ACR INNOVATIONSRADAR 2017
Inhalt 1.
Vorwort .................................................................................................................................................. 3
2.
Energiekonzepte für Städte und Regionen .................................................................................... 5
3.
4.
2.1.
Innovative Energiekonzepte im Neubau ............................................................................... 5
2.2.
Nachhaltige Energiekonzepte für Chinas Städte mit Know-how aus Güssing ............... 9
Erneuerbare Energien – Regelwerke und Planungsrichtlichtlinien .......................................... 11 3.1.
Schaffung einer einheitlichen Grundlage für die Übernahme von Energieholz .......... 11
3.2.
ÖNORM B 8301 – Bemessung von Kachelöfen – Anforderungen ................................... 13
3.3.
Der Gesetzgeber schläft (leider?) nicht – Zukunft der Holzverbrennung in Europa .... 17
3.4.
Planungsrichtlinien für die Integration von solarer Prozesswärme ................................... 20
Umwelttechnologien ........................................................................................................................ 25 4.1.
Papier- und Zellstoffindustrie - Abwasserforschung für eine intakte Umwelt ................. 25
4.2. Wertstoffrückgewinnung und Schließung des Wasserkreislaufes in der Galvanikindustrie .......................................................................................................................... 27 4.3.
Speichertechnologien ............................................................................................................. 31
4.3.1
Speicherpotenzial Österreich ......................................................................................... 31
4.3.2
Smarte Wärmespeicher ................................................................................................... 33
4.3.3
Lithium-Ionen-Technologie in Batterien und Akkus – Sicher oder tickende Zeitbombe? ....................................................................................................................... 36
5.
Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung .................................................................................. 40 5.1. Qualitätssicherung für Erneuerbare-Wärme-Systeme durch intelligentes Betriebsmonitoring ....................................................................................................................... 40 5.2.
Plus-Energiegebäude auf dem Prüfstand ............................................................................ 43
5.3. Energieberatung 2.0 – Neue Toolbox unterstützt Entwicklung individueller Einsparmaßnahmen ..................................................................................................................... 47 5.4.
Brotbackofen vom Ländle gilt jetzt als Vorbild.................................................................... 49
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1.
Vorwort
Die ACR Institute des Bereichs Umwelttechnik & erneuerbare Energie decken thematisch eine große Fülle von Themen ab und im vorliegenden ACR Innovationsradar 2017 ist es erneut gelungen, interessante Beispiele zur Illustration der Innovationen und Forschungsprojekte des Jahres 2016 anschaulich darzustellen. Folgende Institute arbeiten im Bereich Umwelttechnik & erneuerbare Energie von Austrian Cooperative Research: AEE INTEC - Institut für Nachhaltige Technologien, Gleisdorf (www.aee-intec.at) BTI - Bautechnisches Institut, Linz (www.bti.at) GET - Güssing Energy Technologies, Güssing (www.get.ac.at) HFA Holzforschung Austria, Wien (www.holzforschung.at) IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und –ökologie, Wien (www.ibo.at) IBS - Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung, Puchenau bei Linz (www.ibs-austria.at) KOV - Österreichischer Kachelofenverband, Wien (www.kachelofenverband.at) OFI, Wien (www.ofi.at) VÖZ - Vereinigung Österreichischer Zementindustrie, Wien (www.zement.at) Der Bogen der Beiträge im vorliegenden Innovationsradar 2017 spannt sich über fünf ThemenCluster und stellt einen Auszug von Schwerpunktaktivitäten der Forschungsinstitute dar:
Energiekonzepte für Städte und Regionen
Regelwerke und Planungsrichtlinien im Bereich der erneuerbaren Energien
Umwelttechnologien mit speziellem Fokus auf Abwassertechnologien und Wertstoffrückgewinnung
Speichertechnologien für Wärme und Strom
Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung
Dass die Erprobung und Erforschung von nachhaltigen Produkten und Systemen in Österreich auch international erfolgreich ist, beweisen die Arbeiten der ACR Mitgliedsinstitute immer wieder eindrucksvoll. ACR Institute sind maßgebend in Projekten der Internationalen Energieagentur beteiligt, wie zum Beispiel im Rahmen des Forschungsschwerpunktes Kompakte Wärmespeicher (siehe Kapitel 4.3.2) oder im Bereich der solaren Prozesswäme (siehe Kapitel 3.4). Außerdem nutzen sie Vernetzungsmöglichkeiten im Rahmen von Workshops und Tagungen mit internationaler Beteiligung für die Entwicklung und Anbahnung von neuen Projekten und den Know-how Transfer über Grenzen hinweg bis nach China (siehe Kapitel 2.2). Die von den ACR Instituten durchgeführten Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich der angewandten Forschung leisten insgesamt einen unverzichtbaren Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen und generell zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich.
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Informationen über weitere Projekte der ACR Institute des Bereichs Umwelttechnik & erneuerbare Energien sind direkt bei den einzelnen Institutionen und auf der Website von ACR (www.acr.ac.at) zu finden. Viel Spaß beim Lesen des Innovationsradars 2017 Umwelttechnik & erneuerbare Energien wünschen Ihnen Christian Fink (Leitung Themenschwerpunkt Umwelttechnik und erneuerbare Energien) und Monika Spörk-Dür www.aee-intec.at
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2.
Energiekonzepte für Städte und Regionen 2.1.
Innovative Energiekonzepte im Neubau
Ein Studienergebnis zeigt, dass die Wärme- und Kälteversorgung städtischer Neubaugebiete mit vor Ort verfügbaren regenerativen Energieträgern technisch und wirtschaftlich machbar ist.
Abbildung 1: AEE INTEC
In dem vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Stadt Wien und Wien Energie unterstützten Forschungsprojekt „urban PV+geotherm“, das von Österreichischer Energieagentur, AEE INTEC, Ochsner Wärmepumpen und geohydrotherm durchgeführt wurde, konnte die Machbarkeit der Wärme- und Kälteversorgung des Wiener Stadtentwicklungsgebiets Nordwestbahnhof ausschließlich mit erneuerbaren, vor Ort verfügbaren Energieträgern nachgewiesen werden. Stadtentwicklungsgebiet Nordwestbahnhof Das 44 Hektar große Stadtentwicklungsgebiet Nordwestbahnhof (derzeit Frachtenbahnhof) im 20. Wiener Gemeindebezirk wird in den nächsten Jahren mit ca. 5.000 Wohnungen für 11.000 Personen sowie Gebäuden mit 5.000 Arbeitsplätzen bebaut werden. Das Forschungsprojekt befasste sich mit der Frage der ökologisch und ökonomisch optimalen Versorgung mit Wärme und Kälte für dieses Gebiet. Die Herausforderung für eine 100 % erneuerbare Versorgung im dicht bebauten Gebiet ist die beschränkte Fläche aufgrund der hohen Bebauungsdichte. Jedoch stehen im urbanen Gebiet viele verschiedene regenerative Energiequellen zur Verfügung, z.B. Solarenergie (thermisch und elektrisch nutzbar), Energie aus dem Abwasser im Kanal, aus der Außenluft sowie aus Kühlprozessen in den geplanten und bereits in der Umgebung existierenden Gebäuden.
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Anergienetz Das untersuchte Energiekonzept basiert auf einem „Anergienetz“, einem NiedertemperaturVerteilnetz, an das Wärmeverbraucher und Kälteverbraucher angeschlossen sind und in dem die jeweils benötigte Temperatur mit Wärmepumpen erzeugt wird. In Erdsondenspeichern können die Wärmeeinträge, die während des Sommers den Bedarf übersteigen, saisonal gespeichert und im Winter genutzt werden. Dies ermöglicht es, dass auch im Winter genügend Wärme zur Verfügung steht und keine anderen Quellen wie Erdgas, Heizöl etc. für die Wärmeerzeugung benötigt werden. Wirtschaftlich besonders vorteilhaft ist das Konzept „Anergienetz“ in Gebieten mit etwa gleich hohem Wärme- wie Kältebedarf. Wie das Beispiel der ETH Zürich auf dem Hönggerberg zeigt, sind in diesem Fall gar keine Zusatzwärmequellen wie Solarenergie, Abwasserwärme etc. notwendig. In den meisten Fällen (v.a. in Wohngebieten) überwiegt jedoch der Wärmebedarf. Daher ist es wichtig, auf dem Areal oder in der Umgebung befindliche Abwärme, z.B. aus Bürokühlung, Supermärkten, Gewerbe (z.B. Wäschereien, Brauereien, Krankenhäusern etc.) zu nutzen, um Synergieeffekte zu erzielen und so die Wirtschaftlichkeit dieses Konzepts zu optimieren. Für eine hohe Arbeitszahl der Wärmepumpen sind für Wärmeanwendungen möglichst niedrige Vorlauftemperaturen anzustreben, bei Kälteanwendungen möglichst hohe. Daher sind Flächenheiz- und -kühlsysteme, trotz der Mehrkosten in der Bauphase, vorteilhaft. Die im dicht bebauten Gebiet nutzbaren Wärmequellen sind insbesondere:
Nutzung der Abwärme aus Kühlprozessen im Areal und in der Umgebung.
Solarenergie in Form von Photovoltaik (PV), Solarthermie oder wie in diesem Fall photovoltaisch-thermische Hybrid-Kollektoren (PVT). Hier werden Photovoltaikmodule und thermische Kollektoren vereint – diese haben damit die höchste Flächeneffizienz unter den Solartechnologien. Bis zu 150 kWh elektrische Energie und über 450 kWh thermische Energie können jährlich pro Quadratmeter geerntet werden. In Verbindung mit einem Niedertemperaturnetz können sie ihre Vorteile ausspielen. Für die Regeneration eines Anergienetzes reichen Temperaturen von 25 – 30 °C aus, welche bestens für die Kühlung von PV-Modulen geeignet sind. Auf diese Weise kann dem Erdspeicher die im Winter entzogene Wärme wieder zugeführt werden. Damit wird eine Auskühlung des Erdreichs verhindert und gleichzeitig der elektrische PVErtrag optimiert. Durch die solare Stromerzeugung können die Wärmepumpen zum Teil mit vor Ort erzeugter regenerativer Energie versorgt werden.
Zur Nutzung der Abwasserenergie wird Abwasser aus einem Hauptkanal geleitet, gesiebt und einem eigenen Wärmetauscher zugeführt, der mit einer Wärmepumpenanlage verbunden ist. Ein Kanalwärmetauscher ist bei dieser Anlagengröße nicht praktikabel und überdies in Wien aus kanalbetrieblichen Gründen nicht zugelassen.
Luftwärmepumpen in Verbindung mit Anergienetzen und Erdsondenspeichern können bei intelligenter Steuerung eine hohe Arbeitszahl erreichen (z.B. Betriebsstunden nur bei einer Außentemperatur größer als 10 °C). Die Wärme wird im Sommer in das Speichersystem (Anergienetz + Erdsonden) eingebracht und kann im Winter mit Hilfe 6
von Wärmepumpen genutzt werden. Gleichzeitig kann der hauptsächlich im Sommer produzierte PV-Strom sinnvoll verwertet werden. Die Warmwasserbereitung mit dezentralen Frischwasserstationen statt großer Trinkwarmwasserspeicher ermöglicht niedrigere Temperaturen und damit bessere Bedingungen für Wärmepumpen (keine Mindesttemperatur wegen Legionellensicherheit notwendig). Die Mehrkosten für die Investitionen stehen niedrigerem Stromverbrauch durch die Wärmepumpen (aufgrund höherer erzielbarer Jahresarbeitszahlen) gegenüber. Vergleich von vier Varianten Für das Projekt Nordwestbahnhof Wien wurden vier Varianten mit Anergienetz verglichen. Als übergeordnete Referenz wurde die vollständige Gasversorgung des Gebietes herangezogen. Abwasserenergie und Abwärme sind in allen Varianten im technisch möglichen Ausmaß vorgesehen.
„PVT“: Photovoltaisch-thermische Kollektoren und Dimensionierung des Anergienetzes, der Speicher und der Wärmepumpen auf –12 °C Normaußentemperatur
„PV“: Photovoltaik und Dimensionierung des Anergienetzes, der Speicher und der Wärmepumpen auf –12 °C Normaußentemperatur
„PVT + Gas“: Photovoltaisch-thermische Kollektoren und Dimensionierung des Anergienetzes, der Speicher und der Wärmepumpen auf 0 °C Außentemperatur und Gaskessel zur Spitzenabdeckung
„PV + Gas“: Photovoltaik und Dimensionierung des Anergienetzes, der Speicher und der Wärmepumpen auf 0 °C Außentemperatur und Gaskessel zur Spitzenabdeckung.
Luftwärmepumpen wurden stets in jener Menge eingeplant, in der sie für eine über das Jahr ausgeglichene Wärmebilanz des Erdspeichers sorgen können (bei den Varianten mit PVKollektoren sind daher mehr Luftwärmepumpen notwendig als bei jenen mit PVT-Kollektoren) Die thermische Energiebilanz (also ohne Haushaltsstrom, auch ohne Umwälzpumpen) sieht wie folgt aus: Energiebilanz Heizzentralen in MWh/a
PVT
PV
PVT-Gas
PV+Gas
Gas
Heizung
30.694
30.694
30.694
30.694
30.694
Warmwasser
14.948
14.948
14.948
14.948
14.948
3.069
3.069
3.069
3.069
3.069
48.711
48.711
48.711
48.711
48.711
Kälte
3.100
3.100
3.100
3.100
3.100
Strom für Kälte
1.550
1.550
1.550
1.550
1.550
PVT thermisch/ST
13.500
-
13.500
-
2.250
Abwasser
11.851
11.851
11.851
11.851
Strom für Abwasser-WP
2.047
2.047
2.047
2.047
Luft
6.234
16.862
5.009
15.637
Wärmeverluste Summe
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Strom für Luft-WP
1.685
4.557
1.354
4.226
Strom für Anergienetz-WP
8.744
8.744
7.900
7.900
2.400
2.400
46.461
Wärme aus Erdgas
-
Summe
48.711
48.711
48.711
48.711
48.711
Stromverbrauch MWh/a
14.026
16.898
12.851
15.723
-
-
-
2.927
2.927
56.660
Gasverbrauch MWh/h
Der Stromverbrauch (für Wärmepumpen, Haushaltsstrom etc.) kann jedoch nur zu einem kleinen Teil vor Ort erzeugt werden. Für eine Selbstversorgung – auch bloß im Jahresmittel – ist die Bebauungsdichte zu hoch. Die ökologische Bilanz sieht wie folgt aus (nach OIB 6, 2015): PVT
PV
PVT-Gas
PV+Gas
Gas
PE gesamt MWh/a
26.789
32.276
27.969
33.456
66.292
PE nicht erneuerbar MWh/a
18.514
22.306
20.358
24.150
65.725
3.871
4.664
4.238
5.030
13.372
CO2 in t/a
Die Variante mit PVT-Kollektoren und ohne Spitzenlastabdeckung mit Erdgas ist damit nach allen untersuchten Kriterien die ökologischste Option. Die Gesamtkosten wurden mit der Annuitätenmethode (nach VDI 2067) berechnet und ergeben folgendes Bild (in Euro/Jahr über eine Laufzeit von 25 Jahren):
Annuität Euro/a
PVT
PV
PVT-Gas
PV+Gas
Gas
4.948.004
5.103.007
5.190.711
5.341.185
4.366.918
Wieder zeigt sich hier, dass die Variante mit PVT-Kollektoren und ohne Spitzenlastabdeckung mit Erdgas gut abschneidet (Bestwert unter den erneuerbaren Optionen), wenngleich die Referenzvariante mit Erdgas mit den derzeit niedrigen Preisen für fossile Energieträger noch besser abschneidet. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist jedoch die Investition in Technologien wie Erdgas, die (aufgrund der hohen Importquote) einen niedrigen Wertschöpfungsanteil im Inland haben, anders zu bewerten als Investitionen in innovative Technologien wie Anergienetze, in denen von einem wesentlich höheren inländischen Wertschöpfungsanteil und von einer Stimulierung der heimischen Industrie ausgegangen werden kann. Bei den erneuerbaren Varianten stehen im Vergleich zur Versorgung mit Erdgas die Mehrkosten in der Bauphase niedrigeren laufenden Kosten gegenüber. Der kostenmäßige Vorteil liegt auf Seiten des Nutzers, der Investor hat Mehrkosten zu tragen. Downloads zum Forschungsprojekt mit weiteren Details sind unter www.energyagency.at/projekte-forschung/gebaeude-haushalt.html abrufbar.
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2.2.
