3 minute read

Mein liebstes Ding — Telefonseelsorge

| MEIN LIEBSTES DING |

CHRISTIANE SACHSE

Advertisement

»Es geht ums Zuhören«

Das WWWW der Telefonseelsorge:

MANCHMAL BEDRÜCKEN EINEN SORGEN UND NÖTE, aber nicht immer steht jemand zum Reden bereit. Eine Anlaufstelle hierfür kann die Telefonseelsorge sein, die bundesweit rund um die Uhr kostenfrei zu erreichen ist. Die Ehrenamtlichen arbeiten mit viel Engagement, Herz und Leidenschaft – haben aber auch Nachwuchssorgen. Wir trafen uns mit Christiane Sachse, Leiterin der Telefonseelsorge Ostthüringen, und fragten einmal, was genau hinter dem Ehrenamt steckt.

»Die Telefonseelsorge stellt eine bundesweite und kostenfreie Rufnummer bereit, die man jederzeit wählen kann, wenn man eine seelische Krise durchläuft, sich Probleme angehäuft haben oder man einfach nur jemanden zum Reden braucht«, fasst Christiane Sachse das Hilfsangebot zu Beginn unseres Gesprächs kurz zusammen. »Aber es ist wichtig zu betonen: Auch wenn all unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine Ausbildung abgeschlossen haben, um das Ehrenamt ausführen zu können — die Telefonseelsorge ist zu keinem Zeitpunkt eine professionelle Beratung. Bei uns geht es in erster Linie ums Zuhören.«

Die Telefonseelsorge gibt es in Deutschland bereits seit den 1950igern, also fast schon siebzig Jahre. Drei Jahre nach dem Start in London wurde 1956 in Berlin eine erste private Telefonnummer für Hilfesuchende veröffentlicht, es folgten Angebote in Kassel und Frankfurt am Main. Zu einer besseren Koordinierung wurde die Telefonseelsorge bald darauf bundesweit unter einer Nummer zusammengefasst. Trotzdem landet man bei einem Anruf immer in der eigenen Region: »Wenn man in Jena oder dem Umland die Nummer der Telefonseelsorge wählt, kommt man auch hier wieder raus — bei uns sind das die Dienststellen Jena und Gera. Das ist wichtig, weil sich die Stellen in der Gegend am besten auskennen, um eventuell auch einmal weitergehende Hilfe zu vermitteln. Zudem besteht regional auch ein besserer Bezug zu manch einem Thema.«

GRUNDSÄTZE DER TELEFONSEELSORGE

Die Telefonseelsorge arbeitet nach mehreren Grundsätzen. Die wohl wichtigste ist die absolute Wahrung der Anonymität auf beiden Seiten: So wird niemand der Anrufenden nach dem Namen gefragt, ebenso erscheint die Telefonnummer auf keinem Display. Nicht einmal in den Einzelverbindungsnachweisen der Telefonrechnung wird die gewählte Nummer der Telefonseelsorge angezeigt. Umgekehrt gilt das genauso — auch die Telefonseelsorge bleibt vollkommen anonym. Ebenso unterliegen die ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einer absoluten Schweigepflicht.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Erreichbarkeit. Die Telefonseelsorge ist an allen Tagen rund um die Uhr erreichbar, auch an Wochenenden und Feiertagen. Die Nummer unterliegt zudem der Gebührenfreiheit, für alle Anrufenden fallen keinerlei Kosten an. Zudem kann sich mit sämtlichen Sorgen, Nöten und Problemen an die Nummer gewandt werden, denn es herrscht absolute Offenheit. Ein letzter Punkt ist die Kompetenz, die durch eine vorherige Ausbildung erreicht wird.

Nun könnte man meinen, dass man den Telefondienst auch bequem von zu Hause aus führen kann. Aber dem ist nicht so — und das hat seinen Grund: »Manche Themen möchte man nicht in den eigenen vier Wänden haben«, erläutert Christiane Sachse und gibt weiterhin einen Einblick in das Arbeitsumfeld: »Unsere Ehrenamtlichen sollen sich natürlich wohl fühlen. Die anonymen Dienststellen sind deshalb wie gemütliche kleine Wohnungen. Es gibt eine Kochecke, so dass man sich einen Tee oder Kaffee zubereiten kann und bequeme Sitzecken, um nach einem Gespräch auch mal durchzuatmen.«

Pro Jahr gehen mittlerweile deutschlandweit über eine Million Anrufe bei der Telefonseelsorge ein. Im Bereich Ostthüringen gab es 2019 ca. 4.000 Anrufe, während der Coronazeit war ein Anstieg auf ungefähr 6.000 Anrufe im Jahr zu verzeichnen. Um dieses enorme Pensum an Gesprächen absichern zu können, sind in Deutschland über 8.000 Menschen am Telefonhörer im Einsatz. Christiane Sachse: »70–90 Personen bräuchte man eigentlich allein in einer Dienststelle,

Wer: Telefonseelsorge Deutschland Was: Zuhören Seit wann: seit 1956 Wo: in ganz Deutschland

This article is from: