ACR Innovationsradar 2015 Lebensmittel

Page 1

ACR Innovationsradar 2015 Aktuelle Technologietrends f체r KMU

Lebensmittelqualit채t & -sicherheit



Der Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Lebensmittelwirtschaft ist eines der vorrangigen Ziele, wenn es darum geht, über Innovationen Produktions- und Analysenabläufe weiter zu entwickeln und zu verbessern. Die Grenzen der Innovationsfähigkeit in der Lebensmittelbranche ergeben sich aus Problemen mit der Akzeptanz beim Kunden, den gesetzlichen Vorgaben oder auch Anforderungen aus Standardarbeitsroutinen. In diesem engen Rahmen müssen sich die aktuellen Produkt- und Verfahrensentwicklungen bewegen, um nachhaltig wirken und sich letztlich etablieren zu können. Die besondere Herausforderung für KMU im Lebensmittelbereich ergibt sich aus der ständigen Weiterentwicklung von Vorgaben und der praktisch unüberblickbaren Vielzahl an Forschungsprojekten. Dazu sollten Konsumtrends erkannt und im Auge behalten werden und auch die Marktsituation muss unter Beobachtung bleiben. In dieser Informationsflut ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Deswegen befassen sich die lebensmittelspezifischen Beiträge dieses Jahres ganz bewusst mit zwei ausgewählten Themen. Die Anwendungsmöglichkeiten der beschriebenen Technologien reichen dafür über den dargestellten Bereich weit hinaus, wodurch sich wiederum eine Vielfalt an Innovationsfeldern erschließt. Im ersten Teil wird die Lichtpulstechnologie vorgestellt, die von zwei ACR Instituten unabhängig voneinander, aber in gegenseitigem Austausch beforscht wird. Mit dieser Technologie lassen sich Dekontaminationserfolge erzielen, die für die Lebensmittelsicherheit von entscheidender Bedeutung sein können. Das breite Anwendungsspektrum wird anhand der beschriebenen Beispiele lediglich angedeutet, geht es doch über Oberflächenentkeimung bei Fleisch und Fleischwaren oder Babymilchpulver weit hinaus. Der zweite Teil widmet sich einem neuen Schnellverfahren für die Qualitätsbeurteilung von Getreide und den daraus hergestellten Mahl- und Schälprodukten. Die Analysenmethode ist erst im Entstehen und die Anwendungsentwicklung gerade im Gange, sodass man in diesem Gebiet einen sehr intensiven Einblick in die detailreiche Arbeit einer umfangreichen Methodenkalibrierung bekommt. Julian Drausinger Leiter "Lebensmittelqualität & -sicherheit"

Inhalt Gepulstes Licht: Anwendungspotential in der Lebensmittel- und Verpackungstechnologie ............. - 5 Gepulstes Licht: Anwendungsbeispiel Säuglingsnahrung ................................................................. - 11 Neue Möglichkeiten in der Teigrheologie ......................................................................................... - 15 -

-3-



Gepulstes Licht: Anwendungspotential in der Lebensmittel- und Verpackungstechnologie

Mikrobiologische Untersuchung © ACR/Alice Schnür

Schneller und besser. Gekoppelt an gesellschaftliche und demographische Veränderungen, Trends und Vorlieben steigt die Zahl der vorverpackten und verzehrfertigen Lebensmittel im Handel rapide an. Um dabei im Hinblick auf organoleptische, diätetische, hygienische und toxikologische Aspekte den immer steigenden Erwartungen zu entsprechen, werden laufend neue, schonende, aber zugleich effektive Technologien und Prozesse entwickelt. Der folgende Teil des ACR Innovationsradar beschäftigt sich daher mit der aufstrebenden Technologie des gepulsten Lichts, welche starkes Einsatzpotential in der Oberflächenentkeimung zeigt und in diversen Projekten des OFI erforscht wird. Gepulstes Licht Gepulstes Licht (engl. Pulsed Light, PL) ist eines der aufkommenden, nicht thermalen Dekontaminationsverfahren, welches sich durch eine breite Inaktivierung von Mikroorganismen auszeichnet und bei einer Vielzahl von Lebensmitteln und Lebensmittelkontaktmaterialien wie etwa Verpackungsmaterialien, eingesetzt werden könnte. Zurzeit besteht noch Forschungsbedarf um Lücken zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung zu schließen und Abklärungsbedarf hinsichtlich der rechtlichen Situation in der Europäischen Union (EU), es ist jedoch abzusehen, dass das Interesse an dieser Technologie in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. -5-


