Das wรถchentliche Steuer-Update
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KW
2012
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Das wöchentliche Steuer-Update
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Inhalt KW142012 Beiträge
Steuerrecht – Einkommensteuer Keine Investitionsbegünstigungen bei Vermietung einzelner Wirtschaftsgüter (StExp 2012/97) ......................................... Verlustverwertung im Privatvermögen – Erlass zur „KESt-neu“ (Teil 1) (StExp 2012/98) ....................................................
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Steuerrecht – Lohnabgaben/Sozialversicherung/Arbeitsrecht Abzugsrecht von Dienstnehmer-Sozialversicherungsbeiträgen (StExp 2012/94)
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Steuerrecht – Einkommensteuer Nachträgliche Geltendmachung des Kinderfreibetrags (StExp 2012/95) ..............................................................................
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Steuerrecht – Körperschaftsteuer/Konzern- und Gruppenbesteuerung UFS zur Festsetzung der Körperschaftsteuer für angefallene Sanierungsgewinne (StExp 2012/96) ...................................
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Steuerrecht – Lohnabgaben/Sozialversicherung/Arbeitsrecht Ruhen des Kinderbetreuungsgelds bei Anspruch auf Wochengeld (StExp 2012/93) .............................................................
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Entscheidungen kompakt
Impressum Medieninhaber & Herausgeber: MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH. Firmensitz und Buchhandlung: Kohlmarkt 16, 1014 Wien. Verlagsbüro: Johannesgasse 23, 1015 Wien, Tel: +43 1 531 61-0, Fax: +43 1 531 61-181, E-Mail: verlag@manz.at. Handelsgericht Wien FN124181w, UID: ATU 37181900. Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und Zeitschriften. Gesellschafter, deren Anteil 25% übersteigt: Manz Gesellschaft m.b.H., Wien, Beteiligung an Unternehmen und Gesellschaften aller Art, und Wolters Kluwer International Holding B.V. Amsterdam, Beteiligung an Unternehmen. Grundlegende Richtung: Veröffentlichung von Artikeln zu aktuellen Themen aus den Bereichen Steuerrecht, Bilanzierung und Förderungen. Verlags- und Herstellungsort: Wien. Geschäftsleitung: Mag. Susanne Stein (Geschäftsführende Gesellschafterin); Dr. Wolfgang Pichler, Prokurist (Verlagsleitung); Peter Guggenberger, Prokurist (Vertriebsleitung). Verlagsrechte: Die in diesem E-Paper veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Kein Teil dieses Angebotes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form vervielfältigt oder verbreitet werden. Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in diesem E-Paper erfolgen ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren, der Redakteure sowie des Verlags ist ausgeschlossen. Grafisches Konzept: Michael Fürnsinn für buero8, 1070 Wien. Fotos: Fotolia, iStockphoto LP. Zitiervorschlag: StExp 2012/Artikelnummer.
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KW Steuerrecht – Einkommensteuer
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Keine Investitionsbegünstigungen bei Vermietung einzelner Wirtschaftsgüter StExp 2012/97. Die Vermietung einzelner Wirtschaftsgüter ohne Hinzutreten weiterer Leistungen führt zu Einkünften aus Leistungen gem § 29 Z 3 EStG. In diesem Fall stehen keine Investitionsbegünstigungen zu.
