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02/2019

UNITED

Feeling

Warum SOKO Donau-Ermittlerin Lilian Klebow das Rad für das Transportmittel der Zukunft hält, wie gemeinschaftliche Wohnformen der Einsamkeit die Grenzen aufzeigen und ein österreichischer Radprofi durch letzte Plätze zum Gewinner wurde.


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Die Welt ist voll mit ihnen: Bakterien und Mikroben übersäen jede Oberfläche. Im weltweit ersten Mikroorganismenzoo in Amsterdam kann man per Videoanalyse zuschauen, wie viele von ihnen während eines Kusses ausgetauscht werden.

Ü B ERT REIB U NG D ES M O NATS

„Um ein Champion zu sein, musst du daran glauben, der Beste zu sein. Bist du es nicht, tue wenigstens so.“

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Boxlegende Muhammad Ali (1942–2016) hielt sich immer nur an Teil eins seines Zitats. Ein viel zu großer Teil der Menschheit machte sich Teil zwei zu eigen.

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Foto: Getty Images/Bryn Lennon

H EI M L I C H ES ID O L

Gemeinsames Lachen fördert ein positives Gefühl in einer Gemeinschaft. Ebenso ein negatives, falls es um „Verlachen“ geht. Wie amerikanische Forscher herausgefunden haben, erkennen das sogar schon Babys. Sie sehen den Unterschied, ob Lachen in einer Situation unter Freunden passiert oder ob es eher erzwungen ist.

CHRIS FROOME Der vierfache Tourde-France- und zweifache Olympiasieger ist mit fiesen Attacken ebenso wie mit Sympathiebezeugungen vertraut. Er wurde schon mit einem Urinbecher beworfen, kürzlich haben ihn enthusiastische Radfans förmlich überrannt – Froome behielt die Ruhe.

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4 EDITORIA L

I M P R E S S U M

Manchester, West Ham, Newcastle und Sheffield sind es – zumindest auf dem Rasen. Die States of America auch abseits davon. Genauso wie das Kingdom. Die Nations sollten es sein (aber, na ja, die Vetomächte). Trotzdem: Im englischen Sprachraum scheint man schnell einmal „United“ zu sein. Oder man hat tatsächlich mehr Gemeinschaftssinn. „United We Stand“, das Credo nach 9/11, hallte allerdings nicht lange nach. „Split We Sit“ würde es heute eher treffen. Aber gut, wenn’s um Spaltung geht, können wir getrost vor der eigenen Tür kehren. Die EU, ebenso eine Gemeinschaft, die von einem starken Wir-Gefühl getragen sein sollte, war ja auch schon mal geeinter. Dabei kennt es doch jeder aus seinem eigenen Mikrokosmos: Gemeinsam ist immer besser als einsam. Wissen die Hippies, die seit 1968 in Südindien an der Stadt der Zukunft bauen; weiß jeder Radprofi, der schon einmal versucht hat, ein Rennen im Alleingang zu gewinnen; wissen alle, die die Vorzüge von gemeinschaftlichen Wohnformen getestet haben. Sie nicht? Dann könnte es sich lohnen, 110 % zu lesen. Und wenn Sie jemanden zur Hand haben, dann tun Sie’s doch gemeinsam. Herausgeber „Die Presse“ Verlags-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Medieninhaber & Konzeption Proverbi GmbH, Heinrichstraße 27/EG/2, 8010 Graz Verlagsadresse 110 % Magazin, Margaretenstraße 56/4/46, 1050 Wien, office@110prozent.at Hersteller Oberndorfer Druckerei GmbH, Mittergöming 12, 5110 Oberndorf Anzeigen Tel.: +43/(01)/514 14 535, E-Mail: anzeigenleitung@diepresse.com Creative Direction Nicolas Frey / Art Direction Barbara Kretschmar Grafisches Konzept Albert Exergian / Social Media Nicola Powell Redaktion Manfred Behr, Alexander Kern, Robert Kropf, Christiana Ogunfojuri, Julia Pollak, Johannes Stühlinger Fotoredaktion Nini Tschavoll / Lektorat Carola Kilga / Produktion Michael Schmid Coverfoto Raphael Just / Cover Bildbearbeitung Retoucherie, Julia Müller-Maenher

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16 Coverstory: Sie ist immer auf Achse Lilian Klebow, Chef-Ermittlerin in „SOKO Donau“ drückt im Interview aufs Tempo: Warum das Rad für sie das Transportmittel der Zukunft ist und sie ohne funktionierende Gemeinschaft aufgeschmissen wäre.

26 Christls Welt: Caring is Sharing Unsere Kolumnistin Mrs. Clear bedient sich gern im Kleiderschrank von Mr. Clear. Welche modischen Assets frau sonst noch von ihrem Liebsten borgen kann und welche Accessoires sie dafür anzubieten hat.


5 INHA LT

46 Das jüngste Gericht: Brüder im Geiste

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Rüttel am Watschenbaum, Mexiko treu bleiben – an den Drinks und Gerichten von Hubert Peter und Lucas Steindorfer merkt man gleich: Hier geht’s unkonventionell zu!

U N I T

36 Die schnellste WG von Mallorca Tagsüber im Sattel sitzen, abends mit Gleichgesinnten fachsimpeln. Eine Idealvorstellung, die Ex-Bahnrad-Ass Jan Eric Schwarzer touristisch umsetzte. Was rauskam, ist mehr Rad-WG als Hotel.

Fotos: Hersteller, Dan Zoubek, Philipp C. Schuster, Gregor Kuntschner

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Ein Leben in der Falllinie Ausnahmetalent Valentin Rohrmoser ist jung, furchtlos und geschwindigkeitserprobt. Sein Sport: Mountainbike-Downhill. Sein Credo: am schnellsten von oben nach unten. Heuer erstmals als Profi.

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WEITERE THEMEN: Die Epidemie der Einsamkeit und wie wir sie durch alternative Wohnkonzepte zurückdrängen können (S.6); Das Rad neu erfinden. Smart Cycling und Connected Bikes als Vorboten der schönen neuen Radwelt (S.24); Im Räderwerk der Obsession. Autor Joachim Zelter über den Radsport als Metapher für den Alltag (S. 25); Auf Kuschelkurs. Elisa Mayer streichelt Zärtlichkeitsbedürftige – von Berufs wegen (S.32); Last, but not least. Wie ein steirischer Radprofi durch letzte Plätze weltberühmt wurde (S.50); Räucherstäbchen für die Revolution. Hippies wollten in Auroville das Paradies erschaffen. Inzwischen ist man ein wenig vom Weg abgekommen (S.54)


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„Menschen, die zugeben einsam zu sein, haftet bei uns ein Makel an. Sie werden dafür persönlich verantwortlich gemacht.“ Die WissenschafterInnen sind sich einig wie nie: Wir haben es mit einer Epidemie der Einsamkeit zu tun. Alternative Wohnbaukonzepte könnten die Antwort sein. Die Zauberwörter lauten: gemeinschaftliches Wohnen. Text: Manfred Behr  Illustrationen: James Clapham

Foto: Chris McAndrew/Wikipedia

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a, Panik! Die Welt ist voll mit Büchern, Studien, Zeitungsartikeln, die Angst und Schrecken verbreiten. Und auch genau darauf abzielen. Doch nicht immer stecken hinter all dem Alarmismus die üblichen Verdächtigen. In den letzten Jahren schrien es uns sonst eher unaufgeregte ZeitgenossInnen wie SoziologInnen, HirnforscherInnen, PsychiaterInnen und GesundheitsjournalistInnen schonungslos ins Gesicht: „Hey! Ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie vereinsamen!“ Aber so was von! Die Publikationen trugen Titel wie „Einsamkeit – die unerkannte Krankheit. Schmerzhaft, ansteckend, tödlich“ (Manfred Spitzer), „Alone Together – die Vereinsamung in der digitalen Welt“ (Sherry Turkle) oder „Einsamkeit – die unterschätzte Seuche“ (Kurier). Zahlengetriebene stürzten sich auf Statistiken wie diese: Einsamkeit im Alter erhöht das Sterberisiko um 32 und die Gefahr, an Demenz zu erkranken, um 40 Prozent. Oder: Neun von 66 Mio. Briten fühlen sich häufig einsam. Ob sich das nach dem Brexit bessern wird? Pre-

T RAC E Y C RO UC H Die 43-jährige ausgebildete Fußballtrainerin amtiert seit 2017 als britische Ministerin für Sport, Zivilgesellschaft und Einsamkeit.

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mierministerin Theresa May hat mit Tracey Crouch schon mal vorsorglich eine „Einsamkeitsministerin“ installiert. Und überhaupt: Unerwünschtes Alleinsein ist so gesundheitsschädlich wie täglich 15 Zigaretten zu rauchen. Wollen Forscher der University of Utah herausgefunden haben. Möglich bis wahrscheinlich, dass Korrelation bisweilen mit Kausalität verwechselt wurde (zum Beispiel als Spitzer Einsamkeit zur Todesursache Nr. 1 erklärte) – eines steht trotzdem fest: Für das Herdentier Mensch stellt unerwünschtes Alleinsein eine Belastung dar, die dieselben Gehirnregionen aktiviert wie Schmerz. Es kann Angstzustände, Depressionen und Stress auslösen und dadurch Blutdruck und Blutzuckerspiegel in lichte Höhen treiben. Fraglich ist hingegen, ob sich der Trend zur Einsamkeit tatsächlich so dynamisch entwickelt wie kolportiert. Das Thema fesselt WissenschafterInnen nämlich erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit, valide Daten aus vergangenen Jahrzehnten fehlen. Und gäbe es sie, könnte die gesunkene Hemmschwelle, über persönliche Unzufriedenheit


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DAS DORF IN DER CITY: GEMEINSAM STATT EINSAM

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ie tragen Namen wie „Seestern Aspern“, „Mauersegler“ oder „B.R.O.T.“. Und sie sind stark im Kommen: Derzeit befinden sich österreichweit 80 Wohnprojekte, die von den künftigen BewohnerInnen zusammen mit einem Bauträger gemeinschaftlich entwickelt und gestaltet werden, in Planung oder Umsetzung. Die Journalistin Barbara Nothegger (40) schloss sich mit ihrer Familie 2011 dem „Verein für nachhaltiges Leben“ an und arbeitete die Erfahrungen in ihrem Buch „Sieben Stock Dorf – Wohnexperimente für eine bessere Zukunft“ (Residenz Verlag, 2017) auf.

„Die soziale Nachhaltigkeit dieser Modelle kann Einsamkeit und ihre psychosozialen Folgen eindämmen.“ ANDR EA JANY

Kontakte kappt, das Verschwinden traditioneller Zusammengehörigkeitsmechanismen, der galoppierende Trend zur Individualisierung (der dazu führt, dass man weniger aufeinander schaut) und natürlich die Digitalisierung und hier vor allem die exzessive Nutzung sozialer Medien. Wobei häufig nicht nur das – angebliche – seelische Verkümmern, sondern auch eine Art „Digitalneid“ als Triebfeder von Unzufriedenheit wirkt: Ist der/die andere besser vernetzt, glücklicher, beliebter (Likes!)? Geht es dem/der anderen besser als mir? Der demografische Wandel scheint speziell in Form der Urbanisierung seinen Beitrag zu leisten. Bei den Zurückgelassenen wie auch bei den neuen Städtern. Alternative Wohnkonzepte wie Mehrgenerationenhäuser oder „Wohnen gegen Hilfe“ würden helfen. Ebenso wie innovative Projekte im modernen Wohnbau. Die Zauberwörter heißen: gemeinschaftliches Wohnen, Mitge-

BARBARA NOTHEGGER Die Immobilienjournalistin (Format, Trend, heute Kurier) lebt seit 2013 im gemeinschaftlichen Wohnprojekt (www.wohnprojekt. wien) am Wiener Nordbahnhof.

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Leben wie in einem Dorf mitten in der Stadt. Wie sieht das in der Praxis aus? BARBARA N OTH E G G E R: Unser Haus besteht aus 40 Wohneinheiten von 38 bis 135 m2, in denen derzeit 65 Erwachsene und 35 Kinder leben. Von den meisten weißt du den persönlichen Background, mit vielen bist du befreundet, bei ein paar grüßt du und gehst weiter. Aber du kennst jeden einzelnen. Für unsere Kinder war und ist es ein Traum – die haben Spielkameraden im Überfluss. Und wenn ich mal ungeplant weg muss, brauche ich nicht lange zu überlegen, wer auf die Kids aufpasst. Genauso wenig, wie sich unsere älteren BewohnerInnen darum sorgen müssen, wer für sie einkauft oder den Weg zur Apotheke erledigt, wenn sie mal krank sind. Wie hat sich diese große Gruppe an Menschen gefunden? Und wie streng war der Ausleseprozess, wer mitmachen darf und wer nicht? Es gab eine Kerngruppe von 15 Personen, die sich als gemeinschaftliches Wohnprojekt beworben und von der Stadt Wien den Zuschlag erhalten hat. Bei der Auswahl der MieterInnen haben wir auf Durchmischung wert gelegt. Sowohl beim Alter – unsere

Foto: Ursula Röck

offen zu reden, zu einer Scheinkausalität führen. Wiewohl Einsamkeit immer noch als soziales Stigma erlebt wird, wie Janosch Schobin, Makrosoziologe an der Universität Kassel, berichtet: „Menschen, die zugeben einsam zu sein, haftet noch immer ein Makel an. Er oder sie wird persönlich dafür verantwortlich gemacht und darf von seinem bzw. ihrem Umfeld keinerlei Hilfe erwarten. Anders als etwa in Südamerika, wo das Aussprechen dieses Gefühls belohnt, als Aufforderung Unterstützung zu geben verstanden wird.“ Die Liste der Ursachen für eine „Epidemie der Einsamkeit“ ist von stattlicher Länge: die steigende Arbeitsbelastung, die zunehmend Zeit für das Pflegen sozialer


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staltung, Partizipation. Andrea Jany, Architektin und Wohnbauforscherin an der TU Graz, untersuchte das in den 1970ern lancierte Modell Steiermark, eines der weltweit ersten Projekte dieser Art. Geforscht wurde an drei Standorten, an denen jeweils ein Objekt im konventionellen und partizipativen Wohnbau errichtet wurde. „Auffällig war, dass sich die Wohnzufriedenheit in zwei Punkten markant unterschied: die Intensität des nachbarschaftlichen Austausches erwies sich im partizipativen Modell als doppelt, der Wunsch nach örtlicher Veränderung als halb so hoch.“ Die positiven volkswirtschaftlichen Effekte gemeinschaftlicher Wohnmodelle liegen für Andrea Jany auf der Hand: „Kranken- und Altenpflege, aber auch Kinderbetreuung müssten nicht mehr an Drittinstitutionen ausgelagert werden. Die soziale Nachhaltigkeit solcher Modelle wäre ein Mittel, um Einsamkeit und ihre psychosozialen Folgeerscheinungen einzudämmen.“ Die Wohnbaupolitik habe daraus aber nicht die entsprechenden Lehren gezogen. „Bei vielen Projekten ging der Trend zuletzt in Richtung Mikrowohnungen, jedoch ohne Ausgleichsflächen zu schaffen. Durch die weitgehende Kommerzialisierung des städtischen Bereiches fehlt es insbesondere Jugendlichen an Orten des Austauschs. Der Druck auf die Gesellschaft als Ganzes nimmt zu. Mit allen nachteiligen Effekten.“

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AND RE A JA N Y Die gebürtige Thüringerin ist Expertin für sozialen Wohnbau, erforschte das Modell Steiermark, das in den 1980ern weltweit als Vorzeigeprojekt galt.

