Das wรถchentliche Steuer-Update
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KW
2012
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Das wöchentliche Steuer-Update
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Inhalt KW32012 Beiträge
Steuerrecht – Einkommensteuer Jusstudium eines Profisportlers als Umschulungsmaßnahme? (StExp 2012/19)
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Steuerrecht – Gebühren und Verkehrsteuern Verlustabdeckungszuschüsse durch Einzelzusage gesellschaftsteuerfrei (StExp 2012/20) .................................................
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Steuerrecht – Abgabenverfahren/Finanzstrafrecht Änderungen für Einbringung von Berufungen durch das BBG 2012 (StExp 2012/16) ............................................................ Highlights des Salzburger Steuerdialogs 2011 zum Verfahrensrecht: Teil 1 (StExp 2012/23) ..............................................
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Steuerrecht – Lohnabgaben/Sozialversicherung/Arbeitsrecht VfGH zur Beseitigung des Alleinverdienerabsetzbetrags (StExp 2012/21) ............................................................................
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Entscheidungen kompakt
Steuerrecht – Einkommensteuer Freiwillige Krankenversicherung eines Wirtschaftstreuhänders und Sonderausgaben (StExp 2012/17) ............................ BFH: Teilwertabschreibung auf Aktien und Aktienfonds (StExp 2012/24) .............................................................................
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Steuerrecht – Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise Dell gewinnt im Betriebsstättenstreit (StExp 2012/22) ..........................................................................................................
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Steuerrecht – Umsatzsteuer/Verbrauchsteuern/Zollrecht Zum Begriff des im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen (StExp 2012/18) .........................................................................
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Impressum Medieninhaber & Herausgeber: MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH. Firmensitz und Buchhandlung: Kohlmarkt 16, 1014 Wien. Verlagsbüro: Johannesgasse 23, 1015 Wien, Tel: +43 1 531 61-0, Fax: +43 1 531 61-181, E-Mail: verlag@manz.at. Handelsgericht Wien FN124181w, UID: ATU 37181900. Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und Zeitschriften. Gesellschafter, deren Anteil 25% übersteigt: Manz Gesellschaft m.b.H., Wien, Beteiligung an Unternehmen und Gesellschaften aller Art, und Wolters Kluwer International Holding B.V. Amsterdam, Beteiligung an Unternehmen. Grundlegende Richtung: Veröffentlichung von Artikeln zu aktuellen Themen aus den Bereichen Steuerrecht, Bilanzierung und Förderungen. Verlags- und Herstellungsort: Wien. Geschäftsleitung: Mag. Susanne Stein (Geschäftsführende Gesellschafterin); Dr. Wolfgang Pichler, Prokurist (Verlagsleitung); Peter Guggenberger, Prokurist (Vertriebsleitung). Verlagsrechte: Die in diesem E-Paper veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Kein Teil dieses Angebotes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form vervielfältigt oder verbreitet werden. Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in diesem E-Paper erfolgen ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren, der Redakteure sowie des Verlags ist ausgeschlossen. Grafisches Konzept: Michael Fürnsinn für buero8, 1070 Wien. Fotos: Fotolia, iStockphoto LP. Zitiervorschlag: StExp 2011/Artikelnummer.
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KW Steuerrecht – Einkommensteuer
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2012