Als Weiterentwicklung der Dekontamination mit kontinuierlichem UV Licht (kohärente Strahlung einer definierten Wellenlänge) kann die PL Technologie auf das Generieren von Hochspannungsimpulsen zurückgeführt werden, welche in Folge in Lichtblitze von kurzer Dauer (µs bis s), hoher Frequenz (bis zu 10 Hz) und Intensität (mehrere J cm -2) umgewandelt werden. Die hierfür verwendeten Lampen sind zumeist Inertgas-Lampen (hauptsächlich mit Xenon Gas gefüllt), welche elektromagnetische Strahlung (Licht) in einem breiten Spektrum von 180-1100 nm (UV bis IR) abgeben und dadurch großteils die spektrale Zusammensetzung des Sonnenlichts widerspiegeln. Die Intensität der ausgesendeten Lichtblitze entspricht dabei der rund 20.000-fachen Intensität des Sonnenlichts auf der Erdoberfläche und ist ausreichend stark, um eine signifikante Dekontamination herbeizuführen. Das Ausmaß der Dekontamination hängt dabei von drei Hauptfaktoren ab. Diese sind (i) die behandelte Matrix wie etwa Flüssigkeit oder Festkörper, (ii) die Art und Beschaffenheit der mikrobiellen Kontamination und (iii) die Prozessparameter wie Geräteaufbau, Intensität und Dauer der Behandlung. Einfluss: Matrix Nebst klaren Flüssigkeiten wird PL zumeist zur Dekontamination von Oberflächen eingesetzt. Dies begründet sich darin, dass für ein ausreichendes Eindringen der Strahlung in die Matrix ein niedriger Reflexions-, sowie hoher Absorptions- und Transmissionskoeffizient Voraussetzungen sind, welche von den meisten (halb)festen Körpern wie zum Beispiel Lebensmitteln jedoch nicht erfüllt werden. Dies sollte a priori allerdings nicht als nachteilig betrachtet werden, da zum Beispiel Waschlösungen ebenfalls an der Oberfläche wirken. Des Weiteren sollte die behandelte Oberfläche möglichst frei von Unebenheiten sein, da diese der mikrobiellen Kontamination Schutz vor der einfallenden Strahlung bieten können. Gleiches gilt für Licht absorbierende organische oder anorganische Materie zwischen der Lichtquelle und der Kontamination. Zuletzt sollte die Matrix selbst nur wenige Substanzen enthalten, welche kompetitiv Licht absorbieren können. Diese Substanzen sind zum Beispiel Fette und Proteine. Kohlenhydrate hingegen zeigen diesen ausgeprägten Effekt nicht. Vom Wareneingang bis -ausgang könnte PL an diversen Stationen der Produktionskette eines Betriebes eingesetzt werden. Am Anfang dieser könnte zum Beispiel durch Dekontamination von Lebensmitteln und Lebensmittelkontaktmaterialien die mikrobielle Belastung in der Produktion und somit die Wahrscheinlichkeit der Rekontamination bereits prozessierter Waren gesenkt werden. Des Weiteren könnte PL zur Verhinderung von Kreuzkontamination oder Dekontamination der gefertigten Ware herangezogen werden. Letztere könnte vor, bei der Verwendung geeigneter Verpackungsmaterialien, jedoch auch nach dem Abpacken dekontaminiert werden. Voraussetzung für die Anwendung von PL nach dem Abpacken ist hauptsächlich die Transparenz des (Kunststoff-)Materials für die elektromagnetische Strahlung. Des Weiteren sollte die Verpackung jedoch auch einen geeigneten Produktschutz, Prozessstabilität und Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben aufweisen. Einfluss: Kontamination Die Inaktivierung von Mikroorganismen mittels PL beruht auf einem Prozess, welcher die Zellfunktionen überwältigt und somit zum Tod führt. In diesem Zusammenhang konnten drei Effekte, welche parallel oder der Reihe nach zur Zellschädigung beitragen, identifiziert werden. Diese sind photochemisch (DNS Schädigung), -thermisch (Zellzerstörung und Herbeiführung struktureller Schäden) und -physikalisch (strukturelle Zellschäden) bedingt. Wie stark die einzelnen Effekte ausgeprägt sind, hängt dabei vom Energieeintrag, dem Lichtspektrum als auch vom Mikroorganismus selbst ab. So scheinen zum Beispiel grampositive, im Gegensatz zu gramnegativen Bakterien resistenter zu sein. Da es zur subletalen Schädigung der Mikroorganismen kommen kann, empfiehlt es sich die Technologie in ein Hürdenkonzept einzugliedern. Effizienzsteigernd wirkt auch der Einsatz von Photosensibilisatoren. Diese bilden durch die Bestrahlung freie Radikale aus, welche die Mikroorganismen auf oxidativem Wege zusätzlich schädigen.

-6-


Aktuell beschäftigt sich die Forschung jedoch auch mit Themen wie Inaktivierungskinetik, Reparaturmechanismen und etwaiger Resistenzbildung der Mikroorganismen. Einfluss: Prozessparameter Generell trägt das gesamte Spektrum der ausgesendeten Strahlung zur Inaktivierung der Mikroorganismen bei. Da kürzere Wellenlängen jedoch höhere Energie transferieren, ist die UV(C) Fraktion besonders wichtig. Filter ermöglichen zwar Flexibilität in der Wellenlängeneinstellung, ein Ausschluss der Strahlung unter 300 nm minimiert den Dekontaminierungserfolg jedoch bedeutend. Über die Messung des UV- oder Energieoutputs kann des Weiteren die Systemleistung überprüft und bei Bedarf korrigiert werden. Andere wichtige Prozessgrößen sind die Fluenz (J cm-2), die Pulsdauer (s) und -frequenz (Hz). Diese haben ebenfalls Einfluss auf Faktoren wie Entkeimungsrate, Behandlungstemperatur und sensorische Beeinflussung der Matrixbestandteile (zum Beispiel Lipidoxidation). Für die erfolgreiche Implementierung von PL ist es in Folge ausschlaggebend auf den Aufbau und die Geometrie der Anlage zu achten. So sollte die Positionierung und Orientierung der Lampen eine gleichmäßige und vollständige Bestrahlung der Matrix ermöglichen. Dies kann zum Beispiel durch mehrere Lampen, Bewegung der Matrix, transparente Bereiche von Förderbändern und Reflektoren erreicht werden. Auch der absolute und relative Abstand zwischen Lampe und Matrix stellt eine wichtige Einflussgröße dar, denn je kürzer der vertikale Abstand umso größer der Effekt sowie die Matrixerhitzung und umso kleiner der Rahmen der effizienten Behandlung. Daraus ergibt sich der generelle Trend hin zu kurzen Abständen und Behandlungszeiten. Dies bedeutet jedoch, dass sphärische Körper, auch wenn sie um eine Achse rotiert werden, nur schwer gleichmäßig dekontaminiert werden können. Abhilfe schaffen größere Abstände und längere Behandlungszeiten. Der relative Abstand hingegen beeinflusst die Ergebnisse auf Grund der Tatsache, dass die Intensität von Xenon Lampen vom geometrischen Zentrum zu den Enden hin abnimmt. Vor- und Nachteile der Technologie Neben dem Ausmaß der Dekontaminierung ist bei der Entscheidung für oder wider eine neue Technologie ausschlaggebend, ob eine Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und des Mindesthaltbarkeitsdatums gegeben ist, die organoleptischen und ernährungsspezifischen Eigenschaften des Lebensmittels erhalten bleiben, Rückstandsfreiheit, Convenience und Wirtschaftlichkeit gegeben sind, sowie keinerlei Zurückweisung seitens Konsument oder Gesetzgeber besteht. PL kann für den Anwender generell als sichere Technologie angesehen werden. Automatisches Abschalten der Anlage bei Öffnen der Blenden, als auch eine Abfuhr des Ozons sind dafür jedoch Voraussetzungen. Zudem kann PL den Einsatz von Chemikalien, Desinfektions- und Konservierungsmitteln vermindern oder gar ersetzen, was eine rückstandsfreie Produktion ermöglicht. Auch stellen die eingesetzten Xenon Lampen eine gute Alternative zu den bei der Behandlung mit kontinuierlichem UV Licht verwendeten Quecksilber Lampen dar. Die geringe benötigte Energiezufuhr (kein Starkstrom erforderlich) rundet schließlich die ökologischen Vorteile ab. Neben dem Bedienkomfort der Technik sind die kurzen Behandlungszeiten, der geringe Platzbedarf, die Möglichkeit batchweise oder kontinuierlich zu arbeiten und fehlende Aufwärmphasen die klaren Stärken der Technologie. Bestehende, kontinuierlich arbeitende UV Anlagen können zu dem einfach auf PL umgerüstet werden. Die heutige Marktsituation mit einigen wenigen global agierenden Unternehmen und kleineren Mitbewerbern, beeinträchtigt die gewünschte Flexibilität der Unternehmen. Dazu machen die Investitionskosten für industrielle Anlagen die Technologie derzeit vor allem für bestimmte Marktsituationen und das Hochpreissegment interessant. Die Kosten begründen sich in der aufwendigen Schalttechnik, welche im Vergleich zu kontinuierlichem Licht bei dem 10 bis 100-Fachen liegen und für einen möglichst hohen UV Output und lange Lebensdauer der Lampen (6 bis 12 Monate) unerlässlich sind. Dass auch die Lampen teurer sind, wird jedoch durch die niedrigen laufenden Kosten kompensiert. Während die FDA (U.S. Food and Drug Administration) bereits 1996 die PL Technologie von einem technologie-orientiertem Zugang bewertet und mit einer maximal zulässigen Fluenz von 12,0 J cm-2 -7-