Nachhaltige Energiekonzepte für Chinas Städte mit Know-how aus Güssing
Seit vielen Jahren arbeitet das ACR-Institut GET daran, nachhaltige Konzepte aus Österreich nach China zu bringen. Nun tragen diese Bemühungen erste Früchte. Bei einer Konferenz Mitte November stellte GET Geschäftsführer Richard Zweiler am Beispiel der Stadt Güssing den positiven Effekt von erneuerbaren Energieträgern und der damit verbundenen Erhöhung der Wertschöpfung in der Region vor. Nun soll ein nachhaltiges Energiekonzept für ein Stadtentwicklungsprojekt in Westchina geplant werden. Wertschöpfung in der Region Hauptsächlich geht es dabei um die Nutzung erneuerbarer Energieträger und die Erhöhung der Wertschöpfung in der Region. In den letzten Jahren wurden bereits zahlreiche chinesische Entscheidungsträger von den positiven Effekten einer nachhaltigen Entwicklung überzeugt, Mitte November fand nun ein Treffen mit hochrangigen Vertretern der Zentralregierung in Wan Zhou statt. Wan Zhou, eine Stadt in China mit 1,8 Mio. Einwohnern, will sich ein Beispiel an Güssing nehmen und auf erneuerbare Energieträger umsteigen. Deshalb wurde bereits im Frühjahr eine Vereinbarung zwischen der Stadt Wan Zhou und Güssing zur Zusammenarbeit unterschrieben. Mitte November 2016 reisten der Güssinger Stadtrat Manfred Hofer und Richard Zweiler zur 5. internationalen Konferenz der Partnerstädte und stellten dort die Vorteile einer Nutzung erneuerbarer Energieträger und der damit verbundenen Erhöhung der Wertschöpfung in der Region vor. Bei einem Treffen mit dem Bürgermeister und Stadtrat von Wan Zhou wurde die künftige Zusammenarbeit besprochen.
Abbildung 2: Konferenzsaal der CIFCC-China International Friendship Cities Conference in Wan Zhou. Foto: GET Güssing Energy Technologies
GET arbeitet nun als Teil eines Konsortiums rund um Professor Pitterle direkt mit dem MoST (Wissenschaftsministerium) und den zuständigen Personen der chinesischen Zentralregierung zusammen. Für diese Regierungsmitglieder der höchsten Entscheidungsebene, Sektionschefs und Abteilungsleiter aus dem chinesischen Umweltministerium, hielt Richard Zweiler anschließend einen Workshop ab, um ihnen die neuesten, technologischen Entwicklungen zu präsentieren und gemeinsam Strategien zu erarbeiten, wie in China flächendeckend erneuerbare Energieträger eingeführt werden können. Das Interesse seitens der chinesischen Funktionäre war sehr groß und weitere Treffen wurden bereits vereinbart. Derartig 9
richtungsweisende Projekte können in China nur von der Zentralregierung umgesetzt werden. Erste Städte haben bereits ihr Interesse für die Erstellung eines nachhaltigen Energiekonzeptes bekundet. In den nächsten Jahren werden einige hundert solcher Planungen für neue Städte erforderlich sein. Ein konkretes Projekt gibt es auch schon. Die österreichischen Experten wurden beauftragt, die Entwicklung einer neuen Stadt in einer strukturschwachen Region im Westen Chinas zu planen. Die Fläche beträgt zunächst 17 km², dort sollen Siedlungen, Büro-, und Industriegebiete entstehen. In der ersten Stufe soll ein Gesamtkonzept für eine nachhaltige Modellstadt für 500.000 Einwohner erstellt werden. Dies schließt Landwirtschaft, Transport, Kommunikation, Gewerbe, Industrie, Entsorgung, Energieversorgung, Wasser, Abwasser und soziale Aspekte ein. Der Erfolg dieser Chinareise ist deshalb bemerkenswert, da die Nachfrage nach nachhaltigen Gesamtkonzepten in China bisher kaum vorhanden war. In den vergangenen Jahrzehnten wurden hauptsächlich große Projekte durchgeführt, die sich in einigen Monaten amortisieren bzw. Renditen im zweistelligen Bereich abgeworfen haben. Die positiven Auswirkungen von Planungen, die die gesamten Lebenszykluskosten oder Grundsätze wie Umwegrentabilität berücksichtigen, sind in China noch weitgehend unbekannt.
Abbildung 3: Treffen mit Regierungsmitgliedern mit der Delegation aus Güssing. V.l.n.r.: Lijun Tu (Vizebürgermeister), Manfred Hofer, Wennong Bai (Bürgermeister), Richard Zweiler, Changwu Deng (Außenminister). Foto: GET Güssing Energy Technologies
Die GET vertritt bei ihren Besuchen in China bereits seit einigen Jahren auch schon die Interessen der gesamten ACR, woraus in den nächsten Jahren Projekte zwischen ACRMitgliedsinstituten und chinesischen Projektpartnern entstehen können.
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3.
Erneuerbare Energien – Regelwerke und Planungsrichtlichtlinien 3.1.
Schaffung einer einheitlichen Grundlage für die Übernahme von Energieholz
Am 01.09.2014 ist die ÖNORM EN ISO 17225er Reihe, welche die Anforderungen von biogenen Festbrennstoffen beschreibt, erschienen und hat die bis dahin gültige ÖNORM EN 14961er Reihe ersetzt. Aufgrund dieser Überführung der EN in EN ISO mussten alle bisher auf EN basierenden nationalen Normen zurückgezogen und zur Neuauflage überarbeitet werden. Dieser zum Teil langwierige Prozess wurde im Jänner 2016 weitgehend abgeschlossen. Nach der Beruhigung in der Normenentwicklung konnte neben der Neuveröffentlichung der „Hackgut-“ und der „Brikettnorm“ auch ein lange überfälliges Vorhaben – die Schaffung einer einheitlichen Grundlage für die Übernahme von Energieholz auf Basis der vorhandenen Normen – umgesetzt werden. Übernahmerichtlinie für Energieholz Wie viel ist eine Energieholzlieferung wert? Die Beantwortung dieser Frage kann unterschiedlich ausfallen je nachdem, welches Verrechnungsmaß bei der Übernahme herangezogen wird - lufttrocken (Glutro = Gewicht im Anlieferungszustand), absolut trocken (Gatro = Gewicht im darrtrockenen Zustand) oder Raummaß? Während sich für Industrierundholz schon seit Jahrzehnten die Gewichtsvermessung in Form der „Atroübernahme“ als unmissverständliche Übernahmemethode bewährt hat, war eine einheitliche Übernahme von Energieholzsortimenten in Österreich ein bislang ungelöster Punkt im Handel mit Energieholz. Dieser Bereich war bis dato durch Einzelinitiativen der Marktakteure gekennzeichnet. Auf Initiative der Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP) hat die Holzforschung Austria in Zusammenarbeit mit Vertretern der betroffenen Branchen deshalb im letzten Jahr die „Richtlinie zur Übernahme von Energieholz nach Gewicht und nach Energieinhalt“ ausgearbeitet. Diese Richtlinie baut auf bereits vorhandenen und bewährten Methoden, wie z. B. der FHP-Richtlinie zur Gewichtsvermessung von Industrierundholz bzw. der Papierholz Austria-Holzübernahmerichtlinie auf. Bei der Ausarbeitung wurde darauf geachtet, die Anforderungen der gültigen Normen für Biomasse mit den vorhandenen Ressourcen in einem Wirtschaftsbetrieb in Einklang zu bringen. Das von der Kooperationsplattform FHP geplante Erscheinungsdatum ist das Frühjahr 2016. Eine ambitionierte Zukunftsvision wäre die österreichweite Anwendung der neuen Übernahmerichtlinie für die Atroübernahme von Energieholz, damit Lieferanten in Zukunft überall die gleichen Übernahmebedingungen vorfinden, unabhängig davon zu welchem Betrieb sie liefern. Deshalb wird diese Richtlinie von FHP kostenlos zur Verfügung gestellt - die Anwendung ist freiwillig. Wer die Kundenbeziehungen zu seinen Lieferanten jedoch durch Transparenz stärken möchte, kann die richtlinienkonforme Energieholzübernahme von der Holzforschung Austria extern überwachen lassen. Zentrale Auditpunkte dieser externen Überwachung sind dabei neben der Kontrolle der Geräte und Messmittel der Ablauf der Gewichtsvermessung sowie die entsprechende Kompetenz des Übernahmepersonals. Zu letzterem bietet die Holzforschung Austria auch eigene Schulungen und Prüfungen für „Energieholzübernehmer“ an. Seit 2015 können Firmen, die sich von der Holzforschung Austria 11
extern überwachen lassen, für die Energieholzübernahme auch das Prüfzeichen „HFAgeprüft“ beantragen, wodurch Unternehmen ihren Leistung im Bereich der Qualitätssicherung auch plakativ nach außen kommunizieren können. Qualitätsbewertung von Energiehackgut Da die Bestimmung der Qualität von Biomasse eine immer größere Bedeutung im Übernahmeprozess einnimmt, wird in der Richtlinie zur Übernahme von Energieholz auf die ÖNORM C 4005 verwiesen, die speziell die Qualitätsanforderungen an Energiehackgut und Schredderholz beschreibt. Die Qualitätsfestlegung von Hackgut und Schredderholz nach ÖNORM C 4005 erfolgt über die Zuordnung des Rohmaterials (bei der Produktion) in eine von 4 Rohstoffgruppen C1 bis C4. Die Norm definiert für die Rohstoffgruppen C1 bis C3 „übliche Maximalwerte“ für Aschegehalt, Feingutanteil sowie Stickstoff und Chlor, die unter normalen Produktion- und Lagerbedingungen, z. B. ohne übermäßige Verschmutzung, eingehalten werden können. Die Rohstoffgruppe C4 erfordert im Allgemeinen eine Nachbehandlung des Materials vor der weiteren Verwendung. Da die Qualitätsansprache von Hackgut und Schredderholz üblicherweise bei der Übernahme erfolgt und nicht bei der Produktion, erfolgt die Zuordnung des Materials visuell und haptisch zu einer den Rohstoffgruppen entsprechenden Qualitätsklasse. Auch wenn es sich dabei um keine präzise Einstufung handelt, so liefern die „typischen Werte“ der Norm doch eine einheitliche Vergleichsbasis für die Qualitätsanforderungen von Hackgut und Schredderholz. Nachdem die bisherige ÖNORM C 4005 der Normenentwicklung von EN zu EN ISO zum Opfer gefallen war, ist sie nun am 15.01.2016 nach einer entsprechenden Überarbeitung, die auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse aus einem Projekt der Holzforschung Austria mit der Kooperationsplattform FHP miteinschließt, neu erschienen und steht den Betrieben wieder als Grundlage für die Qualitätsfeststellung von Energiehackgut und Schredderholz zur Verfügung. Holzbriketts - „ÖNORM-geprüft“ Auch die ÖNORM C 4006 - die vormals für das „ÖNORM-geprüft“ Zeichen geltende Normengrundlage - musste aufgrund der genannten Normenüberarbeitungen zurückgezogen werden. Die nun am 15.01.2016 erschienene aktualisierte Ausgabe der ÖNORM EN ISO 17225-3 lässt die bisherige ÖNORM EN ISO 17225-3 unverändert und ergänzt sie durch die Aufnahme eines nationalen Anhangs für den Nachweis der Normkonformität und der daraus folgenden Möglichkeit der Kennzeichnung von Holzbriketts als „ÖNORMgeprüft“. Durch diese Maßnahme ist die durch die Normenregeln vorgegebene Anforderung, dass nationale Normen in keiner Weise von europäischen Normen abweichen dürfen, bestmöglich erfüllt worden. Eine wesentliche Neuerung im Vergleich zur bisherigen ÖNORM C 4006 ist, dass es in Zukunft möglich sein wird, jeweils die Qualitäten A1, A2 bzw. B als „ÖNORM-geprüft“ mit der entsprechenden Kennzeichnung der Qualitätsklasse zertifizieren zu lassen. Als Anforderung für die jeweiligen Klassen gelten die in der ÖNORM EN ISO 17225-3 angeführten Werte. Dadurch wird das für die Produktion von Holzbriketts zugelassene Rohstoffspektrum erweitert, wodurch Rohstoffmischungen interessant werden, die bisher z. B. aufgrund ihres erhöhten Aschengehaltes die Anforderungen an die A1 Qualität nicht erfüllten. 12
Wie schon für die ÖNORM C 4006 bietet die Holzforschung Austria externe Überwachungen von Brikettproduktionen nach der neuen Norm an. Neben der Kontrolle der Qualität wird in Zukunft die korrekte Kennzeichnung der entsprechenden Qualitätsklasse ein wichtiger Punkt im externen Audit werden. Überblick über neue Normen und Richtlinien
FHP Kooperationsplattform Forst Holz Papier: „Richtlinie zur Übernahme von Energieholz nach Gewicht und nach Energieinhalt“
ÖNORM EN ISO 17225-3: 2016 01 15 Biogene Festbrennstoffe – Brennstoffspezifikationen und -klassen – Teil 3: Klassifizierung von Holzbriketts (ISO 17225-3:2014)
ÖNORM C 4005: 2016 01 15 Holzhackgut und Schredderholz für die energetische Verwertung in Anlagen mit einer Nenn-Wärmeleistung über 500 kW – Anforderungen und Prüfbestimmungen – Nationale Ergänzung zu ÖNORM EN ISO 17225-1
3.2.
ÖNORM B 8301 – Bemessung von Kachelöfen – Anforderungen
Die „ÖNORM B 8301 – Bemessung von Kachelöfen – Anforderungen“ ist eine der wichtigsten Normen des Hafnerhandwerks. Sie enthält Anforderungen an Werkstoffe und Bauteile, Anforderungen an die Konstruktion und den Betrieb sowie Festlegungen bezüglich der technischen Dokumentation und des Typenschilds. Am 15.8.2016 wurde eine neue Fassung der Norm veröffentlicht. Diese enthält wesentlichen Änderungen gegenüber der zurückgezogenen Fassung aus dem Jahr 2003, welche in Folge erläutert werden. Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich der Norm wurde von ursprünglich festgelegten maximalen Brennstoffmassen im Bereich 10 bis 40 kg auf 6 bis 40 kg erweitert. Der zugelassene Brennstoffbereich zum Bau des UmweltPlus-Brennraums wurde somit berücksichtigt. Anforderungen an die Konstruktion und den Betrieb Beim geforderten Wirkungsgrad und den Emissionen wurden die seit 1.1.2015 in der „Vereinbarung gemäß Art. 15a B VG über das Inverkehrbringen von Kleinfeuerungen und die Überprüfung von Feuerungsanlagen und Blockheizkraftwerken“ geforderten Werte übernommen. Neu geregelt ist, dass der Nachweis für den Teillastbetrieb bei Geräten unter einer Nennwärmeleistung von 8 kW entfällt. Bezüglich der Unterscheidung der Bauweisen mit bzw. ohne Luftspalt wurden klare Definitionen festgelegt. Eine Bauweise mit Luftspalt liegt vor, wenn der Abstand zwischen Aufbau- und Ausbaustoff zumindest 2,5 cm beträgt und mehr als 50 % des Kachelofens so ausgeführt sind. Eine Bauweise ohne Luftspalt liegt vor, wenn der Abstand zwischen Aufbauund Ausbaustoff kleiner 2,5 cm beträgt und zumindest 50 % des Kachelofens so ausgeführt sind.
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Im Kapitel Betriebsdichtheit wird auch gefordert, dass Kachelöfen sowohl im Bereich des Brennraums als auch entlang des gesamten Heizgaszuges aus zumindest einem Aufbaustoff und einem Ausbaustoff errichtet werden müssen. Wesentliche Änderungen gibt es in den Unterpunkten Heizgaszug sowie beim Anbau an Baukörper. Heizgaszug Der Mindestwert der Seitenlänge des Heizgaszuges war ursprünglich mit 10 cm definiert. Für eine maximale Brennstoffmasse von weniger als 10 kg darf die Seitenlänge des Heizgaszuges nun bis auf 6 cm reduziert werden. Ein Mindestwert für die Materialdicke des Wandaufbaus des Heizgaszuges, bestehend aus Auf- und Ausbaustoff, ist nun ebenfalls gefordert. Dieser muss zumindest 6 cm betragen. Bei Verbindungsstücken, ausgeführt als keramische Poterien oder keramische Rohre, gilt die Mindestdicke des Wandaufbaus von 6 cm nicht. Eine Änderung, die dem Hafner insbesondere bei kompakten Kachelöfen (bei denen es schwer ist die notwendige Zuglänge zu verbauen) entgegenkommt, ist, dass ein Teil des Verbindungsstücks unter den in Folge angeführten Bedingungen bei der Berechnung des Wirkungsgrads berücksichtigt werden kann. Grundsätzlich ist die Heizgaszuglänge von der Innenkante des Brennraums (Ausbrandöffnung) bis zum Eintritt in das Verbindungsstück zu ermitteln. Ab sofort ist es zulässig, keramische Poterien und keramische Rohre bis zu einer Länge von 50 cm zwischen Austritt aus der Feuerstätte und der Wange der Abgasanlage bei Ermittlung der Heizgaszuglänge zu berücksichtigen. Im Kachelofenberechnungsprogramm 2Plus kann der entsprechende Teil des Verbindungsstücks vorerst als Heizgaszug eingegeben werden. Selbstverständlich wird es in Kürze ein Update geben, um den korrekten Aufbau des Verbindungsstücks beim Wirkungsgrad zu berücksichtigen. Anbau an Baukörper Die umfangreichste Neuerung in der ÖNORM B 8301 betrifft die Regelungen bezüglich des Anbaus von Kachelöfen an Baukörper. Hier wurden auch umfangreiche Messungen in der Versuchs- und Forschungsanstalt der Hafner (VFH) durchgeführt und bei der Überarbeitung der Norm berücksichtigt (siehe Abbildung 4). Ausdrücklich ist festzuhalten, dass die Festlegungen in der Norm nicht für Baukörper mit brennbaren Baustoffen gelten. Bei Baukörpern mit brennbaren Baustoffen ist die ÖNORM B 8311 „Installation und Errichtung von häuslichen Feuerstätten“ einzuhalten.
