ACR INNOVATIONSRADAR 2017
Inhalt 1.
Vorwort .................................................................................................................................................. 3
2.
Lebensmittelqualität & Lebensmittelsicherheit .............................................................................. 4 2.1.
Qualität der Österreichischen Brotgetreideernte 2016 – Auswirkungen auf die Verarbeitungseigenschaft der Mehle ..................................................................................... 4
2.2. 3.
Mehl ist nicht gleich Mehl .......................................................................................................... 8
Gesundheit ......................................................................................................................................... 10 3.1.
PATHWAY-27: "Bewertung der Wirkung bioaktiver Stoffe auf die Gesundheit und das Wohlbefinden.“ .......................................................................................................................... 10
3.2.
Nu-Age: Eine mediterrane Ernährungsweise senkt den Wert des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein .................................................................................................................... 11
4.
5.
Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie und -produktion................................................... 13 4.1.
GREENFOODS ............................................................................................................................. 13
4.2.
Wasser- und Energieeffizienz für eine Mälzerei in Graz Reininghaus ............................... 15
4.3.
Reinraumtechnik in der Lebensmittelkette ........................................................................... 18
Weiterbildung/Wissenstransfer/Kommunikation .......................................................................... 20 5.1.
AIFooST - Qualifizierung für Lebensmittelqualität und –sicherheit .................................... 20
5.2.
Europäisches Projekt EU-MERCI: Neue Website zur Information über Energieeffizienz und Best Practices ..................................................................................................................... 21
6.
5.3.
Food for Growth fördert die Akzeptanz von Innovation im Lebensmittelbereich ........ 22
5.4.
European Food Studies & Training Alliance – FooD-STA .................................................... 23
Laufende/gestartete Projekte ........................................................................................................ 25 6.1.
7.
Kickoff für AgriMax – ein Schlüsselprojekt für die Bioökonomie ........................................ 25
Verpackung ....................................................................................................................................... 26 7.1.
NIAS in Lebensmittel-Kontaktmaterialien .............................................................................. 26
7.2.
Von der Idee zur Innovation .................................................................................................... 27
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1.
Vorwort
Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Lebensmittelwirtschaft stützt sich auf die Innovationskraft der einzelnen Unternehmen im Sektor. KMU sind dabei gefordert, Ihre Marktposition gegenüber der Industrie und dem Einfluss global wirkender Akteure zu behaupten. Den Anstoß für innovative Projekte gewinnen KMU aus den unterschiedlichsten Quellen, wobei der Transfer von Wissen und die Generierung von Know-how auf individuelle Weise gelöst werden. Es existieren verschiedene Ansätze, um Forschungsergebnisse zugänglich zu machen und Entwicklungsprozesse zu begleiten, wobei eine persönliche Betreuung durch ein strukturiertes Innovationscoaching am erfolgreichsten ist. Zu den Themen Lebensmittelqualität und -sicherheit wird kontinuierlich Forschung betrieben und der Transfer der Ergebnisse in die betriebliche Praxis gefördert. Die Arbeiten, die im diesjährigen ACR Innovationsradar dargestellt werden, illustrieren die aktuellen Aktivitäten der Institute und setzen die Erfolgsgeschichte der außeruniversitären Forschung fort. Die Beiträge befassen sich mit aktuellen Fragestellungen aus den Bereichen Ernährung und Gesundheit, Energieeffizienz und Ressourcenschonung, Hygienetechnologie und Rückstandsanalytik, sowie Strategien zur beruflichen Weiterbildung. Die Projektaktivitäten in diesem vielfältigen Umfeld führten zur Entwicklung einer Vielzahl von Lösungsansätzen, die das Portfolio der Institute erweitern und zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Lebensmittelwirtschaft beitragen. Folgende Institute arbeiten im Bereich Lebensmittelqualität & -sicherheit von Austrian Cooperative Research: AEE INTEC - Institut für Nachhaltige Technologien, Gleisdorf (www.aee-intec.at) LVA - Lebensmittelversuchsanstalt, Wien (www.lva-verein.at) OFI, Wien (www.ofi.at) VG - Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung, Wien (www.vfg.or.at)
Informationen über weitere Projekte der ACR Institute des Bereichs Lebensmittelqualität & sicherheit sind direkt bei den einzelnen Institutionen und auf der Website von ACR (www.acr.ac.at) zu finden. Viel Spaß beim Lesen des Innovationsradars 2017 wünscht Ihnen Julian Drausinger, LVA (Leitung Themenschwerpunkt Lebensmittelqualität & -sicherheit) www.lva-verein.at
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2.
Lebensmittelqualität & Lebensmittelsicherheit 2.1.
Qualität der Österreichischen Brotgetreideernte 2016 – Auswirkungen auf die Verarbeitungseigenschaft der Mehle
Die Anbaubedingungen im Herbst 2015 waren für den Weizen überwiegend günstig und die Saaten konnten sich bis Dezember noch ausreichend entwickeln. Insgesamt waren die Wintermonate relativ mild und schneearm. Im Nordöstlichen Flach- und Hügelland sowie im Alpenvorland lagen die Tiefstwerte kurzzeitig bei ‐14 bis ‐18 °C. Im Mühl‐ und Waldviertel sank das Thermometer in der 3. KW auch unter ‐20 °C, dennoch gab es keine relevanten Winterschäden. Im November und Dezember gab es in einigen Gebieten (v.a. Ostösterreich) ein Niederschlagsdefizit von 30 bis 50%. Der Februar war überdurchschnittlich feucht und konnte das Defizit weitgehend ausgleichen. Der März verlief kühl und trocken. Von den Spätfrösten am 28. bis 30. April (mit Werten bis ‐5 °C) wurden die Winterweizen – da noch nicht weit genug entwickelt – praktisch nicht geschädigt. Am 12. Mai begann eine bis jetzt anhaltende wechselhafte Wetterperiode mit teils ausgiebigem Regen. An Krankheiten trat auch heuer wieder Gelbrost (bei manchen Sorten) auf. Im Alpenvorland, Mühl‐ und Waldviertel führte die lange Blattnässe verbreitet zu Septoria tritici‐Blattdürre. Da die Zeit der Weizenblüte nicht trocken verlief, ist im Vergleich zu 2015 mit höheren Werten bei den Fusariumtoxinen zu rechnen. Vereinzelt kommt es auch zu Überschreitungen des DON‐Grenzwertes. Die Weizenbestände waren mitteldicht bis dicht, erwartungsgemäß gab es mehr Lagerfrucht als im Vorjahr. In Ostösterreich gab es überdurchschnittliche Erträge. Obwohl die Weizenbestände gut mit Stickstoff versorgt waren, bedeutet dies dennoch einen erheblichen Anteil an Mahlweizen (< 14 % Protein). Im Alpenvorland beeinträchtigte die anhaltende Nässe die Vitalität des Weizens. Nach Informationen der AMA (Agrarmarkt Austria) ist die heurige Getreideernte mengenmäßig sehr gut ausgefallen. Erwartet werden heuer 3,7 Mio. Tonnen (ohne Mais). Dies liegt deutlich über dem Niveau des Vorjahres. Die zu erwartende Gesamternte (inkl. Mais) liegt mit 5,7 Mio. Tonnen auf einem hohen Niveau. Die genannten Zahlen beziehen sich auf die landwirtschaftliche Produktion und nicht auf die zu erwartende Marktleistung und geben damit auch keine Auskunft über die tatsächliche Marktverfügbarkeit. Sämtliche in der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung eingelangten Proben von Roggen und Weizen der neuen Ernte wurden analysiert. Die Auswertung der Ergebnisse ermöglicht es nunmehr, das Gesamtergebnis darzustellen und zu kommentieren.
Die Situation am Roggensektor Ertrag und Qualität Beim Roggen ist die Anbaufläche mit 37.400 ha um 5 % zurückgegangen. Der Gesamtertrag ist mit 195.000 Tonnen im Vergleich zum Vorjahr um 16 % angestiegen. Der Ertrag pro Hektar ist mit 53 dt (Dezitonnen) deutlich höher als 2015. Die Kornausbildung ist beim Roggen heuer normal bis mäßig. Das Hektolitergewicht ist mit durchschnittlich 72,6 kg deutlich unter dem 4
Vorjahresniveau. In der Häufigkeitsverteilung dominiert dennoch der Anteil mit Hektolitergewicht über 73 kg. Insgesamt kann mit einer normalen Mahlfähigkeit bei etwas geringerer Mehlausbeute gerechnet werden. Das mittlere Verkleisterungsmaximum liegt mit 885 AE (Amylogramm Einheiten) im etwas kräftigen Bereich und ist niedriger als im Vorjahr, wodurch sich ein etwas ausgeglicheneres Verkleisterungsverhalten im Vergleich zum Vorjahr ergibt. Die Verkleisterungstemperatur ist mit durchschnittlich 70 °C gut. Die Fallzahlen liegen mit 230 Sek. im Durchschnitt ebenfalls im kräftig enzymarmen Bereich. In der Häufigkeitsverteilung der Amylogramme dominieren bezüglich des Verkleisterungsmaximums und der Verkleisterungstemperatur die hohen Werte. Dies gilt auch für die Fallzahl. Somit hatten die häufigen und hohen Niederschläge im Erntezeitraum nur geringe Auswirkungen. Regionale Verteilung Im Pannonischen Raum sind die Amylogramme und Fallzahlen im Durchschnitt im sehr kräftigen und enzymarmen Verkleisterungsbereich (1.050 AE 72 °C, 242 Sek.) (Amylogramm Einheiten Grad Celsius, Sekunden). Im Alpenvorland sind die Verkleisterungswerte etwas niedriger (Mittel 740 AE 69 °C, 190 Sek.) aber insgesamt kräftig und somit im enzymarmen Bereich. Schwächere Verkleisterungswerte wurden in den Späterntegebieten, wie z. B. in der Steiermark und Oberösterreich ermittelt. Auswirkungen auf die Verarbeitungsfähigkeit der Roggenmehle Die Roggenernte 2016 ist im Gesamtdurchschnitt bezüglich der Verkleisterung im guten bis kräftigen Bereich, wobei schwache Roggen seltener auftreten. Die Mühlen werden sicherlich versuchen, die Roggenmehle auf ein mittleres Verkleisterungsniveau einzustellen. Dies geschieht in der Regel durch entsprechende Selektions‐, Mischungs‐ und Vermahlungsmaßnahmen. Schwache Roggen stehen als Mischungspartner heuer aber nur in geringem Ausmaß zur Verfügung. Bei stärkeren Mehlen wird sich ein Zusatz von Malzmehl (bei Roggen‐Produkten Roggenmalzmehle verwenden) bzw. Amylasepräparaten vorteilhaft auswirken. Es ist dabei auch zu empfehlen, neben dem Verkleisterungsmaximum im Amylogramm auch die Verkleisterungstemperatur sowie die Charakteristik der Kurve bei der Beurteilung mit zu berücksichtigen. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Roggenmehle der Type R 960 im Durchschnitt im guten bis leicht kräftigen Verkleisterungsbereich liegen werden. Dies bedeutet für den Bäcker:
Gute Teigausbeuten (weichere Teige, da Tendenz zum Trockenbacken)
Normale Teigführungen
Versäuerung auf die Mehlqualität und Enzymaktivität abstimmen
Wichtig ist natürlich, dass der Bäcker über die Qualität des Mehles informiert ist, damit er entsprechende Schritte zur optimalen Verarbeitung setzen kann.
