NEUES MIET- UND W O H N R E C H T SEPTEMBER 2010
09 www.immolex.at 229 – 268
Schwerpunkt
Thermische Sanierung Mietrecht – Rahmenbedingungen und Wirtschaftlichkeit Innovative Sanierung von Gründerzeitgebäuden – technische Optionen und rechtliche Fragen Steuerrecht – Sanierung als Sonderausgabe Energie-Einspar-Vertrag r!
Ver
te mus s g a tr
Forum Immobilientreuhänder
Thermische Sanierung im Wohnungseigentum
MANZ E-Books
2010. EUR 39,80 ISBN 978-3-214-00586-3
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2009. EUR 16,80 ISBN 978-3-214-00735-5
2009. EUR 16,80 ISBN 978-3-214-18124-6
2009. EUR 16,80 ISBN 978-3-214-18125-3
2009. EUR 16,80 ISBN 978-3-214-18126-0
2009. EUR 16,80 ISBN 978-3-214-07301-5
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EDITORIAL
Sehr geehrte Leserin, geschätzter Leser! HERBERT RAINER
M
it dem 1. 9. 2010 ist eine Änderung der Immobilienmaklerverordnung in Kraft getreten, die bei der Vermittlung bestimmter Verträge zu einer Reduktion der Provisionshöchstsätze für die Maklerprovision führt. Für bereits vereinbarte Provisionen gilt noch die alte Rechtslage. Im Folgenden eine erste Übersicht: Bemessungsgrundlage für die Provision ist die „Bruttomonatsmiete“ (BMM), das ist nach der Diktion der Immobilienmaklerverordnung der Hauptoder Untermietzins zuzüglich aller Betriebs- und Nebenkosten (ohne Heizkosten für Wohnungen im Vollanwendungsbereich des MRG), aber ohne die auf diese Beträge zu entrichtende USt. Vermittlung von Mietverträgen (Hauptoder Untermiete) über Wohnungen und Einfamilienhäuser: Mieter
Vermieter
Mieter
Vermieter
Verlängerung eines befristeten Vertrags
Ergänzung auf Vertragsdauer, höchstens 1/ BMM 2
Ergänzung auf Vertragsdauer, höchstens 1/ BMM 2
Umwandlung in unbefristeten Vertrag
Ergänzung auf unbefristeten Vertrag, höchstens 1/2 BMM
Ergänzung auf unbefristeten Vertrag, höchstens 1/2 BMM
Befristung von weniger als 2 Jahren
1
1 BMM
/2 BMM
Achtung: Diese Regelung ist nicht anzuwenden, wenn an der vermittelten Wohnung Wohnungseigentum besteht und der Auftraggeber nicht Mehrheitseigentümer der Liegenschaft ist. Vermittlung von Mietverträgen (Haupt- oder Untermiete) über Geschäftsräume: Mieter
Vermieter
unbefristeter Vertrag
2 BMM
3 BMM
3 BMM
2 BMM
3 BMM
unbefristeter Vertrag
3 BMM
Befristung mehr als 3 Jahre
3 BMM
1 BMM
3 BMM
Befristung mehr als 3 Jahre
3 BMM
Befristung bis zu 3 Jahren
3 BMM
Ergänzung auf Vertragsdauer, höchstens 1/ BMM 2
Ergänzung auf Vertragsdauer, höchstens 1/ BMM 2
Befristung mindestens 2 Jahre, aber nicht mehr als 3 Jahre
2 BMM
Verlängerung eines befristeten Vertrags
3 BMM
Ergänzung auf unbefristeten Vertrag, höchstens 1/2 BMM
Ergänzung auf unbefristeten Vertrag, höchstens 1/2 BMM
Befristung weniger als 2 Jahre
1 BMM
Umwandlung in unbefristeten Vertrag
Verlängerung eines befristeten Vertrags
Ergänzung auf Vertragsdauer
Ergänzung auf Vertragsdauer
Umwandlung in unbefristeten Vertrag
Ergänzung auf unbefristeten Vertrag
Ergänzung auf unbefristeten Vertrag
Achtung: Die Beschränkung gegenüber dem Vermieter gilt nicht für die Vermittlung eines Mietvertrags über Wohnungen, die Mietern als Ersatzwohnungen zur Verfügung gestellt werden, sofern der Immobilienmakler nur mit dem ihn beauftragenden Eigentümer oder Bauorganisator eine Vereinbarung über eine Provision oder sonstige Vergütung trifft. Vermittlung von Wohnungsmietverträgen durch Immobilienverwalter, wenn die Wohnung in einem Haus gelegen ist, mit dessen Verwaltung er betraut ist: Mieter
Vermieter
unbefristeter Vertrag
1 BMM
2 BMM
Befristung mehr als 3 Jahre
1 BMM
2 BMM
Befristung bis zu 3 Jahren
1
2 BMM
/2 BMM
Vermittlung sonstiger Gebrauchs- und Nutzungsrechte: Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigter
Überlasser
Wohnung
2 BMM
3 BMM
Einfamilienhaus
2 BMM
3 BMM
Geschäftsräume
3 BMM
3 BMM
Inserate:
Immobilienmakler haben in Inserate über Mietwohnungen auch Angaben über die monatliche Gesamtbelastung sowie (sofern kein Pauschalmietzins vorliegt) Angaben über den Hauptmietzins, die Betriebs- und Heizkostenakonti und die Umsatzsteuer aufzunehmen. immolex 2010 229
INHALT NEUES MIET- UND W O H N R E C H T SEPTEMBER 2010
09 www.immolex.at
FACHZEITSCHRIFT FÜR NEUES MIET- UND WOHNRECHT 14. JG, Heft 09, September 2010
229 – 268
Schwerpunkt
Zitiervorschlag: immolex 2010, Seite
Thermische Sanierung Mietrecht – Rahmenbedingungen und Wirtschaftlichkeit Innovative Sanierung von Gründerzeitgebäuden – technische Optionen und rechtliche Fragen Steuerrecht – Sanierung als Sonderausgabe Energie-Einspar-Vertrag r!
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Vertr
Forum Immobilientreuhänder
Thermische Sanierung im Wohnungseigentum
LEITENDE REDAKTEURE: ao. Univ.-Prof. Dr. H. BÖHM Sen.-Präs. d. VwGH Dr. E. GALL HR d. VwGH Dr. F. PFIEL Dr. A. REIBER WT, StB Ing. Mag. W. STINGL
Entscheidungen: immolex 2010/ Entscheidungsnr, Seite HERAUSGEBER: Manz'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH
STÄNDIGE MITARBEITER: Ri Mag. F. IBY Univ.-Prof. Dr. A. KLETEČKA Ri Dr. A. KODEK Mag. C. KOTHBAUER Ri Dr. P. KOVANYI RA Dr. E. LINDINGER RA Dr. C. PRADER Ri Dr. M. REDEN Hon.-Prof. Dr. J. STABENTHEINER
SCHRIFTLEITUNG: RA Dr. H. RAINER
EDITORIAL Sehr geehrte Leserin, geschätzter Leser!
229
Herbert Rainer
Impressum
U3
LEITSÄTZE Nr. 72 – 80
232
THERMISCHE SANIERUNG Thermische Sanierung und Mietrecht – Überlegungen zu Rahmenbedingungen und Wirtschaftlichkeit Die sich verändernden klimatischen Bedingungen und die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, die Emission von Treibhausgasen nachhaltig zu reduzieren, führen zu einer Vielzahl von Vorgaben und Normen mit Bezug auf Klimaschutz und die Nutzung erneuerbarer Energieträger. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich für Gebäudeeigentümer und Vermieter neue Herausforderungen – es gilt, eine Optimierung der Energieeffizienz im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und den Regeln des österreichischen Mietrechts zu bewerkstelligen.
SCHWERPUNKT
234
Katharina Kohlmaier / Michael Metzler
Innovative Sanierung von Gründerzeitgebäuden – technische Optionen und rechtliche Fragen Mit den derzeit üblichen Sanierungsmaßnahmen werden die Potentiale von Gründerzeitgebäuden bei weitem nicht ausgeschöpft. Innovative Ansätze für die Sanierung von Gründerzeitgebäuden werden derzeit in mehreren Pilotprojekten in Wien umgesetzt. Der Beitrag gibt einen Überblick über neue technische Lösungen und behandelt damit in Zusammenhang stehende rechtliche Fragen.
237
Walter Hüttler / Karin Sammer
Thermische Sanierung im Steuerrecht Die thermische Sanierung ist unter gewissen Einschränkungen als Sonderausgabe steuerlich verwertbar. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird, unter der Voraussetzung, dass es sich um Erhaltungsaufwand handelt, des begünstigten Umsatzsteuersatzes von 10% teilhaftig. Im Regelfall wird die thermische Sanierung bei Vermietungsobjekten als Instandsetzungsaufwand einzustufen sein. In Relation zur volkswirtschaftlichen Bedeutsamkeit dieser Maßnahmen ist zu beklagen, dass im Steuerrecht zu geringe steuerliche Anreize bestehen.
243
Walter Stingl
Energie-Einspar-Vertrag
246
Josef Unterweger
FORUM IMMOBILIENTREUHÄNDER Thermische Sanierung im Wohnungseigentumsrecht Christoph Kothbauer 230 immolex 2010
268
INHALT
MIETRECHT OGH 10. 11. 2009, 5 Ob 102/09 z
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OGH 19. 1. 2010, 5 Ob 198/09 t
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OGH 15. 12. 2009, 5 Ob 103/09 x
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OGH 19. 1. 2010, 5 Ob 189/09 v
*
OGH 12. 11. 2009, 6 Ob 218/09 s OGH 14. 1. 2010, 6 Ob 269/09 s; ebenso OGH 27. 1. 2010, 3 Ob 4/10 z OGH 10. 11. 2009, 5 Ob 128/09 y
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*
Verzicht des Vermieters auf alle gesetzlichen Kündigungsgründe (Alexander Klein) Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten (Clemens Limberg) Sämtliche Hauptmieter als einheitliche Streitpartei im Verfahren zur Feststellung des Betriebskostenschlüssels (Patrick Vergörer) Notwendiger Inhalt einer Betriebskostenabrechnung (Clemens Limberg) Zur Rechtzeitigkeit bargeldloser Überweisungen (Matthias Cerha) Unsachgemäßes Aufstellen eines Holzofens durch den Mieter (Klaus Gossi) Kosten der Beheizung einer Außenstiege (Alexander Edelhauser)
251 252 253 255 256 257 259
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT OGH 27. 5. 2010, 5 Ob 86/10 y
*
OGH 24. 11. 2009, 5 Ob 241/09 s
*
OGH 25. 3. 2010, 5 Ob 228/09 d
*
Teilung einer WE-Einheit und Berichtigung im Grundbuch (Christian Prader) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch des Wohnungseigentümers bei eigenmächtiger Widmungsänderung (Matthias Cerha) Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses im Rahmen der ordentlichen Verwaltung (Christian Prader)
259 260 261
LIEGENSCHAFTSRECHT OGH 10. 11. 2009, 5 Ob 87/09 v
*
Übergang der Höchstbetragshypothek bei Einlösung durch Dritten (Nicole Neugebauer-Herl)
263
WOHN- UND BEIHILFENRECHT VwGH 26. 1. 2010, 2009/11/0271
*
Wohnkostenbeihilfe nur bei Vorliegen einer „eigenen Wohnung“ (Walter Stingl)
264
ABGABENRECHT VwGH 25. 11. 2009, 2007/15/0302
*
VwGH 16. 12. 2009, 2007/15/0176
*
Unterhaltsabsetzbetrag – „nicht dauernd getrennt lebender“ Partner einer Lebensgemeinschaft (Walter Stingl) Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit den Kosten für die Umlegung einer Straße zwecks Geschäftsausweitung (Walter Stingl)
265 266
Rainer (Hrsg)
Handbuch des Miet- und Wohnrechts Mit 16. Ergänzungslieferung
2009. Loseblattausgabe in 2 Mappen inkl. 16. Erg.-Lfg. + 1 CD-ROM 2003 EUR 168,– ISBN 978-3-214-13264-4 Preis mit Abnahmeverpf lichtung für mindestens 1 Ergänzungslieferung EUR 128,– Im Abonnement zur Fortsetzung vorgemerkt.
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immolex 2010 231
E
Aktuellste Leitsätze
aus MANZ Wohnrecht online – http://wohnrecht.manz.at MIETRECHT § 1 MRG; § 1090 ABGB
N
OGH 19. 5. 2010, 6 Ob 74/10 s
LS 72
§ 12 a Abs 3 MRG
OGH 1. 6. 2010, 1 Ob 73/10 g
I
LS 73
§ 12 a Abs 3 MRG OGH 1. 6. 2010, 1 Ob 73/10 g
L
LS 74
§ 21 Abs 1 Z 6 MRG; § 6 Abs 3 KSchG
OGH 27. 5. 2010, 5 Ob 64/10 p
N
LS 75
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
§ 23 WEG
OGH 27. 5. 2010, 5 Ob 29/10 s
O
LS 76
§ 28 WEG
OGH 27. 5. 2010, 5 Ob 49/10 g
LS 77
232 immolex 2010
Keine Unternehmenspacht in einem EKZ trotz Betriebspflicht In der Verneinung einer Unternehmenspacht in einem EKZ, wenn leere Räume übergeben werden, auch wenn eine Betriebspflicht vereinbart ist, Gemeinschaftsanlagen, wie WC und Parkplatz zur Verfügung stehen und ein umsatzabhängiger Miet-
zins nach Ablauf von 10 Jahren vereinbart wird, liegt jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung. (Anm: der Umstand, dass WE begründet war, wurde offenbar für die Frage Pacht/Miete nicht für relevant erachtet).
Zur Anzeigepflicht bei unklarer „Anhebungssituation“ Bei der Anzeigepflicht gem § 12 a Abs 2 MRG handelt es sich um eine – gesetzlich als Schutzgesetz zugunsten des Vermieters normierte – aus dem bestehenden Bestandvertrag abgeleitete Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter anhebungsrelevante Tatbestände mitzuteilen. Verletzt der Mieter diese Pflicht, hat er nach § 1298 ABGB nachzuweisen, dass ihn daran kein Verschulden trifft. Kann sich die Mieterin nicht sicher sein, ob eine Änderung ein Kippen der Mehrheitsverhält-
nisse in der Komplementär-GmbH zur Folge hatte, so besteht mit dem tatsächlichen Eintritt eine entsprechende Anzeigeverpflichtung, auch wenn der Vermieter irrtümlich bereits früher von der Verwirklichung des Anhebungstatbestands ausgegangen ist, denn idR kann von der Mietergesellschaft besser beurteilt werden ab welchem Zeitpunkt ein Machtwechsel eintritt, als vom Vermieter, dem die vertragliche Gestaltung der Gesellschaft nicht zwingend bekannt sein muss.
