ACR Innovationsradar 2015 Aktuelle Technologietrends f端r KMU
Umwelttechnik & erneuerbare Energien
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Inhalt 1.
Einleitung......................................................................................................................................... 5
2.
Trends bei erneuerbarer Wärme .................................................................................................... 7 2.1.
2.1.1
Gegenwart und Zukunft bei biogenen Energiequellen ................................................... 7
2.1.2
Projekt BioUpgrade ....................................................................................................... 11
2.1.3
Feinstaubemissionen und –messung ............................................................................ 13
2.2.
4.
Solarthermie.......................................................................................................................... 16
2.2.1
Trends in der Solarthermie............................................................................................ 16
2.2.2
Zukünftige Anwendungen für neue Wärmespeicher.................................................... 17
2.2.3
Thermisches Kühlen ...................................................................................................... 20
2.2.4
Kopplung von Wärmepumpen und Solarthermie ......................................................... 21
2.3. 3.
Bio-Brennstoffe ....................................................................................................................... 7
Mobile Energieoptimierung .................................................................................................. 23
Trends in der Photovoltaik ............................................................................................................ 25 3.1.
Gebäudeintegrierte PV.......................................................................................................... 26
3.2.
Materialien ............................................................................................................................ 28
3.3.
Qualitätssicherung................................................................................................................. 29
3.4.
Monitoring-Systeme.............................................................................................................. 30
3.5.
Eigenverbrauchserhöhung .................................................................................................... 33
3.6.
Hybridsysteme....................................................................................................................... 35
Literatur......................................................................................................................................... 37
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1.
Einleitung
Ständig in ausreichendem Maß verfügbare Energie ist eine zentrale Grundlage entwickelter Volkswirtschaften von der Warenproduktion über private oder staatliche Dienstleistungen bis hin zur Gestaltung individueller Lebensstandards. Um die dafür benötigten Energieressourcen bereitzustellen, werden nach wie vor überwiegend fossile Energieträger eingesetzt, was bei einem steigenden Energiebedarf von Haushalten und Industrie zunehmend negative Auswirkungen (vor allem über die damit meist einhergehenden CO2-Emissionen) auf den globalen Klimawandel hat. Es ist daher dringend geboten, den weiteren Anstieg von klimarelevanten Emissionen zu drosseln. Österreich ist in diesem Bereich bereits unter den Technologieführern und die Strategie 2020 des Rats für Forschung und Technologieentwicklung regt dementsprechend an, die Themen Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie als Schwerpunktthemen für Forschung und Innovation zu forcieren. Das Schwerpunktfeld Umwelttechnik & erneuerbare Energien leistet hier mit den darin gebündelten Expertisen der beteiligten ACR-Institute einen wertvollen Beitrag. Das vorliegende Innovationsradar präsentiert auf Basis der entsprechenden ACR-Kompetenzen detaillierte Informationen zu innovativen Technologien und deren Anwendung auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Unterteilt wird das Innovationsradar in den Bereich der erneuerbaren Wärmegewinnung und in das Gebiet der Photovoltaik, einer Paradedisziplin bei der erneuerbaren Stromgewinnung. Besonderes Augenmerk wird vor allem auf zukünftige Entwicklungen und Trends gelegt. Das Kapitel der erneuerbaren Wärmebereitstellung beschäftigt sich einerseits mit biogenen Brennstoffen und geht dabei auf den Herstellungsprozess, Versuche im Technikumsmaßstab sowie schlussendlich die Emissionsentwicklung bei der Verbrennung und deren Messung ein. Ein zweiter Abschnitt beleuchtet andererseits neue zukunftsträchtige Anwendungsgebiete bei solarthermischen Systemen. Dabei wird der Fokus auf solar betriebene Kühlsysteme und die Kopplung von Wärmepumpen mit solarthermischen Anlagen gelegt, daneben werden auch aktuelle österreichische Fördersysteme skizziert. Die Speicherung von Energie kann getrost als Schlüsselthematik bei zukünftigen Energiekonzepten betrachtet werden. Das vorliegende Innovationsradar trägt diesem Umstand Rechnung, indem aktuelle und neue thermische Speichertechnologien vorgestellt und mögliche zukünftige Anwendungsfelder ausgelotet werden. Der erste Abschnitt endet mit allgemeinen Lösungsvorschlägen im Bereich der Energieeffizienz. Der zweite Abschnitt dieses Innovationsradars geht auf die elektrische Energiegewinnung durch photovoltaische Systeme und vor allem auf für den österreichischen Wirtschaftraum wichtige Fragestellungen ein. In diesem Kapitel werden technische Möglichkeiten der Qualitätssicherung von PVAnlagen behandelt, dies kann sowohl über die Vermessung von Einzelmodulen bei der Warenausgangskontrolle als auch durch das Energie-Monitoring von laufenden Systemen erfolgen. Neben den technischen Möglichkeiten bei der Gebäudeintegration von PV-Modulen wird auch auf die zukünfti5
gen Rahmenbedingungen zur ErhÜhung des Eigenverbrauchs von photovoltaisch erzeugter Energie eingegangen. Abschluss findet dieser Innovationsradar in der Darstellung von hybriden Systemen, die sowohl Wärme als auch Strom in effizienter Weise aus Solarenergie gewinnen.
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2.
Trends bei erneuerbarer Wärme 2.1.
Bio-Brennstoffe 2.1.1
Gegenwart und Zukunft bei biogenen Energiequellen
Die Suche nach nachhaltigen und erneuerbaren Energiequellen beschäftigt die internationale F&ESzene, Politik, Wirtschaft und Industrie in hohem Maße. Bio-Brennstoffe helfen, die aktuellen Klimaschutzziele zu erfüllen, wobei der steigende Energiebedarf Fragen einer gleichmäßigen Versorgung aufwirft. Der Bereich der neuen Biomassepotenziale kann grundsätzlich in land- und forstwirtschaftliche Nebenprodukte (z.B. Stroh, Kleie, Trester, Sägespäne) und den expliziten Anbau von Energiepflanzen unterteilt werden. Soll eine Biomassefraktion der energetischen Verwertung zugeführt werden, ist die Wahl der passenden Technologie essentiell. Im Folgenden wird vor allem auf feste Biomasse eingegangen, die einer Verbrennung zugeführt werden soll. Der Anbau von Energiepflanzen in Form von Energiegräsern und Energieholz steht im Fokus vieler internationaler FEI-Aktivitäten1. FEI steht für Forschung, Entwicklung und Innovation. Unter Energiegras werden landwirtschaftlich angebaute Gräser zur energetischen Nutzung verstanden. In Österreich wird Miscanthus (Miscanthus giganteus, auch Chinaschilf oder Elefantengras) großes Potenzial zugeschrieben. Der hohe Heizwert, die günstige CO2-Bilanz und die hohe jährliche Ertragsmenge zeichnen diese Energiepflanze aus. Informationsmaterial und Erfahrungsberichte werden u.a. von den Landwirtschaftskammern bereitgestellt. Energieholz, schnell wachsende Bäume oder Sträucher, werden in Kurzumtriebsplantagen angebaut. Innerhalb kurzer Umtriebszeiten von drei bis zehn Jahren werden sie maschinell geerntet. Zunehmend werden längere Umtriebszeiten z.B. für Pappel bis zu 20 Jahre und die Ernte mit herkömmlicher Forsttechnik in Betracht gezogen. In gemäßigten Klimazonen werden zu diesem Zweck vorwiegend Pappeln oder Weiden eingesetzt, die sich neben ihrem schnellen Wachstum durch erneuten Austrieb abgeernteter Triebe auszeichnen. Nach zehn bis 20 Jahren ist die Plantage erschöpft und muss neu bepflanzt werden. Das Potenzial einer Pflanze als biogener Brennstoff wird durch viele Kriterien bestimmt, allen voran ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften. Bis zu einem gewissen Grad können diese auch durch Veredelung positiv beeinflusst werden. Ob eine grundsätzlich geeignete Biomassefraktion in weiterer Folge zu einer breiten Anwendung als Brennstoff kommen kann, hängt stark von ihrem Aufkommen, ihrer saisonalen Verfügbarkeit, der Wirtschaftlichkeit ihres Transports und ihrer Lagerfähigkeit sowie der Möglichkeit, eine gleich bleibende Qualität zu garantieren, ab. Fällt die Bewertung dieser Kriterien nicht ausreichend positiv aus, kann eine dezentrale Nischenlösung den richtigen Weg darstellen.
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Technologische Trends Biomasseverbrennungsanlagen müssen auf eine bestimmte Qualität von Biomassebrennstoffen dimensioniert werden. Dies bedeutet, dass der Brennstoff so homogen wie möglich der Feuerung zugeführt werden muss, um einen reibungsfreien Betrieb gewährleisten zu können. Zu den relevanten Eigenschaften gehören der Feuchtegehalt und die Korngröße, da sie u.a. den Heizwert sowie die Förder- und Lagerfähigkeit beeinflussen. Die folgende Abbildung 1 zeigt den Entscheidungsprozess, ob sich eine Biomassefraktion überhaupt zur Energiegewinnung eignet.
Abbildung 1: Entscheidungsweg "Biomasse zur energetischen Nutzung"
Zu Beginn steht jeweils die detaillierte Charakterisierung des Rohstoffs. Im Anschluss kann durch unterschiedliche Aufbereitungsschritte eine Nutzbarmachung bzw. eine Veredelung der Biomasse erreicht werden. Dem konventionellen Pelletierverfahren müssen die Prozessschritte Zerkleinerung und Trocknung bzw. Konditionierung vorgelagert werden. Dies stellt Anlagenplaner vor die Frage, wie diese zusätzlichen Prozessschritte am energie- und kosteneffizientesten integriert werden können. Für Pelletswerke in direkter Nachbarschaft zu Sägewerken ist diese Fragestellung eher von untergeordneter Bedeutung. Eine optimale, kaskadische Nutzung der Sägenebenprodukte wird jedoch vor allem bei Großproduktionen (z.B. >100.000 t Jahresproduktion) immer problematischer, da eine permanente, unterbrechungsfreie Produktion für den wirtschaftlichen Erfolg unerlässlich ist. Eine vermehrt stattfindende Integration der Prozessschritte am Beginn des Verarbeitungsprozesses bietet ein Feld von neuen Optimierungsmöglichkeiten in Bezug auf die Energieeffizienz des Gesamtprozesses und die erzielbare Pelletsqualität.
