ACR Innovationsradar 2015 Aktuelle Technologietrends f端r KMU
Produkte, Prozesse, Werkstoffe
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Inhalt Einleitung................................................................................................................................................. 5 Zerstörende Werkstoffprüfung bei Raum-, Tief- und Hochtemperatur ................................................. 7 Impulsthermographie............................................................................................................................ 11 TriboDesign............................................................................................................................................ 15 Neues Infrarotmikroskop ...................................................................................................................... 17 Rasterkraftmikroskopie ......................................................................................................................... 19 Dual Beam Processing ........................................................................................................................... 21 Materialanalytik mit atomarer Auflösung............................................................................................. 23
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Einleitung Wie interessant ein Land als Wirtschaftsstandort ist, hängt von vielen Faktoren ab. Ein wesentlicher ist die Forschung. Um weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben und auf dem Standort Österreich dem internationalen Konkurrenzdruck zu begegnen, entwickeln österreichische Firmen immer neue anspruchsvollere Materialien und Materialverbunde. Die damit verbundenen und permanent wachsenden Anforderungen an die führenden Forschungseinrichtungen in Österreich verlangen eine stetige Aktualisierung der verfügbaren Dienstleistungen. Deshalb hat sich der Dachverband der kooperativen Forschungsinstitute ACR das Ziel gesetzt, neue und innovative Entwicklungen im Forschungsbereich so rasch wie möglich im Rahmen des Innovationsradars einem interessierten Publikum aus KMU, Industrie und Forschung zur Verfügung zu stellen. Im Folgenden sind die im letzten Jahr erfolgten Erweiterungen einzelner ACR-Institute im Bereich Materialprüfung und Fehler beziehungsweise Schadensanalytik kurz vorgestellt.
Koordination: Julian Wagner, ZFE
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Zerstörende Werkstoffprüfung bei Raum-, Tief- und Hochtemperatur Autor: Gerhard Schindelbacher, ÖGI Durch belastungsangepasste Bauteilgestaltungen nach dem Vorbild der Natur (Bionik) und Finite Elemente Berechnungen kann das Potenzial von Werkstoffen besser genutzt werden. Dafür werden exakte Kenntnisse über die mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe über einen weiten Temperaturbereich benötigt. Zur Ermittlung dieser Werkstoffkennwerte unter anwendungsnahen Bedingungen werden genormte Prüfverfahren eingesetzt. Da sich die realen Bedingungen jedoch von den Prüfbedingungen unterscheiden und die Bauteilgeometrie eine entscheidenden Einfluss auf das Bauteilverhalten ausübt, kann eine Prüfung an kompletten Bauteilen oder Bauteilgruppen erforderlich sein. Die zerstörende oder auch mechanische Werkstoffprüfung wird prinzipiell in zwei Kategorien eingeteilt: Festigkeitsprüfung bei ruhender Beanspruchung (statische Prüfung) und Festigkeitsprüfung bei nicht ruhender Beanspruchung (dynamische Prüfung). Bei beiden Verfahren wird der Werkstoff bis zum Erreichen einer gewissen Verformung bzw. bis zur Zerstörung beansprucht. Zu den statischen Prüfverfahren zählen z.B. die Zug- und die Härteprüfung. Die wirkenden Kräfte sowie Verformungen werden vom unbelasteten Zustand bis zur Höchstlast gemessen, wobei deren Übertragung langsam und gleichmäßig erfolgt. Bei den dynamischen Prüfverfahren kann die Belastung schlagartig auftreten oder sich über einen längeren Zeitraum periodisch innerhalb definierter Grenzen ändern. Hierzu zählen der Kerbschlagbiege-, der Dauerschwing- und der Umlaufbiegewechselversuch. Der Zugversuch ist das wichtigste Verfahren der mechanischen Werkstoffprüfung und dient der Ermittlung des Werkstoffverhaltens unter einachsiger, über dem Querschnitt gleichmäßig verteilter Zugbeanspruchung. Dazu wird eine Probe mit genormter Geometrie biegungsfrei einer langsamen, stetig zunehmenden Dehnung unterworfen, bis der Bruch eintritt. Als wesentliche Werkstoffkenngrößen können damit die Zugfestigkeit, die Streckgrenze bzw. 0,2-Prozent-Dehngrenze, die Bruchdehnung und Brucheinschnürung sowie der Elastizitätsmodul ermittelt werden. Durch eine geeignete Ausstattung der Prüfmaschine mit Temperierkammer oder Ofen bzw. indukti7
ver Probenerwärmung können die Kennwerte über einen sehr weiten Temperaturbereich – von Tief- bis Hochtemperatur – ermittelt werden. Eine einfache Methode, die Verschleißfestigkeit eines Werkstoffes charakterisierend, ist die Härteprüfung. Als Härte eines Werkstoffes wird der Widerstand des Gefüges gegen das Eindringen eines härteren Prüfkörpers definiert. Je nach verwendetem Eindringkörper wird zwischen Brinell, Vickers und Rockwell unterschieden. Bei allen Verfahren wird ein Eindringkörper mit bestimmter Kraft in das Werkstück eingedrückt. Am entstehenden Eindruck bzw. an der Eindringtiefe wird ein Messwert abgelesen und daraus der Härtewert berechnet. Härteprüfungen werden, weil einfach durchzuführen und trotzdem aussagekräftig, sehr häufig zur Qualitätskontrolle eingesetzt. Im Vergleich mit stetiger Beanspruchung kann sich der Werkstoff bei plötzlich eintretenden schlagartigen Lasten ganz anders verhalten. Der Kerbschlagbiegeversuch untersucht daher das Bruchverhalten des Materials bei schlagartiger Beanspruchung. Dieser wird nicht nur bei Raumtemperatur durchgeführt, sondern innerhalb eines Temperaturbereichs von -196°C bis 1000°C, wodurch Rückschlüsse auf bruchmechanischen Zähigkeitskenngrößen wie Kerbschlagarbeit bzw. Kerbschlagzähigkeit (Spröd-Duktil-Übergangstemperatur) gezogen werden können. Zumeist sind Bauteile nicht nur statisch sondern auch dynamisch wechselnden Belastungen ausgesetzt. Um die Dauerfestigkeit, also die Widerstandskraft gegenüber schwingender Belastung zu ermitteln, werden Kennwerte mittels Dauerschwing- bzw. Umlaufbiegewechselversuch ermittelt. Werden die Spannungen, unter denen die Proben versagen, über der Nennlastspielzahl aufgetragen, erhält man eine Wöhlerkurve. Anhand dieses Diagramms können die Zeitfestigkeit – das ist die Anzahl der Belastungszyklen, die ein Werkstoff bei gegebener Belastung erträgt – sowie die Dauerfestigkeit – das ist die maximale Belastung, die ein Werkstoff beliebig oft (auf Dauer) ohne Bruch und ohne unzulässige Verformung erträgt – dargestellt werden. Alle genannten zerstörenden Werkstoffprüfverfahren sind in einschlägigen Normen sowohl hinsichtlich Prüfablauf als auch Probengeometrie geregelt.