JANOSC H SC HO B IN Der Makrosoziologe der Universität Kassel widmet sich in seinen wissenschaftlichen Arbeiten der Soziologie der Freundschaft und der sozialen Isolation.

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älteste Bewohnerin ist 73 – als auch beim kulturellen Hintergrund. Im Haus leben Menschen aus den USA, Italien, Palästina – und in einem der Gästeapartments seit 2015 eine syrische Flüchtlingsfamilie. Am wichtigsten war uns aber immer die Bereitschaft, Arbeiten für die Gemeinschaft zu übernehmen. Wobei man fairerweise sagen muss: Wir haben keine Sanktionierungsmöglichkeiten, wenn jemand nicht mittun will. Und diese Menschen wird’s immer geben. Du kannst dich daran aufreiben oder einfach darüber hinwegsehen. Weil du deinen Part ja gerne machst. Bis jetzt waren elf Stunden Gemeinschaftsarbeit pro Monat vereinbart. Im Moment testen wir gerade, ob es auch ohne strikte Einteilung geht. Wie ist – abseits der Arbeit – Gemeinschaft in Ihrem Wohnprojekt erlebbar? Auf vielfältigste Weise. Unsere Gemeinschaftsflächen umfassen 700 m2. Dazu zählt eine Gemeinschaftsküche, in der täglich für bis zu 30 Leute gekocht wird. Für all jene, die daheim arbeiten, für das Architekturbüro im Haus etc. Jeder, der das nützt, kommt im Schnitt alle zwei Wochen als Koch dran. Wir haben aber auch unser eigenes Kaffeehaus, das „Salon am Park“. Wir verfügen über Veranstaltungsräume, in denen schon geheiratet wurde, die wir auch vermieten – vorzugsweise und zu Sonderkonditionen an andere Baugruppen, deren Projekte gerade im Entstehen sind. Im Untergeschoß gibt es eine Werkstätte für alle, aus der man sich Werkzeug auch ausleihen kann. Viele alternative Wohnprojekte setzen auf Food Coops. Wir natürlich auch. Sie steht allen Leuten des Grätzls offen. Uns beliefern Bio-Erzeuger aus der Umgebung mit Gemüse, Getreide, Eiern, Säften etc. Zweimal im Jahr stellt sogar unser persönlicher Orangenbauer aus Spanien zu, das Olivenöl kommt aus Griechenland, sogar mit einer Kaffeekooperative stehen wir in Kontakt. Und den Honig produzieren wir in Zukunft selbst. Auf dem Dach wird ein Bienenkorb aufgestellt, zwei Bewohnerinnen, die die Imkerausbildung absolviert haben, werden ihn betreuen. Apropos Dach: Dort haben wir einen Garten, auf dem gegrillt wird, aber auch gemeinsame Filmabende oder ein Public Viewing während der WM stattfinden. Dort gibt’s auch Gemüsebeete, ein Planschbecken – und zudem eine Bibliothek. Klingt paradiesisch. Ganz ohne Konflikte wird’s aber doch nicht abgehen, oder? Die Konflikte sind dieselben wie überall. Dass BewohnerInnen unterschiedliche Bedürfnisse im Bereich der Sauberkeit haben. Dass nicht jeder und jede begeistert ist, wenn die Kinder das

Fotos: privat

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Haus auf den Kopf stellen. Aber so schlimm kann’s nicht sein. In sechs Jahren ist erst eine Wohnung frei geworden – und die auch nur, weil sich das Paar getrennt hat. Wie werden Entscheidungen getroffen, die alle tangieren? Bei uns herrscht Soziokratie. Es gibt sechs große Arbeitsgruppen mit fünf bis zehn Personen zu Themen wie etwa „Garten“. Diese Gruppen entscheiden zum Teil autonom, für die wirklich wichtigen Fragen werden Vorschläge erarbeitet, die dann im Gemeinschaftstreffen im Konsent entschieden werden. Heißt also, wir diskutieren, bis wir eine Lösung finden, mit der jeder zumindest leben kann. Im Gegensatz zum Konsens einer Basisdemokratie, wo für jeden die optimale Lösung gesucht – und vielleicht nie gefunden wird. Taugen alternative Wohnprojekte als Mittel gegen Immobilienspekulation und stetig steigende Wohnkosten? Wir sprechen hier nicht von sozialem Wohnbau, das muss klar sein. Aber die Preise liegen doch bedeutend niedriger als bei frei

finanzierten Wohnträgern. Die nötigen Eigenmittel, die man wie bei Genossenschaftswohnungen absetzen kann, beliefen sich auf 560 Euro pro m2, der „Mietpreis“ beträgt 9,50 Euro inklusive aller Gemeinschaftsflächen. Zu beachten ist: Das Haus gehört dem Verein, es handelt sich also nicht um Eigentumswohnungen im engeren Sinn. Man kann sie daher auch nicht verkaufen und von Preissteigerungen profitieren. Dafür bleibt der Mietpreis langfristig stabil. Und wie sieht es in puncto Nachhaltigkeit aus? Ökologisch betrachtet konnten wir im Bereich des Wohnens unseren Fußabdruck um 35 Prozent verringern. Aus ökonomischer Sicht herrscht im Haus ein reger Tauschhandel. Gewisse Dinge wie etwa Kinderski muss man einfach nicht kaufen. Würden Sie sich im Wissen von heute nochmals für ein solchen Projekt entscheiden? Mit Sicherheit. Ich kann mir eine andere Form des Miteinanderlebens gar nicht mehr vorstellen.

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Smarte Bike-Systeme versprechen Entertainment, Bequemlichkeit und Sicherheit.

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ÜBER DIE LUST, DAS RAD NEU ZU ERFINDEN Das Phone ist längst schon smart, das Home mittlerweile ebenso, ja selbst der Kühlschrank. Jetzt wird auch die letzte Lücke in der Konnektivität geschlossen: Mit cleveren Helmen und Brillen rollen wir mit unseren Connected Bikes in Richtung einer schönen neuen Radwelt. Text: Manfred Behr

Foto: Hersteller

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as war ja mal wieder klar. Kaum aufs Mountainbike geschwungen, eine halbe Stunde in die Pedale getreten, da tauchen sie schon auf über dem Bergland: bedrohlich dunkle Wolkentürme. „Wird es Regen geben?“, frage ich die Wetter-App, die mit meinem Smart Helmet verbunden ist. „Mit 90%-iger Wahrscheinlichkeit innerhalb von 30 Minuten. Dazu Sturmböen bis 70 km/h“, erhalte ich postwendend als Antwort. „Wenn Sie ,Ja‘ sagen, navigiere ich Sie zum nächstgelegenen Bahnhof und buche ein Zugticket nach Hause für Sie und Ihr Fahrrad.“ – „Ja! Aber bestell mir für die Ankunftszeit eine Calzone in der Bahnhofspizzeria. Und spiel mir ,Here Comes the Rain Again‘ von den Eurythmics.“ – „Wird gemacht!“ Eine Stunde später betrete ich trockenen Fußes und mit vollem Magen meine Wohnung. Das Leben kann so einfach sein. Viel trennt uns nicht mehr von der schönen neuen Radwelt, von Mensch-Maschine-Dialogen wie diesem. „Die Mobilität der Zukunft ist elektrifiziert, automatisiert, vernetzt. Das Radfahren wird zu einem be-

sonderen digitalen Erlebnis“, verspricht Tamara Winograd, Marketingleiterin bei Bosch-eBike-Systems. Aber auch die Gegenwart hat schon jede Menge zu bieten: nützliche Gadgets und Schnickschnack für Technologieverliebte. Ein Feuerwerk an Innovationen, das sich mit vier Schlagwörtern eingrenzen lässt: Smart Cycling, Connected Bikes. Als Pionier und Trendsetter beim Entwickeln smarter Bike-Systeme gilt Andreas Gahlert, der 2014 eine richtungsweisende Marke positionierte: Cobi, ein Kürzel, das, gar nicht weit hergeholt, für Connected Bike steht. Gleich im ersten Jahr gelang der große Wurf: in Form des COBI.bike-Systems, das mit E-Bikes von Bosch (übernahm 2017 das Frankfurter Start-up) und allen Rädern kompatibel ist. Konnektivitätsjunkie muss man jedenfalls keiner sein, um die Vorzüge zu schätzen. Im smartphonebasierten Cobi-Cockpit bleibt nämlich kaum ein Bikerwunsch unerfüllt. Ein radoptimiertes Turnby-Turn-Navigationssystem geleitet uns sicher ans Ziel, auf dem Weg dorthin liefern Spotify & Co. den gepflegten Sound. Die Verbindung zur Fitness-App und zu Fitnesssensoren liefern persönliche Performance110% UNITED

daten (Herz- und Trittfrequenz, Kalorienverbrauch etc.) in Echtzeit. Und das abendliche Date lässt sich ganz oldschool per Telefonanruf einfädeln. Der Clou dabei: Die Hände bleiben am Lenker, der Blick auf die Straße gerichtet, gesteuert wird die zentrale Schnittstelle ausschließlich per Daumen. Doch das COBI.bike-System sorgt nicht nur für Spaß und Bequemlichkeit, sondern auch für Sicherheit. Elektronische Klingel, Alarmanlage (der Hub erkennt verdächtige Bewegungen und reagiert mit steigender Lautstärke) sowie automatisches Licht (Tagfahrlichtbögen und Ambisense Umgebungslichtsensorik) entsprechen gehobenen Standards. Mit dem amerikanischen Navigationsspezialisten Garmin hat sich 2016 ein Big Player im Segment der Fahrradcomputer breitgemacht. Product Manager Peter Weirether kommt aus dem Schwärmen gar

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nicht heraus: „Wir sehen in Bezug auf Konnektivität und Interaktivität neue Maßstäbe, bei der Zahl der Schnittstellen ist unsere Varia-Produktlinie praktisch nicht zu schlagen.“ Unter anderem können sich User im direkten Vergleich messen (via Strava Live Segments) und mit Trainingsplattformen wie TrainingPeaks verbinden. Punkten kann Varia auch mit seinen Smart Lights: Das Frontlicht passt seinen Lichtkegel automatisch dem Tempo an, verfügt auch über eine Anti-Blend-Funktion; das Rücklicht verhält sich bei abrupten Temporeduzierungen ähnlich einem Bremslicht. Noch ausgeklügelter kommt „Varia Radar“ daher, ein Rücklicht mit integrierter Abstandsmessung. Es informiert den Fahrer, ob sich ihm Fahrzeuge mit einer Entfernung von unter 140 Metern nähern. Wer’s ein wenig reduzierter bevorzugt, setzt auf Smart Halo vom kanadischen Hersteller CycleLabs Solutions oder Wink Bar bzw. Tom-E von Welco. Richtig „smart“ sind heutzutage auch schon viele Helme. So etwa der SmartRide von Cratoni, der durch Vernetzung mit der Hersteller-App viele nützliche Features bietet. Das 450 g leichte Teil informiert über einen Crash-Sensor zuvor benannte Kontaktpersonen und verfügt auf der Rückseite

„Die Mobilität der Zukunft ist elektrifiziert, automatisiert, vernetzt. So wird Radfahren immer mehr zum besonderen digitalen Erlebnis.“

über Rücklicht und Blinker, die über eine Fernbedienung gesteuert werden. Noch unbeschwerter fühlt man sich mit dem genauso ausgereiften Modell Bling von Livall (280 g). Als Alternativen bieten sich LifeBeam (die Helme des US-Unternehmens werden auch von der NASA eingesetzt) und Sena an. Beide funktionieren über Bluetooth, Sena hat zu allen Fitness- und Entertainmentfeatures noch eine Kamera eingebaut, mit der man hochaufgelöste Fotos und Videos produzieren kann. Auf dem österreichischen Markt wurden bisher noch nicht alle Gadgets mit Begeisterung aufgenommen, wie auch Thomas Radon, Filialleiter bei Hervis Stadlau, berichtet: „Das Rücklicht am Helm oder die Smart Locks haben sich im urbanen Raum bereits durchgesetzt. Jemand, der 3 000 Euro für ein E-Bike ausgibt, wird sich auch die 160 Euro für ein hochwertiges Schloss leisten. Im Sportbereich hingegen ist das Interesse eher verhalten, allein schon wegen des Gewichts. Bei Navis und Smart Glasses orte ich noch viel Luft nach oben. Bei den Konsumenten sind die Informationen über die Nützlichkeit vieler Gadgets noch gar nicht angekommen. Da stehen wir erst am Anfang eines spannenden Trends.“

S M ART H ANDL EBARS Eine intelligente Lenkstange, die sich auf jedem Rad montieren lässt, bietet Welco. Dessen 74 cm lange Wink Bar (Bild) wird vom Smartphone gesteuert, beinhaltet kraftvolle Frontlichter, GPS-Navigation und Anti-DiebstahlTracking. Noch reduzierter kommt nur die Welco-Alternative Tom-E mit zwei Mini-Displays daher.

SMA RT LO C KS Auf Knopfdruck, per Handsender oder wie von Geisterhand (also via Bluetooth): Clevere Schlösser öffnen und schließen sich nur für den Besitzer. Alle, die unrechtmäßig Hand anlegen, werden durch Alarmtöne bis zu 110 dB verscheucht oder später via GPSTracker aufgespürt. Marketplayer sind u. a. LinkaLock (Bild), Trelock, ilockIt.

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SMA RT G LASSE S Varia Vision (Garmin) und Solos Smart Glasses (Kopin) sind Anbieter von In-Sight-Displays, die seitlich in das Sichtfeld der Brille eingeblendet werden. Üblich sind Kurznachrichten, Navigationshinweise und Leistungsdaten. Bei Solos (Bild) kann die Brille über ein eingebautes Headset mittels Sprache gesteuert werden.

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SIE IST IMMER AUF ACHSE Text: Alexander Kern  Fotos: Raphael Just  Styling: Maximilian Märzinger  Make-Up: Christine Sutterlüty

Lilian Klebow macht Tempo und läuft auf Hochtouren: privat auf dem Rad, als Schauspielerin im KrimiDauerbrenner „SOKO Donau“ sowie täglich als Mutter von zwei kleinen Kindern. Die Münchnerin weiß: Alleine ist das kaum zu schaffen. Und vertraut auf die Kraft der Gemeinschaft.