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Die derzeit verwendete Technologie zur Holzpelletsproduktion stammt aus unterschiedlichen Branchen (z.B. der Futtermittelproduktion). Sie waren ursprünglich nicht für die Aufbereitung unterschiedlichster, biogener Rohstoffe zu pelletierfähigem Material entwickelt worden. Vor allem in vergleichenden Untersuchungen der unterschiedlichen Trocknungs- und Zerkleinerungstechnologien und ihrer Eignung für die unterschiedlichen Biomassen sowie deren Einfluss auf die Pelletsqualität liegt technisches Innovationspotenzial für kooperative Forschung. Nicht nur Maschinen- oder Anlagenbauer können ihr Produktportfolio ergänzen oder erweitern, sondern auch die Planung neuer oder Optimierung bestehender Anlagen wird an Bedeutung gewinnen. Unter Zusammenarbeit von drei ACR-Instituten wird ein europaweit führendes Biomassezentrum aufgebaut (siehe auch Kapitel 2.1.2). Dieses Zentrum bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Technologien direkt miteinander zu vergleichen und die optimale Kombination sowie mögliches Verbesserungspotenzial zu identifizieren. Torrefikation wird derzeit international als eine der wichtigsten Entwicklungen im Bereich fester Biomassebrennstoffe betrachtet. Die Grundzüge des Prozesses an sich sind relativ leicht erklärt, die Gesamtheit der Reaktionen stellt jedoch, insbesondere im industriellen Maßstab, eine Herausforderung dar. Holzartige und krautartige Biomasse besteht hauptsächlich aus Wasser, Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Im Torrefikationsprozess wird bei 200°C bis 300°C unter Sauerstoffausschluss zuerst das gesamte vorhandene Wasser ausgetrieben, danach zersetzt sich die Hemizellulose und teilweise auch das Lignin des Rohmaterials. Diese Prozesse führen zur Änderung der chemischen und physikalischen Eigenschaften. Darüber hinaus kommt es zu einem Masseverlust von ca. 70 Prozent, wobei 90 Prozent des Energieinhalts im Feststoff erhalten bleibt. Das Verfahren ist in der Lage, insbesondere biogene Reststoffe, wie z.B. Waldrestholz, Maisspindeln oder Zuckerrohrrückstände aber auch Energiegräser zu einem relativ homogenen Brennstoff umzuwandeln. Die Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Holzpellets sind u.a. eine hohe Energiedichte, wasserabweisende Eigenschaften oder geringere biologische Aktivität. Das entstehende Produkt zielt vorwiegend auf den Einsatz als Kohlesubstitut ab. Die Umsetzung der österreichischen Technologie, des ACB-Prozesses (accelerated carbonisation biomass), findet in der Steiermark statt. Auf einem ähnlichen Entwicklungsstand stehen vergleichbare Forschungsgruppen in Skandinavien, Frankreich und Belgien. Große Energieversorger haben sich bereits die ersten Kontingente torrefizierten Materials gesichert. Die gesamte verfügbare Produktmenge wird problemlos Absatz finden, ganz gleich, welches der Entwicklungsteams letztendlich den Wettlauf um die wirtschaftlichste industrielle Anlage gewinnen wird. Das Rohstoffportfolio zur Energieversorgung muss zukünftig signifikant erweitert werden, um die ambitionierten Schlüsselziele des Europäischen Rats im Bereich der festen Biomasse zu erreichen. Das Ziel der Forschungsarbeiten liegt in der Entwicklung von Mischpellets aus verschiedenen Ausgangsmaterialien, die sich analog zu den hohen Qualitätsstandards für Holzpellets (z.B. ENplus, DINplus, ÖNORM M 7135) an eigenen gerade entwickelten Standards orientieren (z.B. EN 14961-6, ÖNORM C 4000 oder ÖNORM C 4002). Die Vorteile dieser Neuentwicklung bestehen vor allem in der Sicherstellung der nötigen Ressourcen. Ein wichtiger Aspekt, der im Rahmen des gesamten Entwicklungsprozesses einbezogen werden muss, ist die Vermeidung einer Konkurrenzsituation zur Nahrungs- bzw. Futtermittelproduktion. 9
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass alternative Biomassefraktionen im Vergleich zu Holz schlechtere Verbrennungseigenschaften besitzen. Zu den besonders kritischen Parametern zählen das Ascheschmelzverhalten, die Stickoxid- (NOx) und Staubemissionen sowie die korrosiven Eigenschaften, die durch einen hohen Chlorgehalt verursacht werden. Zur Entwicklung eines standardisierten Brennstoffes zielt die Forschung darauf ab, die kritischen Parameter der zukünftigen Mischpellets zu optimieren. Beim Ascheschmelzverhalten wurden gute Ergebnisse durch die Beimengung des Additivs Kalk erzielt, wodurch der Ascheerweichungspunkt bis auf ein holzähnliches Niveau angehoben werden kann. Zur Reduktion der NOx-Emissionen können unterschiedliche Strategien gewählt werden. Bei mittleren und großen Biomassefeuerungen können durch hoch entwickelte Verbrennungssteuerungen Verbesserungen erzielt werden. Für kleinere Anlagen müssen Möglichkeiten zur Reduktion des Stickstoffgehalts im Brennstoff durch spezielle Vorbehandlung des Rohstoffs gefunden werden. Hier wird z.B. der Einsatz von bestimmten Enzymen analysiert, die den brennstoffseitigen Stickstoff eliminieren. Die Staubemissionen stellen besonders bei Kleinanlagen einen heftig diskutierten Punkt dar. Die in Deutschland bereits gesetzlich verankerte, wiederkehrende Messung der Staubemissionen von Kleinanlagen gibt die Forschungsrichtung vor. Neben der Entwicklung von Messtechnik ist die Entwicklung besonders emissionsarmer Feuerungen und Sekundärmaßnahmen wie z.B. Staubfilter für Kleinanlagen notwendig. Weitere Informationen zu Feinstaubemissionen und deren Messung finden sich auch in Abschnitt 2.1.3 dieses Innovationsradars. Durch die unterschiedlichen Optimierungsmaßnahmen bei den Produkteigenschaften sowie den Verbrennungsparametern kann ein signifikanter Beitrag zur Erfüllung der europaweiten Ziele zur nachhaltigen Energieversorgung bei gleichzeitig geringen Schadstoffemissionen geleistet werden. KMU, die im Zuge ihrer Produktion pelletierfähige Nebenprodukte zur Verfügung haben, können durch den Einsatz geeigneter Blends eine zusätzliche Einkommensquelle erreichen. Insbesondere im Kundensegment der privaten Haushalte kann durch optimierte Pellets ein Wettbewerbsvorteil entstehen, da auch zukünftig eingeführte Vorschriften oder strengere Grenzwerte eingehalten werden können. Pelletsanlagen entsprechen einerseits in hohem Maße dem Bedarf nach einer automatisierten Heizung und stellen eine komfortable Möglichkeit dar, im Niedrigstenergie- und Passivhaus den vorhandenen Restwärmebedarf zu decken. Andererseits sind herkömmliche Pelletskessel hinsichtlich ihrer Leistung für die niedrige, benötigte Heizlast oftmals überdimensioniert. Dies führt zu verstärktem Teillastbetrieb und verursacht bei geringerer Effizienz höhere Emissionen sowie zahlreiche Probleme beim Betrieb (z.B. erhöhter Wartungsaufwand). Analysen am Markt erhältlicher Systeme haben wesentliches Optimierungspotenzial ergeben. Zielsetzung der aktuellen Entwicklungen sind Kleinstbrenner (6 kW), die sowohl bei Nennlast als auch bei Teillast (30 Prozent) strengen Emissions- und Wirkungsgradvorgaben sowie Vorgaben an den Hilfsenergieverbrauch entsprechen. Die wesentlichen Innovationen, die zur Erreichung der hoch gesteckten Ziele geführt haben, beziehen sich insbesondere auf die Brennkammer, den Brennteller bzw. Rost und auf die Brennstoffzufuhr.
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Den Endkunden stehen nun automatische Pellets-Zimmerheizgeräte zur Verfügung, die sowohl ökologisch als auch hinsichtlich ihrer Investitionskosten eine echte Alternative darstellen. Die Frage nach den Umweltauswirkungen eines Produktes bzw. einer Technologie spielt eine wichtige Rolle für die nachhaltige Sicherung des sozioökonomischen Fortschritts und allgemeinen Lebensstandards. Aufstrebende Branchen mit Wachstumspotenzialen sind von dieser Fragestellung besonders betroffen. Die Wertschöpfungskette rund um die Energiebereitstellung aus fester Biomasse gehört dazu. Nicht zuletzt, da auch zukünftig alternative Energiebereitstellung intensiv ausgebaut werden muss, um den steigenden Energiebedarf decken zu können. Eine wesentliche Kenngröße zur Bewertung der Klimarelevanz stellt der Product Carbon Footprint dar. Er ist ein Maß für die treibhausrelevanten Emissionen, die über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes entstehen. Obwohl das Rohmaterial Holz bzw. andere biogene Rohstoffe an sich klimaneutral sind, sind die Produktionsschritte entlang seiner Wertschöpfungskette und die Nutzungsphase vielfach mit Material und Energieeinsatz verbunden und haben somit einen nicht unwesentlichen Einfluss auf unser Klima. Speziell im Gebäudeverband werden bereits jetzt Deklarationen zu den ökologischen Auswirkungen jeder eingebauten Komponente verlangt, in Bezug auf den „CO2-Rucksack“ gehen die Bestrebungen international in die gleiche Richtung. Bei der Umsetzung gibt es allerdings national unterschiedliche Strategien. Diese reichen von einer bloßen Information für Planer bis hin zu einem Zertifikat, das den KonsumentInnen als Vergleichsbasis innerhalb einer Produktgruppe dienen soll. In naher Zukunft wird sich jedes Unternehmen mit seinen Umweltauswirkungen bzw. den Umweltauswirkungen seiner Produkte auseinander setzen müssen. Die ernsthafte Beschäftigung mit dieser Thematik hat auch Vorteile, da Optimierungsmaßnahmen zumeist mit Einsparungen im Bereich Energie, Material oder Verwertung von Produktionsrückständen einhergehen.