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Abbildung 1: Hochfrequenz-ResonanzprĂźfmaschinen zur Ermittlung dynamischer Werkstoffkennwerte (Abbildung: Ă–GI)
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Impulsthermographie Autor: Heinz Basalka, SZA Mit der steigenden Leistungsfähigkeit von Infrarotkamerasystemen erweitern sich laufend die Einsatzmöglichkeiten der Impulsthermographie in der zerstörungsfreien Prüfung. Als berührungsloses, schnelles und zerstörungsfreies Messverfahren hat die Impulsthermografie bei metallischen Werkstoffen großes Potenzial. Parameterstudien lassen die Bestimmung der Detektionsgrenze bei Fehlerprüfungen zu und ergeben, dass die Fehlerdetektion auch bei Aluminium für bereits verfügbare Kameratechnik kein unüberwindbares Hindernis darstellt. Die Fehlerprüfung von metallischen Werkstoffen stand bisher vor dem Problem der schnell ablaufenden Ausgleichsvorgänge, die mit den verfügbaren Kameras oft nicht ausreichend erfasst werden konnten. Mit fallenden Anschaffungskosten und steigendem Leistungsvermögen (höhere Auflösung und Aufnahmegeschwindigkeit) der Infrarotkameras gewinnt dieses Verfahren an Bedeutung. Eine erfolgreiche Fehlerprüfung mittels Impulsthermografie ist von mehreren Einflussfaktoren abhängig. Zu diesen zählen die Kameraauflösung, Bildfrequenz, Anregungsenergie, Anregungsdauer, Defektbeschaffenheit und die Materialeigenschaften des zu untersuchenden Objektes. Zur Vorhersage der Machbarkeit einer Prüfaufgabe ist die Kenntnis der Wechselwirkung zwischen Einfluss- und Zielgrößen, beispielsweise Anregungsenergie und Temperaturkontrast, wesentlich. Üblicherweise werden diese Zusammenhänge aus Parameterstudien abgeleitet, deren reale Durchführung aus Kostengründen jedoch nicht praktikabel ist. Abhilfe schafft hier die Methode der Finiten-Elemente, die eine systematische Untersuchung der Abhängigkeiten erlaubt. Ausgehend von Simulationen kann auf die generelle Machbarkeit geschlossen bzw. die Voraussetzungen ermittelt werden, die eine Detektion der Fehler ermöglichen. Die Impulsthermografie als Vertreter der aktiven Thermografie bedarf einer Anregungsquelle zur Erzeugung eines Wärmeflusses. Die Fehlerstelle verursacht eine Veränderung des Wärmeflusses und damit einen Abdruck in der Oberflächentemperatur. Wirkt die Fehlerstelle hemmend auf den Wärmefluss kommt es an der Anre11
gungsseite zu einem beschleunigten und an der gegenüberliegenden Seite zu einem verzögerten Temperaturanstieg. Die Simulation hat das Ziel, Aussagen über die generelle Machbarkeit und damit über Grenzen und Möglichkeiten der Detektion zu erlauben. Störende Einflüsse, die sich aus einer speziellen Prüfsituation ergeben, werden idealisiert, um die Allgemeingültigkeit der Simulationsergebnisse zu gewährleisten. Die Simulation liefert Ergebnisse, die unter idealen Bedingungen möglich wären und Schlüsse auf die generelle Machbarkeit erlauben. Dem erfahrenen Thermografen ist es möglich, aus den idealisierten Simulationsergebnissen – unter Berücksichtigung der realen Störeinflüsse – die Anforderungen an die Prüfstand-Hardware festzulegen.
Abbildung 2: Bildfolge einer Impulsthermografiemessung bei einem Kugeleinschluss und bei einem Anbindungsfehler im Überlappstoß (Abbildung: SZA)
Ein grundlegendes Verständnis der wechselseitigen Beziehungen aller Modellparameter in Bezug auf die Zielgrößen wird erst durch vollfaktorielle Parameterstudien möglich. Zu diesem Zweck werden alle sinnvollen Kombinationen der Modellparameter gebildet und mit Hilfe der Simulation die Zielgrößen berechnet. Die Auswertung der Daten erfolgt mit speziellen Softwaretools, die mehrdimensionale Darstellungs- und Analysemethoden zur Verfügung stellen. Eine der möglichen Analysenmöglichkeiten ist die Verwendung des Softwarepakets „Visplore“. In diesem können vomBenutzer mehrere Zielgrößenkombinationen ausgewählt werden, die eine Minimalanforderung erfüllen. Auf Basis der durchgeführten Parameterstudien können die Grenzbedingungen der Fehlerprüfung für die Materialien Stahl und Aluminium ermittelt werden. Im Vergleich zu Stahl stellt Aluminium höhere Anforderungen an den Messaufbau. Die Analysen ergeben jedoch, dass die Fehlerdetektion bei
