzeuge sind. Falls das gelingt, soll bereits im Herbst ein Folgeprojekt mit einer konkreteren Zielsetzung gestartet werden. „Das Ziel des Pilotprojektes ist es, die Interaktion der Antikörper in unserem Modell genau zu definieren. Dadurch bekommt man neue Erkenntnisse darüber, wie das Virus die menschlichen Schutzbarrieren überwindet und an Schleimhautgeweben aufgenommen wird“, erläutert Wilflingseder. Mit diesem und zukünftigen Schleimhautmodellen könne man dann auch untersuchen, wie verschiedene Therapien und Medikamente wirken.
Doris Wilflingseder
„Es liegt auf der Hand mit humanen 3D-Modellen zu arbeiten, weil sie einfach nahe an der Realität sind.“ ponente erweitert werden, erklärt Posch: „Die Idee ist, dass man noch Immunzellen, die man auch in der Schleimhaut findet, integriert. Wir haben zwar schon ein schönes Modell, mit dem man viele Experimente sehr gut durchführen kann, aber man kann zum Beispiel noch nicht untersuchen, welche Immunzellen sich tatsächlich die neutralisierten Viren vornehmen. Das wäre auch eine Idee für Nachfolgeprojekte.“
Alternative zu Tierversuchen Dreidimensionale humane Zellkulturenmodelle eignen sich natürlich nicht nur für die HIVForschung: Da man mit ihnen das Verhalten von menschlichen Zellen sehr exakt simulieren kann, 19
MEDIZIN
Wenn die Muskeln schwächeln Mit dem Alter baut der Mensch zunehmend an Muskelkraft ab. Wissenschaftler vermuten, dass der Grund dafür nicht nur in den Muskelzellen selbst, sondern im dazwischen liegenden Bindegewebe zu finden ist. Ein Forschungsprojekt an der Tiroler Privatuniversität UMIT soll weitere Erkenntnisse dazu liefern. Von Simon Leitner
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eder Mensch altert. Wie rasch dieser Prozess letztendlich vonstatten geht, mag sich zwar bis zu einem gewissen Grad von Person zu Person unterscheiden, Tatsache ist jedoch, dass niemand vor dem langfristigen Verlust körperlicher und geistiger Fähigkeiten gefeit ist. Mitunter am deutlichsten ersichtlich wird diese Entwicklung am Abbau der Muskelmasse, der etwa ab dem 30. Lebensjahr beginnt und in fortschreitendem Alter massiv an Geschwindigkeit zunimmt. Interessanterweise steht der Rückgang der Muskelkraft dabei in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Muskelschwund. Denn die Abnahme an Kraft ist wesentlich stärker ausgeprägt, als die Reduktion an Masse nahelegen würde. „Die Qualität der Skelettmuskeln lässt im Alter stetig nach“, erklärt Robert Csapo, Sportwissenschaftler an der UMIT Hall, der sich auf die Erforschung von Muskeln und Sehnen spezialisiert hat. „Mit jedem zusätzlichen Lebensjahr können wir immer weniger Kraft aus der verbliebenen Muskelmasse generieren.“ Eine unmittelbare Folge davon: Menschen höheren Alters sind oft nur noch eingeschränkt mobil und damit auch anfälliger für Verletzungen wie Oberschenkelfrakturen. Letzten Endes geht das nicht selten mit
Robert Csapo ist Sportwissenschaftler und assoziierter Professor in der Research Unit für Sportmedizin des Bewegungsapparats und Verletzungsprävention an der Universität UMIT in Hall. Seine Forschungsschwerpunkte sind Muskeln und Sehnen im weitesten Sinn, besonders interessieren ihn jedoch die Physiologie und Biomechanik dieser Gewebe.
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MEDIZIN
Muskel ist nicht gleich Muskel Die Muskeln eines Menschen machen zusammengenommen rund 30 bis 40 Prozent der gesamten Körpermasse aus. Dabei unterscheidet man grundsätzlich drei verschiedene Typen.
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01 Skelettmuskulatur: Als einzige Muskelart,
die unserer Kontrolle unterliegt, dient die Skelettmuskulatur, auch quergestreifte Muskulatur genannt, in erster Linie der (Fort-)Bewegung. Zungen- und Kehlkopfmuskeln werden aber ebenso dazugezählt.
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02 Herzmuskulatur: Wie der Name bereits
verrät, ist dieser Muskeltyp ausschließlich im Herzen zu finden. Spezialisierte Muskelzellen fungieren dabei als eigenes Erregungsbildungssystem, womit das Herz seine Grundsteuerung selbst übernimmt.
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03 Glatte Muskulatur: Diese Muskelart kommt
unter anderem in Blutgefäßen oder auch in Organen wie dem Darm vor. Sie übernimmt vielfältige Aufgaben (Verdauung, Stoffwechsel), lässt sich allerdings, wie die Herzmuskulatur, nicht bewusst steuern.
einer Verminderung oder gar dem Verlust der Selbstständigkeit einher.
unseren Muskel- und vor allem auch mit den Stammzellen, die wir im Muskel haben“, erläutert Csapo. „Sie bestimmt Robert Csapo, Zwischen den Zellen schlussendlich, was mit Sportwissenschaftler an der Tiroler Csapo vermutet, dass eine diesen Stammzellen pasPrivatuniversität UMIT Hall mögliche Ursache dieses sieren soll – ob sie etwa rapiden Rückgangs der im Ruhemodus bleiben Muskelkraft nicht aus„Die Qualität der Skelett- oder sich ausdifferenzieschließlich in den Musalso zu neuen Muskelmuskeln lässt im Alter ste- ren, kelzellen selbst, sondern oder Bindegewebszellen auch in deren Umfeld zu tig nach. Mit jedem zusätz- entwickeln.“ Damit spielt finden ist – und zwar in lichen Lebensjahr können die EZM eine entscheider sogenannten extradende Rolle, wenn es dawir weniger Kraft aus zellulären Matrix (EZM). rum geht, die ReparaturDiese besteht zu einem der verbliebenen Muskel- und Erneuerungsfähigkeit großen Teil aus intramusder Zellen innerhalb von masse generieren.“ kulärem Bindegewebe und Muskeln zu regulieren – umfasst all jene Bestandund in weiterer Folge auch teile des Skelettmuskels, die eben keine eigentdabei, Muskelzellen im Alter zu erhalten bzw. lichen Muskelzellen sind. Sie befindet sich im zu generieren. Interzellularraum, also zwischen den Zellen, Csapo zufolge ist diese Einsicht relativ neu. und schließt diese gewissermaßen ein. Dementsprechend habe sich der Großteil der Lange Zeit ging man davon aus, dass die bisherigen Arbeiten zu altersbedingtem MusEZM lediglich untätiges Gewebe ist, inzwikelschwund und dessen funktionellen Auswirschen wurde jedoch festgestellt, dass sie auch kungen fast ausschließlich auf die Muskelzellen eine wesentliche Funktion in Bezug auf die selbst konzentriert. „Damit wurde allerdings Muskulatur erfüllt. „Die extrazelluläre Matrix außer Acht gelassen, dass diese nur im Verbund kommuniziert auf biochemischem Weg mit mit den Geweben, in die sie eingebettet sind,
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Wie funktioniert die Skelettmuskulatur? Muskeln ziehen sich aufgrund eines Nervenreizes zusammen und generieren durch diese Verkürzung Kraft. Die Energie dieses Kontraktion genannten Vorgangs wird schließlich über die Sehnen, die die Muskeln und Knochen verbinden, weiter an das Skelett übertragen, wodurch Bewegung entsteht. Bei der Anspannung des Bizeps wird der Arm beispielsweise gebeugt, zieht sich hingegen der Trizeps zusammen, wird der Arm wieder gestreckt.
richtig funktionieren können“, berichtet der Experte. Mittlerweile setzen sich jedoch immer mehr Forschungsgruppen mit dem intramuskulären Bindegewebe und dessen Bedeutung für die Muskelfunktion auseinander.
ramuskulären Bindegewebe zu provozieren, in ein längerfristiges Trainingsprogramm eingebettet. Dieses wird schließlich zwölf Wochen lang an je 28 Frauen und Männer getestet. Danach untersuchen die Wissenschaftler, wie sich das Bindegewebe der Probanden in dieser Zeit verändert und welche Auswirkungen dies auf die Muskelfunktion hat.
Das richtige Training Eine vom Österreichischen Fonds für Wissenschaft und Forschung geförderte Studie des Instituts für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG) an der Universität UMIT Hall soll nun ebenfalls Aufschluss über den genauen Zusammenhang zwischen dem Qualitätsverlust der Muskelkraft und der extrazellulären Matrix liefern. Ziel ist es, auf Basis der dabei gewonnenen Erkenntnisse ein maßgeschneidertes Trainingsprogramm zu entwickeln, das den altersbedingten Verlust der Muskelkraft so lange wie möglich hinauszögert bzw. beschränkt. Das Projekt ist in zwei Phasen gegliedert. In einem ersten Schritt soll ermittelt werden, welche Trainingsreize am ehesten dazu geeignet sind, die Strukturen des intramuskulären Bindegewebes zu erneuern, also einen sogenannten Zellaustausch anzuregen. Zu diesem Zweck werden vier verschiedene Trainingsformen – von konventionellem und spezifischem Kraft- bis hin zu Sprungtraining – miteinander verglichen. Dazu wird den Testpersonen nach jeder Einheit eine Probe aus der belasteten Oberschenkelmuskulatur entnommen und analysiert. Im zweiten Projektabschnitt wird der in Phase eins ermittelte Trainingsreiz mit dem größten Potenzial, eine Zellerneuerung im int-
Von ganz klein bis ganz groß Die Methoden, die dabei eingesetzt werden, sind breit gefächert und erstrecken sich von Messungen auf mikroskopischer Ebene, auf der Gene und Proteine buchstäblich unter die Lupe genommen werden, bis hin zu makroskopischen Untersuchungen mittels bildgebender Verfahren wie Ultraschall und MRT. „Dadurch können wir im Zuge des Projekts einen umfassenden Blick auf das intramuskuläre Bindegewebe werfen, von ganz klein bis ganz groß“, meint Csapo. Im Idealfall soll der altersbedingte Verlust der Muskelkraft durch solche und ähnliche Projekte schon bald verhindert oder zumindest bis zu einem gewissen Grad aufgehalten werden – damit Menschen künftig auch im Alter noch mobil genug sind, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Teilnehmer gesucht Für die Studie werden im Übrigen weiterhin Probanden gesucht. Gesunde Männer im Alter zwischen 62 und 73 Jahren, die Interesse an einer Teilnahme haben, können sich an Matthias Gumpenberger von der Universität UMIT Hall (matthias.gumpenberger@umit.at, Tel. 0664/1849767) wenden.