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Die Situation am Weizensektor Ertrag und Qualität Die Weizenanbaufläche ist mit 274.700 ha leicht angestiegen. Die Gesamternte ist mit 1,956 Mio. Tonnen um ca. 19 % höher als im Vorjahr. Der mittlere Hektarertrag hat mit 67 dt um knapp 14 % gegenüber dem Vorjahr zugenommen (von 2014 auf 2015 waren es + 9,3 %). Der Gesamtertrag von Hartweizen (Durumweizen) ist nach ersten Schätzungen mit 120.000 t ebenfalls höher als 2015 (87.000 t), was vor allem auf eine Zunahme der Anbaufläche und des Hektarertrages zurückzuführen ist. Die äußere Beschaffenheit bzw. die Kornausbildung ist beim Weichweizen im Mittel bis mäßig. Das durchschnittliche Hektolitergewicht ist mit 79,6 kg deutlich niedriger als im Vorjahr. Es kann mit einer normalen Mahlfähigkeit gerechnet werden, wobei sich die Mehlausbeute etwas verringern wird. 59 % der untersuchten Proben liegen über 80 kg (2015 waren 88 % >80). Das niedrige Hektolitergewicht ist z.T. auch von Ährenfusarien und vom häufigen Quellen und Trocknen bedingt. Der Mittelwert bei DON (Deoxynivalenol) liegt bei Weichweizen bei 650μg/kg. Der Proteingehalt ist im Gesamtdurchschnitt mit 13,6 % etwas niedriger als im Vorjahr. Der Sedimentationswert ist im Durchschnitt mit 62 vergleichbar mit 2015. Die Fallzahl ist bei einem Mittel von 342 Sek. etwas unter 2015. Der Klebergehalt ist mit durchschnittlich 30,0 % niedriger als 2015. Die spezifische Kleberqualität, wie sie in der Quellzahl Q0 (Strukturquellzahl) zum Ausdruck kommt, ist im Mittel sehr gut und etwas besser als im Vorjahr. Aufgrund der durchgeführten Backversuche ist das mittlere Backvolumen mit 685 ml pro 100 g Mehl gut. Die etwas geringere Klebermenge wird z.T. durch die hohe spezifische Kleberqualität kompensiert. Es ist ersichtlich, dass beim Proteingehalt die mittleren und guten Werte dominieren. Bei der Fallzahl liegen 97 % über 280 Sek., Werte unter 250 Sek. sind in der Minderheit. Beim Sedimentationswert liegen 82 % über 50 ml und nur 6 % unter 35 ml. Beim Klebergehalt liegen 62 % zwischen 28 % und 33,9 %, der Rest verteilt sich auf den niedrigen bzw. höheren Bereich. Im Pannonischen Raum (östl. Niederösterreich, Burgenland) ist der mittlere Proteingehalt mit 13,7 % normal jedoch niedriger als 2015 (14,1 %). Der Sedimentationswert liegt mit 65 ml im hohen Bereich. Die Fallzahl liegt bei einem Mittelwert von 352 Sek. im hohen Bereich. Die Klebermenge ist mit 30,9 % gut aber um gut 1 % niedriger als in 2015. Im Alpenvorland (westliches Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark) ist das Qualitätsniveau etwas niedriger und insgesamt gut; fallweise kommen hier auch sehr schwache Partien vor. Das traditionelle Ost‐Westgefälle ist heuer nur mäßig ausgeprägt. Die Wasseraufnahmen in Farinogramm und Extensogramm sind gut. Im Farinogramm sind Teigentwicklung und Stabilität gut, was auf ein gutes Knetverhalten hinweist. Bei den Extensogrammen sind die Werte für Energie, Dehnbarkeit und Dehnwiderstand sowohl im unbehandelten Zustand, als auch mit einem Zusatz von 1g Ascorbinsäure pro 100 kg Mehl im Gesamtdurchschnitt normal. Die Ascorbinsäure reagiert gut und kontrollierbar. In den
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Alveogrammen zeigen sich die W‐ und P/L‐Werte (Gesamtenergie und Verhältnis-Werte) im Gesamtdurchschnitt gut. Es ist daraus ersichtlich, dass in diesem Raum die qualitätsbezogenen Parameter nur wenig unter den Ergebnissen des Pannonischen Gebietes liegen. Hier treten je nach Einzelgebiet größere Schwankungen auf. Das Hektolitergewicht ist im Mittel deutlich niedriger als im Jahr 2015. Der Anteil der Körner, die ihr glasiges Aussehen verloren haben (hier als „nicht glasig“ bezeichnet), ist höher als 2015. Die Protein‐ und Kleberwerte liegen etwas unter dem Vorjahr. Die Verkleisterungswerte sind gut. Aufgrund der feuchten Bedingungen vor allem auch zur Zeit der Blüte, ist es zu höheren Infektionen durch Ährenfusarien gekommen. Der Durchschnittswert bei Durum liegt bei 1090μg/kg und ist somit deutlich höher als im Vorjahr (390 μg/kg). Auswirkungen auf die Verarbeitungsfähigkeit der Weizenmehle Die Analysen haben gezeigt, dass das Kleber‐ und Proteinniveau heuer im Durchschnitt etwas niedriger ist. Die Protein‐ und Kleberqualität ist allgemein sehr gut, teilweise kommen auch weiche Kleber, aber auch festere bzw. straffere Kleber vor. Die Fallzahlen sind im Durchschnitt im hohen Bereich. Die Mehle sollten daher in nächster Zeit über normale bis etwas niedrigere Protein‐ und Kleberwerte verfügen und gute Fallzahlen aufweisen. Eine Behandlung mit teigreifenden Mitteln ist grundsätzlich wichtig. Unbehandelte Mehle zeigen langsamere Teigreifung, flache Gebäckform und vor allem mangelhaften, verklebten Ausbund. Die Mehle werden daher in Österreich im Allgemeinen in der Mühle mit Ascorbinsäure behandelt, damit ein ausgeglichener rheologischer Zustand vorliegt. Die Höhe der Behandlung ist auf die Grundqualität des verwendeten Weizens abzustimmen. Je nach Mechanisierung und Art der Teigführung kann der gewünschte rheologische Zustand in den einzelnen Backbetrieben unterschiedlich sein. Dieser Umstand ist daher auch beim Einsatz von teigreifenden Backmitteln zu berücksichtigen. Zur Regulierung der Triebeigenschaften werden auch im heurigen Erntejahr Malzmehle und Amylasepräparate eingesetzt. Bezüglich der Verarbeitung ist zu empfehlen:
Normale bis gute Teigausbeuten
Mittlere Knetzeiten
normale Teigtemperaturen
bei optimaler Gare schieben
Auch bei den Weizenmehlen ist es wichtig, dass der Bäcker über die Mehlqualität Bescheid weiß, damit er seine Verarbeitung optimieren kann.
Zusammenfassung Die Amylogramme und Fallzahlen liegen beim Roggen im Gesamtdurchschnitt im guten bis kräftigen Verkleisterungsbereich, schwache Roggen kommen fallweise in den Späterntegebieten vor. Beim Weizen sind die Protein‐ und Kleberwerte, normal bis gut, jedoch etwas niedriger als im Vorjahr. Die Verkleisterungseigenschaften liegen im hohen enzymarmen Bereich. Infolge der 7
doch stärkeren Streuungen der Einzelwerte sind Informationen über Getreide‐ und Mehlqualität sowie analytische Kontrollen zur Qualitätssicherung von großer Bedeutung. Bei einer Optimierung von Vermahlung und Mehlverarbeitung ist auch aus der Getreideernte 2016 eine einwandfreie Brot‐ und Gebäckqualität zu erwarten.
2.2.