Kein konkludenter Anhebungsverzicht bei Irrtum der Vertragsteile über den Anhebungstatbestand Auch wenn – irrtümlich – die Beteiligten der Meinung gewesen sein sollten, der Anhebungstatbestand sei bereits durch die Kündigung der Gesellschaft verwirklicht, muss eine Untätigkeit der Vermieterin idZ nicht zwingend einen konkludenten Verzicht auf jene Anzeigepflicht bedeuten, die letztlich erst durch den
tatsächlich relevanten, der Vermieterin nicht mehr bekannt gegebenen Machtwechsel ausgelöst wurde. Andernfalls würde dies dazu führen, die Möglichkeit des Vermieters, endgültig zu entscheiden, welcher Vorgang in einer Gesellschaft eine Anhebung des Hauptmietzinses rechtfertigt, zu beeinträchtigen.
Keine geltungserhaltende Reduktion von unklaren Regelungen (hier gem § 21 Abs 1 Z 6 MRG) im Individualprozess Eine mit der Mehrheit der Mieter getroffene Vereinbarung in Formularvordrucken, dass sie dem Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung von Verträgen über die angemessene Versicherung des Hauses gegen Glasbruch-, Sturmschäden etc zustimmten bzw bestehenden Vereinbarungen beitreten, ist gem § 6 Abs 3 KSchG unwirksam, wenn keine weitere Aufklärung erfolgt ist. Die bloße Orientierung am Wortlaut des § 21 Abs 1 Z 6 MRG widerspricht dem Transpa-
renzgebot des § 6 Abs 3 KSchG vor allem deshalb, weil damit nicht darüber aufgeklärt wird, was für den Durchschnittsverbraucher auch nicht durchschaubar ist, dass sich dadurch eine erhöhte Betriebskostenbelastung ergibt. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 3 KSchG sind unklare und unverständliche Vertragsbestimmungen unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion einer solchen Klausel findet damit auch im Individualprozess nicht statt.
Zum Entgelt für die Betreuung von Waschmaschinen Auch wenn nach dem Mindestlohntarif des Bundeseinigungsamtes beim Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales für die Betreuung einer Waschmaschine samt allfälligen Zusatzgeräten nur ein monatliches Entgelt von E 16,83 und bei Inkasso ein Zuschlag von E 4,05 pro Waschmaschine gebührt, kann damit nicht generell ein darüber hi-
nausgehender Anspruch auf Entlohnung gem Abschnitt II C verneint werden; vielmehr kommt es auf den genauen Tätigkeitsumfang an, wobei auch der Zeitaufwand (hier 130 Stunden pro Monat für die Betreuung der den Mietern von 26 Stiegenhäusern dienenden Zentralwaschküche) zu berücksichtigen ist.
Zum Beschluss der Mehrheit dem verwaltenden WEer einen Kostenersatz für Hausbesorgertätigkeiten zu gewähren Es bestehen keine Bedenken dagegen, nach Beendigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses die geschilderten Arbeiten als notwendig und zweckmäßig im Interesse aller Miteigentümer zu qualifizieren, insb, weil damit auch erhebliche Kostenersparnisse
für die Gemeinschaft verbunden sind. In dieser Relation sind auch die aufzuwendenden Kosten zu sehen. Beschließt die Mehrheit der WEer, dass nach Beendigung des Hausbesorgervertrags WEern, die auch für die Hausverwaltertätigkeit ein Entgelt er-
E WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
lohnten Arbeiten wie Wechseln von Glühbirnen, Verrichtung kleinerer Reparaturarbeiten ua vom Verwaltungshonorar gedeckt wären, da dieser nicht zur Durchführung die Arbeiten, sondern nur zur Beauftragung von entsprechenden Professionisten verpflichtet ist.
Zum Bereicherungsanspruch gegen den redlichen aber titellosen Benützer Auch gegen redliche aber titellose Benützer (auch vermeintliche Mieter) besteht ein Bereicherungsanspruch, wobei die Höhe des zu leistenden Ersatzes von der Redlichkeit oder Unredlichkeit des Bereicherten abhängt. Der redliche Benützer hat den
ZIVILRECHT
N
halten, für gewisse Arbeiten neben den Materialkosten auch ein gewisser Stundensatz zugebilligt wird (zB Austauschen von Glühbirnen, kleine Reparaturen ua), so handelt es sich dabei um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung. Es kann auch keine Rede davon sein, dass die beschlussmäßig ent-
Vorteil zu vergüten, der ihm nach seinen subjektiven Verhältnissen entstanden ist. Dieser Vorteil orientiert sich idR am gewöhnlichen Benützungsentgelt, das aber zugleich die Obergrenze des Ersatzes bildet.
LS 78
§ 18 WGG VwGH 25. 6. 2010, 2007/05/0149
I
bar ist, liegt in der Erteilung des Auftrags an alle WEer keine Fehlbeurteilung, denn so wie bei einem Baubewilligungsverfahren für die Ausführung die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich ist, müssen alle Miteigentümer die Folgen dieser konsenslosen Bauführung an allgemeinen Teilen tragen.
Unzulässigkeit von Dauerrabattklauseln Klauseln widersprechen mangels sachlicher Rechtfertigung dem Verbot der Benachteiligung des Versicherungsnehmers gem § 879 Abs 3 ABGB. Da im Verbandsprozess keine geltungserhaltende Reduktion stattzufinden hat und der „kundenfeindlichste“ Anwendungsfall der Klauseln der Entscheidung zugrundezulegen ist, sind weitere Ausführungen zur Berechnung des rückforderbaren Dauerrabatts entbehrlich.
LS 79
VERSICHERUNGSRECHT § 8 VersVG OGH 20. 4. 2010, 7 Ob 266/09 g
LS 80
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Klauseln, die eine Dauerrabattrückvergütung mit gleichbleibenden jährlichen Beträgen vorsehen, sodass der rückforderbare Betrag mit längerer Vertragsdauer steigt statt sinkt, widersprechen § 8 Abs 3 VersVG, weil sie insb bei relativ langer Vertragsdauer einerseits den herauszugebenden „Vorteil“ übersteigen und andererseits das gesetzliche Kündigungsrecht des Konsumenten mit wirtschaftlichen Mitteln untergraben. Die
OGH 27. 5. 2009, 2 Ob 299/09 t
WOHNUNGSGEMEINNÜTZIGKEITSRECHT
Bauaufträge an allgemeinen nur von einem WE-Objekt erreichbaren Teilen Bauaufträge sind an Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten; im Falle des WE sind sie gegebenenfalls an den WEer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Auch wenn sich der Bauauftrag auf einen allgemeinen Teil bezieht, der nur von einem WE-Objekt erreich-
§§ 1041, 1109 ABGB
Kontakt: Rechtsanwalt Dr. Christian Prader, Dr.-Glatz-Straße 1, 6020 Innsbruck Tel: (0512) 209 209 Fax: (0512) 209 209-99 E-Mail: prader@wohnrecht.at Internet: www.wohnrecht.at
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Zum Autor: Dr. Christian Prader ist seit 1997 RA in Innsbruck mit Spezialgebiet Miet- und Wohnungseigentumsrecht, leitender Redakteur der MANZ [nju:s] für Wohnrecht (www.njus.at), Autor der MANZ'schen Großen Ausgaben zum MRG (MANZ 2009), WEG (MANZ 2006) und WGG (MANZ 2008). Hinweis: Zu den LS werden keine Rechtsauskünfte erteilt.
N
Ausgewählte Entscheidungsleitsätze werden in den folgenden immolex-Heften ausführlich besprochen.
immolex 2010 233
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
§§ 3, 16 MRG; OIB-RL 6; Art 15 a B-VG
Energieoptimierung; Lebenszykluskosten; Renditesteigerung; Erhaltungskosten
234 immolex 2010
Thermische Sanierung und Mietrecht – Überlegungen zu Rahmenbedingungen und sich verändernden klimatischen BeWirtschaftlichkeit Die dingungen und die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, die Emission von Treibhausgasen nachhaltig zu reduzieren, führen zu einer Vielzahl von Vorgaben und Normen mit Bezug auf Klimaschutz und die Nutzung erneuerbarer Energieträger. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich für Gebäudeeigentümer und Vermieter neue Herausforderungen – es gilt, eine Optimierung der Energieeffizienz im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und den Regeln des österreichischen Mietrechts zu bewerkstelligen. KATHARINA KOHLMAIER / MICHAEL METZLER
A. Ausgangssituation Die erhebliche Belastung der Erdatmosphäre durch die permanente Verursachung von Treibhausgasen wie zB CO2 und die damit einhergehenden Auswirkungen auf unser Klima stehen mittlerweile außer Zweifel. Viele der geänderten Bedingungen in unseren Breitengraden respektive deren tatsächliche Auswirkungen auf Gebäude – aus sowohl ökologischer wie auch ökonomischer Sicht – können aktuell allerdings nur sehr schwer abgeschätzt werden. Vor diesem Hintergrund steht das Bemühen der internationalen Staatengemeinschaft, den zu erwartenden negativen Entwicklungen Einhalt zu gebieten oder diese so gut als möglich einzudämmen – was in der Erlassung einer Vielzahl von neuen Gesetzen und Verordnungen auf internationaler wie auch auf nationaler Ebene seinen Ausdruck findet, welche sowohl beim Neubau als auch bei Sanierung von Gebäuden zu berücksichtigen sind. Ziel dieser bereits jetzt schon strengen und zT nach gewissen Übergangsfristen noch zunehmend restriktiver werdenden Regelungen ist es, neben der Verbesserung der ökologischen Bilanz auch eine grundlegende und nachhaltige Veränderung des Verhaltens von Anbietern ebenso wie von Kunden zu erreichen. Angesichts stetig steigender Energie- und Rohstoffpreise und dem damit verbundenen Kostendruck nimmt das Umweltbewusstsein von Verbrauchern kontinuierlich zu. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich für Hauseigentümer und potentielle Investoren die Energieeffizienz einer Immobilie und die von dieser indirekt abzuleitenden Verbrauchswerte bzw Verbrauchskosten zu einem immer bedeutenderen Faktor. Eine besondere Eigenschaft der Immobilie, nämlich deren verhältnismäßige Langlebigkeit, zwingt sowohl Bauherren als auch zukünftige Eigentümer dazu, sich über die gängigen ökonomischen Überlegungen hinaus auch ein ökologisches Bild über das „Objekt ihrer Begierde“ zu verschaffen. Aufgrund einer
Vielzahl an Unbekannten wie bspw die zukünftige Entwicklung der Energiepreise aber auch künftiger Nutzeranforderungen und -verhalten sind gerade diese Überlegungen nur sehr schwer gesichert anzustellen.
B. Mietrechtliche Einordnung Wem sind nun – in einem vom Vollanwendungsbereich des MRG umfassten Bestandverhältnis – die für die Verbesserung der Energieeffizienz eines Gebäudes notwendigen Maßnahmen zuzuordnen? Entgegen verschiedener in der öffentlichen Auseinandersetzung zu vernehmender Diskussionsbeiträge ist diese Frage sehr klar zu beantworten. Die „Installation von technisch geeigneten Gemeinschaftseinrichtungen zur Senkung des Energieverbrauchs oder die der Senkung des Energieverbrauchs sonst dienende Ausgestaltung des Hauses, von einzelnen Teilen des Hauses oder von einzelnen Mietgegenständen“ ist ausdrücklich Teil der Erhaltungsverpflichtung des Vermieters gem § 3 Abs 2 Z 5 MRG. Dies unter der allgemein für das Ausmaß der Erhaltungspflichten definierten „Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten“ (§ 3 Abs 1 MRG) sowie unter der in der zitierten Sonderbestimmung darüber hinaus normierten Voraussetzung „wenn und insoweit die hierfür erforderlichen Kosten in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zum allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses und den zu erwartenden Einsparungen stehen“. Die Wirtschaftlichkeit einer Investition wird sohin bei Maßnahmen zur Verbesserung der EnergieefProf. Dr. Katharina Kohlmaier, CIS ImmoZert leitet die Rechtsabteilung der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. und ist Visiting Professorin an der Donau Universität Krems. Mag.FH Michael Metzler, Studium der Immobilienwirtschaft an der FH Wien; Assistent der Geschäftsführung der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.
fizienz – im Gegensatz zu den übrigen in § 3 MRG genannten Maßnahmen – als Voraussetzung für deren Einordnung in die Vermieterpflichten vom Gesetzgeber besonders betont. Auch ist die mieterseitige Durchsetzbarkeit energiesparender Maßnahmen gegenüber anderen Erhaltungsmaßnahmen im Mietverhältnis deutlich eingeschränkt und folgt entsprechend der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 2 MRG den Regeln zur Durchsetzung von Maßnahmen der nützlichen Verbesserung gem § 4 Abs 1 und 2 MRG, für welche es eines Antrags der Mehrheit der Hauptmieter (berechnet nach der Anzahl der Mietgegenstände) des Hauses bedarf.
C. Zur Wirtschaftlichkeit Die Energiepreisentwicklung ist der Schlüssel zu jeglicher Art von Amortisationsberechnung. Bezüglich der langfristigen Entwicklung wird in Fachkreisen aktuell von einer Preissteigerung iHv rd 7% pro Jahr ausgegangen. So sich dieser Wert nicht maßgeblich verändert, muss alleine diese Tatsache zu der Erkenntnis führen, dass sich auch längerfristig betrachtet ein Großteil der thermischen Sanierungsmaßnahmen nicht „rechnen“ kann. An dieser Stelle sei auf eine der größten Diskrepanzen bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von energetischen Investitionsmaßnahmen in vermieteten Gebäuden und Gebäudeteilen hingewiesen: der Umstand, dass jede thermische Sanierung primär den Nutzern zugute kommt. Dies gilt insb für über die zur Erreichung des normierten und damit verbindlichen Mindeststandards hinausgehende Maßnahmen. Der unmittelbar spürbare Effekt – die erzielbare Energieeinsparung – wirkt in erster Linie entlastend für den Nutzer. Hingegen stößt die Möglichkeit, Kosten der vom Eigentümer finanzierten energiesparenden Maßnahmen auch nur zT durch Überwälzung auf den Nutzer zu refinanzieren, im Anwendungsbereich mietzinsregulierender Vorschriften an die Grenzen der Rahmenbedingungen des geltenden Mietrechtsgesetzes. In dem für den Richtwertmietzins geltenden System von Zu- und Abschlägen ist eine Berücksichtigung energetischer Qualitäten schlicht nicht vorgesehen. Hier bleibt lediglich die Möglichkeit der Vereinbarung einer zeitlich begrenzten Erhöhung des Hauptmietzinses gem § 16 Abs 10 und 11 MRG, welche für die Deckung der Kosten der Erhaltung und von nützlichen Verbesserungen iSd §§ 3 und 4 MRG sowie der Kosten von geförderten Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung steht – allerdings ein zumindest halbjähriges Bestehen des Mietverhältnisses ebenso wie eben ein freiwilliges Eingehen des Mieters auf die damit einhergehende Belastung voraussetzt. Und was die bei Festsetzung des „angemessenen“ Hauptmietzinses gem § 16 Abs 1 MRG zu beachtenden Kriterien der Größe, Art, Beschaffenheit, und Lage sowie des Ausstattungs- und Erhaltungszustands des Mietgegenstands betrifft, so bietet keines davon eine überzeugende Basis für die rechnerische Berücksichtigung energetischer Kennzahlen bei der Anmietung eines Objekts.