Anzug: COS Brille: uvex via Hervis Radjacke: BBUC Fahrradschloss: X-Sect via Hervis Klapprad: VELLO 110% UNITED


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S ie zeigt peinlich berührt auf die Uhr und bittet um Verständnis. Lilian Klebow ist spät dran, als sie aus dem Auto springt. Schon auf dem Weg hierher zum Interview in die dicht befahrene Wiener Burggasse hat sie sich tausendmal via Handy entschuldigt. Manchmal durchkreuzt das Leben eben die Pläne, die man schmiedet. Aufhalten hat sich die „SOKO Donau“-Schauspielerin von plötzlich auftretenden Widrigkeiten allerdings nicht lassen. Wobei die begeisterte Radfahrerin diesmal mit dem Taxi angereist ist und nicht wie gewohnt flott in die Pedale tretend – aber auch das hat, wie ihre kleine Verspätung, gute Gründe. Das ist nicht unsere erste Begegnung, jedoch sind Sie zum ersten Mal nicht mit dem Rad erschienen, sondern mit dem Taxi. Wie kommt’s? L I L I A N KL E B OW : Es war einer dieser Morgen, die es in sich haben. Der Babysitter für den Nachmittag war krank geworden, also musste schleunigst Ersatz organisiert werden. Der Mann musste zum Flughafen. Und die Kinder in den Kindergarten. Wenigstens haben die Kinder auf der Fahrt in meinem Lastenfahrrad noch vorne ihre Milch und meine selbst gebackenen Haferkekse gefrühstückt. Ich hatte es also eilig, um rechtzeitig zu kommen. Daher das Taxi. Aber die Hauptsache ist, dass ich Hilfe von befreundeten Müttern bekommen habe, die jetzt auf meine Kinder aufpassen. Ich kann da zum Glück auf eine gute Community zählen. Ich weiß das sehr zu schätzen. Es gibt dieses nigerianische Sprichwort: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Wenn ich etwas gelernt habe, dann: Dieses Dorf, das muss man sich heute selber suchen. Weil die Unterstützung anderer unabdinglich ist, um den Alltag zu bewältigen? Das Sprichwort meint, allein kann man keine Kinder erziehen. Und das stimmt. Die

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Mantel/Hose: COS Fahrradjacke: Pearl Izumi via Ghisallo Wien Socken: BBUC Schuhe: Converse Klapprad: VELLO

Gemeinschaft hilft einem dabei, Opas, Tanten, Freunde, Nachbarn – das Dorf eben. Heute können Menschen allerdings oft immer weniger auf diese Gemeinschaft zurückgreifen. Die Oma kann nicht, die Eltern leben im Ausland, der Onkel ist mit seiner Karriere beschäftigt – all das gibt es, auch bei mir. Also suche ich mir meine Gemeinschaft selbst aus. Mein Sohn Sonny und meine Tochter Charlie sind zwei und fünf Jahre alt. Andere Mütter aus dem Kindergarten springen im Notfall ein. Man hält zusammen. Ich helfe ebenso. Dann koche ich schon mal wie die italienische Großmama, die ich immer sein wollte, plötzlich für fünf Kinder. Wenn dann noch die Nachbarstochter runterkommt, wird es richtig gemütlich. Sie kurven Ihre Kinder jeden Morgen mit dem Lastenfahrrad in den Kindergarten. Klingt schweißtreibend. Ist es auch. Zwei Kinderrucksäcke am Arm, die Puppen von den Kindern in der Hand, das Essen für beide und ihre Getränke, plus noch einen dicken Rucksack und eine Umhängetasche – dermaßen bepackt stolpere ich jeden Morgen aus der Tür zum Lastenfahrrad. Dann geht es bergauf, bergab keuchend auf große Fahrt. Das macht fit. Klar wäre ein Auto manchmal bequemer. Ich will aber keines. Obwohl ein Auto einiges leichter und bequemer machen würde? Mit einem Kind hat Carsharing noch gut geklappt, mit zweien nicht mehr. Wenn wir in den Urlaub fahren, leihen wir uns ein Auto. Ich habe ja eines – eine „Ente“, einen alten Citroën 2CV, aber aus nostalgischen Gründen. Der steht meist in der Garage. Das Fahrrad ist die Zukunft. Der Verbrennungsmotor steckt in der Krise. Werden wir also in absehbarer Zeit alle zu Pedalrittern? Ich denke schon. Wenn ich morgens ans Set fahre, bin ich mit dem Rad im stets heftiger werdenden Individualverkehr schneller. 110% UNITED

Mit dem Auto stehe ich dagegen ständig im Stau. Auf dem Rad bin ich flexibler, zudem ist es umweltschonender, die Bewegung an der Luft tut gut, man macht etwas für die Fitness. Mein Traum wäre, wenn man ganze Straßen für die Fahrradfahrer sperrt. Diese Kombination in Wien, wo sich auf der Fahrbahn Radler mit Bussen, Taxis und anderen Autos matchen, halte ich für Schwachsinn. Es braucht mehr Radwege. Vor allem, um mit Kindern sicher unterwegs sein zu können. Kopenhagen oder andere skandinavische Städte wären in dieser Hinsicht ein gutes Vorbild. Im urbanen Straßenverkehr herrscht oft der Kampf jeder gegen jeden. Alle wollen möglichst schnell vorankommen. Und keiner möchte einen Meter nachgeben. Das ist manchmal extrem gefährlich. Mit Kindern etwa in Begegnungszonen unterwegs zu sein, empfinde ich zum Teil als mörderisch. Natürlich wurde ich am Rad auch schon geschnitten. Selbstverständlich wurde ich auch schon beschimpft. Ich verstehe auch die Autofahrer, weil ihnen das Autofahren vermiest wird. Deshalb braucht es dringend Lösungen. Denn derzeit fightet im Verkehr jeder gegen jeden. Ist die zunehmende Rücksichtslosigkeit und Intoleranz gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern auch eine Blaupause unserer Gesellschaft? Ich erlebe beides. Einerseits die Ich-AGs, die allein auf ihren Vorteil bedacht sind. Gleichzeitig erlebe ich aber einen großen Zusammenhalt. Gerade bei jungen Leuten. Ich habe ein starkes Vertrauen in die Menschen, die jetzt 20 Jahre jünger sind als ich. Gemeinschaft ist ihnen wichtiger, als man das beim Konsum sozialer Medien glauben könnte. Es gibt einen großen Hunger nach einem Zusammengehörigkeitsgefühl. Grundsätzlich könnte aber noch mehr Wert auf ein gesellschaftliches Miteinander gelegt werden. Vielleicht würde es der Gemein-


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schaftlichkeit schon helfen, wenn die Leute weniger auf ihr Handy starren. Die Smartphonesucht stört zwar viele. Einen konsequenten Digital Detox schaffen jedoch nur wenige. Smartphones begünstigen die Menschlichkeit nicht gerade. Eine Freundin von mir hat unsere Freundschaft per SMS beendet. Nach 13 Jahren. Wenig hat mich mehr verletzt in meinem Leben. Das ist eine Grenze, die man nicht überschreitet. Andere starren im Alltag auf ihre Dating-App auf dem Handy, anstatt mit offenen Augen durchs Leben zu gehen und vielleicht jemand kennenzulernen, mit dem es sich zu flirten lohnt. Viele vergessen, miteinander zu sprechen. Das stört mich. Können Sie überhaupt nichts mit der digitalen Community auf Facebook, Instagram & Co. anfangen? Ich finde es anstrengend, weil ich kein Mensch bin, der sein Leben jeden Tag bebildern möchte. Das ist eine andere Generation. Manchmal habe ich Lust und poste einen Beitrag. Aber meistens empfinde ich es als Druck. Ich lebe gern im Moment. In einem schönen Moment das Handy hervorzuholen, katapultiert einen aus diesem heraus. Mein Mann macht gerne kurze Videos. Da kommt es vor, dass ich ihn frage: Können wir nicht einfach den schönen Sonnenuntergang genießen? Soziale Medien sind toll, um Aufmerksamkeit zu kreieren. Und ich freue mich über den Kontakt mit vielen

„Ich habe großes Vertrauen in die Menschen, die 20 Jahre jünger sind als ich. Gemeinschaft ist ihnen wichtiger, als man das beim Konsum sozialer Medien glauben könnte.“

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lieben Menschen und so vielen treuen Fans. Wenn jemand etwas Böses schreibt, ignoriere ich es. Von Online-Diskussionen halte ich nichts. Kommt es mitunter vor, dass Sie von manchen als linkslinke BoboRadlerin angefeindet werden? Manche schätzen mich als moralinsaure Öko-Zicke ein, aber nur, wenn sie mich nicht kennen. Mit moralischer Überheblichkeit kann ich nicht dienen. Ich bin das Gegenteil von konservativ. Dennoch sind mir bestimmte Werte wichtig. Ich will, dass meine Kinder freundlich und höflich sind. Ich bin als Mutter nicht streng, aber auch nicht laissez-faire oder will ihre beste Freundin sein. Wie auch immer: Menschen in Schubladen einzuteilen liegt mir nicht. Auch mich will ich nicht mit einem Label versehen. Ich möchte lieber meine eigenen Wahrheiten herausfinden. Mir von Politikern nichts vorbeten lassen und mir stattdessen eigene Gedanken machen. Veränderung braucht aber neue Ansätze. Wie meinen Sie das? Als ich 14 war, habe ich meine Wut als Demonstrantin auf der Straße hinausgebrüllt. Heute sehe ich das nicht mehr als den richtigen Weg an, um bestehende Verhältnisse zu ändern. Man sieht das im Internet, wenn die Leute mit Worten aufeinander einprügeln. Was da geschrieben wird, würde sich kaum jemand trauen, einem ins Gesicht zu sagen. Das führt zu nichts. Ich bin für einen


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LI LI A N K LE BOW B E RU F : Sie ist seit 2005 als Revierinspektorin Penny Lanz in der TV-Serie „SOKO Donau“ zu sehen. Zuletzt spielte sie im Kinofilm „Love Machine“ mit Thomas Stipsits mit. P RI VAT: Klebow ist in München geboren und wohnt in Wien. Seit 2011 ist sie mit dem Schauspieler Erich Altenkopf verheiratet. Zusammen haben sie zwei Kinder, Tochter Charlie (5) und Sohn Sonny Alessio (2). Die 39-Jährige engagiert sich für den Tierschutz und die Umwelt.

Die Schauspielerin kommt aus einer Radfahrfamilie. Schon als Kind liebte sie ihr Tandem. 110% UNITED


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offenen Dialog. Ich glaube zutiefst daran, dass man angestrebte Veränderungen positiv formulieren muss. Zum Beispiel im Schulsystem, das die Kinder vor allem auf ihre Schwächen hinweist. Es fehlt an positiver Motivation. Stärken sollten gestärkt werden. Wie gehen Sie damit im Filmgeschäft um? In der Schauspielerei sind Konkurrenzdenken und Eitelkeit durchaus besonders ausgeprägt. Wenn mir gefällt, was jemand macht, dann sage ich demjenigen das auch. Man erlebt natürlich auch Missgunst. Aber das ist nichts anderes als Angst, mit der man umzugehen lernen muss. Michelle Obama hat in ihrer Autobiographie geschrieben, sie hätte sich in Stresssituationen auf jene Menschen besonnen, die sie lieben. Ich bin früher den umgekehrten Weg gegangen: Ich habe meine Kraft dafür verwendet, Menschen, die mich nicht mochten, auf meine Seite zu ziehen. Diesen Fehler begehe ich heute nicht mehr. Kommen wir zurück zur Familie.

„Manche schätzen mich als moralinsaure Öko-Zicke ein. Doch mit moralischer Überlegenheit kann ich nicht dienen.“

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Freuen Sie sich schon auf gemeinsame Radausflüge mit Ihren Kindern, wenn sie alt genug sind? Auf jeden Fall. In meiner Familie sind alle Radfahrer. Als ich 14 war, bin ich mit zwei Freundinnen von Braunschweig durchs Harzgebirge bis an die Ostsee geradelt. Sehr abenteuerlich. Und als ich ein Kind war, hatten wir ein blitzblaues Klapptandem. Im Sommer sind wir damit durch den Olympiapark geradelt, haben uns beim berühmten „Sarcletti“, dem besten Eissalon in München, ein Eis geholt. Und wenn wir in den Ferien mit unserem Wohnwagen in den Campingurlaub – zum Beispiel nach Holland – gefahren sind, war das Tandem dabei, und wir haben jeden Tag eine Ausfahrt unternommen. Einzig wegen einer Sache ist mir mein Vater in diesem Zusammenhang noch böse. Und das wäre? Dass ich unser geliebtes Tandem mit 18 bei meinem damaligen Münchner Freund abgestellt und verrosten habe lassen. Das hat mir mein Vater bis heute nicht verziehen.


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„Einen Berg kann ich mich nicht einfach hochbluffen. Dieser Wettbewerb ist unmittelbarer als die abstrakten Herausforderungen unseres Berufslebens – und ehrlicher.“

Fahrrad, Mensch, soziale Gruppe. Roman über die Sogwirkung eines rastlosen Pelotons: „Im Feld“, 2018.

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IM RÄDERWERK DER OBSESSION Der Radsport als Metapher auf unseren Alltag: der Autor Joachim Zelter über die gesellschaftlichen Implikationen des Lebens im Rennsattel. Interview: Alexander Kern

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Foto: Burkhart Riegels

eistungsdruck, die Bereitschaft, sich freiwillig großen Qualen auszusetzen, aber auch die Möglichkeit, abgehängt zu werden: Der deutsche Autor Joachim Zelter ist selbst Radsportler und weiß, wovon er erzählt. Mit dem hochspannenden Rad-Roman „Im Feld“ hat er eine Parabel verfasst, die mit den Mitteln der Grenzerfahrung der Erfolgsgesellschaft den Spiegel vorhält.

Sie haben Ihrem Roman ein Zitat des Existenzialisten Albert Camus vorangestellt. Man müsse sich Sisyphos als glücklichen Mensch vorstellen, meinte der. Auch einen Radfahrer? JOACH I M Z E LT E R : Auf jeden Fall. Viele Radfahrer üben diesen Sport ja gar nicht aus gesundheitlichen Gründen aus. Sie fahren los, sie kommen zurück. Aber in dieser Sinnlosigkeit steckt auch ein Sinn. Im Radfahren wird die Camus’sche Figur des modernen Menschen und seiner absurden Existenz gut auf den Punkt gebracht. Wo sehen Sie die Parallelen des Radsports mit unserer Gesellschaft? In meinem Roman werden Menschen dazu gebracht, Höchstleistungen zu vollbringen und über ihre Grenzen hinauszugehen, und das ganz ohne Schießbefehl. Das ist bildlich für unsere Gesellschaft, in der Menschen sich meist selber antreiben, und das ganz ohne äußere repressive Instanz. Radfahren als Hobby, das mit immer größerer Professionalität, Akribie und Ehrgeiz betrieben wird – ist das die Umlegung der Leistungsgesellschaft auf unser Freizeitleben?