Mehl ist nicht gleich Mehl
Um die Mehlqualität zu definieren, muss zuerst klar definiert sein, wofür dieses verwendet und mit welcher Verfahrenstechnik gearbeitet wird. In diesem Zusammenhang gibt es Aussagen wie: Es gibt kein gutes und kein schlechtes Mehl, sondern nur die richtige oder falsche Art der Verwendung. Ein klassisches Bäckermehl der Type W700 mit hervorragenden Qualitätsparametern wie z. B. sehr guten Kneteigenschaften von 5 min FE (Farinogrammeinheiten), einer Wasseraufnahme von 61 % und mit hoher Knettoleranz sowie ausgezeichneten Eigenschaften hinsichtlich der Energie im Extensogramm bei ausgeglichener Teigstruktur mit einer sehr guten Dehnbarkeit von 185 mm und hohem Verkleisterungsverhalten mit einem Verkleisterungsmaximum von rund 650 AE (Amylogrammeinheiten) bei 84 °C Verkleisterungstemperatur kann für eine Kaisersemmel in Verbindung mit einem angepassten Backmittel ideal sein. Für die Produktion eines klassischen Baguettes mit sehr lebhafter Krumenstruktur wird ein zuvor angeführtes sehr kleberstarkes Mehl nicht ideal sein. Ein Baguette benötigt andere Anforderungen. Hohe Werte in allen Bereichen sind nicht immer das, was wirklich gebraucht wird. So kann für ein tolles Baguette, natürlich mit Poolish, ein Mehl der Type 700 mit 2,5 FE Teigentwicklung und mäßiger Knettoleranz sowie verhältnismäßig geringer Energie von rund 60 cm² bei sehr guter Dehnbarkeit von rund 190 mm und einer weichen jedoch nicht nachlassenden Teigstruktur sehr gut sein. Nicht zu vergessen ist jedoch das Verkleisterungsverhalten, das um die 400 Vmax. (maximale Viskosität) bei rund 78 °C Verkleisterungstemperatur die Voraussetzungen für einen lebenden Teig schafft. Bei der Fülle an teigrheologischer Parameter ist jedoch die dazugehörige Grafik von größter Bedeutung! Und auch hier gilt das Sprichwort „ein Bild sagt mehr als 1.000 Einzelwerte". Das Verhalten in der Grafik der Untersuchung, ob Farinogramm, Extensogramm oder Amylogramm, gibt uns viele zusätzliche Informationen, wie sich der Teig in der praktischen Anwendung entwickeln oder verhalten wird. Hier sind Eigenschaften über den gesamten Grafikverlauf entscheidend, um Aussagen über die Eignung mit der angewandten Verfahrenstechnik zu erhalten. Eine Spezifikation sollte daher immer in Verbindung mit der rheologischen Grafik stehen! Wenn die Spezifikation im Extensogramm mindestens 100 cm² Energie ausweist und am Untersuchungsbericht nur 95' steht, kann es sich dennoch um ein Top-Produkt, genau für die gewünschte Anwendung, handeln. Hier ist das Verhalten der Kurven zu betrachten. Verhalten sich die Kurven gleichmäßig konstant oder haben sie nachlassende Tendenz oder ist da eine Entwicklung in den Kurven ersichtlich, die auf einen lebenden Teig schließen lässt. Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Art der Verfahrenstechnik. Grundsätzlich sollten Mehle für Langzeitführungen und in Verbindung mit
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Gärverzögerung unbehandelt sein: das heißt ohne Ascorbinsäurebehandlung und ohne enzymaktive Malzprodukte! Für ein Blätterteigmehl sind wiederum andere Anforderungen die Grundlage für gutes Gelingen. Bei einem Aschetyp von W 480 sollte sich der Klebergehalt schon bei rund 31 % Feuchtkleber einstellen. Bei der Wasseraufnahme im Farinogramm sind 59 % Wasseraufnahme bei guter Teigentwicklung und Stabilität gefragt. Aber auch die Energie im Extensogramm sollte mit rund 120 cm² bei einer ausgeglichenen Teigstruktur von 2,3 DW/DB (Dehnwiderstand/Dehnbarkeit) und guten Verkleisterungsverhalten von 650 Vmax. bei einer max. Verkleisterungstemperatur von 84 °C liegen. Wichtig ist natürlich auch die Berücksichtigung des jeweiligen Erntejahres. So treten aufgrund unterschiedlicher Anbaubedingungen sowie klimatischer Verhältnisse im jeweiligen Erntejahr unterschiedliche Grundqualitäten auf. Im einen Jahr ist z. B. mit kurzen Klebereigenschaften zu rechnen und im anderen Jahr mit sehr weichen Klebereigenschaften bis hin zu nachlassendem und sogar wanzenstichigem Material. Im Ausblick auf die Ernte 2016 ist mit sehr heterogenen Weizengrundqualitäten zu rechnen. Es gibt alle möglichen verschiedenen Ausprägungen der Qualitäten, was grundsätzlich sehr gut ist, da entsprechende Mischungspartner zur Erstellung von angepassten Mehlen vorhanden sind. Positiv zu erwähnen ist, dass die spezifische Kleberqualität, die mit der KleberStrukturquellzahl zum Ausdruck kommt, im Erntejahr 2016 auf einem guten und hohen Niveau liegt. Auch die Dehnbarkeiten im Extensogramm sind bei ausgeglichener Teigstruktur sehr gut. Der einzige Wermutstropfen in der heurigen Ernte ist, dass Premiumsegmente in der Minderheit sind. Dies betrifft vor allem Mehle mit sehr hohen Klebermengen, wie sie in der Tiefkühlteiglings-Branche verwendet werden. Es gibt natürlich die Möglichkeit, die Produkte mit Vitalkleber ,aufzubessern', wobei in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist, dass es sich nicht um die gleiche Kleberqualität handelt, als wenn der Kleber direkt im Grundmahlprodukt enthalten ist. Dies liegt natürlich in der Natur der Sache, da ja die Gewinnung von Vitalkleber für den Kleber an sich eine große Beanspruchung mit sich bringt. Zusammenfassend im Hinblick auf die optimale Mehlqualität ist zu erwähnen, dass der Bäcker für seine Bedürfnisse, für seine Verfahrenstechnik, Parameter und Entwicklungspotenziale aus den Analysengrafiken entnimmt und somit für seine jeweiligen Produkte Mehle spezifiziert. Die Mühle wird aufgrund der Parameter angepasster Mehle über einen möglichst langen Zeitraum gleichbleibende Qualitäten liefern. Hier spielt natürlich eine perfekte Qualitätssicherung, bei diesem sehr sensiblen lebenden Produkt Mehl, eine zentrale Rolle! Die Kontinuität der Mehlqualität ist hierbei unumgänglich, damit der Bäcker seine Produktionsabläufe möglichst konstant halten kann und keine bösen Überraschungen erfährt. Die Kunst der Mühle ist es, aus verschiedenen Getreidequalitäten mit dem Einfluss des jeweiligen Erntejahres, gleichmäßige der Bäckerspezifikation angepasste Mehle zu liefern und bei nicht mehr beeinflussbaren Veränderungen z. B. durch Ernteextreme, den Bäcker umgehend zu informieren und gemeinsam das Gespräch zu suchen, um weiter erfolgreich zu sein.
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3.
Gesundheit 3.1.
PATHWAY-27: "Bewertung der Wirkung bioaktiver Stoffe auf die Gesundheit und das Wohlbefinden.“
„Du bist, was Du isst“ ist ein bekanntes Sprichwort und spiegelt das Wissen um die positive Wirkung einer ausgewogenen Ernährung wider. In Europa nimmt trotz der Verfügbarkeit von hochqualitativen Lebensmitteln die Anzahl an Erkrankungen mit dem Metabolischen Syndrom zu, wobei Blutfettgehalt, Blutdruck und Blutzucker kritische Werte sind, die mit Herzinfarkt, Arteriosklerose und Typ-2-Diabetes in Zusammenhang stehen. Um diese Entwicklungen einzudämmen, wurde die Forschung über gesundheitsrelevante Aspekte von Nährstoffen in den letzten Jahren intensiviert und eine Reihe von bioaktiven Verbindungen identifiziert. Das Projekt PATHWAY-27 hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wirkungsweise verschiedener bioaktiver Stoffe für die menschliche Gesundheit zu erforschen und aufzuklären. Der Zugang ist praxisnah und beinhaltet Produktentwicklungen für drei Pilotversuche und eine Interventionsstudie. Damit will das Forscherteam von PATHWAY-27 über die bisher verfügbaren Laborergebnisse hinausgehen und vor allem alltägliche Ernährungsgewohnheiten in die Studien mit einbeziehen. Bioaktive Stoffe können nicht isoliert betrachtet werden, sondern immer im Zusammenhang mit der sie umgebenden Matrix. Diese hat Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der bioaktiven Verbindung und auch auf die Attraktivität für den Konsumenten. Im Zentrum der Forschungstätigkeiten von PATHWAY-27 werden drei bioaktive Stoffe stehen, die in drei häufig konsumierten Lebensmittelmatrices verarbeitet werden. Docosahexaensäure (DHA), βGlukan (BG) und Anthocyanine (AC) werden hinsichtlich ihrer Effekte in Milchprodukten, Gebäck und Eiprodukten untersucht, sowie bezüglich möglicher Synergie-Effekte untereinander. Technologische Eingriffe während der Produktion und deren Einfluss auf die bioaktiven Substanzen werden ebenso evaluiert. Um diesen komplexen Themenkatalog zu bearbeiten, wurde für PATHWAY-27 ein paneuropäisches Konsortium aus 27 Partnern zusammen gestellt, das sich aus sozial- und ernährungswissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zusammen setzt, außerdem beteiligen sich Institute für Lebensmitteltechnologie, sowie Produzenten und Zulieferer für die Entwicklung von Testprodukten. PATHWAY-27 will die Wirkungsweise angereicherter Lebensmittel untersuchen und deren Einfluss auf physiologisch relevante Marker für das Metabolische Syndrom bewerten. In parallelen In-vitro/In-vivo Studien wird unter Anwendung komplexer Omics-Techniken eine Auswahl von Biomarkern getroffen, die robuste Daten für die Aufklärung der Stoffwechselmechanismen der drei bioaktiven Stoffe und der angereicherten Lebensmittel liefern. Das PATHWAY-27 Konsortium bereitet aktuell die Interventionsstudie vor und kann bereits auf Resultate der bisherigen Forschung verweisen. Dazu gehören Ablaufprotokolle, die Rezepturen der Pilotprodukte, sowie Empfehlungen und Richtlinien für Interventionsstudien.
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Im Entstehen sind derzeit Leitfäden für KMUs für die Produktion gesundheitsfördernder, angereicherter Lebensmittel und Richtlinien für die Erstellung von Health-Claim-Dossiers, wie sie bei der Beantragung gesundheitsbezogener Angaben bei der EFSA vorzulegen sind. Die Forschungsergebnisse aus dem Projekt PATHWAY-27 werden ein besseres Verständnis für den Stoffwechsel von bioaktiven Stoffen ermöglichen. Die Produktentwicklungen zeigen erste Möglichkeiten der Umsetzung dieser Erkenntnisse in verschiedenen Lebensmitteln. Mit der Ausarbeitung von Richtlinien und Leitfäden soll vor allem KMUs der Zugang zu den Forschungsergebnissen erleichtert werden. PATHWAY-27 widmet sich auch der Förderung von Nachwuchsforschern innerhalb des Projektes mit einem Austauschprogramm, das die beteiligten Institute betreiben. Die Weitergabe und Verbreitung des generierten Wissens ist integraler Bestandteil und spiegelt sich in Publikationen und Konferenzteilnahmen (FENS, Foodomics) wider. The research leading to the project results has received funding from the European Communities SEVENTH FRAMEWORK PROGRAMME (FP7/2007-2013) under grant agreement no. 311876.
3.2.