2.1.2 Projekt BioUpgrade
Abbildung 2: Tätigkeitsspektrum des Forschungsverbundes BioUp
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Neben der ökologisch notwendigen und politisch verbindlichen Reduktion von Treibhausgasen sprechen vor allem eine Erhöhung der Versorgungssicherheit sowie eine gesteigerte heimische Wertschöpfung für den Ausbau von Biomasse als Energieträger. Biomasse wird aber auch als Rohstoff für die stoffliche Verwertung – wie etwa für die Herstellung von Holzwerkstoffen – immer wichtiger. Darüber hinaus gibt es eine globale Diskussion über die Flächenkonkurrenz zwischen Lebensmittel-, Rohstoff- und Energieerzeugung. Um komplexe Fragestellungen in diesem brisanten Kontext professionell zu bearbeiten, haben sich drei Mitglieder der Austrian Cooperative Research (ACR) zum Forschungsverbund BioUp2 zusammengeschlossen. Neben der Holzforschung Austria (HFA) sind auch das OFI und der Österreichische Kachelofenverband (KOV) an diesem Projekt beteiligt. Ziel ist die Erforschung von Biomasse-Rohstoffen und deren Umwandlung zu Produkten und Halbfertigprodukten für die energetische und stoffliche Nutzung. Kernstück ist dabei das BiomasseTechnikum3, das im Frühjahr 2013 nach dreijähriger Planungs- und Bauphase eröffnet wurde. Das Technikum bietet einzigartige Möglichkeiten für die Erforschung und Entwicklung von Produkten und Prozessen auf Grundlage von Biomasse-Rohstoffen. Die Einführung des Technikumsmaßstabs mit ca. 150 kg Produktdurchsatz pro Stunde ermöglicht es, industrienahe Produkt- und Prozessentwicklung zu betreiben. Soll etwa ein Mischpellet aus Holz und einem landwirtschaftlichen Nebenprodukt entwickelt werden, so ermöglicht das Technikum die Analyse und Optimierung des gesamten Herstellungsprozesses einschließlich Rohstoffzerkleinerung, Störstoffabscheidung, Trocknung, Mischung und Pelletierung. Der Technikumsmaßstab stellt einen entscheidenden Vorteil gegenüber Laborversuchen dar, da sich die Ergebnisse wesentlich leichter auf den industriellen Maßstab übertragen lassen. Dies ist vor allem für Klein- und Mittelbetriebe, die keine eigene Entwicklung betreiben können, von unschätzbarem Wert. Durch robuste Zerkleinerungstechnologien, die vorliegende Störstoffabscheidung und den Bandtrockner können auch schwierige Materialien (z.B. nasse Abfallfraktionen) bearbeitet und damit dem F&E-Prozess zugänglich gemacht werden. Ebenso können Wasch- und Extraktionsverfahren realisiert werden, denen eine immer größere Bedeutung zukommt. Die Entwicklung und Ausstattung des Maschinenparks im neuen Technikum folgte dem Grundsatz, die Fragestellungen der KMU mit möglichst hoher Flexibilität bearbeiten zu können. Alle Maschinen sind daher auf breite Einsatzfähigkeit ausgelegt. Die Firma Andritz hat eigens für das Technikum einen Bandtrockner entwickelt und gebaut, der im Aufbau einem industriellen Trockner inklusive Rezirkulation und Kondensation der Trocknungsluft entspricht. Die Zerkleinerung der Rohstoffe erfolgt je nach Bedarf mittels 4-Wellenzerkleinerer, Kollermühle oder Hammermühle, die sowohl für nassen als auch trockenen Betrieb geeignet sind. Nach der Befeuchtung und Reifung in einer Konditionierstation kann das Material mit Pelletspressen verschiedener Bauart (Flach- und Ringmatrizenpresse) sowie einer Brikettpresse kompaktiert werden. Alle Aggregate des Technikums können aufgrund flexibel einsetzbarer Fördertechnik in beliebiger Weise miteinander kombiniert werden. Daneben können verschiedene homogene Rohstoffmischungen unter feindosierter Zugabe von Additiven erzeugt werden, um für spezielle Aufgabenstellungen optimierte Produkte herzustellen. Eine auf den Forschungsbetrieb abgestimmte Anlagensteuerung ermöglicht eine variable Ansteuerung der Maschinen und eine umfassende Datenauswertung für alle 12
Prozesse. Für die Analyse der neuartigen Biobrennstoffe steht auch eine Messeinrichtung für Staubemissionen zur Verfügung. Zielgruppen des Biomassezentrums sind sowohl Anlagenhersteller als auch Unternehmen, bei denen Biomasse zur Verwertung anfällt, wie z.B. Unternehmen der Wertschöpfungskette Holz, Landwirtschaftsbetriebe, Lebensmittelverarbeiter und alle anderen Stakeholder aus dem Biomassebereich. Der Forschungsverbund befasst sich intensiv mit der kaskadischen Nutzung von Biomasse. Daher werden mögliche stoffliche Nutzungskonzepte für Biomasse energetischen Konzepten ergebnisoffen gegenübergestellt, damit optimale Verwertungslösungen für einen bestimmten Ausgangsstoff definiert werden können. Der Forschungsverbund BioUp hat sich zum Ziel gesetzt, langfristige Partnerschaften mit der Industrie und KMU einzugehen, um die optimierte Nutzung von Biomasse voranzutreiben. Ein Hauptfokus der Aktivitäten liegt auf der Mobilisierung bisher ungenutzter Ressourcen und den damit verbundenen Möglichkeiten für die Wirtschaft.
2.1.3 Feinstaubemissionen und –messung Rahmenbedingungen Gasförmige sowie Feinstaub- bzw. Partikelemissionen sind wegen ihrer potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit im Fokus des öffentlichen Interesses. Dies spiegelt sich zum Beispiel darin wider, dass es in der Europäischen Union für alle Länder verpflichtend ist, neben Ozon regelmäßig und flächendeckend auch Feinstaubemissionen zu messen4. Diese Messpflicht gilt für alle Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 µm, also kleiner einem Hundertstel Millimeter. Das ist weniger als die Dicke eines dünnen Menschenhaars. Diese kleinen Partikel erregen deshalb so viel Aufmerksamkeit, da sie eingeatmet werden können. Je kleiner sie sind, desto tiefer können sie in den menschlichen Körper eindringen. Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 µm können sogar bis in die Lunge gelangen. Daher gibt es seit einiger Zeit in vielen Bereichen Vorschriften für den Ausstoß solcher kleinen Partikel. Dies gilt sowohl für den Verkehr, als auch für die Industrie, die Landwirtschaft und auch für Heizgeräte. Österreich hat für Raumheizgeräte bereits seit einigen Jahren strenge gesetzliche Vorschriften, die den Ausstoß von Feinstaubpartikeln stark limitieren. Diese Vorschriften der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungs-Gesetz (B-VG) über „das Inverkehrbringen von Kleinfeuerungen und die Überprüfung von Feuerungsanlagen und Blockheizkraftwerken“ werden zu Jahresbeginn 2015 weiter verschärft. Dies betrifft einerseits die Anforderungen an die Energieeffizienz. So wird der zulässige Mindestwirkungsgrad von 78 auf 80 Prozent angehoben. Andererseits werden die Grenzwerte für den „organisch gebundenen Kohlenstoff“ von 80 auf 50 mg/MJ und für den Staub von 60 auf 35 mg/MJ deutlich verschärft. Parallel dazu kommt es zu einer Verschärfung der Anforderungen in Deutschland, wo die sehr anspruchsvollen Grenzwerte für Kohlenmonoxid von 1,25 g/m³ sowie für Staub von 0,04 g/m³ in Kraft treten.
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Abbildung 3: Moderner Kachelofen (Quelle: Österreichischer Kachelofenverband/Sommerhuber)
Auf europäischer Ebene gibt es bereits weitgehend fertig gestellte Entwürfe zu einer Ökodesignrichtlinie für Raumheizgeräte. Bekannt sind Ökodesignrichtlinien zum Beispiel aus dem Bereich von Kühlschränken oder Glühbirnen. Sie regeln unter anderem die Energiekennzeichnung (das Labelling) dieser Produkte in Klassen – meist von A+++ bis G. Im Rahmen der Richtlinie für Raumheizgeräte wird es künftig Europa weit sehr strenge Anforderungen an die Energieeffizienz (saisonale Nutzungsgrade) und an die Verbrennungsqualität geben. Dabei werden neben Kohlenmonoxid (CO), Stickoxiden (NOx) und Organisch Gebundenem Kohlenstoff (OGC) vor allem auch Feinstaubemissionen streng limitiert. Die Regelung soll mit Jänner 2022 in Kraft treten. Die dann geltenden Grenzwerte werden sich an den ab 2015 in Deutschland und Österreich festgeschriebenen Anforderungen orientieren, d.h. ab 2022 wird in ganz Europa der Standard eingeführt werden, der heute im deutschsprachigen Raum bereits vorhanden ist. Diese Aussicht stellt eine interessante Exportchance für die heimischen KMU dar, da dieser technologische Standard heute noch keineswegs in allen europäischen Ländern verankert ist.
Messtechnik Mit dem derzeit gültigen Messverfahren werden die Staubemissionen in einem vorgegebenen Intervall in mit Glaswolle gestopften Staubhülsen oder -filtern aufgefangen und anschließend ausgewertet. Letztendlich kann die Staubkonzentration über den gesamten Abbrand bestimmt werden. Es kann aber nicht bewertet werden, wann es zu Emissionsspitzen kommt. Damit können nur sehr schwer Maßnahmen zur Verringerung der Feinstaubemissionen gesetzt werden. Die Versuchs- und Forschungsanstalt der Hafner (VFH) des Österreichischen Kachelofenverbandes forscht gegenwärtig an einer Methode, die es ermöglichen soll, die Feinstaubemissionen bei Raumheizgeräten kontinuierlich zu messen. Damit soll es künftig vor allem auch für die Wirtschaft möglich 14
sein, bereits in der Produktentwicklung gezielt Maßnahmen zu setzen, die zu möglichst geringen Emissionen führen. Der Forschungsansatz geht davon aus, dass die gasförmigen Emissionen von OGC (Organisch Gebundener Kohlenstoff) und Feinstaub in einer direkten Beziehung stehen. D.h. steigt der Ausstoß von OGC, werden sich in einem bestimmten Verhältnis die Feinstaubemissionen ebenfalls erhöhen. Die kontinuierliche Messung der Emissionen von OGC mittels Flammenionisationsdetektor ist seit vielen Jahren erfolgreich etabliert. Die Schwierigkeit ist, das genaue Verhältnis zu ermitteln. Zur Untermauerung dieses Ansatzes verfügt die VFH über ein Messgerät (siehe Abbildung 4), das zeitlich begrenzt die Feinstaubemissionen kontinuierlich messen und anzeigen kann. Dieses Gerät entnimmt über eine Entnahmesonde das Rauchgas direkt aus dem Abgasstrom. Ein Rotationsverdünner vermischt das Rohgas mit Umgebungsluft. Um eine Kondensation während der Messung zu verhindern, ist die Messsonde mit einem Heizelement ausgestattet. Der Verlauf der Ergebnisse kann während der maximal halbstündigen Messung direkt in einer Grafik abgelesen werden. Außerdem können die Daten problemlos auf den Computer übertragen und dort weiter verarbeitet werden.
Abbildung 4: Messgerät zur Bestimmung der Feinstaubemissionen
Nach Abschluss der Forschungsarbeiten wird den KMU der österreichischen Ofenbranche eine Methode zur Verfügung stehen, die ihre heute vorhandene technologische Führerschaft durch die weitere Optimierung der Feinstaubemissionen auch für die Zukunft sicherstellt.
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2.2.
Solarthermie 2.2.1 Trends in der Solarthermie
Eine steigende Weltbevölkerung, Industrialisierung von Schwellenländern und weltweit steigende Mobilitätsanforderungen werden den weltweiten Energiebedarf stark ansteigen lassen, der nur in geringem Ausmaß durch Effizienzmaßnahmen gedämpft werden kann. Erneuerbare Energietechnologien werden dabei in den nächsten Jahrzehnten einen deutlich steigenden Anteil am Energiemix aufweisen, wie zahlreiche Studien5, 6 belegen. Thermische Energie macht einen wesentlichen Anteil des gesamten weltweiten Energiebedarfs aus. Allein der Gebäudesektor verbraucht 35,3 Prozent, von denen 75 Prozent auf die Bereiche Raumheizung und Brauchwassererwärmung fallen. Neben dem Gebäudebereich besteht ein beträchtlicher Verbrauch thermischer Energie auch bei industriellen Prozessen und wärmeintensiven Dienstleistungen. Obwohl Effizienzmaßnahmen den weltweit steigenden Verbrauch nur abschwächen werden können, schaffen diese die notwendigen Voraussetzungen für eine zunehmende Deckung des thermischen Energiebedarfs auf Basis erneuerbarer Energieträger. So werden die knappen fossilen Ressourcen frei, um sie in Bereichen einzusetzen, in denen sie weniger leicht zu substituieren sind. Es ist dabei zu bemerken, dass schon aktuell die solarthermische Energiebereitstellung in den meisten Fällen weit vor anderen (elektrischen) erneuerbaren Technologien liegt (Abbildung 5).