Jusstudium eines Profisportlers als Umschulungsmaßnahme? StExp 2012/19. Der UFS Wien hatte sich mit der Frage zu befassen, ob das Jusstudium eines Profisportlers zur Vorbereitung einer Berufstätigkeit für die Zeit nach der Sportkarriere eine Umschulungsmaßnahme (§ 16 Abs 1 Z 10 EStG) darstellt. Robert Wallner Sachverhalt Der Bw studiert seit 2001 Rechtswissenschaften. Seit 2004 übt er den Handballsport profimäßig aus und erzielt nichtselbständige Einkünfte. Bei der Arbeitnehmerveranlagung für die Streitjahre 2005 bis 2008 machte der Bw ua die Kosten seines Jusstudiums (Studiengebühren, Fachliteratur) als Werbungskosten geltend. Das FA ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu: Der Bw betreibe sein Studium ohne Eile und ziele nicht auf die Ausübung eines anderen Berufs ab. Dagegen erhob der Bw Berufung und führte aus: Das Jusstudium schaffe die Grundlage für eine Berufstätigkeit nach der Sportkarriere. Die berufsmäßige Ausübung des Profisports sei altersbedingt begrenzt. Selbst wenn der Bw keine gröberen Verletzungen erleide, müsse er spätestens mit 35, also in ca sechs Jahren, seine Profisportlertätigkeit beenden. Danach möchte der Bw als Konzipient bei einem Rechtsanwalt oder in der Wirtschaft arbeiten. Der langsame Studienfortgang ergebe sich aus der starken Beanspruchung des Bw durch den Profisport. Der UFS Wien hat die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe Aus dem Tatbestandsmerkmal des Abzielens auf eine andere Berufstätigkeit (§ 16 Abs 1 Z 10 EStG) ist abzuleiten, dass für die steuerliche Anerkennung ein konkreter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit einer nachfolgend geplanten Einkünfteerzielung erforderlich ist. Es müssen also Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung hinausgehen (Hofstätter/ Reichel, EStG § 16 Tz 2; VwGH 31. 3. 2011, 2009/15/0198). Zwar setzt die steuerliche Anerkennung von Umschulungsmaßnahmen nicht voraus, dass der StPfl im Zeitpunkt der Umschulung berufstätig ist. Aus der gesetzlichen Anordnung, die Umschulung müsse auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufs „abzielen“, ergibt sich jedoch, dass die Umschulung entweder während aufrechter Berufstätigkeit oder aber nach deren Ende zu erfolgen hat. Es ist also aus Sicht der bisherigen Erwerbstätigkeit zu beurteilen, ob ein anderer Beruf angestrebt wird. Der Bw hat jedoch zuerst sein Jusstudium begonnen und erst (wesentlich) später Einkünfte als Profisportler erzielt. Aus Sicht der Profisportlertätigkeit kann daher nicht gesagt werden, das bereits früher
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begonnene Jusstudium habe auf einen anderen Beruf gezielt. Zudem sind die Ausführungen des Bw äußerst unbestimmt: Das Vorbringen des Bw, er „möchte“ in einer Anwaltskanzlei oder allenfalls in der Wirtschaft arbeiten, ist nicht geeignet, die Absicht, tatsächlich in einem anderen Beruf tätig zu werden (für den ein Jusstudium die Voraussetzung bildet) ausreichend zu begründen. Vielmehr steht es dem Bw offen, eine Vielzahl von Berufen zu ergreifen, für die juristische Kenntnisse zumindest von Vorteil sind. Anbetracht dessen und der Tatsache, dass der Bw das 35te Lebensjahr erst in sechs Jahren vollenden wird, ist daher derzeit noch völlig unbestimmt, welche Erwerbstätigkeit der Bw künftig tatsächlich ausüben wird.
Anmerkungen Die steuerliche Absetzbarkeit umfassender Umschulungsmaßnahmen wirft zwei grundsätzliche Fragen auf und zwar: „Welche Anforderungen sind an die bisherige Erwerbstätigkeit zu stellen?“ und „Welche Voraussetzungen muss die neue Erwerbstätigkeit erfüllen?“ – Das wird in der Arbeitshilfe näher beleuchtet. Hier nur soviel: Die LStR 2002 Rz 358a stellen an die bisherige Erwerbstätigkeit nur geringe Anforderungen. Es genügen auch Hilfstätigkeiten oder fallweise Beschäftigungen und zwar selbst dann, wenn der Stpfl sein Studium schon lange vor der Erwerbstätigkeit, die den Ausgangspunkt der Umschulung bildet, begonnen hat. Demgegenüber vertritt der UFS Wien eine restriktivere Sicht: Nur Umschulungen während oder nach einer Erwerbstätigkeit sind absetzbar. Außerdem war es für den Bw schädlich, dass er den voraussichtlichen Beginn und den Gegenstand seiner Tätigkeit als Jurist nur sehr vage konkretisieren konnte. Gegen diese UFS-Entscheidung wurde beim VwGH Beschwerde erhoben; anhängig zu VwGH 2011/13/0120.
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• Arbeitshilfe Umschulungen – Anforderungen an bisherige und neue Erwerbstätigkeit
• UFS Wien 3.10.2011, RV/ 3742-W/10
• § 4 Abs 4 Z 7 EStG; § 16 Abs 1 Z 10 EStG
• Umschulung; Sportler; Studium
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KW Steuerrecht – Gebühren und Verkehrsteuern
2012
Verlustabdeckungszuschüsse durch Einzelzusage gesellschaftsteuerfrei StExp 2012/20. Der EuGH hat zur Frage der Gesellschaftsteuerpflicht von Verlustabdeckungszuschüssen auf Basis von Einzelzusagen entschieden und widerspricht der bisherigen Auslegung durch VwGH und BMF.
