ATELIERS2/3/4•SCHNEIDER&SCHNEIDER KUNZUNDMÖSCH•KAAN•NEUTELINGS RIEDIJK•PHILIPPESAMYN•STEFANZWICKY
MESSENACHBERICHT ORGATEC • LEHRJAHRE BEI MATTEO THUN & PARTNERS • DREI BUSBAHNHÖFE • PRODUKTSCHWERPUNKT FENSTER, TÜREN UND BESCHLÄGE • THEORIE ITALIENISCHE GERICHTSSÄLE
Italien 13,50 EUR Spanien 13,50 EUR Finnland 13,50 EUR Norwegen 120 NOK Slowakei 13,50 EUR
AIT 12.2016 Banken und Behörden Banks and Authority Buildings
12.2016 BANKEN UND BEHÖRDEN BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS
Deutschland 13,50 EUR Österreich 13,50 EUR Schweiz 22,00 SFR Belgien 13,50 EUR Niederlande 13,50 EUR Luxemburg 13,50 EUR
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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS
GERICHTSGEBÄUDE IN BÉZIERS Entwurf • Design Ateliers 2/3/4, FR-Paris
In der südfranzösischen Stadt Béziers entstand nach den Plänen des Pariser Architekturbüros Ateliers 2/3/4 ein neues Gerichtsgebäude mit fünf Verhandlungssälen. Nach außen schirmt sich der Bau mit seinen fensterlosen Betonfassaden nahezu hermetisch gegen die Umgebung ab, während sich die Innenräume zu intensiv begrünten Lichthöfen öffnen. So reagiert das Gebäude auf die klimatischen Bedingungen des Mittelmeerraumes. Zugleich unterstützt diese Struktur die funktionalen Abläufe des Gerichtsalltags. In Béziers, a city in the South of France, a new court building with five courtrooms was constructed according to plans by Paris-based Ateliers 2/3/4. Towards the outside, the windowless concrete façades almost hermetically shield the building from its surroundings, while the interiors open up towards intensively greened atria. That way the building reacts to the climatic conditions of the Mediterranean region. At the same time, this structure supports the functional procedures of everyday court routines.
von • by Uwe Bresan
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ie Stadt Béziers liegt auf halbem Weg zwischen Montpellier und Perpignan im Süden Frankreichs und kann auf mehr als 2.500 Jahre Geschichte zurückblicken. Wasserbauingenieure, Binnenschiffer und Bootsbesitzer kennen die 75.000-Einwohner-Gemeinde vor allem als wichtige Station entlang des legendären Canal du Midi, einer künstlichen Wasserstraße, die – quer durch Frankreich verlaufend – das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet. In Béziers überwindet der Kanal über eine sogenannte Schleusentreppe aus acht miteinander verbundenen Kammern einen Höhenunterschied von mehr als 20 Metern. Noch heute gilt das Bauwerk, das zum Ende des 17. Jahrhunderts entstand, als ingenieurtechnische Meisterleistung und bildet die beliebteste Touristenattraktion der Stadt. Der andere große Besuchermagnet von Béziers ist hingegen die mittelalterliche Kathedrale, die hoch über der Altstadt thront. Hier steht auch der prächtige Bischofspalast, der nach der Französischen Revolution zum Gerichtsgebäude umgewandelt wurde und bis zum Sommer dieses Jahres das Landgericht des Département Hérault beherbergte. Die Stadt will das Gebäude in Zukunft als Museum nutzen, weshalb in den vergangenen Jahren am Rande der Altstadt ein neues Gerichtsgebäude entstand. s
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Der qualitätsvolle Innenausbau ist der Bedeutung der Institution angemessen. • The high-quality fitout is appropriate to the importance of the institution.
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Bis ins Detail hinein konnten die Architekten ihre Vorstellungen umsetzen – etwa auch bei der Gestaltung der Saalwände. • The architects were able to implement their ideas down to the last detail. Zwischen den fünf verschiedenen Gerichtssälen liegen schmale Gartenhöfe, die für eine natürliche Belichtung sorgen. • Narrow garden courtyards are laid out between the five hearing rooms and provide natural light.