Abbildung 5: Weltweite Gesamtleistung / Energie bei erneuerbaren Energietechnologien
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Die Innovationen im Bereich der solarthermischen Energienutzung betreffen einerseits die Neu- und Weiterentwicklung von Komponenten aber auch die Erschließung von neuen Anwendungsgebieten. In diesem Innovationsradar wird dabei speziell auf die mit hohem Innovations- und Zukunftspotenzial betrachteten Einsatzgebiete des „solarthermisch unterstützten Kühlens“ und in der vermehrt durchgeführten Kopplung von konventioneller Wärmepumpentechnik mit solarthermischen Anlagen ein16
gegangen. Gerade erneuerbare Energiequellen treten meist fluktuierend auf, daher muss der Wärmespeicherung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. In diesem Fachgebiet werden aktuell viele neue Forschungsfragen aufgeworfen. Vor allem wird die Entwicklung von neuen Speichertechnologien intensiv diskutiert, die eine langfristige Speicherung von thermischer Energie mit geringen Verlusten ermöglicht. Abschluss findet dieses Kapitel in der Darstellung von Messmöglichkeiten für Stoff- und Energieströme, um Effizienzsteigerung und -optimierung im betrieblichen Umfeld zu erzielen.
2.2.2 Zukünftige Anwendungen für neue Wärmespeicher Sowohl thermische als auch elektrische Energiespeicher werden bei der künftigen Energieversorgung eine herausragende strategische Bedeutung haben. Allerdings fehlt es bisher an wirtschaftlichen Techniken, um fluktuierende Angebote aus erneuerbaren Energien direkt in einem Medium zu speichern. Aktuell wird jedoch an unterschiedlichen neuen Speichertechnologien geforscht, die mittelfristig neue Anwendungen erwarten lassen. Dadurch ergeben sich auch erweiterte Betätigungsfelder für KMU in einem stetig wachsenden Marktsegment. Die optimale Verwendung von Wärme in solarthermischen Anlagen für die ganzjährige Bereitstellung von Warmwasser und Raumwärme oder die verbesserte Abwärmenutzung ist eng verbunden mit der Entwicklung von kompakten Langzeit-Wärmespeichern. Die Möglichkeit, Wärme in verschiedenen Temperaturbereichen über gewisse Zeiträume (Stunden bis Monate) zu speichern, ist eine Schlüsseltechnologie für verschiedene Energieversorgungsmethoden. Neue, effiziente und verlustarme Speichertechnologien machen auch neue Anwendungen, wie z.B. thermische Speicher in Nutzfahrzeugen oder bei PKW, möglich. So werden vermutlich auch rein elektrisch betriebene Fahrzeuge zukünftig einen Wärmespeicher zur Kabinenheizung und zur Enteisung der Frontscheibe beinhalten. Die Entwicklung neuer Speichertechnologien steht für bestimmte Einsatzzwecke erst am Anfang. Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Demonstrationsprojekte sind für die Entwicklung dieser Speicheranwendungen notwendig. Der aktuelle Status bei neuen Speichertechnologien wird in einem internationalen Arbeitskreis diskutiert8, wo das ACR-Mitglied ASiC die Rolle Österreichs vertritt. Sensible thermische Speicher Bei dieser Art der Speicherung wird ein Speichermedium erhitzt oder abgekühlt. In den meisten Fällen wird Wasser eingesetzt, da es eine hohe spezifische Wärmekapazität besitzt und sehr kostengünstig ist. Kleinere Speicher werden als Pufferspeicher in thermischen Solaranlagen (Warmwasserbereitung) für eine Speicherung über Tage oder Wochen eingesetzt. Große Wasserspeicher (bis zu mehreren tausend m3) werden zur saisonalen Speicherung solarer Wärme zum Heizen im Gebäudebereich meist in Verbindung mit einem Nahwärmenetz gebaut. Mit großen saisonalen Wärmespeichern kann in Deutschland etwa die Hälfte des Gesamtwärmebedarfs von größeren Gebäudeeinheiten solar gedeckt werden. 17
Wärme und Kälte wird auch im Erdreich gespeichert. Hier kann beispielsweise thermische Energie mit einem Temperaturniveau von ca. 10 °C im Winter von einer Wärmepumpe genutzt und im Sommer direkt zur Gebäudekühlung eingesetzt werden. In solarthermischen Kraftwerken werden Salzspeicher oder andere Hochtemperaturspeicher zur Kurzzeitspeicherung (Tageszyklus) in großem Maßstab eingesetzt. Latentwärmespeicher PCM-Speicher (Phase Change Materials) oder Latentwärmespeicher nutzen den Phasenwechsel des Speichermediums – meist fest zu flüssig – zur Energiespeicherung. Dadurch kann in einem kleinen Temperaturintervall (um den Phasenwechsel) deutlich mehr thermische Energie gespeichert werden als z.B. bei sensibler Speicherung. Dies ist vor allem bei der Kältespeicherung von Vorteil. In die Gebäudestruktur integrierte PCM können z.B. mit Schmelztemperaturen um 25 °C die Raumtemperatur bei komfortablen Werten halten: Bei Umgebungstemperaturen über 25 °C nehmen diese Materialien die überschüssige Energie auf und schützen so vor Überhitzung, bei niedriger Umgebungstemperatur geben sie die gespeicherte Energie wieder ab. Obwohl diese Form der Wohnraumkonditionierung funktional gesehen keine Speicheranwendung darstellt (keine steuerbare Be- und Entladung) ist sie ein wichtiges Einsatzgebiet der PCM-Materialien. Thermochemische Speicherprozesse Zur Speicherung thermischer Energie können reversible chemische Reaktionen oder Sorptionsreaktionen genutzt werden. Es wird dadurch ein chemisches Potential unabhängig von der tatsächlichen Temperatur des Speichermaterials zur Speicherung von Energie verwendet. Solche Systeme verfügen potentiell über sehr hohe Energiespeicherdichten, die im Idealfall bis zum Faktor 10 höher liegen als die in Wasser speicherbaren Energiemengen. Die meisten thermochemischen Speicherkonzepte befinden sich jedoch erst im Stadium der Grundlagenforschung. Am weitesten entwickelt sind bislang Ad- und Absorptionsprozesse. Hierbei wird in der Regel Wasserdampf an festen, mikroporösen Adsorbentien (z.B. Zeolith oder Silicagel) oder an wässrigen Salzlösungen (z.B. Lithiumchlorid) sorbiert. Dabei wird Wärme freigesetzt. Zum Laden des Speichers muss durch Wärme der Wasserdampf wieder desorbiert werden. Offene Sorptionsspeicher werden für ihren Einsatz bei der Nutzung industrieller Abwärme untersucht. Vor allem im Bereich industrieller Trocknungsprozesse können hier effiziente und wirtschaftlich interessante Systeme entstehen. Neben der Speicherung bieten offene Sorptionsspeicher auch die Möglichkeit, Wärme in Kälte zu transformieren, was z.B. für die solare Gebäudeklimatisierung genutzt wird. Die für Sorptionsreaktionen nötigen Regenerations- und Nutzungstemperaturen liegen typischerweise im Bereich von 20 °C bis 150 °C. Technologische Trends bei sensiblen Speichern Großspeicher (Wasserspeicher) spielen in Wärmenetzen auch in Österreich eine zunehmend wichtigere Rolle (Linz, Wels, Wien, Theiß). Neben der reinen Bevorratung von Wärme machen sie neue Betriebskonzepte für Kraftwerke möglich (Stichwort: wärmebedarfsgesteuerter Betrieb). Die Entwicklung von flexiblen Planungskonzepten sollte es möglich machen, die Speicherkonzepte in Zukunft leichter an die geologischen Anforderungen anpassen zu können (Kiesspeicher, Aquiferspeicher, 18
Bohrlochspeicher etc.). Verbesserte Dämmungen und Schichtungseinrichtungen haben das Ziel, den wirtschaftlichen Betrieb der großen Speicher ohne zusätzliche Wärmepumpe zu ermöglichen. Damit ist eine weitere Verbreitung, auch zur Bevorratung von Solarwärme in Siedlungen, möglich. Bei Kraft-Wärme-Kältekopplungsanlagen ermöglichen Wärmespeicher einen stromgeführten (ev. Energieversorgungsunternehmen-gesteuerten) Betrieb. Dies können sowohl neue, kompakte Speichertechnologien aber prinzipiell auch konventionelle Wärmespeicher sein. Die Ausführung hängt hauptsächlich von wirtschaftlichen Randbedingungen ab. Verbesserung von Dämmungen bei kleineren Wasserspeichern (bis ca. 1.000 Liter) oder neue Konstruktionskonzepte (DoppelwandVakuum) helfen, die thermischen Verluste zu reduzieren. Solarthermische Kraftwerke nutzen eutektische Mischungen von Salzschmelzen, um Wärme im Temperaturbereich von 200 °C bis 400 °C zu speichern. Diese Schmelzen weisen den niedrigsten möglichen Schmelzpunkt auf. Neue Materialentwicklungen werden diese Salze auch im Bereich niedrigerer Temperaturen (100 °C bis 200 °C) verwendbar machen. Technologische Trends bei Phasenwechselspeichern (PCM) PCM stehen mit verschiedenen Schmelztemperaturen zur Verfügung. Momentan wird verstärkt an neuen Materialien mit hohen Speicherkapazitäten und günstigen ökonomischen Randbedingungen geforscht (Zuckeralkohole, Salzhydrate). Prinzipiell sind auch Stoffe (Kunststoffe) denkbar, die durch Rekristallisation in festem Zustand Wärme aufnehmen und freisetzten. Daneben wird angestrebt, kleine gekapselte PCM-Kugeln in einer Flüssigkeit pumpbar zu machen. Seitens der Anwendung werden PCM hauptsächlich für die Stabilisierung thermischer Zustände (z.B. Raumtemperatur, Körpertemperatur, Überhitzungsschutz) verwendet. Neue Materialien machen in Zukunft jedoch auch neue Anwendungen möglich. Technologische Trends bei Thermochemischen Speicher-Technologien Einige laufende Projekte beschäftigen sich in Österreich mit der Nutzung von thermochemischen Prozessen. Dafür müssen Anwendungen mit den passenden Randbedingungen gefunden werden und die entsprechenden Apparate (Speicher, Wärmereaktor, Wärmetauscher) entwickelt werden. In Labor-Prototypen ist es bisher gelungen, etwa die zwei- bis dreifache Speicherdichte von Wasserspeichern zu erreichen. Da in diese Technologie langfristig die größten Erwartungen gesetzt werden, finden Forschungsentwicklungen in mehreren Richtungen statt: • • •
industrielle Abwärmespeicherung und -verteilung saisonale Speicher mobile Speicher in Fahrzeugen.