Michaela Petritz-Klar/Michael Petritz Bisherige Auffassung Die Fragestellung, ob Verlustabdeckungen durch Gesellschafter Gesellschaftsteuerpflicht auslösen, hat bereits seit langem die Judikatur sowie die Finanzverwaltung beschäftigt (Überblick in der Arbeitshilfe). Die diesbezügliche Grundsatzentscheidung des EuGH 28. 3. 1990, C-38/88, Waldrich Siegen Werkzeugmaschinen GmbH, wurde in der Folge vom VwGH 19. 2. 1998, 97/16/0405, und diesem folgend vom UFS (zB UFS Salzburg 17. 9. 2007, RV/0379-S/02) dahingehend ausgelegt, dass folgende Kriterien für die Gesellschaftsteuerfreiheit der Verlustübernahme erforderlich wären: Der Zuschuss muss aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden; dh, die Gesellschaft muss einen Rechtsanspruch auf die Leistung haben und das Gesellschaftsverhältnis muss kausal für die Verpflichtung des Gesellschafters zur Leistung des Zuschusses sein. Dafür müssen folgende Beschlüsse und Verträge vorliegen: • Vertrag zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern (Ergebnisabführungsvertrag); • Gesellschafterbeschluss in einer Generalversammlung oder durch Umlaufbeschluss; • Beschlüsse der jeweils für die Gesellschafter zuständigen Organe. Fehlt es an einer der drei Voraussetzungen, dann soll kein Rechtsanspruch auf die jährliche Verlustabdeckung vorliegen, sodass es an der für die Gesellschaftsteuerfreiheit geforderten Neutralität der Verlustabdeckung in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen mangelt. Ebenso hat das BMF 17. 4. 2007, BMF-010206/0041-VI/5/2007 bislang die Ansicht vertreten, dass nur eine Verlustübernahmeverpflichtung im Rahmen eines auf Dauer angelegten Ergebnisabführungsvertrags keine Gesellschaftsteuer auslöst.
Strittiger Sachverhalt Dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rs C-492/10, Immobilien Linz GmbH & Co KG, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Gemeinderat der Stadt Linz beschloss zwei ausgegliederten Immobiliengesellschaften ab dem Rechnungsjahr 2005 einen jährlichen Gesellschafterzuschuss iH des im jeweiligen Haushaltsvoranschlag dafür präliminierten Betrags zu gewähren. In einer nachfolgenden Sitzung sagte die Stadt Linz der Gesellschaft einen Gesellschafterzuschuss zur Verlustabdeckung in der erforderlichen, jedoch max in der im Wirtschaftsplan vorgesehenen
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Höhe zu. Dieser Zuschuss wurde auch tatsächlich geleistet. Der von der Behörde erlassene Gesellschaftsteuerbescheid wurde bekämpft; der UFS Linz zweifelte die bisherige Auffassung hinsichtlich ihrer Deckung in der Kapitalansammlungsrichtlinie (Art 4 Abs 2 lit b der RL 69/335/EWG) an und legte die Frage dem EuGH vor.
Entscheidung des EuGH Der Gerichtshof erinnerte zunächst daran, dass nach der genannten Vorschrift Leistungen eines Gesellschafters der Gesellschaftsteuer unterworfen werden können, die es einer KapGes ermöglichen, ihr Gesellschaftsvermögen zu erhöhen, ohne eine Erhöhung des Kapitals mit sich zu bringen, und die geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen (somit zwei Voraussetzungen). Bzgl des ersten Kriteriums, der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens, stellt der EuGH klar, dass dieses grds jede Form der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer KapGes, somit auch die Übernahme der Verluste einer Gesellschaft durch ihren Gesellschafter, umfasst. Durch eine solche Verlustübernahme wird nämlich das Gesellschaftsvermögen wieder auf einen Stand gebracht, den es vor Eintritt der Verluste erreicht hatte. Hinsichtlich der Eignung zur Erhöhung des Werts der Gesellschaftsanteile hält der EuGH fest, dass die Verlustübernahme zur Verstärkung des Wirtschaftspotentials dieser Gesellschaft beiträgt, daher diese Voraussetzung grds erfüllt. Eine Ausnahme erkennt das europäische Höchstgericht aber in dem Fall, wenn die Übernahme auf einem vor Eintritt der Verluste geschlossenen Ergebnisabführungsvertrag beruht. Hier geht der EuGH davon aus, dass sich künftige Verluste der Gesellschaft aufgrund der mit der Verlustabdeckungszusage einhergehenden Verpflichtung nicht auf den Umfang des Gesellschaftsvermögens auswirken können. Diese gelten auch für den vorliegenden Sachverhalt, somit auch für Einzelzusagen.
Auswirkungen dieser Rechtsprechung Durch das Urteil des EuGH scheint nunmehr geklärt, dass nicht nur durch Ergebnisabführungsverträge, sondern auch durch Einzelzusagen begründete Verpflichtungen zur Verlustabdeckung keine Gesellschaftsteuer auslösen. Wesentlich ist dabei aber, dass die Verlustabdeckungszusage vor Entstehen der Verluste erfolgt.
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• Arbeitshilfe Judikate und Verwaltungsmeinung zur Gesellschaftsteuerpflicht von Verlustabdeckungszuschüssen
• EuGH 1. 12. 2011, C-492/10, Immobilien Linz GmbH & Co KG
• § 2 Z 2 KVG; § 2 Z 4 KVG; Art 4 Abs 2 RL 69/335/EWG
• Ergebnisabführungsvertrag; Verlustübernahme; Zuschuss
KW Steuerrecht – Abgabenverfahren/Finanzstrafrecht
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2012
Änderungen für Einbringung von Berufungen durch das BBG 2012 StExp 2012/16. Durch das Budgetbegleitgesetz 2012 ist die fristwahrende Einbringung von Berufungen nunmehr auch beim UFS zulässig.