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Abbildung 4: Umfangreiche Messreihen in der VFH wurden bei der Überarbeitung des Kapitels „Anbau an Baukörper“ berücksichtigt. Foto: KOV Österreichischer Kachlofenverband
Unverändert in der Norm ist die grundsätzliche Regelung, dass Kachelöfen, die an Baukörper angebaut sind, zwischen Heizfläche und Baukörper eine Hinterlüftung von mindestens 5 cm aufweisen müssen. Eine Hinterlüftung ist so auszuführen, dass kein Wärmestau entstehen kann. Es ist eine ausreichende Dimensionierung der Luftein- sowie Luftauslässe sicherzustellen. Neu ist die Festlegung, dass unter folgenden Rahmenbedingungen auf die Hinterlüftung verzichtet werden kann:
Der Baukörper ist aus nicht brennbaren Materialien (Brandverhaltensklasse A1 gemäß ÖNORM EN 13501‑1) ausgeführt.
Die Berührungsfläche mit dem Baukörper darf maximal 25 % der Wärme abgebenden Fläche des Kachelofens betragen.
Der Kachelofen ist in der Bauweise mit Luftspalt auszuführen.
Unter Einhaltung der genannten Rahmenbedingungen gibt es zwei Varianten den Anbau an den Baukörper auszuführen. Variante 1 ist anzuwenden, wenn nicht auszuschließen ist, dass sich im Baukörper Installationsleitungen befinden. Variante 2 ist anzuwenden, wenn sich im Baukörper definitiv keine Installationsleitungen befinden. Variante 1 (Installationsleitungen im Baukörper nicht auszuschließen): Zwischen Aufbaustoff und Baukörper ist eine für den Einsatzzweck geeignete Konstruktion aus nicht brennbaren Materialien (Brandverhaltensklasse A1 gemäß ÖNORM EN 13501‑1) mit einem Wärmedurchlasswiderstand ≥ 1,25 m²•K/W (bei 200 °C) zu versetzen. Die Konstruktion ist geklebt herzustellen. Der Wärmedurchlasswiderstand errechnet sich aus dem Quotienten der Dicke d (in m) und der Wärmeleitfähigkeit λ (in Watt pro Meter und Kelvin) des Materials eines homogenen Bauteils. Bei Bauteilen aus mehreren homogenen Schichten addieren sich deren Einzelwiderstände. 15
Variante 2 (definitiv keine Installationsleitungen im Baukörper): Zwischen Aufbaustoff und Baukörper wird eine für den Einsatzzweck geeignete Konstruktion aus nicht brennbaren Materialien (Klasse des Brandverhaltens A1 gemäß ÖNORM EN 13501‑ 1) versetzt. Die Konstruktion ist geklebt mit einer Mindeststärke von 3 cm herzustellen. Der Wärmedurchlasswiderstand der Konstruktion inklusive des Baukörpers muss ≥ 1,25 m²•K/W betragen. Für die Konstruktion ist die Wärmeleitfähigkeit bei 200 °C, gemessen nach ÖNORM EN 993‑15, anzuwenden. Für den Baukörper sind Wärmeleitfähigkeiten bei 200 °C oft nicht bekannt. Hier kann auch die Wärmeleitfähigkeit bei 0 °C verwendet werden. Folgende Beispiele zeigen mögliche Praxisfälle der genannten Varianten: Variante 1: Ein Kachelofen in der Bauweise mit Luftspalt wird an eine Ziegelmauer angebaut. Die Berührungsfläche mit dem Baukörper ist geringer als 25 % der Wärme abgebenden Fläche des Kachelofens. Es ist nicht auszuschließen, dass sich Installationsleitungen in der Wand befinden. Als Dämmstoff sollen Kalziumsilikatplatten verwendet werden. Lt. Herstellerangaben haben diese eine Wärmeleifähigkeit von 0,08 W/(m•K). Die notwendige Dicke der Platten um einen Wärmedurchlasswiderstand ≥ 1,25 m²•K/W zu erreichen ist zu ermitteln. Hierzu ist die Dicke der Platte (in m) durch die Wärmeleitfähigkeit zu dividieren. Bei einer Dicke von 10 cm wird der geforderte Wärmedurchlasswiderstand erreicht (Berechnung: 0,10 / 0,08 = 1,25). Variante 2: Ein Kachelofen in der Bauweise mit Luftspalt wird an eine Ziegelmauer mit einer Stärke von 25 cm angebaut. Die Berührungsfläche mit dem Baukörper ist geringer als 25 % der Wärme abgebenden Fläche des Kachelofens. Es befinden sich definitiv keine Installationsleitungen in der Wand. Die Wand kann also bei der Berechnung berücksichtigt werden. Als Dämmstoff sollen Kalziumsilikatplatten verwendet werden. Lt. Herstellerangaben haben diese eine Wärmeleifähigkeit von 0,08 W(m•K). Zur Ermittlung des Wärmedurchlasswiderstands sind zunächst die Dicke der Wand durch deren Wärmeleitfähigkeit (Annahme: 0,33 W/(m•K)) und die Dicke der Dämmplatten durch die Wärmeleitfähigkeit zu dividieren. In Folge sind die beiden Werte zu addieren. Bei einer Dicke der Kalziumsilikatplatten von 4 cm wird der geforderte Wärmedurchlasswiderstand erreicht (0,25 / 0,33 + 0,04 / 0,08 = 1,26). Zusammenfassung Mit der Aktualisierung der ÖNORM B 8301 wurden Präzisierungen bezüglich der Ofenkonstruktion getroffen, Anpassungen an die gesetzlichen Anforderungen durchgeführt und neue Festlegungen beim Anbau von Kachelöfen an Baukörper definiert. Die ÖNORM B 8301 ist kostenpflichtig und ausschließlich erhältlich beim Austrian Standards Institute. Der einfachste Weg zum Erwerb der Norm ist über den hierfür vorgesehenen Webshop. Es besteht die Möglichkeit die gedruckte Version oder die Norm als Download im Format PDF zu erwerben.
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3.3.
Der Gesetzgeber schläft (leider?) nicht – Zukunft der Holzverbrennung in Europa
Die Kachelofenbranche in Österreich und auch in anderen Teilen Europas ist nun seit vielen Jahren mit immer strengeren gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Luftreinhaltung konfrontiert. Die diesbezügliche Dynamik ist eher zunehmend denn abklingend. Aber wer steckt eigentlich hinter diesen Aktivitäten. Sind dies (ausschließlich) die Öl-, Gas- oder Stromlobby oder gibt es noch andere Akteure, die dafür verantwortlich sind? Energiepolitik Betrachtet man den Pro-Kopf Energieverbrauch der Regionen und Staaten weltweit, so kann man erkennen, dass sich die Wirtschaftsleistung in den letzten Jahren vom Energieverbrauch entkoppelt hat. So weisen zum Beispiel Deutschland und Kanada das beinahe identische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf, wobei Deutschland lediglich die Hälfte an Energie pro Kopf benötigt. Das Bestreben der Energiepolitik ist daher, Energie zu sparen, ohne dabei die Wirtschaftsleistung zu schmälern. Verstärkt werden die diesbezüglichen Aktivitäten in Europa durch die Tatsache, dass die Europäische Union in hohem Maße von Energieimporten abhängig ist. Dies ist einerseits wegen der daraus resultierenden Geldabflüsse unerfreulich, andererseits erfolgen diese Energieimporte im Regelfall auch noch aus Regionen, die politisch instabil sind.
Abbildung 5: Importabhängigkeit in der EU (nach Ländern). Bild: Thomas Schiffert
Luftreinhaltung Eine sehr bedeutende Rahmenbedingung für die Kachelofenbranche ist der Umweltschutz, im speziellen die Luftreinhaltung. Studien der Europäischen Umweltagentur zeigen, dass Luftverschmutzung hohe Kosten in Europa verursacht. Absolut gesehen sind diese Kosten natürlich in den bevölkerungsreichen Staaten – Deutschland, Großbritannien, Frankreich – am 17
höchsten. Berücksichtigt man jedoch die Wirtschaftsleistung der jeweiligen Länder, sieht man, dass die südosteuropäischen Länder mit den höchsten Kosten konfrontiert sind. Besonders im Focus stehen im Bereich der Luftverschmutzung die Feinstaub- (PM 10, PM 2,5) und die Benzo(a)pyren-Emissionen. Betrachtet man die PM10-Werte (Immissionen) in Europa, so kann man feststellen, dass es über ganz Europa verteilt Regionen gibt – u.a. in Österreich, Deutschland, Italien – die Probleme mit Grenzwertüberschreitungen aufweisen.
Abbildung 6: Landkarte für Regionen mit Feinstaub-Überschreitungen, Bild: Thomas Schiffert
Untersuchungen zur städtischen Bevölkerung in Europa zeigen, dass rund ein Viertel von ihnen mit Grenzwertüberschreitungen von Luftschadstoffen konfrontiert ist. Betrachtet man jedoch die Empfehlungen der Weltgesundheitsbehörde (WHO), so leiden fast 90 % der Städter unter zu hohen Konzentrationen an Feinstaub. Besonders unangenehm in Hinblick auf die öffentliche Wahrnehmung sind Berechnungen der WHO, die eine Vielzahl von Todesfällen direkt auf die Belastung mit Feinstaub zurückführen. Die WHO geht von rund 1,5 Millionen Todesfällen pro Jahr weltweit aus, wovon rund 250 Tausend auf die entwickelten Staaten entfallen. Für Österreich werden bis zu 2.400 Todesfälle durch Feinstaub pro Jahr kolportiert. Bis zum Jahr 2050 wird laut Prognosen die Gesamtzahl der Todesfälle auf rund 3,5 Millionen steigen. Diese Erhöhung wird auf die Schwellenländer (z.B. Russland, China, Indien) sowie auf die Entwicklungsländer zurückzuführen sein, wogegen die Zahl in den entwickelten Ländern konstant bleiben soll.
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Abbildung 7: Prognose für Feinstaubtote weltweit. Bild: Thomas Schiffert
Ökodesignrichtlinie der EU Die Europäische Union hat auf die notwendige Energieeinsparung und die erforderliche Reduktion der Luftschadstoffe unter anderem mit der Entwicklung einer Ökodesignrichtlinie für Raumheizgeräte reagiert. Ähnliche Richtlinien sind auch für Heizkessel mit Biomasse in Entwicklung beziehungsweise gibt es bereits für Heizkessel mit fossilen Brennstoffen. Die Richtlinie für Raumheizgeräte ist in der EU am 10. August 2015 in Kraft getreten. Erste konkrete Auswirkungen gibt es zu Jahresbeginn 2018. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle Raumheizgeräte eine Energiekennzeichnung (ein Label) aufweisen, das die Konsumenten bereits in ähnlicher Form von vielen anderen Produkten kennen.
Abbildung 8: Ökodesign – Kennzeichnung von Raumheizgeräten 19
Für mit Scheitholz beheizte Raumheizgeräte – z.B.: Kamineinsätze, Raumheizer, Herde – wird die Einstufung guter Geräte in die Effizienzklassen A bzw. A+ (ab ca. 80 % Wirkungsgrad) erfolgen. Dies ist durchaus erfreulich, da im Entwurf eine Einstufung in die Klassen C und B vorgesehen war und den Einsprüchen, unter anderem durch den Kachelofenverband, Rechnung getragen wurde. Die Effizienzklasse A++ ist Pellet-Raumheizgeräten vorbehalten. Ab Beginn des Jahres 2022 müssen in der gesamten Europäischen Union Grenzwerte für die Energieeffizienz und für Luftschadstoffe – namentlich Kohlenmonoxid (CO), Staub, organisch gebundener Kohlenstoff (OGC) und Stickoxide (NOx) eingehalten werden. Diese Grenzwerte orientieren sich an den heute in Deutschland und Österreich gültigen Grenzwerten und sind durchaus anspruchsvoll. Bis 2022 können Staaten, die heute bereits Regelungen haben (Österreich: 15a-Vereinbarung, Deutschland BImSchV), diese aufrechterhalten. Ausgenommen von der Ökodesignrichtlinie für Raumheizgeräte sind individuell errichtete Kachelöfen, da diese nicht von den harmonisierten europäischen Prüfnormen erfasst sind. Nach einer dieser Normen (z.B.: EN 15250) geprüfte Speicherfeuerstätten fallen jedoch unter die Regelungen der Ökodesignrichtlinie. Es ist zu erwarten, dass individuelle Kachelöfen z.B. in Österreich ab 2022 in Analogie zur Ökodesignrichtlinie bewertet werden. Das heißt, es ist davon auszugehen, dass diese nach EN 15544 auszulegen sind und die Mindestanforderungen der Ökodesignrichtlinie an die Energieeffizienz und an die Emissionen einhalten müssen. Fazit Die europäische Energie- und Umweltpolitik ist ein wesentlicher Treiber für die Gesetzgebung im Bereich der Raumheizgeräte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) trägt durch ihre Berechnungen zu Todesfällen, die auf Feinstaubbelastung zurückgeführt werden, wesentlich zur Emotionalisierung der Diskussion in der Öffentlichkeit bei. Die Europäische Union hat im Sommer 2015 die Ökodesignrichtlinie in Kraft gesetzt, die erstmals Europa weit einheitliche Anforderungen an Raumheizgeräte festlegt. Ab 2018 ist eine Energiekennzeichnung (Label) von Raumheizgeräten zwingend vorgeschrieben, ab 2022 sind einheitliche Grenzwerte für Energieeffizienz und Emissionen einzuhalten. Individuelle Kachelöfen sind von der Ökodesignrichtlinie ausgenommen. Das Jahr 2022 scheint in ferner Zukunft zu liegen, die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit – Verschärfung der Grenzwerte der 15a-Vereinbarung zum Inverkehrbringen von Kleinfeuerungen – zeigen aber, dass es sinnvoll und erforderlich ist, sich rechtzeitig mit den künftigen Anforderungen auseinanderzusetzen. Es ist jedoch wichtig, bei all den Diskussionen zu den gesetzlichen Anforderungen positiv zu bleiben, auch Chancen zu sehen und vor allem den Kundenwunsch aufrecht zu erhalten beziehungsweise nach Möglichkeit sogar zu stärken.
3.4.