Nu-Age: Eine mediterrane Ernährungsweise senkt den Wert des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein
Die mediterrane Ernährungsweise verringert den Gehalt von C-reaktivem Protein, einem Entzündungsmarker, der mit Alterungsprozessen in Zusammenhang steht. Dies ist ein Ergebnis des EU-geförderten Projektes NU-AGE. Bei einer kürzlich in Brüssel abgehaltenen Konferenz präsentierten die Forscher Ergebnisse, wonach die NU-AGE-Ernährung, die in dem Projekt getestet wurde, die Werte für das Protein deutlich verringert, das eines der wichtigsten Entzündungsmarker in Zusammenhang mit dem Alterungsprozess darstellt. Ein weiterer positiver Effekt der Ernährungsweise, war der verringerte Knochensubstanzverlust bei Menschen mit Osteoporose. Andere Parameter wie InsulinEmpfindlichkeit, Herz- und Gefäßgesundheit, Gesundheit des Verdauungstraktes und die allgemeine Lebensqualität müssen noch analysiert werden. “Dies ist das erste Projekt, das sich in dieser Detailtiefe mit den Auswirkungen der mediterranen Ernährungsweise auf die Gesundheit älterer Menschen befasst. Wir bedienen uns aussagekräftigster und höchst entwickelter Techniken wie Metabolomik, Transkriptomik, Genomik und der Analyse der Darmflora, um heraus zu finden, welchen Effekt die mediterrane Ernährung auf die Bevölkerung 65 plus hat“, sagt Prof. Claudio Franceschi, Projektkoordinator von der Universität Bologna in Italien. Ein neuer, auf persönliche Bedürfnisse zugeschnittener Ernährungsplan nach Mediterraner Art wurde an Freiwilligen getestet, um zu beurteilen, ob er den Alterungsprozess verlangsamen kann. Das Projekt fand in fünf Europäischen Ländern (Frankreich, Italien, die Niederlande, Polen und Großbritannien) mit 1.296 Teilnehmern statt. Es wurden Verschiedenheiten in Abhängigkeit von Geschlecht und Herkunftsland festgestellt. Die Probanden aus den fünf Ländern zeigten individuelle Unterschiede hinsichtlich Genetik, Körperbau und Studientreue, reagierten verschieden auf die Ernährungsweise, und hatten unterschiedliche Blutwerte, 11
wurden positiv oder negativ auf Cytomegalovirus getestet und hatten unterschiedliche Entzündungswerte. Die NU-AGE-Forscher untersuchten auch sozio-ökonomische Faktoren für die Lebensmittelauswahl, die Gesundheitsinformation und die wichtigsten Hürden, die einer Verbesserung der Ernährungsqualität entgegenstehen. Bezüglich der Biomarker wurden länderspezifische Unterschiede festgestellt, z.B. was das allgemeine Wissen über Ernährung betrifft. In Frankreich und Großbritannien waren mehr als 70 % der Teilnehmer davon überzeugt, viel über Ernährung zu wissen, während in Polen das nur 31 % von sich glaubten. Länderunterschiede zeigten sich auch bei der Kaufentscheidung älterer Menschen (Informationen, die für Polen wichtig sind, können in Italien unwichtig sein). Zusätzlich werden Nährstoff-Angaben in verschiedenen Ländern unterschiedlich verstanden und ihnen wird nicht im gleichen Ausmaß vertraut. Probanden aus den Niederlanden und Großbritannien verstanden die Nährwertkennzeichnung besser als die Teilnehmer aus Frankreich, gefolgt von Polen und Italien. Bei der Frage nach dem Vertrauen gaben mehr als 40 % der italienischen Teilnehmer an, dass sie Nährwertangaben für vertrauenswürdig halten, während das nur 20 % der britischen Teilnehmer annahmen. Überraschend für die Experten war das Ergebnis, dass bezüglich des Wissens über Ernährung keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern festgestellt werden konnte. “Die NU-AGE Konferenz war ein großer Erfolg und ermöglichte uns, neueste Projektergebnisse mitzuteilen und über weitere Schritte in unserer zukünftigen Arbeit zu entscheiden”, resümierte Franceschi. Projektinformationen online auf www.nu-age.eu Das Webinar der Endkonferenz kann online aufgerufen werden. NU-AGE, war ein fünfjähriges Forschungsprojekt unter Beteiligung von akademischen Forschungsinstituten in Europa, sowie industriellen und kleingewerblichen Partnern, das darauf abzielte, die Ernährungsbedürfnisse für eine verbesserte Lebensqualität von Menschen über 65 in der EU zu untersuchen.
The research leading to the project results has received funding from the European Communities SEVENTH FRAMEWORK PROGRAMME (FP7/2007-2013) under grant agreement no. 266486.
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4.
Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie und -produktion 4.1.
GREENFOODS
Um zu verstehen, was KMU von der Investition in Energieeffizienz und Erneuerbare Energien abhält, analysierte GREENFOODS mehr als 78 verschiedene Finanzierungs- und Fördermechanismen in der EU. Die Bestandsaufnahme zeigt, dass Instrumente vorhanden sind, diese aber nicht in vollem Umfang angenommen werden. Deshalb war es wichtig herauszufinden, was die Betriebe brauchen, um darauf aufbauend maßgeschneiderte Mechanismen zu entwickeln.
Ausgangspunkt Die europäische Nahrungsmittelindustrie hat großes Potential hinsichtlich der Steigerung der Energieeffizienz und des Einsatzes erneuerbarer Energien. Durch die Reduktion der Produktionskosten und der CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen kann die globale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, insbesondere von KMUs, gefördert und gesichert werden. Das IEE (Intelligent Energy Europe)-Projekt GREENFOODS hat das in seinen Studien bis hin zu begleiteten Umsetzungen auch unter strengen wirtschaftlichen Bewertungen deutlich gezeigt. Trotzdem scheitern viele Implementierungen an der Finanzierung der Projekte. Für KMUs stellen Investitionen in diesem Bereich Herausforderungen außerhalb des Produktionsalltags dar, die wegen zu hoher innerbetrieblicher (wirtschaftlicher) Kriterien keine Priorität genießen. Genau hier setzen verfügbare Förder- und Finanzierungsmechanismen unterstützend an. Eine detaillierte Erhebung in GREENFOODS ergab, dass es allein in Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen, Großbritannien und Österreich knapp 80 solcher, für KMU der Nahrungsmittelund Getränkeindustrie relevante, Mechanismen gibt. Exemplarisch sind Programme in Österreich in der Checkbox angeführt. Die unterschiedlichsten Zielsetzungen, ihre Zielgruppen, Zugänglichkeiten etc. sollten also eigentlich vollkommen ausreichend sein, und trotzdem werden sie nicht in dem zu erwartenden Maße angenommen.
Anforderungen In einem ersten Schritt wurden die Vor- und Nachteile von bestehenden Programmen unter dem Blickwinkel der kleinen und mittleren Betriebe analysiert, unterstützt durch eine Umfrage unter Unternehmen und Experten. Diese sollten zum einen das gesamte bestehende Spektrum an Förder- und Finanzinstrumenten (Förderungen, (geförderte) Kredite, steuerliche Anreize, Contracting, Drittmittelfinanzierung und innovative Finanzierungsprodukte) beurteilen. Zum anderen war es wichtig herauszufinden, welche Bedürfnisse und Anforderungen die Betriebe an die Instrumente haben. KMU strichen dabei jene Elemente heraus, die von ihrer Perspektive aus am wünschenswertesten wären und halfen damit, ein abgerundetes Bild hinsichtlich der Eignung und Zugänglichkeit von einzelnen Unterstützungsmechanismen zu schaffen. Aus Sicht der Betriebe müssen Förderungen und Finanzierungsmöglichkeiten folgende Punkte erfüllen:
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Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
Know-How Transfer zu KMU in Ergänzung zur Finanzierung der Maßnahmen
Optimierte und einfache Umsetzung der Unterstützungsinstrumente
Verbesserungen Vergleicht man diese Anforderungen mit dem Angebot an Förder- und Finanzinstrumenten, so gibt es hier offensichtlich Verbesserungspotential. Ein absolutes Muss ist eine fundierte technische Beratung. KMU mangelt es an Ressourcen (zeitlich, technisch), um Energieeffizienzmaßnahmen identifizieren und bewerten zu können. Diese Beratung sollte im Idealfall den gesamten Prozess bis hin zur Umsetzung begleiten. Als sinnvoll wird auch eine Unterscheidung zwischen kleinen und großen Projekten erachtet. Kleine und rasch umzusetzende Maßnahmen sollten auch mit geringem organisatorischem Aufwand möglich sein und beispielsweise durch eine Liste an empfohlenen Maßnahmen, Materialien oder Geräte zuordenbar sein. In großen Projekten (sowohl Umsetzungen von Stand der Technik als auch innovative Technologien) soll die Abwicklung des Antrags möglichst standardisiert und nachvollziehbar sein.
Empfehlungen Basierend auf diesen Ergebnissen wurden in GREENFOODS Merkmale der bestehenden Instrumente mit den Bedürfnissen der Industrie (Zielgruppe KMU) verglichen und Empfehlungen zur Verbesserung der Förder- und Finanzinstrumente entwickelt. Investitionsförderungen wurden generell als geeignetstes Mittel zur Unterstützung von KMU bei der Umsetzung von Maßnahmen (Energieeffizienz und erneuerbare Energien) identifiziert. Die technische Beratung und Begleitung (z.B. Energieaudit) ist dabei von entscheidender Bedeutung. Kleine, rasch umzusetzende Projekte brauchen kurzfristige Förderungen. Bei größeren Projekten (Fokus Stand-der-Technik- und innovative Technologie) ist ein schlanker Beantragungsprozess mit geringem bürokratischem Aufwand und kontinuierlicher Begleitung wichtig. Alle Berichte mit detaillierten Empfehlungen sowie Beispiele für Instrumente, die erfolgreich spezifische Lösungen umsetzten, sind vollständig online verfügbar: http://www.greenfoods.eu/funding-and-financing-schemes Checkbox: In Österreich verfügbare Programme für KMU der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie (Auswahl) Programm Ökostromgesetz KMU-Scheck Regionale Programme Energie Contracting Energie Contracting OÖ Bankdarlehen UFI Energy Supply UFI Energy Saving Solar Thermal Large Plants ErP Loan, Guarantee
Instrument Einspeisevergütung Zuschuss Zuschuss Finanzierungsmodell Zuschuss Kredit Zinsgünstiger Kredit Zuschuss (Förderung) Zuschuss (Förderung) Zuschuss (Förderung) Zinsgünstiger Kredit
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4.2.