Soweit es also nicht gelingt, den Mieter vom gemeinsamen Vorteil einer Aufwertung des Mietgegenstands durch Erhöhung der Energieeffizienz zu überzeugen und damit zu einer freiwilligen Beteiligung an der gegenständlichen Investition zu bewegen, bleibt der Ertrag der Immobilie unverändert bzw kann dieser Ertrag – aus Eigentümersicht wenig reizvoll – nur sehr langfristig gesehen und unter der Annahme gesteigert werden, dass vielleicht in Zukunft bei einem Bestandnehmerwechsel allein aufgrund der besseren energetischen Qualität der Immobilie ein höherer Mietzins erzielbar sein könnte. Dies ist jedoch auf Basis heutiger Erfahrungen und Einsichten schon auf dem keiner Mietzinsregulierung unterliegenden Markt eine rein spekulative Annahme und für die dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegenden Mietobjekte ohne einen entsprechenden regulierenden Eingriff des Gesetzgebers schon gar nicht zu erwarten. Wenn aber ein Großteil der Investitionen in die energetische Verbesserung von Gebäuden die erhofften Ertragschancen der einzelnen Immobilie nicht positiv beeinflussen kann, sind diese mangels Refinanzierbarkeit nur unter Miteinbeziehung anderer notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen wirtschaftlich darstellbar. In vielen Fällen – vor allem eben bei fremd genutzten Gebäuden – wird dies vielleicht auch gar nicht gelingen.
D. Verkehrswertsteigerung und Energieausweis Im Zm den Überlegungen zu einer möglichen, zumindest längerfristigen Ertragssteigerung stellt sich die Frage, wie weit Daten zu Energieeffizienz und -werten von Gebäuden neben der rein bautechnischen Gebäudezustandsevaluierung sowie der Ertragssituation eine Entsprechung in der Immobilienbewertung gefunden haben. Soweit ersichtlich, findet unter den Marktteilnehmern praktisch keine Einpreisung der Energieeffizienz statt und finden die damit verbundenen Daten auch (noch) kaum Eingang in die Immobilienbewertung. Eine unmittelbare wesentliche Auswirkung vorliegender Energiekennzahlen – wie zB derer, welche sich im Energieausweis finden – auf den Wert einer Immobilie ist aktuell nur in den seltensten Fällen aus den Bewertungsgutachten ableitbar. So der Energieausweis dem Sachverständigen überhaupt vorliegt, muss dessen Aussagekraft bzw Qualität einer eingehenden Plausibilisierung unterzogen werden. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde zwar ein möglicher Lösungsansatz gefunden, wonach der konkret gegebene Energiebedarf dem für einen entsprechenden Gebäudetyp gemäß OIB-RL 6 geltenden Maximalwert gegenübergestellt, aus dem Energiemehr- bzw -minderbedarf nach bestimmten Anpassungen und Korrekturen ein Barwert ermittelt und dieser als Zu- oder Abschlag in die Bewertung integriert wurde. Ob aber eine günstige Energieeffizienz eine wertsteigernde Wirkung auf Gebäude haben könnte, ist nach wie vor heftig umstritten (vgl dazu FH-Prof. Dr. Otto Bammer in OIZ 05/10).
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
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So stellt auch entgegen der ursprünglichen Absichten des Gesetzgebers der Energieausweis derzeit kein geeignetes Instrument zum realistischen Vergleich zwischen Objekten oder gar zur Steuerung einer nachhaltigen Verbesserung der betreffenden Gebäudesubstanz dar. Das alles bei einem relativen Mehraufwand – wohl bemerkt ohne die Möglichkeit einen ausgleichenden Mehrertrag zu lukrieren – von E 1,0 – 1,5/m2 Nutzfläche. Abweichungen zwischen Energiekennwert im Energieausweis und tatsächlichem Verbrauch von 25% und darüber hinaus sind keine Seltenheit. In der Neufassung der EUGebäudeRL (vgl RL 2010/31/EU) wird neben anderen wesentlichen Neuerungen auch der Energieausweis bzw der zukünftige Umgang mit diesem einer Stärkung unterzogen. Wie fruchtbar diese tatsächlich sein wird, bleibt abzuwarten, da die nationale Umsetzung der Richtlinie erst erfolgen wird.
E. Thermische Überlegungen im Neubau Im Neubaubereich ist das Berücksichtigen von thermischen Überlegungen in der Projektierung der Immobilien bereits seit geraumer Zeit in der Branche gängige Praxis. Eine Reihe an Verordnungen und Gesetzen (Vereinbarung gem Art 15 a B-VG über Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen und deren Auswirkung auf die Novellierung der Bauordnungen, OIB-RL 6, Wohnbauförderungen etc) bzw deren Umsetzung durch die Projektentwickler lassen die Qualität der neu geschaffenen Gebäudesubstanz immer weiter steigen. Moderne Gebäudetechnik ist heutzutage ganz besonders aus dem Bürosegment nicht mehr wegzudenken. Eine Trendwende ist nicht in Sicht – zahlreiche moderne Immobilien werden mit innovativen neuen Technologien ausgestattet. Eine Vielzahl an energieeinsparenden Maßnahmen haben aber unter dem Fokus der Lebenszykluskostenanalyse einen entscheidenden Nachteil: Sie verursachen in vielen Fällen hohe Folgekosten wie bspw Mehraufwand für Reinigung und Instandhaltung. Moderne haustechnische Anlagen müssen regelmäßig gewartet und nachjustiert werden, um deren optimale Wirkung und den damit erwarteten Einspareffekt überhaupt erreichen zu können. Geschieht dies nicht, ist einerseits mit einer wesentlichen Verkürzung der Lebensdauer der betroffenen Anlagen zu rechnen und können andererseits die angestrebten Einsparungen nicht erreicht werden. In diesen Fällen können beim Eigentümer hohe Zusatzkosten entstehen, welche kalkulatorisch in den anfänglichen Ertrags- und Amortisationsrechnungen nicht berücksichtigt worden sind.
F. Sanierung nach thermischen Gesichtspunkten Sowohl aus technischer als auch aus ökonomischer Sicht lässt die thermische Sanierung von Bestandsgebäuden eine Vielzahl an unterschiedlichsten Varianten zu. Nicht nur aus diesem Grund gilt es genauestens abzuwägen, welche Sanierungsvarianten mit wel-
chen Immobilien sinnvoll in „Einklang“ zu bringen sind. Bei thermischen Sanierungen von Gebäuden außerhalb von förderbaren Maßnahmen und Ansätzen gilt dies aufgrund der nur beschränkt zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (besonders im Vollanwendungsbereich des MRG) umso mehr. So können sich zB bei Gebäuden, bei welchen sich Investitionen in thermische Fassadensanierungen nicht innerhalb ansprechender Amortisationszeiträume wirtschaftlich darstellen lassen, einfachste Mittel als Alternative bewähren. Die bloße Optimierung der Steuerungs- und Regeltechnik bringt in vielen Fällen Energieeinsparungen von bis zu 10% mit sich. Ähnliche Einspareffekte können durch Maßnahmen wie etwa das Dämmen der obersten Geschossdecke oder der Kellerdecke erzielt werden. Eine weitere Möglichkeit zur energetischen Optimierung von Gebäuden bildet die Einbindung eines Contractors in die Bewirtschaftung der Immobilie. Dieser analysierte gerade den sensiblen haustechnischen Bereich und setzt zielgerichtete Maßnahmen unter Schonung von Kapitalressourcen. Die dabei erzielten Einsparungen liegen im Durchschnitt bei rd 20% (5 – 8% Strom; bis zu 30% Heizung) in vielen Fällen aber auch darüber.
G. Kostenbetrachtung im Lebenszyklus und Renditeerwartungen Neben der stetig steigenden Bedeutung von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Gebäuden, gewinnen Ansätze zur ganzheitlichen Betrachtung von Kosten einer Immobilie, von deren Errichtung über deren Betrieb bis zum Abbruch immer mehr an Bedeutung. Berechnungen von Lebenszykluskosten schöpfen zur Herleitung realistischer Werte aus einem profunden Datenbestand. Am vorteilhaftesten ist dabei eine entsprechende Betrachtung bereits in einem sehr frühen Planungsstadium, in welchem die Ausrichtung eines Projekts noch ohne erheblichen Kostenaufwand einfach beeinflusst werden kann. Eine entsprechende Analyse kann in vielen Bereichen als zweckdienliches Instrument in Entscheidungsfindungsprozessen herangezogen werden. Gegenwärtig befinden sich die meisten Berechnungsansätze jedoch in einem Stadium der Entwicklung und gibt es (noch) wenige Erfahrungswerte. Das Implementieren eines vereinheitlichten „Bestpreisprinzips“ und somit einer nachhaltigen „total cost of ownership“-Betrachtung entgegen der gängigen und weit verbreiteten Beschaffungsmethodik des ,,Billigstpreisprinzips“ würde massive Transparenz mit sich bringen. Themen wie die Entsorgung von „alten“ die Lebensdauer bereits überschrittenen Dämmstoffen uÄ finden bspw noch keinen Eingang in die Entscheidungsfindung bei Anschaffungsprozessen. Grosso modo ist der maßgebliche Zusammenhang zwischen Energieeffizienz und Objektrendite noch nicht direkt erkennbar – Fakt ist jedoch, dass es diesbezüglich unzählige Meinungen und Theo-
rien gibt. Eine stetig wachsende Bedeutung des Themas für die gesamte Branche und eine Wertsteigerung der Gebäudesubstanz durch die erhöhte Investition in Nachhaltigkeit und vereinzelte Wettbewerbsvorteile in Teilbereichen der Immobilienwirtschaft werden allgemein erwartet – bloß der vor uns liegende zeitliche Ablauf dieser Entwicklung wird unterschiedlich eingeschätzt. Das elementare Kriterium für die Geschwindigkeit, mit welcher sich entsprechende Veränderungen in der Immobilienbranche etablieren können, bildet hierbei der Markt. Hier wird letztendlich entschieden, ob überhaupt und wie rasch die Energieeffizienz von Gebäuden die bisher wesentlichsten Entscheidungskriterien Lage, Ausstattung und Preis ergänzt und wie diese die Renditeerwartungen maßgeblich beeinflussen wird.
SCHLUSSSTRICH
Im Zuge der stetig steigenden Bedeutung von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Gebäuden gewinnen Ansätze zur ganzheitlichen Betrachtung von Kosten einer Immobilie von deren Errichtung über deren Betrieb bis zum Abbruch immer größere Bedeutung. Sorgfältige Analysen und Transparenz über den gesamten Lebenszyklus hinweg sind hierbei unabdingbar für eine realistische Einschätzung künftiger Renditeerwartungen – insb, wenn ein Objekt nicht überwiegend der Eigennutzung dient, das Nutzerverhalten kaum beeinflussbar ist und der mögliche Ertrag ebenso wie eine Überwälzung von Kosten thermischer Sanierungsmaßnahmen durch mietrechtliche Rahmenbedingungen reguliert ist.
Innovative Sanierung von Gründerzeitgebäuden – technische Optionen und den derzeit üblichen Sanierungsrechtliche Fragen Mit maßnahmen werden die Potentiale von Gründerzeitgebäuden bei weitem nicht ausgeschöpft. Innovative Ansätze für die Sanierung von Gründerzeitgebäuden werden derzeit in mehreren Pilotprojekten in Wien umgesetzt. Der Beitrag gibt einen Überblick über neue technische Lösungen und behandelt damit in Zusammenhang stehende rechtliche Fragen. WALTER HÜTTLER/KARIN SAMMER
A. Gründerzeit mit Zukunft 1. Bedeutung der Gründerzeitgebäude Als Gründerzeitgebäude werden üblicherweise Gebäude aus der Bauperiode zwischen 1848 und 1918 bezeichnet, die durch Außenwände aus Vollziegelmauerwerk mit hohen Wandstärken, aufwändig gestaltete Straßenfassaden, häufig mit Stuckornamenten, große Geschoßhöhen und Holzbalkendecken bzw massive Gewölbedecken über dem Keller charakterisiert werden können. Betrachtet man den gründerzeitlichen Gebäudebestand in den Städten, dann reicht das Spektrum vom mehrgeschossigen Arbeiterwohnhaus in der Vorstadt – viele davon mit mittlerweile abgeräumten Fassaden – bis zum gründerzeitlichen Palais in der Innenstadt. Österreichweit existieren mehr als 600.000 Wohnungen in Gebäuden aus der Bauperiode vor 1919, damit beträgt der Anteil des gründerzeitlichen Wohnungsbestands in Österreich insgesamt knapp ein Fünftel. Allein in Wien befinden sich 211.300 Hauptwohnsitzwohnungen in diesem Gebäudesegment,1) die zu mehr als 80% von Hauptmietern, zu 9% von Wohnungseigentümern und zu etwa 4%
von Hauseigentümern bewohnt werden.2) Von rund 35.000 Gebäuden, die in Wien vor 1919 errichtet3) wurden, stellen rund 20.000 klassische GründerzeitZinshäuser im engeren Sinn dar. An etwa einem Viertel dieser Gebäude (rund 4.500 Gebäuden) ist bereits Wohnungseigentum begründet.4)
2. Praxisorientierte Forschung und Umsetzung Mit der umfassenden Sanierung und Modernisierung von Gründerzeitgebäuden wird qualitativ hochwertiger Wohnraum geschaffen. Damit können auch TenDipl.-Ing. Walter Hüttler ist Geschäftsführer der e7 Energie Markt Analyse GmbH und leitet das Projekt „Gründerzeit mit Zukunft“, das im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) im Rahmen der Programmlinie Haus der Zukunft plus umgesetzt wird. Mag. Karin Sammer vom Österreichischen Verband der Immobilientreuhänder (ÖVI) ist zuständig für die Agenden Recht, Kommunikation und Forschung. 1) Statistik Austria, Mikrozensus, Jahresdurchschnitt 2008. 2) Statistik Austria, Mikrozensus (Jahresdurchschnitt 2009), erstellt am 9. 4. 2010. 3) Statistik Austria, Häuser- und Wohnungszählung 2001. 4) Vgl Erster Wiener Zinshaus-Marktbericht, Otto Immobilien 2009.
