t t a l b a r t Ex
90 JAHRE ZAHNRADBAHN seiT 1930
Deutschlands höchster Gipfel steht 2020 im Zeichen von zwei besonderen Jubiläen: Am 27. August 1820 erreichte der erste Mensch den Westgipfel der Zugspitze und am 8. Juli 1930 fand vor staunendem Publikum die Jungfernfahrt der neu errichteten Zahnradbahn zum Schneefernerhaus statt. Zwei historische Meilensteine, die den symbolträchtigen Berg den Menschen näherbrachten. Und zwei kühne Kraftakte, denen heute noch höchster Respekt gebührt. Es mag am gefürchteten Zugspitzgeist liegen, dass sich Einheimische bis ins 19. Jahrhundert hinein vom Zugspitzgipfel fernhalten. Und die fast senkrechten, schier unbezwingbaren 2.962 Meter hohen Felsspitzen scheinen die Talbewohner in ihrem Urteil zu bestätigen: „Da kimmt ma ned nauf!“ Dennoch durchstreifen Hirten und Jäger das Gebiet und werfen vermutlich als Erste den Blick von ganz oben auf das Werdenfelser Land, ohne diese Leistung an die große Glocke zu hängen. Viele bedeutende Alpengipfel sind bereits bezwungen, als sich Leutnant Joseph Naus im Auftrag des Königlich Topographischen Bureaus an die Neuvermessung der bayerischtirolerischen Grenze macht und am 27. August
… und 200 Jahre Erstbesteigung der Zugspitze!
1820 den Westgipfel erreicht. Damit wird eine neue Ära auf der Zugspitze eingeläutet.
Bergsteiger bringen Aufschwung Von den Einheimischen immer noch skeptisch beäugt, folgen bald weitere Gipfelexpeditionen, angetrieben von alpinistischer Neugierde und sportlicher Begeisterung. Bescheidene Gipfelmarkierungen wie Steinhaufen, Eisenstangen und Fahnen will die Geistlichkeit nicht gelten lassen und so wird ein 150 kg schweres, vergoldetes Gipfelkreuz angefertigt und in Einzelteilen mühsam auf die Zugspitze getragen. Am 12. August 1851 strahlt das Kreuz stolz ins Tal hinab und ab diesem Zeitpunkt vermag es die Begeisterung der heimischen Bevölkerung zu entfachen – dem aufkommenden Fremdenverkehr im Werdenfelser Land steht nun endgültig nichts mehr im Wege.
zu entschärfen. Bis 1869 erklimmen gut 200 Personen den Zugspitzgipfel – Menschen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten, von Handwerkern bis zu Adeligen. Markanteste Figur ist der Knecht Jakob Sporer alias „ZugspitzJackl“, der nach jedem Zank mit seinem Dienstherren den Ärger bei einem Gipfelsieg verrauchen lässt. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nehmen sich die neu gegründeten Alpenvereine systematisch der touristischen Erschließung der Alpen an. Neue Aufstiegsrouten auf die Zugspitze und das 1897 feierlich eröffnete Münchner Haus am Gipfel erlauben es auch weniger geübten Bergsteigern, Deutschlands höchsten Berg auf gesicherten Wegen zu erreichen. Ortskundige Bergführer mit viel Erfahrung und der nötigen Ausrüstung im Gepäck begleiten die Alpinisten.
Mission Gipfelglück für jedermann Die Zahl der Zugspitzbesteigungen nimmt langsam zu, immerhin 22 Personen erreichen das Kreuz im Jahr 1854. Mit dem Bau der Knorrhütte 1855 wird der Wunsch der Münchner Sommerfrischler erfüllt, den langen Anstieg durch das Reintal durch einen Stützpunkt in Gipfelnähe
Parallel zu dieser Entwicklung etablieren sich ab Ende des 19. Jahrhunderts die Bergbahnen, um möglichst vielen Besuchern ohne beschwerlichen Aufstieg die faszinierenden alpinen Landschaften nahezubringen. „Das Sehnen der Men-
schen ist seit langem aus den engen Mauern der Stadt herausgewachsen“, beschreibt Baurat Ph. Pforr in einer Publikation über die Bayerische Zugspitzbahn den allgemein spürbaren Wunsch nach intensiver Naturerfahrung.* Pläne, die Zugspitze durch den Bau einer Bergbahn zu erschließen, werden jedoch durch abgelehnte Konzessionen, Wirtschaftskrisen und den Ersten Weltkrieg zunächst vereitelt. Zum Vorbild nimmt sich die im Jahr 1928 gegründete Bayerische Zugspitzbahn schließlich die elektrisch betriebene Jungfraubahn im Berner Oberland, ein Pionierwerk, das große Steigungen überwinden kann. Die Entscheidung fällt zugunsten der Zahnradbahn, um möglichst viele Passagiere befördern zu können und durch den Tunnelbau größtmögliche Sicherheit vor Lawinen, Steinschlag und Schneestürme zu bieten.