Planungsrichtlinien für die Integration von solarer Prozesswärme
Das Ziel bei der Integration von solarer Prozesswärme ist die Identifikation des technisch und wirtschaftlich am besten geeigneten Integrationspunkts und das am besten geeignete Integrationskonzept. Aufgrund der hohen Komplexität der Wärmeversorgungsstruktur in der Industrie mit Wärmebedarf in verschiedenen Prozessen, ist dieses Ziel nicht einfach zu erreichen. Der in einem Projekt der IEA Forschungkooperation (IEA SHC Task 49) entwickelte 20
Integrationsleitfaden („Integration Guideline“) unterstützt PlanerInnen von Anlagen solarer Prozesswärme, EnergieberaterInnen und ProzessingenieurInnen, siehe Literaturverzeichnis [1]. Integrationspunkte Die Integration von Solarwärme ist an mehreren Stellen in der Wärmeversorgung und im Verteilungsnetz einer industriellen Produktionsanlage möglich. Grundsätzlich können wir zwischen Integrationspunkten auf Versorgungsebene (einschließlich aller Vorgänge für die Erzeugung und Verteilung von Wärme) und auf Prozessebene (inklusive aller Vorgänge, die auf Prozesslevel einschließlich der Wärmeübertragung auf Grundoperationen durchgeführt werden) unterscheiden. Aufgrund der Komplexität des industriellen thermischen Energiesystems und der Vielzahl an Einbindungsmöglichkeiten wurde im Rahmen der Erstellung des Leitfadens in einem Expertenworkshop eine Methode für eine bestmögliche Vorgehensweise bei der Integration von solaren Prozesswärmeanlagen in den industriellen Prozess festgeschrieben. Vorgehensweise bei der Integration von Solaren Prozesswärmeanlagen Neun Planungsschritte sind auf dem Weg zur Integration von solaren Prozesswärmeanlagen wesentlich, siehe Literaturverzeichnis [1]. Entscheidend ist eine gute Vorbereitung und Kenntnis des industriellen Prozesses bzw. des bestehenden Energieversorgungssystems. Dazu ist ein Kapitel der Integration Guideline der generellen Beschreibung von Komponenten in thermischen Energiesystemen in Produktionsprozessen gewidmet. Die erste Pre-Feasibility Einschätzung (Schritte 1-2), ob die Einbindung einer solarthermischen Anlagen überhaupt in Frage kommt, kann grundsätzlich vor dem Firmenbesuch über ersten Informationen per Telefon oder Fragebogen getroffen werden. Die Feasibility-Studie selbst (Schritte 3-7) umfasst zunächst den Firmenbesuch vor Ort, um einen Überblick über Produktionsstätte, Wärmeverbraucher und die Wärmeversorgung zu erhalten, sowie über Zukunftspläne und die Strategie des Unternehmens informiert zu werden. Zu diesem Zeitpunkt ist es hilfreich, Skizzen (Produktionsfluss, mögliche Integrationspunkte, Dachflächen, Lage für Speicher usw.) mit dem technischen Personal des Unternehmens zu sammeln, zu zeichnen und zu diskutieren. Basierend auf den gesammelten Informationen und den relevanten Daten, die vom Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, wird der Status quo durch einen Abgleich der erfassten Daten mit den verfügbaren Benchmarks und der Erstellung von Energiebilanzen und Fließbildern der Produktionsprozesse analysiert. In diesem Schritt wird versucht, den Energieverbrauch der einzelnen Produktionsabschnitte oder Prozesse zu schätzen. Die tatsächliche Tiefe dieser Analyse basiert auf den verfügbaren Daten und Ressourcen der AuditorInnen. Prozessoptimierung und Energieeffizienz Die Schritte Prozessoptimierung und Energieeffizienz, die Auswahl von Integrationspunkten und deren Analyse werden im Leitfaden detailliert beschrieben. Zur Erreichung einer effizienten Einbindung der thermischen Solaranlage in den industriellen Prozess ist die Analyse von Maßnahmen der Prozessintegration (Prozessoptimierung, Wärmerückgewinnung) entscheidend. Die gesamtheitliche Betrachtung von Energieeffizienz und solarer Prozesswärme führt zu effizienteren und ökonomischeren SHIP-Installationen (SHIP - Solar Heat 21
for Industrial Processes). Dafür sind methodische Ansätze über die Pinch-Analyse zur Analyse der Wärmerückgewinnung und der Identifikation von Integrationspunkten für eine neue Wärmeversorgung vorhanden. Im Planungsleitfaden wird auf die methodische Vorgehensweise und die Anwendung von unterstützenden Software-Tools eingegangen. Integrationskonzepte Die Analyse der Prozessintegration verhilft dem Planer/der Planerin zu einer Eingrenzung möglicher Integrationspunkte. Für diese muss in Folge ein sinnvolles Integrationskonzept ausgewählt werden. Dieses beinhaltet eine Definition der Wärmeübergangsschnittstelle zwischen Prozess und solarer Wärmeversorgung. Die Vielzahl möglicher Integrationskonzepte kann je nach Anwendungsfall klassifiziert werden, um den Planer/die Planerin in der Wahl des richtigen Konzeptes zu unterstützen. Die Klassifizierung industrieller Wärmeverbraucher und Integrationsmöglichkeiten erfolgt auf Versorgungsebene bzw. Prozessebene, siehe Literaturverzeichnis [2].
Abbildung 9: Klassifizierung industrieller Wärmeverbraucher und Integrationsmöglichkeiten [2].
Auf Versorgungsebene führen das entsprechende Wärmetransportmedium und der Integrationspunkt direkt zu einem möglichen Integrationskonzept. Auf Prozessebene ist die Kategorie der Wärmesenke in Kombination mit ihrer konventionellen Energieversorgung entscheidend für das Integrationskonzept. Im Planungsleitfaden ist neben der Klassifikation auch die Beschreibung der einzelnen Konzepte integriert. Beispiele aus einer deutschsprachigen Veröffentlichung, siehe Literaturverzeichnis [3], sind zum Beispiel die Erwärmung von Prozessbädern über interne Wärmetauscher oder die direkte solare Dampferzeugung.
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Abbildung 10: Integrationskonzept für solare Erwärmung von Prozessbädern über interne Wärmetauscher: allgemeines Konzept (links); solare Erwärmung eines Käsefermenters (rechts) [3].
Abbildung 11: Integrationskonzept für direkte solare Dampferzeugung [3].
SHIP-Systemkonzepte Diese Integrationskonzepte können nun auf „SHIP system concepts“, sogenannte Systemkonzepte für Prozesswärmeanlagen ausgeweitet werden. Dabei wird zusätzlich zum Integrationspunkt die solarthermische Installation spezifiziert und klassifiziert. Für die Auslegung eines geeigneten SHIP-Systems ist insbesondere das Verständnis der Anforderung an die Integrationstemperatur entscheidend. Das Systemkonzept für Prozesswärmeanlagen erfordert zusätzlich zum Integrationskonzept Speicher, bestimmte Speicherladungen, Zusammenschaltungen und Entladungskonzepte, die miteinander verknüpft sind und die Systemleistung stark beeinflussen. SHIP-Systeme werden im Integrationsleitfaden in fünf charakteristische Abschnitte (siehe Abbildung auf der nächsten Seite) unterteilt. Auf Basis dieser Unterteilung werden allgemeine SHIP-Systemkonzepte definiert, die den Integrationskonzepten zugeordnet werden können, d.h. die Auswahl des Integrationskonzeptes bestimmt die möglichen SHIP-Systemkonzepte. Damit wird dem Planer von solaren Prozesswärmeanlagen ein Leitfaden gegeben, um auf Basis des gewünschten Integrationspunktes ein Systemkonzept zu erarbeiten.
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Abbildung 12: Abschnitte der SHIP-Systemkonzepte (Kollektorkreis, Beladung, Speicher, Entladung, Integrationspunkt, konventionelle Prozesswärmeversorgung)[1].
Letztlich wird im Leitfaden eine Methode vorgestellt, um unterschiedliche Integrationspunkte bzw. Integrationskonzepte miteinander zu vergleichen. Dabei werden eine Reihe von Indikatoren vorgestellt. Einerseits gibt es Indikatoren, die schon vor Auswahl des Integrationskonzeptes angewandt werden können, wie zum Beispiel Wärmebedarfsindikatoren oder zeitliche Abläufe. Andere Indikatoren, die Regelung, Kosten und den erwarteten Solarertrag betreffen, können erst nach der Auswahl des Integrationskonzeptes bewertet werden. Zusammenfassung und Ausblick Der Integrationsleitfaden umfasst alle Schritte der Planung und Auswahl von Integrationskonzepten für solarthermische Anlagen in der Industrie. Die detaillierte Planung der solarthermischen Installation selbst über einschlägige Simulationstools ist nicht Inhalt des Leitfadens. Derzeit ermöglichen Systemsimulationen die Auslegung von Wärmetauschern und Speichern in industriellen Prozessen. Diese Systemsimulationen können Solarwärme als zeitabhängigen Versorgungsstrom (beispielsweise aus einem Solarsimulationstool) beinhalten, aber sie simulieren nicht die Solaranlage an sich. Als Ziel weiterer Arbeiten kann unter anderem die gemeinsame Simulation von Wärmerückgewinnung und Solarinstallation gesehen werden.
24
4.
Umwelttechnologien 4.1.
Papier- und Zellstoffindustrie – Abwasserforschung für eine intakte Umwelt
In der Papier- und Zellstoffindustrie werden seit dem Ausstieg aus der Chlorbleiche zum Erreichen der Papierweiße bei der Herstellung von Papier und Pappe sogenannte Komplexbildner verwendet. Umweltzertifikate und die Gesetzgebung verlangen jedoch auch den Ausstieg aus der Verwendung von Bleichstabilisatoren auf Basis von Aminopolycarbonsäuren. Bei der Produktion von Spezialpapieren und Zellstoff sind aber Komplexbildner wie Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) und Diethylentriaminpentaessigsäure (DTPA) nach wie vor im Einsatz. An der Holzforschung Austria wird einerseits nach leichter abbaubaren Alternativkomplexbildnern gesucht, andererseits wird eine an die Matrix der Papier- und Zellstoffabwässer angepasste Komplexbildner-Analytik entwickelt. Die Möglichkeiten eines gezielten Abbaus von Komplexbildnern werden ebenso ausgelotet. Ausgangslage Seit dem Ausstieg aus der Chlorbleiche muss die Papierindustrie vermehrt Komplexbildner einsetzen, um die geforderte Papierweiße erreichen zu können. Mit dem Ersatz von Chlor durch sauerstoffhaltige Oxidationsmittel wie Wasserstoffperoxid, ist die Bleiche von Faserstoffen ohne Komplexbildner wirtschaftlich nicht durchführbar. Die aus dem Holz stammenden Spuren von Schwermetallionen wie Eisen, Mangan und Kupfer katalysieren die Zersetzung von Wasserstoffperoxyd und verschlechtern daher den Wirkungsgrad im Bleichprozess. Komplexbildner wie EDTA und DTPA sind aufgrund ihrer stark komplexierenden Eigenschaften die optimalen „Fänger“ dieser Schwermetalle, verfehlen aber die Umweltanforderungen, da sie aus dem Abwasser nicht entfernt werden können und als schwer biologisch abbaubar gelten.
Abbildung 13: Alternativen im Bleichprozss von Papier, Pappe und Zellstoff wie z. B. das hier dargestelltet Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA), werden im Projekt EcoAgents erforscht. Bild: HFA
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Mit dem Inkrafttreten der Abwasseremissionsverordnungen AEV „Gebleichter Zellstoff“ und AEV „Papier und Pappe“ [BGBl: 220 u. BGBl: 219, 2000], wurde bereits 2005 an der HFA ein Projekt gemeinsam mit der Papier- und Zellstoffindustrie initiiert, in dem potentielle Alternativsubstanzen für EDTA und DTPA untersucht wurden. Damals konnten keine Alternativprodukte gefunden werden, die die technische Eignung und die umweltrelevanten Anforderungen erfüllen würden und darüber hinaus auch noch wirtschaftlich gewesen wären. Ein Jahrzehnt später ist das Thema wieder brandaktuell, da unter anderem in den „Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) in Bezug auf die Herstellung von Zellstoff, Papier und Karton“ (September 2014), monatliche Abwassermessungen maßgeblich gefordert sind, wenn in einem Prozess EDTA oder DTPA eingesetzt werden. Doch gerade hier – bei der Analytik der Komplexbildner, sind in der Praxis große Abweichungen von bis zu 300 % bei Vergleichsmessungen zwischen Prüflaboren aufgetreten. Ziele des Projekts In dem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützten Projekt der Holzforschung Austria wird durch einen breit angelegten Ansatz die Problematik des Einsatzes von EDTA und DTPA untersucht. Ziele des aktuell laufenden Projekts, das gemeinsam mit der österreichischen Papier- und Zellstoffindustrie durchgeführt wird, sind:
Bereitstellung einer passenden und empfindlichen Komplexbildner-Analytik für den Einsatz in der Papier- und Zellstoffproduktion
Identifizierung von neuen leicht abbaubaren Alternativkomplexbildnern und ihre Umweltverträglichkeit
Optimierung der Zugabe von Chelatbildnern in Abhängigkeit vom realen Bedarf und Abschätzung der Öko-Relevanz der freigesetzten Komplexe
Entwicklung von Verfahren zum schnellen und effizienten Komplexbildnerabbau
Chelat-Analytik Chelatbildner sind chemische Substanzen, die gerne mit Metallen interagieren und komplexe Moleküle bilden. Bei dieser Bindung wird das Metallion ins Zentrum des Moleküls gesetzt und von den Atomen des Komplexbildners umhüllt. Die Reaktivität der Metallionen ist in den Komplexen stark herabgesetzt und genau diese Eigenschaft ist bei der Papierproduktion sehr wichtig: Durch die Zugabe von Chelatbildnern während der Zellstoff-Bleiche werden Störungs-Metallionen wie Mn2+ und Fe3+ blockiert. Somit wird der Verbrauch von Peroxid bei der Bleiche um mehrere Tonnen pro Jahr reduziert. Wichtig bei der Chelat-Analytik ist die Möglichkeit die Menge an freien (nicht mit Übergangsmetallen gebundenen) Komplexbildnern bestimmen zu können. Bei der existierenden HPLC-Normmethode (DIN 38413-8) sind die Gerätekomponenten z.B. Pumpe, Säule, Kapillaren durch die Verwendung von rostfreiem Stahl mit Metallen und hier vor allem mit Eisen „kontaminiert“. Im Rahmen des Projekts EcoAgents wird eine metallfreie IonenChromatographie (IC) Analytik eingesetzt. Dadurch wird die Komplexierungsgefahr mit Metallen, die aus den Gerätekomponenten stammen, unterbunden und die Beantwortung von spezifischen Fragestellungen wie z.B. der Zugabeoptimierung überhaupt erst ermöglicht. 26
Um den Komplexbildner-Abbau besser charakterisieren zu können, wird zusätzlich eine Gaschromatographie/Massenspektroskopie (GC/MS) Analytik basierend auf EN ISO 16588 herangezogen. Die Verwendung einer Massenspektrometrie ermöglicht die Identifizierung (Strukturaufklärung) von Reaktionsabbauprodukten und ist wichtig für das Verständnis der Komplexbildner-Abbaumechanismen. Alle drei Methoden werden evaluiert und basierend auf den Ergebnissen wird eine Strategie zur Auswahl der passenden Analytik in Abhängigkeit von der Fragestellung etabliert.
Abbildung 14: Übersicht über die drei im Projekt verfolgten Methoden zur Komplexbildneranalytik und deren Anwendungsmöglichkeiten (KB…Komplexbildner). Grafik: HFA
Komplexbildneralternativen Eine weitere Verbesserung der Situation wird durch die Identifizierung von Alternativen zu Aminopolycarbonsäuren (EDTA, DTPA) angestrebt. Dazu werden bei den Projektpartnern mit verschiedenen Ausgangsstoffen wie Holzschliff, DIP (Deinkpulp) und Zellstoff- Bleichversuche durchgeführt. Die Produkte mit der besten Wirkung bei der Bleiche werden anschließend auf ihre Umwelteigenschaften hin untersucht. Das umfasst Untersuchungen hinsichtlich der biologischen Gesamtabbaubarkeit genauso wie Untersuchungen zur Ökotoxikologie. Außerdem wird im laufenden Projekt EcoAgents nach Möglichkeiten zur Beschleunigung des Abbaus von Komplexbildnern gesucht. Dazu werden unter anderem Photodegradationsuntersuchungen in einem eigens dafür adaptierten Labor-UV-Reaktor durchgeführt.
4.2.
Wertstoffrückgewinnung und Schließung des Wasserkreislaufes in der Galvanikindustrie
In den energie- und ressourcenintensiven Branchen der produzierenden Industrie wie beispielsweise der Metallerzeugung und -verarbeitung sollen Produktionsprozesse durch die effiziente Nutzung von Ressourcen und durch den Einsatz von erneuerbaren Energiequellen in Zukunft nachhaltiger gestaltet werden. Im Rahmen des Projektes „Galvano-MD“ wurde daher ein neuartiges Membrandestillationsverfahren (MD) zur Rückgewinnung von wertvollen Galvanikbadinhaltsstoffen und zur Schließung des Wasserkreislaufes in der Galvanikindustrie entwickelt. Eine weitere Zielsetzung des Projektes war es das MD-Verfahren dahingehend zu 27
optimieren, dass der thermische Energiebedarf ausschließlich aus der Abwärme des Galvanikprozesses klimaneutral bereitgestellt werden kann. Abwässer mit ungenutzten Galvanikwirkstoffen In Galvanikprozessen der Metalloberflächenbehandlungsindustrie werden kostspielige Wirkstoffe wie beispielsweise Passivierungsflüssigkeiten eingesetzt. Nach dem eigentlichen Aktivbad besteht die Notwendigkeit die galvanisierten Werkstoffe abzuspülen. Dabei entstehen große Mengen an mit den Galvanikwirkstoffen „verunreinigtem“ Ab- bzw. Spülwasser. Mangels effizienter Rückgewinnungstechnologien werden diese Abwässer derzeit ungenutzt verworfen bzw. müssen aufwändig gereinigt werden. Die wertvollen Galvanikwirkstoffe gehen dabei mit dem Spülwasser verloren.