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Wirtshaus trotzt Unverträglichkeit Die Zahl der Menschen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen steigt stetig an. Diese stellen auch heimische Gastronomiebetriebe zunehmend vor Herausforderungen. Ein Pilotprojekt, an dem unter anderem die fh gesundheit in Innsbruck beteiligt ist, soll sie dabei unterstützen. Von Andreas Marksteiner
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er in ein Tiroler Wirtshaus essen geht, einer komplett glutenfreien Ernährung. Während erwartet traditionelle Hausmannskost. sich die beiden Entwürfe mit diversen IntoleranUnd genau das erhält man auch für ge- zen beschäftigen, bietet das dritte Konzept lediglich wöhnlich. Gekocht und gegessen wird eine gesündere Alternative zum herkömmlich in genauso deftig wie eben der Gastronomie erhältimmer schon hier in Tilichen Essen. Bereits vor Carina Wahler rol. Was sich im GegenProjektbeginn im Herbst satz dazu aber sehr wohl 2018 habe sich gezeigt, „Immer mehr Gäste geändert hat, sind unsere dass der Bedarf jedenfalls Ernährungsweisen und gegeben ist, meint Diätoerkundigen sich nach -bedürfnisse. Etwa ein login Carina Wahler, die speziellen Kostformen.“ Drittel aller Österreiseitens der fh gesundheit cher und Deutschen refür das Projekt mitveragiert sensibel auf Frucht- oder Milchzucker. Auch antwortlich ist. In einer Umfrage haben die Betrieder Bedarf an einer glutenfreien Ernährung steigt. be der TWHK mitgeteilt, dass sie regelmäßig mit Ein Besuch in einem Gast- oder Wirtshaus kann besonderen Ernährungsbedürfnissen konfrontiert für betroffene Menschen zu einem Spießrutenlauf sind. „Immer mehr Gäste erkundigen sich nach werden. Das zu ändern versucht das von der Tiro- speziellen Kostformen“, so Wahler. ler Landesregierung geförderte Leuchtturmprojekt Zwei der drei Entwürfe sind mittlerweile be„Tiroler Esstisch“, an dem die fhg – Zentrum für reits komplett ausgearbeitet. Nur der Ansatz, der Gesundheitsberufe Tirol GmbH (kurz: fh gesund- eine gesunde Option bieten soll und unter dem Arheit), die FH Kufstein, der Cluster Wellness Tirol der Standortagentur Tirol und Gastronomiebetriebe unter der Leitung von Peter Weigand, Geschäftsführer der Tiroler Wirtshauskultur (TWHK), mitarbeiten. Carina Wahler ist seit 2018 im Studiengang Diaetologie als Projektmitarbeiterin für das Projekt esstisch.tirol tätig. Darüber hinaus arbeitet sie als selbstständige, freiberufliche Diätologin in Wattens.
Drei Alternativen geboten Im Zuge dieses Pilotprojekts werden an der fh gesundheit derzeit Konzepte zu drei verschiedenen Kostformen ausgearbeitet. In einem der Konzepte werden Fruktose und Laktose, also Frucht- und Milchzucker, so weit wie möglich reduziert. Die zweite erarbeitete Kostform beschäftigt sich mit 24
MEDIZIN
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Judith Erler ist seit 2014 zuständig für Lehre und Forschung im BachelorStudiengang Diaetologie. Zusätzlich ist sie als Diätologin in Freiberuflichkeit tätig.
01 Wer unter einer Unverträglichkeit gegenüber gewissen Lebensmitteln leidet, ist in seiner Nahrungsaufnahme mitunter stark eingeschränkt. Milchprodukte, gewöhnlicher Haushaltszucker und sogar vermeintlich gesundes Obst können zu Problemen führen.
beitstitel „leicht und bekömmlich“ läuft, ist noch nicht gänzlich fertiggestellt. „Bis etwa Mitte April sollten dann alle drei Konzepte stehen“, erklärt Judith Erler, zuständig für Lehre und Forschung im Bachelor-Studiengang Diaetologie an der fh gesundheit. Damit wäre dann die „Vorbereitungsphase“ abgeschlossen. Insgesamt dauert das Projekt noch bis September 2020.
Online-Schulungen Zwar werden auch Präsenztermine für die Schulungen angeboten, an denen alle Interessierten persönlich teilnehmen können, gleichzeitig wird aber auch mitgefilmt. Die Einheiten werden sowohl direkt als Livestream als auch im Nachhinein als Video-on-Demand auf der Lernplattform moodle abrufbar sein. All das wird von der FH Kufstein organisiert und zur Verfügung gestellt. „Gerade in der Gastronomie gibt es einen häufigen Wechsel an Personal“, erläutert Erler. So könne, wenn ein bereits geschulter Mitarbeiter verloren geht, sein Nachfolger online und ortsungebunden nachgeschult werden. Die FH Kufstein arbeitet zudem an einer digitalen Landkarte, auf der sämtliche teilnehmenden Betriebe eingezeichnet sind. Die Karte wird für jeden, also auch für die künftigen Gäste, auf der projekteigenen Website einzusehen sein, sobald diese fertig eingerichtet ist (voraussichtlich Ende Mai). Über diese Vernetzung der Bereiche Diätologie, Technik und Informatik sollen die Gastronomiebetriebe der TWHK die Möglichkeit erhalten, nicht nur ihr Speisenangebot entsprechend den Bedürfnissen einer neuen Gästeschicht auszurichten, sondern all das auch auf digitalem Wege sichtbar zu machen und damit neue Kunden zu gewinnen.
Kommunikation verbessern Im nächsten Schritt werden ab Mai die Schulungen für die Mitarbeiter der beteiligten Gastronomiebetriebe vorbereitet. Einerseits wird es im Herbst dieses Jahres theoretische Impulse geben, andererseits aber auch eine praktische Einheit, wo mit einem Diätkoch gemeinsam vorgekocht werden wird. „Im stressigen Küchenalltag in der Gastronomie ist es natürlich schwierig, alles auch richtig umzusetzen“, befindet Erler. „Darum wird geschaut, dass die Mitarbeiter möglichst gut vorbereitet werden.“ Es sollen aber nicht nur Köche, sondern auch Service- und Rezeptionsmitarbeiter bei den Schulungen dabei sein, um die Kommunikation mit Gästen und Kunden zu verbessern. Oft würde es nämlich auch daran scheitern, dass die Bedürfnisse und Wünsche nicht ordentlich weitergeleitet werden und so gar nie in der Küche ankommen. 25
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MEDIZIN
fh fhgesundheit gesundheit wir wirbilden bildendie diezukunft zukunft Die BachelorDiefhfhgesundheit gesundheitbietet bietetIhnen IhnenFHFHBachelorStudiengänge Studiengängesowie sowieWeiterbildungsWeiterbildungsund isierungs möglichkeiten undSpezial Spezial isierungs möglichkeitenfür für Gesundheitsberufe national Gesundheitsberufemit mitinter inter nationalaneranerkannten kanntenakademischen akademischenAbschlüssen. Abschlüssen.
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PP PMaster-Programme PMaster-Programme
■■Advanced AdvancedPractice PracticeMidwifery Midwifery ■■Biomedical BiomedicalSciences Sciences ■■Ernährungskommunikation Ernährungskommunikation ■■Klinische KlinischeDiaetologie Diaetologie ■■Osteopathie Osteopathie ■■Pädagogik PädagogikininGesundheitsberufen Gesundheitsberufen ■■QualitätsQualitäts-und undProzessmanagement Prozessmanagement im imGesundheitswesen Gesundheitswesen ■■Suizidologie Suizidologie rtr2 ■■Suchtarbeit t 0210919 Suchtarbeit Sta Sta
PP PAkademische Lehrgänge PAkademischeLehrgänge
■■Anästhesiepflege Anästhesiepflege ■■Intensivpflege Intensivpflege ■■KinderKinder-und undJugendlichenpflege Jugendlichenpflege ■■Kinderintensivpflege Kinderintensivpflege ■■OP-Pflege OP-Pflege ■■Psychiatrische PsychiatrischeGesundheitsGesundheitsund undKrankenpflege Krankenpflege
Genaue Richtlinien Um eine gute Vorbereitung und die bestmögliche Umsetzung zu garantieren, handelt es sich bei den erstellten Entwürfen auch nicht um irgendwelche vagen Konzepte mit allgemein gehaltenen Vorgaben. Es wurden genaue Richtlinien für die beteiligten Betriebe ausformuliert. Zudem finden sich darin auch optimierte Rezepte. „Es steht in den Leitlinien genau drin, welche Alternativen die Betriebe haben“, erklärt Carina Wahler. Sodass das Küchenpersonal immer genau wisse, „wenn sie eine Carina Wahler gewisse Zutat nicht verwenden können, wodurch sie diese er„ Ohne Fruchtzucker zu kochen, setzen können“. stellt eine große Herausforde In dieser Hinrung für die Betriebe dar.“ sicht wäre eine rein laktosefreie Kostform „relativ einfach umzusetzen“. Die Schwierigkeit bezüglich des ersten der drei Konzepte läge im Verzicht auf Fruktose. „Ohne Fruchtzucker zu kochen, stellt eine große Herausforderung für die Betriebe dar. Es darf keinerlei Obst verwendet werden und auch kein gewöhnlicher Haushaltszucker. Dieser besteht ebenfalls zur Hälfte aus Fruktose“, so Wahler weiter. Der Gesundheit etwas Gutes tun Was das Kochen ohne Gluten betrifft, sagt Judith Erler: „Es gibt bereits einige Gastronomieunternehmen, die glutenfreie Kost anbieten, aber mit der Realisierung oft noch Schwierigkeiten haben. Menschen, die unter einer Zöliakie leiden, sollen sich aber wirklich sicher sein können, dass das auch tatsächlich umgesetzt wird.“ Vor allem, weil bei solchen Intoleranzen auch mit kleinen Mengen bereits viel angerichtet werden könne. Unabhängig davon steht beim dritten und letzten Entwurf das Wohlbefinden im Vordergrund. Für Leute, die ihrer Gesundheit etwas Gutes tun wollen. Dabei soll unter anderem der Gebrauch von Fett, Zucker und Salz möglichst reduziert werden, ohne jedoch gänzlich darauf zu verzichten. Zudem stehen nährstoffschonende Zubereitungsmethoden wie Dünsten und Dämpfen im Fokus. Carina Wahler: „Auch im Gasthaus kann ich meine Gesundheit fördern.“
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Ein Gen, das die Intelligenz lenkt Ein Team um den Innsbrucker Neurowissenschaftler Georg Dechant hat herausgefunden, dass ein Gen in unserer DNA eng mit unserer Intelligenz zusammenhängt. Die Ergebnisse ihrer Forschung könnten zum Paradigmenwechsel bei der Behandlung vieler psychischer Krankheiten führen.