Ziel der Forschungsaktivitäten ist es, bis 2020 etwa die fünffache Speicherdichte von Wasser im kleinen Maßstab nutzbar zu machen.
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2.2.3 Thermisches Kühlen
Wärme
thermisch angetriebener Kühlprozess
Kaltwasser
klimatisierte Luft
Abbildung 6: Prinzipskizze solarthermisches Kühlen
Was auf den ersten Blick unvereinbar klingt, zeigt in der Praxis erhebliches Potenzial. Das solarthermische Kühlen ist eine Möglichkeit, einen Teil des Energiebedarfs zur Gebäudekühlung mit Hilfe von Sonnenenergie abzudecken. Die Idee von solarem Kühlen existiert schon seit vielen Jahren: Hohe Solarstrahlung bewirkt bei Gebäuden einen großen Kühlbedarf – aber auch durch die Strahlung ein großes Angebot an Antriebsenergie für die Klimatisierung. Doch was sich auf den ersten Blick als ideale technische Lösung präsentiert, zeigt bei genauerer Betrachtung noch einige Herausforderungen, die gelöst werden müssen. Dazu gehören unter anderem die noch deutlich höheren Investitions- und Wartungskosten solcher Anlagen, wodurch gekoppelt mit den niedrigen Preisen für elektrische Energie eine wirtschaftliche Umsetzung dieser Projekte erschwert ist. Aktuell sind in Europa deshalb nur etwa 1.000 Demonstrationsanlagen installiert worden. Technologisch werden folgende Anlagen eingesetzt: Absorptions- und Adsorptionskälteanlagen funktionieren im Wesentlichen wie eine herkömmliche Kältemaschine. Durch die Verdichtung und Entspannung eines Kältemittels kann Wärmeenergie aufgenommen und an anderer Stelle wieder abgegeben werden. Beide gemeinsam besitzen die Fähigkeit, die für die Funktion notwendige Verdichtung des Kältemittels nicht durch einen elektrisch betriebenen Kompressor zu erreichen, sondern hierfür thermische Energie (z.B. aus einer solarthermischen Anlage) zu nutzen. DEC-Anlagen (desiccant cooling) sind als offene Systeme konzipiert, die durch eine geschickte Kombination von Wärmetauschern sowie Be- und Entfeuchtungseinrichtungen die Zuluft so vorkonditionieren können, dass damit eine Klimatisierung möglich ist. Hier wird die Wärmeenergie aus einer solarthermischen Anlage dazu verwendet, die sorptive Entfeuchtungseinrichtung wieder zu regenerieren. Technologische Trends Die Technologie der solarthermischen Kühlung hat durch die installierten Demonstrationsanlagen bewiesen, dass signifikante Energieeinsparungen möglich sind. Gleichzeitig hat man auch erkannt, dass viele Firmen mit den im Vergleich zur Kompressionskälte komplexeren hydraulischen und rege-
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lungstechnischen Anforderungen überfordert sind. In den letzten Jahren haben die ACR-Institute zahlreiche Projekte abgewickelt, um die Qualität und Effizienz von Kühlanlagen zu erhöhen. Die Herausforderungen für die nächsten Jahre stellen sich wie folgt dar:
Aufbau von Qualitätssicherungsmaßnahmen zur Vermeidung von Fehlern in Installation und Regelung sowie Sicherstellung der optimalen Betriebsweise. Aus- und Weiterbildung von Fachpersonal sowie Verbreitung von Know-how: Die Installation, die Planung oder der hydraulische Abgleich erfordern einen höheren Planungsaufwand als der Einbau von elektrisch betriebenen Kältemaschinen. Fachfirmen für diese Tätigkeiten sind momentan noch gering an der Zahl. Schrittweise Verminderung von Aufwand und Kosten für die Errichtung derartiger Systeme durch Standardisierung, um eine bessere Ausgangsbasis für den wirtschaftlichen Vergleich mit konventionellen Systemen zu schaffen. Etablierung von potentiellen Märkten, damit die Hersteller ihre Produktion auf größere Stückzahlen auslegen und somit die Herstellungskosten vermindert werden können.
2.2.4 Kopplung von Wärmepumpen und Solarthermie
Abbildung 7: Kombination von Wärmepumpe und Solarthermie
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Wärmepumpen- und Solarthermieanlagen sind in Österreich bereits gut etablierte Energiegewinnungs-Systeme. Die beiden Branchen haben sehr viel Arbeit investiert und damit hohe Qualitätsstandards erreicht sowie das Know-how zur korrekten Installation der Systeme an Installationsbetriebe erarbeitet.
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In den letzten Jahren ist jedoch eine Stagnation des Wachstums in beiden Branchen zu erkennen. Neue Impulse erhofft man sich durch die Kombination von Wärmepumpen mit thermischen Sonnenkollektoren. Die ersten Ansätze zur Kombination der beiden Technologien waren meist Luft-WasserWärmepumpen, bei denen die Ansaugluft der Wärmepumpe entweder über einfache Dachkollektoren geführt oder an kalten Tagen durch das Erdreich vorgewärmt wurde. Eine weitere Möglichkeit stellen Systemkombinationen dar, die zwar den gleichen Pufferspeicher benutzen, sonst aber voneinander unabhängig arbeiten. Eine solche Kombination von thermischen Kollektoren mit einer Wärmepumpe erlaubt die Deckung des Warmwasserbedarfs außerhalb der Heizsaison zum Großteil durch Solarthermie. Dadurch sinken die Jahreslaufzeiten von Kompressor (und Sole- bzw. Brunnenwasserpumpe); bei der Wärmequelle Erdreich wird die Regenerationsfähigkeit des Erdreichkollektors durch kürzere Nutzung erhöht. Die für die Wärmepumpe energetisch ungünstige Warmwasserbereitung (Warmwassertemperatur ist höher als die Heizungstemperatur) wird reduziert, was zu verbesserten Jahresarbeitszahlen der Wärmepumpe führt. Weitere Optimierung beider Systeme verspricht die Kombination von thermischen Kollektoren mit Wärmepumpen, bei der auch eine Zufuhr von Energie direkt aus der Solaranlage an die Wärmequelle der Wärmepumpe ermöglicht wird. Dadurch können deutlich niedrigere Temperaturniveaus der thermischen Kollektoren genutzt werden, wodurch der Jahresertrag der Solaranlage gesteigert werden kann. Bei einer Kombination mit einer Erdreichwärmepumpe kann die Stagnation der Solaranlage bei solarem Überangebot im Sommer wirkungsvoll verhindert werden, während gleichzeitig eine verbesserte Regeneration des Erdreichkollektors erreicht werden kann. Die Wärmepumpe profitiert von der Erhöhung des Verdampfungstemperaturniveaus, wodurch sich die Jahresarbeitszahl verbessert. Ein weiteres interessantes System stellt die Kombination von Wärmepumpe, Solaranlage und Eisspeicher dar. Der Eisspeicher dient der Wärmepumpe als Wärmequelle und wird durch die Solaranlage regeneriert. Durch die hohe Energiedichte (Nutzung der Latentwärme des Phasenwechsels zwischen Eis und flüssigem Wasser) und das geringe Temperaturniveau sind Platzbedarf und Verluste des Eisspeichers gering, wodurch das System auch bei eingeschränkten Platzverhältnissen eingesetzt werden kann. Die Hindernisse, die bei den genannten Systemen zu beobachten sind, erinnern sehr stark an jene aus den Anfängen von Solarthermie- und Wärmepumpensystemen: Es gibt noch keinen „Stand der Technik“, die Installationsbetriebe sind oft mit der Komplexität von Hydraulik und Regelung überfordert und immer wieder werden mit überzogenen Versprechen bezüglich Einsparungen Erwartungen bei den Endkunden geweckt, die dann nicht erfüllt werden können. Die Herausforderungen der nächsten Jahre sind dabei folgende Punkte:
Etablierung eines „Stand der Technik“ Weiterbildung von Fachpersonal Werkzeuge zur realistischen Abschätzung der zu erwartenden Erträge
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2.3.
Mobile Energieoptimierung
Die Motivation Der Nationalrat beschloss im Juli 2014 das neue Energieeffizienzgesetz (EEffG). Neben der gesetzlichen Verpflichtung für Großunternehmen zur Einführung eines Energiemanagementsystems sind zukünftig auch Energielieferanten (u.a. EVUs, aber auch Heizwerkbetreiber und Pelletsproduzenten) zur Verbesserung von Energieeffizienz (in der Erzeugung und beim Endverbraucher) verpflichtet. Aber auch für die nicht durch dieses Gesetz verpflichteten KMU macht ein effizienterer Energieeinsatz durchaus Sinn. Die wirtschaftliche Rentabilität ist in allen Industriezweigen und in Betrieben aller Größenordnung in den letzten Jahren zunehmend in den Mittelpunkt gerückt: Maximale Produktivität bei minimalem Ressourcenverbrauch lautet der Vorsatz. Die exakte Erfassung, Auswertung und Analyse der Anlagenparameter stellt dabei die Basis für weitere Vorgehensschritte dar. Die Lösung Die drei ACR-Institute OFI, GET und KOV haben sich aus diesem Grund zusammengetan und mit dem EnO-Mobil die entsprechende Infrastruktur angeschafft – welche teilweise über BMWFWFördergelder kofinanziert wurde – um ihren Kunden zukünftig mobile FEI-Dienstleistungen im Bereich der Energieoptimierung anbieten zu können. Das EnO-Mobil ermöglicht es – direkt Vorort beim Kunden – Stoff- und Energieströme zu bestimmen, zu bilanzieren und in weiterer Folge zu optimieren.
Abbildung 8: EnO-Mobil - Mobile Energieoptimierung
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Ergebnisse aus hochmoderne Messtechnik wie bspw. von einem FTIR Multigasanalysator (zur simultanen Bestimmung von Gaskomponenten) oder mehreren Ultraschall-Durchflussmessgeräten (zur Ermittlung der Durchflussmengen flüssiger und gasförmiger Medien in Rohrleitungen), sowie weiteren Messgeräten werden in einem mathematischen Modell einer Energiebilanzierungssoftware verknüpft und mittels Parametervariation können daraus Optimierungspotentiale abgeleitet werden. Großes Augenmerk wurde dabei auch auf die eingesetzten Schnittstellen und die Softwareprogrammierung bei der Datenerfassung und -speicherung gelegt, die ein Zusammenfassen und synchrones Darstellen der Ergebnisse „just in time“ vorsieht. Mit diesem essenziellen Asset kann die Auswirkung der Veränderungen einzelner Einflussgrößen direkt beim Kunden erfasst, visualisiert und ausgewertet werden, sodass Rückschlüsse zur Energieoptimierung erstmals Vorort und im unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Datenerfassung möglich sind. Durch die Bündelung der Institutskapazitäten und -kompetenzen, gepaart mit dem zusätzlichen Ausbau in Form der mobilen Datenerfassung und -auswertung, können auf sehr effiziente Art und Weise Energie- und damit auch Kosteneinsparpotentiale in unterschiedlichsten Gewerbe- und Industriebereichen aufgezeigt werden. Die Umsetzung dieser trägt in weiterer Folge nicht nur zur Reduktion des CO2-Ausstoßes bei, sondern sichert auch nachhaltig die Konkurrenzfähigkeit der Betriebe und die Arbeitsplätze der dort tätigen Mitarbeiter.