Robert Rzeszut Bisherige Rechtslage Gem § 249 BAO sind Berufungen bei jener Behörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Dies dient hauptsächlich der Vermeidung von Verfahrensverzögerungen und Verwaltungsmehraufwand aufgrund zusätzlicher Korrespondenz zwischen den Behörden. Dieser Grundsatz ist daher nicht nur im Abgabenverfahren zu finden. Eine Berufung kann jedoch auch bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz (idR der UFS) eingebracht werden, jedoch muss diese die Berufung an die zuständige Behörde weiterleiten. Der UFS ist im Berufungsverfahren zunächst als unzuständige Behörde zu qualifizieren, da es der Abgabenbehörde erster Instanz (idR dem FA) obliegt, eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen (§ 276 BAO). Die Berufung ist daher nach § 50 BAO an das zuständige FA weiterzuleiten. Dies hat ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen. Eine Berufung galt bislang erst dann als rechtzeitig eingebracht, wenn diese innerhalb der Monatsfrist nach § 245 BAO an die zuständige Behörde übermittelt wird; der Postlauf zählt hierbei nicht mit (§ 108 Abs 4 BAO). Wurde bislang eine Berufung beim UFS (statt beim zuständigen FA) eingebracht, war die Frist erst bei rechtzeitiger Weiterleitung vom UFS an das FA gewahrt. Bei der Postaufgabe einer Berufung an den UFS am letzten Tag der Frist musste eine Berufung somit bislang jedenfalls als verspätet eingebracht gelten. Dies war eine spezielle Hürde im Abgabenverfahren. Im allgemeinen Verfahrensrecht galt eine Berufungseinbringung auch bei der Behörde zweiter Instanz schon bisher als fristenwahrend (§ 63 Abs 5 AVG).
Laut den erläuternden Bemerkungen soll § 249 BAO auch für Vorlageanträge gelten, die fälschlicherweise nicht beim die Berufungsvorentscheidung erlassenden FA, sondern beim UFS einlangen.
Inkrafttreten Mangels Regelung von Übergangsfristen wird der neue § 249 BAO mit dem der Bekanntmachung im BGBl nächstfolgenden Tag in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt wird daher eine fristgerechte Einreichung auch beim UFS möglich sein.
• Arbeitshilfe Fallbeispiel zur fristenwahrenden Berufseinbringung nach § 249 BAO idF BBG 2012
• § 249 BAO; § 276 BAO
• Berufung; Fristenlauf; Vorlageantrag
Änderungen durch das BBG 2012 Mit dem BBG 2012 wurde § 249 BAO nunmehr insoweit erweitert, als künftig die Weiterleitung von Berufungen zwischen den Abgabenbehörden nicht mehr auf Gefahr des Berufungswerbers erfolgen soll. Eine fristwahrende Einbringung von Berufungen wird auch direkt bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz möglich sein. Der UFS gilt hierbei als eine Abgabenbehörde mit sieben Außenstellen. So könnte grundsätzlich eine Berufung gegen einen Bescheid des FA Wien 1/23 auch fristgerecht bei der Außenstelle des UFS Feldkirch eingebracht werden, obwohl im Berufungsverfahren in weiterer Folge an den UFS Wien vorzulegen wäre.
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KW Steuerrecht – Abgabenverfahren/Finanzstrafrecht
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2012
Highlights des Salzburger Steuerdialogs 2011 zum Verfahrensrecht: Teil 1 StExp 2012/23. Im Rahmen des Salzburger Steuerdialogs werden von der Finanzverwaltung alljährlich Fragen zu steuerrechtlichen Themen behandelt, die zum Teil in Form von praxisnahen Fallbeispielen dargestellt werden. Nachfolgend werden die Highlights aus dem Bereich des Verfahrensrechts dargestellt. Stefan Holzer Advance Ruling Zur seit 2011 bestehenden Möglichkeit, für eine bestimmte Rechtsfrage einen Auskunftsbescheid nach § 118 BAO zu beantragen, wurden einige Überlegungen angestellt. Der in § 118 Abs 10 BAO festgesetzte Verwaltungskostenbeitrag ist pro Antrag grundsätzlich einmal zu entrichten. Bei einem Antrag mit mehreren Rechtsfragen soll hinsichtlich der Kostenpflicht darauf abgestellt werden, ob es sich um einen oder um mehrere Sachverhalte handelt und ob ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Rechtsfragen besteht. Überhaupt soll eine Kostenpflicht nur bei Anträgen bestehen, die den Erfordernissen des § 118 BAO entsprechen. Wenn also die Rechtsfrage keinen der Bereiche des § 118 Abs 2 BAO betrifft oder der Antrag nicht schriftlich gestellt wurde, handelt es sich um ein formloses Auskunftsersuchen, für das keine Kostenpflicht besteht. Wird in einem Antrag etwa keine konkrete Rechtsfrage gestellt, so wird dadurch nicht den Inhaltserfordernissen des § 118 Abs 4 lit d und e BAO entsprochen. Dabei handelt es sich um inhaltliche Mängel iSd § 85 Abs 2 BAO. Das FA hat daher einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen und eine angemessene Frist zur Mängelbehebung zu setzen. Wird diesem Auftrag nicht, nicht zeitgerecht oder nicht vollständig entsprochen, so ist der Antrag als zurückgenommen zu erklären (mit Zurücknahmebescheid) und es fällt ein Verwaltungskostenbeitrag in der Höhe von € 500,– an.