für Lebensmittel zugelassen hat, ist der rechtliche Status in der EU bis dato nicht vollständig geklärt. So könnte die PL Technologie aufgrund des UV Anteils des Lichtes als eine Form der Bestrahlung angesehen werden und damit unter die Richtlinien 1999/2/EG und 1999/3/EG fallen. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich jedoch oftmals der Ansatz die rechtliche Regelung nach der Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten zu gestalten. Aus diesem Grund setzt sich das OFI sowohl auf nationaler, als auch internationaler Ebene für eine zeitnahe Abklärung dieser Thematik ein. Anwendungspotential von gepulstem Licht bei Fleisch und Fleischwaren In aktuellen Projekten forscht das OFI an der Anwendbarkeit von PL für die Dekontamination von Fleisch und Fleischwaren, ob verpackt oder unverpackt. Dabei werden sowohl die Keimreduktion und die Auswirkungen der Technologie auf das Lebensmittel und die verwendeten Verpackungsmaterialien getestet, als auch die etwaige Bildung von (Kreuz)Resistenzen bei pathogenen Keimen, wie etwa Listeria monocytogenes, beleuchtet. Auf Basis der in der wissenschaftlichen Literatur dokumentierten Forschungsergebnisse und des bisherigen Forschungsoutputs des OFI kann die Anwendbarkeit von PL wie folgt dargestellt werden. Während bei Versuchen auf Agar, als auch auf relativ glatten Lebensmittelkontaktmaterialien wie Kunststoff und Metall, eine Keimzahlreduktion von 2 bis zu 7 Log erreicht wird (Log steht für logarithmische Reduktionsrate), sind bei komplexen Oberflächen, wie sie Fleisch und Fleischwaren darstellen, Keimzahlreduktionen von lediglich 1 bis 2 Log zu erwarten. Obwohl sich die Reduktionen auf Fleisch und Fleischwaren durch eine Steigerung der Intensität erhöhen ließen, geben die beginnenden Produktveränderungen (zum Beispiel sensorische Veränderungen oder aber auch Oxidationsreaktionen) einen klaren Rahmen für die Behandlung vor. Aus diesem Grund ist es unabdingbar vor der Keimzahlreduktion die Belastungsgrenze des jeweiligen Lebensmittels zu ermitteln, bis zu welcher keine nennenswerten Produktveränderungen nachweisbar sind. Ähnliches gilt für Lebensmittelkontaktmaterialien wie etwa Verpackungsfolien. Hier muss sichergestellt werden können, dass sich die Behandlung nicht negativ auf die Migration von Verpackungsbestandteilen in das Lebensmittel, die Barriere des Materials gegen Sauerstoff oder Wasserdampf, als auch die mechanische Belastbarkeit des Materials auswirkt. Obwohl in diesem Bereich durchaus noch Forschungsbedarf besteht, kann soweit berichtet werden, dass Verpackungsmaterialien aus Polyethylen, Polypropylen, Polyamid beziehungsweise Kombinationen hieraus sich für den Einsatz bei Fleisch und Fleischwaren eignen können. Dies zeigen nicht nur die Forschungsergebnisse des OFI. Auch aus der wissenschaftlichen Literatur ist ersichtlich, dass die Keimzahlreduktionen bei verpackten als auch unverpackten Fleisch oder Fleischprodukten nur geringfügig abweichen. Selbiges gilt für Agar. Aus der oben stehenden Technologiebeschreibung wie auch aus den bisherigen Forschungsergebnissen wird deutlich, dass PL ein klares Einsatzpotential für die Oberflächenentkeimung von verpackten und unverpackten Produkten, sowie von Lebensmittelkontaktmaterialien, wie zum Beispiel Arbeitsflächen und -geräten, bietet. In der Fleischbranche wäre zum Beispiel die Entkeimung von Schlachtkörpern interessant, da hier die mikrobielle Belastung schon am Beginn der Produktionskette gesenkt werden könnte. Des Weiteren könnte PL zur Reduzierung des Rekontaminationsrisikos von bereits prozessierten Waren eingesetzt werden. Die ausgeprägte Nachfrage nach minimal verarbeiteten Lebensmitteln macht die PL Technologie sowohl für gegenwärtige, als auch zukünftige Märkte attraktiv. Es ist daher abzusehen, dass das Interesse an der Technologie in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. Victoria Heinrich, OFI www.ofi.at