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3.
Trends in der Photovoltaik
In den letzten Jahren erfuhr die Photovoltaik (PV), also die Stromerzeugung direkt aus Sonnenlicht, einen enormen Aufschwung. So wurden im Jahr 2013 rund 263 MWp (Mega Watt peak = maximale Leistung einer PV-Anlage bei Normbedingungen) an Leistung in Österreich neu installiert. Insgesamt waren damit am Ende des Jahres 2013 626 MWp installiert, welche rund 1,1 Prozent des Gesamtstromaufkommens bereitstellen10, 11. Dies bedeutet eine Steigerung von 81 Prozent im Vergleich zum Jahr 2012 (0,61 Prozent) 10. Für 2020 ist bereits eine Installierte PV-Leistung von 6,4 GWp für Österreich prognostiziert, was dann einem PV-Anteil am Stromverbrauch von 8 Prozent entsprechen wird11.
Der erneute Wachstumssprung ist dabei primär auf die weiter gefallenen Preise und die steigende Akzeptanz der Technologie zurückzuführen10.
25
3.1.
Gebäudeintegrierte PV
Für Mitteleuropa und Österreich im Speziellen – einem gebirgigen Land, in dem die freiliegenden Flächen hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt werden – sehen Experten die potentiellen Installationsflächen für Photovoltaik-Anlagen überwiegend am Gebäude. Das technische Potenzial von „Building-integrated photovoltaics“ (BIPV) in Österreich beträgt ca. 140 km² Dachfläche und ca. 50 km² Fassadenfläche. Gemäß einem Bericht der Internationalen Energieagentur12 ist es möglich, durch den Ausbau des theoretisch gebäudeintegrierten Potenzials in Österreich einen jährlichen elektrischen Ertrag von rund 18,7 TWh zu erzeugen. Daraus lässt sich ableiten, dass in Österreich allein durch den Ausbau der BIPV ein bedeutender Anteil des zukünftigen Strombedarfs gedeckt werden kann13, 14. In Österreich waren 2012 aber nur 2,2 Prozent aller installierten PV Anlagen gebäudeintegriert, der fassadenintegrierte Anteil betrug nur 0,6 Prozent (3.850 kWp)10. Weltweit wurden bis Anfang 2014 0,1 GWp der PV-Anlagen in die Gebäudehülle integriert, 8 GWp an PV-Anlagen Leistung wurde an Gebäuden angebracht. PV-Module werden derzeit meist additiv in Form von Standardmodulen an Gebäuden und dabei v.a. auf Dachflächen angebracht. Allerdings ergeben diese Auf-Dach-Lösungen oft ästhetisch fragwürdige Objekte, die langfristig und bei höherer Verbreitung – wie das z.B. in Bayern bereits beobachtet werden kann – optisch störend wirken. Dies kann wiederum zu einer verminderten Akzeptanz der Technologie in der Gesellschaft führen. Vor allem für historisch gewachsene Städte wie z.B. Wien sind solche Installationslösungen nicht denkbar. Da die EU-Gebäuderichtlinie ab 2020 strenge Richtlinien für den Energieverbrauch von Gebäuden vorgibt („nearly Zero energy“)15, muss es Ziel sein, wirtschaftlich und optisch verträgliche Lösungen für bauteilintegrierte PV zu entwickeln. Die symbiotische Vereinigung von Architektur mit dem aktuellen Trend zu nachhaltigen Energietechnologien bietet für ein Technologie- und Kulturland wie Österreich große Chancen. Denn ganz im Gegensatz zu den preislich stark unter Druck geratenen Standard-PV-Modulen, deren Produktion heutzutage zu einem Gutteil in Asien stattfindet, kann bei der BIPV eine wesentlich höhere regionale Wertschöpfung erreicht werden. Teile der Gebäudehülle wie z.B. Dach, Fassade, Fenster, Brüstungen, Sonnenschutzeinrichtungen oder Balkone können durch Kombination mit PV-Zellen mit dem „Zusatznutzen“ Stromgewinnung ausgestattet werden und so durch ihre Multifunktionalität einen hohen Mehrwert bieten. Außer Glas/Glas-Fassadenelementen, basierend auf kristalliner Silizium Technologie, gibt es heutzutage keine technisch, wirtschaftlich und ästhetisch ansprechende gebäudeintegrierte Lösung vor allem für Fassaden, die sich am Markt durchsetzen konnten. Neben der Nutzung üblicher mono- und polykristallinen Solarzellen in BIPV-Modulen (die jedoch den optischen Ansprüchen v.a. in Richtung Farbgestaltung oft nicht genügen), spielen für die Gebäudeintegration der PV vor allem neue Entwicklungen wie organische Solarzellen oder Dünnschichtfolien eine bedeutsame Rolle, um dem Anspruch der Multifunktionalität von BIPV sowie architektonischen Anforderungen gerecht zu werden. Des weiteren stellen Oberflächenbedruckungen der Module, farbliche Variation der Zelloberflächen sowie ein Einfärben der polymeren Einkapselungen oder der silberfarbenen Zellverbinder mögliche Ansätze dar, um das Erscheinungsbild der PV-Module in der Gebäudehülle ästhetisch ansprechender zu machen.
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Die Entwicklung innovativer Produkte für die bauteilintegrierte Photovoltaik ist somit ein innovatives Forschungsthema mit hoher Interdisziplinarität, denn es müssen neben -
-
Materialentwicklungen, Bauteiloptimierungen und PV-Modulentwicklungen auch viele elektrotechnische bautechnische- und bauphysikalische sowie energiesystemtechnische Probleme
gelöst werden. Die Implementierung der stromerzeugenden PV-Module in die Gebäudeteile erfordert aber auch eine Abstimmung mit Bauherrn, Architekten und Stadtplanern. Durch den Aufbau des notwendigen Know-hows und der technischen Grundlagen werden die ACR-Institute gemeinsam mit den österreichischen Wirtschaftspartnern einen international anerkannten Technologie-Schwerpunkt entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf dem Gebiet der BIPV in Österreich etablieren. Österreich beteiligt sich auch am neuen Forschungsschwerpunkt der Internationalen Energieagentur IEA, der unter dem Thema „Beschleunigung von BIPV“ (= TASK 15 der Internationale Energieagentur PVPS) eine höhere Marktdurchdringung von BIPV zum Ziel hat15. Ausgehend vom aktuellen Status (2014)
kleiner Marktanteil: 1-3% des gesamten PV-Marktes teuer (Preisrahmen : Faktor 1,3 - 40 BIPV/BAPV) geringe Marktdurchdringung, hauptsächlich Prototypen
sollen durch Initiativen des Task 15 bis 2020 folgenden Zielvorgaben erreicht werden: → Marktanteil 10 Prozent → Preisrahmen : Faktor 1,0-1,6 BIPV/BAPV (Building integrated photovoltaic/Building attached Photovoltaic) → höhere Marktpenetration
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3.2.
Materialien
Ein PV-Modul stellt vom Aufbau her einen Multimaterialverbund dar, der neben den meist anorganischen, PV-aktiven Komponenten (kristalline Silizium-Zellen oder Dünnschichtzellen aus verschiedenen Halbleitermaterialien wie CdTe, Si, CIGS oder CZTS) polymere Einbettungen und Glas bzw. polymere Rückseitenfolien als Einkapselungen enthält. Für die Verbindung der Zellen und zur Stromabführung werden leitende Metall-Bändchen und Verbinder eingesetzt, die metallischen Rahmen und Kunststoffanschlussdosen werden über polymere Dichtungen mit dem Modul verbunden (siehe Abbildung 9).
Abbildung 9: Aufbau Solarmodul
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Durch das Zusammentreffen mehrerer, sehr unterschiedlicher Materialien sind deren Abstimmung betreffend chemischer Verträglichkeit, Anpassung der thermischen und mechanischen Eigenschaftsprofile sowie eine Optimierung der optischen Charakteristika ganz wesentliche Faktoren, die die Langzeitbeständigkeit und Energieausbeute des Gesamtsystems „PV-Modul“ mitbestimmen. Beschleunigte Alterungstests an neu entwickelten Modulaufbauten in Kombination mit innovativen Analysemethoden können eine deutliche Minimierung der Produktentwicklungszeiten ermöglichen.
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3.3.
Qualitätssicherung
Für die Qualitätssicherung ist in der Photovoltaikbranche neben der Eingangskontrolle der eingesetzten Materialien und Einzelkomponenten vor allem die Ausgangskontrolle der produzierten Module vor Installation und die laufende Überprüfung der PV-Module im Feld von Bedeutung. Während für die Überprüfung der Materialien VOR dem Einbau ins Modul zahlreiche chemische, physikalische, elektrische und mechanische Prüfverfahren zur Verfügung stehen, müssen für die Qualitätssicherung des fertigen PV-Moduls vor allem zerstörungsfreie Analysenmethoden zum Einsatz kommen. Neben den standardisierten Testprozeduren17, 18, 19, die jede neue Modultype betreffend Sicherheitsqualifikation, Designqualifizierung und Typengenehmigung durchlaufen muss, werden am Ende der Produktionskette elektrische Leistungsmessungen an den Modulen und in vielen Betrieben auch eine Überprüfung der Funktionalität der stromliefernden Komponenten durch bildgebende Verfahren wie Elektrolumineszenz (EL) und/oder Thermographie durchgeführt. Damit können inaktive Zellen oder gebrochene Leiterbahnen detektiert werden (Abbildung 10).
Abbildung 10: EL-Aufnahme eines kristallinen Si-Moduls mit Fehlstellen – markiert in rot
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Für die Überprüfung der Funktionalität im Feld setzen sich Thermographiemethoden immer mehr durch (siehe Abbildung 11). An einer systematisierten Auswertung von aufgenommenen Thermographieaufnahmen und einem automatisierten Fehlerzuordnungskonzept wird gearbeitet21. Auch im Projekt „InSolTec“ werden unterschiedliche Verfahren zur Fehlererkennung in PV-Modulen entwickelt22.
Abbildung 11: Thermographie-Aufnahme
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3.4.
Monitoring-Systeme
Die Überwachung von PV-Systemen spielt eine immer wichtigere Rolle am PV-Markt. Dies hat mehrere Gründe: -
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-
Aufgrund sinkender Förderungen ist eine voll funktionsfähige Anlage ein wesentliches Kriterium für den wirtschaftlichen Betrieb über die lange Lebensdauer von PV-Systemen. Für den Handel der erzeugten Energie am Strommarkt sind exakte Prognosen der Erzeugung notwendig. Monitoring Systeme bieten hier durch die Zusammenführung mit Wetterdaten ein effektives Tool. Insbesondere große Anlagen sind für Betreiber oftmals unübersichtlich, demgegenüber wollen Privatanwender für die Überwachung möglichst wenig Zeit investieren. Automatisierte Systeme bieten hierfür funktionale Mittel zur einfachen Fehlererkennung. Installierte Anlagen müssen laufend überprüft und gewartet werden. Aufgrund der Zuwächse in den letzten Jahren besteht entsprechend hohes Potential.