© SHUTTERSTOCK.COM
Von Haris Kovacevic
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ie Eigenschaften eines Menschen sind zum großen Teil in seinem Erbgut verankert, so der aktuelle Stand der Genforschung. Ob ein Mensch groß, kurzsichtig oder blond ist, kann also mit einer hohen Wahrscheinlichkeit aus seiner Erbstruktur abgelesen werden. Ein Forschungsteam aus Innsbruck hat jetzt herausgefunden, dass es sich mit der Intelligenz identisch verhält und nicht nur das: Die Ergebnisse der Innsbrucker könnten zu einem Paradigmenwechsel in der Behandlung von Schizophrenie, Alzheimer oder Demenz führen. Ein Protein als Dirigent Georg Dechant ist Forscher und Professor an der Medizinischen Universität Innsbruck und Direktor der Gemeinsamen Einrichtung für Neurowissenschaften. Zusammen mit Galina Apostolova und Isabella Cera erforschte Dechant das Protein SATB2, welches die Wirkung der Gene steuert. „Genauer gesagt, bestimmt es die dreidimensionale Auffaltung der DNA im Zellkern. Das Protein regelt also, wie sich der DNA-Strang formiert, was von immenser Bedeutung für seine Wirkungsweise ist. Tritt SATB2 in der richtigen Variante auf, hat man eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit, intelligent zu sein“, erklärt der Professor. Dechant und sein Team entfernten im Rahmen ihrer Forschung das Protein SATB2 von der DNA einer Maus. Diese verlor daraufhin ihr Langzeitgedächtnis. In einem zweiten Schritt wurde ihr das Protein wieder zugeführt, woraufhin sie das Gedächtnis wiedererlangte. „Die Ergebnisse waren sehr präzise und wir dürfen zuversichtlich sein“, meint Dechant. Das Protein regelt auch viele weitere kognitive Fähigkeiten des Gehirns, kann bei Störungen zu psychischen Krankheiten, beim Auftreten in der richtigen Variante zu hoher Intelligenz führen. Was heißt hier gescheit? Intelligenz ist schwer zu definieren. „Möchte man beispielsweise herausfinden, welches Gen oder Protein in der DNA mit der Körpergröße im Zusammenhang steht, ist dies leicht messbar“, meint der Neurowissenschaftler. Beim Thema Intelligenz ist dies viel komplizierter, und das Forscherteam verlässt sich hier auf Ergebnisse der standardisierten IQ-Tests. „Diese gibt es seit 100 Jahren und die
Georg Dechant studierte Biologie und Biochemie an der Universität München. Nach seiner Promotion 1991 am MaxPlanck-Institut für Psychiatrie arbeitete er bis 2002 am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried. Sein Forschungsschwerpunkt ist die molekulare und zellulare Neurobiologie. 2002 übernahm Dr. Dechant den Lehrstuhl für Neurowissenschaften an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Skepsis ist uns bekannt und durchaus berechtigt“, sagt Dechant: „Bei genauer Durchführung liefern sie aber zuverlässige Daten über rationale kognitive Fähigkeiten der Menschen.“ Die „richtigen“ Gene zu haben, bedeutet aber noch lange nicht, dass man intelligent ist: „Zwillingsforschungen haben ergeben, dass die Genetik etwa zu 50 Prozent Einfluss auf unsere Intelligenz hat“, erläutert Dechant: „Den Rest bestimmen unser Umfeld, unsere Er- Georg Dechant ziehung und viele andere Faktoren.“ „Zwillingsforschungen haben
ergeben, dass die Genetik Verstehen, um zu heilen etwa zu 50 Prozent Einfluss Welche Auswirauf unsere Intelligenz hat.“ kungen die Studie in Zukunft haben wird, ist noch nicht abzusehen. Zurzeit wird noch Grundlagenforschung betrieben, und die nächsten Schritte werden geplant. Eine pränatale Manipulation des Erbguts erscheint dem Innsbrucker Forscher aber sowohl medizinisch als auch ethisch undurchführbar: „Die besagten Proteine und Gene machen uns schließlich nicht nur intelligent, sondern erfüllen
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© GEORG DECHANT
02 Längsschnitt des Gehirns einer Maus: Das Protein SATB2 ist gelb angefärbt – das Protein kann man entfernen und sehen, wie die Maus darauf reagiert.
auch viele andere Aufgaben. Ein Eingriff würde ein unüberschaubares Spektrum an Nebenwirkungen hervorrufen. Außerdem ist Intelligenz etwas sehr kompliziertes, das nicht bloß von einem Gen, sondern in Summe von sehr vielen reguliert wird“, erläutert er. Zukünftig werde man diskutieren müssen, in welchen Fällen man bei gefährlichen Mutationen in das Erbgut eines Menschen eingreifen darf. „Die Diskussion ist auf jeden Fall notwendig, doch ist die Medizin noch lange nicht so weit, dass man dies ethisch bedenkenlos durchführen dürfe.“
Diskussionen für die Zukunft Viele neurologische und psychiatrische Erkrankungen können derzeit nur unzureichend behandelt werden. „Dazu zählen etwa Autismus, Angsterkrankungen, Schizophrenie oder Demenz“, erklärt der Neurowissenschaftler: „Wir wissen zwar immer noch nicht genug, um diese Krankheiten zu heilen, aber wir beginnen unter anderem im Rahmen unserer Forschung zu verstehen, dass ihnen immer wieder ähnliche molekulare Mechanismen zugrunde liegen“, erklärt der Professor: „Eine Beeinflussung dieses Prozesses durch den Zugriff auf die Proteine im Zellkern könnte in Zukunft einige psychische Krankheiten besser behandelbar machen“, ist Dechant zuversichtlich: „Zumindest hoffen wir, dass sich die Pharmaindustrie durch unsere Ergebnisse ermutigt sieht, wieder mehr in neurowissenschaftliche Forschung zu investieren.“
Paradigmenwechsel Das Forscherteam möchte aber die Mechanismen verstehen, mit denen das Gehirn arbeitet, damit neurologische und psychiatrische Krankheiten besser behandelbar werden. „Menschen sind stolz auf ihre kognitiven Leistungen. Erkrankungen auf diesem Feld treffen sie sehr und wirken sich auch auf die Psyche und die körperliche Gesundheit aus“, so Dechant. Nach den Forschungen in Innsbruck lässt sich vermuten, dass manche Erkrankungen auch mit dem Protein SATB2 im Zusammenhang stehen. Neurowissenschaftliche Untersuchungen haben sich bisher prinzipiell auf die Arbeit der Synapsen konzentriert, also die neuronalen Knoten, die die Vernetzung unseres Gehirns bilden. Das Innsbrucker Forscherteam geht einen anderen Weg: „Das von uns erforschte Protein befindet sich im Zellkern, betreut sozusagen die Synapsen und unterstützt ihre Funktion wie ein Hausmeister. Nun fragen wir uns, ob eine Beeinflussung des Proteins die Arbeit der Synapsen verbessern und anhaltender machen kann.“
Georg Dechant
„ Eine Beeinflussung dieses Prozesses durch den Zugriff auf die Proteine im Zellkern, könnte in Zukunft einige psychische Krankheiten besser behandelbar machen.“ 30
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flexwork bei BE-terna © THOMAS STEINLECHNER (2)
BE-terna treibt die Digitalisierung nicht nur für ihre Kunden voran, sondern setzt auch intern auf neuste Technologien und damit auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes.
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it dem innovativen Arbeitskonzept flexwork stellt sich BE-terna den Herausforderungen einer im Wandel befindenden Arbeitswelt und rückt die Mitarbeiter in den Mittelpunkt. An welchem Ort und wann gearbeitet wird, steht den Mitarbeitern von BE-terna seit 2019 frei. Dies ermöglicht eine optimale Anpassung der Arbeitsweise an die individuellen Bedürfnisse und Lebensbedingungen wie Familie, Hobbys, Termine etc. Ich bin morgen „flexen“ Das Aufgabengebiet im Projekt- und Beratungsgeschäft ist vielseitig, abwechslungsreich und gibt tiefe Einblicke in die Geschäft sprozesse von Kunden. Mit großer Begeisterung arbeiten die Mitarbeiter von BE-terna am Kundenerfolg. Dieser soll durch flexwork nun noch gesteigert werden. Nino, Application Engineer, konnte bereits vom „flexen“, wie flexwork bereits intern genannt wird, profitieren. Er
„Mit flexwork erhalten unsere Mitarbeiter mehr Freiheit und Selbstbestimmung. Das zahlt sich für alle aus.“ Armin Außerhofer, Head of Talent Acquistion & Employer Branding
kann nun seiner großen Leidenschaft , dem Kampfsport, dienstagmorgens nachgehen, um sich anschließend mit voller Energie seiner Arbeit zu widmen. Stefanie, Senior Consultant, verbringt seither so manchen Freitagnachmittag statt im Büro mit ihren Kindern, Kundenprojekte 31
erledigt sie je nach Bedarf in Ruhe von zuhause aus. Leere Büros sind bei BE-terna trotz flexwork Fehlanzeige. Mitarbeiter treff en sich für Projektabstimmungen, Konzeptarbeiten und ähnlichem trotzdem regelmäßig und gerne an einem der zwölf Standorte. Eines steht für die Mitarbeiter von BE-terna fest: „flexwork ist ein absoluter Gewinn!“
BE-terna in Zahlen • 500 Mitarbeiter • 12 Standorte • 70 Millionen Euro Umsatz • 1.000 erfolgreiche Kundenprojekte Aktuelle Stellen: www.be-terna.com/karriere
MEDIZIN
Jungbrunnen: Gefäße Das Forschungszentrum Vascage vereint erstmals Gefäßalterung und klinische Schlaganfallforschung. Ein intradisziplinäres Konsortium um die Medizinische Universität Innsbruck und Wien sowie die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck erforscht als Comet-Zentrum die Gefäßgesundheit in einer alternden Gesellschaft . Von Katharina Wildauer
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ie steigende Lebenserwartung ist eine große Herausforderung für die moderne Medizin. Bereits jetzt liegt die durchschnittliche Lebenserwartung in Industrienationen bei über 80 Jahren. Bis 2030 werden erste Länder einen Wert von über 90 Jahren erreichen, wie Neurologe Stefan Kiechl von der Universitätsklinik Innsbruck weiß: „Die lange Lebenszeit bringt ein Problem mit sich: viele der gewonnenen Jahre sind Jahre in Behinderung und Krankheit. Die Phasen, in denen man pflegebedürftig ist, werden dadurch ausgeweitet.“ Die Medizin forscht daher an Ansätzen, die gesunde Lebensspanne zu verlängern. Einer davon ist die Gefäßalterung, ein in diesem Zusammenhang bisher wenig ergründetes Forschungsgebiet. „Gefäße sind die wichtigsten Faktoren, die die Gesundheit im hohen Lebensalter beeinflussen“, erklärt Kiechl, der die wissenschaftliche Leitung von Vascage verantwortet.