Zuständigkeitsfragen Ein Caritas-Heim, in dem ein obdachloser Abgabenpflichtiger gemeldet ist, stellt keinen Wohnsitz iSd § 26 BAO dar. Die Frage, ob ebendort der gewöhnliche Aufenthalt liegt, ist zwar einzelfallbezogen zu beurteilen, aber wohl zu verneinen. Deswegen kommt in derartigen Fällen regelmäßig die Subsidiarzuständigkeit des letzten Wohnsitzes des Abgabepflichtigen nach § 25 Z 3 AVOG zum Tragen. Ein Delegierungsbescheid einer unzuständigen Behörde ist rechtswidrig und daher mittels Rechtsmittel bekämpfbar, während ein Delegierungsbescheid an eine unzuständige Behörde zulässig ist, wenn die Delegierung zweckmäßig ist. Wenn der Gruppenträger seinen Sitz in den Zuständigkeitsbereich eines anderen FA verlegt, ändert sich dadurch die Zuständigkeit für die
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gesamte Unternehmensgruppe. Da § 5 AVOG-DV explizit auf den Sitz der Körperschaft abstellt, gilt das auch dann, wenn sowohl der Ort der Geschäftsleitung wie auch der Sitz der Gruppenmitglieder im Zuständigkeitsbereich eines anderen FA liegen.
Wiederholungsverbot Wenn im Zuge der Prüfung einer Körperschaft bei einem ihrer Gesellschafter selbst eine verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt wird, so unterliegt eine spätere Außenprüfung bei diesem Gesellschafter hinsichtlich desselben Zeitraums nicht dem Wiederholungsverbot des § 148 Abs 3 BAO. Es handelt sich nämlich bei dem Gesellschafter nicht um denselben Abgabepflichtigen.
Weitergeltung der Berufung Nach VwGH 4. 6. 2008, 2004/13/0124, sind unerledigte Berufungen gegen USt-Festsetzungsbescheide bei Erlassung des USt-Jahresbescheids von der Wirkung des § 274 BAO (Weitergeltung von Berufungen, wenn ein Bescheid an die Stelle eines anderen tritt) erfasst. Der USt-Jahresbescheid, durch den der USt-Festsetzungsbescheid aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde, ist somit iSd § 274 BAO an dessen Stelle getreten. Das bedeutet, dass die Berufung gegen den UStFestsetzungsbescheid als gegen den Jahresbescheid gerichtet gilt. Eine zusätzlich gegen den Jahresbescheid eingebrachte Berufung ist als ergänzender Schriftsatz zur ersten Berufung anzusehen (VwGH 25. 6. 2008, 2006/15/0085).
Bekanntgabe der Abgabenbescheide im Haftungsverfahren Der Haftende muss die Möglichkeit haben, gegen Abgabenbescheide zu berufen. Dazu muss die zur Haftung herangezogene Partei vom Bescheid über den Abgabenanspruch in einer Weise informiert werden, die ihr die Einbringung einer Berufung gegen diesen nicht an sie gerichteten und ihr nicht zugestellten, mangels nunmehriger Bekämpfung aber ihr gegenüber bindenden Bescheid ermöglicht. Um dies zu gewährleisten ist es jedenfalls erforderlich, ihr die Tatsache der Bescheiderlassung als solcher mit der notwendigen Deutlichkeit zur Kenntnis zu bringen (VwGH 24. 2. 2010, 2005/13/0145). Im Ergebnis bedeutet das, es müssen Kopien der Abgaben- und Haftungsbescheide, für deren Abgabenforderungen der Vertreter zur Haftung herangezogen wird, dem an den Vertreter gerichteten Haftungsbescheid beigeschlossen werden.
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• Arbeitshilfe Advance Ruling – Fallbeispiele zum Verwaltungskostenbeitrag
• § 118 BAO; § 26 BAO; § 148 Abs 3 BAO; § 274 BAO
• Salzburger Steuerdialog 2011 – Verfahrensrecht
KW Steuerrecht – Lohnabgaben/Sozialversicherung/Arbeitsrecht
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VfGH zur Beseitigung des Alleinverdienerabsetzbetrags StExp 2012/21. Der VfGH hatte zu beurteilen, ob die Beseitigung des Alleinverdienerabsetzbetrags (AVAB) für kinderlose Ehen bzw Partnerschaften mit dem BBG 2011 einen Verstoß gegen den Vertrauensschutz darstellt.