-8-


Literatur Andrady, A. L. (2007). Ultraviolet radiation and polymers. In J. E. Mark (Ed.), Physical properties of polymers handbook (pp. 857-866). Springer Science+Business Media. Aymerich, T., Picouet, P. A., and Monfort, J. M. (2008). Decontamination technologies for meat products. Meat Science, 78, 114-129. Butz, P., and Tauscher, B. (2002). Emerging technologies: chemical aspects. Food Research International, 35, 279-284. Castillo, R., Biedermann, M., Riquet, A.-M., and Grob, K. (2013). Comprehensive on-line HPLC-GC for screening potential migrants from polypropylene into food: the effect of pulsed light decontamination as an example. Polymer Degradation and Stability, 98, 1679-1687. Coles, R. (2003). Introduction. In R. Coles, D. McDowell, and M. J. Kirwan (eds.), Food packaging technology (pp. 1-31). CRC Press. Dunn, J., Ott, T., and Clark, W. (1995). Pulsed-light treatment of food and packaging. Food Technology, 49(9), 95-98. EU (1997). Regulation EC No 258/97 of the European Parliaments and the Council of 27 January 1997 concerning novel foods and novel food ingredients. European Union, EU. FDA (1996). Code of Federal Regulations (CFR) Title 21 Part 179. Irradiation in the production, processing and handling of food. Office of the Federal Register, US Government Printing Office. FDA 21CFR179.41. Food and Drug Administration, Washington, DC. Fernández, M., Manzano, S., de la Hoz, L., Ordóñez, J. A., and Hierro, E. (2009). Pulsed light inactivation of Listeria monocytogenes through different plastic films. Foodborne Pathgogens and Disease, 6 (10), 1265-1267. Ganan, M., Hierro, E., Hospital, X. F., Barroso, E., and Fernández, M. (2013). Use of pulsed light to increase the safety of ready-to-eat cured meat products. Food Control, 32, 512-517. Gómez-López, V. M., Devlieghere, F., Bonduelle, V., and Debevere, J. (2005b). Factors affecting the inactivation of micro-organisms by intense light pulses. Journal of Applied Microbiology, 99, 460-470. Gómez-López, V. M., Ragaert, P., Debevere J., and Devlieghere, F. (2007). Pulsed light for food decontamination: a review. Trends in Food Science and Technology, 18, 464-473. Guillard, V., Mauricio-Iglesias, M., and Gontard, N. (2010). Effect of novel food processing methods on packaging: structure, composition, and migration properties. Critical Reviews in Food Science and Nutrition, 50(10), 969-988. Han, J. H. (2005). New technologies in food packaging: overview. In J. H. Han (Ed.), Innovations in food packaging (pp. 3-11). Elsevier Ltd. Han, J. H. (2007). Packaging for nonthermally processed foods. In J. H. Han (Ed.), Packaging for nonthermal processing of food (pp. 3-16). Blackwell Publishing Professional. Haughton, P. N., Lyng, J. G., Morgan, D. J., Cronin, D. A., Fanning, S., and Whyte, P. (2011). Efficacy of highintensity pulsed light for the microbiological decontamination of chicken, associated packaging, and contact surfaces. Foodborne Pathogens and Disease, 8(1), 109-117. Havelaar, A. H., Brul, S., de Jong, A., de Jonge, R., Zwietering, M. H., and ter Kuile, B. H. (2010). Future challenges to microbial food safety. International Journal of Food Microbiology, 139, S79-94. Heinrich, V., Zunabovic, M., Varzakas, T., Bergmair, J., and Kneifel, W. (2015). Pulsed light treatment of different food types with a special focus on meat: a critical review. Critical Reviews in Food Science and Nutrition (Accepted for Publication in 2013). Keklik, N. M., Demirci, A., and Puri, V. M. (2009). Inactivation of Listeria monocytogenes on unpackaged and vacuum-packaged chicken frankfurters using pulsed UV-light. Journal of Food Science, 74(8), M431-M439. Keklik, N. M., Demirci, A., and Puri, V. M. (2010). Decontamination of unpackaged and vacuum-packaged boneless chicken breast with pulsed ultraviolet light. Poultry Science, 89, 570-581. Kirwan, M. J., and Strawbridge, J. W. (2003). Plastics in food packaging. In R. Coles, D. McDowell, and M. J. Kirwan (Eds.), Food packaging technology (pp. 174-240). Oxford: CRC Press. Knorr, D., Froehling, A., Jaeger, H., Reineke, K., Schlueter, O., and Schoessler K. (2011). Emerging Technologies in Food Processing. Annual Review of Food Science and Technology, 2(1), 203-235. Oms-Oliu, G., Martín-Belloso, O., and Soliva-Fortuny, R. (2010). Pulsed light treatments for food preservation. A review. Food and Bioprocess Technology, 3, 13-23. Ortega-Rivas, E. (2012). Non-thermal food engineering operations.Springer Science+Business Media, (Chapter 12). Palmieri, L. and Cacace, D. (2005). High intensity pulsed light technology. In D.-W. Sun (Ed.), Emerging technologies for food processing (pp. 279-306). London: Elsevier Academic Press. Rajkovic, A., Tomasevic, I., Smigic, N., Uyttendaele, M., Radovanovic, R., and Devlieghere, F. (2010). Pulsed UV light as an intervention strategy against Listeria monocytogenes and Escherichia coli O157:H7 on the surface of a meat slicing knife. Journal of Food Engineering, 100, 446-451. Ringus, D. L., and Moraru, C. I. (2013). Pulsed light inactivation of Listeria innocua on food packaging materials of different surface roughness and reflectivity. Journal of Food Engineering, 114(3), 331-337. Sofos, J. N. (2005). Improving the Safety of Fresh Meat. Cambridge: CRC/Woodhead publishing. Sofos, J. N. (2008). Challenges to meat safety in the 21st century. Meat Science, 78, 3-13.