Anlagenüberwachung kann in zwei wesentliche Gruppen unterteil werden. Zum einen werden Datensysteme verwendet, welche periodisch Messdaten erheben und diese auswerten bzw. visualisieren. Dabei können Erträge überprüft und Betriebsabweichungen aus der Ferne festgestellt werden. Zum anderen gibt es mittlerweile eine Fülle von messtechnischen Methoden, wie Anlagenkomponenten direkt vor Ort auf ihrer Leistungsfähigkeit getestet werden können. Hierbei werden Messungen durchgeführt und eine Vergleichbarkeit mit den ursprünglichen Ausgangsparametern geschaffen. Im Bereich der (Fern-)Überwachung werden Messdaten wie Spannungen, Leistungen und Energien wie auch Umgebungsbedingungen (Einstrahlung, Temperatur und Windgeschwindigkeit) erfasst. Es folgt meist eine Aufbereitung der Daten sowie deren Speicherung. Für Kunden bzw. Betreiber werden die Ergebnisse in unterschiedlichster Form visualisiert, um mögliche Abweichungen von einem gewünschten Verhalten darzustellen. Neben diesem klassischen Ansatz der einfachen Darstellung der Daten wird immer mehr eine automatisierte Analyse der Anlagenergebnisse gefordert. Kleine Fehler können aufgrund der hohen Leistung und großen Anzahl an Einzelkomponenten kaum mehr erkannt werden, verursachen über längere Zeiträume jedoch wesentliche Einbußen. Komplexe Modelle und Algorithmen werden eingesetzt, um Messergebnisse auf Plausibilität zu überprüfen. Geringste Abweichungen vom Normbetrieb können somit erkannt und abhängig von ihrer Auswirkung charakterisiert werden. Nach dem Erkennen eines Fehlers wird in einem nächsten Schritt die Ursache des Fehlers (Art, Auftreten, Ort und Auswirkung) analysiert und der Kunde automatisiert informiert (SMS, E-Mail etc.). Notwendiges Kriterium ist auch die Vermeidung von falschen Alarmen, diese können schnell zu ungewollten Veränderungen in der Verwendung führen. Das ASiC hat in diesem Bereich durch diverse Projekte mit namhaften Industriepartnern umfangreiche Expertise aufgebaut23. Vor allem durch den Einsatz von modulbasierten Optimierern, Wechselrichtern bzw. Überwachungseinheiten steigt die Menge an Daten, welche zum Monitoring dauerhaft zur Verfügung stehen. Neben entsprechenden Möglichkeiten des Datenmanagements müssen einfache, kostengünstige und vor allem langzeitstabile Hardware-Komponenten zur Integration in die Modulanschlussdosen entwickelt werden. 30
Daneben bieten Monitoring-Systeme bereits eine Fülle von weiteren Möglichkeiten bei der Integration ins Netz bzw. in Energiemanagementsystemen. Hierzu zählen unter anderem die Regelung von PV-Anlagen durch den Netzbetreiber im Falle von Netzüberlastung. Aufgrund der teilweise beträchtlichen Anschlussleistung in einzelnen Netzbereichen kann es erforderlich sein, die Anlagenleistung zu Spitzenzeiten zu drosseln. Eine entsprechende Kommunikation zwischen den Akteuren ist hierbei wesentlich, weshalb Monitoring-Systeme aufgrund ihrer Flexibilität und Datenbereitstellung dafür eingesetzt werden. Im Bereich Energiemanagement stellen Monitoring-Systeme die Verbindung zwischen Erzeuger und Verbraucher her. Verschiedenste Geräte können erzeugungsgesteuert aktiviert und der Eigenverbrauch dadurch gesteigert werden. Durch die Integration von Wettervorhersagen können Energieprognosen erstellt werden, welche sowohl für den Handel an der Strombörse essentiell aber auch im Privaten für höhere Eigenverbrauchsquoten notwendig sind. Zu den Vor-Ort-Services von PV-Anlagen zählen unter anderem die Reinigung und Überprüfung von Anlagenkomponenten, insbesondere den Modulen. Für die rasche Auffindung von defekten Modulen kann vor allem die Infrarot-Thermografie eingesetzt werden. Besonders innovativ ist beispielsweise der Einsatz von Drohnen als Kameraträger. Große Flächen können in kürzester Zeit analysiert werden. Mobile Teststände unterstützen bei der Analyse von Schadensbildern und der Erstellung von Garantiegutachten. Studien zeigen, dass bei einem weltweiten PV-Zubau von rund 37 GW der Markt für Monitoring Systeme rund 39,7 GW beträgt24. Dies resultiert in erster Linie aus einer verstärkten Nachrüstung von bereits bestehenden Installationen. Abbildung 12 zeigt die Marktverteilung aufgeschlüsselt nach Unternehmen und Zuwachsraten. Für Unternehmen bieten sich daher gute Möglichkeiten an, unabhängig von Neuinstallationen durch Monitoring ihren Umsatz hochzuhalten bzw. zu steigern. Aufgrund rasch wechselnder politischer und behördlicher Vorgaben gilt es, diese rasch umzusetzen und im optimalen Fall stets einen Schritt zuvor zu sein. Hohe Innovationskraft ist daher von den Unternehmen gefordert. Zusätzlich ist auch die Vernetzung mit dem Energiesystem wesentlicher Entwicklungsbereich. Komplette Lösungen sind für den effizienten Einsatz in Smart Homes und Smart Grids notwendig. PV-Monitoring bietet vor allem für kleine und mittlere Unternehmen die Möglichkeit, sich in ausgewählten Fachgebieten zu spezialisieren. Neben der Entwicklung und Installation der Komponenten zählen hierzu im Besonderen die Bereiche der Datenverarbeitung (Übermittlung, Speicherung, Analyse) und Messtechnik.
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25
Abbildung 12: Ăœberwachte Anlagenleistung im Jahr 2013 nach Unternehmen und neu hinzugekommener Leistung .
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3.5.
Eigenverbrauchserhöhung
Die Erhöhung des Eigenverbrauchs ist gerade bei nicht- oder investitionsgeförderten Anlagen ein wesentliches Mittel zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit. Neben gesunkenen Preisen haben sich auch Förderungen deutlich verringert. Beispielsweise beträgt die geförderte Einspeisevergütung in Österreich 2015 nur mehr rund 0,14 €/kWh, während im Jahr 2006 noch 0,42 €/kWh ausbezahlt wurde26. Betrachtet man die Gestehungskosten von PV-Strom, liegen diese selbst aus kleinen Anlagen bereits unterhalb des durchschnittlichen Haushaltsstromtarifs. Es ist deshalb sinnvoll, einen möglichst großen Anteil an PV-Strom selbst zu verbrauchen und nur mehr den Überschuss abzugeben. Werden herkömmliche Dimensionierungsrichtlinien herangezogen (durchschnittlicher Haushalt mit rund 5 kWp PV) zeigt sich jedoch, dass maximal bis zu 30 Prozent des PV-Stroms direkt verbraucht werden können und rund 70 Prozent mit geringem Ertrag an den Stromhändler gehen. Die mögliche Eigenverbrauchsrate, also das Verhältnis von direkt selbst verbrauchter PV-Energie zu gesamt produzierter PV-Energie, ist in erster Linie vom Verbrauchsverhalten abhängig. Da die PV-Anlage nur bei Solarstrahlung Strom produziert, können nur untertags betriebene Lasten den Eigenverbrauch erhöhen. Beispielsweise passt dies in einem Bürogebäude, wo elektrischer Bedarf vor allem zum Betrieb von Beleuchtung, Computern und Klimatisierung vorhanden ist, sehr gut. Ein Zwei-Personen-Haushalt, wo beide Personen untertags berufstätig sind, wird hierbei schlechter abschneiden. Auch im Gewerbe können PV-Anlagen effektiv zur Eigenstromversorgung eingesetzt werden. Besonders bei hohen Verbräuchen tagsüber können der Stromzukauf verringert und die Amortisationszeiten gesenkt werden. In der Kalkulation müssen jedoch etwaige Steuern entsprechend berücksichtigt werden. Die Grenze für die Elektrizitätsabgabe für Eigenstromverbrauch wurde jedoch 2014 auf 25 kWp bzw. 25000 kWh/a erhöht. Zur Erhöhung des Eigenverbrauchs bieten sich verschiedene Maßnahmen an. Die einfachste Variante ist eine Verringerung der installierten PV-Leistung. Dadurch wird weniger Energie erzeugt, von welcher ein größerer Anteil selbst verbraucht werden kann. Die Wirtschaftlichkeit ist jedoch nicht in gleichem Maße gegeben, da kleine Anlagen verhältnismäßig teurer sind. Durch eine Ost-West-Ausrichtung der PV-Anlage wird ein gleichmäßigeres Erzeugungsprofil erreicht. Bedarfsspitzen in der Früh beziehungsweise am Abend können dadurch besser abgedeckt werden. Eine entsprechende Möglichkeit zur Ausrichtung der Montagefläche ist jedoch notwendig. Sofern möglich, stellt die Optimierung des Nutzerverhaltens eine wirkungsvolle Variante zur Erhöhung des Eigenverbrauchs dar. Verschiebbare Lasten, oftmals werden hier Waschmaschine und Geschirrspüler genannt, ermöglichen einen gesteigerten Verbrauch in Zeiten hoher Einstrahlung. Der Nutzer muss hierfür jedoch gewisse Abstriche in Kauf nehmen bzw. seine Lebensgewohnheiten verändern, wozu aufgrund der geringen Energiepreise und der begrenzten Einsparungsmöglichkeiten nur wenig Anreiz besteht. Energiemanagementsysteme geben anhand von Erzeugung und Verbrauch Handlungsempfehlungen oder übernehmen diese Aufgaben bereits automatisiert durch gesteuerte Steckdosen oder die direkte Kommunikation mit dem betroffenen Gerät.