Abbildung 15: Galvanikstraße bei der Roto Frank GmbH in Kalsdorf. Bild: Roto Frank GmbH
Der Lösungsansatz Um die wertvolle Passivierungsflüssigkeit wieder nutzbar zu machen muss diese aus dem Spülwasser abgetrennt werden. Dies geschieht indem man mittels MD-Verfahren von Passivierungsspülwasser solange reines Wasser abtrennt bis die ursprüngliche Konzentration der Passivierungsflüssigkeit erreicht ist. Das abgetrennte Reinwasser kann wiederum in die Spüle rückgeführt werden. Konventionelle Trennverfahren weisen meist einen relativ hohen thermischen und/oder elektrischen Energieverbrauch auf. Die Membrandestillation bietet eine energieeffiziente Alternative mit geringerem thermischen als auch elektrischen Energieverbrauch. Wie funktioniert die Membrandestillation? Jeder Besitzer einer Gore-Tex Regenjacke hat bereits, wenn vermutlich auch nicht bewusst, das Membrandestillationsverfahren für sich aktiv genutzt. Eine Gore-Tex Jacke ist einerseits wasserdicht, gleichzeitig aber auch atmungsaktiv. Wasserdampf kann durch die GoreMembran problemlos nach außen entweichen, für flüssiges Wasser hingegen stellt die hydrophobe Membran eine unüberwindbare Barriere dar. Die Temperatur ist auf der Jackeninnenseite, bedingt durch die Körpertemperatur, höher als an der kalten Außenseite. Daraus resultiert zwischen der warmen und kalten Seite eine sogenannte Partialdampfdruckdifferenz. Diese Druckdifferenz ist die treibende Kraft, die das Wasser bereits bei geringen Temperaturen verdampfen und den Wasserdampf durch die hydrophobe Membran nach außen entweichen lässt. Diesen besonderen Effekt einer 28
hydrophoben Membran macht man sich auch bei der Membrandestillation in der industriellen Anwendung zunutze. Die treibende Kraft der MD ist in diesem Fall eine Dampfdruckdifferenz zwischen der warmen Feedseite (im konkreten Fall dem belasteten Galvanikabwasser) und der kalten Permeatseite (dem gereinigten Destillat) der Membran.
Abbildung 16: Funktionsprinzip des MD-Verfahrens. Grafik: AEE INTEC
Feed-Temperaturen von rund 30-80 °C ermöglichen die effiziente Bereitstellung des thermischen Energiebedarfs durch Abwärme aus anderen Galvanikprozessen. Auf der Permeatseite der Membran fließt reines bzw. gereinigtes Wasser, welches eine niedrigere Temperatur aufweist als das Feed. Im Vergleich zu konventionellen thermischen Verdampfungsverfahren ist der thermische Energiebedarf der Membrandestillation daher deutlich geringer, wobei für die Leistungsfähigkeit der MD nicht das absolute Temperaturniveau, sondern die Temperaturdifferenz zwischen der Feed- und der Permeatseite maßgebend ist. Ein großer Vorteil der Membrandestillation gegenüber konventionellen Verdampferanlagen besteht zudem darin, dass ausschließlich Kunststoffe eingesetzt werden und keine hochlegierten Stähle für den Korrosionsschutz erforderlich sind. Hierdurch ergibt sich ein erhebliches Potenzial zur Reduzierung der Investitionskosten. Versuchsergebnisse Im Rahmen des Projektes wurde in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner ROTREAT Abwasser GmbH eine MD-Technikumsanlage entwickelt und in Containerbauweise beim Galvanikunternehmen Roto Frank Austria GmbH in Kalsdorf bei Graz installiert. Roto Frank produziert am Standort Kalsdorf hochwertige Beschläge für Fenster und Türen und ist zudem als Zulieferer für die Automobilindustrie tätig. Das Unternehmen betreibt zwei eigene Galvaniklinien. Für das Projekt stellte Roto Frank Galvanikflüssigkeiten sowie Laborequipment zur Verfügung. Ausgangspunkt der Aufkonzentrierungsversuche war die Einbindung der Membrandestillation in den Metalloberflächenbehandlungsprozess selbst. Dabei war es das Ziel herauszufinden, ob es möglich ist, das Spülwasser bis auf die Zielkonzentration des Passivierungs-Wirkbades bezüglich der Inhaltsstoffe Chrom (Cr) und Kobalt (Co) aufzukonzentrieren. Des Weiteren galt es die Grenzkonzentrationen für Eisen (Fe) und Zink (Zn) nicht zu überschreiten, da diese Stoffe sonst als Inhibitoren (Hemmstoffe) der Passivierung wirken.
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Betrachtet man den Konzentrationsverlauf von Chrom zeigt sich, dass das Erreichen der geforderten Zielkonzentration (>1500 mg/l) nach einer abgetrennten Wassermenge im Feed von 230 kg (≙40 % der Ausgangsfeedmenge) erfolgte. Beim Verlauf der Konzentration von Kobalt wird die Zielkonzentration (>600 mg/l) bei ca. 360 kg Massenverlust des Feed (≙ 63 % der Ausgangsfeedmenge) erzielt. Die Konzentrationen der Störstoffe Zink und Eisen in der aufkonzentrierten Passivierungsflüssigkeit liegen mit 10 064 mg/l für Zink und 3,86 mg/l für Eisen noch deutlich unterhalb der angegebenen Grenzkonzentrationen (Zn<15.000 mg/l und Fe<100 mg/l). Ausgeführt wurden die Versuchsreihen mit speziell entwickelten Spiralwickelmodulen des Herstellers SolarSpring GmbH aus Deutschland. Der Parallelbetrieb von mehreren Modulen erlaubt eine flexible Anpassung der Membranflächen an den Abwasseranfall. Im Rahmen der Versuche wurden bis zu 5 Module zu je 1,44 m² Membranfläche parallel betrieben. Die gesamte wirksame Membranfläche ergab somit 7,2 m². Betrachtung der energetischen Integration des MD-Verfahrens In der Galvanikhalle von ROTO Frank steht vor allem Abwärme aus der Kälteanlage (45 °C), sowie der Druckluft-Kompressionsanlage (85 °C) kostenlos zur Verfügung. Weitere potentielle Abwärmequellen sind für eine kostengünstige Einbindung räumlich ungünstig weit entfernt. Die Nutzung der Abwärme aus der Kälteanlage ist aufgrund der örtlichen Situierung trotz der geringen Abwärmetemperatur am praktikabelsten. Die tiefe MD-Betriebstemperatur von etwa 40 °C bedingt zwar einen etwas geringeren transmembranen Fluss im Vergleich zu einer höheren MD-Betriebstemperatur. Der Energiebedarf kann dafür zur Gänze aus Abwärme bereitgestellt werden. Die Versuche haben gezeigt, dass mit dem MD-Verfahren auch bei geringen Temperaturniveaus von nur 40 °C die Zielkonzentrationen problemlos erreichbar sind. Zusammenfassung Im Zuge der experimentellen Untersuchungen konnte die Machbarkeit des Einsatzes der Membrandestillation zur Aufkonzentrierung von Passivierungsflüssigkeiten erfolgreich nachgewiesen werden. Neben der Beständigkeit der Membran konnte eine deutlich höhere Aufkonzentrierung des Spülwassers als die zunächst geforderte Wirkbadkonzentration erreicht werden. Auch bezüglich der energetischen Eingliederung in den Gesamtprozess der Metalloberflächenbehandlung bestätigte sich das große Potential. So kann die Membrandestillation am Standort ROTO FRANK Kalsdorf trotz erschwerter Rahmenbedingungen bei einer optimierten Betriebsweise zur Gänze durch vorhandene Abwärme und somit CO2-neutral betrieben werden. Weitere Informationen https://www.youtube.com/watch?v=Fvaznkbv8HU Das Projekt wurde im Rahmen der 4. Ausschreibung des Forschungs- und Technologieprogramms „e!MISSION.at – Energy Mission Austria“ vom Klima- und Energiefonds gefördert.
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4.3.
Speichertechnologien 4.3.1 Speicherpotenzial Österreich
Speicher sind der Schlüssel für die erneuerbare Energieversorgung. Mit fortschreitender Energiewende stehen Speicher als Schlüsseltechnologie immer mehr im Fokus von Forschungsaktivitäten. Der Ausbau erneuerbarer Energie erfordert eine zunehmend hohe Flexibilität im Energiesystem, um trotz schwankender Erzeugung eine stabile und sichere Versorgung zu gewährleisten. Der Klima- und Energiefonds unterstützte daher seit 2012 mit rund 40 Mio. Euro Förderbudget Projekte zur Energiespeicherung. Die Ergebnisse der „Speicherinitiative“ des Klima- und Energiefonds wurden Mitte Oktober 2016 vorgestellt. Über 140 internationale Experten und Expertinnen diskutierten im Rahmen der Speicherinitiative des Klima- und Energiefonds in sechs Arbeitsgruppen die zentralen Fragestellungen, welche sich bei Strom- und Wärmespeichern in Zukunft stellen werden (die Arbeitsgruppe „Wärmespeicher im Energiesystem“ wurde vom ACR-Mitgliedsinstitut AEE INTEC, Christian Fink, geleitet). In einer ersten Phase wurden der Status Quo unterschiedlicher Speichertechnologien sowie die Möglichkeiten einer intelligenten Integration ins Energiesystem dokumentiert. Das Ergebnis ist ein Überblick über verfügbare Technologien, Marktchancen, Trends und Entwicklungschancen sowie konkrete Handlungsempfehlungen für Forschungs- und Umsetzungsaktivitäten. Der Stand des Wissens ist in einem umfassenden Bericht zusammengefasst, der auf der Homepage der Initiative www.speicherinitiative.at zu finden ist. Speicher als Schlüssel der Energiewende In der Speicherinitiative wurde in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität diskutiert, mit welchem Speicherbedarf aufgrund künftiger Veränderungen im Energiesystem zu rechnen ist. In langfristigen Betrachtungen spielt auch die Speicherfähigkeit von Netzen eine bedeutende Rolle, wobei Power-to-Heat oder Power-to-Gas die Möglichkeit bieten, überschüssigen Strom aufzunehmen. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass nur Speicher künftig die Möglichkeit bieten werden, lokal erzeugte Energie (Strom, Wärme) möglichst vollständig vor Ort zu nutzen. Speicher sind auch der Schlüssel zur optimalen Nutzung von industrieller Abwärme sowie für die Möglichkeit, Produktionsprozesse in der Industrie an fluktuierende erneuerbare Energieträger anzupassen. Bei E-Fahrzeugen werden bessere Batterien die Reichweite deutlich erhöhen und E-Mobilität wird ebenfalls dazu beitragen Stromspitzen abzupuffern, um das Netz zu entlasten. In Strom- und Wärmenetzen werden Speicher die Versorgung trotz schwankender erneuerbarer Erzeugung stabilisieren und auch Insellösungen mit maximaler Autonomie ermöglichen. Ausgereifte Speichertechnologien – weitere Entwicklungsschwerpunkte Viele Speichertechnologien sind technisch ausgereift und werden bereits seit etlichen Jahren am Markt eingesetzt. Der Einsatz von Speichern reicht von der Glättung kurzfristiger Lastschwankungen im Netz und bei Verbrauchern bis zum saisonalen Ausgleich der Energieströme zwischen den Jahreszeiten. In den nächsten 5 bis 10 Jahren ist mit weiteren neuen Speichertechnologien zu rechnen. Die Abbildung bietet einen Überblick über Wärmespeichertechnologien und gibt einen Ausblick auf zukünftige, derzeit in Entwicklung 31
befindliche Technologien z. B. für neue Einsatzbereiche wie Hochtemperaturanwendungen, saisonale Speicherung, Modulbauweise, Wasserstoff/Methan-Speicher, Speicher mit hoher Energiedichte.
Abbildung 17: Überblick über Wärmespeichertechnologien und Ausblick auf in Entwicklung befindliche Technologien. Grafik: Speicherinitiative des Klima- und Energiefonds (Roger Hackstock, Daniela Kain)
Österreichisches Speicher Know-how Sowohl bei Strom- als auch Wärmespeichern gibt es zahlreiche heimische Hersteller und Forschungseinrichtungen, die langjährige Erfahrung mit Speichertechnologien aufweisen. Diese reicht von Maschinenbau über Assembling und Engineering bis hin zu Forschung und Entwicklung von Speicherkomponenten. Dabei stehen nicht nur die klassischen Kleinwasserspeicher oder Pumpspeicherkraftwerke im Zentrum, sondern auch thermische Bauteilaktivierung, Power-to-Heat oder Power-to-Gas. Speicher sind ein Stärkefeld des Wirtschaftsstandorts Österreich, das künftig ausgebaut werden sollte, wie die Ergebnisse der Speicherinitiative zeigen. Weiterentwicklung in Forschung und Praxis Neben der Technologieentwicklung steht in den nächsten Jahren vor allem die Praxiserprobung von neuen Speichersystemlösungen im Zentrum. Stromspeicher und Wärmespeicher werden künftig steigende Bedeutung beim Lastausgleich in Energienetzen haben. Dabei bietet sich die Möglichkeit für neue Geschäftsmodelle wie virtuelle Stromspeicher, Speicher in Industrieanwendungen und saisonale Großspeicher im Wärmenetz. Begleitend ist eine Anpassung des geltenden Rechtsrahmens für Speicher erforderlich, um künftige Marktentwicklungen durch passende Rahmenbedingungen zu fördern. Zusammenfassend erwartet sich der Klima- und Energiefonds positive Entwicklungen in sechs Einsatzbereichen, in denen die Marktperspektiven für neue Speichertechnologien besonders vielversprechend sind:
Eigenverbrauchsoptimierung bei Photovoltaik-Anlagen (Heimspeicher, Schwarmlösungen, Quartierspeicher)
Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden( Bauteilintegration, Lastausgleich in smarten Netzen, Power-to-Heat)
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Speicher in der Wärme- und Kälteversorgung (Großwasserspeicher bei KWK-Anlagen, saisonale Großspeicher in Erdbecken, Erdsonden-Felder, Pufferung von Leistungsspitzen)
Elektromobilität (Schnellladestationen, Elektrifizierung des Transportsektors)
Industrie & Gewerbe (Abwärmenutzung, Lastmanagement, Power-to-Heat)
Speicher in der Elektrizitätsversorgung (Ausgleich fluktuierender Nachfrage und Erzeugung, kurzfristig und saisonal)
Alle Ergebnisse der Speicherinitiative werden laufend auf der Website veröffentlicht und erleichern den Erfahrungsaustausch. Dadurch wird ein Zuwachs an Know-how erreicht, von dem Wirtschafts- und Wissenschaftspartner gleichermaßen profitieren. Eine höhere Besteuerung von fossilen Energieträgern, sowie die Verplichtung Österreichs im Klimavertrag von Paris, seinen Strombedarf bis 2030 vollständig aus erneuerbaren Quellen zu decken, wird die Nachfrage nach Energiespeichern in Zukunft noch steigern. Weiterführende Informationen http://www.speicherinitiative.at/
4.3.2 Smarte Wärmespeicher Österreich nimmt eine Vorreiterposition ein bei der Entwicklung von kompakten Wärmespeichern, die auf geringem Raum die Sommersonne zum Heizen im Winter speichern. Ein vielversprechender Ansatz ist ein Sorptionsspeicher auf Zeolith-Basis. Der Weg zu einem überwiegend von der Sonne beheizten Wohnhaus führt über den saisonalen Speicher. Ein wassergefüllter Behälter, der die Sommersonne für Heizzwecke im Winter speichert, muss allerdings etliche Kubikmeter groß sein, nimmt damit ein erhebliches Gebäudevolumen ein und verliert auch bei bester Dämmung im Laufe der Monate Energie. In verschiedenen nationalen und internationalen Projekten arbeiten österreichische Wissenschaftler deshalb an Sorptionsspeichern, die Wärme in Form von chemischen Prozessen speichern und dabei deutlich höhere Wärmedichten erreichen als Wasser. Die zweite Tagung „Kompakte thermische Energiespeicher“ an der Wirtschaftskammer Österreich in Wien am 14. September 2016 fasste die Ergebnisse und Fortschritte dieser Aktivitäten zusammen. Eingeladen vom österreichischen ForschungsIinstitut AEE – Institut für Nachhaltige Technologie (AEE INTEC) in Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie berichteten Wissenschaftler aus neun Instituten sowie Entwickler von Firmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Kooperationspartner der Tagung waren außerdem die Internationale Forschungskooperation der Internationalen Energieagentur im Rahmen von SHC und ECES, die WKO, der Klima- und Energiefonds sowie ACR. „Die heute verfügbaren Technologien zur Speicherung von Wärme und Ansätze zur Systemimplementierung reichen für eine konsequente Dekarbonisierung des Energiesystems bis 2050 nicht aus“, hieß es im Ankündigungsflyer. Gezielte Forschung, Entwicklung und Demonstration von Speichertechniken mit höheren Energiedichten ist also essentiell notwendig.