Es ist eine Konkretisierung der Leistungsgesellschaft, weil die Herausforderungen in den Büros eher abstrakt sind. Man kann etwa sehr gut in seinem Job sein und dennoch nicht befördert werden. Dass es bei Erfolg nur an der Leistung liegen kann – oder umgekehrt: dass Misserfolg nur daran liegen kann, dass jemand nichts geleistet hat –, das ist ja die größte Lüge unserer Gesellschaft. Übertragen auf das Fahrradfahren geht es hier wesentlich ehrlicher zu. Inwiefern? Wenn ich nicht gut trainiert bin oder wenig Talent habe, kann ich mich nicht einfach den Berg hochbluffen. Das ist direkter, unmittelbarer, ehrlicher. Der Wettbewerb untereinander ist im Gegensatz zum Berufsleben realer. Denn eigentlich leben wir in einer Erfolgsgesellschaft – und Leistung wird als Legitimationsmodus eingesetzt. Nehmen Sie wahr, dass der Effizienzfetischismus die Leute überfordert? Ich glaube, dieser Druck macht die Gesellschaft krank. Erich Fromm schrieb einmal, im 17. Jahrhundert hätte mit dem Begriff Erfolg niemand etwas anzufangen gewusst. Vielleicht wäre Erfolg gewesen, ein Tier zu erlegen. Heute ist es ein Lebenskonzept und die Quintessenz des modernen Daseins. Menschen würden für Erfolg über Leichen gehen. Das Bittere ist nur, man ist dabei von Kräften abhängig, die man nicht beeinflussen kann. Deswegen sind viele Menschen sich selbst und von ihrer Umwelt entfremdet. Beim Radfahren dagegen kann mein Bemühen Erfolg gut beeinflussen. Man feiert auch mehr Erfolgserlebnisse. Weil man Ziele schneller erreicht? Ein Hightech-Rennrad schenkt einem einen 110% UNITED

solchen Vorschuss an Tempo und Leichtigkeit, dass ich motiviert bin, immer größere Distanzen zu fahren – und so zu dem Fahrer werde, den mir das Rad als Potenzial anbietet. Ein Sinnbild für das Grundeinkommen für alle: Auch das ist ein Vorschuss, und der Mensch zahlt es automatisch zurück. In der Gesellschaft wie in der Radgruppe werden Leute abgehängt. Wenn ich mich im Peloton nicht mehr halten kann, stehe ich im Wind und bin unfähig, wieder ranzukommen. Ich schaffe es höchstens mit einem enormen Aufwand. Das merkt man auch in der Gesellschaft. Bin ich arbeitslos oder verschuldet, komme ich in eine Negativspirale – und das Abhängigsein von der Gesellschaft ist nicht mehr aufzufangen. Das ist brutal. Hilft Ihnen das Radfahren beim Schreiben? Die besten Ideen kommen mir beim Radsport. Das ist für mich wie ein fahrender Schreibtisch. Das Denken verändert sich, wenn man zwei Stunden eine Steigung hochfährt, und jedes Wort bekommt etwas ganz Tiefes und Archaisches. Wenn ich mich danach an den Computer setze, sind die Sätze schon tief in mich eingestanzt. Was fasziniert Sie noch? Irgendwann weiß ich nicht mehr, ob ich das Fahrrad fahre oder das Fahrrad mich. Wie bei einem Zentauren, oben Mensch, unten Pferd. So ist es auch auf dem Rad. Für mich bedeutet es Leidenschaft, Zugehörigkeit und Respekt, den man erfährt, vor sich selbst oder von anderen. In der Gesellschaft bin ich abhängig von Kräften, die ich nicht beeinflussen kann. Beim Radfahren kann ich mich dagegen selbst belohnen.


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SHARING IS CARING

CHRIST L CL EAR Herzlich willkommen in einer Zone, in der sich alles um Mode- & Beautythemen dreht und in der trockener Humor regiert.

Bitte lassen Sie sich nicht von der Headline beirren. In Wahrheit teile ich nicht sonderlich gerne. Ganz besonders nicht mein Essen und meine Kleidung. Ersteres lässt sich auf einen angeborenen Futterneid zurückführen, zweiteres darauf, dass ich die alten Sachen meiner großen Schwester tragen musste und dies bis heute nicht ganz verkraftet habe. Aber keine Sorge, das sind die gröbsten Schäden, die ich aus meiner Kindheit davongetragen habe. Mr. Clear hingegen sieht das alles etwas anders. Für ihn ist Sharing tatsächlich Caring. Ein Umstand, über den ich mich nicht beschweren möchte, schließlich habe ich so grenzenlosen Zugriff auf seine drei Kleiderschränke, sollte ich in einem meiner sieben nicht fündig werden. Das passiert übrigens schockierend oft – besonders seitdem ich meine Liebe zu Oversize-Hemden entdeckt habe. 110% UNITED


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Accessoires

Eingetütet! Die Zeiten, in denen nur Frauen Taschen getragen haben, sind Gott sei Dank vorbei. Mittlerweile hat die Männerwelt auch schon erkannt, wie gemütlich das Leben sein kann, wenn man sein Hab und Gut nicht in Jacken- und Hosentaschen verstauen muss, sondern in einen stylischen Shopper wie den hier packen kann. Tasche von Day Birger et Mikkelsen via Zalando um € 44,95

Augen auf! Ja, das ist ein Concealer – und ja, der ist unisex! Wieso auch nicht? Schließlich schreiben wir das Jahr 2019, und Augenringe machen vor keinem Geschlecht halt. Auch nicht vor dem männlichen. Wichtig ist nur, zum richtigen Ton zu greifen, und der ist im Idealfall eine Nuance heller als der eigentliche Teint. So vermeidet man auch, mit einem Pandabären verwechselt zu werden. Concealer „Bye Bye Under Eye“ von IT Cosmetics via douglas.at um € 24,95

Hut ab! Also eigentlich nicht, setzen Sie ihn lieber auf. Egal, ob er für Herren oder Damen gedacht ist. Ein fescher Hut steht jedem gut. Sorry, wieder ein Wortspiel. Aber können Sie es mir verübeln? Die Schönheit dieser Kopfbedeckung ist inspirierend! Panama-Hut aus Stroh von Lock & Co. Hatters via Mr. Porter um € 400

Fotos: Xenia Trampusch (1), Getty (1), Hersteller (6)

U(h)r unisex! Wer hat an den Uhrentrends gedreht? Okay, ich geb’s zu, das war ein schlechtes Wortspiel, aber Sie wissen, worauf ich hinauswill, oder?! Wenn nicht, ist es auch okay. Im Grunde würde ich mich ja gern bei der Person bedanken, die es salonfähig gemacht hat, dass Uhren auch geschlechtsneutral sein können – und vermehrt sein sollten, wenn sie alle so cool aussehen wie diese. Armbanduhr „Secret Doc“ von Swatch um € 170 Go Green! … oder blau oder gelb! Je nachdem, ob sie lieber Zitronengras, Orangenblüten oder Bergamotte mögen. Genau danach riechen die neuen Unisex-Düfte aus der Les Colognes-Linie von Louis Vuitton, und glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass da für jede/n etwas dabei ist. Egal, ob Mann, Frau oder als was auch immer Sie sich identifizieren. Eau de Parfum „Cactus Garden“ von Louis Vuitton, 100 ml um € 210

Klopf auf Holz! Bei Duschöl verhält es sich ähnlich wie beim Parfum. Solange man es riechen kann, kann man es benutzen. Das haben viele Frauen dieser Welt schon längst verstanden und benutzen „einfach“ Herrenprodukte. Umgekehrt ist das noch nicht so gängig, und das obwohl Jo Malone Duschöle, Parfums und andere wohlriechende Schätze im Repertoire hat, die sowohl Männer als auch Frauen ansprechen. „Myrrh & Tonka“-Duschöl von Jo Malone um € 48 110% UNITED


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Das letzte Hemd Jetzt mal so unter uns: Ich trage die Hemden meines Freundes mittlerweile lieber als meine eigenen. Und ich wünschte, es wäre ein romantischer Aspekt, der dahintersteckt, aber in Wahrheit ist es ein stylischer – und vielleicht spielt auch ein bisschen Bequemlichkeit mit. Mit Jean-Michel Basquiat-Kunstprint von Comme des Garçons um € 395

Blue Dream Halten Sie mich für verrückt, aber ich glaube, dass es egal ist, wozu man diese Jeansjacke kombiniert. Sie würde immer gut aussehen. Anzug, Kleid, Robe, Rock, Jogging-Hose, Hemd, Bluse, Overall – vollkommen egal, was Sie dazu tragen, Sie werden wie aus dem Ei gepellt aussehen. „Lej“ TruckerDenimjacke von Levi’s um € 130

Kleidung Geht klar! Nass werden wir alle. Warum dann nicht einfach in Style und so, dass das Outfit, das vor Regen geschützt werden muss, für alle sichtbar ist?! Dieser transparente Regenmantel macht das möglich und verleiht dem Look außerdem ein Finish, das man auf den ersten Blick nicht sieht. Raincoat von Ltd. Mackintosh um € 165

Fotos: Hersteller (8), Getty Images (1)

Einer für alle! Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da draußen jemanden gibt, der in einem Boilersuit nicht cool aussieht. Egal, wer man ist, welches Geschlecht man hat und welches Schuhwerk man trägt, ein Arbeiteranzug sieht einfach immer gut aus. Und weil Oversize bei Frauen sowieso immer geht, kann man sich streng genommen einen mit seinem Bruder, Mitbewohner, Boyfriend, Ehemann oder besten Freund teilen und je nach Lust und Laune sexy oder cool stylen. Overall von Topman um € 65 110% UNITED


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Schuhwerk So retro Wussten Sie, dass es Palladium Boots schon seit über 60 Jahren gibt? Wenn nicht, ist es nicht weiter schlimm. Solange Sie die legendären Boots mit dem lustigen Profil auf dem Radar haben. Die sind nämlich Tausendsassas und kommen nie aus der Herren- oder Damenmode. Canvas-Schnürer „Pampa Hi“ von Palladium um € 79,95

All for one Ich verspreche Ihnen hiermit hoch und heilig, dass diese Schnürer alles andere als spießig sind. Ganz im Gegenteil. In Kombi mit auffälligen Socken und worin auch immer Sie sich kleidungstechnisch wohlfühlen, mutieren Sie in Nullkommanichts zum Trendsetter. Schnürer „3989“ von Dr. Martens um € 170

Kunst zum Tragen So cool, wie das Design von diesem Sneaker ist, könnte er auch leicht als Kunstwerk durchgehen. Ganz abgesehen davon, dass er der Hingucker schlechthin sind, ist er bequem und auch noch vielseitig stylebar. Sollte Ihnen das Gelb allerdings nicht ganz so zusagen, gibt es das Modell auch in vielen anderen Farben. Sportschuh „Kaiwa“ von Y-3 Adidas um € 400 Sommerfeeling Wer im Sommer seine Zehen nicht zeigen möchte, aber trotzdem auf bequemem und vor allem stylischem Fuß leben möchte, ist mit Espandrilles mehr als gut bedient. Das Schuhwerk mit der Gummisohle, das seinen Ursprung in Südfrankreich und Spanien hat, ist atmungsaktiv, klassisch und steht vor allem jedem. Camouflage-Espandrilles von Polo Ralph Lauren um € 100 110% UNITED


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32 STORY

RÄUCHERSTÄBCHEN FÜR DIE REVOLUTION 1968 haben ein paar Hippies im südindischen Auroville an der Stadt der Zukunft zu bauen begonnen. 50 000 Menschen sollten dort ohne Geld, Polizei und Hierarchien glücklich werden. Inzwischen ist man ein Stück weit vom Weg abgekommen. Text: Manfred Behr

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ie Hippies von Auroville sind in die Jahre gekommen. Die Haare ergraut, die Körper nicht mehr ganz so drahtig. Jetzt beginnt sich zu rächen, dass beim Bau dieser „Stadt der Zukunft“ eben diese viel zu wenig bedacht wurde. Sonst hätte man dazumal Architekt Roger Anger womöglich mit nassen Fetzen davongejagt, als sich dieser anschickte, sich mit mehrstöckigen Gebäuden und Kaskaden von Treppen selbst zu verwirklichen. Ein Treppenwitz der Geschichte, dass Jahrzehnte später erstmals mit Kalkül barrierefrei gebaut wurde. Bei der Errichtung des ersten Altenheims. Von den rund 10 000 Öko-Dörfern und Kommunen des Planeten gilt Auroville als utopischstes, aber nachhaltigstes Projekt. Gründerin Mira Alfassa (1878–1973), eine türkisch-ägyptische Jüdin aus Paris, hatte um nichts weniger im Sinn als eine universelle Stadt, die der ganzen Menschheit gehört, in der die humanistische Bildung des Abendlandes und die spirituelle Tradition Indiens einander befruchten. Ein Mikrokosmos, in dem die innere Entwicklung wichtiger ist als materielle Werte. In dem es kein Geld gibt und keine Steuern, keine Polizei und keine Gefängnisse, keinen Konkurrenzkampf und keinen Egoismus, keine Werbung und keine Autos, keinen Schulzwang und keinen Alkohol.

Würde Alfassa, die ihre Utopie mit dem indischen Philosophen und Guru, Sri Aurobindo („Eine andere Welt ist möglich“) entwickelte, heute einen Fuß in ihre Stadt der Zukunft setzen, sie fiele vermutlich aus vielen, wenn nicht aus allen Wolken. Sie, die „Mutter“, die wie eine Heilige verehrt wird, wäre wohl peinlich berührt, dass ihr Abbild allerorts als „Besinnungshilfe“ hängt. Dass das Matrimandir („Tempel der Mutter“), eine Art zentrale Meditationshalle, einem überdimensionalen goldenen Golfball gleicht, der 2008 nach 37 Jahren Bauzeit in aller Unbescheidenheit in den Dschungel geklotzt wurde. Sie wäre wohl verwundert, dass auf die angepeilte Einwohnerzahl von 50 000 noch mindestens 47 000 fehlen. Weil es zwar über 100 Siedlungen wie z. B. „Gewissheit“ und „Offenbarung“ gibt, aber zwischen den vier Millionen gepflanzten Bäumen noch massig Baugründe übrig sind. Aus Geldmangel. Denn die Kassen der Kommune sind klamm. Obwohl die indische Regierung (Ministerpräsident Modi wohnte 2018 sogar der 50-Jahr-Feier bei), Caritas und UNESCO unterstützen. Obwohl jedes Unternehmen – Auroville „exportiert“ u. a. Käse, Räucherstäbchen, Strom aus erneuerbaren Energien sowie Dirt-Shirts (eigenhändig verdreckt mit der roten Erde des Hochplateaus) – ein Drittel des Gewinnes zur Rettung der spirituellen Revolution ab110% UNITED

geben muss. Ebenso wie jedes Individuum von seinem „Grundeinkommen“ von 12 740 Rupien (ca. 207 Euro), für das es täglich fünf Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten muss. Welche, bleibt dem Aurovillaner überlassen. Verärgert wäre die „Mutter“ wohl darüber, dass sich Otto Normalmeditierer das Probejahr selbst finanzieren sowie einmalig mindestens 13 000 Euro für Wohnbedarf berappen muss, ohne diese Investition im Falle einer negativen Gesinnungsprüfung zurückzuerhalten. Edle Großspender hingegen brauchen sich diesem Ideologiescreening gar nicht erst zu stellen, lassen sich eine Luxusvilla mit hohen Zäunen errichten und pfeifen auf den Dienst an der Gemeinschaft. Auch die Sache mit der Hierarchie ist ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Insgesamt pendeln 5 000 meist tamilische InderInnen nach Auroville, wo sie als GärtnerIn oder Putzkraft zum Einsatz kommen. Die Konflikte innerhalb der Community aus 46 Nationen, zwischen denen, die Spiritualität leben und denen, die in dieser Oase des Friedens ein angenehmes Leben führen wollen, nehmen zu. Weg will trotzdem kaum eine/r. Scheint doch noch ganz lebenswert zu sein, das Paradies. Auch wenn so mancher Neo-Aurovillaner hinter vorgehaltener Hand zu lästern scheint: „Wer Utopien hat, braucht einen Arzt.“

Fotos Marco Saroldi, Picturedesk/Olaf Krüger

In Auroville haben sich Menschen aus 46 Nationen manchmal ziemlich lieb.