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
Wiener Bauordnung; OIB-RL 6; EU-GebäudeRL Thermische Sanierung; Gründerzeitgebäude; energieeffiziente Gebäude
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denzen einer schleichenden Marginalisierung von Vierteln und Bewohnern entgegengesteuert werden und sanfte Impulse für eine nachhaltige Stadtentwicklung gesetzt werden. Welche technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten es gibt, energiesparende Techniken und erneuerbare Energieträger in Gebäude der Gründerzeit zu integrieren und welche Komfortverbesserungen und Einsparungspotentiale im Vergleich zu konventionellen Sanierungsmaßnahmen zu erwarten sind, damit beschäftigt sich ein interdisziplinäres Forschungsteam im Rahmen des Projekts „Gründerzeit mit Zukunft“.5) Dieses Leitprojekt im Rahmen der Programmlinie „Haus der Zukunft plus“ bildet den Rahmen für die Entwicklung und die demonstrative Umsetzung von multiplizierbaren innovativen Sanierungskonzepten, die speziell auf die Gegebenheiten des gründerzeitlichen Gebäudebestands abgestimmt sind. Herzstück des Forschungsprojekts ist daher auch die Umsetzung mehrerer innovativer Sanierungsprojekte in Gründerzeithäusern, die in enger Kooperation mit den zuständigen Stellen der Stadt Wien umgesetzt werden. Was technisch umsetzbar ist, wirft aber auch Fragen nach der Wirtschaftlichkeit innovativer Sanierungsprojekte auf. Das Forschungsprojekt wird sich daher auch mit den Kosten innovativer technischer Lösungen für Altbausanierungen auseinandersetzen und diese über den Lebenszyklus aufbereiten und analysieren. Damit im Zusammenhang stehen freilich auch die Mietzinsbeschränkungen im Vollanwendungsbereich des MRG, vor allem wenn es darum geht, in welchem Ausmaß die Investitionskosten in der Mietzinsbildung Berücksichtigung finden können. Die energetische Sanierung von Gründerzeithäusern wirft daneben aber auch eine Reihe weiterer bau- zivil- und wohnrechtlicher Fragen auf, die im Folgenden skizziert werden.
B. Sanierungsziele, Technologien und Systemlösungen Die konventionelle Sanierung eines gründerzeitlichen Wohngebäudes umfasst ein breites Spektrum von unterschiedlichen Maßnahmen von der Instandsetzung der Fassaden, Sanierung oder Erneuerung der Fenster bis zur Erneuerung der Steigleitungen für Wasser, Strom und Gas, zunehmend auch die Errichtung eines Aufzugs. Vielfach werden im Zuge einer Gesamtsanierung auch wohnungsseitige Maßnahmen gesetzt, wobei der Einbau oder die Erneuerung einer Wohnungszentralheizung, die Adaptierung von Grundrissen und die Schaffung von zeitgemäßen Sanitärräumen im Vordergrund stehen. Der Ausbau des Dachgeschoßes stellt genau genommen keine Sanierungsmaßnahme dar, vielfach werden aber Sanierungsmaßnahmen im Bestand zeitgleich mit einem DG-Ausbau vorgenommen, wodurch technisch-wirtschaftliche Synergien genutzt werden können.6) Weit verbreitet ist die Ansicht, dass aufgrund der „dicken Ziegelwände“ die energetische Qualität von Gründerzeitgebäuden ohnehin nicht so schlecht sei. Dies ist nur insofern richtig, als ein Gründerzeitgebäude im Durchschnitt bessere Werte aufweist als bspw ein unsaniertes Gebäude aus den 1960er-Jah-
ren. Tatsache ist jedoch, dass Gründerzeitgebäude mit einem typischen Heizwärmebedarf7) in der Größenordnung von 120 – 160 kWh/m2.a um den Faktor 5 bis 10 „schlechter“ sind als Wohngebäude, die nach heute üblichem Niedrigenergie- bzw Passivhausstandard neu gebaut werden. Mit dem Fenstertausch allein kann die energetische Performance eines Gründerzeitgebäudes lediglich um bis zu zehn Prozent verbessert werden. Dagegen kann mit ambitionierten und innovativen Sanierungsmaßnahmen auch im gründerzeitlichen Bestand ein Heizwärmebedarf von unter 30 kWh/m2.a und damit ein zeitgemäßer energietechnischer Standard erreicht werden. Zurecht kann eingewendet werden, dass auf historische Gebäude nicht alle technischen Standards nach heutigen Kriterien angewendet werden sollen, was sich auch in den Bauordnungen der Bundesländer mit zahlreichen Ausnahmebestimmungen für Gebäude mit gegliederten Fassaden oder Gebäuden unter Denkmalschutz niederschlägt. Praktische Beispiele zeigen jedoch, dass auch im Gründerzeitgebäude noch beachtliche architektonische und technische Potentiale schlummern, mit denen auch in Bezug auf Komfort und Behaglichkeit hervorragende Ergebnisse erzielt werden können und die bislang kaum ausgeschöpft wurden. Der folgende Abschnitt gibt einen beispielhaften Überblick über ambitionierte und innovative Sanierungstechnologien und Lösungen, die bei Gründerzeitgebäuden schon eingesetzt wurden bzw deren Anwendung im Rahmen von laufenden Projekten wie dem Projekt „Gründerzeit mit Zukunft“ demonstriert und die Erfahrungen ausführlich dokumentiert werden. Die wesentlichen Ziele bei der Anwendung dieser Maßnahmen sind die Verbesserung des Wohnkomforts, Verringerung des Energieverbrauchs, Einsatz effizienter und möglichst CO2-neutraler Heizsysteme, Verbesserung der architektonischen Qualität und damit insgesamt die Gewährleistung eines zeitgemäßen Wohnstandards. Voraussetzung ist in jedem Fall ein guter statischer Zustand des jeweiligen Gebäudes, da – insb bei einem geplanten Ausbau des Dachgeschoßes – die Maßnahmen für eine allenfalls erforderliche statische Ertüchtigung des Objekts weit jenseits aller Wirtschaftlichkeitsüberlegungen liegen können. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass es nicht darum geht, Gründerzeitgebäude einfach „einzupacken“ und damit ein städtebaulich zentrales Gebäudesegment einem banalen Effizienz- und Modernisierungsansatz zu „opfern“. Die wesentliche Herausforderung besteht vielmehr darin, innovative Lösungen für Gründerzeitgebäude zu entwickeln, die gestalte5) Gründerzeit mit Zukunft: Laufzeit 2010 – 2014, Forschungs- und Umsetzungspartner: ÖVI, pos Architekten, Schöberl&Pöll, Havel& Havel, GDI, Universität Klagenfurt, Allplan, Bluewaters, Ulreich Bauträger; Gesamtkoordination: e7 Energie Markt Analyse GmbH. Nähere Informationen: www.gruenderzeitplus.at 6) Zum Thema DG-Ausbau ausführlicher: s immolex 2010, 70; immolex 2010, 76; immolex 2010, 80; immolex 2010, 82; immolex 2010, 85. 7) Der Heizwärmebedarf (HWB) stellt jene Wärmemenge dar, die beheizten Räumen zugeführt werden muss, um deren vorgegebene Solltemperatur einzuhalten.
risch angemessen und technisch-wirtschaftlich umsetzbar sind und damit einen Beitrag zur sinnvollen Weiterentwicklung des gründerzeitlichen Gebäudebestands unter stadtgestalterischen sowie wohnungsund immobilienwirtschaftlichen Gesichtspunkten leisten.
1. Dämmung der Außenwände bei gegliederten und nicht gegliederten Fassaden Konventionelle Dämmsysteme wie zB ein außen angebrachtes Wärmedämmverbundsystem können bei gegliederten Fassaden nicht angewendet werden, sofern die Gliederungselemente im Originalzustand erhalten werden sollen. Auch mit den von einigen Herstellern angebotenen Fassadenprofilen, Fensterumrahmungen und Gesimsen – zB aus EPS – kann bestenfalls eine Nachbildung der ursprünglichen Fassade erreicht werden. Hofseitig weisen die typischen Gründerzeithäuser in der Regel nicht gegliederte Fassaden auf, die technisch gesehen einfach gedämmt werden können. Ebenso einfach können „abgeräumte“ Fassaden von Gründerzeitgebäuden mit konventionellen Methoden thermisch verbessert werden. Freistehende Feuermauern stellen zwar kein architektonisches Merkmal von Gründerzeitgebäuden dar, können aber bis zu einem Drittel der Fassadenfläche ausmachen. Im Hinblick auf Energieeffizienz und Wohnkomfort ist die Dämmung einer Feuermauer also ein wesentlicher Faktor, wobei sich in der Praxis die nachbarschaftsrechtlichen Fragen als deutlich schwieriger als die technischen Fragen erweisen.8) Für die energietechnische Verbesserung von erhaltungswürdigen gegliederten Fassaden verbleibt nach derzeitigem Stand der Technik also nur die Wärmedämmung auf der Innenseite, wobei in der Praxis verschiedene Systeme zum Einsatz kommen: Zunächst die Innendämmung mit konventionellen Dämmstoffen wie zB Mineralwolle, ausgeführt mit Dampfsperre und Vorsatzschale. Alternativ können auch Mineraldämmplatten eingesetzt werden zB auf Kalziumsilikatbasis, die aufgrund ihrer kapillaraktiven Eigenschaft Feuchtigkeit aufnehmen, zeitweise speichern und wieder an die Raumluft abgeben können. Die Ausführung ist daher in diesem Fall ohne Dampfbremsen oder Dampfsperren möglich. Zur Vorbeugung von Feuchteschäden – insb bei den Balkenköpfen von Tramdecken – ist bei Innendämm-Maßnahmen die richtige Materialauswahl sowie eine besonders sorgfältige Planung und Ausführung erforderlich.
sich in Schutzzonen9) befinden, sind daher die alten Holzkastenfenster zu renovieren bzw zu erhalten, da bislang für die Sanierung in Gründerzeithäusern (noch) keine ästhetisch überzeugenden und energetisch hochwertigen Fenster zur Verfügung stehen.10) Ist ein Tausch möglich, dann liegen die Vorteile von modernen Fenstern neben einer verbesserten Behaglichkeit und höherem Komfort in der Bedienung va in einem deutlich verbesserten Schallschutz. Aufgrund der verbesserten Luftdichtheit von modernen Fenstern ist jedoch das Lüftungsverhalten entsprechend anzupassen. Da die Belüftung der Räume nicht mehr in Form von unkontrollierbaren „Zugerscheinungen“ durch alte und undichte Fenster erfolgt, muss der hygienisch erforderliche Luftwechsel von den Benutzern durch regelmäßiges Stoßlüften sicher gestellt werden.
3. Einbau von mechanischen Lüftungsanlagen Eine Alternative zur Fensterlüftung stellen Lüftungsanlagen zur kontrollierten Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung dar, die im Wohnungsneubau zunehmend zum Standard werden und sich mittlerweile auch bei der Wohngebäudesanierung vielfach bewährt haben. Zur Anwendung kommen entweder zentrale Lüftungsanalagen, bei denen das gesamte Gebäude von einem zentralen Lüftungsgerät erschlossen wird, wohnungsweise Lüftungsanlagen oder raumweise Lüftungsgeräte. Das Prinzip dieser Anlagen besteht darin, dass der erforderliche Luftwechsel durch das mechanische Lüftungsgerät sichergestellt wird, indem die Frischluft über die Wohnräume zugeführt und die Abluft über Küche und Sanitärräume abgesaugt wird. Durch die integrierte Wärmerückgewinnung können die mit der Lüftung verbundenen Energieverluste deutlich reduziert werden. Der Volumenstrom kann von den Benutzern nach Bedarf angepasst werden und selbstverständlich kann jederzeit auch auf übliche Art und Weise über die Fenster gelüftet werden. Vor allem in Gegenden mit hoher Staub- und Lärmbelastung kann durch Lüftungsanlagen eine enorme Verbesserung des Wohnkomforts erreicht werden, da trotz geschlossener Fenster eine ausreichende Belüftung der Räume sichergestellt ist und die Frischluft durch die Filterung im Lüftungsgerät deutlich höhere Qualität aufweist als die ungefilterte, staubbelastete Luft bei der Fensterlüftung.
2. Fenstersanierung und Fenstertausch Ein wesentliches architektonisches Merkmal eines Gründerzeitgebäudes sind die Fenster mit den regional typischen Teilungsproportionen – im Original ausgeführt als Holzkastenfenster mit Einfachverglasung im Bereich der Wohnungen bzw als Einfachfenster im Gangbereich. Beim Austausch auf neue Fenster können zwar die Teilungsproportionen beibehalten werden, die neuen Fensterprofile sind jedoch deutlich breiter, was mitunter eine wesentliche Veränderung des Erscheinungsbildes der gesamten Fassade mit sich bringt. In Gebäuden in Wien, die
8) Siehe dazu die weiteren Ausführungen in Kap D. dieses Beitrags. 9) Mit der im Jahr 1972 beschlossenen Altstadterhaltungsnovelle kann die Stadt Wien unabhängig vom Denkmalschutz Schutzzonen festlegen und damit charakteristische Ensembles vor Abbruch oder Überformung schützen. Schutzzonen werden im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan dargestellt. Es handelt sich um jene Bereiche, in welchen die Erhaltung des charakteristischen Stadtbildes zu gewährleisten ist. 10) Im Rahmen des Projekts „Gründerzeit mit Zukunft“ sollen in Abstimmung mit den zuständigen Stellen der Stadt Wien gestalterisch anspruchsvolle Systemlösungen entwickelt werden, die heutigen Kriterien hinsichtlich energieeffizienter Fenstertechnik und gestalterischen Anforderungen genügen.
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
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4. Heizungssysteme und Energieträger Werden nur einzelne Nutzungseinheiten saniert, dann ist der Einbau oder die Erneuerung einer Wohnungszentralheizung die häufigste Variante, wobei in den meisten Fällen auf Gasgeräte bzw Gas-Brennwertgeräte zurückgegriffen wird. Im Zuge einer Generalsanierung sollte jedenfalls die Option einer zentralen Heizungsanlage für das gesamte Objekt geprüft werden, wobei neben Gas als zeitgemäße Energieträger auch Fernwärme und Biomasse in Frage kommen. Neben der Verfügbarkeit des jeweiligen Energieträgers und Kosten-Nutzen-Überlegungen spielen der verfügbare Platz für die Heizzentrale und für den ggfs erforderlichen Pellets-Lagerraum eine Rolle, nicht zuletzt auch die mit dem Betrieb der Heizungsanlage verbundenen Emissionen und das Image des jeweiligen Energieträgers. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Gründerzeitgebäuden mit thermischen Solaranlagen, die als Unterstützung für die zentrale Heizungsanlage oder zur Versorgung einzelner Wohnungen eingebaut wurden. Im Zuge einer Dachsanierung oder eines Dachgeschoßausbaus sollte jedenfalls auch die Errichtung einer thermischen Solaranlage geprüft werden.11)
5. Architektonisches Konzept und Erschließung Auch das architektonische Potential von Gründerzeithäusern ist erheblich, wobei der Spielraum bei einer Gesamtsanierung eines leer stehenden Gebäudes im Alleineigentum naturgemäß größer ist als bei einem Gebäude, an dem Wohnungseigentum begründet wurde. Insbesondere betrifft dies die barrierefreie Erschließung aller Räume, die Neuanordnung oder Schaffung von Nebenräumen wie zB Kinderwagenund Fahrradabstellräumen, die Gestaltung von Außenräumen und Hofflächen, die Gestaltung der Dachlandschaft einschließlich der Nutzung für solarthermische Anlagen. Weitergehende Konzepte gehen bis zu einer grundlegenden Veränderung des Erschließungsprinzips: Üblicherweise werden Gründerzeitgebäude über hofseitige Gänge erschlossen, während die Mehrzahl der Wohnräume zur Straße hin orientiert ist. Da die straßenseitigen Lagen aufgrund des motorisierten Verkehrsaufkommens oft weniger attraktiv sind als die Hofseiten, kann durch eine Veränderung der Erschließung über Innengänge mit zum Hof orientierten Wohnungen und Balkonen eine deutliche und nachhaltige Aufwertung der gesamten Liegenschaft erzielt werden.