Stefan Kiechl ist Neurologe an der Universitätsklinik Innsbruck und Präsident der Österreichischen SchlaganfallGesellschaft. Für das Forschungszentrum Vascage übernimmt der Mediziner die wissenschaftliche Leitung.
verschließen. Je nachdem welches Organ betroffen ist, kann es dann zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen“, so der Neurologe. Der Schlaganfall zählt zu den häufigsten Folgen von Gefäßerkrankungen und ist, im Vergleich zum Herzinfarkt, wenig erforscht. „Je älter die Menschen werden, desto höher der Anteil der Schlaganfälle“, sagt Kiechl. Das Risiko, im Laufe des Lebens einen Schlaganfall zu erleiden, liege laut aktuellen Studien derzeit bei 25 Prozent und ergibt sich sowohl aus der Alterung der Gefäße an sich, als auch aus dem persönlichen Lebensstil. „90 Prozent der Gefäßerkrankungen sind auf den Lebenswandel zurückzuführen“, weiß der Arzt. Bei der Bewegung sei man in Tirol recht gut, der Faktor Ernährung ist aber nur mäßig positiv. Besonderen Einfluss haben ein zu hoher Salzkonsum und vor allem Zucker. „Fett ist relativ gesehen für den Körper und die Gefäße nicht so schädlich wie eine überzuckerte Ernährung“, warnt Stefan Kiechl.
Süßes Gift Wenn Gefäße altern, können unterschiedliche Folgeerscheinungen auftreten: Die Verkalkung, oder Arteriosklerose, ist die am bekanntesten und besten erforschte Gefäßerkrankung. Aber auch Kalkeinlagerungen oder beschädigte Gefäßwände durch Diabetes zählen zu den Risiken. „Ein Altersphänomen der Gefäße ist auch die abnehmende Elastizität: Im zunehmenden Alter werden Gefäße immer steifer“, beschreibt Kiechl. Die Folge: Das Herz benötigt mehr Kraft, um Blut durch steife Gefäße zu pumpen, Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen können die Folgen sein. „Gefäße können sich auch 32
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Stefan Kiechl, Universitätsklinik Innsbruck
„Je älter die Menschen werden, desto höher der Anteil an Schlaganfällen.“
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01 Stammzellen werden in Gefäßzellen gewandelt, um den Alterungsprozess der Gefäße zu untersuchen. 02 Menschliche Stammzellen dienen als Basis für das Vascage-Teilprojekt von Frank Edenhofer.
Kombipaket Mit Vascage werden nun erstmals Gefäßalterung und Schlaganfall kombiniert untersucht. „Die Vereinigung von modernster Grundlagenforschung mit klinischer Forschung ist besonders befruchtend. Unser Anspruch ist es, Forschung zu betreiben, die direkt am Krankenbett ankommt“, erklärt der wissenschaftliche Leiter. Mit diesem Ansatz wurde Vascage im Dezember 2018 als Comet-Forschungsprojekt bewilligt, der Startschuss fiel am 1. April 2019. Fördergeber sind die Forschungsförderungsgesellschaft des Bundes sowie das Land Tirol im Wege der Standortagentur Tirol und die Länder Salzburg und Wien. Als Comet-Zentrum bringt das Konsortium rund um die Medizinische Universität Innsbruck und Wien und die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck international hohe Forschung nach Tirol und setzt in enger Zusammenarbeit mit Krankenanstalten und Pharma- und Industriepartnern neue Impulse in der Gefäßforschung. Mit 19 Teilprojek-
ten wird ein breiter Forschungsansatz verfolgt, der von Prävention über Diagnostik und Therapie bis zur Rehabilitation reicht. Wunschzettel Die Erwartungen des Forschungsteams an die nächsten achte Jahre Vascage sind hoch: Man möchte die bisher wenig untersuchten Gefäß erkrankungen besser verstehen, aber auch nah am Patienten neue Medikamente und Technologien entwickeln. „Unser Forschungsvorhaben geht stark in Richtung personalisierte Medizin: das Risiko der Patientinnen und Patienten individuell abschätzen und gezielt die wirksamste Behandlung durchführen“, weiß Stefan Kiechl. Eine Vision ist die Entwicklung eines neuen Medikaments zur Blutgerinnung, das nur lokal wirkt. Blutverdünnende Medikamente haben bisher das Risiko, Blutungen auszulösen. Im Rahmen der Gefäßforschung ist man jedoch auf eine Subs33
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MEDIZIN
0₃ 0₃ Mittels MRT-Aufnahmen, hier ein Halsgefäß, enwickelt Vascage ein automatisches Analyseprogramm zur Gefäßgesundheit.
© ELKE GIZEWSKI
Frank Edenhofer hat am Institut für Molekularbiologie eine Professur für Genomik, Stammzellbiologie und Regenerative Medizin. Im Rahmen des Forschungszentrums Vascage leitet der Biologe ein Projekt zur Stammzellforschung im Bereich der Gefäßalterung.
Frank Edenhofer
Von Stammzellen und Big Data
„Big Data erlaubt der Grundlagenforschung, relativ schnell und kostengünstig bioinformatische Analysen durchzuführen.“
Mehrere Vascage-Teilprojekte haben zum Ziel, die Mechanismen der Gefäßalterung in ihren Grundlagen zu erforschen. „Weil altersbedingte Krankheiten in der Forschung schwer in Echtzeit zu beobachten sind, greifen wir auf Stammzellforschung zurück“, weiß Frank Edenhofer, der eines dieser Projekte leiten wird. Er ist Professor für Genomik, Stammzellbiologie und Regenerative Medizin am Institut für Molekularbiologie an der Universität Innsbruck. Stammzellen sind körpereigene Zellen, die sich in verschiedene Zelltypen und Gewebe wandeln können.
tanz gestoßen, die nur lokale Gerinnsel in Gefäßen angreift, ohne im restlichen Körper blutverdünnend zu wirken. „Wenn uns das gelingt, wäre es eine Sensation für die gesamte Medizin. Ambitionierte Forschungsziele sind auch immer Teil derart innovativer Vorhaben“, erzählt der Neurologe. Ein Ziel, das mit großer Sicherheit erreicht werden kann, ist die Entwicklung eines personalisierten Präventionsprogrammes, das klinische Parameter mit persönlichen Daten vereint und das individuelle Risiko für Gefäßerkrankungen beobachtet. Ein weiteres Forschungsprojekt entwickelt auf Basis von Bildmaterial aus CT- und MRT-Untersuchungen automatisierte Analyseprogramme zur Gefäßgesundheit. „Innsbruck wird mit Vascage international Maßstäbe in der Schlaganfall- und Gefäßforschung setzen“, ist Stefan Kiechl überzeugt.
„Wir programmieren Stammzellen in Gefäßzellen um. Damit wollen wir das Modell eines menschlichen Gefäßes in dreidimensionaler Struktur schaffen, das wir dann erforschen können“, beschreibt Edenhofer den Vorgang. Weil man damit aber erst junge Gefäßzellen in der Zellkulturschale hat, werden diese künstlich gealtert. „Progerie ist eine Krankheit, die Menschen vorzeitig altern lässt. Wir kennen Teile des genetischen Programms, das diesen
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Defekt in den Zellen auslöst, und können es in unsere Gefäßstammzellen einfügen“ erklärt der Forscher. In nur wenigen Tagen kann man dadurch die Gefäße um Monate bis Jahre altern lassen. Mit diesem Gefäßalterungsmodell im Zeitraffer kann man viele Fragestellungen untersuchen: Gibt es eine genetische Veranlagung zur Gefäßalterung und den entsprechenden Krankheitsbildern? Welche patientenspezifischen Merkmale des Alterns bestehen? Treten markante Stoffwechselveränderungen auf, bevor sich die Gefäßschwäche klinisch manifestiert? Mit dem Stammzellmodell sollen dann auch Therapeutika geprüft werden, um neue Medikationen zu testen. „Big Data erlaubt der Grundlagenforschung, relativ schnell und kostengünstig bioinformatische Analysen durchzuführen. Aus einer riesigen Datenmenge finden wir krankheitsspezifische Muster, die uns nicht nur helfen, die Entstehung der Krankheit besser zu verstehen, sondern auch Parameter zu entwickeln, die für das Altern von Gefäßen eine Rolle spielen“, so Edenhofer.
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MEDIZIN
AUSSERDEM: NEUES IN DER
MEDIZIN
KARRIERE MIT SCHLAF Birgit Högl, Universitätsprofessorin für Neurologie an der Medizinischen Universität Innsbruck und Leiterin des Innsbrucker Schlaflabors, wird zukünftig an der Spitze der Weltschlafgesellschaft stehen. Im September soll sie auf dem Jahreskongress der World Sleep Society in Vancouver offiziell zur Präsidentin ernannt werden. Mit über 250 Publikationen trägt Högl seit langem dazu bei, das Verständnis und die Behandlung von Schlafstörungen weltweit zu verbessern.
ANTIBIOTIKAALTERNATIVEN In einem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF arbeiten Pamela Vrabl und ihr Team vom Institut für Mikrobiologie an der Universität Innsbruck daran, Möglichkeiten zur Bekämpfung multiresistenter Keime und neue Alternativen zu Antibiotika zu finden. Gleichzeitig beschäftigen sich die Forscher gemeinsam mit Schülern aus Tirol und Vorarlberg mit dem Thema, um die Jugendlichen für die Problematik zu sensibilisieren. Die Arbeit an den Schulen geschieht in Kooperation mit dem Institut für Fachdidaktik.
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MEDIZIN
ZUKÜNFTIGE HERAUSFORDERUNGEN IM FOKUS Das Management Center Innsbruck (MCI) legt zukünftig einen stärkeren Fokus auf den Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens. Das neu gegründete Center for Social & Health Innovation (CSHI) ist ein multidisziplinär ausgerichtetes Forschungszentrum, das sich mit aktuellen regionalen, nationalen und internationalen Herausforderungen in genau diesem Bereich beschäftigt. Ziel des Centers ist es, evidenzbasierte und handlungsorientierte Entscheidungsgrundlagen für Politik und Gesellschaft bereitzustellen.