Technische Meisterleistung Die Zugspitzbahn sollte die letzte touristische Zahnradbahn im Alpenraum sein, die verwirklicht wird. Während sie ab dem Zugspitzbahnhof Garmisch-Partenkirchen im Tal als Reibungsbahn verläuft, fährt sie ab Grainau als Zahnradbahn mit dem Zahnstangensystem »Riggenbach« weiter
bergwärts. Der Spatenstich erfolgt im Herbst 1928. Als Erstes wird der Streckenabschnitt zwischen dem Eibsee und dem Platt in Angriff genommen, um die Bauarbeiten im Tunnel auch im Winter vorantreiben zu können. Die 4.453 Meter lange unterirdische Trasse durch das Bergmassiv zwischen Riffelriß und Schneefernerhaus bedeutet eines der kühnsten Bahnprojekte der damaligen Zeit, eine technische und logistische Herausforderung. Durchschnittlich 5,3 Meter bohren sich die Arbeiter täglich tiefer in den Fels, von drei Fenstern ausgehend rücken sie bergwärts vor, um die 1.010 Meter Höhenunterschied zu überwinden. 80.000 m3 an Gesteinsmaterial werden über Schüttelrutschen ins Freie befördert. Zeitweilig wirken bis zu 2.500 Arbeiter an der Großbaustelle mit, teils schlagen sie monatelang bei extremen Witterungsbedingungen ihr Lager am Riffelriß auf. Neben einigen kleineren Zwischenfällen ereigneten sich tragischerweise auch zehn tödliche Unfälle, deren Opfern an dieser Stelle gedacht werden soll.
Damals wie heute eine Attraktion Nach nur zwei Jahren Bauzeit und Herstellungskosten in Höhe von 22 Millionen Reichsmark ist
es am 8. Juli 1930 so weit: Die große Eröffnungsfahrt bis zur Station Schneeferner geht über die Bühne, samt feierlicher Einweihung durch den damaligen Erzbischof Kardinal Faulhaber vor geladenen Gästen, die mit einem Sonderzug der Reichsbahn aus München anreisen. Mit Erleichterung und Stolz zelebrieren alle Beteiligten an diesem denkwürdigen Tag das Gelingen des ehrgeizigen Vorhabens. „Die Menschheit als Ganzes muss es begrüßen, dass der Zuwachs an seelischer Kraft und an körperlicher Gesundheit, den uns die Berge geben, nun für alle erreichbar ist“, frohlockte genannter Baurat Pforr* nach der Inbetriebnahme. Auf die geglückte Pioniertat sollen in der Unternehmensgeschichte der Bayerischen Zugspitzbahn noch viele weitere mutige Erschließungsprojekte folgen. Dank ihnen erleben Bergfreunde aus aller Welt rund um die Zugspitze eine einmalige Kombination von komfortablen Aufstiegshilfen und ursprünglicher alpiner Natur. Auch die Zahnradbahn behauptet sich – nach ständiger Modernisierung der Wagen und einer 1985 neu gebauten Tunneltrasse direkt zum Zugspitzplatt – bis heute als nostalgisches Zugpferd neben der topmodernen Seilbahn Zugspitze und als zuverlässiges Transportmittel auf einer der aufregendsten Bahnstrecken Deutschlands. Mit 90 Jahren ist diese Lady sozusagen im besten Alter.
*AEG Mitteilungen, Heft 4. April 1931, Berlin
DATEN & TECHNIK 560–720 Personen/h Beförderungskapazität
11,5 km Streckenlänge zwischen Grainau und Zugspitzplatt
4,8
Aktuelles Rollenmaterial: 2 Tallokomotiven | 3 Zahnradlokomotiven | 2 ZahnradTriebwagen | 6 Doppeltriebwagen mit Reibungs- und Zahnradantrieb | 1 Triebwagen mit Reibungs- und Zahnradantrieb | 3 Personenwagen und 4 Steuerwagen
km Tunnelstrecke
1.838 m Höhenunterschied
2.588 m Höhenlage des Gletscherbahnhofs
250 ‰ größte Steigung
1500 V Gleichspannung
Berglok Nr. 19 (in Betrieb seit 2017) 32 t Leergewicht 40 t zulässige Vorstelllast Geschwindigkeit Zahnstangenstrecke: bergwärts: 20 - 30 km/h talwärts: 15 - 24 km/h
DIE Z A HNRA D BA HN Meilensteine einer Erfolgsgeschichte
1928
1929
Erteilung der Bau- und Betriebskonzession für eine gemischte Reibungs- und Zahnradbahn am 1. April. Gründung der Bayerischen Zugspitzbahn AG am 18. Juni.