Clemens Endfellner
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ie Berufungswerberin vermietete ein Ultraschallgerät an einen Arzt zur Nutzung in dessen Ordination. Zudem vermietete die Berufungswerberin ein gebrauchtes Ultraschallgerät an eine Ärztin. Aus der Vermietung der Geräte erklärte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Vorrangig zu prüfen war im fortgesetzten Verfahren (VwGH 31. 3. 2011, 2008/15/0115, 0116, hob Bescheide wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf), ob es sich um eine gewerbliche Vermietung handelt oder außerbetriebliche Einkünfte aus Leistungen vorliegen. Wäre Letzteres der Fall, stünde die beantragte Investitionszuwachsprämie gem § 108e EStG in Höhe von 10% nicht zu. § 29 Z 3 EStG besteuert Einkünfte aus Leistungen wie insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände, soweit sie weder zu den anderen Einkunftsarten noch zu anderen Einkünften iSd § 29 Z 1, 2 oder 4 EStG gehören. Laut UFS Graz fällt die Vermietung einzelner beweglicher Gegenstände auch dann unter § 29 Z 3 EStG, wenn die Vermietung wiederholt und an wechselnde Mieter erfolgt. Nur wenn über die bloße Vermietung hinausgehende Sachleistungen erbracht werden, die eine unternehmerische Organisation erfordern, liegen gewerbliche Einkünfte vor. Entscheidend ist somit, ob die Vermietung über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgeht. Dies ist dann der Fall, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist, wenn also durch die Marktteilnahme nach Art und Umfang der Tätigkeit ein Bild erzeugt wird, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht (Verweise auf VwGH 18. 2. 1999, 1997/15/0018, VwGH 28. 11. 2002, 1998/13/0046, und VwGH 24. 11. 2011, 2007/15/0154). Nach den EStR 2000 Rz 6610 zählt die Vermietung beweglicher Gegenstände zu den gewerblichen Einkünften, wenn die Vermietung geschäftsmäßig betrieben wird. Da es sich im vorliegenden Fall um die Vermietung einzelner beweglicher Gegenstände handelt, ist laut UFS Graz grundsätzlich davon auszugehen, dass diese Vermietung unter § 29 Z 3 EStG zu subsumieren ist. Erst wenn zur Vermietung weitere Leistungen hinzutreten, kann eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen. Da der UFS Graz das Vorliegen eines Gewerbebetriebs verneint,
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steht keine Investitionszuwachsprämie zu. Gegen diese Entscheidung wurde eine VwGH-Beschwerde zu VwGH 2012/15/0055 und VwGH 2012/15/0056 eingebracht. Anmerkung: Es ist wesentlich, ob betriebliche oder außerbetriebliche Einkünfte vorliegen. So standen bzw stehen die Investitionszuwachsprämie und der Gewinnfreibetrag nur bei betrieblichen Einkunftsarten zu. Nachteilig bei den sonstigen Einkünften wie den Einkünften aus Leistungen sind auch der fehlende Verlustvortrag und der eingeschränkte Verlustausgleich. Ein Betriebsausgaben- oder Werbungskostenpauschale steht ebenso wenig zu, sodass eine Trennung beispielsweise von Funktionsgebühren der nicht in einem steuerlichen Dienstverhältnis stehenden Funktionäre von öffentlich-rechtlichen Körperschaften iSd § 29 Z 4 EStG von den betrieblichen Einkünften desselben Steuerpflichtigen auch finanziell bedeutend sein kann.
• Arbeitshilfe VwGH zu Einkünften aus Leistungen iSd § 29 Z 3 EStG
• UFS Graz 24.1.2012, RV/ 0328-G/11
• § 29 Z 3 EStG • sonstige Einkünfte; Einkünfte aus Leistungen
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KW Steuerrecht – Einkommensteuer
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Verlustverwertung im Privatvermögen – Erlass zur „KESt-neu“ (Teil 1) StExp 2012/98. Das BMF veröffentlichte vor kurzem den Erlass zur Neuordnung der Besteuerung von Kapitalvermögen. In drei Teilen werden konkretisierende Erläuterungen aus diesem Erlass vorgestellt. Im ersten Teil wird der Verlustausgleich bei Einkünften aus Kapitalvermögen besprochen. Doris Bauer/Sandra Ehart
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in Verlustausgleich im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen erfolgt entweder automatisch durch die inländische depotführende Stelle oder durch den Investor selbst im Rahmen seiner Veranlagung.