RICHTIG BERATEN
© SHUTTERSTOCK.C
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Der Bedarf an genetischen Untersuchungen zur Abklärung verschiedenster medizinischer Fragestellungen und auch deren Verfügbarkeit nimmt zu. Im Zuge dessen benötigt es auch professionelle Beratung vor und nach solchen Tests. Ratsuchende können hierfür etwa die medizinisch-genetische Sprechstunde an der Innsbrucker Sektion für Humangenetik in Anspruch nehmen. In Reaktion auf diese Trends bietet die Universität Innsbruck ab Herbst 2019 einen Lehrgang für „Genetisches und Genomisches Counselling“ an.
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„KLAR!“ gegen Klimawandel Mit der Klimawandelanpassungsmodellregion Kaunergrat bereiten sich sechs Gemeinden auf die Auswirkungen des Klimawandels vor. In der Kategorie „Projekte und Ideen“ ergatterten die Initiatoren heuer den ersten Platz beim Euregio Umweltpreis. Von Haris Kovacevic
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wir nicht vermeiden können“, sagt Tot schnig. „Für uns steht absolut fest, dass Klimaschutz weiterhin die wichtigste Säule jeder Klimapolitik sein muss. Zu gleich ist aber auch der Klimawandel kein irgendwann eintretendes Ereignis, sondern bittere Realität, auf die wir aktiv reagieren müssen.“ Mit geografisch, demografisch und wirtschaftlich ähnlichen Voraussetzun gen wollten die Bürgermeister der Ge meinden konkrete Projekte angehen, mit denen Menschen in Zeiten des Klima wandels geholfen wird. So entstand die Idee für die „KLAR!“ Kaunergrat.
teigender Meeresspiegel, der die Küstenregionen bedroht, sich verändernde Meeresströmungen in den Weltmeeren und Polarbä ren, die ihren natürlichen Lebensraum verlieren: Wenn man an Auswirkungen des Klimawandels denkt, sind meistens das die Bilder, die einem im Kopf her umschwirren. „Dass die Resultate der Erderwärmung näher sind, als man ver muten möchte, sollte mittlerweile jedem klar sein“, meint Ulrike Totschnig, Koor dinatorin der Klimawandelanpassungs modellregion Kaunergrat mit dem klin genden Projektnamen „KLAR!“. Fernab von Opportunismus Bei dem im Jahr 2017 initiierten Vorha ben bereiten sich die Gemeinden Fliess, Kauns, Kaunerberg, Kaunertal, Prutz und Faggen auf die Folgen des Klima wandels vor. Dabei werden die potenziel len regionalen Auswirkungen erforscht, die Bevölkerung aufgeklärt und konkre te Maßnahmen ergriffen, um späteren Katastrophen vorzubeugen. „Wir versu chen dem Motto zu folgen: Wir müssen vermeiden, was wir nicht bewältigen können, und wir müssen bewältigen, was
Ulrike Totschnig studierte Biologie mit Schwerpunkt Zoologie an der Universität Innsbruck. Zusätzlich hat sie eine Ausbil dung zur Projektmanagerin vom Manage ment Center Innsbruck. Sie war Geschäfts führerin des Naturparks Kaunergrat von 2002 bis 2007. Bis 2011 war sie dort für die Bereiche Naturschutz und Projektmanage ment verantwortlich, um ab 2011 als selbst ändige Biologin zu arbeiten. Seit 2017 ist sie Koordinatorin der „KLAR!“ Kaunergrat.
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Wissenschaftlich fundiert, in Handarbeit durchgeführt Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) lieferte die wis senschaftliche Basis für die Ausrichtung der Projekte: „Vor allem die Daten aus den Bereichen Niederschlag und Tem peratur zeigten uns auf, wie wichtig und richtig unsere Initiative war“, erklärt die Klimaschützerin. Die Projektpartner entschieden sich, Aufklärungsarbeit zu leisten, Baumaß nahmen zu treffen, die die Lebensqua
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0₁ Durch die steigende Permafrostgrenze kommt es vermehrt zu Massenbewegungen im Gebirge. 0₂ Frühjahrsfröste treten in zunehmendem Maß auf und wirken sich auf die Landwirtschaft aus.
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Erklären, um gemeinsam zu verändern Beim Schulworkshop KLI KLA KAU ler nen Kinder Begriffe wie Klima und Wet ter zu unterscheiden und erfahren Ge naueres über den Treibhauseffekt und die negativen Auswirkungen von vermehr tem CO2Ausstoß. Auch erfahrene Obst bäuerinnen, Förster und Bergführer sind involviert und erklären mit praktischen Beispielen, wie sich die Umwelt im Laufe der letzten Jahrzehnte durch den Klima wandel verändert hat. Aber nicht nur den Kleinsten müs se man die Veränderungen und Konse quenzen vor Augen führen. Auch in der Landwirtschaftskammer in Landeck wird Landwirten aufgezeigt, wieso eine Steigerung der Jahresdurchschnittstem peratur die Waldgrenze steigen lässt und sich die gesamte Weideführung auf den Almen ändern muss: „Eine Projektalm im Kaunertal ist dabei, eine ganz neue We ideordnung einzuführen, und diese soll ausgeweitet werden“, erläutert Totschnig.
© HEINZ KOFLER, PEPI REICH
lität in den Gemeinden erhöht, und die Biodiversität der Region zu stärken, um sie dadurch gegen Veränderungen resis tenter zu machen.
Vielfalt statt Einfalt Die hohen Temperaturen fördern auch die Fortpflanzung von Baumschädlin gen. Dem wirkt das Projekt „Klimafitter Wald im Bezirk Landeck“ des Waldpfle gevereins Tirol entgegen, bei dem unter schiedliche Baumarten in den Wäldern gepflanzt werden, um die Biodiversität 39
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03 Vor 80 Jahren wuchsen in Mitteleuropa noch 3.000 Apfelsorten – heute gerade mal 400. 04 Im Rahmen von „KLAR!“ werden 400 „in Vergessenheit geratene“ Apfelsorten rekultiviert. 05 Aufklärung über die Auswirkungen des Klimawandels ist eines der wichtigsten Projekte der Modellregion.
zu fördern: „Viele verschiedene Baum arten machen einen Wald resistenter, da jede Spezies unterschiedlich auf Schäd linge reagiert“, unterstreicht Totschnig. Auch im Obstanbau findet diese Me thode Anwendung: „Je vielfältiger und strukturreicher eine Landschaft, desto leichter kann sie sich an ändernde kli Ulrike Totschnig
„Viele verschiedene Baumarten machen einen Wald resistenter.“ matische Verhältnisse anpassen“, sagt die Klimaschützerin. Laut Auskunft vom „Grünen Tirol“ kenne Tirol derzeit beispielsweise etwa 400 verschiedene Apfelsorten: „Vor 80 Jahren waren es noch 3.000 in Mitteleuropa“, warnt sie. Im Rahmen des Projekts werden 400 Bäume alter Sorten gepflanzt , wodurch diese Sorten ein Revival erleben und die Diversität fördern sollen. Brunnen von „KLAR!“ Eines der wichtigsten Themen in punc to Klimaschutz ist und bleibt Wasser. Die Daten der ZAMG ergaben, dass
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platzartige Starkregen heutzutage öfter auftreten als früher – Tendenz weiter hin steigend. „Der Niederschlag könnte gespeichert werden, um beispielsweise für den Garten, das Autowaschen oder die Klospülung verwendet zu werden, statt dafür wertvolles Trinkwasser zu verschwenden“, erläutert Totschnig eine weitere Idee des Projekts. Hierfür stellt die Gemeinde Fließ als Projektträger 32 Wasserspeicher zur Verfügung, die gemeinsam ein Fassungsvermögen von über 130.000 Liter besitzen. Trinkwasser werde nämlich immer wertvoller und müsse der Bevölkerung auch in Zukunft zur Verfügung gestellt werden. KLAR! hat bereits 14 Trink brunnen in der Region aufgestellt, die 40
sowohl von Einheimischen als auch von Touristen genutzt werden. Preis für den Fleiß Die „KLAR!“ Kaunergrat konnte sich beim diesjährigen Euregio Umweltpreis unter 60 internationalen Mitbewerbern in der Kategorie „Projekte und Ideen“ durchsetzen und sich über den ersten Preis freuen. Sowohl die EU im Rahmen des LEADER-Programms als auch das Land Tirol fördern die Unternehmung, das insgesamt 13 Projekte betreut und zwar so erfolgreich, dass die Beteiligten weitermachen wollen. „Wir sind uns ei nig, dass wir bestehende Projekte aus bauen und neue beginnen möchten“, ist Ulrike Totschnig zuversichtlich.
© LYDIA BONGARTZ, NATURPARK KAUNERGRAT, ULRIKE TOTSCHNIG
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WERBUNG
Kompromisslos öko – kompromisslos fair Nach dem letztjährigen Erfolg findet 2019 vom 30. August bis zum 1. September die zweite Auflage der ÖKO FAIR in der Messe Innsbruck statt. Rund hundert ausstellende Unternehmen präsentieren dort Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema Nachhaltigkeit.
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achhaltige Produkte und Dienstleistungen stehen hoch im Trend. Auch Tirol hat in diesem Bereich viel zu bieten. Den Beweis dafür liefern die Ausstellerinnen und Aussteller auf der ÖKO FAIR, die Ende August drei Tage lang einlädt, sich umzusehen, zu informieren und sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Zu den letztjährigen Schwerpunkten Mode, Textilien und Ernährung sowie Lifestyle befasst sich die ÖKO FAIR dieses Jahr zusätzlich mit Reisen & Tourismus, Outdoor und Energie.
selbst wieder ebenso nachhaltig sein und als Green Event Tirol zertifiziert werden. Breites Publikum Die ÖKO FAIR richtet sich an alle, die sich dem Thema nahe fühlen oder ihm näherkommen wollen – von Privatpersonen über Unternehmen bis hin zu Gemeinden. Sie erwartet nicht nur ein breites Spektrum nachhaltiger Angebote. Auch das Rahmenangebot bleibt der Thematik treu. Fachvorträge setzen sich mit Themen wie „Wirtschaft ohne Wachstum: Geht das?“ auseinander, Workshops zeigen, wie man im Alltag Plastikmüll reduzieren kann oder nachhaltig eine Reise plant. Dazu werden Kabarett, musikalische Unterhaltung und nicht zuletzt ein Kinderprogramm geboten. „Die Messe soll ein Ideenforum für alle sein, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und sich dessen bewusst sind, dass wir keinen Planeten B haben“, betont Tirols Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe. Auch das Land Tirol unterstützt die zweite Ausgabe der ÖKO FAIR. „Durch unseren Lebensstil und speziell durch unser Konsumverhalten können wir Position beziehen und eine gerechte, faire und umweltverträgliche Wirtschaft fordern“, sagt Ingrid Felipe. www.oeko-fair.at
ÖKO FAIR verpflichtet Faire und ressourcenschonende Produktion ist in allen Bereichen möglich. „Von Hosen über T-Shirts bis zu Wanderschuhen“, erklärt Heidi Unterhofer, Obfrau von Südwind, die gemeinsam mit dem Klimabündnis Tirol als Partner die ÖKO FAIR unterstützen. Erwartet werden rund hundert Produzenten und Anbieter, sowohl aus dem österreichischen als auch aus dem internationalen Raum. Alle ausstellenden Unternehmen müssen den ÖKO-FAIR-Zulassungskriterien gerecht werden. Das bedeutet, dass alle Produkte, die sie präsentieren, unter Einhaltung sozialer und ökologischer Standards hergestellt werden. Und natürlich wird die ÖKO FAIR
oeko-fair.at
DIE TIROLER NACHHALTIGKEITSMESSE
30. AUG. – 1. SEPT. ’19 MESSE INNSBRUCK
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UMWELT & NACHHALTIGKEIT
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01 Mittels dreidimensionaler Ortung werden Fledermäuse oder auch Vögel erkannt. Sind viele unterwegs und kommen der Windanlage zu nahe, wird diese automatisch abgeschaltet, um die Tiere nicht zu gefährden.