Wasser- und Energieeffizienz für eine Mälzerei in Graz Reininghaus
Die Reininghaus-Gründe sind ein vielbeachtetes und diskutiertes Stadtentwicklungsgebiet in Graz mit langer Geschichte. Die namensgebende Brauerei existiert in dieser Form nicht mehr – das Reininghaus-Bier wird nun in Puntigam gebraut – jedoch wird nach wie vor ein wesentlicher Prozess(vor)schritt des Brauens in Reininghaus durchgeführt: Das Mälzen. Im Smart City Sondierungs-Projekt „Arbeiten und Wohnen in Reininghaus“ wurde das energetische Synergie-Potenzial zwischen traditionell ansässiger Industrie und dem zukünftigen modernen Wohngebiet untersucht. Ein besonders interessanter Aspekt ist der mögliche Einsatz eines Biogasreaktors und die Auskopplung von Abwärme zur Beheizung des Wohngebietes.
Status Quo
Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung des Mälzereiprozesses der STAMAG Stadlauer Malzfabrik GesmbH mit geplanter Integration eines UASB (Upstream Anaerobic Sludge Blanket) - Reaktors
In einer Mälzerei wird aus Braugerste Malz hergestellt. Dabei sollen im Gerstenkorn Enzyme gebildet und bestimmte stoffliche Umwandlungen vorgenommen werden. Im Wesentlichen besteht der Mälzerei-Prozess aus drei Schritten: 1. Weichen: Die angelieferte, sortierte und vorgereinigte Gerste wird mit Wasser kontinuierlich über mehrere Stunden eingeweicht auf ca. 41 % Wassergehalt. 2. Keimen: Über mehrere Tage wird die eingeweichte Gerste in Keimkästen gehalten wo die wesentlichen enzymatische Prozesse vonstattengehen. 3. Darren: Um das Endprodukt lager- und transportfähig zu machen wird das Grünmalz mit heißer Luft getrocknet. Je nach gewünschter Malzart werden verschiedene Trocknungstemperaturen und -zeiten gefahren. 15
Das Darren ist sehr energieintensiv. Die Energiekosten nehmen für einen Lebensmittelbetrieb einen hohen Anteil der Gesamtkosten ein. Deshalb sind Maßnahmen zur Energieeffizienz eine wesentliche Möglichkeit zur Kosteneinsparung.
Energetische Kennwerte Die Mälzerei der STAMAG in Graz-Reininghaus hat vier Produktionslinien. Alle vier Darr-Prozesse werden über Gasbrenner mit Wärme versorgt, wobei zwei Produktionslinien zusätzlich über eine Gas-Kraftwärmekoppelung verfügen, die 76 % des internen Strombedarfs (vor allem Kühlung von Produktsilos) deckt. Das interne KWK-Potenzial ist dadurch schon weitestgehend ausgeschöpft, da bereits jetzt ca. 2 % des produzierten KWK-Stroms ans Netz geliefert wird. Insgesamt ist der Wärmebedarf größer als der Strombedarf (Verhältnis 5,6 zu 1). Der Wärmebedarf ist im Winter aufgrund der kälteren Zuluft für das Darren höher als im Sommer (Verhältnis Wärmebedarf Jänner zu Wärmebedarf Juni ist 1,22 zu 1). Der Strombedarf dagegen ist aufgrund des erhöhten Kühlbedarfs im Sommer höher (Verhältnis Strombedarf Juli zu Strombedarf Februar ist 1,63 zu 1). Bereits durchgeführten Effizienz- und Wärmerückgewinnungsmaßnahmen der STAMAGMälzerei in Graz-Reininghaus sind zum Beispiel Umluftbetrieb bei trockener Abluft, Glasröhrenwärmetauscher und Abgas-Wärmetauscher.
Abwasseranfall Das anfallende Abwasser stammt vor allem aus dem Einweich-Prozess. Durch die kontinuierliche Betriebsweise – die vier Produktionslinien laufen zeitversetzt und unterliegen keinen saisonalen Schwankungen – fällt das Abwasser kontinuierlich an. Die Abbildung zeigt die Abwasser-Parameter der Mälzerei von 5-tägigen Messreihen aus den Jahren 2014 und 2015. Die Abwassermenge ist jeden Tag nahezu konstant und weist auch keine großen Unterschiede zwischen den beiden Jahren auf. Im Gegensatz dazu schwankt der gemessene CSB-Gehalt an den unterschiedlichen Tagen und auch im Jahresvergleich liegt eine große Differenz vor.
Abbildung 2: Abwasser-Parameter für 2 Messreihen (jeweils 5 Tage) für 2014 und 2015 (CSB … Chemischer Sauerstoffbedarf)
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Derzeit wird das Abwasser nach einer groben Reinigung direkt in den öffentlichen Kanal eingeleitet und in der Kläranlage Gössendorf mittels Belebtschlammverfahren gereinigt. Dabei wird Kohlenstoff durch den Stoffwechsel von Mikroorganismen sowohl durch Energiestoffwechsel als auch Baustoffwechsel abgebaut. Der Kohlenstoff geht dabei als Energieträger verloren. Die Bereitstellung des Sauerstoffes für die Mikroorganismen zur Oxidation des Kohlenstoffes ist sehr energieintensiv. Rund 70 Prozent des Gesamtstrombedarfs der Kläranlage beansprucht allein die Belüftung der Klärbecken. Der durch das Wachstum der Mikroorganismen überschüssige Teil, der Überschussschlamm, wird als Frischschlamm der Schlammbehandlung zugeführt und in Faulbehältern gelagert. Zu einem Teil wird Biogas erzeugt, allerdings wird in diesem Verfahren nur ein geringer Teil des gesamten Kohlenstoffs im Abwasser in tatsächlich nutzbares Biogas umgewandelt.
Der UASB-Reaktor Als Alternative für das aerobe Belebtschlammverfahren mit Faulbehälter bietet sich der sogenannte UASB-Reaktor (Upflow anaerobic sludge blanket) an. Ein UASB-Reaktor ist eine Technologie bei der in einem anaeroben Fermentations-Verfahren organisch belastetes Abwasser gereinigt und dabei Biogas erzeugt werden kann. Nach mechanischen Vorreinigungsstufen werden in einem Vorversäuerungstank pH-stabilisierende Chemikalien hinzugefügt und gleichzeitig Schwankungen bzgl. Abwassermenge und -konzentration gepuffert. Im eigentlichen UASB-Reaktor wird das Abwasser von unten eingeleitet und oben gereinigt entnommen. Dazwischen lösen in einem Granulat-Bett Mikroorganismen die Kohlenstoffverbindungen auf und wandeln diese aufgrund der anaeroben Bedingungen vor allem in Methan (CH4) um. Das Methan wird in zwei Stufen gesammelt, abgesaugt und kann einer weiteren Verwertung zugeführt werden.
Energiekonzept Bei der angedachten Integration des UASB-Reaktors in das Energiekonzept wird das Abwasser über einen internen Wärmetauscher vorgewärmt und in den UASB-Reaktor geleitet (siehe Abbildung). Das Biogas wird intern im Betrieb der STAMAG verwertet. In einer realistischen Abschätzung, die Abbaurate, Methangehalt und mittlere Abwasserparameter aus den oben beschriebenen Messreihen berücksichtigt, wird 1,9 % des Erdgasbedarfs der STAMAG substituiert und liefert somit einen kleinen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung. Wesentlich bedeutender sind die Energieeinsparungen, die außerhalb der Bilanzgrenze des Betriebs liegen: Durch die Vorreinigung wird die CSB-Fracht für die bestehende Kläranlage der Stadt Graz wesentlich reduziert, was zu erheblichen Einsparungen bei der Belüftung führt: Zieht man die durchschnittlichen CSB-Frachten der oben angeführten Messreihen heran, veranschlagt eine CSB-Abbaurate des UASB-Reaktors von 80 % und verwendet Literaturwerte für den Strombedarf für die mechanisch-biologische Abwasserreinigung (Lebensministerium 2008), dann werden durch den UASB-Reaktor zwischen 132.000 und 300.000 kWh/a im Betrieb der Kläranlage eingespart. Eine Besonderheit liegt außerdem in der zusätzlichen Nutzung des Abwassers als Wärmequelle für eine Wärmepumpe, die einen Teil des zukünftigen Wohnquartiers Reininghaus (entwickelt von der Erber-Gruppe) mit Heizwärme versorgen soll.
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Abbildung 3: Integrationskonzept Biogas
In einer Vorstudie der Firma m-consult wurde festgestellt, dass für die Wärmepumpe im Winterbetrieb (Wohnraumheizung bei 45 °C Vorlauf) mit einem COP von 4,8 und im Sommerbetrieb (Warmwasserbereitstellung bei 60 °C) mit einem COP von 3,9 zu rechnen ist. Dadurch kann in Summe jährlich etwa 930 MWh an Heizenergie bereitgestellt werden, was 47 % des Gesamtwärmebedarfs eines der entwickelten Quartiere darstellt.
Zusammenfassung Das Abwasser der Mälzerei verlässt ähnlich wie in vielen anderen Betrieben der Lebensmittelindustrie den Betrieb mit einem thermischen und chemischen Rest-Energieinhalt. Zum einen liegt die thermische Energie bei 20 °C vor und kann konventionell nicht rückgewonnen, jedoch mittels Wärmepumpe auf Nutztemperatur angehoben werden. Zum anderen sind im Abwasser organische Verbindungen gelöst, die mittels UASB-Reaktor in Biogas umgewandelt werden können. Die Anlage kann wirtschaftlich betrieben werden, wenn nicht nur durch die Erzeugung von Biogas sondern auch für die Vorreinigung des Abwassers eine entsprechende monetäre Einsparung resultiert.
4.3.
Reinraumtechnik in der Lebensmittelkette
Qualität, Haltbarkeit und Sicherheit von Lebensmitteln werden neben den Herstellungsverfahren wesentlich von der Beschaffenheit der Rohwaren, ihrer Erzeugung und Verarbeitung mitbestimmt. Mängel in der Qualität der Rohstoffe sind Ursachen für vermeidbare Verluste, Qualitätseinbußen, Sicherheitsrisiken und Kosten. Prozesse müssen strikt überwacht und eine mögliche Rekontamination fertig prozessierter Lebensmittel verhindert werden. Trotz der Anwendung moderner Dekontaminationstechnologien kommt es immer wieder zu Ausbrüchen lebensmittelverursachter Krankheiten durch pathogene Keime. Eine Gegenstrategie ist der Ausschluss von Keimen aus der Produktion durch Reinraumtechnologie.