Automatischer Verlustausgleich durch die inländische depotführende Stelle Gemäß § 93 Abs 6 EStG hat die inländische depotführende Stelle den Verlustausgleich durchzuführen und beim KESt-Abzug zu berücksichtigen. Die in § 27 Abs 8 EStG enthaltenen Einschränkungen sind auch in diesem Fall zu beachten (siehe unten). Der Verlustausgleich ist übergreifend für sämtliche Depots eines StPfl bei demselben Kreditinstitut innerhalb eines Kalenderjahrs durchzuführen, dabei sind alle KESt-pflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen (auch ausschüttungsgleiche Erträge aus Investmentfonds, sowie Dividenden inländischer Kapitalgesellschaften und ausländischer Kapitalgesellschaften, sofern die Dividenden vom inländischen Kreditinstitut ausbezahlt werden) einzubeziehen. Positive und negative Einkünfte sind zu verrechnen bzw vormals einbehaltene KESt ist gutzuschreiben. Die Gutschrift ist mit 25% der negativen Einkünfte bzw der einbehaltenen KESt begrenzt. Verluste dürfen jedoch immer nur einmal berücksichtigt werden. Vom Verlustausgleich durch das Kreditinstitut ausgeschlossen sind: • treuhändig gehaltene Depots, • gegenüber dem Kreditinstitut deklarierte Betriebsdepots, • Einkünfte, denen nach § 93 Abs 4 EStG pauschal ermittelte Werte zugrunde liegen, sowie • Einkünfte aus Gemeinschaftsdepots (Verlustausgleich nur innerhalb des Depots möglich). Das Kreditinstitut hat eine Bescheinigung über die Durchführung des Verlustausgleichs zu erstellen. Diese muss gesondert für jedes Depot die positiven und negativen Einkünfte, gegliedert nach Früchten, Substanzgewinnen und Derivaten enthalten. Die Bescheinigung hat ebenfalls die Summe der berücksichtigten Verluste sowie die erteilten Gutschriften zu enthalten. Weiters sind im jeweiligen Kalenderjahr hinzugetretene und ausgeschiedene Depotinhaber zu nennen. Übergangsfristen: Der laufende Verlustausgleich hat ab 1. 1. 2013 zu erfolgen. Für den Zeitraum vom 1. 4. 2012 bis 31. 12. 2012 ist der
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Verlustausgleich im Rahmen einer Endabrechnung (Rollung) bis 30. 4. 2013 durchzuführen.
Verlustausgleich im Rahmen der Veranlagung Verluste, die nicht bereits durch die inländische depotführende Stelle im Rahmen des KEStAbzugs berücksichtigt wurden, können im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden. Sofern Abgeltungswirkung besteht, können Verluste aus Kapitalvermögen durch Ausübung der Verlustausgleichsoption gem § 97 Abs 2 EStG verrechnet werden. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen können dabei unter Beibehaltung des besonderen Steuersatzes (25%) auch nur teilweise in die Veranlagung aufgenommen werden. Verluste aus Kapitalvermögen sind nicht vortragsfähig. Weiters unterliegt der Verlustausgleich gem § 27 Abs 8 EStG folgenden Einschränkungen: • Verluste aus Wertpapieren und Derivaten können nicht mit Sparbuchzinsen und Zuwendungen von Privatstiftungen ausgeglichen werden. • Verlustanteile aus einer echten stillen Gesellschaft können nur in Folgejahren mit Gewinnanteilen aus derselben Beteiligung ausgeglichen werden („Wartetaste“). • Verluste aus Kapitalvermögen, für die der besondere Steuersatz von 25% gilt, können nicht mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden, die zum Tarif (bis 50%) besteuert werden (zB nicht verbriefte Derivate, PrivatePlacement-Wertpapiere). • Verluste aus Kapitalvermögen können ebenfalls nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Übergangsfragen: Grundsätzlich stehen nur Einkünfte aus Kapitalvermögen, die bereits § 27 EStG idF BBG 2011 unterliegen, für den Verlustausgleich zur Verfügung: • Ab dem 1. 4. 2012 zugeflossene Einkünfte aus der Überlassung von Kapital sind jedenfalls in den Verlustausgleich einzubeziehen. • Erträge aus Forderungswertpapieren (zB Zinsen, Nullkuponanleihen, Indexzertifikate), die vor dem 1. 4. 2012 erworben wurden und für die weiterhin §§ 27, 37 Abs 8 und 93 bis 97 EStG idF vor BBG 2011 anzuwenden sind, können nicht in den Verlustausgleich einbezogen werden. • Für Altvermögen gilt weiterhin § 30 EStG idF vor BBG 2011, daher ist kein Einbezug in den Verlustausgleich möglich. • Wesentliche Beteiligungen iSd § 31 EStG werden in § 27 EStG überführt und können in den Verlustausgleich einbezogen werden.