C. Neufassung der EU-GebäudeRL 2010 1. Inhaltliche Neuerungen, die Gründerzeitgebäude betreffen können Im Juli 2010 ist die Neufassung der EU-GebäudeRL in Kraft getreten deren nationale Umsetzung in den Mitgliedstaaten in wesentlichen Teilen bis 2012 erfolgen muss.12) Mit der neuen GebäudeRL wird erstmals ein zeitlicher Rahmen für die Ver-
schärfung der nationalen Bauvorschriften festgelegt: so ist von den Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass neue Gebäude ab 2021 ausschließlich im Niedrigstenergiestandard errichtet werden. Auch bei den Regelungen für den Gebäudebestand wurden einige Änderungen vorgenommen: der Schwellenwert von 1.000 m2 für die Einhaltung von energietechnischen Mindestanforderungen bei größeren Sanierungen wurde gestrichen. Die Begriffsbestimmung „größere Renovierung“ wurde beibehalten und liegt dann vor, wenn die Investition mehr als 25% des gesamten Gebäudewerts (ohne Grundstück, Versicherungswert) betrifft oder mehr als 25% der Gebäudehülle einer strukturellen Renovierung unterzogen werden. Sofern technisch, funktionell und wirtschaftlich realisierbar, muss zukünftig auch bei größeren Renovierungen der Einsatz energieeffizienter alternativer Systeme in Erwägung gezogen werden. In der Praxis bedeutet dies, dass zukünftig auch bei Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von weniger als 1.000 m2 energietechnische Mindeststandards einzuhalten sein werden. Zukünftig müssen außerdem Verkaufs- und Vermietungsanzeigen eine Information über die energietechnische Qualität des betreffenden Objekts enthalten, indem zB die Energieeffizienzklasse lt Energieausweis ausgewiesen wird. Große Bedeutung wird wiederum der Umsetzung in nationales Recht zukommen an der schon seit einigen Monaten gearbeitet wird. Wie bereits die Erfahrungen bei der Implementierung des Energieausweises in nationales Recht gezeigt haben,13) wären va stringente und einheitliche Maßnahmen angezeigt. Ein größeres Augenmerk sollte darüber hinaus auf ein konzertiertes Zusammenspiel der verschiedenen betroffenen Baurechts- und Wohnrechtsmaterien gelegt werden.
D. Rechtskollisionen und offene Fragen 1. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen: Einhaltung der Anforderungen an Energieeinsparung und Wärmeschutz-Außendämmung an Gebäuden (Schutzzone, gegliederte Fassaden, Gebäude unter Denkmalschutz) Die herkömmliche Außendämmung der Fassaden ist bei Gründerzeithäusern mit gegliederten Fassadenelementen nur eingeschränkt möglich. Bewilligungsfrei ist nach der Wiener Bauordnung nur die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung an nicht gegliederten Fassaden rechtmäßig bestehender Gebäude außerhalb von Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre (§ 62 a Abs 1 Z 31 WBO). Die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung insb bei Gründ11) Die Neufassung der EU-GebäudeRL enthält darüber hinaus eine Verpflichtung, den Einsatz alternativer Systeme auf Basis erneuerbarer Energieträger auch im Zuge von größeren Sanierungen in Erwägung zu ziehen. 12) RL 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v 19. 5. 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung), ABl L 2010/153, 13 13) Siehe Holzapfel/Steixner/Vonkilch, Energieausweis in der Praxis (2009) 94 f
erzeitgebäuden wird durch baurechtliche Bestimmungen (gegliederte Fassaden, Schutzzone, Denkmalschutz) flankiert, weiters sind auch subjektiv-öffentliche Nachbarrechte hinsichtlich der Einhaltung der Seitenabstände relevant. Die nachstehenden Ausführungen hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen beschränken sich exemplarisch auf Wien, da eine bundesländerübergreifende Darstellung der Thematik den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. a) Außendämmung an Gebäuden in der Schutzzone/Gebäuden mit gegliederter Fassade An Gebäuden mit gegliederten Fassaden sowie Gebäuden in Schutzzonen ist die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung nach der Wiener Bauordnung14) bewilligungspflichtig, wobei bei Gebäuden innerhalb der Schutzzone und bei denkmalgeschützten Fassaden die Dämmung der Außenfassade idR nicht möglich ist, da die identischen Fassaden im Original zu erhalten sind. Auch der Fenstertausch unterliegt bei Gebäuden in der Schutzzone besonderen Anforderungen, wobei nicht nur die Teilung sondern auch die Konstruktionsform erhalten werden soll. Aus Gründen des Ortsbild- und Ensembleschutzes scheidet hier daher die Anbringung einer Außendämmung bei den straßenseitig zugewandten Fassaden aus. Nicht vom Ortsbildschutz umfasst sind die in der Regel nicht gegliederten Hoffassaden. b) Anbringung einer Wärmedämmung an Gebäuden mit gegliederter Fassade außerhalb der Schutzzone Auch außerhalb der Schutzzone sind historische Ornamente an Fassaden iS des örtlichen Stadtbildes (§ 85 WBO) zu erhalten. Das Abschlagen dekorierter Fassaden, wie es in der Nachkriegszeit üblich war, ist aus Sicht der MA 19 im Sinne des § 85 WBO nicht zulässig. Außerhalb der Schutzzone kann zwar eine weniger strenge Auslegung praktiziert werden, sodass auch bei gegliederten Fassadenelementen unter Umständen eine originale Nachbildung der Ornamente nach Aufbringung einer Wärmedämmung durchgeführt werden kann. Eine Beurteilung, ob eine erhaltungswürdig gegliederte Fassade vorliegt oder inwieweit durch die Anbringung eines äußeren Vollwärmeschutzes auch Änderungen an der bestehenden Fassade vorgenommen werden können, erfolgt im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung durch die MA 19. c) Wärmedämmung und Denkmalschutz Bei historisch erhaltenswerten Gebäuden darf in der Regel keine Außendämmung angebracht werden. Bauliche Maßnahmen sind nur unter weitgehender Erhaltung des ursprünglichen Erscheinungsbilds und der Substanz des Gebäudes erlaubt. d) Umfassende Sanierung Bei Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 1.000 m2 müssen bei umfassenden Sanierungen15) die Anforderungen an den Heizwärmebedarf der OIB-RL eingehalten werden.
Ausnahmen gelten nach der Wiener Bauordnung für Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, bestehende Gebäude in der Schutzzone sowie Gebäude mit erhaltungswürdig gegliederten Fassaden.16) Für diese gelten geringere Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz, sodass bei Bauführungen17) „nur“ bestimmte U-Werte18) einzuhalten sind, jedoch nicht die Anforderungen an den Heizwärmebedarf und Endenergiebedarf gem der OIB-RL 6. Diese Gebäudekategorien sind nach der Wiener Bauordnung auch von der Vorlagepflicht des Energieausweises ausgenommen.19)
Abbildung 1 Quelle: aus Holzapfel/Steixner/Vonkilch (Hrsg), Energieausweis in der Praxis 212
Mit diesen umfangreichen Ausnahmebestimmungen wollte man vor allem dem großen historischen Gebäudebestand in Wien Rechnung tragen. Bei Umbauten, Änderungen und Instandsetzungen sollte der historische Gebäudebestand in seinem Erscheinungsbild nicht beeinträchtigt werden.20) Ob jedoch Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, bestehende Gebäude in der Schutzzone sowie Gebäude mit erhaltungswürdig gegliederten Fassaden21) ohne die Setzung von Wärmedämmmaßnahmen den von der Bauordnung geforderten Wärmeschutz in Form des U-Werts einhalten können, darf bezweifelt werden. Der U-Wert einer Außenwand eines typischen Gründerzeithauses liegt bei einer Wandstärke von 60 cm Ziegelmauer etwa bei 1,0 W/m2K und erreicht damit ohne die Setzung von Wärmedämmmaßnahmen bei weitem nicht den von der Bauordnung geforderten U-Wert von 0,35 W/m2K.
14) § 60 Abs 1 lit e WBO, Änderungen an Gebäuden in Schutzzonen, die die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussen. 15) Zeitlich zusammenhängende Renovierungsarbeiten, wenn die Gesamtkosten für die Sanierung 25% des Bauwertes übersteigen oder zumindest 25% der Gebäudehülle einer Renovierung unterzogen werden oder wenn zentrale Teile der Gebäudehülle und der haustechnischen Gewerke gemeinsam erneuert oder zum überwiegenden Teil instand gesetzt werden. 16) Gemäß § 118 Abs 4 WBO. 17) Gemäß § 63 Abs 1 lit e in Verbindung mit § 118 Abs 4 WBO. 18) Die maßgeblichen U-Werte sind in Punkt 5.1. der OIB-RL 6 (Anlage 10 zu WBTV und II.4.) festgelegt. 19) Kritisch dazu vgl Holzapfel/Steixner/Vonkilch, Energieausweis in der Praxis 212 ff. 20) Vgl Holzapfel in Holzapfe/Steixner/Vonkilch, Der Energieausweis in der Praxis 214. 21) Und weitere Ausnahmen gem § 118 Abs 4 Wiener Bauordnung.
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
immolex 2010 241
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
242 immolex 2010
Damit verbleibt ein gewisser Wertungswiderspruch, wie der Einhaltung der Anforderungen an den Wärmeschutz iS der Wiener Bauordnung im Zusammenspiel mit dem Ortsbild- und Denkmalschutz entsprochen werden kann, wenn Änderungen der bestehenden Fassade aus Orts- oder Denkmalschutzgründen, wenn überhaupt, nur in sehr eingeschränktem Maß möglich sind.22)
2. Kollision Mindestabstände lt BauO (Eingriff in subjektive Nachbarschaftsrechte) Anbringung einer Wärmedämmung – Einhaltung Seitenabstände, Fluchtlinien Die nachträgliche Anbringung einer Außendämmung kann weiters zur Unterschreitung von Mindestabständen führen, wenn die Dämmung somit über Fluchtlinien und Abstandsflächen hervorragt. Mit der Wiener Bauordnungsnovelle 2004 wurde diesem Umstand Rechnung getragen und die nachträgliche Anbringung von Wärmedämmungen an zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bauordnungsnovelle LGBl. für Wien Nr 33/2004 bereits bestehenden Gebäuden insofern geregelt, als diese bis zu 16 cm über Fluchtlinien und in Abstandsflächen vorragen dürfen.23) Eine Wärmedämmung durfte bis dahin als „Schauseitenverkleidung“ (§ 83 Abs 1 lit c) lediglich bis 7 cm über die Baulinie oder die Straßenfluchtlinie vorragen. Die optimale Dicke einer Wärmedämmschicht wurde damals bei 16 cm angesiedelt. Mit dieser Regelung wurde die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung an bestehenden Gebäuden ermöglicht, auch wenn sie über Fluchtlinien oder in Abstandsflächen hervorragt.24) Aus Abstandsbestimmungen, Bestimmungen über Fluchtlinien und Bestimmungen über die Bauweise erwachsen grundsätzlich subjektiv öffentliche Nachbarrechte, sodass eine Instandsetzungsmaßnahme in Form einer Erneuerung des Verputzes an einer bestehenden Feuermauer, würde sie die Grundgrenze überschreiten, jedenfalls iSd § 60 Abs 1 lit c Wiener Bauordnung bewilligungspflichtig wäre.25)
3. Kollision energetische Mindeststandards vs Eigentum (Grenzüberbau – Beanspruchung des angrenzenden Nachbargrundstücks) Problembehaftet kann die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung insb an Gebäuden sein, wenn diese an der Grundstücksgrenze errichtet wurden und die Wärmedämmung an den Seitenwänden im Ausmaß der Dämmstärke über die Grundstücksgrenze ragen würde. Für eine die Liegenschaft überschreitende Bauführung ist die Zustimmung der betroffenen Liegenschaftseigentümer erforderlich. Eine Bauführung auf fremden Grund steht dem Bauführer nicht zu. Bei einvernehmlicher Bauführung auf fremden Grund entscheidet über die Eigentumsverhältnisse an der verbauten Grundfläche und am Gebäude selbst ausschließlich die Parteienvereinbarung. Ein Grenzüberbau mit Einwilligung des Nachbarn wird regelmäßig auf die Einräumung eines Servituts schließen lassen.26)
Sanierungswillige Eigentümer sehen sich mitunter seitens besonders „geschäftstüchtiger“ Grundnachbarn mit haarsträubenden Forderungen oder Abschlagszahlungen konfrontiert. Dadurch können Sanierungsprojekte erheblich verzögert oder mangels Einigung mit dem Grundnachbarn überhaupt verhindert werden. Zur Diskussion steht auch die Frage, ab welchen Abweichungen vom rechtmäßigen Grenzverlauf von einer Grenzverletzung oder einer Überbauung der Grenze gesprochen werden kann und ob das Anbringen einer stärkeren Putzschicht bzw die Anbringung einer Wärmedämmung schon eine solche bewirken soll. Twaroch27) spricht sich in diesem Zusammenhang für die Heranziehung von Bautoleranzen und katastertechnischen Fehlergrenzen aus, die Anhaltspunkte dafür liefern sollen, dass das Recht nicht für schikanöse nachbarrechtliche Auseinandersetzungen28) missbraucht wird. Handelt es sich beim betroffenen Grundnachbar um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, kann sich die Einholung der Zustimmung bereits bedingt durch die Größe der Eigentümergemeinschaft in der Praxis als schwierig bis kaum möglich erweisen. Praktische Relevanz kann insb der Frage zukommen, ob der bestellte Verwalter als Vertreter der Eigentümergemeinschaft berechtigt ist, die Zustimmung zu erteilen oder die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer einzuholen ist. Vordergründig wird die Zustimmung zur Überbauung als Verfügung und damit weder als ordentliche (§ 28 WEG) noch als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme (§ 29 WEG) gewertet werden können, sodass gem § 834 ABGB die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer als erforderlich anzusehen wäre. Einer oberstgerichtlichen Entscheidung vorbehalten bleibt freilich die Frage, ob die Zustimmung zu einer Duldungsvereinbarung, angesichts des Umstandes, dass es sich in aller 22) § 2 WBTV erlaubt Abweichungen von der RL, wenn der Bauwerber nachweist, dass das gleiche Schutzniveau wie bei der Anwendung der Richtlinie erreicht wird. Offen bleibt auch, ob § 68 Abs 1 WBO, der die Möglichkeit zur Gewährung von Ausnahmen vorsieht, anzuwenden ist. Änderungen können unter bestimmten Umständen dann bewilligungsfähig sein, wenn sie zwar dem Gesetz nicht oder nicht voll entsprechen, aber eine Verringerung des Abstands zwischen dem vom Gesetz gewollten und dem bisherigen Zustand bewirken oder aber auch, wenn die Einhaltung der aktuellen Bauvorschriften eine derart aufwändige Änderung des Altbestands erfordern würde, dass diese zu dem eigentlich beantragten Bauvorhaben in keinem Verhältnis steht. Unter dem Begriff Aufwand ist sowohl ein technischer als auch ein wirtschaftlicher Aufwand zu verstehen. Damit erfährt der Grundsatz einen Durchbruch, dass sämtliche Bauvorschriften bei Bauführungen einzuhalten sind und eine schrittweise Annäherung eines konsentierten Altbestands an die neue Rechtslage erleichtert wird. Vgl Kirchmayer, Wiener Baurecht Kommentar, EB § 68 Abs 1 Wiener Bauordnung. 23) Art V Abs 5 WBO. 24) EB zur Nov LGBl 2004/33, im Neubaufall wurde es hingegen als problemlos erachtet, dass die im geltenden Bebauungsplan festgelegten Fluchtlinien eingehalten werden. 25) Vgl VwGH 13. 4. 1993, ZI 90/05/0233. 26) Vgl Twaroch, Grenzüberbauten und Grundstücksgrenzen, NZ 1996, 80; zur sachenrechtlichen Problematik des Grenzüberbaus s auch Mader, Der Grenzüberbau in der neueren Judikatur, bbl 1998, 111. 27) Twaroch, Grenzüberbauten und Grundstücksgrenzen, NZ 1996, 80. 28) Zum Schikaneeinwand bei geringfügiger Grenzüberbauung: Sammer, Dämmen an der Feuermauer, OIZ 06/2010.