Christian Toppelreiter Grundsätzliches Bis zum Inkrafttreten des BBG 2011 mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2011 ist Alleinverdienenden ein AVAB auch dann zugestanden, wenn diese kinderlos gem § 106 Abs 1 EStG waren und daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht. Der AVAB betrug in diesem Fall € 364,– jährlich. Im Zuge der Novellierung dieser Bestimmung mit dem BBG 2011 wurde der AVAB für Alleinverdiener bei kinderlos gebliebenen Ehen bzw Partnerschaften und Lebensgemeinschaften mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2011 beseitigt. Die Kärntner Landesregierung stellte auf Basis eines Landtagsbeschlusses vom 22. 2. 2011 einen Antrag an den VfGH, die Bestimmung des § 33 Abs 4 Z 1 EStG in der Fassung des BBG 2011 aufzuheben. Die Kärntner Landesregierung erblickte in der Beseitigung des AVAB für den Fall kinderloser Ehen bzw Partnerschaften und Lebensgemeinschaften zunächst eine Verletzung des aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz erfließenden Vertrauensschutzes. Darüber hinaus würde nach Ansicht der Kärntner Landesregierung aus der Streichung des AVAB für diese Personengruppen auch eine gleichheitswidrige Gleichbehandlung von Pensionisten- und Erwerbstätigenhaushalten resultieren.
Intention des Gesetzgebers bei Einführung des AVAB Die Einrichtung des AVAB geht auf das EStG 1967 zurück, in dem das System der Haushaltsbesteuerung durch das System der Individualbesteuerung abgelöst wurde. Der Zweck des AVAB war ursprünglich, die gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten angemessen zu berücksichtigen. Dadurch sollte die Mehrbelastung für unterhaltspflichtige Ehegatten dahingehend Ausgleich erfahren, als dem Alleinverdiener der allgemeine Steuerabsetzbetrag nur einmal zustand, obwohl sein notwendiges Existenzminimum hinsichtlich der gegebenen Unterhaltspflicht für den Ehegatten größer ist als bei einer allein lebenden Einzelperson. Mit der Einführung des AVAB sollte die gegenüber Einzelpersonen steuerlich ungleiche Berücksichtigung des gemeinsamen Existenzminimums einer Haushaltsgemeinschaft zumindest zum Teil wieder ausgeglichen werden. Der VfGH 10. 6. 1992, B 1257/91, hat diesbezüglich jedoch bereits 1992 ausgeführt, dass die Frage, ob zwischen Ehepartnern tatsächlich ein Unterhaltsanspruch besteht oder nicht, von einer Vielzahl an Umständen abhängt, welche überwie-
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gend der Disposition der Ehepartner unterliegen und demzufolge diese Umstände der privaten Lebensgestaltung oder des persönlichen Risikos zuzuordnen sind.
Die Entscheidung des VfGH Der VfGH 29. 9. 2011, G 27/11, verneint in seiner Entscheidung, dass durch die Streichung des AVAB für die angesprochenen kinderlosen Personengruppen ein intensiver Eingriff in den aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz resultierenden Vertrauensschutz gegeben sei. Der VfGH führt hierzu aus, dass der Wegfall des AVAB für diese kinderlosen Personengruppen eine Zurücknahme einer steuerlichen Begünstigung darstellt, auf deren unveränderten zukünftigen Fortbestand ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen grundsätzlich nicht bestehen würde. Insbesondere eine unsachliche Gleichbehandlung von Pensionistenhaushalten und Erwerbstätigenhaushalten im Hinblick auf den Wegfall des AVAB zieht nach Ansicht des VfGH ebenfalls keine Verfassungswidrigkeit nach sich. Obwohl es für im Ruhestand befindliche Paare kaum möglich ist, ihre Lebensgestaltung derart umzustellen, dass nunmehr einer oder beide Ehepartner einer Erwerbstätigkeit nachgehen, um dadurch den Einkommensverlust durch den Entfall des AVAB zu kompensieren, ist eine solche Umgestaltung der Lebensverhältnisse angesichts der Höhe des Einkommensverlusts nicht erforderlich. Dies gilt nach Ansicht des VfGH sinngemäß auch für Erwerbstätigenhaushalte: Der bisher nicht verdienende Partner wäre durch den Entfall des AVAB in Höhe von € 364,– pro Jahr nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit veranlasst oder gar gezwungen.
Entwicklung im Jahr 2012 Mit dem BBG 2012 wurden ab der Veranlagung 2012 Ausgleichsmaßnahmen für den Wegfall des AVAB für Steuerpflichtige ohne Kinderbetreuungspflichten eingerichtet.
