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Kolumne Dominique Wand

| KOLUMNE |

Und nun?

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Da sitzt man an einem handelsüblichen Karfreitag in seiner Küche und beginnt eine Kolumne zu schreiben. Im Jahre 2022. Irre!

Da ich ja nun auch schon ein paar Jahre dabei bin, habe ich einen einigermaßen großen Fundus an Zukunftsvisionen, Utopien und Dystopien gleichermaßen, angesammelt.

Und nun? Nein, wir schweben nicht nach Kubrickscher Lesart im Wagnerrausch lautlos durch das Weltall und erwehren uns der eigens zu diesem Zwecke erschaffenen KI. Noch nicht.

Aber wir irren auch nicht mit grimmiger Mine im PS-starken Boliden durch eine postkapitalistische Nichtordnungswüste wie einstmals Mad Max. Noch nicht.

Aber wir sind an einem Scheideweg angekommen. Alles oder nichts, soviel steht fest.

Ich für meinen Teil entscheide mich heute mal dafür, dass Leben mit all seinen Veränderungen zu feiern.

Ja klar, irgendwie geht vielen von uns der Arsch auf Grundeis angesichts der momentanen Entwicklungen. Aber mal ehrlich, was soll‘s? Vieles von dem, was uns bei nachrichtlicher Betrachtung der Welt so plagt, können wir ohnehin nicht ändern. Also bleibt es jedem Einzelnen selbst überlassen, welche Schritte in welche Richtung auch immer man geht. Und das ist doch schon mal ein Anfang.

Also, hier ein paar Tipps gegen den aufkommenden Weltekel:

Macht selbst. Pult ein paar Kerne aus euren Lieblingstomaten und zieht euch ein paar Pflanzen, dass macht Spaß. Jene unter Euch, die dies bisher nur mit Hanf getan haben, wissen wovon ich rede.

Sucht euch eine gute und möglichst regionale Mühle in eurer Nähe. Kauft Mehl und Saaten und fangt an, euer eigenes Brot zu backen. Das wird euch ein breites Grinsen in die Gesichtsmuskeln zaubern. Versprochen. Und ihr werdet in kürzester Zeit merken, was für einen Dreck ihr üblicherweise aus dem Teiglingregal gefischt habt.

Lernt unbedingt Dinge, die ihr schon immer mal machen wolltet, aber euch nie getraut habt. Denn Veränderung zu betrachten, macht schnell müde und hilflos. Aber sich selbst zu verändern ist eine unfassbare Möglichkeit. Nichts, aber auch wirklich nichts ist in Stein gemeißelt.

Und das ist eine wirklich tiefgehende Erfahrung. Ich habe in den letzten zwei Jahren soviel gewonnen. Ich kann Ziegen hüten und Zäune stellen. Ich kann Bernstein schleifen und Schmuck daraus machen. Ich kann auf vermeintlich liebgewonnene Dinge verzichten und dafür andere entdecken. Sicher, man hat nicht immer alles in der Hand und wenn man ehrlich durch sein Leben streunt, dann ist es sogar sehr wenig. Aber dieses Wenige ist mehr als genug.

Die Hände in den Sand graben ist viel hilfreicher, als den Kopf in denselben zu stecken. Vielleicht ist Veränderung sogar eines der wesentlichsten Merkmale unseres Daseins. Denn sie passiert ohnehin, ganz gleich was wir tun. Aber es gibt nahezu nichts, was mehr befriedigt, als die Veränderung in die eigene Hand zu nehmen. Räumt um, schmeißt raus, werft weg, legt an, zieht hoch, gebt und nehmt.

Vielleicht kommt es einem so vor, als sei das Zeitalter der Idioten angebrochen. Und vielleicht ist das sogar so. Aber die Idioten werden nur gewinnen, wenn wir sie gewähren lassen und wir stumpf unsere Bahnen ziehen.

Kauft euch eine Handvoll Blumensamen, zieht durch die Parks eurer Stadt und sät. Was soll schon passieren? Nichts, außer dass an neuen Stellen neue Blumen wachsen.

Wenn euer Job euch in den Wahnsinn treibt, dann hört auf damit. Lasst los. Ich glaube, dass ist die entscheidende Erkenntnis. Niemals etwas behalten zu wollen und immer zu wissen, dass man letztlich nichts festhalten kann. Ok, das mag für den Einen oder Anderen beängstigend klingen, aber am Ende ist das eigentlich nur eine sehr befreiende Erkenntnis.

Da sitze ich nun, an einem handelsüblichen Karfreitag im Jahre 2022. Gleich schiebe ich mein Osterbrot in den Ofen, helfe mittels Futter noch ein paar Vögeln in den Frühling und dann schmeiße ich mich auf’s Rad und fahre was weiß ich wohin. Und ich habe ganz sicher eine paar Blumensamen dabei. Wenn also in ein paar Wochen irgendwo plötzlich was wächst, was vorher nicht da war, dann bin ich schuld. Oder ihr! Guter Gedanke!

Euer Dominique Wand

DOMINIQUE WAND

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