Regel bei einer die Grundstücksgrenzen überschreitenden Dämmung nur um die Inanspruchnahme geringfügiger Flächen im Zentimeterbereich handeln wird, nicht auch als Verwaltungsmaßnahme iSd § 28 bzw § 29 WEG, die somit einem Mehrheitsbeschluss zugänglich wäre, in Abhängigkeit vom Inhalt der zu treffenden Duldungsvereinbarung gewertet werden könnte. Zu denken wäre etwa an eine Vereinbarung, die eine Duldung auf jederzeitigen Widerruf vorsieht, für den Fall, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die überbaute Grundfläche selbst für den Ausbau oder Anbau benötigt. Wenn auch nicht direkt vergleichbar, stellt auch die Vermietung allgemeiner Teile des Hauses gem § 28 Z 8 WEG eine ordentliche Verwaltungsmaßnahme dar. Im Sinne einer administrierbaren Lösung dieser Frage, sollte diese heikle Problematik jedoch einer gesetzlichen Lösung zugeführt werden. Darüber hinaus werfen sowohl die Duldungsverpflichtung des Mieters als auch die rechtliche Qualifikation von nachträglich eingebauten Lüftungsanla-
gen im Hinblick auf Erhaltung und Wartung eine Reihe von rechtlichen Fragen auf, die im Rahmen des Projekts „Gründerzeit mit Zukunft“ bearbeitet wurden. SCHLUSSSTRICH
Den speziellen Erfordernissen des Gründerzeithauses angepasste thermisch-energetische Modernisierungsmaßnahmen können nicht nur respektable Ergebnisse hinsichtlich der Energieeinsparung erzielen sondern darüber hinaus einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung des gründerzeitlichen Gebäudebestands unter stadtgestalterischen sowie wohnungs- und immobilienwirtschaftlichen Gesichtspunkten leisten. Entscheidende Bedeutung wird neben bau-, wohn- und nachbarschaftsrechtlichen Fragen letztlich der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit technisch und gestalterisch angemessener Lösungen im gründerzeitlichen Gebäudebestand zukommen.
Thermische Sanierung im thermische Sanierung ist unter gewissen EinschränSteuerrecht Die kungen als Sonderausgabe steuerlich verwertbar. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird, unter der Voraussetzung, dass es sich um Erhaltungsaufwand handelt, des begünstigten Umsatzsteuersatzes von 10% teilhaftig. Im Regelfall wird die thermische Sanierung bei Vermietungsobjekten als Instandsetzungsaufwand einzustufen sein. In Relation zur volkswirtschaftlichen Bedeutsamkeit dieser Maßnahmen ist zu beklagen, dass im Steuerrecht zu geringe steuerliche Anreize bestehen. WALTER STINGL
Maßnahmen der thermischen Sanierung in vermieteten bzw privat genutzten Immobilien einerseits und im Betriebsvermögen andererseits, ergeben eine Fülle von steuerlichen Diskussionsthemen. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die zivilrechtliche Einstufung als Erhaltungsaufwand, welcher als Begriff im Umsatzsteuerrecht Verwendung findet (s § 10 Abs 2 Z 4 d UStG), im Einkommensteuerrecht jedoch als Instandsetzungs- bzw Instandhaltungsaufwand (siehe § 28 Abs 2 EStG und § 4 Abs 7 EStG) zu qualifizieren ist. In Ausnahmefällen wird es sich um Herstellungsaufwand handeln, welcher aus den nachstehenden Überlegungen ausgeklammert werden soll.
A. Thermische Sanierung als Sonderausgaben Sonderausgaben sind bestimmte Ausgaben, die eigentlich Einkommensverwendung darstellen und nur in den im Gesetz aufgezählten Fällen abzugsfähig sind. Der Abzug kann immer nur in dem Jahr erfolgen, in dem diese Ausgaben bezahlt worden sind. Bei Kreditfinanzierung derselben ist eine Verteilung
der Ausgaben über mehrere Jahre möglich. Aus steuerlicher Sicht ist die Absetzmöglichkeit als Sonderausgabe nicht wirklich attraktiv, da der Aufwand jeweils nur iHv 25% der tatsächlich verausgabten Beträge verwertet werden kann. Darüber hinaus ist ein Höchstbetrag (Topf Sonderausgaben) iHv E 2.920,– im Gesetz verankert, welcher sich um nochmals E 2.920,– erhöht, wenn der Steuerpflichtige den Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbetrag geltend machen kann. Bei mindestens drei Kindern gibt es einen zusätzlichen Erhöhungsbetrag iHv E 1.460,–. Da die Wohnraumsanierungsausgaben in den allgemeinen Topf der Sonderausgaben hineinfallen, demnach mit Versicherungsprämien etc nur gemeinsam abgesetzt werden können, ist die steuerliche Attraktivität äußerst eingeschränkt. Darüber hinaus ist in § 18 Abs 3 Z 2 EStG für besser verdienende Steuerpflichtige eine Einschleifregelung ab E 36.400,– Gesamtbetrag der Einkünfte vorgesehen. Ab E 60.000,– Gesamtbetrag der Einkünfte ist eine steuerliche Abset-
Ing. Mag. Walter Stingl ist StB, Wirtschafts- und Immobilientreuhänder in Wien.
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
§ 10 Abs 2 Z 4 UStG; § 18 Abs 3 Z 2, § 28 Abs 2 EStG Thermische Sanierung; Wohnungseigentum; Vermietung; Sonderausgabe
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SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
244 immolex 2010
zung als Sonderausgaben überhaupt nicht mehr möglich. Grundsätzlich sind Aufwendungen für die Sanierung von Wohnraum als Sonderausgaben unter den oben angeführten einschränkenden Bestimmungen steuerlich absetzfähig, demnach auch die Durchführung von energiesparenden Maßnahmen. Zu beachten ist weiters, dass „in Eigenregie bzw Selbstmontage“ durchgeführte Arbeiten steuerlich nicht akzeptiert werden. Die Arbeiten iZm einer Wohnraumsanierung müssen nachweislich durch einen befugten Unternehmer erbracht werden, die bloßen Ausgaben für den Materialeinkauf unterliegen in diesem Zusammenhang keiner Begünstigung.
B. Welche Sanierungsmaßnahmen sind begünstigt? &
Austausch aller Fenster samt Rahmen, p aller Türen samt Türstock, p des Dachs oder des Dachstuhls, p von Zwischendecken, p von Unterböden, Erneuerung des Außenverputzes, Austausch p einzelne Fenster, wenn es sich um eine Verbesserung in Bezug auf Energieverbrauch oder Umweltbelastung (Lärmschutz) handelt, p der Eingangstür, wenn es sich um eine Verbesserung in Bezug auf Energieverbrauch und Einbruchsschutz handelt, p von Heizungsanlagen zur Verbesserung der Heizleistung (Nutzungsgradverbesserung) bzw der Bedienbarkeit der Heizanlage, p der Elektro-, Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationen, nachträglicher Einbau p von Wärmepumpen und Solaranlagen, p von Wärmerückgewinnungs- und Gesamtenergieanlagen, Maßnahmen zur Erhöhung des Wärmeschutzes von Außenwänden, obersten Geschossdecken, Kellerdecken und Feuermauern, Maßnahmen zur Verminderung des Energieverlusts oder des Energieverbrauchs von Zentralund Gebrauchswasseranlagen, Maßnahmen zur Umstellung auf Fernwärmeversorgung, Sanierungskosten, die von Gemeinnützigen Bauträgern (Genossenschaften) und von Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) an ihre Mieter zB in Form von Erhaltungsbeiträgen weiterverrechnet werden. p
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C. Welche Renovierungsmaßnahmen sind nicht begünstigt? & &
&
laufende Wartungsarbeiten, Reparaturen, auch wenn diese nicht jährlich anfallen (zB Übersteigen des Dachs, Reparatur der Fensterflügel und Türen), Austausch beschädigter Fensterscheiben,
Austausch von nicht wesentlichen Gebäudeteilen, wenn damit keine Verbesserung des Nutzungswertes gegeben ist (zB Austausch einzelner Fensterflügel ohne Materialverbesserung), & Anfärbeln der Fassade ohne Erneuerung des Außenverputzes, & Ausbessern des Verputzes, & Sanierungsmaßnahmen, die dem Mieter vom Eigentümer, der weder ein gemeinnütziger Bauträger noch eine Gebietskörperschaft ist, in Form einer erhöhten Miete verrechnet werden. Entsprechend einem Erkenntnis des VfGH v 5. 10. 1993, B 1724/92 – 14 können nur Aufwendungen für Wohnraumsanierung, die von einem begünstigten Bauträger als Vermieter den Mietern weiterverrechnet werden, als Sonderausgaben abgezogen werden. Demnach ist einer von einem nicht begünstigten Bauträger, in einer Miete verrechneter Sanierungsaufwand (zB in der Miete enthaltene Beträge iSd § 18 MRG, Erhaltungsbeiträge) als Sonderausgabe nicht absetzbar (s Rz 524 LStR). Eine Investition wird nur dann als Sanierungsmaßnahme steuerlich absetzbar sein, wenn der Mieter als Auftraggeber für die Sanierungsmaßnahme auftritt und in diesem Zusammenhang sämtliche mit dem Vorhaben verbundenen wirtschaftlichen Risken übernimmt. Eine Überwälzung der Sanierungsaufwendungen in Form der Verrechnungen der Aufwendungen an den Mieter mit dem begünstigten Umsatzsteuersatz gem § 10 Abs 2 Z 4 UStG ist beim Mieter steuerlich nicht verwertbar. Demgegenüber wird ein unmittelbarer Auftrag für die Durchführung einer Sanierungsmaßnahme durch den Steuerpflichtigen als Wohnungseigentümer auch dann angenommen, wenn die Wohnungseigentumsgemeinschaft in Vertretung des Wohnungseigentümers den Auftrag erteilt. Auch die Verrechnung der Aufwendungen an den Wohnungseigentümer mit 10% Umsatzsteuer gem § 10 UStG kann bei diesem, insoweit es sich um eine umfangreiche thermische Sanierung der allgemeinen Teile des Hauses handelt, als Sonderausgabe abgezogen werden (siehe Rz 524 a LStR). Wenn die energiesparenden Maßnahmen aus der Rücklage gemäß § 31 WEG finanziert werden, so liegt bei den Wohnungseigentümern im Zeitpunkt der Bezahlung aus der Rücklage anteilig abzugsfähiger Sanierungsaufwand vor (s AÖF 2006/ 178 bzw Rz 525 LStR). Sollte in Spezialfällen ein Mieter ein Sanierungsdarlehen für eine thermische Sanierung im Zuge der Mietrechtsübertragung vom weichenden Mieter oder Eigentümer übernehmen, kann er die Darlehensrückzahlung als Sonderausgaben absetzen. &
D. Thermische Sanierung im Wohnungseigentum Bei thermischer Sanierung können, wie oben bereits bei den Sonderausgaben erwähnt, auch aus der Rücklage bezahlte und an die Wohnungseigentümer weiterverrechnete Erhaltungsmaßnahmen bei Wohnungsnutzung dem begünstigten Umsatzsteuersatz von 10% in der Weiterverrechnung unterzogen werden. Davon ausgenommen ist die Lieferung von Wär-
me, auch wenn diese als Nebenleistung zur Hauptleistung Wohnen verrechnet wird. Keine Lieferung von Wärme liegt bei der Lieferung von Warmwasser für Gebrauchszwecke vor. Strittig ist die Rechtsansicht des BMF, dass auch der Austausch einer Heizungsanlage durch die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Wärmelieferung darstellt. Sollten thermische Sanierungsmaßnahmen in Wohnungseigentumsobjekten auch an Garagierungsobjekten vorgenommen werden, würden diese dem 20%igen Normalsteuersatz unterworfen werden müssen (zB thermisch saniertes Garagentor, Wärmedämmung der Garagendecke, etc). In vielen Fällen wird bei der thermischen Sanierung auch eine Subvention seitens des Landes gewährt. In Form eines Einmalzuschusses reduziert dies die Basis für die Umsatzsteuerabfuhr (Reduktion des Aufwands). In gleicher Form ist bei einer Förderung in Form von Annuitätenzuschüssen vorzugehen. Seitens des BMF wird die Ansicht vertreten, dass die in den Annuitätenvorschreibungen enthaltenen Zinsenaufwendungen je nach Nutzungsart der Umsatzsteuer zu unterziehen ist, demgegenüber der Annuitätenzuschuss den Aufwand mindert. Der Erhaltungsbegriff in § 10 Abs 2 Z 4 UStG (begünstigter Umsatzsteuersatz von 10% bei Wohnungsnutzung) ist jener, der zivilrechtliche Verwendung findet. § 28 Abs 1 WEG verweist auf den Erhaltungsbegriff des § 3 MRG. Der Erhaltungsbegriff des Zivilrechts und Umsatzsteuerrechts beinhaltet sowohl den Instandhaltungs-, als auch den Instandsetzungsaufwand iSd EStG (s unten). Da die Rsp in diesem Zusammenhang vom „dynamischen bzw elastischen Erhaltungsbegriff“ spricht, der eine Rücksichtnahme auf die Entwicklung der Bautechnik, auf eine zeitgemäße Wohnkultur gebietet, wird die thermische Sanierung eines Gebäudes umsatzsteuerrechtlich ebenso des begünstigten Umsatzsteuersatzes von 10% bei Wohnungsnutzung teilhaftig werden. Die Installation von Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs werden idR darunter fallen.