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• Arbeitshilfe Übersicht zur VfGH-Entscheidung zur Beseitigung des Alleinverdienerabsetzbetrags
• VfGH 29.9.2011, G 27/11 • § 33 Abs 4 Z 1 EStG; § 106 Abs 1 EStG
• Alleinverdienerabsetzbetrag
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2012
Freiwillige Krankenversicherung eines Wirtschaftstreuhänders und Sonderausgaben StExp 2012/17. Der Berufungswerber bezog als Pensionist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und machte Krankenversicherungsbeiträge steuerlich geltend. Der UFS Wien musste sich nun mit der Unterscheidung zwischen Werbungskosten und (Topf-)Sonderausgaben befassen. Clemens Endfellner
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er Bw bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Pensionist und machte € 7.422,– als Krankenversicherungsbeiträge steuerlich geltend. Das FA erkannte den an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse bezahlten Teil iHv € 4.113,– als zur Gänze abzugsfähig an und stufte den an eine Krankenversicherung X entrichteten Teil iHv € 3.308,– als Sonderausgaben ein, welche lediglich im durch § 18 Abs 3 Z 2 EStG festgelegten Rahmen als (Topf-)Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Der UFS Wien entschied, dass Pflichtbeiträge auch Beiträge zur KrankenSelbstversicherung gem § 16 ASVG oder §§ 14a, 14b GSVG sind, die ein Berufsangehöriger bestimmter Kammern der freien Berufe seiner ihm gem § 5 Abs 1 GSVG
zustehenden Wahlmöglichkeit entsprechend leistet. Voraussetzung ist, dass die Kammer vom Opting-Out Gebrauch machte, was für Wirtschaftstreuhänder, Tierärzte, Rechtsanwälte, Ziviltechniker, Notare, Apotheker und Patentanwälte zutrifft. Der Betriebsausgabencharakter derartiger Beiträge ergibt sich jedoch nicht aus dem ansonsten erforderlichen Zusammenhang der Versicherung mit der betrieblichen Tätigkeit, sondern aus dem Zwangscharakter der Versicherung. Ausschlaggebend ist somit allein, ob die Beitragsleistung den StPfl auf Grund einer zwingenden Vorschrift trifft, der er sich nicht entziehen kann (VwGH 2. 3. 1993, 93/14/0003). Daher sind die Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung als Werbungskosten abzugsfähig. Für die
freiwillig entrichteten Krankenversicherungsbeiträge gilt dies nicht. Durch das Opting-Out der Kammer der Wirtschaftstreuhänder wird die bereits vor dem Opting-Out freiwillig abgeschlossene Krankenversicherung, die im Übrigen auch die Ehegattin einschließt, zu keiner Pflichtversicherung. Es liegen vielmehr (Topf-)Sonderausgaben vor.
• UFS Wien 5.12.2011, RV/1303-W/11 • § 18 Abs 3 Z 2 EStG • Krankenversicherung; Sonderausgaben
Steuerrecht – Einkommensteuer
BFH: Teilwertabschreibung auf Aktien und Aktienfonds StExp 2012/24. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von börsenotierten Aktien ist typisierend bereits dann auszugehen, wenn der Kurs am Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und die Kursdifferenz eine Bagatellgrenze von 5% überschreitet. Clemens Endfellner
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ine AG erwarb von März bis Mai 2001 Aktien dreier börsenotierter Gesellschaften und aktivierte diese im Anlagevermögen. Am Bilanzstichtag 31. 12. 2001 waren die Kurse um 34,71%, 18,32% und 10,96% gesunken, zum Stichtag der Unterzeichnung des Jahresabschlusses 14. 3. 2002 um 8,25%, 29,23% und 11,26%. Die AG machte den Kursverlust zum 31. 12. 2001 als Teilwertabschreibung steuerlich geltend. Dies wurde vom FA nicht anerkannt, da keine voraussichtlich dauernde Wertminderung iSd § 6 Abs 1 Nr 2 Satz 2 dEStG vorliege, weil der Börsenkurs zum jeweiligen Bilanzstichtag weder um mehr als 40% noch an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen um jeweils mehr als 25% unter die Anschaffungskosten gesunken sei.
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Diese Rechtsauffassung verwarf der BFH 21. 9. 2011, I R 89/10. Bilanzierte Wirtschaftsgüter können im Falle einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zu Lasten des Gewinns auf ihren niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist bei an der Börse gehandelten Aktien typisierend bereits dann auszugehen, wenn der Kurs am Bilanzstichtag unter den Kurs im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und die Kursdifferenz eine Bagatellgrenze von 5% überschreitet. Auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag kommt es grundsätzlich nicht an. Gleichermaßen entschied der BFH 21. 9. 2011, I R 7/11, für die Teilwertabschreibung auf Investmentfondsanteile, wenn ein Aktienfonds vorliegt.
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Laut BFH würde eine einzelfallbezogene Prüfung der voraussichtlichen Dauer von Kursdifferenzen sowohl die Finanzbehörden als auch die StPfl überfordern. Im Interesse eines möglichst einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs sei deshalb von dem grundsätzlich maßgeblichen Börsenkurs zum Bilanzstichtag nur ausnahmsweise abzurücken. Wann nach UGB bzw EStG eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt, ist aufgrund des unbestimmten Rechtsbegriffs nicht eindeutig (Janschek/Jung in Hirschler, Bilanzrecht § 204 Rz 62ff).