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• Arbeitshilfe Berechnungsbeispiele zur Verlustverwertung NEU im Privatvermögen bei Einkünften aus Kapitalvermögen
• BMF 7.3.2012, BMF-010203/0107-VI/6/2012
• § 27 EStG; § 30 EStG; § 31 EStG; § 93 EStG
• Verlustverwertung
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KW Steuerrecht – Lohnabgaben/Sozialversicherung/Arbeitsrecht
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Abzugsrecht von DienstnehmerSozialversicherungsbeiträgen StExp 2012/94. Vergleiche stellen die Lohnverrechnung oft vor schwierige Herausforderungen. Der OGH hat sich in der vorliegenden Entscheidung zur Frage des Abzugsrechts von Dienstnehmeranteilen zur Sozialversicherung geäußert. Christian Wesener
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er Arbeitgeber (AG) ist grundsätzlich der Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge (sowohl des Dienstgeber- als auch des Dienstnehmeranteils). § 60 ASVG räumt dem AG aber das Recht ein, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil vom Entgelt abzuziehen. Dieses Recht muss aber bei sonstigem Verlust spätestens bei der auf die Fälligkeit der Beiträge nächstfolgenden Entgeltzahlung ausgeübt werden, es sei denn, der nachträglichen Entrichtung der Beiträge lag kein Verschulden des AG zu Grunde (§ 60 Abs 1 Satz 2 ASVG). Die Auswirkungen dieser Bestimmung auf eine Vergleichszahlung waren Gegenstand der vorliegenden OGH-Entscheidung.
Sachverhalt Die Streitteile schlossen am 9. 7. 2008 in einem arbeitsrechtlichen Verfahren einen Prämienvergleich, in dem sich der (klagende) AG im Rahmen der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses verpflichtete € 180.000,– brutto binnen 14 Tagen ab Rechtswirksamkeit des Vergleichs zu zahlen. Im Fall des Zahlungsverzugs wäre der AG zur Zahlung eines Betrags iHv € 505.262,54 brutto verpflichtet gewesen. Dem Vertreter des Arbeitnehmers (AN) wurde am 29. 7. 2008 eine vorläufige Berechnung des Nettobetrags übermittelt (€ 96.722,72), welche von diesem jedoch als unrichtig zurückgewiesen wurde. Der AG bemühte sich in der Folge vergebens um eine verlässliche Stellungnahme der Gebietskrankenkasse hinsichtlich der Höhe der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge. Aus größter Vorsicht zahlte der AG den vom AN geforderten Nettobetrag iHv € 111.388,69 aus, wobei sich der AG jedoch in einem gesonderten Schreiben die Rückforderung des Differenzbetrags bei einer allfälligen Sozialversicherungspflicht vorbehalten hatte. Am 26. 11. 2008 wurde der Beklagtenvertreter vom Klagevertreter über das Ergebnis einer Abgabenprüfung informiert, in welcher die GKK Sozialversicherungsbeiträge nachverrechnet hat, da nach Ansicht der GKK nur ein Nettobetrag iHv € 96.722,72 für die Vergleichszahlung zustünde. Mit der Klage fordert der AG die Rückzahlung des überhöht ausbezahlten Betrags. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete im Wesentlichen ein, dass dem Kläger kein Rückforderungsanspruch zustehe, da die Voraussetzungen des § 60 Abs 1 ASVG nicht vorgelegen seien. Das Abzugsrecht sei nicht spätestens bei der nächstfolgenden Entgeltzahlung ausgeübt wor-
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den und dem Kläger sei weiters ein Verschulden anzulasten. Die Vorinstanzen gaben der auf § 1431 ABGB (Zahlung einer Nichtschuld) gestützten Klage Folge, wobei ein gerichtlich bestellter Sachverständiger die Höhe des zustehenden Nettobetrags mit € 102.038,26 bezifferte.