liegt Instandhaltungsaufwand vor, welcher steuerrechtlich im Jahr der Bezahlung sofort abgezogen werden kann. Die 25%-Grenze ist grundsätzlich jahresbezogen zu verstehen. Eine mehrjährige Betrachtung hat nur in Fällen zu erfolgen, in denen vor Beginn der Sanierungsmaßnahme das gesamte Ausmaß der geplanten Sanierung bereits feststeht (s Rz 6463 EStR). Insoweit eine Maßnahme zur thermischen Sanierung als Sanierungsaufwand einzustufen ist, sind die weiteren Folgewirkungen des Einkommensteuerrechts bei Vermietung zu beachten. So sind öffentliche Förderungen gem § 28 Abs 6 bzw gem § 3 Abs 1 EStG im Betriebsvermögen nicht als Einnahmen zu erfassen, vielmehr sind die öffentlichen Mittel mit den Aufwendungen zu saldieren. Diese öffentlichen Zuwendungen kürzen also die damit im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Instandhaltungsoder Instandsetzungsaufwendungen, eben auch oben genannte Sanierungsarbeiten. Auch ist die verpflichtende Verteilung der Aufwendungen auf 10 Jahre zu beachten, so sie in Gebäuden getätigt werden, welche Wohnzwecken dienen. Demgegenüber kann die thermische Sanierung, insoweit sie als Erhaltungsmaßnahme angesehen werden kann, bei nicht zu Wohnzwecken genutzten Objekten einer Sofortabsetzung zugeführt werden. Vorauszahlungen von Instandsetzungsaufwendungen können bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung auch bereits im Zeitpunkt der Vorauszahlung, nach Abzug allfälliger Subventionen steuerlich abgesetzt werden (s Rz 6473 EStR). Die bspw Aufzählung bei den Sonderausgaben ist auch für die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bzw im Betriebsvermögen für den Begriff der thermischen Sanierung heranzuziehen. In diesem Fall können jedoch auch die bei den Sonderausgaben nicht abzugsfähigen laufenden Erhaltungsarbeiten steuerlich abgesetzt werden.
E. Thermische Sanierung bei Vermietung
Die thermische Sanierung wird unter gewissen Voraussetzungen als Sonderausgabe absetzbar sein. Die starken Einschränkungen als Topf-Sonderausgaben einerseits, bei den Maßnahmen selbst und insb durch die Einschleifregelung, stellen mE keinen steuerlichen Anreiz für die thermische Sanierung von eigengenutzten Objekten dar. Das Umsatzsteuergesetz sieht für Wohnungseigentumsobjekte den 10%igen Umsatzsteuersatz für den Erhaltungsaufwand vor, wenn Wohnungsnutzung gegeben ist. Darunter fällt mE auch die thermische Sanierung unter Hinweis auf die zivilrechtliche Rechtsprechung im Bezug auf den sogenannten dynamischen Erhaltungsbegriff. Einkommensteuerrechtlich wird die thermische Sanierung von Wohngebäuden bei Vermietung gem § 28 Abs 2 EStG bzw § 4 Abs 7 EStG eine Verteilungsverpflichtung auf 10 Jahre nach sich ziehen. Durch die Einstufung als Instandsetzungsaufwand ist auch in diesem Fall kein wesentlicher Anreiz für die thermische Sanierung gegeben. Der Gesetzgeber ist daher aufgerufen, zumindest für einen begrenzten Zeitraum, zusätzlich steuerliche Anreize zur Investition
§ 28 Abs 2 EStG 1988 enthält neben der Anordnung, wie Instandsetzungsaufwendungen unter bestimmten Umständen zu behandeln sind, auch eine Definition, was unter Instandsetzungsaufwendungen zu verstehen ist. Danach handelt es sich um jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und allein oder zusammen mit Herstellungsaufwand den Nutzwert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern. Im Regelfall wird es sich bei der thermischen Sanierung um Instandsetzungsaufwand handeln, allenfalls auch um Herstellungsaufwand, insb bei Neueinbau einer Anlage zur thermischen Verbesserung eines Vermietungsobjekts. Eine wesentliche Erhöhung des Nutzwerts ist dann zu unterstellen, wenn durch Erneuerungsarbeiten unselbständige Gebäudeteilen zur Gänze, oder zu mehr als 25% ausgetauscht werden. Die 25% sind stets auf sämtliche Reparaturaufwendungen in ihrer Gesamtheit zu beziehen. Bei Unterschreiten der 25%-Grenze
F. Zusammenfassung
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
immolex 2010 245
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
für die thermische Sanierung zu schaffen. So wäre eine zusätzliche Abzugsfähigkeit für solche Maßnahmen, außerhalb der sog Topf-Sonderausgaben, ohne Einschleifregelung und einen eigenen Höchstbetrag erforderlich, sowie eine iS des Energiespargedankens mögliche Sofortabsetzung für Energiesparmaßnahmen bei vermieteten Objekten vorzusehen. Nur durch solche Maßnahmen könnten entsprechende Investitionen angeregt werden, welche nicht nur die Erreichung des Kyoto-Protokolls erheblich erleichtern würden, vielmehr auch enorme Beschäftigungseffekte und den Rückfluss von Ertragssteuern und
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SCHLUSSSTRICH
Aufgrund des zivilrechtlichen „dynamischen Erhaltungsbegriffs“ wird die thermische Sanierung einkommensteuerrechtlich als Instandsetzungsaufwand abgesetzt, umsatzsteuerrechtlich als Erhaltungsaufwand qualifiziert werden können.
Energie-Einspar-Vertrag
§§ 1165 ff AGBG; § 24 Abs 1 lit d BAO Werkvertrag Energieeinsparung; Energieeffizienz
Umsatzsteuern ergeben. Der Steuer-Gesetzgeber ist gefordert!
JOSEF UNTERWEGER
§ 1 Vertragsgegenstand § 2 Rechtsverhältnisse § 3 Vertragsdauer § 4 Informationen des Auftraggebers, Vollständigkeitspflicht § 5 Energie-Bericht § 6 Einbau der technischen Vorrichtungen, Errichtung der Anlage § 7 Einspargarantie § 8 Einsparvergütung § 9 Änderung der Voraussetzungen § 10 Steuerstation Zugang § 11 Eigentumsübergang § 12 Vergütung bei Rücktritt § 13 Rücktritt vom Vertrag § 14 Übertragung von Rechten aus diesem Vertrag § 15 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse § 16 Versicherungsschutz § 17 Haftung des Contractors § 18 Allgemeine Bestimmungen § 19 Schlussbestimmungen
Energie-Einspar-Vertrag zwischen [. . . Firmwortlaut, Anschrift] Firmenbuch [. . .] FN [. . .] vertreten durch [. . . vertretungsbefugte Person: Name, Funktion, Anschrift, Geburtsdatum]1) im Folgenden „Contractor“ genannt, und [. . . Firmwortlaut, Anschrift] Firmenbuch [. . .] FN [. . .] als [Eigentümer, Pächter, . . .] der zu versorgenden Liegenschaft(en) vertreten durch [. . . vertretungsbefugte Person: Name, Funktion, Anschrift, Geburtsdatum] – im Folgenden „Auftraggeber“ genannt – zur Senkung des Energieverbrauchs der Liegenschaft(en) des Auftraggebers Grundbuch [. . .] Katastralgemeinde [. . .] Einlagezahl [. . .] Dr. Josef Unterweger ist RA in Wien. Kontakt: office@unterweger.co.at 1) Mit [. . .] bezeichnete Stellen sind auszufüllen.
Grundstück Nr: [. . .] – im Folgenden „Liegenschaft“ genannt – für [. . .] – im Folgenden „Objekt“ genannt.
§ 1 Vertragsgegenstand Der Contractor ist als Energiedienstleister insbesondere in den Bereichen Energieeffizienz, Energieeinsparung, Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energieträger, Beratung, Planung und Energielieferung tätig. 2) [. . . kurze Beschreibung des Auftraggebers, und dessen Gründe für diesen Vertrag]. 3) Der Auftraggeber beabsichtigt, den Energieverbrauch des Objekts zu senken, durch einen geringeren Energieverbrauch die natürlichen Ressourcen zu schonen und dadurch einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele von Kioto zu leisten.2) 4) Der Contractor hat Einsparpotentiale des Objekts ermittelt und Maßnahmen vorgeschlagen, um Energieeinsparungen zu ermöglichen. 5) Vertragsgegenstand ist die Realisierung von Energieeinsparungen je Energieträger in kw/h pro Jahr. 6)3) Der Auftraggeber beauftragt den Contractor mit der Durchführung der im Energie-Bericht angeführten Maßnahmen4) zu den in diesem Vertrag angeführten Bedingungen und verpflichtet sich gleichzeitig zur Mitwirkung, soweit dies für die Erreichung der Vertragszwecke förderlich ist. 7) Der Contractor setzt die Energieeinsparmaßnahmen und deren Finanzierung eigenverantwortlich um. 8) Der Contractor garantiert bei Umsetzung dieser Maßnahmen das Erreichen eines Mindestsparvolumens während der gesamten Vertragslaufzeit. 9) Das Entgelt des Contractors richtet sich nach dem Wert der Energieeinsparung. § 2 Rechtsverhältnisse 1) Der Auftraggeber ist [Eigentümer, Pächter, Baurechtsberechtigter . . .] der zu versorgenden und eingangs genannten Liegenschaft(en) samt dem darauf befindlichen Objekt. 2) Der Auftraggeber ist zum Abschluß dieses Vertrags und zur Abgabe der in diesem Vertrag enthaltenen Zusagen befugt. 3) Der Contractor erbringt seine Dienstleistungen für den Auftraggeber entsprechend den vom Auftraggeber erhaltenen Informationen und gemäß diesem Vertrag. § 3 Vertragsdauer Der Vertrag tritt mit Unterzeichnung [. . .]5) in Kraft und endet am [. . .].6) § 4 Informationen des Auftraggebers, Vollständigkeitspflicht 1) Der Auftraggeber verpflichtet sich dem Contractor unaufgefordert alle Informationen und Daten zur Verfügung zu stellen, die nach Auffassung des Auftraggebers oder nach Auffassung des Contractors für die Erfüllung dieses Vertrags und die Erreichung einer möglichst hohen Energieeffizienz notwendig oder nützlich sind. 2) Insbesondere sind dies7) a) Daten über die Anschlusswerte, b) Daten über die Betriebszeiten der einzelnen Geräte, c) Monatsabrechnungen der Ver- und Entsorgungsunternehmen oder andere Belege über Energieverbrauch und Energiekosten der letzten [… zB drei Kalenderjahre …], d) die gültigen Verträge mit Ver- und Entsorgungsunternehmen, e) Planunterlagen, f) Wartungsverträge, g) Belege und Aufstellungen über die Erhaltungskosten der letzten [… zB. drei Kalenderjahre …], h) Informationen über die Nutzungsbedingungen8) der einzelnen Nutzungsbereiche samt Zeitplänen,9) i) technische Beschreibungen [… der Anlagen des Auftraggebers…]. 3) Der Auftraggeber bevollmächtigt10) den Contractor unter einem, darüber hinaus gehende Informationen bei Begehungen des Objekts, in Gesprächen mit Mitarbeitern des Auftraggebers, bei Ver- und Entsorgungsunternehmen des Objekts, der Baubehörde und durch eigene Messungen einzuholen. Den Contractor trifft keine Verpflichtung Informationen selbst zu beschaffen. 4) Der Auftraggeber verpflichtet sich, dem Contractor über erste Aufforderung alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die dieser für die Durchführung der angestrebten Energieeinsparung für notwendig erachtet. 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10)
Die Beweggründe und Unternehmensziele sollten hier genannt werden. Sie dienen der Auslegung des Vertrags. Bitte beachten: Hier wird der Leistungsumfang definiert. Wenn der Energie-Bericht unverändert umgesetzt werden soll. Sonst: Ergänzungen festhalten. Allenfalls abweichendes Beginndatum einfügen. Datum einfügen. Notwendige und nützliche Daten jedenfalls nennen. ZB bei einem Hotel: Temperaturanforderungen im Rezeptionsbereich, im Frühstücksbereich während des Tagesverlaufs, in den Zimmern. Die Zeitpläne müssen der Nutzung angepasst sein (Tages-, Wochen-, Jahresplan). Es kann – wenn notwendig – die Ausstellung von Vollmachtsurkunden verlangt werden.
SCHWERPUNKT
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SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
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5) Der Auftraggeber bevollmächtigt den Contractor,11) darüber hinausgehende Informationen im Gespräch mit Mitarbeitern des Auftraggebers, bei Ver- und Entsorgungsunternehmen, der Baubehörde und durch eigene Messungen einzuholen und wird dem Contractor dafür Vollmachtsurkunden ausstellen. 6) Der Auftraggeber versichert sämtliche zweckdienlichen Informationen und Daten an den Contractor gegeben zu haben und weiter unaufgefordert und unverzüglich zu geben.