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Matrimandir, das Wahrzeichen von Auroville, wurde 2008 nach 37 Jahren Bauzeit fertig. 110% UNITED


REISETHEK.AT

Erleben Sie Ostkanada zum Indian Summer Montreal

Lassen Sie sich von uns entführen in das farbenprächtige Ostkanada. Besonders im frühen Herbst leuchten die unendlichen Wälder in warmen Rot- und Brauntönen und bringen Körper und Geist in Einklang mit der Natur. Bestaunen Sie grandiose Naturschauspiele, halten Sie Ausschau nach Biber, Bär und Co. und schlendern Sie durch charmante Städte, welche eindrucksvoll an die französische Kolonialzeit erinnern. In scheinbar unberührten Nationalparks und Seenlandschaften mit gigantischen Wasserfällen eröffnen sich Anblicke, die Sie nie vergessen werden. Vor allem vom Abendessen mit Blick über die tosenden Niagarafälle werden Sie noch lange schwärmen. Auch der 84m hohe Montmorency Fall gilt als echter Insidertipp. Als ruhigen Ausklang erkunden Sie die Thousand Islands – welche übrigens Namensgeber für das weltweit bekannte Dressing sind …

Elchbulle im Indian Summer

Highlights Ihrer Reise: • Direktflüge ab/bis Wien mit Austrian Airlines nach Montreal • Reisetermin zum farbenprächtigen Indian Summer • Städte Montreal, Quebec, Ottawa und Toronto • Geführte Besichtigungen im La Mauricie National Park und Algonquin Provincial Park • Naturspektakel Niagarafälle, Montemorency Wasserfälle, Thousand Islands Nationalpark • Dinner an den Niagarafällen mit Feuerwerk und 2 weitere Abendessen • Hotels der gehobenen Mittelklasse inkl. Frühstück Naturspektakel Niagarafälle

Reisetermin: 18.09.-30.09.19 13 Tage inkl. Flug ab € 3.990 p.P.

(mind. 12/max. 16 Personen) Preis

Info & Buchung: REISETHEK-Büro Riemergasse 6, 1010 Wien

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Veranstalter: Robin Tours GmbH, Unterer Stadtplatz 11, 6330 Kufstein, GISA-Zahl 29305292. Anzahlung 20% (frühestens 11 Monate vor Reiseende), Restzahlung 20 Tage vor Reiseantritt. Insolvenzversicherung: Zürich Insurance plc Niederlassung Deutschland, Abwickler: Cover-Direct, Tel.: +43 1 969 08 40. Ansprüche sind innerhalb von 8 Wochen beim Abwickler geltend zu machen. Es gelten die Allgemeinen Reisebedingungen (ARB 1992) des Fachverbandes der Reisebüros idgF unter Berücksichtigung des Pauschalreisegesetzes (PRG; sollten einzelne Klauseln der ARB mit dem PRG in Widerspruch stehen, so gehen jene des PRG vor) sowie unsere unter www.reisethek.at/datenschutz abrufbare Datenschutzerklärung. Druck- und Satzfehler vorbehalten. Fotos: iStock, 123rf.

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Time is precious Ja! Zeit ist wertvoll. Egal, ob Radfahren, Fliegen oder auch nur Profi-Bummeln, wir haben die besten Trainingsbegleiter gefunden. Damit steht der nächsten Bestzeit nichts mehr im Wege.

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36 STORY

DIE SCHNELLSTE WG VON MALLORCA Untertags im Radsattel sitzen und am Abend mit Gleichgesinnten kochen und fachsimpeln? Gute Idee, dachte Ex-BahnradAss Jan Eric Schwarzer. Und setzte sie auf Mallorca in die Tat um. Das Ergebnis: mehr WG als Hotel. Text: Alexander Kern

In einem 30 Jahre alten Dorfhaus bietet das „MA-13“ Unterschlupf abseits des Radsport-Massentourismus.

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Der Sonne entgegen: der WG-Chef auf Ausfahrt. Zeit bleibt kaum, bald öffnet er auch ein Café.

Fotos: Dan Zoubek (2), Mr. Pink (1)

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ochgekrempelte Ärmel, ein sonnengebräunter Teint und ein breites Lächeln im Gesicht. „Hola!“, begrüßt Jan Eric Schwarzer seine Gäste morgens, und man merkt gleich: Da ist einer angekommen. Auf Mallorca. Aber auch im Leben. Ein Kreis hat sich geschlossen, und dieser Kreis hat Speichen und einen Reifen: Im malerischen Dörfchen Sineu hat der ehemalige deutsche Bahnradfahrer mit dem „MA-13“ ein Hotel für RadsportlerInnen eröffnet, das kein Hotel sein mag. Wie bitte? „Eher eine Art WG, aber mit kompetenter Führung und mit allen Annehmlichkeiten eines Hotels“, so Schwarzer lachend. Kein anonymes Trainingslager. Aber auch keine Bettenburg mit geregelten Abläufen und fixen Essenszeiten. Einen Ort zum Wohlfühlen wollte Schwarzer kreieren. Es kann gemeinsam gekocht werden, wenn man das will. Die SportlerInnen können ihr Rad hierlassen oder sich persönliche Tipps für eine schöne Route, nette Restaurants oder gu-

Reif für die Insel: Drei Zimmer für bis zu sechs Personen bietet Ex-Bahnrad-Ass Jan Eric Schwarzer in seinem „MA-13“ an. te Massagen vom 38-Jährigen holen, der gern mit Rad und Tat zur Seite steht. „Die Gemeinschaft ist da, wenn der Gast sie wünscht“, so Schwarzer. „Möchte er lieber alleine sein Ding machen, ist das auch kein Problem. Aber meist entsteht sie durch die gemeinsame Leidenschaft.“ Man ist unter sich, das verbindet. Und er erinnert sich: „Bei uns haben sich schon Pärchen gefunden, wurden Heiratsanträge gemacht und sind tiefe Freundschaften entstanden.“ Jedes Jahr ist Mallorca die Traumdestination für eine Armada von leistungswilligen Pedalrittern. „Das liegt an der leichten Erreichbarkeit zu einem günstigen Preis“, so der deutsche Steher-Meister des Jahres 2007. „Dazu das unglaublich engmaschige Straßennetz und der gute Zustand der Straßen. Das gute Wetter und das abwechslungsreiche Gelände tun ihr Übriges – Berge, Meer, weite Ebenen, sanfte Hügel: Mallorca hat einfach alles.“ Schwarzer ist nicht der einzige, den die Baleareninsel zum Schwärmen bringt. Loblieder wie diese beschwören abgefahrenen Massentourismus 110% UNITED


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Mallorca gibt dir Berge, aber nicht nur: Auch weite Ebenen und sanfte Hügel sind ideal für Radbegeisterte.

ist in dieser Phase meines Lebens einfach der Ort, der mich erfüllt und mir Kraft schenkt“, sagt er mit einem Lächeln. „Darum gibt es gerade nur diesen Ort, speziell Sineu, für mich.“ So oft es geht, sucht er die Ruhe, und das am liebsten in der Natur. Selbst wenn er nicht mehr so oft zu Radtouren kommt, genießt er dann bei Ausfahrten die Ausblicke aufs glitzernde Meer oder, wenn er bei Sonnenaufgang losfährt, den leichten Nebel über den Feldern. Es war ein schöner Weg von seinem ersten Rennen in Brackwede, als achtjähriger Knirps im blau-weißen Trikot am Haus der Großeltern vorbei, hierher auf die Insel. „Ehrgeiz, Ausdauer, die Fähigkeit aus Niederlagen für zukünftige Erfolge zu lernen – Sport ist die beste Lebensschule.“

„Bei uns haben sich schon Pärchen gefunden, wurden Heiratsanträge gemacht und sind tiefe Freundschaften entstanden.“

Perfekt ausgestattet: die Gemeinschaftsküche im „MA-13“. 110% UNITED

Fotos: Dan Zoubek

herauf. Mit dem „MA-13“ hat der diplomierte Sportwissenschafter dazu einen bewussten Gegenpol geschaffen. Allein schon durch die Lage: Sineu liegt in der Inselmitte. Ein ursprünglich gebliebener Ort, wie er direkt am Meer gar nicht mehr zu finden ist, mit 3 500 EinwohnerInnen, aber guter Infrastruktur und auch mit der Bahn zu erreichen. Mit dem „MA-13“ hat der Viertplatzierte der Steher-EM 2009 ein gutes Rennen gemacht. „Der Name Steherrennen stammt vom englischen ‚to stay‘ und bedeutet Ausdauervermögen. Gepaart mit Furchtlosigkeit macht es einen Steherfahrer, aber auch einen erfolgreichen Geschäftsmann aus“, erklärt Schwarzer seinen Antrieb und Ehrgeiz. Und weil er quasi im Trikot des Führenden und in Siegerlaune ist, hängt er noch eine Business-Etappe dran: Anfang April eröffnet er auch ein Café. „Sa Mola 13“ wird es heißen und ebenfalls in Sineu beheimatet sein. Willkommen ist jedermann, ob mit oder ohne Rad. „Mich reizen neue Abenteuer einfach sehr“, erklärt er. Aber das ist natürlich nicht der einzige Grund. Vielmehr hat Jan Eric Schwarzer neuerdings seine Liebe zu gutem Kaffee entdeckt. Dazu wird im „Sa Mola 13“ hausgemachter Kuchen serviert. Sieht ganz so aus, als würde der Deutsche planen, noch länger auf Mallorca zu bleiben. Schon seit eineinhalb Jahren war er nicht mehr in Deutschland oder seinem Heimatort Brackwede in Bielefeld. „Mallorca


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Mit sportlicher Unterstützung des Hervis Sports Club.

Bewegt sich Valentin in der Stadt, hat er sofort Spaß am ungewohnten Terrain. 110% UNITED


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EIN LEBEN IN DER FALLLINIE Ausnahmetalent Valentin Rohrmoser ist jung, furchtlos und geschwindigkeitserprobt. Sein Sport: Mountainbike-Downhill. Sein Credo: am schnellsten von oben nach unten. Text: Julia Pollak  Fotos: Philipp Carl Schuster

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enn Valentin Rohrmoser in voller Montur mit Protektoren, Vollvisierhelm, Handschuhen und Profi-Bike vor einem steht, hat das etwas Respekteinflößendes. Den 18-Jährigen hingegen kostet das ein Lächeln, denn er will hoch hinaus – oder, treffender formuliert, schnell hinunter. Als professioneller Mountainbike-Downhiller geht es für den Schladminger mit bis zu 80 Sachen den Berg hinunter. Hindernisse bereichern sein Sportlerleben, im Normalfall hat er sie längst gemeistert, bevor er nachdenken könnte, ob ein Sprung womöglich riskant war oder nicht. Lange Nachdenkphasen sind während einer DownhillPrüfung ohnehin nicht von Vorteil, denn das Leben in der Falllinie verlangt vor allem eines: den Kopf frei zu haben. Schon im zarten Alter von neun Jahren entdeckte Valentin seine Leidenschaft für diese rasante Sportart. „Bei uns in Schladming gab es damals jedes Jahr ein Weltcup-Rennen. Ich war mit meinem Großva-

VALENTIN ROHRMOS ER

NAC HW UC HSHO FFN UN G Noch keine zehn Jahre alt, begann Valentin mit Downhill-Fahren. Heuer ist seine erste Saison als Profi. PASSIO N FÜR SPE E D Geschwindigkeiten von bis zu 80 km/h auf dem Rad sind beim Downhill-Biken normal. Angst darf dabei keine Rolle spielen.

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ter zuschauen und sofort begeistert“, erzählt Rohrmoser. Um den Downhill-Cracks nachzueifern, musste er zunächst vor allem eines: mit dem Rad den Berg hinauf. Keine große Sache für ihn; er entstammt einer sportlichen Familie, Bewegung gehörte dazu, von frühester Kindheit an. Doch bald schon genügten ihm die Selbstversuche nicht mehr. Vater Hubert musste mit und erkannte das Talent des Sohnes sofort: „Ich war ganz schön beeindruckt, wie schnell und furchtlos er sich da hinuntertraut.“ In den Folgejahren bestätigte sich dieser Eindruck, Valentin schien nichts und niemand bremsen zu können. Womit klar war, dass auch Vater Hubert tiefer in die Materie eintauchen musste. Dem Junior zuliebe. Schon bald wurden die Abende in der Garage länger und länger. Man schraubte und hämmerte, tüftelte und experimentierte. Hinzu kamen Trainingslager und Wettkämpfe in ganz Europa – eine logistische Herausforderung für die gesamte Familie. Schließlich ging Valentin unter der Woche


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VALENTIN TESTET DAS NEUE HERVIS E-BIK E „E-P OW ER 2.0“

„Ich weiß, was ich drauf habe, aber auch, dass ich mich in allen Bereichen noch steigern kann. “ Mit solchen Gedanken will sich das junge Talent gar nicht erst unter Druck setzen. „Ich weiß, was ich drauf habe, aber auch, dass ich noch viel zu lernen habe, mich in allen Teilbereichen deutlich verbessern kann“, ist er nicht aus der Ruhe zu bringen. Sein Motto lässt nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig: am schnellsten von oben nach unten. Sagt sich leicht, aber was braucht es dafür? In jedem Fall eine Riesenportion Mut. Die Strecken, die Valentin fährt, lernt er vor jedem Rennen auswendig. „Man muss alles genau kennen: Wo befinden sich die Hindernisse, wie fahre ich sie an usw.“ Zehn Jahre Downhill-Erfahrung helfen ihm in seinem beinharten Rookie-Jahr als Profi. Apropos beinhart: Zwei Verletzungspausen (einmal Unterarms-, einmal Beckenbeinbruch) konnten Valentins Mut zum Risiko nicht bremsen, seinen eisernen Willen nicht brechen. Im Gegenteil, die kleinen Rückschläge stärkten ihn zusätzlich. „Nachdem die gebrochene Hüfte einigermaßen verheilt war, hat er gleich das nächste Rennen gewonnen“, zollt Vater Hubert dem Sohnemann Respekt. Für Valentin nichts Außergewöhnliches. Er weiß, was es braucht, um im Downhill an die Spitze zu gelangen. Es gilt, das ungeschriebene Gesetz der Sportart zu beherzigen: „Wer bremst, verliert.“

DIE AUS RÜSTUNG Auch abseits von Wald und Wurzeln findet Valentin Gefallen an Hindernissen. Gute Figur macht der junge Sportler auch mit StandardAusrüstung.

HE LM: A LPIN A PA RA PA X Der Helm hat eine robuste Außenschale durch eine Drei-Shell-Konstruktion aus HI-EPS Material. Mikroskopisch kleine Luftkammern sorgen so für optimale Stoßabsorption, passend gesetzte Lüftungsöffnungen und ein Fliegennetz für Komfort. RA DSHIRT : B E N G E R Das schnelltrocknende, atmungsaktive Material sitzt dank der ergonomischen Schnittführung optimal am Körper. Reflektierende Details erhöhen die Sicherheit im Dunkeln. PA N T : B E N G E R Die Radhose hat eine herausnehmbare Innenhose mit Polsterung sowie zahlreiche Taschen und ebenfalls reflektierende Details. Das Materialgemisch und verstärkte Einsätze machen sie gut strapazierfähig. B IK E : X-FAC T E-POW E R 2. 0 Das hochwertige E-Bike der Hervis-Exklusivmarke „Kilimanjaro“ ist mit einem Bosch Performance CX-Motor ausgestattet. Er verstärkt die Tretkraft um das Dreifache.