• BFH 21. 9. 2011, I R 89/10 BFH 21. 9. 2011, I R 7/11
• § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 dEStG • dauernde Wertminderung
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Dell gewinnt im Betriebsstättenstreit StExp 2012/22. Norwegens Höchstgericht hat am 2. 12. 2011 in der Rechtsache Dell zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden. Eine weitere wesentliche Entscheidung zum Thema Betriebsstättenbegründung bei Kommissionärstrukturen.
Doris Bramo-Hackel/Bettina Dorfer
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ell Products Ltd („Dell Irland“) vertrieb Produkte in Norwegen mittels des Kommissionärs Dell AS. Er verkaufte die Produkte im eigenen Namen, auf Rechnung von Dell Irland gegen umsatzabhängige Provision (Arnold, Tax Treaty News, Bulletin for International Taxation 2010, 604). Die norwegischen Steuerbehörden unterstellten, dass Dell AS eine norwegische Betriebsstätte für Dell Irland begründete und ordneten dieser 60% der Vertriebsgewinne zu. Die Feststellung wurde vom Stadtgericht Oslo und dem norwegischen Berufungsgericht bestätigt (Hoy, Norwegian Appeal Court Rules Against Dell, Finds Structure Constituted PE for 2003–06, Transfer Pricing Report: News Archive 2011, 21. 4. 2011; Bendlinger,
Internationale Rechtsprechung zum Betriebsstättenbegriff, SWI 2011, 253). Das norwegische Höchstgericht urteilte nun zu Gunsten von Dell. Kernfrage bildete die Interpretation der Aussage „Verträge im Namen des Unternehmens abschließen“ (Hoy, Norway‘s Supreme Court Rules for Dell, Finds Tax Structure Did Not Constitute PE, Transfer Pricing Report: News Archive 2011). Das Höchstgericht stützt die Analyse des Art 5 Abs 5 DBA Irland – Norwegen auf den englischen Abkommenstext und folgert, dass ein gewöhnlicher Kommissionsvertrag allein zur rechtlichen Bindung des Prinzipals nicht ausreicht. Das Gericht hebt die Wesentlichkeit der rechtlichen Bindungswirkung zwischen Kommissionär und Kommittent hervor und unterstreicht, dass die Anwendung anderer Kriterien, wie faktische Bindung, für die Begründung
einer Betriebsstätte nicht ausschlaggebend sein können, da die Rechtssicherheit drastisch reduziert und praktische Schwierigkeiten hervorgerufen werden würden. Neben dem Urteil in der Rechtsache Zimmer (Conseil d‘État 31. 3. 2010, Nr 304715 und 308525, Zimmer Ltd) gibt es nun zwei zu Gunsten der StPfl ergangene internationale Urteile zur Betriebsstättenbegründung bei Kommissionärstrukturen.
• Noregs Høgsterett 2.12.2011, HR-2011– 2245-A
• Art 5 Abs 5 DBA Irland – Norwegen • Betriebsstätte; Kommissionär
Steuerrecht – Umsatzsteuer/Verbrauchsteuern/Zollrecht
Zum Begriff des im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen StExp 2012/18. Der EuGH hat in einer kürzlich ergangenen Entscheidung über die Auslegung des Begriffs des im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen abgesprochen. Christian Bürgler Ausgangsverfahren und Vorlagefrage Herr Raab verlegte den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit sowie den privaten Wohnsitz im Jahr 2002 von Deutschland nach Österreich. Die österreichische Finanzverwaltung erteilte Herrn Raab eine UID-Nummer. Dieser rechnete seine Dienstleistungen gegenüber dem deutschen Kunden netto mit dem Zusatz „Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG beim Leistungsempfänger“ ab. Das deutsche FA vertrat die Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger nicht vorgelegen hätten. Herr Raab sei kein im Ausland ansässiger StPfl, da er seinen privaten Wohnsitz im fraglichen Jahr auch im Inland gehabt habe.
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Der BFH hat im weiteren Verfahren folgende Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt: Ist ein StPfl bereits dann ein „im Ausland ansässiger StPfl“ iSd Art 21 Abs 1 Buchst b der 6. Richtlinie, wenn er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland hat, oder muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass er seinen privaten Wohnsitz nicht im Inland hat?
Entscheidung des EuGH Zu den Anknüpfungstatbeständen für die Ansässigkeit zählen der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit und das Vorhandensein einer festen Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind. Der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des StPfl sind nur dann für die Bestimmung des Orts, an dem dieser als ansässig gilt, relevant, wenn Angaben
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zum Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder zur festen Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, fehlen. Der private Wohnsitz des StPfl kann bei der Bestimmung des Orts seiner Niederlassung nur in Betracht gezogen werden, wenn keine mit der von ihm ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit unmittelbar zusammenhängenden Anknüpfungspunkte – wie etwa der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder das Vorhandensein einer festen Niederlassung – bestehen.
• EuGH 6. 10. 2011, C-421/10, Stoppelkamp
• § 3a UStG; § 19 UStG
• Ansässigkeit; Verlagerung der Steuerschuld