Entscheidung des OGH Der OGH wies die gegen das Berufungsurteil ergangene außerordentliche Revision des Beklagten zurück und führte aus, dass bereits in Vorentscheidungen festgehalten wurde, dass der Umfang und die Bedeutung des § 60 ASVG bei Nachzahlungen (auch im Rahmen von Vergleichen) eingeschränkt seien. Aber selbst dann, wenn diese Bestimmung angewendet wird, hängt die Beurteilung, ob ein Verschulden des Dienstgebers vorliegt, immer von den Umständen des Einzelfalls ab, sodass eine Anrufung des OGH nur bei krassen Fehlbeurteilungen in Frage kommt. Eine solche liegt hier aber nicht vor. Die Abrechnung des Vergleichs gestaltete sich als sehr kompliziert und auch die GKK hat ein vom gerichtlich bestellten Sachverständigen deutlich abweichendes Ergebnis erzielt, sodass ein Verschulden des Dienstgebers nicht zu erkennen ist. Dem Argument der Beklagten, dem Dienstgeber sei spätestens ab dem Zeitpunkt der Beitragsprüfung ein Verschulden anzulasten, trat der OGH mit dem Argument entgegen, dass sich das Verschulden des Dienstgebers auf eine nachträgliche Beitragsentrichtung bezieht. Die in der Lehre vertretene Ansicht, dass im Rahmen von Beitragsprüfungen auch der periodenkongruente Abzug (wenn sowohl Entgelt als auch Beitrag ursprünglich falsch ermittelt wurden und nun nachbezahlt werden) den Beschränkungen des § 60 ASVG unterliegt, bezieht sich laut OGH offenkundig nur auf Fälle einer verschuldeten nachträglichen Entrichtung, welche hier nicht vorliegt (vgl Derntl in Sonntag, ASVG2 § 60 Rz 3). Die Ansicht der Vorinstanzen, dass ein gutgläubiger Verbrauch die Rückforderung ausschließen hätte können, ist angesichts der nur unter Vorbehalt ausgezahlten Auszahlung des Klagsbetrags völlig vertretbar. Ebenso konnte die im Rahmen des Vergleichs abgegebene Generalbereinigungsklausel einer Differenz der Streitteile bei der Erfüllung des Vergleichs nicht entgegenstehen.
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• Arbeitshilfe Abzugsrecht von SV-Beiträgen
• OGH 21.12.2011, 9 Ob A 119/11g
• § 60 ASVG; § 1431 ABGB
• Abzugsrecht; Sozialversicherungsbeiträge; Vergleich
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KW Steuerrecht – Einkommensteuer
2012
Nachträgliche Geltendmachung des Kinderfreibetrags StExp 2012/95. Die nachträgliche Inanspruchnahme des (höheren) Kinderfreibetrags, weil die Geltendmachung vergessen oder ein Kinderfreibetrag versehentlich auch durch den anderen Ehegatten beantragt wurde, ist nicht ausgeschlossen. Andreas Gerhartl
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er Entscheidung UFS Innsbruck 31. 1. 2012, RV/0377-I/11, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Bw hatte vergessen, in der Steuererklärung Kinderfreibeträge zu beantragen, und in Folge einen Antrag auf Wiederaufnahme gem § 299 BAO gestellt. Dieser Antrag wurde vom FA mit der Begründung abgewiesen, der Kinderabsetzbetrag stehe nur über Antrag zu, ein solcher Antrag sei in der Steuererklärung aber nicht gestellt worden. Der UFS Innsbruck hob die Entscheidung des FA auf. Er führte aus, dass die Geltendmachung des Kinderfreibetrags weder befristet noch unwiderruflich ist noch lediglich in der (ersten) Steuererklärung zulässig ist. Einem StPfl, der auf die Geltendmachung des Kinder-
freibetrags vergessen hat, ist es daher nicht verwehrt, diesen im Rahmen eines Antrags auf Bescheidaufhebung gem § 299 BAO geltend zu machen.