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noch zur Schule. Und die wollte das Downhill-Talent bei aller Liebe zum Sport keineswegs vernachlässigen. Denn auch dort hatte Valentin seine Spezialdisziplin längst gefunden: Mechatronik. Ein Fachgebiet, in dem er seine Kenntnis unter allen Umständen vertiefen wollte. 2019 brachte für Valentin eine Zeitenwende in seinem Sportlerleben: Es ist sein erstes Jahr als Profi und Mitglied des österreichischen Nationalteams. Ob ihn die schnellste Linie nach unten auf Anhieb und direttissima nach ganz oben führen wird?


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Men in Black: Cocktailkünstler Hubert Peter (li.) und Meisterkoch Lucas Steindorfer. 110% UNITED


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MEHR ALS MÄNNER: BRÜDER IM GEISTE Rüttel am Watschenbaum! Mexiko treu bleiben! Elefant im Porzellanladen! Man merkt gleich: Bei den Drinks und Gerichten geht es bei Hubert Peter und Lucas Steindorfer unkonventionell zu. Murmeltier inklusive. Text: Alexander Kern  Fotos: Gregor Kuntscher

Wahren Freunden sagt man nach, sie seien auch Brüder im Geiste. Ganz sicher verhält es sich so bei Hubert Peter und Lucas Steindorfer. In Sachen Berufsethos liegen sie auf einer Linie. Und vom Umgang her mögen sie es genau so, wie sie auch selber sind: ruhig, bescheiden, sympathisch. Oder wie Steindorfer es anekdotisch-amüsant ausdrückt: „Hubert ist ein Barkeeper, der nicht säuft, und ich ein Koch, der in der Küche nicht schreit – das hat also ganz gut gepasst mit uns.“ Schnell war ihnen klar, dass sie ihr erstes gemeinsames Lokal auf den Namen „Bruder“ taufen müssen – nicht nur, weil sie es gern selbst familiär haben, sondern dieses Gefühl auch unmittelbar auf ihre Gäste abfärben soll. Herausgekommen ist ein Restaurant samt Cocktailbar in einem – ohne viel Schnickschnack, aber mit Liebe zur Natur wie zum Experiment und getragen von hoher Qualität. Brüderlein, fein! „Wir mögen es, unser Lokal als Wirtshaus zu sehen“, sagt Hubert Peter. Steife Etikette und gekünsteltes Gehabe sind hier nicht gefragt. „Wenn jemand die Geschichte hinter den Gerichten, Cocktails, Zutaten

wissen möchte, erzählen wir sie ihm gerne – aber kein Gast muss sich hier vom siebeng’scheiten Personal belehren lassen, sondern kann auch bloß auf ein Feierabendbier vor-beischauen.“ Zum Erzählen gibt es freilich reichlich. Das liegt schon am ersten Blickfang, wenn man das Lokal in Wien betritt, dem hohen Stellregal hinter der Bar. Dichtgedrängt steht ein riesiges Einmachglas neben dem nächsten. Ein Anblick wie im Geheimlabor eines verrückten Wissenschafters. Gelb, rot oder schwarz schimmernd leuchten die Gläser einen an. Was sie beherbergen? Die unkonventionellen Zutaten und hausgemachten Liköre, auf die man hier schwört. Hopfen aus Neuwaldegg, Weißtanne aus Schwarzenberg, Latschenkiefer aus dem Kleinwalsertal, alles selbst gesammelt, aber auch geräucherter Paprika, Brombeeren, Feigenblätter oder Dille reifen hier. Die Drinks, die Peter damit kreiert, schmecken nicht nur außergewöhnlich gut, sie tragen auch außergewöhnliche Namen. Gin Tonic kann ja jeder trinken. Aber schon mal einen „Elefant im Porzellanladen“ probiert? Einen „Rüttel am Watschenbaum“ oder einen 110% UNITED

„Wegen Reichtum geschlossen“? Es geht locker zu im „Bruder“, und nichts zeugt eindrucksvoller davon als die offene Küche. WG-Feeling, und dabei kann Lucas Steindorfer zugeschaut werden, wie er Gerichte wie „Mexiko treu bleiben“ (Rindfleisch, Palatschinke, Apfelkren) oder „Butterberge und Milchseen“ (in Milchsäure gegarte Bachforelle) zaubert. Essenzen wie Kerbel und Bärlauch hat der Naturfan selbst im Wiener Prater gesammelt, Holunder oder Löwenzahn in der Umgebung Wiens. Seinen persönlichen Kochstil will er möglichst dogmenfrei pflegen: „Ich liebe Traditionen und zugleich missachte ich sie und koche frei Schnauze, wie es mir Spaß macht.“ Das soll auch anderen Freude bereiten – demnächst folgt eine sonntägliche Kochschule im „Bruder“. Bei der wird es wohl ebenso unerhört lustig, wie wenn die Gäste am Plattenspieler zum Vinyl greifen und selbst auflegen dürfen. Peters ausgestopftes Murmeltier, das als Maskottchen über der Bar wacht, hat schon vieles erlebt – und von Peter Alexander bis Miles Davis auch mitangehört ...


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So gelingt’s: Gulasch über Nacht abkühlen und danach eine Stunde bei wenig Hitze köcheln lassen.

TR ADI T IONEN ZEIT GEBEN – SCHNECK E N G ULASC H ( EINK AUFSL ISTE FÜR 4 PERSON E N ) : 2 kg Zwiebel, 100 g Knoblauch, Schweineschmalz, 5 EL Paprikapulver, 3 EL geräuchertes Paprikapulver, 3 EL Tomatenmark, 40 ml Apfelessig, ganzes Lorbeerblatt, 2 EL Rindsuppe, Zitronenzeste, 5 Stk. roter Paprika (gewürfelt), Petersilie, Schnecken, Kümmel, Wacholder, Senf, Majoran, Piment, Muskatnuss, Chili, Salz und Pfeffer

IN S G LAS B E ISSE N – PA PRIK A – HIMB E E R-DRI N K Likör: 700 g roter Spitzpaprika, 500 g Himbeeren, 1 l Vodka (40 Vol.-%), ½ l Verjus, 15 g geräuchertes Paprikapulver, 10 g süßes Paprikapulver, 3 g Rauchsalz, 200 g Zucker – Kombucha: 400 g Himbeeren, 100 g Zucker, 8 g Schwarztee, 1 Kombucha Scooby, 1 l stilles Wasser

„Traditionen Zeit geben“ heißt das von Lucas Steindorfer kreierte Schneckengulasch, und so erklärt er, wie es zubereitet wird: In der Vorbereitung widmen wir uns zuerst den Gewürzen. Kümmel, Wacholder, Senf, Majoran, Piment, Muskatnuss, Salz und Pfeffer mörsern wir in einer Reibschale mit einem Stößel klein und fein. Ist das erledigt, schreiten wir zur Tat: Wir nehmen die Zwiebel und den Knoblauch zur Hand und schneiden sie in Brunoise, was nichts anderes heißt als sehr kleine Würfel von ein bis zwei Millimeter Größe. Anschließend erhitzen wir das Schweineschmalz in einer Pfanne und lassen Zwiebel und Knoblauch ein bisschen anschwitzen, bis sie hellbraun gebraten sind. Die Verwendung von Schwei-

Hubert Peters Drink besteht aus PaprikaHimbeerlikör und Himbeerkombucha, die durch ein Loch im Spitzpaprika im Verhältnis 1:1 in diesen eingefüllt werden. Dekoriert mit einer Minzspitze kann man das „Glas“ (also den Paprika) nach dem Trinken praktischerweise aufessen. Beim Herstellen des Paprika-Himbeerlikörs wird ein gegrillter, in Stücke zerteilter Paprika in einer Sauteuse zum Köcheln gebracht, mit Verjus abgelöscht, die ausgekühlte Masse mit Wodka aufgegossen und drei Monate in einem Rexglas gelagert. Beim Kombucha werden Himbeeren, Zucker, Tee verkocht und in Rexgläser gefüllt. Nach Zugabe des Kombucha drei Tage lagern, absieben und in Flaschen kühl nachgären lassen.

neschmalz ist klassisch bei der Gulaschzubereitung und verleiht dem Gericht einen vollen Geschmack. Wichtig dabei: das langsame Rösten der Zwiebel. Nach diesem Grunddurchgang tomatisieren und paprizieren wir die Speise durch Zugabe von Tomatenmark und Paprikapulver. Nun die vorbereiteten Gewürze beimengen und alles kurz anrösten. Mit Apfelessig ablöschen, das verleiht dem Gulasch mehr Tiefe im Geschmack. Chili dazugeben für etwas Schärfe. Dann mit Rindsuppe aufgießen und bis zu vier Stunden köcheln lassen. Zuletzt fürs Aroma Majoran sowie die gewürfelten Paprika und Schnecken hinzugeben und das Gericht mit Petersilie und Zitronenzeste abschmecken. 110% UNITED


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Gerhard Schรถnbacher, heute 65, galt als รถsterreichischer Pionier und bunter Hund der Profi-Radszene. 110% UNITED


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„Mir war immer klar, dass es Athleten mit besseren Voraussetzungen und mehr Talent gibt. Die Natur ist nicht fair. Das gilt es zu akzeptieren.“

P Foto: Picturedesk/Sven Simon

rofi. Manager. Veranstalter. Vermarkter – oft auch seiner selbst. Gerhard Schönbacher, 65, hat im Radsport so ziemlich jede Position ausgekostet, die der Sport hergibt. Und war dabei seiner Zeit meist voraus. Die rote Laterne aber blieb sein Markenzeichen. Als sichtbares Symbol, dass die Letzten die Ersten sein werden.

Sie gelten als Österreichs erster Profi im modernen Radsport. Kultstatus haben Sie aber durch zwei letzte Plätze bei der Tour de France erlangt. GERHA R D SC H Ö N BAC H E R: Was schwer genug war. Die Idee entstand während meiner ersten Tour de France 1979. Ich startete für ein junges holländisches Team, wir erzielten Achtungserfolge, nicht mehr. Einige Journalisten meinten: „Ihr bräuchtet einen, der Letzter wird und gut Schmäh führen kann.“ Alle haben mich angesehen. Ich wollte das gar nicht. Aber als ich wenige Tage später eine fürchterliche Brezn gerissen hab’, plötzlich Fünftletzter war, dachte ich mir: „Jetzt ist’s auch schon egal.“ Aber wie gelang es, die Aufmerksamkeit derart auf sich zu ziehen? Am vorletzten Tag hat mir Bernard Hinault während der Etappe die rote Laterne überreicht. Und vor dem letzten Teilstück habe ich den Kameraleuten gesagt: „Schaltet nicht vorzeitig ab, da kommt noch was!“ Dann bin ich 100 Meter vor der Zieldurchfahrt abge-

stiegen, habe das Rennrad geschoben und den Reportern zugerufen: „Drei Wochen habe ich mich geplagt. Die letzten Meter will ich genießen.“ Dann habe ich die Ziellinie geküsst. Mit den Worten: „Danke, dass ich das erleben darf.“ Bei den Einladungsrennen nach der Tour war ich eine der Attraktionen. Ich habe sicher mehr verdient als der Zehntplatzierte. 1980 gelang Ihnen die „Titelverteidigung“. Gegen den Widerstand der Tourleitung. Tourdirektor Félix Lévitan hat mich nicht gemocht. Vielleicht, weil ich ihn einmal aus unserem Mannschaftsbus geschmissen habe. Ich wusste ja nicht, wer der Typ war, der da so rumbrüllte. Vielleicht waren ihm auch meine Interviews zu provokant. Einmal sagte ich zu „Paris Match“: „Die Tour ist wie ein Zirkus, Lévitan der Zirkusdirektor, und wir Fahrer sind die Affen, die strampeln müssen und dafür viel zu wenig Geld bekommen.“ 1980 hat er die Regel ausgeheckt, dass an jedem Tag der Letzte aus der Wertung genommen wird. Das war sehr viel Rechenarbeit, ein paarmal wurde es richtig eng. Was ich für mich in Anspruch nehmen kann: Ich war mit 110 Minuten Rückstand der schnellste Letzte aller Zeiten. Sie verstanden es wie kaum ein anderer Sportler Ihrer Generation, sich selbst zu inszenieren. Woher kam dieser Instinkt? Ich habe vielleicht besser gespürt, was die Leute hören wollen. Bei den heutigen Sport110% UNITED

lern fehlt mir die Individualität. Bei denen glaubt man ja, die haben alle den gleichen Rhetorikkurs belegt. Warum hat es sportlich nicht zu mehr gereicht? Ich finde, es hat zu einigem gereicht. Wenn du für die Tour de France nominiert wirst, gehörst du zu den besten 200 Radprofis der Welt. Außerdem wurde ich auf einer Vuelta-Etappe Zweiter. Obwohl ich weite Teile meiner Karriere mit starken Rückenschmerzen bestreiten musste, nachdem es mich beim Skifahren zerrissen, sich das Becken verschoben hatte. Danach saß ich schief auf dem Rad, brachte mit einem Bein 20 Prozent weniger Druck aufs Pedal. Sie mussten die Karriere deshalb auch vergleichsweise früh beenden. Mein Abschiedsrennen war für 1985 geplant. Aber dann hat mich in Australien ein Auto überfahren – nach einer Woche Koma und einem Monat Krankenhaus musste ich das Reden und Gehen neu lernen. Der Geschmackssinn war kurzzeitig weg, der Geruchssinn fehlt mir bis heute. Mein Karriereende habe ich dann 1987 zelebriert – bei der Heim-WM in Kärnten. Ich ließ mir fürs Profirennen verbotenerweise meine Sponsoren aufs Trikot und auf die Hose drucken. Am Gesäß, weil ich wusste, dass ich mich eher am Ende des Feldes aufhalten werde. Gesperrt wurde ich trotzdem nicht. Wäre mir auch egal gewesen. Nach 150 km bin ich abgestiegen und habe mir geschworen, nie mehr auf ein Rennrad zu steigen. Zwei


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„Als das Budget der Crocodile Trophy nicht reichte, verkaufte ich mein Haus. Besitz war mir nie wichtig.“