-9-



Gepulstes Licht: Anwendungsbeispiel S채uglingsnahrung

Aufbau der Versuchsanlage

Energieverteilung in der Behandlungskammer - 11 -


Sicherheit in sensiblem Bereich Säuglingsnahrung in Pulverform ist die am weitesten verbreitete Alternative zum Stillen und somit ein Nahrungsmittel für eine besonders sensible Zeit in der Entwicklung von Kleinstkindern. Die Sicherheit der Pulvernahrung ist deshalb von immenser Wichtigkeit und ein zentraler Dreh- und Angelpunkt für Verfahrens- und Produktentwicklungen in diesem Bereich. Risikominimierung ist der Grundsatz, nach dem die Verarbeitung von Säuglingsnahrungspulver ausgerichtet wird. Trotz sorgfältigster Verarbeitung und Berücksichtigung höchster Hygienestandards kommen immer wieder Kontaminationen mit pathogenen Keimen wie Salmonellen oder speziell Cronobacter sakazakii vor. Infektionen können beim Säugling schwerwiegende Folgen haben und Gehirndegenerationen bewirken oder sogar den Tod herbeiführen. Internationales Forschungsprojekt In einem internationalen Konsortium von neun Partnern, bestehend aus KMU der Milchwirtschaft und Forschungsinstituten, arbeitet die LVA aktuell an einem neuartigen Verfahren zur Minimierung dieses Risikos und beteiligt sich im von der Europäischen Union finanzierten Projekt BABYSAFE an einer Forschungskooperation. Ziel ist die Entwicklung einer neuen Technologie für die industrielle Anwendung im Bereich der Produktion von Säuglingsnahrung, die eine sichere und effiziente Alternative zu bisher eingesetzten, vorwiegend thermischen Dekontaminationsverfahren bietet. Jüngste Forschungsergebnisse haben die Effektivität von Lichtpulsen (LP) für die Oberflächendekontamination von Verpackungsmaterial, Getränken und zur Abtötung vegetativer Mikroorganismen aufgezeigt. Die keimabtötende Wirkung beruht auf starkem energetischem Stress. Durch das gepulste Licht wird ein hoher, wenn auch kurzzeitiger Energieeintrag erzielt, der schädigend auf lebende Zellen wirkt, nicht aber auf das Lebensmittel selbst. LP-Technologien bieten sich als zusätzliche, nicht-thermale Verarbeitungsschritte an. Die Anwendung macht es möglich, die Keimzahlen, auch von Pathogenen zu reduzieren und gleichzeitig das Risiko der Rekontamination zu minimieren, ohne die Produktqualität, insbesondere im Hinblick auf hitzesensible bioaktive Inhaltsstoffe von Säuglingsmilchpulver, nachteilig zu beeinflussen. Die LP-Technologie hat mehrere Vorteile, durch die sich der Produktionsprozess für Säuglingsnahrung sicher, effektiv, kosten- und energieeffizient gestalten lässt, was wiederum die Umweltfreundlichkeit der Herstellung verbessert. Durch Upscaling wird die Methode für den industriellen Maßstab einsetzbar gemacht. Technologische Herausforderungen Säuglingsnahrung in Pulverform ist kein steriles Produkt. Aufgrund der Sensibilität der Endkonsumenten ist dieser Umstand von umso höherer Bedeutung, und die Qualitätssicherung des Produktes muss kompetent gehandhabt werden, um mögliche Risiken optimal zu minimieren. Zum einen bestimmt die Erreichung von notwendigen Nährstoffkonzentrationen und die Einhaltung eines vorbestimmten Nährwertprofiles die Produktqualität, zum anderen muss die Freiheit von Kontaminationen chemischer und (mikro-)biologischer Natur gewährleistet werden. Die LP-Technologien sind als Entkeimungsschritt vorgesehen und unterstützen so den Erhalt eines mikrobiologisch unbedenklichen Status während des Produktionsprozesses. Denn die verschiedenen Verarbeitungsschritte in der Herstellung sind gleichzeitig eine mögliche Quelle von Kontaminationen, und mit jedem Schritt ist ein gewisses Risiko für eine solche (Re-)Kontamination verbunden, die im Endeffekt eine Gesundheitsgefährdung von Säuglingen darstellen kann. Im Produktionsverlauf wird im Wesentlichen Kuhmilchpulver mit verschiedenen bioaktiven Zusätzen versehen, sodass ein möglichst gleichwertiges Äquivalent zu natürlicher Muttermilch erzeugt wird. Die - 12 -


zugefügten Inhaltsstoffe wie Vitamine oder Lactoferrin zeichnen sich durch eine ungünstige Temperaturempfindlichkeit aus, ebenso wie viele native Proteine, die bei zu hohen Prozesstemperaturen zur Denaturierung neigen. Um die geforderten Standards der Lebensmittelsicherheit zu erreichen, ist aber während der Produktion üblicherweise ein Pasteurisationsschritt zur Minimierung mikrobiologischer Belastungen vorgesehen. Durch die Wärmeeinwirkung wird die pulverisierte Mischung in der Säuglingsnahrung allerdings stark belastet und könnte ihren ursprünglichen Nährwert verlieren und somit einen unerwünschten Qualitätsverlust erleiden. Aus dieser Problemstellung leitet sich der Bedarf von Produzenten nach einer zuverlässigen und sicheren Methode zur Keimreduktion her, die gleichzeitig schonend genug ist, um die Produktqualität zu erhalten. Versuche im Labormaßstab Ein Prototyp in Labormaßstab wurde für die Anwendung von LP-Technik auf Säuglingsnahrungspulver bereits gebaut und in Betrieb genommen. Die Betriebsparameter wurden in einer Vielzahl von Versuchen optimiert, wobei Frequenz und Zeitdauer des Lichtpulses, sowie die Präsentation des Produktpulvers variiert wurden. Die Lichtpulse werden von einer Xenonlampe erzeugt und liegen im Wellenlängenbereich von Ultraviolettlicht, über sichtbares Licht bis Infrarot, sodass bei der Anwendung eine für die Inaktivierung passende Intensität erreicht wird. Die Dauer der Pulse ist im Bereich von mehreren Hundert Mikrosekunden. Dies führt zu einer Lichteinstrahlung, die mehr als das 20.000-fache der Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche erreicht. Parallel wurden Versuche mit einer kontinuierlich arbeitenden UV-Lampe durchgeführt und die Ergebnisse verglichen. Abstände zwischen Lampe und Produkt ab 3cm wurden ausgetestet, wobei klare Medien ebenso im Versuch eingesetzt wurden, wie Pulver. Als Modellmikroorganismen werden vegetative Keime von Salmonella, Cronobacter, Listeria-Spezies und Sporen eines Bacillusstammes eingesetzt. Das Säuglingsnahrungspulver wurde als statische Schüttung, turbulent fließende Schicht und als statische Dünnschicht im Laborversuch mit LP behandelt. Der Einfluss der Produktparameter, die Absorption und Streuung, sowie Schatteneffekte bewirken können, konnte auf diese Weise eindeutig nachgewiesen werden. Schwierigkeiten entstehen, wenn nicht die gesamte Produktoberfläche dem LPGenerator ausgesetzt werden kann. Die Geometrie der Behandlungskammer, in der die LP auf das Produkt treffen, spielt dabei eine Rolle. Die Validierung der Effektivität der Methoden erfolgt über mikrobiologische und chemische Analysen mit der Zielvorgabe einer maximalen mikrobiologischen Inaktivierung und einer minimalen Schädigung der Säuglingsnahrung. Somit werden die Faktoren Lebensmittelsicherheit, Nährwert, Qualität und Haltbarkeit in die Methodenevaluierung mit einbezogen. Lichtpulse für Pulver Im aktuellen Forschungsprojekt widmet sich die LVA der Übertragung von Forschungsergebnissen in den Bereich der industriellen Herstellung von Säuglingsmilchnahrung und wird Ergebnisse zur Weiterentwicklung der LP-Technologie generieren. Derzeit steht die Sicherung der Gesundheit von Säuglingen und Babys im Mittelpunkt. Das Potenzial der LP-Methodik ist aber größer, sodass auch die grundsätzliche Vertrauensbildung von Verbrauchern in neuartige Herstellverfahren im Auge behalten wird. Die Versuche in klarem Medium mit drei vegetativen Bakterien, die von Bedeutung für die öffentliche Gesundheit sind, bestätigten die keimabtötende Wirkung der untersuchten LP-Verfahren. Weitere Tests wurden unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Faktoren die optischen Eigenschaften des zu behandelnden Mediums betreffend durchgeführt. Die Inaktivierung der eingesetzten Mikroorganismen in trockenem pulverförmigem Produkt, wobei Säuglingsmilchpulver als Modellfall angesehen werden kann, verlief durchwegs erfolgreich.