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Chemische Speicherung von Wärme Ein zentraler Aspekt der Tagung waren die vielversprechenden Forschungsergebnisse der Wissenschaftler von AEE INTEC zu thermochemischen Speichern auf Zeolith-Basis, ein Material, das in der Natur vorkommt, sich aber auch industriell herstellen lässt. Bringt man das Zeolith mit Wasserdampf in Verbindung, verbindet sich dieses chemisch mit den porösen Kügelchen und setzt Wärme frei (Sorption). Um den Speicher wieder mit Wärme zu beladen, muss man das Granulat trocknen, indem man es auf hohe Temperaturen erhitzt. Anschließend kann man das Material im Vakuum für lange Zeit lagern, ohne dass es Energie verliert. Im europäischen Forschungsprojekt COMTES (Combined Development of Compact Thermal Energy Storage Technologies) haben Wissenschaftler von AEE INTEC einen Zeolithspeicher entwickelt, der bis zu 180 kWh Wärme pro Kubikmeter aufnehmen kann. Das ist dreimal so viel wie sich in einem Wassertank bei einer Temperaturspreizung von 50 Kelvin speichern lässt, und obendrein ein Weltrekord für eine solargetriebene Anlage. Denn eigentlich erreicht man so eine hohe Speicherdichte selbst bei Zeolith nur, wenn man den Speicher bei hohen Temperaturen belädt. Die Forscher haben aber ein stufenweises Beladeverfahren entwickelt, in dem dafür eine Temperatur von etwa 120 °C genügt. "Diese Temperaturen sind mit Vakuumröhren oder guten Flachkollektoren problemlos zu erreichen", sagt Projektleiter Wim van Helden. Da man das trockene Zeolith im Vakuum monatelang lagern kann, ohne dass es Energie verliert, eignet sich die Technologie gut, um Sonnenwärme aus dem Sommer zum Heizen im Winter zu speichern. Tests haben gezeigt, dass während der Entladephase – wenn das getrocknete Zeolith wieder mit Wasserdampf zusammen gebracht wird – Temperaturen über 75 Grad entstehen, was ausreicht für die Brauchwasserbereitung in Haushalten. Demospeicher sechs Monate betrieben Wie gut die saisonale Speicherung im Zeolith funktioniert, hat das Team von AEE INTEC in einem mehrmonatigen Experiment untersucht. Projektleiter Wim van Helden und sein Team haben den 2 m³ großen Laborspeicher gefüllt mit 1,4 Tonnen Zeolith-Granulat von Oktober 2015 bis März 2016 unter realen Arbeitsbedingungen getestet. Auf Basis der Messergebnisse aus der Speicherentwicklung simulierten sie in Echtzeit den Ertrag einer Solaranlage mit 12 m² Vakuumröhrenkollektoren sowie den Wärmebedarf eines sparsamen Einfamilienhauses. Ein Drittel der so berechneten Wärmemengen speisten sie in den Laborspeicher ein beziehungsweise entnahmen sie bei Bedarf. In diesem Experiment kamen sie auf einen solaren Deckungsanteil des Gesamtwärmebedarfs von stattlichen 85 Prozent im Jahresverlauf. In der Realität bräuchte man also einen 6 m³ Zeolithspeicher mit 4,2 Tonnen Granulat, um diese hohe solare Deckung zu erreichen. Doch bevor die Technik in einem normalen Haushalt eingesetzt werden kann, müssen die zum Laden und Entladen sowie zur Evakuierung des Speichers benötigten Baugruppen kompakter und kostengünstiger werden. Durch Simulationen des Institutes für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart, Deutschland, konnte zum Beispiel der Aufbau des Wärmetauschers optimiert werden. Statt einem spiralförmigen Wärmetauscher, kam in der Demoanlage ein speichenförmiger Wärmetauscher zum Einsatz, der weniger Kupfer benötigt.
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Starke Schwankungen bei Zeolith-Preisen Eine weitere Herausforderung sind die Kosten des Zeoliths. „Die Industrie bietet es derzeit für 4 EUR pro Kilogramm an, was natürlich bei einem Volumen von 4,2 Tonnen wie in dem obigen Beispiel sehr teuer wird“, beschreibt van Helden. Aber Zeolithe sind auch eine wichtige Komponente von Waschmitteln und das ist eine Massenanwendung, bei der das Kilo für wenige EUR-Cent gehandelt wird. Die Preise für die Speicherfüllung hängen also extrem vom Marktpotential der Kompaktspeicher ab. Interessant könnte hier sein, dass die AEE INTEC Wissenschaftler Anwendungsmöglichkeiten für Sorptionsspeicher auch in Elektroautos sehen. Vor allem beim Schnellladen, aber auch im normalen Betrieb eines Elektroautos entsteht Abwärme. Zu hohe Temperaturen sorgen aber dafür, dass die Lebensdauer der Batterie sinkt. Ein kompakter Sorptionsspeicher könnte stattdessen die Wärme aufnehmen und sie so nicht nur von der Batterie fernhalten, sondern auch für anderen Anwendungen nutzbar machen – zum Beispiel, um den Fahrgastraum zu heizen oder um der Batterie auch bei Minusgraden den Start zu erleichtern. Van Helden hält einen Marktpreis von 25.000 bis 35.000 Euro für ein Komplettsystem mit Sorptionsspeicher und Solaranlage im Wohnungsbau für akzeptabel. "Dann würde sich das System über die Lebensdauer von 25 Jahren im Vergleich zu einer konventionellen Heizung rechnen." Allerdings warnt van Helden vor zu hohen Erwartungen: „Um die ZeolithSpeichertechnologie zur Marktreife zu bringen, brauchen wir zehnmal mehr Forschungsvolumen, als wir bisher hatten“. Vorreiterposition bei Speicherentwicklung Ein wichtiger Schritt ist die Weiterführung der Kompaktspeicherforschung im nationalen Leitprojekt Tes4seT (Thermal Energy Storage for Sustainable Energy Technologies), ein Projekt des Klima- und Energiefonds, gestartet im Oktober 2014 mit einer Laufzeit von vier Jahren. Fünf Forschungsinstitute und 13 Industriebetriebe arbeiten auf fünf Entwicklungslinien zusammen. Es werden neue Speichermaterialien, Komponenten und Systeme entwickelt für den Einsatz in Gebäuden, der Industrie und für Mobilitätsanwendungen. Van Helden betont, dass die Kooperation einer derartig großen Gruppe von Herstellern und Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet einzigartig sei und Österreich die Chance auf eine internationale Vorreiterposition in der Entwicklung von kompakten thermischen Speichern gäbe. Wim van Helden, Leiter der Speichergruppe bei AEE INTEC, sieht die Kostensenkung beim Speichermaterial und der Be- und Entladetechnik als die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von marktreifen Zeolith-Speichern.
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Abbildung 18: Dieser 2 m³ große Demospeicher gefüllt mit Zeolith-Granulat konnte verbunden mit einer Vakuumröhrenkollektoranlage beim Echtzeit-Experiment ein Drittel des Heizbedarfs eines gut gedämmten Einfamilienhauses zu 85 % decken. Foto: AEE INTEC
4.3.3 Lithium-Ionen-Technologie in Batterien und Akkus – Sicher oder tickende Zeitbombe? Der Markt für Lithium-Ionen-Batterien bzw. Akkus wächst aktuell sehr schnell und die Einsatzbereiche sind vielfältig – von portablen Handy- und Fahrradakkus über stationäre Anwendungen wie bei Photovoltaik-Heimspeichern bis hin zur Elektromobilität und industriellen Anwendungen wie in Elektrostaplern. Allerdings bergen die Handhabung und Lagerung dieser kleinen „Kraftwerken“ auch Brandrisiken, wenn sie nicht fachgerecht ausgeführt werden. Aufgrund seiner Eigenschaften ist Lithium perfekt geeignet für den Einsatz in Batterien und Akkus. Und diese werden zunehmend verwendet: Wurden im Jahr 2000 noch wenige Hundert Millionen Akkus verkauft, waren es 2015 nach Angaben des US-Lithiumspezialisten Albemarle schon acht Milliarden. Zugleich werden die Energiespeicher immer billiger. In den vergangenen 15 Jahren sank ihr Preis jährlich um ca. 14 %. In einigen Einsatzbereichen ist die Lithium-Ionen-Technologie ergänzend zu herkömmlichen Batterien und Akkus verfügbar, in anderen Bereichen wie z.B. in der Elektromobilität stellen Lithium-Ionen-Batterien derzeit die einzige kommerziell verfügbare Speichertechnologie mit genügend hoher Energiedichte und entsprechendem Entwicklungspotenzial dar. Neben der hohen Energiedichte ist bei diesen „Kraftwerken“ auch deren Zyklenverhalten und höhere Wirkungsgrad vorteilhaft, wodurch sie in der Regel mehr Lade- und Entladezyklen als beispielsweise herkömmliche Bleibatterien haben. Sie können auch bei schwankenden Energiequellen, wie beispielsweise bei Photovoltaik, gut puffern. Doch in den letzten Jahren häufen sich Brand- und Unfälle im Zusammenhang mit dieser Technologie. Neben der aktuellen Causa Samsung musste zum Beispiel im Jahr 2013 Boeing seine Flotte der 787-Dreamliner komplett am Boden lassen, weil sich Akkus entzündeten. Auch namhafte Technologiekonzerne wie Sony, HP, Toshiba oder Panasonic mussten Geräte 36
zurückholen. Seit 1. April 2016 sind zudem neue Bestimmungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO in Kraft getreten, wonach Lithium-Batterien wegen der hohen Brandgefahr nicht mehr als Frachtgut in Passagiermaschinen transportiert werden dürfen. Deshalb stellen sich immer mehr Personen die Frage, ob die Technologie sicher oder eine tickende Zeitbombe ist. Hier einige Fakten: Funktionsprinzip und Gefährdungspotenziale Der Begriff Lithium-Ionen-Batterien umfasst ein weites Feld an Produkten mit unterschiedlichen Designs und chemischen Zusammensetzungen, die als nicht wiederaufladbare Systeme (Lithium-Primär-Batterien) oder wiederaufladbare Systeme (Lithium-Sekundär-Batterien wie LiIonen-Akkus oder Li-Polymer-Akkus) erhältlich sind. Wie alle mobilen Energiespeicher ist auch die Lithium-Batterie grundsätzlich dafür bestimmt, große Energiemengen bei kleinem Volumen und geringem Gewicht zu speichern und diese chemisch gespeicherte Energie im Laufe eines Entladevorgangs in Form von elektrischer Energie wieder abzugeben. Generell haben sie aber ein anderes Funktionsprinzip als herkömmliche Batterietypen wie Nickel-Cadmium, Nickel-Metall-Hydrid oder Blei: Eine LithiumIonen Zelle besteht aus Anode, Kathode, Elektrolyt und einem Separator. Alle diese Komponenten sind potentiell brennbar. Ihre Reaktivität ist dabei abhängig vom Ladezustand der Zelle. Schädigungen, wie sie bei Überladung oder Tiefentladung auftreten, führen bei LithiumIonen-Batterien zu irreversiblen Schäden in den Zellen. So kann es zu einer unkontrollierten oder beschleunigten Abgabe der elektrischen Ladung und damit zu lokalen Überhitzungen kommen. Das führt entweder sofort oder nach weiterem Betrieb zur Freisetzung leicht entzündlicher Gase oder in vielen Fällen auch direkt zum Brand. Oft passiert die Entzündung explosionsartig, wie in vielen dokumentierten Brandfällen im Zusammenhang mit solchen Batterietypen beschrieben. Das hat folgende Ursache: Sollte sich eine Zelle durch Wärme, Überladung oder mechanische Beschädigung zersetzen oder thermisch „durchgehen“, entstehen auf der Oberfläche der Zelle Temperaturen bis zu 800 °C, die Zelle öffnet sich und bläst ihren Inhalt unter Überdruck nach außen ab. Dabei entsteht ein meist weißer/grauer Nebel, der den Elektrolyten und andere Zellbestandteile enthält. Dieser kann sich entzünden und damit eine Stichflamme verursachen. Der entstandene weiße Nebel ist giftig und ätzend. Im Brandfall hat man es also mit einer gefährlichen Mischung zu tun, denn Lithium ist in seiner elementaren Form (z.B. in Lithium-Primär-Batterien) hochreaktiv und neigt zu heftigen autokatalytischen Reaktionen. Bedingt durch die Verwendung von fluor- und/oder chlorhaltigen Leitsalzen können im Brandfall gasförmige Stoffe freigesetzt werden, die ein erhebliches Risiko für Personen und Umwelt darstellen. Fluor oder Chlorverbindungen wirken ätzend und können bei Hautkontakt schon in kleinsten Mengen zu Juckreiz, Rötungen, Gewebezerstörungen und offenen Wunden führen. Da bereits ab einer Temperatur von ca. 130 °C die Zersetzung einer Lithium-Ionen-Zelle beginnt, kann die Zersetzung einer Zelle die Zersetzung anderer Zellen auslösen, so dass sich nacheinander Zellen eines Speichers zersetzen können. Ein weiteres Gefährdungspotenzial liegt bei den wiederaufladbaren Lithium-Akkus bei den Ladestationen. Defekte in den Steckverbindungen oder Überladung können rasch zu 37
Brandereignissen führen. Aktuell gibt es am Markt noch keine nicht brennbaren Lithium-IonenZellen. Hinzu kommt, dass die Produkte zwar Batterien genannt werden, in den meisten Fällen aber als Geräte (bestehend aus Gehäuse, Zellen, Mikroelektronik, Sicherungselementen usw.) konstruiert sind. Somit sind Fehler im Inneren des Gerätes nicht sofort erkennbar. Gerade Transportschäden bleiben so oft unerkannt. Sicher bei sachgemäßer Handhabung Lithium-Batterien gibt es schon lange am Markt und sie gelten bei sachgerechter Handhabung als vergleichsweise sicher. Punkto richtiger Handhabung ist folgendes zu beachten:
Vor dem Aufladen der Batterien prüfen, ob es sich auch um wiederaufladbare Batteriesysteme handelt. Nicht wiederaufladbare Batterien dürfen nicht aufgeladen werden!
Bei wiederaufladbaren Batterien nur Ladegeräte verwenden, die für diesen Batterietyp geeignet sind!
Akkus nur unter Aufsicht laden und auf eine nicht brennbare Unterlage achten.
Lithium-Ionen-Batterien niemals kurzschließen, nicht mechanisch beschädigen (nicht anstechen, deformieren, zerlegen etc.) und nicht über die zulässige Temperatur erhitzen oder verbrennen!
Batterien stets trocken und kühl lagern und von kleinen Kindern fernhalten!
Die Grenzen für maximale Strombelastung, Lade- und Entladeschlussspannungen sowie mechanische und thermische Belastungen einhalten!
Tiefentladene Batterien dürfen nicht mehr geladen bzw. betrieben werden.
Bei Undichtigkeiten kann es zu Zersetzungsprodukten der Batterieinhaltsstoffe und damit zu die Gesundheit und die Umwelt gefährdenden Reaktionen kommen. Beim Kontakt mit auffälligen Batterien (Austritt von Inhaltsstoffen, Verformungen, Verfärbungen etc.) ist deshalb ein ausreichender Körper- und Atemschutz notwendig. Im Falle eines Unfalls ist immer den Vorgaben der Hersteller zu Sofortmaßnahmen und den Erste-Hilfe-Maßnahmen zu folgen.