Fledermäuse am Radar Zwei Forschungsprojekte an der Tiroler Privatuniversität UMIT setzten sich mit dem Konfliktfeld zwischen Windkraftanlagen und Fledermäusen auseinander und haben dabei sowohl den Artenschutz als auch die Produktion von Energie im Auge. Von Rebecca Müller
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lternative und nachhaltige Energiequellen gewinnen europaweit immer mehr an Bedeutung. Mit jeder neuen Technologie können auch neue Konfliktfelder entstehen. Im Fall der Windenergie ist das unter anderem jenes zwischen den Anlagen und dem Artenschutz. Eine Art, für die Windkraftanlagen eine potenzielle Gefahr darstellen, sind Fledermäuse. Aber auch Vögel, wie zum Beispiel Zugvögel, Störche oder Eulen sind bedroht. Die Tiere fliegen gegen die Rotorblätter der Anlagen oder erleiden durch die starken Druckschwankungen ein Trauma, das sie zum Absturz bringt. Vor der Erforschung dieses Konfliktfeldes starben zahlreiche Tiere, und Windkraftanlagen-Betreiber waren gezwungen, ihre Anlage wegen des Artenschutzes zum Beispiel in der Nacht (Fledermäuse sind nachtaktiv) komplett abzuschalten. 2008 wurden in Deutschland schließlich die ersten Studien zu diesem Thema gestartet – mit dem Ziel, auf der einen Seite die Tiere zu schützen und auf der anderen Seite den Betrieb der Anlagen anpassen zu können.
Klaus Hochradel ist Diplom-Ingenieur und arbeitet ab der UMIT am Institut für Mess- und Sensortechnik. Zu seinen Spezialgebieten gehört die dreidimensionale Ortung und Erkennung von Vögeln und Fledermäusen.
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Zahlen, bitte! 29.884 Windkraftanlagen* gibt es in Deutschland. Vor der Erforschung des Konfliktfeldes kamen durchschnittlich 12 tote Fledermäuse auf eine Anlage pro Jahr = ca. 385.608 tote Fledermäuse. Mit der Umsetzung der Ergebnisse aus der Forschung konnte dieser Wert auf 2 tote Fledermäuse pro Jahr und Anlage reduziert werden. In Österreich gibt es 1.313 Anlagen**. * Quelle Bundesverband WindEnergie, Stand 2017 ** Quelle IG Windkraft, Stand 2018
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ausgeht – eine relevante Frage, weil immer mehr Privatpersonen eine solche Anlage betreiben.“ Ein zweites, das Projekt NATFORWINSET II, hat in einem größeren Ausmaß Vermeidungsmaßnahmen für Vögel und Fledermäuse, die Analyse von Bewegungs- und meteorologischen Daten und die automatisierte Erfassung Vogelarten zum Ziel. Das Spezialgebiet des Ingenieurs ist dreidimensionale Ortung und Erkennung von Vögeln und Fledermäusen. In diesem Zusammenhang hat er zum Beispiel eine Kamera gebaut, die genau das kann. Beide Seiten Die Daten, die im Rahmen solcher Projekte gesammelt, und die Vermeidungsmaßnahmen, die daraus entwickelt werden, werden schließlich mit Windkraftanlagenbetreibern oder Behörden, die für die
Neues Projekt Klaus Hochradel hat bei einigen dieser Studien in Deutschland – er war damals an der Universität Erlangen beschäftigt – mitgearbeitet. Mit einem interdisziplinären Team, zu dem unter anderem Biologen gehörten, entwickelte der Ingenieur eine Technik, die die Bewegungen der Tiere erfasst, mit Daten wie Uhrzeit, Jahreszeit, Wetter oder Temperatur in Zusammenhang bringt und so die Abschaltzeiten der Windkraftanlagen optimiert. „In Deutschland ist die Methodik mittlerweile Standard und sie wird auch zunehmend europaweit eingesetzt“, erzählt Hochradel. Auf Basis der eingespeisten Daten schalten sich die Kraftwerke automatisch ab, wenn Fledermäuse oder Vögel gefährdet sind. Seine Forschungsergebnisse und die entwickelte Technik hat Klaus Hochradel mit seinem Wechsel an die Tiroler Privatuniversität UMIT nach Tirol mitgenommen und arbeitet hier an zwei neuen Projekten. Eines davon setzt sich mit einem neuen Aspekt der Thematik auseinander: „Wir erforschen, welche potenzielle Gefährdung von Fledermäusen durch Kleinwindenergieanlagen
Klaus Hochradel, Institut für Mess- und Sensortechnik, Universität UMIT
„In Deutschland ist die Methodik mittlerweile Standard und sie wird auch zunehmend europaweit eingesetzt.“ Genehmigung von kleinen, privaten Anlagen oder Arten- und Umweltschutz zuständig sind, geteilt. Dieser Praxisbezug sei am Ende das Um und Auf von Forschungsarbeit, sagt Klaus Hochradel: „Wichtig ist auch, dass es immer um beide Seiten geht – um den Artenschutz und die möglichst optimierte Gewinnung elektrischer Energie.“ 43
UMWELT & NACHHALTIGKEIT
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Profit durch Nachhaltigkeit Mit der Möglichkeit, scheinbar simple pflanzliche Erzeugnisse wie Äpfel, Walnüsse und Kräuter wirtschaftlich zu nutzen – kurz: Bioökonomie –, beschäftigt sich ein interdisziplinäres Projekt, an dem auch das MCI beteiligt ist. Von Andreas Marksteiner
W Katrin Bach
„Im Labor kann man immer nur eine begrenzte Anzahl an Ideen generieren.“
ie können Lebensmittelhersteller im alpinen Raum wettbewerbsfähig bleiben gegenüber den großen, globalen Playern der industriellen Nahrungsmittelherstellung? Und inwiefern könnte Bioökonomie dabei helfen, wirtschaftliches Wachstum zu erzeugen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das von der Europäischen Union geförderte Interreg-Projekt AlpBioEco. Insgesamt 13 Partner aus fünf Ländern im alpinen Raum sind daran beteiligt, unter anderem auch das MCI. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht, denn dort ist man auch deshalb in das Projekt hineingekommen, weil man beide für das interdisziplinäre Projekt notwendigen Expertisen aus Lebensmitteltechnologie und Betriebswirtschaftslehre in einem Haus vereint. Das sei auch innerhalb von AlpBioEco einzigartig, was die Arbeit „besonders spannend“ mache, befindet Oliver Som, Leiter des Departments Wirtschaft und Management. 44
Neue Spielräume Das Projekt läuft zwar bereits seit knapp einem Jahr, die Arbeit von Som und seinen Kollegen, die sich mit den betriebswirtschaftlichen Aspekten beschäftigen, kommt aber erst jetzt in die heiße Phase. Bislang – in der ersten von insgesamt vier Phasen – beschäftigten sich die lebensmitteltechnologischen Experten mit der exemplarischen Untersuchung der pflanzlichen Erzeugnisse und deren Wertschöpfungsketten. Konkret geht es dabei um Äpfel, Walnüsse und Kräuter. Wichtig sei es gewesen, von der reinen Primärverwertung des Produkts wegzukommen, erklärt Katrin Bach, Leiterin des Masterstudiengangs Lebensmitteltechnologie und Ernährung. Um Lösungen auch für andere Branchen zu finden, müsse man das Produkt in seine Elemente (Fasern, Gerb-, Bitterstoffe etc.) zerlegen und diese als Material nutzen. Dadurch ließe sich eine andere Wertschöpfung generieren und „es eröffnen sich neue Spielräume“, so Bach weiter.
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01 Auf dem Teller am Esstisch sind Äpfel, Nüsse und Kräuter nichts Besonderes. Am MCI erforscht man, was sich sonst noch alles aus den Lebensmitteln entwickeln lassen könnte.
Oliver Som ist Professor und Leiter des Fachbereichs für Innovationsmanagement und Innovationsökonomie am MCI. Zudem ist er als beratender Experte für das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft in Thüringen tätig.