- 13 -


Durch Anpassung des Energie-Inputs werden die Lebensmittel möglichst wenig beansprucht, und bioaktive Substanzen bleiben erhalten. Die Vergleichsproben zeigten im Versuch auch keine nachteiligen Effekte von Lichtpulsen auf die Inhaltsstoffe des Säuglingsmilchpulvers, womit ein wesentlicher Beitrag zum Qualitätserhalt geleistet wird. Durch die nachgewiesene keimabtötende Wirkung in pulverförmigem Medium trägt die LP-Technologie dazu bei, die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, und Hygienestandards entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu erreichen und zu erhalten. Die LP-Technologie ist somit ein vielversprechender alternativer keimreduzierender Prozess, der nonthermal arbeitet und daher eine wertvolle Bereicherung des Verfahrensspektrums für temperaturempfindliche Produkte ist. Die Möglichkeiten der LP-Technologie können auf sämtliche Bereiche, in denen pulverförmige Produkte verarbeitet werden, ausgedehnt werden, sodass die Wettbewerbssituation nicht nur der Hersteller von Babynahrung verbessert werden kann. Die Vorteile durch den technologischen Vorsprung könnte von einer breiteren Vielfalt von Produzenten genützt werden. Christine Grabler-Mayr, Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) www.lva-verein.at

- 14 -


Neue Möglichkeiten in der Teigrheologie Landwirt, Müller, Bäcker, jeder ist auf der Suche nach der optimalen Qualität für Getreide, Mehl und Brot. Die Getreidebranche steht vor neuen Herausforderungen; alles muss schneller, besser und zuverlässiger laufen, um im Konkurrenzkampf sich weiter behaupten zu können. Bis dato sind die äußerst zuverlässigen Methoden zur Bestimmung der Teigrheologie (die Lehre des Fließverhaltens von Teigen) wie das Farinogramm, das Extensogramm und das Amylogramm die wichtigsten Verfahren um eine Qualitätseinstufung vornehmen zu können. Die Feststellung der Qualitäten vorab sichert die Produktion und verringert somit Fehlproduktionen, welche wieder die Rentabilität senken. Was passiert, wenn etwas schief läuft?

Minderwertige Chargen mit abweichender, geringerer oder schlechter Produktqualität verursachen viele unnötige Produktions- und Nebenkosten und zudem unzufriedene Kunden. Des Weiteren führt eine ineffiziente Produktion zur Demotivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Bemühungen eine auf dem Einsatz von Infrarotlicht basierende Technologie als Schnellmethode zu etablieren werden deshalb fortgesetzt und es gibt in der Tat Fortschritte in den Kalibrierungen, die eine Grundeinschätzung der Backqualität erlauben. NIR/NIT-Technologie Die Nah-Infrarot-Spektroskopie umfasst die Nah-Infrarot-Reflexions- und Transmissions- Technologie (kurz: NIR/NIT-Technologie) und hat bei der Untersuchung von Getreide, Mehl und Schrot sowie Ölsaaten einen festen Platz eingenommeni. Die Vorteile der NIR/NIT-Technologie als Schnellmethode hat sich vor allem der Getreidehandel zu Nutze gemacht. Mit Hilfe von NIR- bzw. NIT-Geräten werden qualitative Beurteilungen und eine flächendeckende, schnelle Untersuchung von Getreide und Getreideprodukten möglich. Die Herausforderung der NIR/NIT-Technologie in der Qualitätsanalytik für Getreide und Mehl mit Fokus auf den teigrheologischen Eigenschaften von Mahl- und Schälprodukten ergibt sich aus folgenden Aspekten: Die Kalibrierung der Methode für teigrheologische Eigenschaften ist äußerst komplex, da z.B. ein Extensogramm (teigrheologischer Dehnungsversuch) eine Vielzahl von Informationen liefert. Im Extensogramm werden der Dehnwiderstand und die Dehnbarkeit des Teiges gemessen. Dadurch erhalten wir eine Information über das spätere Backverhalten des Teiges (Verhalten auf Gare, Gebäckvolumen). Je höher der Widerstand, desto höher ist die Kleberqualität. Bei dieser Untersuchung wird der Teig jeweils 45 Minuten einer Gare unterzogen und anschließend bis zum Reißen gedehnt. Dieser Vorgang wird noch zweimal wiederholt, wobei die Teigreifung jeweils zunimmt. Die dritte Kurve (nach 135 min Teigruhe) wird ausgewertet. Mit zunehmender Teigreifung wird das Klebergerüst stabiler (z.B. bei Ascorbinsäure-Behandlung).