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Dabei wird in entkeimten Räumen eine partikelarme Atmosphäre geschaffen und der Partikel- und Keimeintrag durch Kontrolle der Zu- und Abströme von Mitarbeitern, Rohstoffen und Produkt minimiert. Das Reinraum-Konzept ist im Pharmabereich etabliert und lässt sich ideal auf die Verarbeitung von Lebensmitteln übertragen. Bisher finden Reinräume für hygienisches Schneiden und aseptische Abfüllung Anwendung. In Japan existieren erste Pilotanlagen zur keimarmen Züchtung pflanzlicher Rohstoffe wie Salat. Für die Erschließung neuer Applikationsfelder haben sich das Institut für Lebensmitteltechnologie der Universität für Bodenkultur (BOKU), die Lebensmittelversuchsanstalt (LVA), das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) sowie ein projektbegleitender Industrieausschuss zusammengeschlossen, um das Potential der Reinraumtechnologie im Rahmen eines Forschungsprojektes zu bewerten und für die Lebensmittelverarbeitung weiterzuentwickeln. Aufbauend auf dem FFG-Vorläuferprojekt Reinraumtechnik im Dienste der Lebensmittelsicherheit soll die gesamte Prozesskette der Nahrungsmittelverarbeitung analysiert werden, um potentielle Eintrittsstellen für Verderbniskeime und Krankheitserreger zu eruieren. Im Projekt sollen Strategien zur Eliminierung dieser Kontaminationsquellen vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt entwickelt werden. Dazu werden die Reinraumtechnologie, existierende Dekontaminationsverfahren sowie Reinraum-Reinigungsprozeduren (Automatisierungslösungen) analysiert und evaluiert. Die Forschungspartner verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz zur Verminderung der Keimbelastung von Lebensmitteln entlang der Wertschöpfungskette mit dem Schwerpunkt Reinraumtechnologie. Die entwickelten Lösungsstrategien messen sich an Produktqualität, Lebensmittelsicherheit und Haltbarkeit. Die Projektstruktur sieht die Teilnahme von Firmen vor, die von den entwickelten Lösungsstrategien für eine nachhaltige Verbesserung von Produktsicherheit und -qualität direkt profitieren können. Interessierte Unternehmen sind herzlich zur Projektteilnahme eingeladen, für weitergehende Informationen stehen die Forschungspartner gerne zur Verfügung. Das Wichtigste auf einen Blick
Reinraumtechnologie vom Rohstoff bis zum Endprodukt Analyse von Prozessketten und dem Potenzial von Reinräumen Mikrobiologische Charakterisierung und Kontrolle von Produktionsprozessen Reduzierung der Prozessintensität zur Verbesserung der Produktqualität Thermische sowie innovative nicht-thermischen Dekontaminationsverfahren Haltbarkeitsverlängerung von leicht verderblichen Lebensmitteln Verbesserung der Prozesseffizienz und Verringerung von Abfallströmen Kostenanalyse des Produktionsprozesses Antimikrobielle Oberflächen Implementierung von State-of-the-Art Reinigungstechnologien Automatisierungstechnik und Robotik Optimierung von Materialflüssen und Arbeitsabläufen
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5.
Weiterbildung/Wissenstransfer/Kommunikation 5.1.
AIFooST - Qualifizierung für Lebensmittelqualität und –sicherheit
Im Lebensmittelsektor sind anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen, um die Sicherheit der hergestellten Produkte zu gewährleisten und die hohe Qualität zu erhalten. Gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlang der Lebensmittelkette sind ein wesentlicher Faktor für die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln. Im europäischen Projekt AIFooST erhoben die Lebensmittelversuchsanstalt und Partner aus Tschechien, Spanien und Portugal, welche Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten es aktuell im Bereich Lebensmittelsicherheit gibt, wie der aktuelle Bedarf aussieht und wie man das Angebot optimieren kann. Die sichere Produktion und Verteilung von Lebensmitteln ist ein Tätigkeitsfeld mit hohen Ansprüchen an die Beschäftigten. Die Aufrechterhaltung der Lebensmittelsicherheit ist eine Frage des sachkundigen Umgangs mit den Produkten und hängt somit in hohem Ausmaß von der Qualifikation der Beschäftigten in der Lebensmittelkette ab. Damit ist eine Nachfrage an fachlich hochwertigen Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Lebensmittelsicherheit gegeben, die ein entsprechendes Angebot braucht. Deshalb startete die Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) mit Partnern aus Tschechien, Spanien und Portugal das Projekt AIFooST. Das Projektkürzel steht für "Analysis for improvement of the food safety training in the food and agricultural sectors". Es geht um die Qualifizierung von Beschäftigten im Agrofood-Bereich, insbesondere zum Thema Lebensmittelsicherheit. Der Agrofood-Sektor schließt die Primärproduktion in der Landwirtschaft ebenso mit ein wie die Weiterverarbeitung von Lebensmitteln in der (industriellen) Produktion. Das bestehende Aus- und Weiterbildungsangebot im Bereich Lebensmitteilsicherheit wurde im Rahmen des Projektes erhoben und analysiert. Gleichzeitig wurde der Bedarf bei den Unternehmen abgefragt und die Zielgruppe identifiziert. Aus Analyse und Bedarfserhebung ergaben sich Ansatzpunkte, die Potenzial für Verbesserung und Weiterentwicklung bieten dürften. Ein Leitfaden für die Schulungsgestaltung wurde erarbeitet, in dem entsprechende Empfehlungen für eine zukunftsweisende Aus- und Weiterbildung zusammengestellt wurden. Das Handbuch ist in englischer Sprache auf den Websites der Projektpartner als Download verfügbar. Mit dem Projekt soll der Aufbau eines europaweiten Netzwerks mit Unternehmen und Organisationen aus dem Lebensmittel- und Landwirtschaftssektor sowie mit Expertinnen und Experten für Lebensmittelsicherheit und Ausbildung gelingen, um die Qualität von Aus- und Weiterbildung über die gesamte Lebensmittelkette zu heben und die Weiterentwicklung zu unterstützen. Das gemeinsame Interesse dabei ist die Qualifizierung von Beschäftigten in der Landwirtschaft sowie in der Lebensmittelverarbeitung, um die Lebensmittelsicherheit zu verbessern und das Bewusstsein für hochqualitative Produkte zu schärfen. Für das Projekt wird mit der Initiative "Better Training for Safer Food" zusammengearbeitet. Dieses Programm der Europäischen Kommission steht im Zeichen einer GemeinschaftsTrainingsstrategie für Lebensmittelrecht, Futtermittelrecht, Tierzucht und Sicherheit pflanzlicher Lebensmittel.
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5.2.
Europäisches Projekt EU-MERCI: Neue Website zur Information über Energieeffizienz und Best Practices
Diese Internetpräsenz dient der Kommunikation und wird einen Dialog von Interessengruppen aus Politik und Industrie aktivieren, außerdem eine Datensammlung über den Europäischen Industriesektor ermöglichen und die Weitergabe von Modelllösungen fördern. Die Internetseite www.eumerci.eu stellt die Projektvision und die Ziele von EU-MERCI dar, enthält Tools für das Konsortialmanagement, sowie die geplanten Aktivitäten und Veranstaltungen und bietet Gelegenheit an der Projektentwicklung teil zu nehmen. EU-MERCI wird gefördert durch Horizon 2020 (Nr. 693845) und dient dem Aufbau einer großen Datenbank mit Best Practices um Energieeffizienz voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit in der Industrie zu stützen. Die Auswahl der Modelllösungen wird in erster Linie auf der Analyse von tausenden realisierten Projekten auf Europäischer Ebene in mehreren Industriezweigen basieren. In den ersten Monaten der Projektlaufzeit konnte bereits eine Anzahl von Fallstudien gesammelt und analysiert werden. Die Best-Practices-Datenbank soll nach einem Jahr Projektlaufzeit ab Februar 2017 verfügbar sein. Bis dahin wird die Internetseite dazu dienen, Best Practices direkt von einzelnen Unternehmen unterschiedlicher Industriezweige quer über alle Europäischen Länder zu sammeln. Alle Betriebe, die interessante Energieeffizienzmaßnahmen gesetzt haben und ihre Erfahrungen weitergeben möchten, sind herzlich eingeladen ihre Best Practice mithilfe des online verfügbaren Formulars Do you have best practice to share? mitzuteilen. In diesem Projektstadium ist das EU-MERCI-Team auch dankbar für Rückmeldungen über den Fragebogen compilation of a company questionnaire, um die aktuelle Situation in der Europäischen Industrie besser zu verstehen, was den Wissenstand, das Bewusstsein für Schwierigkeiten und die Vorteile durch Energieeffizienzmaßnahmen in industriellen Prozessen betrifft. Die Evaluierungsergebnisse werden verwendet, um industrielle Betriebe dabei zu unterstützen, Modelllösungen und Best Practices umzusetzen und im eigenen Umfeld anzuwenden. Auf Grundlage tatsächlich implementierter Anwendungen wird EU-MERCI die Effektivität von politischen Strategien und Förderschemata für den Industriesektor über die nächsten zwei Jahre evaluieren (wie in Art. 7 der Richtlinie 2012/27/EU vorgesehen). EU-MERCI wird von RSE koordiniert und stellt die Best-Practice-Datenbank zur Verfügung, die durch ein umfangreiches Programm zur Erweiterung der Fachkompetenzen und der Wissensvermittlung mit der Europäischen Industrie und politischen Entscheidungsträgern erstellt wird. EU-MERCI wird von verschiedenen Organisationen aus den Bereichen Regierung, Verwaltung, Industrie, Umwelt und Endverbraucher unterstützt.
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Das Konsortium sucht Vertreter von Industrie und Institutionen, die aktiv am Projekt teilnehmen wollen, indem sie Daten und Modellösungen aus dem Bereich Energieeffizienz zur Verfügung stellen. Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an: info@eumerci.eu
5.3.