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Aluminium zwar eine Herausforderung darstellt, aber für bereits verfügbare Kameratechnik unter Einschränkungen machbar ist. Durch die Analyse der Parameter, die bei der impulsthermografischen Messung Einfluss nehmen, ergeben sich Simulationsmodelle zur Durchführung von Machbarkeitsstudien. Die Parameterstudien erlauben weiters die Bestimmung der Detektionsgrenzen bei der Fehlerprüfung von Stahl sowie Aluminium und bilden die Basis zur Auswahl der Prüfstand-Hardware. Anhand der Auswertungen wird ersichtlich, dass mit bereits verfügbaren Kameras eine Fehlerdetektion auch bei Aluminium kein unüberwindbares Hindernis darstellt. Eine möglichst große Flexibilität der Simulationsergebnisse wird durch Idealisierung real auftretender Störfaktoren erreicht. Die korrekte Interpretation der Simulationsergebnisse in Bezug auf die jeweilige reale Prüfsituation ist daher durch Thermografieexperten vorzunehmen. Der „TinNDT Viewer“ dient zur Visualisierung und Analyse dieser mehrdimensionalen Parameterstudien. Für den Benutzer werden dadurch die Simulationsergebnisse der untersuchten Fehlertypen durch eine Benutzeroberfläche zugänglich gemacht. Er ermöglicht eine Beurteilung mit welcher Anregungsquelle, örtlicher und zeitlicher Auflösung der Thermographiekamera bestimmte Fehlertypen und -größen mit hoher Wahrscheinlichkeit detektierbar sind.
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TriboDesign Reibung und Verschleiß minimieren – Laserinduzierte Riffel/Wellen im Submikrometerbereich Autor: Alexander Diem, V-Research
Immer dann, wenn sich Körper relativ zueinander bewegen, kommt die Tribologie, die Disziplin um Reibung, Verschleiß und Schmierungstechnik, ins Spiel. Sei es beim Gehen, wenn sich die Schuhsohle am Boden abrollt, beim Schreiben mit Kreide oder eben in Maschinenbauteilen wie z. B. Gleit- oder Wälzlager. Manchmal sind hohe Reibwerte gewünscht, wie auf Bodenbelägen, meist jedoch sollen die Reibkräfte so gering wie möglich gehalten werden, um die Reibungsverluste in Maschinen und Anlagen zu minimieren. Hinter dieser Bestrebung steckt enormes Potenzial: Durch Reibung und dem damit verbundenen Verschleiß entstehen den Volkswirtschaften der Industrieländer jährliche Verluste in der Höhe von etwa 5 Prozent des Bruttosozialproduktes, das bedeutet allein für Österreich 16 Mrd. Euro. Wiederum jedes Prozent, das davon vermieden werden kann, würde jährlich 160 Mio. Euro an geringerem Energie- und Rohstoffeinsatz bedeuten. V-Research aus Dornbirn unterstützt v.a. kleinere und mittlere Unternehmen dabei, bei ihren Produkten dieses Potenzial auszunutzen. So vielfältig wie die Themenbereiche sind, in denen tribologische Phänomene funktionsbestimmend sind, so mannigfaltig sind die Kundenprojekte und Lösungen, die bei V-Research be- und erarbeitet werden. So konnte im Rahmen eines strategischen Projektes eine Oberflächenstrukturform gefunden werden, welche die gewünschte, reibungsreduzierende Funktion aufweist. Es ist seit längerem bekannt, dass sogenannt Dimples positive tribologische Eigenschaften haben können – sie fungieren als Schmierstoffreservoirs oder als „Falle“ für abrasiv wirkende Partikel im Tribokontakt. Dimples können aber nicht generell eingesetzt werden, da sie meist nur in engen Grenzen, in Bezug auf beispielsweise Flächenpressung oder Gleitgeschwindigkeit, funktionieren. In diesem Fall ist es V-Research gelungen, eine andere Strukturform zu finden, welche unter Bedingungen funktioniert, unter denen die Dimples keine Verbesserung der Reibungs- oder Verschleißeigenschaften gebracht haben.