- 15 -


Die vorhandenen Kalibrationen geben bereits Auskunft über die theoretische Kleberbildung. Die Schwierigkeit bei der Kalibration zur Kleberbildung liegt in der zurzeit noch nicht klaren Erfassung des Wasserbindevermögens der Gluten-Proteine. Damit zusammenhängend sind auch die Gluten-Qualität und die Dehneigenschaften sowie der Dehnwiderstand des gebildeten Klebers bzw. des erstellten Teiges zu sehen. In weiterer Folge wird aufgrund dieser Informationen auf das Verhalten bei der Gare und auf das theoretische Gebäckvolumen geschlossen. Das Extensogramm ist gut geeignet, die Wirkung und Dosierung von Mehlbehandlungsmitteln oder Backmitteln (Ascorbinsäure, Cystin, Cystein, Proteinasen) zu testen, da die Kurven das sehr deutlich anzeigen. Das Ziel der aktuellen Forschung für im Bereich NIR/NIT-Technologie ist der Ausbau der Qualitätsanalytik für Getreide und Mehl in Hinblick auf teigrheologische Eigenschaften von Mahl- und Schälprodukten. Kostengünstige, schnelle und zuverlässige Qualitätsanalysen im Bereich von Feuchtigkeit, Protein, Kornhärte oder Fett sind bereits ausreichend kalibriert. Die Kalibration als Grundlage für neue Qualitätsuntersuchungsparameter erfordert eine zuverlässige Referenzanalytik. Die Spektroskopieverfahren nutzen den Nahen Infrarotbereich (800-2500nm) und sind kalibrationsabhängig. Das heißt, dass es sich hierbei um eine sekundäre Messmethode handelt, die eine Referenzanalytik erfordert. Die Reflexionswerte der Probe, z.B. mittels NIR-System gemessen, werden mit den Referenzwerten innerhalb einer Modellberechnung verglichen und so kalibriert. Anschließend erfolgt eine sogenannte Validierung (Überprüfung) der Kalibration mit unbekannten Proben. Die NIR-Geräte liefern demnach als Rohdaten die optischen Reflexionseigenschaften der Proben. Diese optischen Daten sind komplex zusammengesetzt und werden sowohl durch die chemischen Bestandteile als auch durch physikalische Eigenschaften der Proben, wie z.B. Temperatur, Oberflächenbeschaffenheit, bestimmt. Um aus diesen optischen Werten die gewünschten Parameter wie Feuchte-, Protein- und Ölgehalt zu bestimmen, werden Kalibrationen mit entsprechenden Referenzwerten benötigt. Die komplexe Natur der optischen Daten erfordert umfangreiche Kalibrationen, die alle Einflussfaktoren berücksichtigen. Das Kalibrierprogramm muss daher mit vielfältigen Probendaten gefüllt werden, die möglichst große Variationen in den Einflussfaktoren aufweisen. Aus diesem Grunde verbessert sich die Kalibrierung mit den Jahren, in denen viele unterschiedliche Proben mit unterschiedlichen Erntebedingungen gesammelt werden können. Einflussfaktoren bei der Kalibrationserstellung ergeben sich neben den großen Spannen im Feuchteund Protein- bzw. Ölgehalt auch durch den Faktor Sorte, "extreme" Proben aufgrund von ungewöhnlichen Wachstumsbedingungen, Temperatur und Feuchtegehalt bei der Proteinbestimmung. Jede NIR-Messung von biologischem Material ist temperaturabhängig. Um trotzdem korrekte Messergebnisse zu bekommen werden zwei Verfahren zur Kompensation verwendet: - Einbringen unterschiedlich temperierter Proben in die Kalibrierung - Messung der Probentemperatur Beispielsweise hätte eine Kalibrierung ohne Berücksichtigung der Temperatur zur Folge, dass bei einer Erhöhung der Probentemperatur um 10°C der Proteinwert um 0,4 Prozent zu niedrig angezeigt würde. Die heute vorliegenden Kalibrationen, die unterschiedlich temperierte Proben enthalten und entsprechend unempfindlich gegenüber Temperaturschwankungen sind, würden bei einer Erhöhung der Probentemperatur um 10°C eine Abweichung von 0,1 Prozent Protein anzeigen. Dieser verbleibende Temperatureinfluss wird dadurch kompensiert, dass bei jeder Messung einer Probe, auch deren Temperatur durch einen im Feeder befindlichen Sensor bestimmt und der Protein- (aber auch Feuchteund Öl-) Gehalt entsprechend korrigiert wird. Dieses Verfahren hat sich bereits bewährt und wurde in den vergangenen Jahren verwendet. Neu ist, dass der Korrekturfaktor (Temperaturkoeffizient) individuell für jedes Gerät und je Kalibrierung bestimmt wird. - 16 -


Feuchtegehalt bei der Proteinbestimmung Wasser hat starke Absorptionsbanden im NIR und beeinflusst daher jede NIR-Messung. Eine gute Kalibrierung muss dem Rechnung tragen und korrekte Protein- und Ölgehalte liefern. Dies wird auch bei hohen Feuchtegehalten dadurch erreicht, dass unterschiedlich feuchte Proben in der Kalibrierung enthalten sind. In die neue Kalibrierung wurden gezielt Proben mit einer Feuchte von bis zu 20 Prozent einbezogen. Durch die Abhängigkeit der Enzymwirkungen von Zeit und Temperatur wird die Komplexität einer derartigen Kalibrierung verdeutlicht, wodurch die Abschätzung von Qualitätsinformationen mittels NIR-Technik zurzeit noch mit größeren Unsicherheiten behaftet ist. In diesem Zusammenhang ist klar festzuhalten, dass eine derartige Auskunft (also die Wirkung von Enzymen wie z.B. Proteasen) durch die NIR- Technologie auch künftig schwer erfassbar sein wird, weil auch bereits jetzt mit dem Langzeitversuch im Extensogramm (135 min) die tatsächlichen Enzymwirkungen schwer abschätzbar sind. Um schnelle Entscheidungen über die Lagerung und Trennung von Partien mit unterschiedlichen Qualitäten treffen zu können, wird intensiv an den Kalibrierungen der noch unsicheren Qualitätsermittlung in unterschiedlichen Bereichen gearbeitet. Es gibt bereits Entwicklungsfortschritte im Bereich Gelbpigmentmessung in Durum Weizen, wobei diese Kalibrierung noch nicht am Markt verfügbar ist. Ziel ist es auch, Aussagen über teigrheologische Eigenschaften treffen zu können. Hierbei stößt die Technologie jedoch immer wieder an ihre Grenzen. Die NIR-Technologie soll für einen Einsatz zur Qualitätsüberprüfung von Mehlen weiterentwickelt werden. In diesem Bereich sind Fortschritte zu erwarten, wobei die Technologie wie bereits erwähnt im Bereich Quellvermögen von Weizenkleber oder der Dehn- und Knetbarkeit von Teigen die bisher herkömmliche Teigrheologie nicht ersetzten konnte. Dies bedeutet für die KMU, dass der Einsatz der NIR/NIT-Technologie zur Schnellbestimmung der Qualität in den Bereichen Feuchtigkeit, Rohprotein, Mineralstoffgehalt, Kornhärte und Fett-Ölgehalt bereits zuverlässige Ergebnisse liefert. Die Aussagekraft der NIR-Technologie über teigrheologische Eigenschaften ist zurzeit noch nicht zuverlässig möglich. Die Firma Brabender hat nun ein neues Gerät, den Brabender Glutopeak, entwickelt, mit dessen Hilfe in Kombination mit NIR-Technologie die Aspekte der Teigrheologie raschestmöglich abgebildet werden sollen. Der wichtige Slogan "Es gibt kein gutes oder schlechtes Mehl, es gibt nur die richtige oder falsche Anwendung" gewinnt nun mehr an Bedeutung, da durch das neue Verfahren auch eine schnelle Einstufung der Mehlqualität möglich werden kann. Was ist nun wirklich wichtig? Und wie soll die Qualität rasch erfasst werden?