Auch vermeintlich entladene Lithium-Ionen-Batterien können noch eine Gefahrenquelle darstellen, da sie einerseits einen sehr hohen Kurzschlußstrom liefern, andererseits die Gefahr eines Stromschlages bergen (vor allem bei Batterien >75 Volt). Vorbeugender Brandschutz in Betrieben Ob mit vorhandenen konventionellen Löschanlagen (Wasser oder Gaslöschanlagen etc.) ein Brand von Lithium-Batterien beherrschbar ist, ist nicht abschließend geklärt. Dementsprechend liegen hinsichtlich anlagentechnischer Brandschutzmassnahmen (wie Löschanlagen) für den Umgang mit oder die Lagerung von lithiumhaltigen Energiespeichern in Betrieben zur Wirksamkeit von technischen Schutzkonzepten und anlagentechnischen Lösungen nur wenig gesicherte Erkenntnisse und keine standardisierten Konzepte vor. Insofern
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sollten geeignete Löschanlagenkonzepte je nach Betriebssituation individuell geplant werden. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich auch, Lithium-Batterien bei Herstellung, Fertigung, Lagerung und Transport wie einen Gefahrstoff zu behandeln. Im Sinne von Schadenverhütung ist besonderes Augenmerk auf effektive bauliche Brandschutzvorkehrungen und insbesondere auf die Umsetzung umfassender organisatorischer Schutzmassnahmen zu legen: 1. Bauliche Brandschutzvorkehrungen:
Eigener Brandabschnitt mit feuerbeständiger Abtrennung
Kapselung einzelner Batterien oder einzelner Fertigungschargen durch Sicherheitsschränke, Kassetten oder Container aus nicht brennbaren Materialien
Mindestens 2,5 m Freistreifen zwischen einzelnen Fertigungsbereichen und Lagerblöcken
2. Organisatorische Schutzmaßnahmen
Polkappen verwenden
Mechanische Beschädigungen wirksam verhindern
Produkte auch bei geringsten Beschädigungen umgehend fachgerecht entsorgen
Vermeidung von dauerhaft hohen Temperaturen (direkte Sonneneinstrahlung, Heizung)
Strikte Zündquellenvermeidung (keine offenen Flammen/ funkenbildende Arbeiten, striktes Rauchverbot!)
Sicherheitsentlüftungen freihalten
Separate Lagerung sicherstellen
Umgang analog Gefahrstoff: Schulung der Mitarbeiter
An Produktionsplätzen: Berücksichtigung der „Allgemeinen Sicherheitsregeln“, Begrenzung der Batterieanzahl auf das notwendige Minimum (Tagesbedarf), Bereitstellung zusätzlicher Feuerlöscher mit geeigneten Löschmitteln
3. Technische Sicherheitssysteme
Minimalmaßnahme: alle Bereiche (Herstellung, Fertigung Lager, etc.) flächendeckend durch eine Brandmeldeanlage mit automatischer Alarmweiterleitung zu einer ständig besetzten Stelle überwachen
Sicherheit im Transport Im Normalfall informieren die Batteriehersteller selbst über ihre Produkte und was bei deren Transport zu berücksichtigen ist. Die Regelungen für den Transport umfassen Transporttests, Verpackungsvorschriften, Labeling, usw. und sind im Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) geregelt. Über das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) ist der Transport solcher Gefahrgüter innerhalb von Österreich für Straße, Eisenbahn und Schifffahrt geregelt. Weiterführende Informationen ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V., Fachverband Batterien, www.zvei.org Sicherheitsleitfaden LI-Ionen Hausspeicher unter: www.energieaktiv.at/produkte 39
5.
Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung 5.1.
Qualitätssicherung für Erneuerbare-Wärme-Systeme durch intelligentes Betriebsmonitoring
Studien wie die Strategische Forschungsagenda der ESTTP (European Solar Thermal Technology Platform) in Bezug auf Erneuerbares Heizen und Kühlen zeigen, dass rund 50 % des Endenergieverbrauchs in Europa in den Bereich der Wärmeversorgung fließen, siehe Literaturverzeichnis [4]. Dementsprechend ist es unumgänglich, dass erneuerbare Energieträger eine wichtige Rolle in der Wärmeversorgung übernehmen, um nationale wie europäische Klima- und Energieziele zu erreichen. Großes Potenzial hat hier die kombinierte Nutzung von solarthermischer Energie und Biomasse, sowie die Kombination mit fossilen Energieträgern wie Erdöl und Erdgas. Um dieses Potenzial zu nutzen und eine wirtschaftliche und dadurch breitenwirksame Anwendung von Erneuerbare-Wärme-Technologien zu ermöglichen, spielt die Einhaltung und Erreichung hoher Qualitätsstandards im Bereich der Planung, der Ausführung und dem laufenden Anlagenbetrieb eine wichtige Rolle. Ausgangslage Qualitätsinitiativen der letzten Jahre zielten hauptsächlich auf die Planung und die Inbetriebnahme von Anlagen ab und weniger auf den Betrieb der Anlagen. Die kontinuierliche Überwachung der Systeme (Betriebsmonitoring) ist jedoch die Basis für einen langfristig technisch und wirtschaftlich erfolgreichen, ökologisch sinnvollen Anlagenbetrieb. Dadurch können das volle technische und wirtschaftliche Potenzial erneuerbarer Energieträger bei der Wärmeversorgung ausgeschöpft und hohe Qualitätsstandards im Anlagenbetrieb sichergestellt werden. Derzeit schränken jedoch vor allem zwei Aspekte die Durchsetzung und Einhaltung von Qualitätsstandards für den Anlagenbetrieb ein: 1. Zu hohe Kosten - Detailliertes Betriebsmonitoring wird in der Praxis aus Kostengründen kaum durchgeführt, was zu deutlichen Effizienzeinbußen führt. 2. Komplexität der Systeme - Wärmeversorgungsanlagen, die Erneuerbare-WärmeTechnologien nutzen, sind häufig auch multivalent, d.h. verschiedene Wärmeerzeugungstechnologien wie Biomasse und Solarthermie werden kombiniert. Probleme bei diesen Anlagen treten in der Regel nicht in einzelnen Komponenten auf, sondern im komplexen Zusammenspiel verschiedener Systemteile. Genau hier setzt das Projekt "Methodiqa" an. In dem Projekt wurden die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für ein automatisiertes und dadurch kostengünstiges, aber qualitativ hochwertiges computergestütztes Monitoringsystem für erneuerbare Wärmeversorgungsanlagen mit Fokus auf Solarthermie und Biomasse erarbeitet. Damit besteht mittelfristig die Möglichkeit die Kosten für Betriebsmonitoring zu senken und das komplexe Zusammenspiel der Systemteile zu optimieren. Dies soll zu einem verbesserten Image der erneuerbaren Energien beitragen, deren technische Entwicklung vorantreiben, erhöhte Investitionssicherheit bieten und damit deren Wettbewerbsfähigkeit und Bedeutung am Markt stärken. 40
Das Projekt "Methodiqa" wurde unter der Leitung von AEE INTEC gemeinsam mit den Projektpartnern S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstallation und Design m.b.H. und Cerebra Informationssysteme GmbH bearbeitet. S.O.L.I.D. brachte ihr Fach- und Praxiswissen aus dem Bereich der Planung, des Baus und insbesondere des Betriebes von Solarthermieanlagen ein und validierte die Methodik. Cerebra unterstützte die Entwicklung in Hinblick auf softwaretechnische Fragestellungen und konnte ein lauffähiges Funktionsmuster eines automatisierten und intelligenten Monitoringtools softwaretechnisch realisieren. Das Forschungsprojekt wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „NEUE ENERGIEN 2020“ durchgeführt. Als Basis für die markt- und praxisorientierte Entwicklungsarbeit wurde unter Einbindung ausgewählter Zielgruppenvertreter eine umfangreiche Analyse der Marktbedingungen und Anforderungen durchgeführt. Darauf aufbauend wurde eine umfassende konsistente Methodik entwickelt, die alle Prozesse und den gesamten Prozessablauf des automatisierten Monitoringsystems enthält. Dazu gehören
die Konfiguration der Wärmeversorgungsanlagen, mit einem eigens dafür konzipierten Blocksystem
der Import und die Aufbereitung (Plausibilisierung, Regularisierung) von Messdaten
die algorithmenbasierte Analyse und Diagnose der Daten
die Aufbereitung und Visualisierung der Analyse-Ergebnisse und
das Berichts- und Benachrichtigungsmanagement
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Abbildung 19: Matrix des ausgehend von einer Zielgruppen- und Anforderungsanalyse entwickelten Monitoring-Konzepts von Methodiqa. Auf der linken Seite sind vertikal sechs Bereiche des MonitoringProzessablaufs aufgelistet, oben horizontal sind die Prozessebenen dargestellt. Grafik: AEE INTEC
Zur Unterstützung des Entwicklungsprozesses und zur Validierung der Methodik wurde ein software-technisches Funktionsmuster umgesetzt. Das Funktionsmuster ist grundsätzlich lauffähig und kann alle Prozessschritte eines automatisierten Monitorings ausführen, wobei aufgrund des aktuellen Entwicklungsstandes insbesondere bei der Anlagenerfassung und -konfiguration sowie beim Ablauf der Analyse-Algorithmen und der Darstellung der Ergebnisse in Form von Plots noch manuelle Eingriffe erforderlich sind. Weiters ist die Anzahl an Algorithmen begrenzt, da der Fokus des Projekts Methodiqa in erster Linie auf der Entwicklung der Methodik für das automatisierte Monitoring-System lag – dieses System bildet dann die Grundlage für die Entwicklung weiterer Analyse-Algorithmen. Dennoch wurden im Projekt Methodiqa einige wichtige und wirkungsvolle Algorithmen entwickelt.
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Wesentliche Vorteile des Methodiqa-Systems sind
die Automatisierung eines zeit- und ressourcenaufwendigen Prozesses (Aufbereitung sowie Aus- und Bewertung von Messdaten)
die Flexibilität des Systems hinsichtlich verfügbarer Anlagen-Messtechnik, Datenformaten und Anlagen-Hydrauliken (Blocksystem)
die Reproduzierbarkeit der Auswertungen und Analyse-Ergebnisse mit guter Vergleichbarkeit zwischen mehreren Anlagen auf Basis zentral entwickelter und gewarteter Algorithmen sowie
die automatisierte und hochqualitative grafische Darstellung der Ergebnisse.
Im Zuge der Validierung wurden die erarbeiteten wissenschaftlichen und technischen Grundlagen auf reale Anlagen und deren Betriebsdaten angewendet und es konnte gezeigt werden, dass mit der entwickelten Methodik ein tragfähiges Grundgerüst für die Realisierung eines wissenschaftlich fundierten, robusten und kostengünstigen Anlagenmonitorings zur Verfügung steht, das herstellerunabhängig anwendbar ist („proof of concept“). Durch den modularen und intelligenten Aufbau der Methodik ist diese flexibel erweiterbar, sodass zukünftig nicht nur Solarthermie- und Biomasseanlagen sondern auch andere Anlagenkombinationen und Technologien (z.B. Wärmepumpen) oder auch andere Themengebiete (Stromerzeugung und Versorgung, Haustechnik, Gebäudemonitoring etc.) automatisiert analysiert und ausgewertet werden könnten. Mögliche nächste Schritte in Hinblick auf die Weiterentwicklung des Systems und einer zukünftigen kommerziellen Nutzung sind der systematische Einsatz der Methodik in wissenschaftlichen Anlagenauswertungen wie beispielsweise im Rahmen einer Begleitforschung für Wärmeerzeugungsanlagen und die technische und wirtschaftliche Auswertung von Anlagen und Komponenten. Ergänzend dazu sind weitere wissenschaftliche Grundlagenarbeiten zur Erweiterung der Methodik auf hybride Systeme und neue Anwendungsgebiete erforderlich, wie etwa die Erfassung weiterer Anlagenkomponenten, die signifikante Erweiterung der technisch-wissenschaftlichen Berechnungsgrundlagen in Form von Auswertealgorithmen oder die automatisierte und umfassende Evaluierung der Datenqualität und deren Implementierung in die Berechnungslogik. Der Endbericht zum Projekt wird in Kürze auf der Seite des Klima- und Energiefonds veröffentlicht.
5.2.
Plus-Energiegebäude auf dem Prüfstand
Einleitung Im Rahmen der Entwicklung des neuen Kriterienkatalogs klimaaktiv im Betrieb wurden zwei neu errichtete Plus-Energiegebäude messtechnisch begleitet: das Verwaltungsgebäude der Windkraft Simonsfeld AG und ein Kindergarten der Stadtgemeinde Gänserndorf. Beide Gebäude wurden im Passivhausstandard errichtet und verfügen zusätzlich über große Flächen an Photovoltaik zur Stromproduktion. Damit soll in der Energiebilanz (Betrieb und Nutzung), bezogen auf jeweils 12 Monate, ein Plus erreicht werden. Neben den energetischen Parametern wurde auch der Komfort, bezogen auf operative Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit und CO2 bewertet. 43
Lösungsansatz und Methodik Die Beurteilung der energetischen Qualität erfordert eine Betrachtung im zeitlichen Verlauf. Eine detaillierte Projektberechnung (z.B. mittels PHPP) ist für alle Projekte zielführend. Energieausweise alleine sind für eine detaillierte Systemanalyse und Optimierung der Gebäudeperformance in der Regel nicht ausreichend. Ein begleitendes Energiemonitoring hilft, den Komfort zu steigern und Energieeinsparungen zu realisieren. Eine Anpassung der Berechnung an die maßgeblichen bekannten bzw. erhobenen Parameter wie Außen- und Innenraumklima ist jedenfalls erforderlich. Für die Beurteilung des thermischen Komforts kamen sowohl quantitative als auch qualitative Methoden zum Einsatz wie z.B. die Berechnung von PMV und PPD als Beurteilungskriterium für Komfort und (Innenraum-) Qualität. Die dazu benötigten Daten wurden aus der Leittechnik bzw. mittels eigens konzipierter Monitoringsysteme laufend ausgelesen und ausgewertet. Gemessene Verbräuche Ein direkter Vergleich der beiden Gebäude ist wegen der unterschiedlichen Nutzungen nicht möglich, die Gegenüberstellung zeigt dennoch interessante Erkenntnisse. Die beiden Gebäude im Überblick: Objekt
Bürogebäude Windkraft Simonsfeld AG
Belegung
40 Arbeitsplätze
Fläche Bruttovolumen Kompaktheit PV-Anlage
968m² BGF; 867m² EBF 3009m³ 0,64 47,0 kWp Wärmepumpe/Tiefensonde, thermische Solaranlage Wärmequellenpumpe (Freecooling), Wärmepumpe/Tiefensonde, Nachtlüftung Thermische Solaranlage, Wärmepumpe, Untertischspeicher Flächenheizung
Wärmeversorgung Kälteversorgung Warmwasser Heizsystem
Kindergarten Hörlergasse (Wirbelwind) 3 Kindergruppen zu je 20 Kindern und zwei Pädagogen/innen 780m² BGF; 668m² EBF 4017m³ 0,56 19,8 kWp Fernwärme Nachtlüftung Elektrische Durchlauferhitzer Flächenheizung
Die Primärenergiebilanzen der beiden Gebäude wurden nach Betrieb und Nutzung aufgeteilt. Für die Bilanzierung wesentlich sind die Systemgrenzen: Welche Verbraucher werden für die Bilanz berücksichtigt und welche bleiben außerhalb. Im Beispiel des Verwaltungsgebäudes Windkraft Simonsfeld AG wurden der Server, die Elektrotankstelle und das an das Gebäude angeschlossene Lager nicht mitbilanziert, da sie nicht unmittelbar für den Gebäudebetrieb notwendig sind bzw. nicht der typischen Nutzung von Bürogebäuden entsprechen. Basierend auf den Verbrauchsprognosen für den Heizwärmebedarf wurden die Berechnungen mit den tatsächlichen Werten im Zeitraum November 2015 bis Oktober 2016 von Innen- und Außentemperaturen sowie der Globalstrahlung nachgezogen. Die tatsächlichen Verbräuche liegen beim Kindergarten Wirbelwind um 20 % höher, während die Zielwerte für das Verwaltungsgebäude der Windkraft Simonsfeld AG sogar unterschritten wurden.