Nachträglicher Verzicht Der Entscheidung UFS Innsbruck 8. 2. 2012, RV/0464-I/711, lag zugrunde, dass die von der Bw geltend gemachten Kinderfreibeträge nur mit € 132,– pro Kind (statt – wie beantragt – € 220,– pro Kind) berücksichtigt wurden, weil bereits beim Ehepartner ein Kinderfreibetrag von € 132,– berücksichtigt worden war (der sich bei der Veranlagung allerdings nicht steuerlich ausgewirkt hatte). Der Ehegatte hatte zwischenzeitlich auf die von ihm geltend gemachten Kinderfreibeträge verzichtet. Der UFS Innsbruck änderte den Bescheid des FA ab. Begründend führte er
aus, die vom FA vertretene Rechtsansicht liefe darauf hinaus, dass es StPfl, die einen Kinderfreibetrag versehentlich geltend machen, nach Ablauf der Berufungsfrist nicht mehr möglich wäre, dieses Versehen auch dann nicht rückgängig zu machen, wenn diese versehentliche Inanspruchnahme ohne steuerliche Auswirkung geblieben ist. Ein solches Verständnis kann § 106a EStG, der bei Vorhandensein eines Kindes einen Freibetrag von € 220,– bzw zweimal € 132,– zuerkennen will, aber nicht unterstellt werden.
• UFS Innsbruck 31.1.2012, RV/0377-I/11 UFS Innsbruck 8.2.2012, RV/0464-I/711
• § 299 BAO;
§ 106a EStG
• Kinderfreibetrag; nachträgliche Geltendmachung; nachträglicher Verzicht
Steuerrecht – Körperschaftsteuer/Konzern- und Gruppenbesteuerung
UFS zur Festsetzung der Körperschaftsteuer für angefallene Sanierungsgewinne StExp 2012/96. Der nicht festzusetzende Körperschaftsteuerbetrag, welcher für Sanierungsgewinne angesetzt wird, ist bei Unternehmensgruppen auf Ebene des Gruppenmitglieds zu ermitteln. Christine Schreiner Sachverhalt Die X GmbH i Liqu war im Jahr 2005 als Kommanditistin an der S-GmbH & Co KG beteiligt, über deren Vermögen im Jahr 2004 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Im anschließenden Zwangsausgleichsverfahren wurde die Ausgleichsquote mit 20% festgelegt. Zwischen der X GmbH i Liqu (Gruppenmitglied) und der Y GmbH (Gruppenträger) wurde ab dem Jahr 2006 eine Unternehmensgruppe gebildet. Das FA ermittelte den nichtfestzusetzenden Steuerbetrag, welcher auf den Sanierungsgewinn entfiel, auf Ebene des Gruppenmitglieds. Strittig war in diesem Zusammenhang, ob die Nichtfestsetzung der KSt auf Ebene des Gruppenmitglieds zu erfolgen hat oder der Sanierungsgewinn zum Gruppenträger weiter-
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geleitet wird und die Nichtfestsetzung der KSt auf Basis des Gesamtgruppeneinkommens vorzunehmen ist.