1978
Vier moderne, neue Leichttriebwagen verkürzen die Fahrzeit auf der Zahnradstrecke Grainau– Schneefernerhaus von 75 auf 60 Minuten.
Inbetriebnahme der Gipfelseilbahn und Eröffnung des Hotels Schneefernerhaus am 20. Januar.
Offizielle Einweihung des »RosiTunnels« und Gletscherbahnhofs Zugspitzplatt am 15. Januar. Zwei neue Doppeltriebwagen befördern die Gäste ohne Umsteigen von Garmisch-Partenkirchen bis zur Zugspitze.
2007 Inbetriebnahme der neuen Signalanlage zwischen den Bahnhöfen Garmisch und Zugspitzplatt.
Neubau des Bahnhofgebäudes der Zahnradbahn am Eibsee.
1931
1988
1987
2013
Eröffnung der Zahnradstrecke EibseeSchneefernerhaus am 8. Juli.
1954-1958
Zwei weitere Leichttriebwagen ermöglichen einen Halbstundentakt zwischen Grainau und Schneefernerhaus.
Fertigstellung des neuen 975 Meter langen Zahnradbahntunnels zum Zugspitzplatt, Tunnelpatin ist die Skilegende Rosi Mittermaier-Neureuther.
1930
Inbetriebnahme der ersten Teilstrecke der Zahnradbahn zwischen Garmisch und Eibsee am 19. Dezember.
1992
Stilllegung der Zahnradbahnstrecke zum Schneefernerhaus.
2006
2008
Einweihung von vier neuen Doppeltriebwagen.
Dienstschluss für die erste Lok der Bayerischen Zugspitzbahn: Die Berglok 11 geht mit der Tallok 3 als Dauerleihgabe an das Deutsche Museum in München.
2017
Betriebserlaubnis für die neue Zahnradlok BL 19 und damit für die deutschlandweit erstmals eingesetzte Funkfernsteuerung im Fahrgastbetrieb.
GE SCHICH T E SEL BER M AC H E N Neue Ausstellung präsentiert „90 Jahre Zahnradbahn“ Anlässlich des runden Jubiläums hat die Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG ihr Archiv geöffnet und viele interessante Fotografien, Dokumente und Objekte über den Bau und Betrieb der Zahnradbahn zutage gefördert. Ergänzt durch einige Leihgaben, veranschaulichen sie in einer neuen Ausstellung die Entstehungsgeschichte der Bahn und spannen den Bogen bis ins Heute. Nach der offiziellen Eröffnung am 8. Juli 2020 können Zuspitzgäste die Exponate in der Gipfelstation der Seilbahn Zugspitze kostenlos besichtigen. Themen wie Planung, Bauarbeiten, Technik, Betrieb, Wagen und der Umbau zum Rosi-Tunnel
bilden die inhaltlichen Schwerpunkte der mit Liebe zum Detail konzipierten Schau. In chronologischer Abfolge erkunden Besucher den „Lebenslauf“ der Zahnradbahn und tauchen dabei Schritt für Schritt in den historischen Kontext ein. Den Auftakt bilden u. a. Texte über die ersten Ideen zur Erschließung der Zugspitze, Fotografien von Vermessungsarbeiten und diverse originale Planzeichnungen. Anschließend wird das Thema Bau als zentrales Kapitel umfassend aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Die Exponate führen die logistischen und technischen Herausforderungen beim Gleis- und Tunnelbau vor Augen, dokumentieren die mühsame Materialanlieferung sowie die harten Bedingungen für die Arbeiter. Eindrucksvoll wird ersichtlich, wie diese teils über mehrere Monate in einfachen Unterkünften auf dem Berg gelebt und die Bauarbeiten plangemäß vorangetrieben haben. Auch an die tödlichen Unfälle, die sich während der zweijährigen Bauzeit bedauerlicherweise ereignet haben, wird erinnert. Ein weiteres Kapitel widmet sich den technischen Aspekten einer Zahnradbahn. Funktionsweise und Vorteile werden auf verständliche Weise erklärt und vorgeführt. Mit diesen neuen Erkenntnissen können Besucher leicht nachvollziehen, warum sich die Zahnradbahn auf das Zugspitzplatt bereits seit neun Jahrzehnten als Verkehrsmittel bewährt. Anhand von Infografiken wird gezeigt, wie sich Preise, Fahrgastzahlen und Fahrzeiten im Lauf der Zeit verändert haben und die nahezu lückenlose Sammlung der Fahrkarten von 1930 bis heute demonstriert zugleich Kontinuität und die fortschreitende Modernisierung. Weitere historische „Zeitzeu-