Food for Growth fördert die Akzeptanz von Innovation im Lebensmittelbereich
Die Lebensmittelversuchsanstalt ist Partner in Food für Growth (Food4G), einem Erasmus+ Projekt zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Europäischen Lebensmittelproduktion durch verstärkte Nutzung kommunikativer Medien. Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie leistet mit mehr als € 900 Mrd. Umsatz einen wesentlichen Beitrag zur Europäischen Wirtschaftsleistung. Ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihren Bestand am Markt zu erhalten, ist nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht essentiell, sondern auch für die Versorgungssicherheit in Europa unabdingbar. Der Lebensmittel- und Getränkesektor ist innovationsstark, muss aber mit einer rigiden Gesetzeslage zurecht kommen und den heiklen Umgang mit dem Vertrauen der Konsumenten beherrschen. Eine Studie von Campden BRI (2014 Innovation: Scientific and technical Needs) definiert die Faktoren für eine erfolgreiche Entwicklung in der Zukunft, die in den 30 Monaten Laufzeit von Food4G umgesetzt werden sollen. Dazu gehören eine hochqualitative Information für Kunden, die Wissen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten anbietet und die Einbeziehung von Konsumenten in den Innovationsprozess, womit die soziale Akzeptanz von Innovation unterstützt wird. Mittel zum Zweck ist eine transparente Konsumenteninformation mit starker Nutzung von sozialen Medien und den dazu gehörigen Kommunikationskanälen. Food4G will den Dialog Produzent-Konsument verbessern helfen und auf eine neue Basis stellen. Für Lebensmitteltechnologen und Kommunikationsstrategen wird ein Schulungsmodell entwickelt, das die neuen Fähigkeiten, die im wechselseitigen Austausch gefordert sind, ausbildet. Erfahrungsberichte und Best-Practice-Beispiele werden im Rahmen von Food4G gesammelt, verbreitet und gefördert. Die Kooperation von Entwicklern in den Bereichen Innovation und Kommunikation wird zentral für die Vermarktbarkeit von Produkten und Prozessen im Lebensmittelbereich und deren Akzeptanz beim Kunden. Food4G kann sich bei der Ausführung dieser geplanten Aufgaben auf ein breites Konsortium mit weit gefächerter Kompetenz in den Bereichen Lebensmittel und Getränke stützen. Wirtschaftsnahe Institutionen und Interessenverbände sowie die Universität Turin werden die Realisierung der Ziele tatkräftig unterstützen.
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5.4.
European Food Studies & Training Alliance – FooD-STA
Die Lebensmittelindustrie ist der größte Produktionssektor in Europa und zeichnet sich durch hohen Wettbewerbsdruck und große Innovationskraft aus. Wissenstransfer aus Technologie und Wissenschaft ist der wesentliche Faktor, um diese Spitzenposition zu erhalten. Der Zugang zur wissenschaftlichen Forschung im Lebensmittelbereich soll deshalb durch verbesserte Kooperation von Universitäten und Industriebetrieben und auch durch die Anpassung der akademischen Ausbildung durch aktuelle Lehrinhalte mit Praxisbezug erleichtert werden. Das Projekt FooD-STA „European Food Studies and Training Alliance”, das seit Anfang 2015 läuft, hat zum Ziel Lehrpläne mit starkem Fokus auf die Praxisrelevanz zu entwerfen und zu etablieren. Durch das Projekt entsteht eine internationale Plattform mit FooD-STA-Zentren als lokalen Anlaufstellen und Schulungszentren in mehreren Ländern, die unabhängig und nachhaltig bestehen und damit Lebensmittelindustrie und Schulungsanbieter unterstützen, das bestmögliche Angebot in Schulung und Lehre für Studenten, Lehrende, Vortragende und Akteure im Lebensmittelsektor aufzubauen. Die Zentren haben die Aufgabe, Wissenstransfer und praktischen Austausch von Verantwortlichen in der Lebensmittelbranche zu ermöglichen und zu unterstützen. Das Konsortium von FooD-STA besteht mit sieben Universitäten, zwei großen Unternehmen, zwei Forschungsinstituten und einem EU-weiten Netzwerk aus zwölf Partnern, die bestens geeignet sind zur Modernisierung der akademischen Ausbildung beizutragen. Ziel des Projektes ist die Sammlung, Weiterentwicklung und Anwendung neuer Lehrmethoden, um die Ausbildung technischer und persönlicher Fähigkeiten von Arbeitnehmern in der Lebensmittelproduktion zu gewährleisten und sie den kontinuierlich sich ändernden Anforderungen des Sektors anzupassen. Die akademischen Partner von FooD-STA werden Lehrmethoden nach neuestem Stand der Erkenntnisse als gemeinsame Tools zur Verfügung stellen. Lehrende werden in Praktika Einblicke in die betriebliche Praxis bekommen und im Lebensmittelsektor Beschäftigte werden in die akademische Ausbildung eingebunden. Die Lebensmittelversuchsanstalt agiert in FooD-STA als Multiplikator und Anbieter von beruflicher Aus- und Weiterbildung und wird das Department für Lebensmittelwissenschaften und Technologie (DLWT, BOKU) bei der Bildung der lokalen Anlaufstelle für das neue Ausbildungsprogramm unterstützen. Nähere Informationen zum FooD-STA Center Austria sind unter https://www.food-sta.eu/localhub_austria abrufbar. Das FooD-STA Center Austria wird sich in einem Workshop am 5. Juli 2016 an der BOKU Wien der Lebensmittelindustrie vorstellen und wird danach erste konkrete Aktivitäten starten. Die Präsentation findet im Vorfeld der 4th international ISEKI_Food Conference statt, die sich dieses Jahr dem Schwerpunkt „Responsible Research and Innovation in the Food Value Chain“ widmet. In der Fortsetzung der ISEKI_Food Conference-Reihe (Porto 2008, Mailand 2011 und Athen 2014) trägt sie zur Etablierung eines offenen und internationalen Forums für Forscher, 23
Bildungswissenschaftler, Technologieexperten und Repräsentanten der Industrie bei und unterstützt den Dialog und die Zusammenarbeit bei aktuellen Themen von Lebensmittelwissenschaft und –technologie.
SS43121-12014-1-AT-EPPKA2-KA; Co-funded by the Erasmus+ Programme of the European Union
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6.
Laufende/gestartete Projekte 6.1.
Kickoff für AgriMax – ein Schlüsselprojekt für die Bioökonomie
In der EU fallen jährlich zusätzlich zu 700 Mill. Tonnen landwirtschaftlicher Abfälle rund 1,3 Mrd. Tonnen an Lebensmitteln im Müll an. Lebensmittelverluste entstehen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette von der landwirtschaftlichen Herstellung bis zum Verbrauch durch den Konsumenten. Bei Lebensmitteln sind daher Ressourcenschonung und effizienter Umgang mit den agrarischen Rohstoffen die Schlüsselfaktoren für eine Verbesserung der Versorgungssituation. Gemeinsam mit dem Fachverband der Lebensmittelindustrie ist die Lebensmittelversuchsanstalt eine von 29 Partnerinstitutionen aus 10 europäischen Ländern, die sich im Projekt AgriMax zusammengeschlossen haben, um sich der Valorisierung von Abfällen, z.B. durch die Entwicklung und Verbesserung von Veredelungsprozessen wie der Extraktion von wertvollen Inhaltsstoffen, zu widmen. Im Fokus stehen wirtschaftliche und flexible Verfahren (Ultraschall- und Lösungsmittel-Extraktion, Filtration, thermische und enzymatische Verfahren), mit deren Hilfe Nebenströme der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung aufgewertet und Verluste reduziert werden sollen. Im Projekt werden zwei Pilotanlagen gebaut, die zur Demonstration der technischen Machbarkeit verschiedener Technologien zur Verwertung von Agrarrohstoffen dienen werden. Die gewonnenen Inhaltsstoffe sollen in den Bereichen Lebensmittel, Verpackung und landwirtschaftliche Produkte Anwendung finden. Für die entstehenden neuen Wertschöpfungsketten werden Geschäftsmodelle entworfen und analysiert. AgriMax trägt durch die Aufwertung von landwirtschaftlichen Rohstoffen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors und der Lebensmittelwirtschaft bei und leistet einen Beitrag zur positiven Entwicklung im ländlichen Raum sowie auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Die neuen Verfahren dienen nicht nur der Erschließung von wirtschaftlich wertvollen Inhaltsstoffen sondern haben auch Umweltschutz und Kosteneffizienz im Blickpunkt. Das Konsortium von AgriMax wird sich unter anderem mit der Gewinnung von Biopolymeren, technologischen Hilfsstoffen, Düngemitteln und auch Lebensmittelzusatzstoffen beschäftigen. Weiter führende Information zum Programm „Bio-based industries“ und dem Projekt AgriMax finden Sie unter http://www.bbi-europe.eu/projects/agrimax
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7.
Verpackung 7.1.
NIAS in Lebensmittel-Kontaktmaterialien
Im Rahmen des von der FFG geförderten Projektes COIN Senses1 begeben sich ForscherInnen des OFI in Kooperation mit dem Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie der TU-Graz auf Spurensuche: Nicht absichtlich zugesetzte Inhaltsstoffe von LebensmittelVerpackungsmaterialien, die häufig für Geruchs- und/oder Geschmacksabweichungen verantwortlich sind, sollen mit neuartigen analytischen Screeningverfahren künftig leichter und sicherer identifiziert werden. Für Lebensmittel-Gebrauchsgegenstände – also Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Kontakt zu kommen – bestehen europaweit eine Reihe gesetzlicher Vorgaben bezüglich der Ausgangsstoffe, die zu deren Herstellung eingesetzt werden dürfen. Speziell für den Bereich der Kunststoff-Gebrauchsgegenstände existieren sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene verschiedenste Formen von ´Positivlisten´ für den Einsatz von Monomeren, Präpolymeren, Additiven (z.B. Antioxidantien), Farbmitteln usw. Neben diesen bekannten Inhaltsstoffen können Lebensmittelkontaktmaterialien aber auch Verbindungen enthalten, die im Zuge ihrer Produktion gar nicht absichtlich eingesetzt wurden – erwähnt seien in diesem Zusammenhang etwa Verunreinigungen von Ausgangsstoffen oder aber auch Reaktions- bzw. Abbauprodukte, die erst im Zuge der Herstellung u/o Verarbeitung entstehen: Die Herkunft dieser zuletzt genannten Inhaltsstoffe ist also zunächst unbekannt, weshalb sich hierfür die Bezeichnung NIAS – Non Intentionally Added Substances etabliert hat. In der europäischen Kunststoffverordnung Nr. 10/2011 ist erstmals die Verpflichtung der Hersteller enthalten, Materialien und Gegenstände für den Lebensmittelkontakt auch einer Risikobewertung bezüglich der darin enthaltenen NIAS zu unterziehen. Wegen der äußerst geringen Konzentration dieser Inhaltsstoffe ist es in vielen Fällen gar nicht so sehr das toxikologische Risiko, das hierbei im Vordergrund steht, sondern vielmehr das Risiko einer sensorischen Beeinträchtigung (Geruch / Geschmack) der Produkte selbst u/o der Lebensmittel, die später mit diesen Produkten in Kontakt kommen. Die mit dieser Forderung nach einer NIAS-Evaluierung verbundenen Schwierigkeiten sind allerdings evident: Da es sich bei NIAS definitionsgemäß um (zunächst) unbekannte Inhaltsstoffe handelt, kann ihre Art und Menge nicht direkt aus Rezepturdaten abgeleitet werden. Vielmehr muss ihre Gegenwart erst durch vergleichsweise aufwändige analytische Screening-Methoden festgestellt werden, um dann in einem zweiten Schritt die eigentliche Risikobewertung vornehmen zu können.