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Beide Gebäude unterscheiden sich in Nutzungszeiten, Ausstattung und Anforderungen stark voneinander. Beim ungekühlten Kindergarten fällt besonders der geringe Energiebedarf für die Haustechnik (Anteil an Förderpumpen und Regeltechnik ist sehr gering) auf. Das Bürogebäude Ernstbrunn hat einen deutlich niedrigeren Bedarf an Heizwärme und Warmwasser, der sich in einem geringen Verbrauch der Wärmepumpe bemerkbar macht. Unterstützend wirkt auch die thermische Solaranlage, deren Erträge in der Bilanz nicht abgebildet sind, wohl aber deren Stromverbrauch. Auffallend ist der hohe Anteil an sonstigen Verbrauchern, die nicht über einen eigenen Zähler erfasst sind, wie Kopierer, Küche, Bad und Außenbeleuchtung. Hier wird deutlich, dass das Optimierungspotential bei den Verbrauchern liegt, die nicht unbedingt der direkten Gebäudenutzung zuzuordnen sind. Die Beleuchtung spielt in Bürogebäuden eine noch größere Rolle als in Kindergärten und liegt im aktuellen Beispiel unter dem aus der Simulation errechneten Wert, dennoch ergibt sich im Vergleich zum Kindergarten Wirbelwind ein rund 2,5-mal höherer Energiebedarf. Wenig überraschend ist auch der höhere Energieverbrauch durch die EDV im Verwaltungsgebäude Simonsfeld AG. Hervorzuheben ist der sehr geringe Warmwasserbedarf im Kindergarten, der direktelektrisch bereitgestellt wird. Durch den Wegfall langer Zirkulalationsleitungen hat sich die Bilanz im Vergleich zur Verbrauchsprognose deutlich verbessert. Die Energiebilanz von November 2015 bis Oktober 2016 ist für Gebäudebetrieb und -nutzung bei beiden Gebäuden positiv. Bei konstanten PV-Erträgen wären genug Reserven vorhanden, um auch strengere Heizperioden mit einer positiven Jahresbilanz abzuschließen. Im Falle des Verwaltungsgebäudes Windkraft Simonsfeld ergab sich eine Deckungsrate von rund 34,7 %. auf Basis von 15-Minuten-Messwerten durch die PV-Anlage inkl. aller zu Beginn erwähnten weiteren Verbraucher, wie Server, Stromtankstelle und Lager.
Abbildung 20: Primärenergie-Bilanz der beiden Gebäude bezogen auf die BGF
Gemessener Komfort Als Datengrundlage dienten bei beiden Gebäuden die jeweiligen Messwerte von Montag bis Freitag 07:00–17:00 Uhr (inklusive Feiertage).
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Kindergarten Wirbelwind Der thermische Komfort in den drei Gruppenräumen des Kindergartens wurde nach DIN EN 15251 mittels des adaptiven Komfortmodells bewertet. Gut ersichtlich im Diagramm ist der Ausfall der Pumpensteuerung Ende Januar 2015 und die danach folgende Überwärmung aufgrund des unregulierten Betriebs der Heizungsanlage. Durch die südseitige Lage der Gruppenräume treten vor allem in den Übergangszeiten höhere Temperaturen auf. Im Hochsommer wird zum Großteil Kategorie I eingehalten, die für hohen Komfort steht. Bei den CO2- Konzentrationen lagen bei der Bewertungsmethode nach EN 13779 rund 86 % der Messwerte im Bereich hohe und mittlere Raumluftqualität, 9 % im Bereich mäßige Raumluftqualität und 5 % lagen im Bereich niedrige Raumluftqualität und darunter. Ursache für die Ausreißer nach unten waren verschmutzte Zuluftfilter. Die Raumluftfeuchtigkeit wurde stichprobenartig in Gruppe 2 ausgewertet. Rund 1,8 % der Messwerte befanden sich außerhalb des komfortablen Bereichs (unter 20 % rH).
Abbildung 21: Adaptives Komfortmodell nach DIN EN 15251, Kindergarten Wirbelwind, Gruppenraum 2
Verwaltungsgebäude Windkraft Simonsfeld AG Aufgrund der vorhandenen Kühlung wurde die Bewertungsmethode nach dem PMVKomfortmodell gewählt. Dabei wurden die Messdaten eines ganzzeitig besetzten Büroraums im EG mit rund 56 m² und eines im OG mit rund 42 m² ausgewertet. Alle Büroräume befinden sich an der Nordseite des Objektes. Als Bekleidungsfaktor wurde „diskret“ gewählt. In beiden Räumen wurde überwiegend die Kategorien I und fallweise II erzielt, was einem sehr guten Komfort entspricht. Rund ein Prozent der CO2-Konzentrationen lagen oberhalb von 1400 ppm.
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Abbildung 22: PMV/PPD Index, Verwaltungsgebäude Simonsfeld AG, Büroraum OG
Fazit Das Erfüllen von Energiezielen macht nur dann Sinn, wenn auch der Komfort passt. Oft bedingt das eine das andere, zum Beispiel wenn Lüftungsanlagen zu lange laufen und dadurch einerseits der Energieverbrauch steigt und andererseits die Luftfeuchtigkeit auf ein unangenehmes Niveau absinkt. In beiden Gebäuden konnten in Kooperation mit den Fachplanern und den Bauherren Fehlerquellen aufgedeckt werden und die Gebäude im Betrieb optimiert werden. Als Grundlage dazu ist eine solide Verbrauchsprognose und Angabe der Soll-Betriebszeiten notwendig. In weiterer Folge auch Wartungsverträge zum Beispiel für den regelmäßigen Tausch der Filter von Lüftungsanlagen. Zur Überwachung bedarf es gut dokumentierter Zähleinrichtungen, die auf korrekt eingestellten Wandlungsverhältnissen beruhen. Mit zunehmender Komplexität der Haustechnik nimmt die Anzahl der zu erfassenden Parameter zu, hier ist effizientes Monitoring gefragt. Dies ist nur dann möglich, wenn eine entsprechende Visualisierung vorhanden ist, die gleichzeitig als Dokumentation verwendet werden kann. Damit können der zeitraubende Datenexport und die anschließende Datenaufbereitung auf ein Minimum reduziert werden. Informationen zu den Projekten Die dargestellten Ergebnisse beruhen auf dem FFG geförderten HdZ plus Projekt Bürobau Windkraft Simonsfeld - Plusenergie-Verwaltungsgebäude Ernstbrunn und Erfahrungen aus dem Projekt 'klimaaktiv im Betrieb', welches im Rahmen der klimaaktiv-Kriterienentwicklung abgewickelt wird.
5.3.
Energieberatung 2.0 – Neue Toolbox unterstützt Entwicklung individueller Einsparmaßnahmen
Der Erfolg einer Energieberatung lässt sich daran messen, welche der empfohlenen Maßnahmen umgesetzt werden. Dies hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Neben der Auswahl der Maßnahmen nach technischen Gesichtspunkten sind auch soziale 47
Aspekte, wie persönliche Interessen, finanzieller Handlungsspielraum, Werte, Präferenzen, Einstellungen, Ansprüche an den Haushalt etc. zu beachten. Aus dieser Vielzahl an Faktoren ergeben sich unzählige unterschiedliche Beratungssituationen, auf die die Energieberaterin/der Energieberater flexibel reagieren muss, um die empfohlenen Maßnahmen glaubhaft und wirksam an den Kunden „verkaufen“ zu können. Genau hier liegt der Ansatz beziehungsweise die Aufgabenstellung der Entwicklung eines unterstützenden Tools für Energieberatungsgespräche, das von OFI Technologie & Innovation GmbH, einer der größten, privaten Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstellen Österreichs, gemeinsam mit dem Büro für nachhaltige Kompetenz entwickelt wurde. Ziel des durch die FFG geförderten Forschungsprojektes „EnBe2.0“ war die Entwicklung eines anwendungsfreundlichen Tools für Energieberaterinnen und Energieberater, welches die maßgeschneiderte Beratung für PrivatkundInnen erleichtern soll. Das Ergebnis konnte nun zu Projektabschluss präsentiert werden. Sozialwissenschaftliche Aspekte und technisches Grundlagenwissen konnte durch die aktive Mitarbeit von Privatpersonen und EnergieberaterInnen verknüpft und in die Toolbox integriert werden. Im Rahmen der Projekt-Abschlussveranstaltung wurden bereits knapp 30 interessierte Personen im Umgang mit dem Tool geschult. Drei Phasen, fünf Typen Die Toolbox ist eine Exceldatei mit mehreren Tabellenblättern, wodurch ein strukturiertes Vorgehen unterstützt wird. Generell gliedert sich eine Beratung mit der Toolbox in drei Phasen:
Die Dateneingabe.
Die Auswahl der Maßnahmen.
Die Präsentation bzw. Argumentation der Maßnahmen.
Die Toolbox kann und soll die Energieberater nicht ersetzen, sondern sie bei der Beratung unterstützen. Mittels einer Online-Erhebung wurden Daten rund um die Lebensrealitäten (Einstellungen, Werte, Interessenbereiche, Energieverwendung etc.) von Privatpersonen gesammelt. Die generierten Daten wurden verdichtet und es entstanden fünf gut voneineander abgrenzbare Ideatltypen, die nach ihren vorrangigen Interessen benannt sind:
Die ganzheitlich denkenden Umweltbewussten.
Die aufgeschlossenen Wohlfühlorientierten, die im Hier und Jetzt leben.
Die wissensorientierten Pragmatischen.
Die rücksichtvollen Gemeinschaftsorientierten.
Die sachlichen Technikorientierten.
Für jeden der fünf Idealtypen wurde ein passendes Set an Ansprachemöglichkeiten und Argumenten im Zusammenhang mit Energiesparen im Haushalt entwickelt. So sind zum Beispiel für die ganzheitlich denkenden Umweltbewussten Ansprachemöglichkeiten sinnvoll wie,
insgesamt gesehen…
das ist ein langfristiger Beitrag…
weil diese Textbausteine auf wesentliche Kriterien dieser Gruppe abzielen, nämlich Interesse an Zukunftsthemen und Orientierung an ganzheitlichen Konzepten.
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Für die wissensorientierten Pragmatischen dagegen sind in erster Linie Agumente zielführend, die evidenzbasierte Entscheidungen unterstützen, wie beispielsweise
aus Berechnungen weiß man…
es gibt gut fundiertes Wissen zu…
In der Realität wird eine beratene Person selten eindeutig einem Typ zuordenbar sein, sondern sich mit mehreren Idealtypen decken. Die Charakteristika der Idealtypen geben jedenfalls Hinweise darauf, anhand welcher Aspekte Kunden direkt adressiert werden können. 200 Energiesparmaßnahmen Als weiteres Modul wurden gemeinsam mit EnergieberaterInnen verschiedener Organisationen etwa 200 Energiesparmaßnahmen gesammelt und bewertet. Diese Energieeffizienzmaßnahmen sind in der Toolbox als Basis für empfehlenswerte Maßnahmen hinterlegt. Bei der Dateneingabe in die Toolbox werden wesentliche Fakten zu den baulich-räumlichen Voraussetzungen auf Haushaltsebene der beratenen Person abgefragt (Art der Heizung, Jahresverbrauch, beheizte Wohnfläche) und die EnergieberaterInnen stellen zudem Fragen zur Lebensrealität der beratenen Person (Einstellungen, Interessen, Konsumpräferenzen, Werte). Die so gewonnenen Informationen über die KundInnen, den Haushalt und die Lebensrealitäten werden sowohl bei der Maßnahmenauswahl als auch bei der Präsentation der Maßnahmen berücksichtigt. Durch eine sehr spezifische Auswahl der Energieeffizienzmaßnahmen – entsprechend der baulich-räumlichen Voraussetzungen des Haushalts sowie einer kundengerechten Ansprache entlang der fünf Idealtypen kann mit Hilfe der EnBe2.0 Toolbox eine individualisierte und maßgenaue Beratung durchgeführt werden und die Chancen einer tatsächlichen Umsetzung steigen deutlich. Weitere Informationen Das Projekt Energieberatung 2.0 (EnBe2.0) wurde von 2014 bis 2016 vom OFI und dem Büro für nachhaltige Kompetenz B-NK GmbH umgesetzt und von der FFG – Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mit Mitteln des BMVIT unterstützt. Fachlich begleitet wurde die Entwicklung der Toolbox durch EnergieberaterInnen aus Wien, Niederösterreich, Oberösterreich sowie dem Burgenland. Weitere Informationen zum Projekt, sowie die komplette Toolbox im Excel-Format stehen unter www.b-nk.at/energieberatung zur Verfügung.
5.4.
Brotbackofen vom Ländle gilt jetzt als Vorbild
Er ist zweimal durch ganz Österreich gereist – der Brotbackofen, der Mitte Oktober bei einer Fachveranstaltung in Feldkirch vorgestellt wurde. Weil der von Landesinnungsmeister Hubert Ratz mit Unterstützung der Firma Rath gebaute Ofen im Rahmen eines kooperativen Projektes der Versuchs- und Forschungsanstalt der Hafner (VFH) entwickelt und in der VFH auf Herz und Nieren überprüft wurde, präsentierte Thomas Schiffert den Ofen und dessen Messergebnisse. Dabei kam heraus, dass es mit dem Projekt gelungen war, einen emissionsarmen 49
Brotbackofen herzustellen, den es bis dahin so noch nicht gegeben hatte. Das Fachpublikum mit dem Vorarlberger Umwelt-Landesrat Erich Schwärzler und Thomas Ölz von der Landwirtschaftskammer an der Spitze, zeigte sich beeindruckt. Zur Vorgeschichte der Neuentwicklung gehört, dass gewerbliche Brotbacköfen, die nach Vorarlberg importiert werden sollten, den behördlichen Prüfungen wegen viel zu hoher Emissionen nicht standgehalten hatten. Das Institut für Umwelt und Lebensmittelsicherheit in Bregenz wandte sich deshalb an die Landesinnung Vorarlberg mit der Bitte um Rat. Landesinnungsmeister Hubert Ratz nahm Kontakt mit der VFH auf und initiierte eine Neukonstruktion mit der Adaptierung des in der VFH entwickelten UmweltPlus-Brennraums für Kachelöfen, der mit dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet wurde. Den Ofen, der auf der Basis der von den Technikern gelieferten Berechnungen gebaut wurde, schickte er dann auf die Reise nach Wien, um ihn prüfen zu lassen. Die Ergebnisse waren besser als man erwarten konnte. So konnte der wieder ins Ländle zurückgekehrte Brotbackofen dem Umweltinstitut, den Kammervertretern und den zahlreich erschienenen Hafnern als innovative Lösung vorgestellt werden. Schiffert betonte bei seiner Präsentation, dass der emissionsarme Brotbackofen auch ein hervorragendes Beispiel für die Serviceleistungen der in der ACR – Austrian Cooperative Research zusammengeschlossenen außeruniversitären Forschungsinstitute sei. „Da taucht ein aktuelles Problem auf, das von einem Klein- oder Mittelunternehmen nicht gelöst werden kann“ erläuterte Schiffert. „In diesem Fall ist die Landesinnung der Hafner für die betroffenen Bäcker an das ACR-Mitglied Kachelofenverband herangetreten. Dessen Forschungsanstalt konnte das Problem in sehr kurzer Zeit und praxisnah lösen.“ In Vorarlberg kann sich jedenfalls auch die Landesinnung darüber freuen, dass die Hafnerkollegen im Ländle jetzt über das Know-how verfügen, umweltfreundliche Brotbackanlagen errichten zu können.
Abbildung 23: Landesrat Erich Schwärzler, Landesinnungsmeister Hubert Ratz und Thomas Schiffert mit dem emissionsarmen Brotbackofen. Foto: WKO Vorarlberg, Dietmar Mathis
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Literaturnachweis:
[1] Muster-Slawitsch, B., Schmitt, B., Krummenacher, P., Helmke, A., Hess, S., BenHassine, I., Schnitzer, H., Integration Guideline, IEA Task 49/IV, 2015.
[2] Schmitt B., 2014, Integration of solar heating plants for supply of process heat in industrial companies (in German language), Dissertation University of Kassel, Shaker Verlag, Aachen, Germany.
[3] Schmitt, B., Lauterbach, C., Vajen, K.: Leitfaden zur Vorplanung solarer Prozesswärme – Machbarkeitsabschätzung und Vorauslegung solarthermischer Prozesswärmeanlagen, IdE gGmbH, März 2015
[4] Strategic Research Priorities for Solar Thermal Technology, European Solar Thermal Technology Panel (ESTTP) of the European Technology Platform on Renewable Heating and Cooling (RHC-Platform), Brussels 2012, http://www.rhcplatform.org/fileadmin/Publications/Solar_thermal_SRP.pdf
AutorInnen: Walter Becke (AEE INTEC) Rudolf Bintinger (IBO) Georg Engel (AEE INTEC) Bärbel Epp (Solrico) Christoph Göbl (OFI) Roger Hackstock (Speicherinitiative des Klima- und Energiefonds) Josef Hauder (IBS) Wim van Helden (AEE INTEC) Manfred Hübsch (IBS) Daniela Kain (Klima- und Energiefonds) Bente Knoll (OFI) Jürgen Kollmann (HFA) Sarah Meitz (AEE INTEC) Bettina Muster (AEE INTEC) Philip Ohnewein (AEE INTEC) Christian Platzer (AEE INTEC) Thomas Schiffert (KOV) Harald Schrammel (AEE INTEC) Georg Spreitzer (OFI) Monika Steiner (HFA) Andrea Steitz (HFA) Daniel Stratev (HFA) Daniel Tschopp (AEE INTEC) Waldemar Wagner (AEE INTEC) Franz Zach (AEA) Richard Zweiler (GET)
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