Oliver Som
„Das, was sie können, ist bereits zukunftsfähig, sie müssen es jetzt nur auf die nächste Stufe heben.“ „Nie gedacht, dass wir da draufkommen“ Eine BWL-Expertise im Haus zu haben, sei aber auch für Katrin Bach und ihre Kollegen von Vorteil gewesen. So habe man sich automatisch „breiter aufgestellt“, die spätere wirtschaftliche Verwertung immer gleich mitdenken können und neben selbst durchgeführten praktischen Machbarkeitsstudien auch alles angeschaut, was theoretisch möglich wäre. „Im Labor kann man immer nur eine begrenzte Anzahl an Ideen generieren“, stellt Bach fest. Bei den angesprochenen Machbarkeitsstudien fokussierten sich die Experten vom MCI vor allem auf Äpfel und
testeten im Zuge dessen fermentative, 3D-gedruckte und verschiedenste andere Produkte – von Smoothies über Nudeln, Papier und Wachs bis hin zu Reinigungsmitteln. „Da waren Sachen dabei, von denen hätten wir nie gedacht, dass wir da draufkommen. Diese Produkte hatten aber allesamt eine interessante Wertschöpfung“, zeigte sich auch Bach überrascht. ₁₈ Workshops von April bis November In der nächsten Phase des Projekts steht nun die Entwicklung innovativer bioökonomischer Geschäftskonzepte für die drei ausgewählten Wertschöpfungsketten an. Schlussendlich sollen aktuelle Probleme und Bedürfnisse auf der Kundenseite von den zuvor identifizierten technologischen Ideen gelöst bzw. gestillt werden. 18 Workshops werden dafür von April bis November in allen beteiligten Regionen stattfinden. Bei diesen Veranstaltungen solle vor allem „die Anwendungsseite in den Mittelpunkt gestellt werden“, betont Oliver Som. 45
„Was zeichnet sich vor dem Hintergrund von Zukunftstrends an Nachfrage ab?“, ist laut Som eine zentrale Frage in diesem Prozess. Auch weil Bioökonomie sehr gut in bereits bestehende Trends hineinspielt, besteht großes Potenzial für die im Projekt entwickelten Konzepte. Die Nachfrage nach regional, biologisch und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln und anderen Waren ist hoch. Außerdem liege genau da ohnehin „eine große Stärke der alpinen Nahrungsmittelhersteller, insbesondere hier in Tirol“, sie werde nur noch nicht ausreichend genutzt, erklärt Som weiter. Nun gelte es die Lebensmittelhersteller im Alpenraum mithilfe neuer, innovativer Ideen zukunfts- und wettbewerbsfähig zu machen. „Das, was sie können, ist bereits zukunftsfähig, sie müssen es jetzt nur auf die nächste Stufe heben.“ Stärkung des Wirtschaftsraums Den nächsten Schritt stellen dann das Prüfen und Weiterentwickeln der erarbeiteten Konzepte in Pilotstudien dar.
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Oliver Som
„Da können wir direkt einen Mehrwert für regionale und lokale Unternehmen bieten.“
Darauf aufbauend werden tatsächliche „Bei der Walnuss handelt es sich um eine Prototypen von Geschäftsmodellen mit traditionelle, regionale Nuss, die bislang genau definierter Wertschöpfung und ei- noch unter Wert verkauft wird.“ Bei Äpnem „profit model“ dahinter kreiert und feln sei es schwieriger, neue und innovagetestet. In der vierten und letzten Pro- tive Ideen zu finden, weil es hier einen jektphase folgt schließlich die Übertra- schon sehr „reifen Markt“ gebe. Von der gung der vorangegangenen Erkenntnisse Verarbeitung zu Apfelleder bis zur Ferauf die politische Ebene und in andere mentation von Äpfeln für die Herstellung Regionen. Konkret bedeuvon Bio-Ethanol habe sich tet das auch, dass einige hier in der Vergangenheit von Oliver Soms Kollegen bereits einiges getan, wähKatrin Bach die Modelle direkt an Firrend man bei der Walnuss men herantragen. noch ganz am Anfang steDie Ideen sollen nämhe. Umso mehr müsse man „Bei diesem lich schon auch möglichst sich bei Äpfeln die Frage direkt umgesetzt und von Projekt steckt stellen, wie „du es auf anlokalen und regionalen der Teufel im dere, noch nicht getestete Firmen ins Portfolio aufBereiche transformiert beDetail.“ genommen werden. So kommst“, so Bach. sollen die StrukturförderUnd obwohl die Walgelder der EU, die in das nuss einiges an Potenzial Projekt fließen, letztlich den alpinen verspricht, gibt es auch hier HindernisWirtschaftsraum stärken und die Wett- se, die zu überwinden sind. Unabhängig bewerbsfähigkeit der involvierten Regi- von den pflanzlichen Erzeugnissen habe onen sichern und weiterentwickeln. Som man im alpinen Raum mit generellen zufolge auch ein Grund, warum sich das Problemen zu kämpfen. So sei es etwa MCI entschieden hat, sich zu beteiligen: einfach nicht möglich, „riesige Flächen „Da können wir direkt einen Mehrwert in industriellem Maßstab zu kultivieren“ für regionale und lokale Unternehmen und somit auch nicht über riesengroße bieten.“ Stückzahlen nachzudenken, erzählt Oliver Som. Und Katrin Bach ergänzt: „NaWalnüsse „unter Wert verkauft“ türlich vorgegebene Hemmnisse hast du Ein Unternehmer, der bereits früh Inter- immer, und wenn du wenig Menge hast, esse an möglichen innovativen Ideen be- musst du etwas machen, das hohen Wert kundet hat, ist ein Walnussbauer am Bo- hat. Bei diesem Projekt steckt der Teufel densee. Katrin Bach ist wenig überrascht: im Detail.“ 46
Katrin Bach ist studierte Diplom-Ingenieurin mit Fachrichtung Biotechnologie und hat 2007 am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Molekularbiologie mit dem Schwerpunkt Kulturpflanzenforschung promoviert. Sie leitet den Studiengang für Lebensmitteltechnologie & Ernährung am MCI.
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UMWELT & NACHHALTIGKEIT
Herz für Holz 2002 wurde Michael Flach von Frankreich nach Innsbruck berufen, um an der hiesigen Universität den Stiftungslehrstuhl für Holzbau aufzubauen. Dieser ist mittlerweile hoch angesehen, Flach selbst weltweit einer der bekanntesten Experten im Ingenieurholzbau. Im Interview spricht der gebürtige Bayer über die Besonderheiten des Holzbaus und wie dieser zum Klimaschutz beitragen kann. Das Interview führte Simon Leitner
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err Flach, Sie waren rund 17 Jahre lang als Leiter des Arbeitsbereichs Holzbau an der Innsbrucker Universität tätig. Was für ein Fazit ziehen Sie? Michael Flach: Es ist schnell vorbeigegangen. Nein, ich bin froh, hier hergekommen zu sein. Zum einen, weil ich die Chance hatte, von Grund auf einen Lehrstuhl aufzubauen, der inzwischen hoch angesehen und im Holzbau weltweit auf vielen Gebieten führend ist. Zum anderen, weil Innsbruck eine hohe Lebensqualität bietet. Ich und meine Familie fühlen uns sehr wohl hier. Welchen Stellenwert hat der Holzbau in Innsbruck? In gewisser Hinsicht nicht den, den er eigentlich haben sollte. Für mich ist Innsbruck keine Holzstadt – und das, obwohl die dafür nötigen Voraussetzungen durchaus gegeben wären. Wir haben in Tirol nämlich nicht nur viel Wald und das technische Know-how,
Michael Flach
„Innsbruck ist zwar ein wichtiger Umschlagplatz für Holz, aber es gibt einfach viel zu wenig Leuchtturmprojekte, die zeigen, wie nachhaltig mit dem Holzbau im urbanen Bereich umgegangen werden könnte.“
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um entsprechende Projekte umzusetzen, sondern auch eine starke Holzwirtschaft mit einer der dichtesten Produktionskapazitäten weltweit. Innsbruck ist zwar ein wichtiger Umschlagplatz für Holz, aber es gibt einfach viel zu wenig Leuchtturmprojekte, die zeigen, wie nachhaltig mit dem Holzbau im urbanen Bereich umgegangen werden könnte. Woran liegt das? Das größte Problem in dieser Hinsicht ist meiner Meinung nach der fehlende Mut vonseiten der Politik, den Holzbau demonstrativ als Klimaschutzmaßnahme einzusetzen. Im Gegensatz zu manch anderen Ländern gibt es hierzulande nämlich kein klares Bekenntnis zum Bauen mit Holz, gerade wenn es darum geht, öffentliche Bauten beispielhaft in Holz zu errichten. Wie man an Vorreiterländern wie Norwegen oder der Schweiz sehen kann, geht die Nachfrage aber nicht alleine von politischen Entscheidungsträgern, sondern
UMWELT & NACHHALTIGKEIT
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0₁ Der gebürtige Bayer Michael Flach zählt zu den weltweit bekanntesten Spezialisten auf dem Gebiet Ingenieurholzbau. Ihm zufolge ist Holz ein idealer Baustoff, nicht zuletzt im Hinblick auf den Klimawandel.
© AXEL SPRINGER
Michael Flach
in erster Linie von der Bevölkerung aus. Norwegische Politiker wissen etwa inzwischen, dass sie nur dann gewählt werden, wenn sie sich zum Holz bekennen. Und auch in Zürich war es die Bevölkerung, die über einen Volksentscheid ein Nachhaltigkeitskonzept für ihre Stadt eingefordert und somit die Politiker in die Pflicht genommen hat. Das führte unter anderem dazu, dass jedes neue Gebäude einer Ökobilanz unterzogen werden muss – seither wird in Zürich großvolumig und fast ausschließlich in Holz gebaut. Glauben Sie, dass sich die heimische Bevölkerung ebenfalls mehr nachhaltige Bauten wünschen würde? Ich denke schon. Wir sehen ja gerade am Beispiel
von Greta Thunberg, wie wichtig das Thema Umweltschutz mittlerweile auch bei jungen Menschen ist. Meiner Meinung nach befinden wir uns bei dieser Protestbewegung erst am Anfang: Die Jugend möchte nicht länger zuschauen, wie nur über den Klimaschutz geredet, aber viel zu wenig dafür getan wird, und stellt zunehmend Forderungen – und zwar berechtigte. An uns, insbesondere den Universitäten, liegt es nun, Antworten auf die gestellten Fragen zu liefern. Wir, die die Zusammenhänge in Bezug auf den Klimaschutz kennen, müssen zeigen, dass der Holzbau in Zukunft einen wesentlichen Beitrag leisten kann, um gegen den Klimawandel konkret etwas zu unternehmen. Dazu bedarf es allerdings entsprechender 49
„Die Jugend möchte nicht länger zuschauen, wie nur über den Klimaschutz geredet wird. An uns liegt es nun, Antworten auf die gestellten Fragen zu liefern.“
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Vorzeigeprojekte und des Weitblicks der politischen Entscheidungsträger. Inwiefern stellt der Holzbau eine Maßnahme zum Klimaschutz dar? Holz ist der einzige Baustoff, der bereits beim Wachsen CO2 bindet und damit das, was wir durch das Verbrennen fossiler Energieträger zu viel in die Luft emittieren, bis zu einem gewissen Grad wieder in Biomasse zurückspeichert. Im Gegensatz zu anderen Baustoffen werden auch bei der Herstellung und dem Errichten von Gebäuden mit Holz deutlich weniger Emissionen erzeugt: Holz ist leicht und lässt sich mit computergesteuerten Maschinen millimetergenau vorfertigen. Dadurch verringern sich im Vergleich zu Beton nicht nur die Transportmengen, sondern ebenso die Bauzeiten. Darüber hinaus hat Holz hervorragende Wärmedämmeigenschaften, die einen hohen Beitrag zur Energieeffizienz liefern. Und nicht zuletzt handelt es sich bei Holz um eine natürliche Rohstoffquelle, die im 50
Gegensatz zu den meisten anderen nicht versiegen wird, solange wir schonend damit umgehen. Wald und Holz bieten daher eine effiziente Möglichkeit, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Und angesichts der bedrohlichen Auswirkungen, die auf uns zukommen, müssen wir jede Gelegenheit wahrnehmen, CO2-Emissionen zu reduzieren – selbst wenn das Bauen mit Holz alleine nicht genügen wird, um erfolgreich gegen den Klimawandel zu kämpfen. Dazu sind noch zahlreiche andere Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz, Mobilität und Wohnen nötig. Zum Beispiel? Wir werden uns etwa über neue Wohnformen Gedanken machen müssen. Ein Einfamilienhaus, am besten noch mit einem schönen Auto davor, ist zwar die Traumvorstellung vieler Menschen, das werden wir uns auf Dauer allerdings nicht mehr leisten können. Es braucht verdichtete, nachhaltige Wohnformen, und wir müssen lernen,
UMWELT & NACHHALTIGKEIT
02 Wie nachhaltigere Wohnformen aussehen könnten, zeigt Michael Flach selbst vor: Er lebt mit seinen Kindern und Enkelkindern in einem rund ₅₀₀ Jahre alten Bauernhaus, das er derzeit in Eigenregie saniert und gestaltet. Neben modernster Technologie kommt dabei natürlich viel Holz zum Einsatz. Im täglichen Zusammenleben stehen Gemeinschaftlichkeit und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt, die Familie teilt sich bestimmte Räume und baut auch selbst einige Pflanzen an.