Angebot kam, sportlicher Leiter beim Profiteam Varta-Elk Haus zu werden, zögerte ich nicht lange. Ich habe dann viele Jahre Teams zur Österreich-Rundfahrt vermittelt, Fahrer gemanagt, unter anderem Bernhard Kohls ersten Profivertrag verhandelt. Und ich habe die aufstrebende Mountainbikeszene beobachtet ... ... und daraus ein Geschäftsmodell entwickelt. Es gab für die Szene kein Etappenrennen wie die Tour de France. Mein Idee war, eine Rundfahrt in Vietnam zu etablieren. Aber die Behördenvertreter dachten noch zu kommunistisch, zudem waren noch nicht alle Minenfelder geräumt. Schließlich habe ich auf Australien umgeschwenkt. Drei Wochen, 2 200 Kilometer durch das Outback – die Crocodile Trophy war geboren. Ich bin sämtliche Strecken selbst abgefahren, habe mit Stammesführern der Aborigines verhandelt und oft im Busch übernachtet, die nächste Behausung 200 Kilometer entfernt. Weil im ersten Jahr das Budget nicht reichte, habe ich das Haus verkauft. Besitz war mir nie wichtig. Heuer im Oktober findet die Crocodile Trophy zum 25. Mal statt. Früher war es oft logistischer Wahnsinn. Wenn einer der Kühltrucks streikte, musste ich die umliegenden Farmer um Essen für den Tross anbetteln. Diesen Stress wollte ich irgendwann nicht mehr. Seit zehn Jahren fahren wir nicht mehr von Darwin oder Alice Spring nach Cairns, nur mehr eine Woche von Cairns über alte Goldgräbertrails nach Port Douglas. Der Effekt: Das Feld setzt sich nicht mehr aus Abenteurern, 110% UNITED

Kultstatus. Sieger Hinault übergab 1979 die „Lanterne Rouge“ an den Letzten, Gerhard Schönbacher. sondern aus Weltklasse-Mountainbikern zusammen. Ist Ihre Alpentour das österreichische Pendant zur Crocodile Trophy? Irgendwie schon. Die Alpentour in der Steiermark ist mit bis zu 420 Startern das größte Mountainbike-Etappenrennen für Einzelfahrer in Europa. Die 21. Auflage steigt im Juni mit Start und Ziel in Schladming. Die Middle East Peace Tour mussten Sie hingegen absagen. Aus politischen Gründen? Als Trump die US-Botschaft nach Jerusalem übersiedelte, kippte die Stimmung total. Die arabischen Staaten wollten „Peace“ nicht mehr im Namen und auch keine israelischen Starter. Da mussten wir die Notbremse ziehen. Wen interessiert’s, wenn 150 Hobbyfahrer ohne tieferen Sinn von Amman nach Jerusalem radeln? Derzeit laufen Verhandlungen an, ein Profirennen in der Region auszurichten – mit einem Prolog vor den Pyramiden von Gizeh. Mal sehen. Die fünf Jahre der Vorbereitung betrachte ich trotzdem nicht als verlorene Zeit. Ich habe dabei unfassbar viel gelernt, tolle Menschen kennengelernt. Und darauf kommt es doch im Leben an. Zu lernen, zu wachsen und daran Spaß zu haben.

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Jahrzehnte habe ich durchgehalten. Sie waren aktiv, als die Verfolgung von Dopingsündern noch in den Kinderschuhen steckte. Wie sehr hat man dieses Manko ausgenützt? Wir haben Substanzen genommen, die erst später verboten wurden, Ephedrin, Koffein. Amphetamine waren tabu. Man wusste, dass man nach einer Woche tot vom Rad fallen konnte. Ich hatte aber grundsätzlich einen anderen Zugang zum Sport. Mir war immer klar, dass es Athleten mit besseren Voraussetzungen und mehr Talent gibt. Und dass man diesen Rückstand durch Training nur bedingt wettmachen kann. Die Natur ist nun mal nicht fair, das gilt es zu akzeptieren. Trotzdem war ich stolz auf meine Radkarriere. Ich kam aus einfachsten Verhältnissen, wir haben zu fünft auf 32 m2 gewohnt. Vielleicht war ich deshalb demütiger, mit weniger zufrieden. Heute glaubt ja ein jeder, gewinnen zu müssen. Sie hatten nicht nur beim Vermarktungswillen, sondern auch in Sachen Vielseitigkeit die Nase vorn. Ich nahm an der Speedski-WM teil. Mehr als 186 km/h waren mit meinen nur 72 Kilo aber nicht drin. Jahre später stellte ich im Rahmenprogramm des F1-Grand-Prix von Adelaide mit 220 km/h aber doch noch einen Weltrekord auf Ski auf. Festgeschnallt auf einem Autodach, oder besser gesagt auf der Windschutzscheibe, weil es mich sonst bei jeder Bodenwelle abgeworfen hätte. Ich bin auch Autorennen gefahren, etwa in der Ford-Atlantic-Serie in Nordamerika. Mehr Perfektion haben Sie aber als Radmanager und Organisator von Radrennen an den Tag gelegt. Nach der Karriere hab’ ich ein Haus in Byron Bay, Australien, gekauft. Aber mir wurde schnell fad, obwohl ich Mitglied in jedem Klub der Umgebung war. Als dann 1988 das


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STREICHELWEICH AUF KUSCHELKURS Ihr Beruf zeigt hautnah die Wunden unserer Gesellschaft auf. Und sie legt streichelnd ihre heilende Hand darauf: Elisa Meyer kuschelt für 70 Euro die Stunde mit Menschen – vor allem die Einsamen sind ihre Kunden. Text: Alexander Kern

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as Glück ist ein Hormon. Es hat einen Namen – Oxytocin ist das sogenannte Kuschelhormon. Freigesetzt baut es Stress ab, reduziert Angst, dämpft Aggressionen und stimmt uns positiv und empathisch. Und man kann es kaufen: für 70 Euro die Stunde bei einer jungen Dame namens Elisa Meyer. Als sie einen Artikel über ungewöhnliche Berufe liest, beginnt sie ihr Talent in die Tat umzusetzen: Gegen Bezahlung kuschelt Meyer beruflich mit Menschen – und ist als Profi-Kuschlerin gut gebucht. In 90 Minuten Zweisamkeit hilft sie, im Gehirn das Oxytocin freizusetzen und damit zu fluten. Und das macht ihre Kunden glücklich. Mit Sex hat das nichts zu tun. Wer Meyer nahekommen will, für den gelten strenge Regeln: Küsse sind verboten, und den Busen oder den Intimbereich anzufassen ist tabu. Es ist die Berührung, die heilen soll, und das geht hinaus über das, was die Prostitution anbietet, das schnelle Stillen der Lust. Worum es geht: ums Umarmtwerden. Ums Gehaltenwerden, weil es

nicht nur entspannt, sondern erfüllt. Denn gestreichelt wird zwar der Körper, aber immer auch die Seele. Zu Elisa Meyer kommen vor allem die Einsamen und die Männer. Menschen, die seit Ewigkeiten Single sind und ihrer Isolation entrinnen wollen. Oder noch nie im Leben einen Partner hatten. Andere leben in einer Beziehung, in der Nähe längst keinen Platz mehr hat. „Unsere Gesellschaft leidet an zu wenig Zärtlichkeit“, ist Meyer überzeugt, „wir leben in einer Zeit der Vereinzelung.“ Sich an der Hand fassen oder andere kurz am Arm zu streicheln komme im Alltag so gut wie nicht vor, unsere Liebkosungen wären meist auf ausgewählte Personen beschränkt. Dabei beweisen US-Studien, wie schädlich Einsamkeit für unsere Gesundheit ist – und wie positiv Berührungen sich auswirken, so Meyer. „Viele kennen Kuscheln gar nicht oder haben es verlernt“, sagt sie. Viele Klienten sind Informatiker, die viel am Computer sitzen und unter Berührungsmangel leiden. Und Männer, denen die Geschlechterrolle und die Leistungsgesellschaft zu verbieten scheint, Gefühle zu zeigen – unterdrücken 110% UNITED

hilft aber nicht. Doch es gibt unterschiedliche Motivationen. Eine Frau in Leipzig etwa, erzählt Meyer, leidet an Muskelschwund und sehnt sich verzweifelt nach Berührungen, die nicht vom Pflegepersonal ausgehen. Traumatisierte Missbrauchsopfer buchen Meyer ebenso wie Menschen mit Angststörungen, minderem Selbstwertgefühl oder Burnout. Für sie alle ist die Kuschelstunde ein Rettungsanker. Denn was Meyer ebenfalls macht, ist: „Ich bin eine empathische Zuhörerin, ohne zu urteilen. Und ich gebe keine Ratschläge, dafür empfehle ich einen Psychologen. Was ich anbiete: in einem geschützten Rahmen alles erzählen zu können, was einem auf dem Herzen liegt – und dass ich alles für mich behalte.“ Das kommt an. Als die Luxemburgerin vor zwei Jahren in Wien ihren Doktor in Germanistik machte, begann sie ihr Geschäft aufzuziehen. Heute lebt sie in Leipzig und vermittelt über die „Kuschel Kiste“ zärtliche Dienste – ihre eigenen oder jene von Partnern von Berlin bis Salzburg. Den Trend kennt Meyer aus den USA. Dort hat Travis Sigley in San Francisco die Kuschel-

Foto: privat

„Viele kennen Kuscheln gar nicht oder haben es verlernt.“


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„Unsere Gesellschaft leidet an zu wenig Zärtlichkeit, wir leben in einer Zeit der Vereinzelung.“

„Die Sucht nach Smartphone und Social Media ist Ersatzhandlung und macht nur noch einsamer – ein Teufelskreis.“

therapie erfunden und etabliert. Samantha Hess hat daraus ein erfolgreiches Business geformt. 2014 eröffnete sie ein Studio in Oregon, in der ersten Woche meldeten sich 10 000 Leute an, um mit ihr zu kuscheln. Bei Hess (und in England) hat Meyer ihre Ausbildung gemacht. Mittlerweile bildet sie selbst Kuschler aus. Was das bedeutet? Vor allem, wie weit man gehen darf. Und wie man lernt, manches wieder zu vergessen. „Als Kuschlerin benötigt man ein dickes Fell, muss mitfühlend sein, aber Belastungen auch schnell abschütteln können.“ Ob bei all dem Körperkontakt kein Gefühlschaos vorprogrammiert ist? „Wenn ein Kunde sich in mich zu verlieben beginnt, spreche ich es an, und damit ist die Sache meist erledigt“, erzählt Elisa Meyer. Falls nicht, beendet sie das Verhältnis. „Ich biete eine Dienstleistung an“, sagt sie. Mit Romantik habe das nichts zu tun. Passiert ist ihr das am Anfang ihrer Kuschelkarriere aber natürlich dennoch. Geworden ist aber nichts daraus. „Beim Kuscheln wird natürlich viel auf einen projiziert. Doch ein Kennenlernen in echt ist etwas völlig anderes.“ Ihren Freund hat sie dennoch über den

Verein auf einer Kuschelparty, wo in der Gruppe gekuschelt wird, kennengelernt. „Kuscheln kann heilen“, sagt Elisa Meyer. Seelische Wunden und Depressionen werden gelindert. Der bekannten Cuddlerin Kitty Mansfield gelang es, die Kuscheltherapie von Psychologen anbieten zu lassen. Das versucht Meyer selbst gerade zu erreichen. „Nicht ich heile, sondern ich helfe bloß, dass jemand sich selbst heilt. Das Oxytocin ist die Hausapotheke des Körpers – und Kuscheln wie ein Pflaster für die Seele.“ Das Hormon kann Einsamkeit und Stress gegensteuern. Es stellt Vertrauen in sich selbst und andere her – denn Gemeinschaft suchen Einsame oft am falschen Ort. „Die Sucht nach Smartphone und Social Media ist Ersatzhandlung und macht nur noch einsamer – ein Teufelskreis.“ Ihren Weg will die Kuschlerin unbeirrt weitergehen und die Problematik Berührungshunger weiter im gesellschaftlichen Bewusstsein vertiefen. „Ich bin süchtig nach Berührungen – wie wir alle.“

„Kuscheln kann heilen.“ 110% UNITED

Elisa Meyer vermittelt via cuddlers.net Kuschler von Wien bis Berlin.


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LAU RA ST IG G ER Der 18-jährigen Tirolerin bescheinigen Radsportexperten, Österreichs Jahrhunderttalent zu sein. Ihre Erfolge als Juniorin lassen wenig Zweifel offen. Text: Manfred Behr

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ommt Zeit, kommt Rad. Mehr Rad als bisher jedenfalls. Aber erst ab Juni 2020, wenn Laura Stigger aller Voraussicht nach die Matura am SportBORG Innsbruck in der Tasche haben wird. Bis dahin müssen sich Österreichs radelndes Jahrhunderttalent und sein Coach Rupert Scheiber mit Training in „homöopathischen“ Dosen begnügen. Zehn bis 14 Stunden pro Woche, mehr ist nicht drin neben schulischen Verpflichtungen, Schlafen und einem Mindestmaß an Freizeit. „Sie ist eine, die – wie es Marcel Hirscher einmal ausgedrückt hat – die Extrameile macht. Und dabei innerlich auch noch strahlt“, erzählt Scheiber, der den Ötztaler Rohdiamanten seit sechs Jahren schleift. Über die epochalen Erfolge der 18-Jährigen will er am liebsten möglichst wenige Worte verlieren. Dann tun’s wir. Auf dem Mountainbike hat Stigger erst einmal ein Rennen nicht gewonnen, sie ist seit rund zehn Jahren unbesiegt. Aus einer Reihe von denkwürdigen Jahren ragt 2018 nochmals heraus: Zwei Wochen nach ihrer erfolgreichen WM-Titelverteidigung strampelte Stigger bei der Heim-WM in ihrem erst zweiten Straßenrennen sensationell zu Juniorinnen-WM-Gold. „Im Jugendalter sagt das

„Platzierungen sind im Jugendalter unwichtig. Was zählt, ist die Entwicklung. Die Reise beginnt genau – JETZT!“ 110% UNITED

MO UN TA IN B IK E-C HA MPI ON Abseits der Asphaltstraßen soll die Ötztalerin überhaupt noch unbesiegt (!) sein. In der olympischen Disziplin Cross Country hält Stigger bei fünf Europa- und zwei Weltmeisterschaftstiteln. Den letzten, errungen im schweizerischen Lenzerheide, sicherte sie sich mit 3:03 Minuten Vorsprung. Heuer ist sie erstmals in der U23-Klasse am Start, peilt dort auf Anhieb Top-10-Platzierungen an.

noch nicht wahnsinnig viel aus“, steigt Trainer Scheiber auf die Euphoriebremse. „Platzierungen sind da unwichtig. Was zählt, ist die Entwicklung. Die Reise beginnt genau – JETZT!“ In der Tat wird die weiße Erfolgsweste heuer wohl ein paar Flecken abbekommen. Stigger trifft in ihrem ersten U23-Jahr auf bis zu vier Jahre ältere Konkurrentinnen. An ein Fortsetzen der Zweigleisigkeit ist schon deshalb nicht zu denken. „Für Straßenrennen benötigt man Umfänge, für die wir die Zeit nicht haben“, stellt Scheiber klar. „In Richtung Paris 2024 ist es dann Lauras Entscheidung, ob sie beides in Angriff nehmen möchte. Vorbilder gibt es nur ein paar wenige, aber es gibt sie.“ Physiologisch betrachtet hätte die Athletin des URC Ötztal das Zeug dazu. Mit 50 Kilo zählt sie zu den Leichtgewichten, ihre Beinhebel gelten als ideal. In der frühen Jugend wurde viel Wert auf Beweglichkeit, Koordination und Reaktionsschnelligkeit gelegt, ab 2016 hat Coach Scheiber das Training um die Kraft-Ausdauer-Komponente ergänzt. „Am verblüffendsten aber ist ihre Lernfähigkeit. Nach nur einem Test auf der Straße hatte sie Windschattenfahren und Feldtaktik intus. Laura ist das, was man eine echte Rennsau nennt.“

Foto:Getty Images/Tim de Waele

R ENNR AD-CHAMPION Stigger hat erst zwei Straßenrennen bestritten – den Junior World Cup am Lago Maggiore (Platz 14) und die Weltmeisterschaft 2018 in Innsbruck. Dort holte sie sich nach 72 Kilometern im Sprint einer vierköpfigen Spitzengruppe völlig überraschend Gold. Eine Woche legte Stigger bei den Olympischen Jugendspielen mit Hannah Streicher Silber in der Team-Kombination nach.