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Der Publikumsbereich ist um einen großen Hof herum konzipiert. Eine filigrane Signaletik unterstützt die Orientierung. • The public area is laid out around the large courtyard. A filigree signage design supports orientation. Sandgestrahlte Betonoberflächen und edle Hölzer erzeugen eine optisch wie haptisch ansprechende Umgebung. • Sand-blasted concrete surfaces and precious woods generate a both visually appealing environment.
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Das Gebäude überzeugt durch eine fast archaische Präsenz. • The building impresses with an archaic presence.
Loggien und Dachterrassen dienen als offene Pausenräume. • Loggias and roof terraces serve as break areas.
Grundriss 1. Obergeschoss • Floor plan Level +1
Grundriss Erdgeschoss • Ground floor plan
Schnitt Nordwest-Südost • Section Northwest-Southeast
Schnitt Nordost-Südwest • Section Northeast-Southwest
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Grundriss 2. Obergeschoss • Floor plan Level +2
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Entwurf • Design Ateliers 2/3/4, FR-Paris Bauherr • Client APIJ Agence Pour l'Immobilier de la Justice, FR-Paris Standort • Location Avenue du Président Wilson 93, FR-Béziers Fertigstellung • Completion Mai 2016 Nutzfläche • Floor space 8.057 m2 Fotos • Photos Charly Broyez (2,4,5,6,7,9); Stéphane Aboudaram (1,3,8)
COURTHOUSE IN BÉZIERS s Die Pläne dazu lieferte die Pariser Architektengemeinschaft Ateliers 2/3/4, die im Jahr 2000 aus der Fusion dreier eigenständiger Architekturbüros hervorging, deren Geschichte teilweise bis in die 1980er-Jahre zurückreicht. Seit dem Zusammenschluss residiert man gemeinsam in der Rue du Faubourg Saint-Antoine zwischen dem Elften und dem Zwölften Arrondissement unter der Hausnummer 234, was sich letztlich auch in der Namenswahl niederschlug. Geführt wird das knapp 80-köpfige Büro heute von neun Partnern, zu denen auch Christine Edeikins gehört, die sowohl den Entwurf als auch die Umsetzung des neuen Gerichtsgebäudes in Béziers verantwortete. Ihre Aufgabe war es, ein modernes Justizzentrum mit einem gesicherten Verwahrungsbereich für die angeklagten Straftäter, fünf Gerichtssälen und ausreichend Büroflächen für die knapp 150 Mitarbeiter der Behörde zu entwickeln. Zugleich sollte das Gebäude seiner besonderen städtebaulichen Situation am Rande der historischen Altstadt wie auch der herausgehobenen gesellschaftlichen Bedeutung der in ihm beherbergten Institution gerecht werden. Entstanden ist ein kompakter, dreigeschossiger Bau, der sich über einem annähernd quadratischen Grundriss erhebt und nahezu zwei Drittel der vorhandenen Grundstücksfläche besetzt. Nach außen erscheint das sogenannte Palais de Justice hermetisch geschlossen. Lediglich an seiner Südecke öffnet sich das Gebäude vorsichtig und tritt mit Erd- und erstem Obergeschoss aus der Straßenflucht der Avenue du Président Wilson zurück, um einen vom zweiten Obergeschoss überfangenen Vorplatz auszubilden. Durch die raue Struktur der sandgestrahlten Betonfassaden und ein geschicktes Fugenspiel gewinnt der Bau dabei eine geradezu monumental-archaische Präsenz. Symbolisch mag das mit dem Leitbild transparenter rechtsstaatlicher Prozesse kollidieren, ist letztlich aber vor allem den hohen sommerlichen Temperaturen in der Region geschuldet. Dem Vorbild des an die klimatischen Bedingungen angepassten südeuropäischen Hofhauses entsprechend, schließt sich der Bau folgerichtig nach außen hin ab, während das Innere von einer Vielzahl unterschiedlicher Gartenhöfen strukturiert wird, die für ein angenehm temperiertes Binnenklima sorgen. Die Verteilung dieser Höfe orientiert sich primär an der Lage der fünf Gerichtssäle im Erdgeschoss, denen jeweils mindestens ein schmaler Hofraum zugeordnet ist. Die kleinen Gärten, die zwischen den einzelnen Gerichtskammern liegen, dienen auch dazu, die Publikumsbereiche des Gebäudes von der internen Wegeführung zu trennen. In den beiden oberen Verwaltungsetagen wiederum weiten sich die schmalen Gärten des Erdgeschosses auf und verbinden sich teilweise miteinander zu großen und intensiv begrünten Lichthöfen, an denen nahezu alle Angestelltenbüros partizipieren. Kleine Austritte zu den Höfen sowie Loggien und Dachterrassen entlang der Fassaden dienen den Angestellten in den Obergeschossen als Pausenflächen. Im Untergeschoss des Gebäudes liegt wiederum der bereits erwähnte Verwahrungsbereich, der vor allem der Aufnahme der angeklagten Straftäter während der Verhandlungspausen dient. Der Bereich ist von außen über ein Rampe auf der Nordseite des Gebäudes erschlossen, über die Gefangenentransporter direkt bis in den inneren Sicherheitsbereich vorfahren können. So wird das neue Gerichtsgebäude nicht nur ästhetisch, sondern auch funktional den höchsten Anforderungen gerecht.