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Es handelt sich dabei um eine Topographieveränderung mittels Ultrakurzpulslaser. Ultrakurzpulslaser haben im Gegensatz zu anderen Lasern die Eigenschaft, dass sie aufgrund ihrer kurzen Pulsdauer (300 Femtosekunden) keinen Wärmeeintrag in der bearbeiteten Oberfläche verursachen. Das Material wird direkt sublimiert (Abbildung 3). Dadurch bleiben die ursprünglichen Werkstoffeigenschaften erhalten und es kommt zu keinem Aufweichen gehärteter Werkstücke. Die Ripplestruktur selbst ist nur ein µm hoch und besitzt eine Periode im Bereich von ca. 700 nm.
Abbildung 3: Bei der Oberflächenbearbeitung mit einem Ultrakurzpulslaser gibt es keine Wärmeeintragszone (Abbildung: V-Research)
Diese Laserripples können auf beinahe beliebigen Werkstoffen erzeugt werden und haben in geschmierten Systemen in Kombination mit Polymerbeschichtungen (sogenannten Gleitlacken) ausgezeichnete Ergebnisse hinsichtlich Reibungsreduktion gezeigt. Im Vergleich zur ursprünglichen Oberfläche (42CrMo4 gehärtet, gleitgeschliffen Rz = 1 µm) konnte so der Reibwert um ein Drittel gesenkt werden.
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Neues Infrarotmikroskop Bruker Hyperion 3000 mit Tensor 27 Spektrometer Autor: Boril Chernev, ZFE
Um neue und wichtige Erkenntnisse über die Eigenschaften von organischen Materialien, wie etwa Kunststoffen oder Biomaterialien gewinnen zu können, wurde die Infrarotmikroskopie in den letzten Jahren deutlich verbessert. Im Rahmen des Infrastrukturprogramms der ACR für den Schwerpunkt „Produkte, Prozesse, Werkstoffe“ konnte im Jahre 2013 ein neues Infrarot (IR) Imaging Mikroskop angeschafft werden. Dieses Gerät verbindet die analytischen Fähigkeiten der Infrarotspektroskopie mit einem Lichtmikroskop. Damit können einzelne kleine Probenbereiche chemisch identifiziert und bildgebend ausgewertet werden. Es ermöglicht zum Beispiel die Charakterisierung eines Mikrotomschnitts oder der Oberfläche einer Probe mit einer außergewöhnlich hohen Messempfindlichkeit und einer lateralen Auflösung von ca. 1-10 µm, abhängig von der Aufnahmetechnik und dem Spektralbereich. Derartige hochauflösende IR-Analysetechniken sind sowohl für die Überprüfung von neuen Werkstoffen (zusammengesetzt aus teilweise sehr dünnen funktionellen Schichten – Abbildung 4) als auch für die Untersuchung von Fehlstellen in unterschiedlichsten Produkten (Folien, Papiere, Fensterprofile, elektronische Bauteile etc.) sehr hilfreich. Wichtige Anwendungen liegen im Bereich der Material- und Schadensanalytik, vor allem bei Polymeren (z.B. Stippen), bei Solarzellen, Sensoren, Verbund-, Klebe-, Beschichtungs- und Biomaterialien, aber auch in der Halbleiterindustrie zur Identifizierung von Verunreinigungen auf Siliziumwafern. Diese neue Forschungsanlage steht allen interessierten universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, aber auch Industriepartnern zur Verfügung.