Klebernetzwerk im Teig - 17 -


Verkleisterte St채rke in der Krume

Bis dato erfolgte die Qualit채tspr체fung in folgenden Schritten

1. Vermahlung

4. Knetversuche

2. Feuchtigkeitsbestimmung

Toast

3. NIR

- 18 -


5. Dehnversuche

6. Verkleisterungsversuche

Das neue System von Brabender könnte die gewünschten Ergebnisse bieten, ohne die herkömmliche Vielzahl von klassischen, zeitaufwändigen Methoden zu benötigen.

- 19 -


Glutopeak Das neue System soll einen rheologischen "Fingerabdruck" des Mehles innerhalb von wenigen Minuten liefern. Dies war bis dato nur mit den klassischen Methoden unter hohem Zeitaufwand möglich. Die bereits zuvor angeführten Bemühungen in der NIR-Technologie konnten bis dato keine zuverlässigen Ergebnisse liefern. Entscheidend ist hierbei die Möglichkeit einer Aussage über die Rheologie. Zurzeit ist nur eine grundsätzliche Einschätzung der rheologischen Eigenschaften mit dem neuen System möglich. Das Testprinzip des neuen Verfahrens:      

Herstellen einer Suspension aus Mehl und Wasser Hoher Energieeintrag – dieser separiert und aggregiert den Kleber Temperatur und Geschwindigkeit des Kneters bleiben konstant Nach kurzer Zeit aggregiert der Kleber (abhängig von den Qualitätseigenschaften des Musters) Ein Klebernetzwerk wird gebildet, was sich in einem starken Anstieg der Drehmomentkurve zeigt Weiterer Energieeintrag zerstört das Netzwerk, das Drehmoment verringert sich; ausgewertet wird die Zeit bis zum Peak und das Kurvenmaximum (Peakhöhe)

 Ein starker Kleber ist charakterisiert durch einen kurze Anstiegszeit mit hohem Peak  Ein weicher Kleber zeigt eine lange Anstiegszeit mit niedrigen Peak  Sehr weicher Kleber beziehungsweise ein Produkt mit sehr geringem Klebergehalt zeigt einen sehr späten Anstieg und zum Teil keinen Peak  Die Zeit bis zum Peak liegt zwischen 60 und 600 Sekunden  Die Mehle können anhand verschiedener Peakzeiten und Peakhöhen klassifiziert werden  Starkes Mehl: kurze RT, hoher PW  Schwaches Mehl: lange RT, niedriger PW  Waffelmehl: sehr lange RT, kein PW

Retention Time (RT)

- 20 -


Die Auswertung erfolgt über die Verweildauer (RT, maximale Peakzeit), also der Zeit, die der Kleber benötigt, um zu aggregieren und einen Peak im maximalen Drehmoment darzustellen, bevor das Netzwerk zusammenfällt, und den Peak Wert (PW), der das maximale Drehmoment darstellt. Das neue Verfahren ist eine Schnellmethode zur Charakterisierung der Verarbeitungsqualität von Weizenmehlen. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Übereinstimmung zum Proteingehalt (wie auch NIRTechnologie) und zum Brotvolumen. In Bezug auf die rheologischen Eigenschaften zeigt das maximale Drehmoment eine bessere Übereinstimmung zu den erhaltenen Daten von Mehl, als denen von Kleber. Zu beachten ist, dass einige Weizensorten mit schlechter Backqualität nicht in dieses Muster passen. In der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung wird nun an Korrelationsmodellen gearbeitet, um diese Methode auch für das teigrheologische Verhalten von Teigen besser charakterisieren zu können. Zum einen kommt der Korrelation des Glutopeak zur Wasseraufnahme im Farinogramm eine Bedeutung zu, und zum anderen könnte eine Charakterisierung des Knetverhaltens möglich sein. Sollte sich eine zuverlässige Aussage treffen lassen, so könnte durch das Schnellverfahren wesentlich effektiver die Wasseraufnahme im Farinogramm bestimmt werden und dadurch eine Beschleunigung der Teigerstellung für das Extensogramm die Folge sein. Das heißt, die Ermittlung der Wasseraufnahme könnte über den Glutopeak laufen und im Anschluss könnte das Knetverfahren im Farinographen mit der bereits bestimmten Wasseraufnahme automatisch über ein festgelegtes Knetprogramm ablaufen und der Dehnprüfung im Extensogramm zugeführt werden. Weiters erfolgen Versuche zur Ermittlung, ob durch die Glutopeak-Auswertung auf das Knetverhalten und auf die Knettoleranz in Teigen geschlossen werden kann. Aus heutiger Sicht wird jedoch die Einstufung des Gareverhaltens, welches bis dato mittels Extensogramm erfolgt, wie auch in den Versuchen mit der NIR-Technologie, keine zuverlässigen Ergebnisse ergeben. Hier können Naturgesetze nicht außer Acht gelassen werden und eine Simulation des Gareverhaltens eines Teiges, welches von Temperatur und Zeit (die Wirkung von Mehlbehandlungsmittel wie z.B. Ascorbinsäure oder Proteasen sind eine fixe Funktion zwischen Zeit und Temperatur; dies ist auch in der Praxis beim Bäcker einzuhalten und unüberbrückbar) abhängig ist, nicht durch dieses innovative Verfahren ersetzt werden. Dennoch wird der schnelle Fingerabdruck der Mehlqualität möglich sein und somit die Qualitätsbestimmung beschleunigen. Für die Feineinstellung werden die nun bereits über 90 Jahre zum Einsatz kommenden Verfahren weiter ihre Bedeutung behalten.

Christian Kummer, Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung – Österreichische Mühlenvereinigung (vg-ÖMV) www.vfg.at

i

Seibel W.: Warenkunde Getreide, 2005, Agrimedia.

- 21 -


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.