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Energiespeicher Eine umfassende Möglichkeit zur Eigenverbrauchserhöhung stellt die Nutzung von Speichern dar, da diese Erzeugung und Verbrauch zeitlich voneinander entkoppeln. Hierbei können sowohl Wärme- als auch elektrochemische Systeme eingesetzt werden. Wasserboiler werden seit Langem als Energiespeicher eingesetzt. In Zusammenhang mit Photovoltaik können sie zur Verwendung von Überschussenergie genutzt werden. Kann erzeugter Strom nicht im Haushalt genutzt werden, wird mittels elektrischem Heizstab der Puffer aufgeladen. Verschiedenste Geräte ermöglichen hier einen automatisierten Betrieb mit Überschussenergie. Teilweise werden auch bereits PV-Anlagen installiert, die nur zur Erwärmung von Wasser eingesetzt werden und über keinen Netzanschluss verfügen. Durch die stark gefallenen Systempreise stellt diese Variante eine Konkurrenz gegenüber der „klassischen“ Solarthermie dar. Die Speicherung von elektrischer Energie ist durch den Einsatz von Batteriespeichern möglich, aufgrund der hohen Akkukosten jedoch meist noch nicht wirtschaftlich. Lediglich in manchen Spezialfällen können Amortisationszeiten im Bereich der Nutzungsdauer erzielt werden. Im Jahr 2014 haben sich jedoch Förderungen für Heimspeicher in einzelnen Bundesländern etabliert, welche die Installation von Batterien unterstützen. Obwohl auch damit kaum ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist, ist die Kundennachfrage verhältnismäßig hoch. So waren beispielsweise beide Fördertranchen in Oberösterreich binnen weniger Tage vergriffen. Für Heimsysteme werden üblicherweise Blei- oder Lithiumsysteme eingesetzt, wobei üblicherweise nur Letztere gefördert werden. Blei-Akkumulatoren zeichnen sich durch einen verhältnismäßig niedrigen Preis und sehr umfassende Erfahrungswerte aus, da dieser Batterietyp bereits seit Jahrzehnten zur Energiespeicherung in photovoltaisch versorgten Inselnetzen eingesetzt wird. Dagegen sind Lithium-Akkumulatoren eine relativ neue Entwicklung, welche vor allem durch eine lange Lebensdauer (manche Hersteller garantieren bis zu 20 Jahre) überzeugen. Dafür sind die Investitionskosten verhältnismäßig hoch. Lithium-Speicher werden auch in Großspeicheranlagen für PV- oder Windkraftwerke sowie zur Netzstabilisierung eingesetzt. Günstigere Alternativen sind dafür Natrium-Schwefel (NAS) oder RedoxFlow Batterien. Neben der Weiterentwicklung der Batterietechnologien müssen vor allem Regelstrategien, welche sowohl Vorteile für den Eigenverbrauch aber auch für die Netzbelastung liefern, entwickelt werden. Vor allem die Standardisierung von Kommunikationstechnologien zum vernetzten Betrieb unterschiedlicher Geräte ist notwendig. Intelligente Algorithmen, welche eine Vielzahl von Einflussfaktoren auswerten, können eine weitere Steigerung der Eigenverbrauchsquote ermöglichen. Vor allem der Einfluss des Wetters spielt hierbei eine enorme Rolle, weshalb im Bereich von Wetterprognosen Entwicklungspotential gegeben ist. Die bisher erhältlichen Lösungen zur Eigenverbrauchserhöhung bieten aktuell noch erhebliches Optimierungspotential, wodurch sich auch für kleine und mittlere Unternehmen vielversprechende Entwicklungsmöglichkeiten auftun.
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3.6.
Hybridsysteme
Im Projekt Cool PV haben sich die ACR-Forschungsinstitute GET und ASiC sowie die Forschung Burgenland und die Gesellschaft für Solarenergie und Design (SOLID) zu einem schlagkräftigen Konsortium zusammengeschlossen. In dieser einzigartigen Konstellation wird ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Kombination von Solarenergie und Wärmepumpensystemen erarbeitet. Problemstellung Die Leistungsfähigkeit von PV-Elementen ist stark von der Modultemperatur abhängig. Als Faustregel gilt: eine Temperaturerhöhung von 10 °C vermindert die Leistungsfähigkeit des PV-Moduls um bis zu 5 Prozent. Abhilfe schaffen sogenannte PV-Hybridmodule. Dabei werden die PV-Module auf einem Absorber platziert, der Wärme über ein Flüssigkeitskühlsystem abführen kann (siehe Abbildung 13).
Abbildung 13: PV-Hybridmodul von Volther pv-t hybrid collectors (Quelle: Volther Hybridkollektoren: Effizienz im Doppelpack, Produktinformation Solimpeks Solar GmbH)
Diese Hybridkollektoren sind dazu geeignet, durch aktive Kühlung die Temperatur des PV-Moduls zu verringern und damit den elektrischen Stromertrag zu erhöhen. Dazu muss allerdings eine Wärmesenke zur Verfügung stehen, die in Zeiten von hoher solarer Einstrahlung dauerhaft Wärme auf niedrigem Temperaturniveau aufnehmen kann. Erdreichkollektoren für Wärmepumpen sind Wärmesenken, die diese Kriterien erfüllen. Diese arbeiten üblicherweise auf einem Temperaturniveau von etwa -5 °C bis 10 °C und stellen die meistgenutzte Wärmequelle für Heizungswärmepumpen in Einfamilienhäusern dar. Das Temperaturniveau des Erdreichs ist am Ende der Heizperiode am geringsten, die Regeneration erfolgt üblicherweise zum Großteil durch Sickerwasser. Durch eine Kombination von PV-Hybridkollektoren und Wärmepumpenanlagen mit Erdreichkollektor kann die Effizienz beider Systeme erhöht werden:
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Die PV-Hybridkollektoren können bei hoher Sonneneinstrahlung durch Wärmeabfuhr gekühlt werden, wodurch ihre Effizienz und damit der Energieertrag steigt. Die Einspeicherung von Wärme in den Erdreichkollektor unterstützt dessen Regeneration und erhöht dadurch das Verdampfungstemperaturniveau für die Wärmepumpe und damit auch ihre Leistungszahl.
Abbildung 14: Energieflüsse im Sommer- und Winterbetrieb der Systemkombination
Im Projekt Cool PV werden die wissenschaftlichen Grundlagen zur Quantifizierung dieser Effekte erarbeitet. Das Ziel ist die Erstellung eines Software-Tools, mit dessen Hilfe es möglich ist, eine fundierte Abschätzung der Auswirkungen auf den Energieertrag des PV-Hybridkollektorfeldes sowie die energetische Verbesserung des Wärmepumpensystems zu treffen. Die Innovation in diesem Projekt ist die wissenschaftliche Analyse der naturwissenschaftlichen Wechselwirkungen der Systeme untereinander und mit ihrer Umgebung. Mit Hilfe der im Projekt erstellten Simulationswerkzeuge ist es möglich, die gegenseitige Beeinflussung der Systeme besser zu verstehen, als dies nur durch Monitoring möglich ist. Dadurch wird die Grundlage für eine gesamtheitliche Optimierung geschaffen.
Koordination
Gerald Steinmaurer, ASiC
AutorInnen
Gabriele Eder, OFI Hilbert Focke, ASiC Klaus Jörg, OFI Katharina Kreuter, GET Klaus Paar, GET Wilfrid Pichler, HFA Philipp Rechberger, ASiC Angelika Rubick, HFA Thomas Schiffert, KOV Gerald Steinmaurer, ASiC Bernhard Zettl, ASiC
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4.
Literatur
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Siehe beispielsweise www.fnr.de, www.energiepflanzen.at www.bioup.at 3 Im Rahmen des FFG-geförderten Projekts (BioUpgrade – Substitution fossiler Brennstoffe mit veredelter Biomasse) 4 Artikel 15 der RICHTLINIE 2008/50/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa 5 W. Streicher, et.al., Energieautarkie für Österreich 2050, Feasibility Study (2011) 6 Wissenschaftlichen Beirats [fehlt da was?] der deutschen Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), 2003 7 Internationale Energieagentur IEA, Programme „Solar Heating and Cooling“: „Solar Heating Worldwide.“ Edition 2013 8 SHC-Task 42 der IEA, siehe http://task42.iea-shc.org/ 9 http://deinbauguide.de, abgerufen am 31.10.2013 10 Peter Biermayr, Manuela Eberl,Monika Enigl,Hubert Fechner, Christa Kristöfel,Kurt Leonhartsberger,Florian Maringer, Stefan Moidl, Christoph Strasser, Werner Weiss, Manfred Wörgette 2013. Innovative Energitechnologien in Österreich Marktentwicklung 2013. Berichte aus Energie und Umweltforschung 26/2014. Erhältlich unter: http://www.nachhaltigwirtschaften.at/e2050/e2050_pdf/201426_marktentwicklung_2013.pdf []. 11 Photovoltaik Austria Federal Association (Hrsg): Fact Sheet – PV Branche Österreich. Die österreichische Photovoltaik Branche in Zahlen. November 2014. Erhältlich unter: http://www.pvaustria.at/wp-content/uploads/2013/07/2014-06-12Fact-sheet-PV-Branche2.pdf. 12 Internationale Energieagentur IEA „Potential for Building Integrated Photovoltaics IEA-T7-2002“ 13 Gebäudeintegrierte Photovoltaik Teil 1: „Technologiestatus, Erfahrungen, Best Practice-Beispiele und Visionen der BIPV Technologie“, Studie im Auftrag des Österreichischen Klima- und Energiefonds Oktober 2009; H. Fechner, E. Sehnal, R. Haas, A. López-Polo und D. Kletzan-Slamanig 14 Gebäudeintegrierte Photovoltaik Teil 2: „Perspektiven, Potenziale und volkswirtschaftliche Betrachtung der BIPVTechnologie“, Studie im Auftrag des Österreichischen Klima- und Energiefonds Oktober 2009; H. Fechner, E. Sehnal, R. Haas, A. López-Polo und D. Kletzan-Slamanig 15 RICHTLINIE 2010/31/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES, vom 19. Mai 2010, über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäude; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:153:0013:0035:DE:PDF 16 http://www.renewable-energy-concepts.com/german/sonnenenergie/solaranlage-solartechnik/solarmoduleaufbau.html, zuletzt abgerufen am 27.10.2013 17 IEC 61215, „Crystalline silicone terrestrial photovoltaic modules – design qualification and type approval“; 2005-04 18 IEC 61646, „Terrestrische Dünnschicht-Photovoltaik(PV)-Module“, Bauarteignung und Bauartzulassung; 2009-03 19 ÖVE/ÖNORM EN61730-1 und 2, „Photovoltaik Module – Sicherheitsqualifikation; Teil1: Anforderungen an den Aufbau; Teil 2: Anforderungen an die Prüfung“, 2007-12 20 R. Ebner, S. Zamini, G. Újvári, A. Allmer: Photovoltaics World Conference 2011, Tampa, USA; 2011; in: „2011 Conference Proceedings“, PennWell, (2011) 21 FFG-Forschungsprojekt: „Photovoltaic Performance Analysis Method based on infrared Teechnology“, 2013-2015; AIT, OFI, Infratec, Encome 22 RSA-Projekt „InSolTec – Inspection Tools for Solar Technology“, 2011-2014, www.asic.at 23 Projekte „PVplus” und „PV-SFD“; www.asic.at 24 http://www.pv-tech.org/news/burgeoning_pv_monitoring_market_outstripped_pv_instals_in_2013_gtm, 12.11.2014 25 http://www.greentechmedia.com/content/images/reports/PV_Monitoring_2014_graphic2.png, 12.11.2014 26 Bundesgesetzblatt, 285. Verordnung: Änderung der Ökostrom-Einspeisetarifverordnung 2012 (ÖSET-VO 2012), ausgegeben am 11.11.2014 2
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