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COLLECTION LAUNCH

Jessica Paszka  / Fernanda Brandão

Sharon Sophie Berlinghoff  /  Chayenne Pahde

von links nach rechts: Kimberly Budinsky, Liliana Klein, Chiara Pisati, Kristina Worseg

Foto: Hersteller

Jessica Paszka / Viktoria Hutter

Coole Beats und heiße Fashion im Kölner COLLOSEUM Store. Ex-Bachelorette & Model Jessica Paszka und Instagrammerin Viktoria Hutter feiern die Kollektionspremiere. Sportlich, sexy, jung und cool – genau diese Schlagworte beschreiben die neue Kollektion der Kardashian Schwestern Kendall + Kylie Jenner auf den Punkt genau. Erhältlich sind die trendy Styles ab jetzt in allen COLLOSEUM Stores und online unter www.colloseumshop.com. Mitte März lud der Fashion Retailer COLLOSEUM zum exklusiven Launch der neuen Kollektion in den Kölner Store auf der Hohen Straße ein. Bei Drinks, köstlichem Fingerfood und coolen Sounds feierten Pressevertreter,

Kardashian-Fans und Fashionistas mit dem Testimonial Jessica Paszka die stylische Kollektion. Neben Jessica Paszka und Viktoria Hutter wollten sich auch weitere prominente Gesichter wie die Schauspielerinnen Chayenne Pahde, Sharon Sophie Berlinghoff sowie Sängerin & Moderatorin Fernanda Brandão die Chance auf eine coole Party und einen Sneak Peek auf die Kendall + Kylie X COLLOSEUM Collection nicht nehmen lassen. Aus Wien kamen zur Fashionpremiere angeflogen: TV-Werbe-Beauty Chiara Pisati, Zahnärztin Kristina Worseg, Fashion EventsOrganistatorin Liliana Klein und Ex-Miss Vienna Kimberly Budinsky. 110% UNITED

FACTS

Die Kollektionen von COLLOSEUM bieten alles, was das FashionistaHerz begehrt – von Basic Item bis It-Piece. Inspiriert von urbanen Streetstyles bringt COLLOSEUM die Highlights für jeden Look zu attraktiven Preisen direkt in den Laden. Der Mix aus modischen Basics und angesagten Trends bietet eine breite Auswahl für fashionbegeisterte junge Frauen. Schuhe, Schmuck und Accessoires ergänzen das Sortiment und machen jedes Outfit zum individuellen Mode-Statement.


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„Ob man es mir glaubt oder nicht: Bis jetzt bin ich noch jeden Tag gerne trainieren gegangen. Motivationsprobleme kenn’ ich nicht.“

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Foto: Mirja Geh / Red Bull Content Pool

Um Trainingsstunden anzuhäufen (wie hier beim Kurs auf Zypern), müssen bei Laura Stigger oft die Ferien herhalten.

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LEUCHTENDES VORBILD Ausdauersportler trainieren viel und gern – und das auch noch im Dunkeln. Dafür die richtige Kleidung zu finden, ist nicht so knifflig, wie es scheint. Die Firma Löffler hat mit ihrer hotBOND® reflective-Technologie den Stein der Weisen entdeckt. Text: Julia Pollak

T R ADITION MIT DEM EXTRA KNOW-HOW

FUNKTIONS KLEIDUN G MIT ANS P RUC H

MO DE RN E T RA DIT IO N Seit rund 40 Jahren arbeitet die Firma Löffler mit Sitz in Ried im Innkreis an innovativen Materialien für extreme Bedingungen. Vom Entwurf bis zur Endfertigung passiert alles am Standort, verkauft wird mittlerweile in 15 Ländern.

HO C HE LAST ISC H UN D SIC H TBA R Eine Löffler-Innovation ist die hotBOND®-Technologie. Das sehr flexible Material wird mit Ultraschall verschweißt, somit kann keine Naht mehr drücken. Zudem sorgen Reflektorpunkte für gute Sichtbarkeit im Dunkeln.

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Foto: Löffler

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portbekleidung jeglicher Art findet sich mittlerweile im Sortiment zahlreicher Modeketten. Da fällt es manchmal schwer, den Überblick zu bewahren. Was ist ein qualitativ hochwertiges Produkt, und was kann ich mir sparen? Wer viel trainiert, steht automatisch irgendwann vor dieser Frage. Denn die richtige Kleidung kann einem das Leben als Profi- oder HobbysportlerIn wesentlich erleichtern. Wer sich in diese Materie vertieft, wird unweigerlich auf ein oberösterreichisches Unternehmen stoßen: Löffler. Seit rund 40 Jahren wird an neuen, innovativen Materialien geforscht, um das Sportlerleben mit jedem produzierten Stück so bequem und funktional wie möglich zu machen. Für das neueste Produkt haben die Spezialisten von Löffler ihre ganze Erfahrung in die Waagschale geworfen. Es handelt sich um die hotBOND® reflective-Technologie. Die Stücke dieser Kollektion sind hochflexibel, hinterlassen keine Druckstellen und reflektieren Licht entlang der Schweißverbindungen. Diese Reflektorpunkte machen SportlerInnen auch im Dunkeln gut sichtbar. Nähte im herkömmlichen Sinn gibt es bei dieser Kleidung nicht mehr, sie wurden von einer Ultraschallverschweißung abgelöst. Dafür hat Löffler sogar eigene Maschinen entwickeln lassen. Das Material der Kollektion besteht aus einem speziellen synthetischen Gemisch, welches Flüssigkeit schnell an die Außenseite transportiert, wo sie abtrocknen kann. Denn es gibt nichts Unangenehmeres, als im Training klitschnass durchgeschwitzt Wind und Kälte ausgesetzt zu sein. Einen Nachteil haben die High-End-Produkte aus dem Hause Löffler aber auch: Sätze wie „Die Hose scheuert am Fahrrad“ oder: „Ich habe kein zweites Shirt mit“, werden gnadenlos als faule Ausrede entlarvt.


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Gibt zu denken In aufwühlenden Zeiten gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Tief gehender, unabhängiger Journalismus bildet die Grundlage für reflektierte Meinungen und Haltungen. DiePresse.com

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Mit sportlicher Unterstützung des Hervis Sports Club.

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Unplugged war gestern Fahrrad und E-Bike – prallen da zwei Welten aufeinander? Christian Rieser, Leiter der Hervis-Radsportabteilung in St. Johann, fühlt sich dort wie da heimisch. Um uns an seinem Wissen teilhaben zu lassen, zerlegt er das Pedelec in seine Einzelzeile.

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Text: Julia Pollak  Fotos: Gregor Kuntscher

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uf den ersten Blick unterscheiden sich die Teile eines E-Bikes bzw. Pedelec nicht wesentlich von einem modernen Allroundfahrrad. Lenker, Pedale, Bremsscheiben, Kotflügel etc. – alles da, einzig der unscheinbare Motor plus passendem Akku machen diese Einzelteile aber zu etwas ganz anderem. Fahrrad im herkömmlichen Sinne ist es so keines mehr. „Es ist zu einem Fahrzeug geworden, das macht einen großen Unterschied“, erklärt Christian Rieser, der die Radsportabteilung von Hervis in St. Johann im Pongau leitet. Ein guter Elektromotor unterstützt die Tretkraft um bis zu 300 Prozent, in der höchsten Leistungsstufe vervierfacht er somit die eigene Wattperformance. Dadurch werden längere Bergauffahrten oder das Ziehen eines Anhängers wesentlich erleichtert bzw. auch für wenig Trainierte möglich. Andererseits führt diese Form des Antriebs zu einem höheren Verschleiß. „Weil im Unterschied zum normalen Fahrrad am Pedelec auch bergauf – und damit wesentlich öfter – gebremst wird“, spricht der 40-Jährige aus Erfahrung. Die Bremsen müssen deshalb regelmäßig gewartet oder erneuert werden, dasselbe gilt für die Kette. Für frühzeitige Abnutzungserscheinungen sorgen auch die zusätzlichen rund 15 Kilo Gewicht. Auf die leichte Schulter nehmen lässt sich so ein 25-Kilo-Teil jedenfalls nicht. Schon gar nicht, wenn es gilt, Hindernisse im Rahmen einer Mountainbike-Tour tragend zu überwinden.

„Der Akku sollte bei längeren Fahrpausen abgenommen und extra gelagert werden – trocken, nicht zu heiß und nicht zu kalt.“

Für 300 Prozent mehr Tretkraft sorgt der stärkste E-Motor von Bosch. Der LithiumIonen-Akku kann einfach abgenommen werden.

Schlechte Nachrichten auch für Selfmade-Mechaniker: Herumschrauben ist bei der elektrischen Variante ein No-Go. Alle Teile eines solchen Fahrzeuges sind typisiert und erfordern ein professionelles Service. Ein wichtiges Detail: „Kommt es zu längeren Fahrpausen, wie etwa im Winter, sollte der Akku abgenommen und extra gelagert werden“, betont Rieser. „Der Ort darf nicht zu heiß, nicht zu kalt und sollte vor allem trocken sein, der Ladestand halb voll.“ Vorsicht ist nach einem Unfall geboten. Der Akku könnte einen nicht sichtbaren Defekt davongetragen haben. Die Komponenten der Pedelecs entwickeln sich indessen laufend weiter. Jedes Jahr kommen noch hochwertigere Modelle auf den Markt. Den Hype versteht Rieser sehr gut, besitzt er doch selbst ein E-Bike. Seine Leidenschaft aber bleibt das mit Muskelkraft betriebene Rennrad. Fährt Familie Rieser auf Urlaub, reisen Frau und Kinder mit dem Auto an, der dreifache Familienvater trifft Stunden später per Drahtesel ein. Rieser liebt lange Ausfahrten, 100 Kilometer sind eine Standarddistanz. In die Arbeit kommt er ebenfalls auf zwei Rädern. Dort erweitert sich sein Erfahrungsschatz täglich, denn das Zeitalter der E-Bikes hat gerade erst begonnen. 110% UNITED

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ja, in dem Wort Gemeinschaft steckt gemein. Damit meine ich nicht gewöhnlich. Sondern das hinterfotzige Gemeine, fast schon Boshafte. Egal, ob mit Absicht oder einfach nur aus Mangel an Empathie: Gemeinschaften können ganz schön gemein sein. Ein Beispiel: Vor einigen Jahren reiste ich durch die Philippinen. Aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen tat ich das nicht auf eigene Faust, sondern in einer Gruppe. Als Zugestiegener war mir nach einigen Sekunden klar: Ich war mitten in einer bayrischen Trachtenkapelle gelandet. Mittendrin: Herbert, der Hochzeitslader. Um alle ins Bild zu bekommen: Ein Hochzeitslader organisiert Hochzeiten und sorgt für den reibungslosen Ablauf – mit einer aus meiner Sicht heftigen Einschränkung: Er spricht ausschließlich in Reimen. So kam es, dass Herbert im Bus mit mir und allen anderen großteils in Reimen kommunizierte. Auch mit seiner Frau. Das war anfangs sehr lustig. Dann reimte er beim Mittagessen, in den Reisterrassen. Er reimte beim Abendessen, er grüßte sogar beim Frühstück in Zweizeilern. Den Rest bitte selbst imaginieren: Die Rundreise dauerte sieben Tage, und als die ersten Gäste im Bus dem Nervenzusammenbruch nahe waren, hatte Herbert Mitleid und schwenkte auf bayrische Witze um. Nur gejodelt hat er nicht. Ich sagte ja, Gemeinschaften können ganz schön gemein sein. By the way: Bitte Gemeinschaft nicht mit Community verwechseln. Schon gar nicht mit Online-Community, Crowd, Schwarm, Follower und Facebook-Freunde. Es ist zwar sehr super, 283 Geburtstagswünsche auf seinem Handy zu lesen – aber wir wissen ja alle, wie die zustande kommen. Vom Algorithmus vorgeschlagen, irgendwo in der U-Bahn schnell abgedrückt, Herzenswärme lässt sich da wenig rauslesen (böse Absicht allerdings auch nicht). Ich bin da auf jeden

Was Robert Hartlauer mit meinen Freunden zu tun hat und warum Schüttelreime eine ganze Gemeinschaft in den Wahnsinn treiben. Über den feinen Unterschied von Gemeinschaft und Freundschaft.

RO B E RT K RO PF Journalist und Gründer der Insiderei – einer Reiseplattform für Menschen, die schon überall waren und alles kennen. Oder das zumindest glauben.

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Fall skeptisch. Ich frag’ mich immer: Hätte ich das Geburtstagskind auch angerufen und persönlich mit ein paar netten Worten gratuliert? Ganz ehrlich: Oft sage ich da nicht „Ja“ zu mir selbst. Ich folgere: Nicht jede Gemeinschaft ist eine tiefgehende. Ich bevorzuge den Begriff Freundschaft. Die hält was aus. Freundschaften halten Belastungen aus. Freundschaften sind persönlicher. Versuchen Sie mal, mit Ihrer Gemeinschaft auf ein Bier zu gehen. Freunde kümmern sich umeinander, Freunde telefonieren miteinander. Freunde besuchen sich. Freunde machen sich Treffen aus – auch wenn das manchmal schwierig ist. Wenn es einem nicht gut geht, ist eine Gemeinschaft wichtig. Aber ein wahrer Freund ist noch viel besser. Ganz wichtig: Wahre Freunde nehmen nicht alles ernst, wahre Freunde treiben Späße miteinander. Wie meine Freunde mit mir. Das kam so: Ich habe eine nicht zu leugnende Ähnlichkeit mit Robert Hartlauer, dem Fotohändler. Ich gab auf Skihütten kleinen Kindern schon Autogramme. Wie passend, dass mein Vorname auch Robert ist. Ich hab’ also gar nichts Falsches gemacht. Bei Faschingspartys dachten die Gäste, ich käme als Robert Hartlauer verkleidet. Anlässlich eines Geburtstages haben meine tollen Freunde mir eine original zwei Meter große Hartlauer-Statue geschenkt. Allerdings: Der Pfennigfuchser Hartlauer hatte ihnen den Pappendeckelmann nur geborgt. Sie mussten ihn nach zwei Tagen wieder zurückbringen. Oder besser gesagt: Mein eigentliches Geschenk war es, den Papp-Hartlauer persönlich zu retournieren. Also stiefelte ich mit mir selbst unter dem Arm quer durch die Kärntner Straße in Wien. Die Mitarbeiter im Hartlauer-Geschäft staunten nicht schlecht, als ihr Chef plötzlich doppelt vor ihnen stand. Habe ich schon gesagt, dass nicht nur Gemeinschaften, sondern auch enge Freunde ganz schön gemein sein können?

Foto: Tina Herzl

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