genügsamer zu sein, um mit weniger auszukommen – weniger Wohnflächen, weniger Auto und weniger Verschwendung. Dann wird Wohnen auch wieder leistbarer. Wie könnten solche nachhaltigen Wohnformen aussehen? Es gibt inzwischen viele alternative Konzepte zum klassischen Einfamilienhaus, die von Baugruppen bis hin zu diversen kollektiven Wohnformen reichen. Ge-
Gemüse angepflanzt werden. Und natürlich sind die Gebäude vorwiegend aus Holz gebaut.
Wohnraum anzubieten. Mit Solaranlagen oder der Nutzung von Abwärme eines hauseigenen Datacenters kann etwa Energie produziert werden, die für die Mobilität oder das Heizen mit erneuerbaren Quellen genutzt werden könnte. „Urban Gardening“ sorgt wiederum dafür, dass auch für unsere Ernährung weniger importiert und transportiert werden muss. Zu guter Letzt kommen wir in Zukunft nicht darum herum, auch das Auto immer mehr aus der
Michael Flach
„Wir müssen lernen, genügsamer zu sein, um mit
weniger auszukommen – weniger Wohnflächen, weniger Auto und weniger Verschwendung.“
rade Baugruppen sind ein interessanter Ansatz. Dabei schließt sich eine größere Anzahl von Wohnungssuchenden zusammen und realisiert gemeinsam ein Bauvorhaben, bei dem sich nicht nur die Kosten für das Grundstück und den Bau, sondern vermehrt Gemeinschaftsbereiche geteilt werden. Zum Beispiel Gästewohnungen, Waschräume oder sogar Küchen. Zudem sollten Gebäude grundsätzlich auch mehr leisten, als nur
Stadt zu drängen. Wie das gehen könnte, zeigt wiederum Zürich, wo beispielsweise Wohngenossenschaften gewisse Wohnungen nur an Menschen vergeben, die kein Auto besitzen. Dementsprechend stelle ich mir eine nachhaltige Stadt der Zukunft folgendermaßen vor: relativ autofrei, verdichtet gebaut, mit vielen Gemeinschaftsanlagen und reichlich Grün auf Dachterrassen sowie in eigenen Grünzonen, wo auch Obst und 51
Glauben Sie, dass das irgendwann Realität werden kann? Ja, wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt. Der Klimawandel betrifft uns ja alle, da müssen wir zusammenhalten, einige wenige werden das allein nämlich nicht stemmen können. Angesichts der globalen Bedrohung muss jeder Einzelne sich seiner Verantwortung bewusst sein und im Rahmen seiner Möglichkeiten entsprechend handeln. Ich versuche das auch selbst so gut es geht vorzumachen. Zum einen, weil ich meinen Studenten ja schlecht erzählen kann, was man in dieser Richtung machen soll, ohne mich selbst daran zu halten, zum anderen, weil ich zeigen möchte, was möglich ist. Deshalb lebe ich zusammen mit meinen Kindern und Enkelkindern in einem Generationenhaus, einem ehemaligen Bauernhof, den wir, soweit es geht, in Eigenregie sanieren. Wir greifen dabei natürlich vorwiegend auf Holz und andere natürliche Baustoffe zurück und pflanzen bereits auch etwas Gemüse an. Wie funktioniert das Zusammenleben bei Ihnen? Es erfordert zwar viel Rücksicht und die Bereitschaft zu teilen, ist aber auch mit vielen Freuden verbunden, gerade wenn man seine Enkel heranwachsen sieht. Unabhängig davon glaube ich jedoch, dass wir in Zukunft auf jeden Fall mehr in diese Richtung gehen und uns wieder mehr Wohnraum teilen müssen – wobei es ja nicht immer zwangsläufig mit der eigenen Familie sein muss. Danke für das Gespräch.
MEDIZIN
AUSSERDEM: NEUES ZUM THEMA
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ÜBERSTEUERT? In einer eben publizierten Studie hat Markus Kittler vom Innsbrucker MCI gemeinsam mit Christopher Ball vom Forschungszentrum Jülich erforscht, wie sich Förderungen und sonstige Steuermechanismen auf die Einführung erneuerbarer Energien auswirken. Dabei hat sich gezeigt, dass Mechanismen, die den Markt schützen, ökologisch orientierten Start-ups zwar bei der Entwicklung und dem anfänglichen Wachstum helfen, bei der späteren Integration am freien, „ungeschützten“ Markt aber zu einem Hindernis werden können.
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GLETSCHER SCHMELZEN
SCHNELLER ALS GEDACHT Der Klimawandel dürfte Gletschern noch schlimmer zusetzen als bisher angenommen. Ein internationales Team von Forschern hat unter Beteiligung des Instituts für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck das Eisvolumen von über 200.000 Gletschern mithilfe von Computermodellen neu berechnet. Dabei wurde festgestellt, dass dieses mit knapp 158.000 Kubikkilometern um rund 18 Prozent geringer ausfällt als in früheren Schätzungen. Die mit den Gletschern verloren gehenden Süßwasserreserven werden vor allem die Landwirtschaft in vielen Teilen der Welt vor große Probleme stellen.
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ZUM SCHLUSS
„Wer hat’s erfunden?“ Hinter jeder Erfindung steckt ein brillanter Geist, dem Anerkennung gebührt. Manchmal sind es aber die Falschen, die Ruhm, Ehre und das ganze Geld ernten, während die eigentlichen Entdecker leer ausgehen und in Vergessenheit geraten. Von Andreas Marksteiner
In Berufung Alexander Graham Bell gilt gemeinhin als Erfinder des Telefons. Tatsächlich dürften aber andere Tüftler bereits vor ihm funktionierende Fernsprechverbindungen hergestellt haben. Deren Unterlagen und Erkenntnisse machte sich Bell dann zu Nutze. Und so beschlossen, nachdem Bell 1876 sein Patent angemeldet hatte, gleich mehrere Erfinder, wie etwa Antonio Meucci oder auch Elisha Gray, das Gericht in der Sache anzurufen, fanden damit aber kein Gehör.
Ein Mann mit Weitblick Schon allein die Bezeichnung des allerersten Fernrohrs als „Galilei-Fernrohr“ macht klar, wer als Erfinder ebendieses Fernrohrs gilt: der Universalgelehrte Galileo Galilei. Es hat aber noch einen zweiten, weniger gebräuchlichen Namen: „holländisches Fernrohr“. Und dieser ist zwar auch nicht einfallsreicher oder spannender, weist dafür aber auf den eigentlichen Erfinder, den holländischen Brillenmacher Hans Lipperhey, hin.
© ILLUSTRATION: ALINA KLAMPFER
Späte Berichtigung Für die Erfindung des Radios erhielt Guglielmo Marconi 1909 den Nobelpreis für Physik (gemeinsam mit Ferdinand Braun). 34 Jahre später entschied dann das Oberste Patentgericht der USA, dass Nikola Tesla der Erfinder des Radios sei. Wer nun aber tatsächlich für die bahnbrechende Innovation verantwortlich war, ist bis heute umstritten. Marconi kann es egal sein. Nicht nur, weil er schon lange tot ist, auch zu Lebzeiten war er mit seiner Marconi Company einer der größten finanziellen Profiteure der Erfindung.
Ergaunertes Monopol Mithilfe eines Brettspiels wollte Lizzie Magie über die Gefahren monopolistischen Grundbesitzes und des Kapitalismus allgemein aufklären. „The Landlord’s Game“ nannte sie ihre 1904 patentierte Erfindung. Skrupellos und nur auf seinen eigenen finanziellen Vorteil bedacht agierte dann auch Charles Darrow, als er 1933 eine nahezu exakte Kopie des Spiels unter dem Namen „Monopoly“ auf den Markt brachte.
Zug ins Nirgendwo Es gibt wohl kaum einen berühmteren Erfinder als Thomas Alva Edison. Vielfach wird ihm auch zugeschrieben, die ersten Filmaufnahmen der Geschichte mit seinem „Kinematograph“ gemacht zu haben. Tatsächlich gelang dies aber dem Chemiker Louis Le Prince schon einige Jahre zuvor, nämlich 1888. Dass Le Prince heute nicht bekannter ist, dürfte wohl auch am abrupten Ende seiner Erfinderlaufbahn liegen, das direkt aus einem Mystery-Thriller à la Hollywood stammen könnte. Im Herbst 1890 stieg er in einen Zug und verschwand während der Fahrt spurlos.
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Ein helles Köpfchen Im Jahre 1878 ging dem britischen Physiker und Chemiker Joseph Swan wortwörtlich ein Licht auf. Ihm gelang nämlich die Herstellung der ersten praktisch brauchbaren elektrischen Glühbirne. Nur wenig später ließ auch Thomas Edison, der auch heute noch weitgehend als „Erfinder der Glühbirne“ gilt, seine Version einer elektrischen Glühlampe patentieren. Die folgenden Rechtsstreitigkeiten zwischen den beiden lösten sich bald in Wohlgefallen auf, und sie gründeten sogar eine gemeinsam betriebene Firma.
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