gen“ wie Fahrkartenzwicker, Hinweisschilder oder Telefone regen ältere Semester zum Erinnern und jüngere Gäste zum Staunen an. Auch die einzelnen Loks und Waggons seit der Jungfernfahrt erhalten gebührende Aufmerksamkeit. Informative Texte, Fotografien, Modelle und Sitzbänke aus verschiedenen Epochen verdeutlichen die Entwicklung in punkto Technik und Fahrgastkomfort. Im Kapitel über das Schneefernerhaus erfährt man Wissenswertes über das Gebäude, das zunächst als Zielbahnhof der Zahnradbahn und mondänes Hotel diente und seit 1999 als Umweltforschungsstation betrieben wird. Als letzten großen Schwerpunkt thematisiert die Ausstellung den Umbau des Zahnradbahntunnels, zu dem sich die Bayerische Zugspitzbahn in den 1980er-Jahren aufgrund der veränderten Bedürfnisse im Tourismus veranlasst sah. Auch hier werden die Bauarbeiten für die neue Tunneltrasse und die
feierliche Eröffnung mit Tunnelpatin Rosi Mittermeier-Neureuther anschaulich aufbereitet. In Summe verspricht die Ausstellung eine lehrreiche und unterhaltsame Zeitreise, die das Gipfelerlebnis auf der Zugspitze bis auf Weiteres perfekt ergänzt.
Facts Ausstellung „90 Jahre Zahnradbahn“ Wann:
ab 8. Juli 2020 zu den Betriebszeiten der Seilbahn Zugspitze Wo: im 1. Stock der Seilbahn-Gipfelstation Eintritt: kostenlos für Zugspitzgäste
DI E BAY E R I S C HE Z U GS PI T Z BAHN HEUTE Vom historischen Auftrag zum modernen Dienstleistungsunternehmen Seilbahntechnik, Komfort und Erlebnisvielfalt rund um Deutschlands höchsten Gipfel haben Quantensprünge vollzogen, seit die Zahnradbahn 1930 ihre Jungfernfahrt zum Schneefernerhaus absolvierte. Der Antrieb der Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn AG lautet jedoch heute noch genauso wie damals: das Erlebnis Berg ganzjährig und für jedermann zugänglich zu machen. Als zeitgemäßes Dienstleistungsunternehmen mit insgesamt 27 Bergbahnen und Skiliften sowie sieben unternehmenseigenen gastronomischen Betrieben befördert sie Menschen entspannt in „höhere Sphären“ bis auf knapp 3.000 Meter und verwöhnt sie mit nicht alltäglichen Impressionen und Genussmomenten. Dank der Nähe zu München und der guten Anbindung mit Bahn oder Auto erfreuen sich die Zugspitze, das Gebiet Garmisch-Classic und der Panoramaberg Wank höchster Beliebtheit als Naherholungsraum und international bekanntes Ausflugsziel.
Aufstiegshilfen, die Eindruck machen Wintersportler aller Disziplinen genießen in den schneesicheren Skigebieten Garmisch-Classic und Zugspitze insgesamt 60 top präparierte Pistenkilometer samt Snowpark, Kinderland, Rodelbahnen und gemütlichen Einkehrmöglichkeiten. Als Ritterschlag für Könner gilt die legendäre Kandahar-Piste, jährlicher Schauplatz von Abfahrtsrennen im FIS Alpinen Skiweltcup. Im Sommer kommen Bergsteiger, Tagesausflügler, Familien mit Kindern und Senioren gleichermaßen auf ihre Kosten. Egal ob hochalpine Bergtouren, Wanderungen jeglichen Schwierigkeitsgrads oder ein Besuch der spektakulären Aussichtsplattform AlpspiX am Osterfelderkopf: Die Bergbahnen der Bayerischen Zugspitzbahn ebnen zuverlässig den Weg in die Höhe und erschließen faszinierende Landschaften von ursprünglicher Schönheit. Ein herausragendes Gesamterlebnis bietet die topmoderne Seilbahn Zugspitze mit der regional ausgerichteten Gipfelgastronomie im Panorama 2962 und dem Rundblick auf 400 Alpengipfel in vier Ländern.
Impressum Design/Konzept NAGEL Werbeagentur agentur-nagel.de Herausgeber / für den Inhalt verantwortlich Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG Olympiastraße 27 82467 Garmisch-Partenkirchen zugspitze.de Bilder: Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG, Matthias Fend, Oliver Farys Druck: Medienhaus Kastner Fehler, Irrtümer und Änderungen vorbehalten. Archiv BZB