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Y-Achse [µm] 25720 25700 25680 25660 46750 WTA
46800
46850
46900
X-Achse [µm]
Abbildung 4: Folie einer Frischkäseverpackung: Einbettmittel (rot), Polypropylen Typ 1 (dunkelgrün), Polypropylen Typ 2 (blau), Polyamid Typ 1 (orange), Polyamid Typ 2 (hellblau), Polyamid Typ 3 (gelb), Einbettmittel (grün) (Abbildung: ZFE)
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Rasterkraftmikroskopie Autor: Harald Plank, ZFE Für die lateral aufgelöste Visualisierung von Oberflächenmorphologien können auch Profilometer und verschiedene Rasterkraftmikroskopie-basierte Methoden verwendet werden. Während erstere Technik eine schnelle Bestimmung von Rauheiten entlang Linienprofilien ermöglicht, erweitert die Rasterkraftmikroskopie (Atomic Force Microscopy – AFM) diese Informationen mit lateral aufgelösten Informationen bis hin in den kleinen Nanometerbereich. Diese Methode arbeitet mit einer feinen Spitze, welche in sehr kleinen Schritten über die Oberfläche geführt wird, und damit ein dreidimensionales Abbild von Oberflächen erstellen kann, wie in Abbildung 5a dargestellt. Der enorme Vorteil dieser Technik liegt jedoch in der Zugänglichkeit erweiterter Materialinformationen wie beispielsweise die lateral aufgelöste Detektion unterschiedlicher Materialien, welche in reinen Höheninformationen oft nicht ersichtlich sind. Abbildung 5 zeigt die Höheninformation eines Polymergemisches (b), welches nasschemisch präpariert wurde, in Kombination mit der erweiterten Materialinformation (c), welche einerseits eine Entmischung und andererseits Lösungsmittelreste visualisieren kann. Außerdem ist es möglich, magnetische, chemische, mechanische, elektrostatische oder optische Informationen zu erlangen. Darüber hinaus sind Untersuchungen in flüssiger Umgebung möglich, welche beispielsweise für biologische Anwendungen unerlässlich sind. Neueste Entwicklungen im AFM Sektor erlauben auch Hochgeschwindigkeitsuntersuchungen mit Bildraten bis zu einer Sekunde und darunter ohne die laterale Nanometer-Auflösung zu verlieren (siehe Abbildung 5c). Dadurch werden Echtzeituntersuchungen ermöglicht, wie beispielsweise biologische Aktivitäten, Swelling oder elektrochemische Prozesse. Zusammen mit dem meist zerstörungsfreien Charakter, bieten AFM basierte Methoden eine ideale Plattform für statische und/oder dynamische Oberflächenuntersuchungen mit lateral aufgelösten Eigenschaftsinformationen.
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Abbildung 5: (a) dreidimensionale Abbildung einer funktionalen Oberflächenstruktur mit räumlicher Nanometerauflösung, (b) korrelierte Höhen- und (c) Material-Informationen eines nasschemisch präparierten Polymergemisches, (d) und (e) Einzelenzyme in flüssiger Umgebung auf einer Zellulose Oberfläche (Abbildung: ZFE)
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Dual Beam Processing Autor: Harald Plank, ZFE Eine enorm vielseitige Erweiterung zu den Rasterelektronenmikroskopen (Scanning Electron Microscope – SEM) sind sogenannte Zweistrahlmikroskope, welche über einen zusätzlichen voll integrierten Ionenstrahl verfügen. Dabei wird ein sehr fein fokussierter Ionenstrahl (Focused Ion Beam – FIB) verwendet, welcher sehr genau gesteuert werden kann. Durch die hohe Masse der Ionen ist es möglich, Material von jeglichen Oberflächen exakt zu entfernen. In Kombination mit SEM-basierten Analysemöglichkeiten (energiedispersive Röntgenspektrometrie – EDX) ist es möglich, die Proben nicht nur an der Oberfläche sondern auch in die Tiefe zu analysieren, wie in Abbildung 6a dargestellt. Eine sequentielle Prozessierung von Materialentfernung (FIB) und analytischer Charakterisierung (EDX) ermöglicht darüber hinaus die Erstellung von dreidimensionalen Rekonstruktionen, wie in Abbildung 6b dargestellt. Damit lassen sich räumliche Strukturen und deren Verteilung inklusive chemischer Details darstellen. Neben diesen Charakterisierungsanwendungen ermöglichen FIB Anlagen auch die Herstellung von funktionellen dreidimensionalen Nanostrukturen. Neueste Entwicklungen ermöglichen auch erstmals die Strukturierung von niedrigschmelzenden Materialien (z.B. Polymeren). Abbildungen 6c und 6d zeigt den Fortschritt im Bereich der Polymerstrukturierung, welcher erst durch die neuen Prozeduren ermöglicht wird. Diesbezügliche Anwendungsgebiete erstrecken sich von funktionellen Morphologien (z.B. Mikrofluidik) über plasmonische Anwendungen bis hin zur chemischen Oberflächenmodifikation mittels zusätzlich eingeleiteten Gasen (z.B. Fluor basierte Moleküle für lokale Oberflächen-Hydrophobisierungen). Die Vielseitigkeit dieser Zweistrahlmikroskope bezüglich Strukturierung, Modifikation und Analytik ermöglichen einen weiten Bereich der Anwendung und repräsentieren somit eine essentielle Plattform für Forschung und Entwicklung bis hin zur Qualitätssicherung.