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éziers is located halfway between Montpellier and Perpignan in the South of France and records a population of about 75,000 people. It is an important stop along the legendary Canal du Midi, which connects the Mediterranean and the Atlantic Ocean. In Béziers, the canal overcomes a height difference of 20 metres via a flight of locks consisting of eight interlinked chambers. The structure dating from the end of the 17th century is still considered an engineering masterpiece and is the city’s most popular tourist attraction. Other visitor magnets are the medieval cathedral and the magnificent bishop’s palace, which was converted into a court building after the French Revolution. Until last summer, it accommodated the district court of the Département Hérault. As the city administration intends to use the former palace as a museum, a new court building has been constructed on the edge of the old town. The designs for this building were conceived by Paris-based architects association Ateliers 2/3/4, which emerged from the fusion of three independent architectural firms in 2000. The office with almost 80 employees is now managed by nine partners, among them Christine Edeikins, who was responsible for the design and implementation of the new court building in Béziers. The brief included the development of a modern judiciary centre with a secured detention area for accused offenders, five courtrooms and sufficient office areas for the almost 150 employees. The building should also do justice to its prominent urban situation on the edge of the historic old town as well as to the social significance of the institution it accommodates. The result is a compact, three-storey complex rising on an almost square ground plan, occupying almost two thirds of the site area. Towards the outside, the so-called Palais de Justice seems hermetically sealed. Only at the south corner, the building carefully opens up. Here, the ground and first floor are recessed from Avenue du Président Wilson to form a forecourt, which is covered by the second floor. The rough structure of the sand-blasted concrete façades and a sophisticated play of joints lend the building an almost monumental-archaic presence. From a symbolical viewpoint, this may collide with the guiding principle of transparent trials in accordance with the rule of law, but it is actually a reaction to the high summer temperatures in this area. Following the model of the southern European courtyard house, which is adapted to climatic conditions, the building is closed towards the outside, while its interior is structured by a variety of garden courtyards, which ensure a pleasant indoor climate. The arrangement of these courtyards is primarily oriented by the location of the five courtrooms on the ground floor, each of which is assigned at least one narrow courtyard. The small gardens located between the single courts are also used to separate the public areas from internal circulation routes. On the upper administrative levels, the narrow gardens widen and connect to form large and intensively greened atria, which are shared by almost all offices. Small balconies towards the courtyards as well as loggias and roof terraces along the façades provide break areas for employees working on the upper levels. The detention area, used to hold offenders during breaks in trials, is located in the basement. The area is accessed via a ramp on the north side, which provides direct access for prisoner transport vehicles to the inner security zone.
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