Entscheidung Jedes Gruppenmitglied hat sein Einkommen unabhängig von der Unternehmensgruppe nach allgemeinem Ertragsteuerrecht zu ermitteln. Die Ergebnisse sämtlicher Gruppenmitglieder werden mit dem Ergebnis des Gruppenträgers zusammengerechnet und im Veranlagungsweg auf Ebene des Gruppenträgers der KSt unterzogen. Bei Sanierungsgewinnen handelt es sich um Gewinne, die durch Vermehrung des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zweck der Sanierung entstanden sind. Die Besteuerung allfälliger Sanierungsgewinne hat in Höhe der nachgelassenen Quote zu unterbleiben. Da
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das jeweilige Gruppenmitglied persönlich steuerpflichtig bleibt und sein steuerliches Ergebnis selbständig zu ermitteln hat, können sich der Sanierungsgewinn und die entsprechende Steuerbegünstigung nur bei diesem niederschlagen. Im vorliegenden Fall bestätigte der UFS Klagenfurt die Entscheidung des FA, wonach die Nichtfestsetzung der KSt auf Ebene des Gruppenmitglieds zu Recht erfolgte. Gegen diese Entscheidung wurde eine VwGH-Beschwerde (2012/15/0053) eingebracht.
• UFS Klagenfurt 13.1.2012, RV/0165-K/11 • § 36 EStG; § 23a KStG; § 24a KStG • Sanierungsgewinn; Schulderlass
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Ruhen des Kinderbetreuungsgelds bei Anspruch auf Wochengeld StExp 2012/93. Der Anspruch der Kindesmutter auf Wochengeld bewirkt ein Ruhen des Kinderbetreuungsgelds; der OGH hat nunmehr entschieden, dass dies auch gilt, wenn der Vater des Kindes Kinderbetreuungsgeld bezieht. Andreas Gerhartl
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em gegenständlichen Fall (OGH 17. 1. 2012, 10 ObS 151/11w) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Vater eines am 31. 3. 2010 geborenen Kindes. Die Mutter des Kindes hatte Anspruch auf Wochengeld für den Zeitraum vom 6. 2. 2010–29. 5. 2010, ließ sich das Wochengeld aber nur vom 6. 2. 2010–13. 4. 2010 auszahlen. Der Kläger beantragte Kinderbetreuungsgeld für zwölf Monate (bereits) ab der Geburt des Kindes. Strittig war, ob das Kinderbetreuungsgeld vom 31. 3. 2010–29. 5. 2010 in der Höhe des Anspruchs auf Wochengeld der Kindesmutter ruhte; ob also § 6 Abs 1 KBGG auch anzuwenden ist, wenn der Vater des Kindes Kinderbetreuungsgeld bezieht und der Mutter ein Wochengeldanspruch zukommt.
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Entscheidung des OGH Der OGH bejahte das Ruhen des Anspruchs im fraglichen Zeitraum, da es sich beim Kinderbetreuungsgeld um einen einheitlichen Anspruch, den die Eltern wahlweise ausüben können, und nicht um getrennte Ansprüche des Vaters und der Mutter handelt. Es entspricht demnach den Intentionen des Gesetzgebers, (auch) bei der Ruhensbestimmung des § 6 KBGG die Einkünfte der Elternteile nicht getrennt zu betrachten, sondern darauf abzustellen, ob es „in der Familie“ zu Leistungskumulierungen kommt. Eine derartige Übervorsorgung würde aber bei Kumulierung des Bezugs von Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld eintreten. Überdies wäre § 6 Abs 2 KBGG, wonach der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für den Vater dann nicht ruht, wenn für die Mutter ein Wochengeldanspruch
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anlässlich der Geburt eines weiteren Kindes besteht, überflüssig. Dass der Gesetzgeber eine inhaltslose und überflüssige Bestimmung geschaffen hat, darf ihm aber nicht unterstellt werden. Somit ruht im Ergebnis das Kinderbetreuungsgeld des Vaters im Umfang des der Kindesmutter (ab der Geburt des Kindes) zukommenden Anspruchs auf Wochengeld.
• OGH 17.1.2012, 10 Ob S 151/11w • § 6 KBGG • Kinderbetreuungsgeld; Wochengeld