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Abbildung 6: (a) und (b) SEM Bild und chemische Rekonstruktion einer Keramik, (c) FIB prozessierten PMMA Oberfläche, welche durch klassische Prozeduren morphologisch und chemisch zerstört wird, (d) am ZFE entwickeltes neues Verfahren bei gleichen FIB Parametern und Prozesszeiten, welche die Destabilisierung minimiert und somit neue Anwendungsgebiete im Bereich niedrigschmelzender Materialien eröffnet (Abbildung: ZFE)
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Materialanalytik mit atomarer Auflösung Autor: Ferdinand Hofer, ZFE Mit dem Aufbau des „Austrian Scanning Transmission Electron Microscope“ (ASTEM) steht der österreichischen Forschung eines der weltbesten Elektronenmikroskope zur Verfügung (Abbildung 7). Das ASTEM ermöglicht die Charakterisierung nanoskaliger Strukturen in Materialien, Werkstoffen und Bauelementen – einschließlich ihrer Kristallographie und chemischen Zusammensetzung sowie ihrer physikalischen Eigenschaften – bis in atomare Dimensionen.
Abbildung 7: Austrian Scanning Transmission Electron Microscope (ASTEM) (Abbildung: ZFE)
Da das Mikroskop mit einer speziellen Elektronenoptik für die Korrektur des Öffnungsfehlers ausgerüstet ist, kann ein extrem fein gebündelter Elektronenstrahl von einem halben Atomdurchmesser (0,07 Nanometer) über die Probe geführt werden. Die Elektronen werden auf 300.000 Volt beschleunigt, und bei der Wechselwirkung mit den Atomen in der Probe entstehen gestreute Elektronen und Röntgenstrahlung, die Informationen über den atomaren Aufbau des Materials bzw. Werkstoffs liefern. Das Mikroskop wird bisher vor allem für die Erforschung von Korngrenzen, Grenzflächen und Defekten in Werkstoffen, Keramiken, Legierungen, Stählen und elektronischen Bauelementen eingesetzt. Neueste Forschungsarbeiten zeigen, dass das ASTEM auch für die Analytik von Nanoteilchen und Biomaterialien große Vorteile liefert. Eine typische Anwendung wird in Abbildung 8 beschrieben. Ein ZinkoxidNanodraht wurde mit Indium dotiert, und das hochaufgelöste STEM-Bild zeigt, dass sich die Indium Atome im Zinkoxid-Kristall linienförmig anordnen. 23
Abbildung 8: hochaufgelöstes STEM-Bild eines Zinkoxid Nanodrahtes, der mit Indium dotiert wurde; Zink-Atome bzw. Atomsäulen sind grau (blau) und die Indium-Atomsäulen erscheinen hell (grün); dazwischen sitzen die Sauerstoff-Atome (in dieser Abbildung nicht sichtbar) (Abbildung: ZFE)
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