1 Im Projekt COIN Senses, einem von der FFG im Rahmen der COIN-Programmlinie "Aufbau" geförderten
Forschungsvorhaben (Projektlaufzeit bis Aug. 2018), werden am Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) analytische Grundlagen für die Optimierung von Lebensmittel-Gebrauchsgegenständen und deren Verarbeitungsbedingungen (u.a. Sterilisation) geschaffen – mit dem Ziel sicherer und organoleptisch neutraler Materialien.
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Die wesentlichen Projektinhalte sind:
Identifikation/Quantifizierung flüchtiger Inhaltsstoffe in typischen LebensmittelVerpackungsmaterialien (insbes. auf Basis von Kunststoffen und Verbundmaterialien); Neuentwicklung von Analysenmethoden für die korrekte Quantifizierung der spezifischen Migration dieser Inhaltsstoffe
Identifikation von (im Hinblick auf eine spätere organoleptische Beeinträchtigung) relevanten Verbindungen/Verbindungsklassen mittels geeigneter analytischer ScreeningMethoden
Untersuchungen zur Entstehung flüchtiger Abbauprodukte durch Sterilisationsverfahren – als eine der wesentlichen Quellen für NIAS in Lebensmittelkontaktmaterialien
Schaffung einer Basis für die Entwicklung organoleptisch einwandfreier und sicherer Rezepturen für Materialien, die in weiterer Folge bestimmungsgemäß im Kontakt mit Lebensmitteln stehen
Die organoleptische Relevanz der analytisch identifizierten Verbindungen wird in Kooperation mit dem Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie an der TU-Graz (Ao.Univ.Prof. Dr. Erich LEITNER) im Rahmen einer Dissertation bewertet.
7.2.
Von der Idee zur Innovation
Weltweit kommen jedes Jahr dutzende Neuheiten an Lebensmittelverpackungen auf den Markt, einige davon gelten als „innovativ“. Sie verpacken ein Produkt nicht nur nach den gängigen Regeln, sie erfüllen Kundenwünsche mit dem „gewissen Etwas“. Michael Krainz, Verpackungsexperte am OFI, zeigt wie aus einer Idee eine Innovation werden kann. Der Lebensmittelbereich ist ein stetig wachsender Markt, in dem sich über die Jahre auch Produkte und Konsumenten empfindlich verändern. Kein Wunder also, dass gerade in dieser Branche laufend Neuheiten entwickelt werden (wollen). Produktinnovationen gehen nicht selten Hand in Hand mit Verpackungsinnovationen. Eine Innovation kann sich jedoch nur durchsetzen, wenn sie tatsächlich auf den Markt gelangt, einen Kundennutzen liefert und vom Kunden auch angenommen wird. Genau hier liegt die Herausforderung. Am OFI hat man Erfahrung mit Verpackungsinnovationen und kennt den Prozess dahinter nur zu gut. Als unabhängige Prüfinstanz hat man den letzten 20 Jahren schon viele Kunden bei der Verpackungsentwicklung und -optimierung begleitet. In einem relativ kleinen Land wie Österreich, in dem die Stückzahlen vieler Nahrungsmittelproduzenten im überschaubaren Bereich um die 500.000 liegen, sind Verpackungsinnovationen eine große Herausforderung. Bereits am Beginn eines solchen Prozesses muss deshalb der richtige Weg eingeschlagen werden. Beleuchten wir doch einmal konkret die Möglichkeiten, die es auch kleineren KMU ermöglichen aus Neuentwicklungen Innovationen zu machen.
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Auf Erfahrung vertrauen Eine Möglichkeit für KMU ihre Entwicklungsidee umzusetzen, ist sich mit den Maschinen- oder Verpackungslieferanten zusammenzuschließen. Dies kann von der Kostenseite für das abpackende Unternehmen eine sehr interessante Variante darstellen. Meist gibt es allerdings exklusive Lösungen gar nicht oder nur für einen beschränkten Zeitraum. Möglichkeiten und Motivation für die Umsetzung durch den Maschinen- oder Verpackungslieferanten sind natürlich stückzahl- und potentialabhängig. Zudem werden nur Lösungen angeboten, die in das jeweilige Portfolio des Anbieters fallen. Ganz anders ist dies, wenn Neuerungen gemeinsam mit Designern entwickelt werden. Hier werden optisch ansprechende Lösungen oder Visionen generiert, die Wünsche von Endkunden sowie Vorstellungen von Auftraggebern gleichermaßen erfüllen. Hier muss damit gerechnet werden, dass die Idee so wie man sie sich vorstellt, nicht umgesetzt werden kann, beispielsweise aufgrund starrer Abfüllanlagen oder Verpackungsproduktionskonzepten. Auch Kostengründe hindern v.a. KMU an der Umsetzung individueller Ideen, hohe Entwicklungskosten sind hier im Normalfall einfach nicht rentabel. Deshalb gehen viele Unternehmen den Weg ihre Verpackungskonzepte firmenintern zu erarbeiten. Diese Vorgangsweise beinhaltet interessante Vorteile, wie die Nutzung hauseigener Ressourcen, die gute Kenntnis über die eigenen Abpackabläufe sowie des Maschinenparks, und die Umsetzungsgarantie der eigenen Vorstellungen. Im Umkehrschluss besteht auch hier die Gefahr, dass angedachte Konzepte durch hohe Entwicklungskosten nicht realisierbar oder schlichtweg technisch nicht umsetzbar sind. Wenn spezielle Wünsche und Anforderungen an die neue Verpackung gestellt werden, ist es sinnvoll mit externen, unabhängigen Partnern, wie dem OFI, zusammenzuarbeiten. Neben dem materialtechnischen und lebensmittelrechtlichen Wissen rund um Verpackungen, können zusätzliche Prüfmöglichkeiten und sowie Erfahrung in der Verpackungsentwicklung innovative Entwicklungsprozesse und Produkte fördern. Als objektiver und unabhängiger Partner hat das OFI schon für viele KMU das Projektmanagement in Entwicklungsprozessen übernommen. Durch die sorfgfältige Auswahl weiterer Projektpartner wird eine erfolgreiche Umsetzung zusätzlich vorangetrieben.
Wenn Ideen bloppen Am österreichischen Markt tummeln sich erfolgreiche Innovationen, die das OFI begleitet hat. Der patentierte Blopp-Verschluss etwa wurde am OFI entwickelt und gemeinsam mit der Firma Ottakringer umgesetzt. Dieser Verschluss war nicht zuletzt aufgrund der Werbekampagne so erfolgreich und ist nun seit sieben Jahren im Markt vertreten. Die Entwicklung selbst war allerdings nicht so einfach und verlangte dem Entwicklerteam Einiges ab. Microwaves von Kelly’s, also Mikrowellenchips, wurden am OFI unter der Anforderung, dass die Verpackung selbst mikrowellentauglich sein soll, mitentwickelt. Zusätzlich war eine einfache Öffnung der Verpackung gewünscht, was durch das Abheben einer Art Haube umgesetzt wurde. Die aktuellen Haltbarkeitsanforderungen mussten ebenfalls mitbedacht werden. Als Ergebnis konnte ein nicht metallisierter, gelaserter Beutel in einer Hochbarriereverpackung präsentiert werden, ein Novum auf dem Verpackungsmarkt.
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Für die Würstelverpackung der Firma Berger konnte eine leicht zu öffnende Vakuumverpackung entworfen werden, bei der niemand mehr zur Schere greifen muss. Diesen Prozess unterstützte das OFI in Kooperation mit den Verpackungsherstellern, wobei hier sogar Materialgewicht eingespart werden konnte. Diese Beispiele zeigen, dass Innovationen auch auf relativ kleinen Märkten möglich sind, wenn die richtige Methode für die Umsetzung angewandt wird. Allerdings ist der Einsatz eines Projektmanagements für den Erfolg eines Projektes unabdingbar. Dabei muss dieses nicht zwingend kompliziert gestaltet sein. Oft reichen schon eine gute und realistische Planung, ein regelmäßiges Controlling sowie eine nachvollziehbare Dokumentation. Ein motiviertes Projektteam unter der Leitung eines entscheidungsbefugten Projektleiters ist die Idealbesetzung für kreative Lösungsansätze. Auch Kooperationen mit einem Lohnabfüller stellen eine sinnvolle Variante der Verpackungsentwicklung dar. Als Basis werden Standardverpackungen herangezogen, an denen ein relevantes und neues Verpackungsfeature entwickelt wird. Dieses kann in die Standardverpackung relativ einfach integriert und beim Lohnabfüller umgesetzt werden. So erhält man überschaubare und gut kalkulierbare Kosten für die Entwicklung sowie wertvolle Informationen vom Markt. Und das, ohne diese Entwicklung überhaupt bei sich selbst implementiert haben zu müssen. Bei Markterfolg kann die Technologie immer noch transferiert und optimiert werden. Auch solche Szenarien wurden bereits am OFI umgesetzt.
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AutorInnen: Christoph Brunner (AEE INTEC) Julian Drausinger (LVA) Jürgen Fluch (AEE INTEC) Wolfgang Glatzl (AEE INTEC) Christine Grabler (LVA) Henry Jäger (BOKU) Michael Krainz (OFI) Christian Kummer (OMV VG) Felix Schottroff (BOKU) Nicole Steiner-Reischütz (OFI) Thomas Unger (Fa. BRUCHA)
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