§ 5 Energie-Bericht12) 1) Der Contractor hat technische und organisatorische Möglichkeiten der Betriebskosteneinsparung mit dem Schwerpunkt der Energieoptimierung für das Objekt in Form eines Energie-Berichts erarbeitet. Darin sind diejenigen Maßnahmen angeführt, welche vom Contractor vorgenommen werden, um das garantierte Einsparvolumen zu erreichen. 2) Dieser Energie-Bericht ist diesem Vertrag angeschlossen und bildet einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrags. § 6 Einbau der technischen Vorrichtungen, Errichtung der Anlage 1) Der Auftraggeber beauftragt den Contractor die im Energie-Bericht angeführten Energie-Einspar-Maßnahmen umzusetzen. 2) Der Contractor bringt im Objekt die im Energie-Bericht genannten technischen Vorrichtungen an und erbringt Dienstleistungen die zur Erreichung der vereinbarten Energieeinsparungen führen. 3) Der Contractor wird sich bemühen, allfällige Beeinträchtigungen der Nutzung des Objekts im Zuge von Arbeiten am Objekt so gering als möglich halten. 4) Um allenfalls notwendige oder zweckmäßige Genehmigungen zu erreichen sowie um eine rasche Umsetzung zu verwirklichen und eine möglichst hohe Energieeinsparung zu erreichen, verpflichtet sich der Auftraggeber über erste Aufforderung des Contractors alle erforderlichen Anträge bei Behörden und Ämtern zu stellen und Ansuchen zu unterfertigen. 5) Der Contractor ist ungeachtet der Eigentumsverhältnisse berechtigt, von ihm angebrachte technische Vorrichtungen auch ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber zu ersetzen, zu entfernen, zu verändern oder zu ergänzen, um noch größere Energieeinsparungen zu erzielen. Der Auftraggeber erteilt schon jetzt seine Zustimmung dazu. 6) Der Auftraggeber gewährleistet dem Contractor den jederzeitigen Zugang zum Objekt, auf die Liegenschaft und ins Gebäude, insbesondere zu den technischen Vorrichtungen. 7) Im Folgenden werden die vom Contractor angebrachten technischen Vorrichtungen und die bereits vorhandenen und in Verbindung mit dem Objekt genutzten haustechnischen Systeme als „die Anlage“ bezeichnet. § 7 Einspargarantie 1) Mindesteinsparung Der Contractor garantiert dem Auftraggeber über die gesamte Vertragslaufzeit mindestens die Einsparung der im Energie-Bericht genannten Energiemenge in Kilowattstunden pro Jahr auf Basis des dort genannten Referenzverbrauchs. 2) Der Contractor übernimmt das Energiecontrolling des Objekts und weist die Erfüllung der Einspargarantie in jährlichen Energieberichten aus. 3) Die Einspargarantie setzt voraus, dass die im Energie-Bericht ermittelten Größen13) sowie Art und Umfang der Nutzung des Objekts während der gesamten Vertragslaufzeit unverändert bestehen, dass weiters der Auftraggeber den Contractor vollständig, richtig und rechtzeitig informierte und informiert, und er alles unternimmt, was die Erreichung der Einsparziele fördert und alles unterlässt, was der Zielerreichung entgegensteht. § 8 Einsparvergütung 1) Als Gegenleistung für die Umsetzung der Maßnahmen zahlt der Auftraggeber an den Contractor auf Dauer des Vertragsverhältnisses ein vorläufiges jährliches Honorar in Höhe des [… zB im Energie-Bericht festgesetzten Betrages (Einsparvergütung) . . .].14) 2) Der Jahresbetrag ist vom Auftraggeber in zwölf gleich hohen Monatsraten zu akontieren, beginnend am [. . .],15) wobei die Folgeraten jeweils am Monatsersten der Folgemonate zur Zahlung fällig sind. Als Zahlungseingang gilt der Tag der Gutschrift auf dem Konto des Contractors [. . .]16). 3) Wird weniger Energie eingespart als vom Contractor als Mindesteinsparung garantiert, erhält der Auftraggeber pro Kilowattstunde Mehrverbrauch […]17). 4) Wird mehr Energie eingespart als von Contractor als Mindesteinsparung garantiert, erhält der Contractor vom Auftraggeber pro Kilowattstunde Minderverbrauch […]18)]. 5) Alle Brennstoff- bzw Energierechnungen werden weiterhin auf den Namen des Auftraggebers ausgestellt. Der Auftraggeber ist auch weiterhin alleiniger Schuldner und alleine für die Bezahlung verantwort11) Der Contractor benötigt eine Spezialvollmacht für die Einsicht von Plänen bei der Baubehörde, sowie für die Einholung von Informationen bei Ver- und Entsorgungsunternehmen. 12) Energie-Bericht enthält Feinanalyse und Maßnahmen. 13) Referenzbedingungen, Referenzkosten, Baseline, … . 14) Honorar festsetzen – auch möglich durch Verweis auf Energie-Bericht oder eine Beilage. 15) Zahlungsbeginn festsetzen. 16) Kontonummer, Bankleitzahl, IBAN, BIC, Swift-code. 17) Folge festsetzen – zB Vergütung. 18) Vergütung festsetzen.
lich. Der Auftraggeber verpflichtet sich, Kopien dieser Rechnungen unverzüglich an den Contractor zu senden. 6) Die Einsparvergütung für das jeweils vorangegangene Jahr wird vom Contractor im Nachhinein an Hand der vom Auftraggeber vorgelegten Belege und nach Vorlage der Jahresabrechnungen bzw -ablesungen für das vorangegangene Berechnungsjahr berechnet und dem Auftraggeber gesondert in Rechnung gestellt. Allfällige Nachzahlungen des Auftraggebers sind binnen 14 Tagen zu leisten. Guthaben des Auftraggebers werden mit den Raten des laufenden Berechnungsjahres aufgerechnet. 7) Der Auftraggeber kann die Berechnung der Einsparvergütung innerhalb einer Frist von [. . .]19) nach Zugang der Berechnung schriftlich unter detaillierter Angabe von Gründen beeinspruchen. Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erfolgt, gilt die Berechnung als akzeptiert. 8) Im Falle des Einspruches durch den Auftraggeber versuchen die Vertragsparteien, das Einvernehmen über die Berechnung zu erzielen [. . .].20) 9) Um die Erreichung der Einsparziele nicht zu gefährden, verpflichtet sich der Auftraggeber die monatlichen Akonti der Einsparvergütung unter Verzicht auf die Erhebung von Einwendungen und Einreden für die Dauer dieses Vertrags weiter zu bezahlen.
§ 9 Änderung der Voraussetzungen 1) Änderungen am Gebäude, den technischen Anlagen oder der Nutzung des Gebäudes, die nicht vom Contractor vorgenommen werden und Einfluss auf die angestrebten Einsparungen haben, hat der Auftraggeber dem Contractor vor Setzung der Maßnahmen rechtzeitig mitzuteilen und dessen Genehmigung abzuwarten. Werden diese Maßnahmen vom Auftraggeber ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Contractors vorgenommen, so behält der Contractor unabhängig von den Auswirkungen der Maßnahmen weiterhin seinen Anspruch auf das ungeschmälerte Honorar.21) 2) Im Falle einer Änderung der Nutzungsbedingungen, die einen Einfluss auf die angestrebten Einsparungen haben, verpflichtet sich der Auftraggeber zu einer möglichst frühzeitigen Information des Contractors. 3) Sobald einer der Vertragspartner erkennt, dass Veränderungen der Referenzbedingungen22) eintreten werden oder zu erwarten sind, die eine Änderung der Referenzkosten um mehr als [. . .]23) Prozent bewirken, ist dies dem anderen Vertragspartner unverzüglich mitzuteilen. 4) Der Contractor ist berechtigt, vor Ort auf der Liegenschaft auf eigene Kosten Untersuchungen über die Ursachen abweichenden Energieverbrauchs anzustellen. 5) Unabhängig von einem allfälligen Einspruch gegen die Berechnung des Jahreshonorars oder bei Änderungen der Referenzbedingungen verpflichtet sich der Auftraggeber, die monatlichen Raten der Einsparvergütung weiterhin vollständig und rechtzeitig unter Verzicht auf Einwendungen und Einreden an den Contractor zu bezahlen. § 10 Steuerstation – Zugang 1) Der Auftraggeber gestattet dem Contractor unentgeltlich, die für die erwarteten Einsparungen notwendigen Leitungen auf der Liegenschaft zu verlegen. 2) Der Auftraggeber stellt dem Contractor die für die umzusetzenden Maßnahmen erforderlichen Räume oder Raumteile gemäß der diesem Vertrag angeschlossenen Planskizze24) unentgeltlich zur Verfügung. 3) Der Auftraggeber gestattet dem Contractor sowie dessen Mitarbeitern und Subunternehmern den jederzeitigen und unbedingten Zutritt zu sämtlichen Anlageteilen. 4) Der Contractor wird die Anlage mittels Datenfernübertragung überwachen und steuern.25) Der Auftraggeber ist damit einverstanden. § 11 Eigentumsübergang Technische Vorrichtungen, die mit der Liegenschaft untrennbar verbunden werden, gehen mit der Anbringung in das Eigentum des Auftraggebers über26). Es handelt sich steuerlich um Investitionen in eine fremde Liegenschaft.27) , 28) § 12 Vergütung bei Rücktritt Im Falle des Rücktritts vom Vertrag oder sonstiger vorzeitiger Vertragsbeendigung ist der bis zum Ende der Vertragsdauer noch offene Honorarbetrag abzüglich einer Abzinsung in Höhe von [. . .]29) Prozent pro Jahr sofort fällig.30)
19) 20) 21) 22) 23) 24) 25) 26) 27) 28) 29) 30)
Frist bestimmen. Allenfalls auch: Vereinbarung eines Schlichtungsverfahrens, Schiedsgutachtens oder Schiedsgerichtes. Allenfalls auch: Rücktritt; Vereinbarung eines Schlichtungsverfahrens, Schiedsgutachtens oder Schiedsgerichtes. Dem Vertrag zugrunde gelegte Nutzungsbedingungen. Prozentsatz festsetzen. Wenn Räume oder Raumteile benutzt werden. Wichtig, weil Teil der Contracting-Dienstleistung. § 416 ABGB. Die Verbindung ungleicher Sachen führt dazu, dass die Nebensache unselbständiger Bestandteil der Hauptsache wird. § 24 Abs 1 lit d BAO. Die eingebauten Anlagen und technischen Vorrichtungen sind daher beim Auftraggeber steuerlich zu aktivieren. Zinssatz festsetzen. Sicherung der Forderung – zB durch Bankgarantie – wird empfohlen.
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
immolex 2010 249
SCHWERPUNKT
THERMISCHE SANIERUNG
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§ 13 Rücktritt vom Vertrag 1) Der Contractor kann vom Vertrag mit sofortiger Wirkung zurücktreten, wenn auch nur eine der folgenden Bedingungen eintritt: a) wenn der jederzeitige Zugang des Contractors zum Objekt, auf die Liegenschaft und ins Gebäude des Auftraggebers, insbesondere zu den technischen Vorrichtungen, nicht gewährleistet ist, b) der Auftraggeber mit der Bezahlung des Honorars oder eines Teiles davon trotz Mahnung mehr als [. . .] Monate säumig ist, c) der Auftraggeber einer seiner übrigen Verpflichtungen aus diesem Vertrag schuldhaft trotz Mahnung und nach Fristsetzung nicht nachkommt, d) über das Vermögen des Auftraggebers der Konkurs oder der gerichtliche Ausgleich eröffnet wird oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird, e) die Liegenschaft zur Gänze oder teilweise veräußert wird, f) der Auftraggeber notwendige Arbeiten an der Anlage trotz Mahnung und nach Fristsetzung verhindert, g) der Auftraggeber Änderungen am Gebäude, den technischen Anlagen oder der Nutzung des Gebäudes, die Einfluss auf die angestrebten Einsparungen haben, ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Contractors vornimmt, h) der Auftraggeber trotz Mahnung und nach Fristsetzung die Erreichung des angestrebten Einsparzieles vereitelt oder i) der Auftraggeber Daten und Informationen trotz Aufforderung und nach Fristsetzung nicht fristgerecht zur Verfügung stellt. 2) Der Auftraggeber kann vom Vertrag mit sofortiger Wirkung zurücktreten, wenn auch nur eine der folgenden Bedingungen eintritt: a) wenn über das Vermögen des Contractors der Konkurs oder der gerichtliche Ausgleich eröffnet wird oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wird. § 14 Übertragung von Rechten aus diesem Vertrag 1) Findet ein Eigentumswechsel an der Liegenschaft statt, so ist der Auftraggeber während der Laufzeit dieses Vertrags verpflichtet, alle Rechte und Pflichten des Auftraggebers aus diesem Vertrag formwirksam auf den Erwerber der Liegenschaft und dessen Rechtsnachfolger zu übertragen. Abweichungen hievon bedürfen der schriftlichen Zustimmung durch den Contractor.31) 2) Der Auftraggeber wird von seiner Verpflichtung aus diesem Vertrag erst frei, wenn der Erwerber der Liegenschaft gegenüber dem Contractor den Eintritt in diesen Vertrag schriftlich erklärt hat. 3) Die Energie-Einspar-Maßnahmen werden durch ein Kreditinstitut finanziert.32) Zur Sicherung der Rückzahlungen ist der Contractor berechtigt, seinen Anspruch auf das Honorar abzutreten. Der Auftraggeber verpflichtet sich in diesem Fall, die in diesem Vertrag vorgesehenen Zahlungen an das finanzierende Kreditinstitut zu bezahlen, solange aus diesem Vertrag ein Anspruch des Kreditinstituts gegenüber dem Auftraggeber besteht und der aufgenommene Kredit nicht getilgt ist. 4) Der Contractor ist berechtigt, diesen Vertrag mit allen Rechten und Pflichten auf einen Dritten zu übertragen. § 15 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Der Contractor und der Auftraggeber verpflichten sich gegenseitig, das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu wahren und alle ihnen im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung zugekommenen Informationen nicht an Dritte weiterzugeben. § 16 Versicherungschutz 1) Die Parteien vereinbaren, dass die Anlage vom Auftraggeber in seiner Gebäudeversicherung mitversichert wird. 2) Der Auftraggeber vinkuliert die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag bis zur Höhe der für die Wiederherstellung der Anlage erforderlichen Versicherungssumme zu Gunsten des Contractors. Der Auftraggeber erbringt hierüber einen Nachweis durch Aushändigung einer unterzeichneten Vinkulierungsbestätigung des Versicherers und tritt den Anspruch auf Versicherungsleistungen für die Anlage wirksam an den Contractor ab. Dies ist vom Auftraggeber dem Gebäudeversicherer anzuzeigen. § 17 Haftung des Contractors 1) Der Contractor, seine Organe, Bediensteten und Beauftragten haften für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Eine weitergehende Haftung ist ausgeschlossen. Schadenersatzansprüche gegenüber dem Contractor, seinen Organen, Bediensteten und Beauftragten verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Ersatzberechtigte von dem Schaden oder von den Umständen, aus denen sich eine Anspruchsberechtigung ergibt und von dem Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis aber in fünf Jahren von dem schädigenden Ereignis an. 2) Im übrigen bleibt es bei den gesetzlichen Regelungen.
31) Die grundbücherliche Absicherung dieser Vereinbarung zugunsten des Contractors wird empfohlen. 32) Offenlegung der Drittfinanzierung und Vereinbarung einer Sicherungsabtretung.
THERMISCHE SANIERUNG
§ 18 Allgemeine Bestimmungen 1) Datenschutz Für die Vertragsabwicklung werden die verbrauchs- und personenbezogenen Daten durch den Contractor gespeichert und ausgetauscht. Beide Parteien sind damit einverstanden. 2) Aufrechnung Gegen Ansprüche des Contractors kann nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufgerechnet werden. 3) Verzugszinsen Bei Zahlungsverzug ist der Contractor unbeschadet weiter gehender Ansprüche berechtigt Verzugszinsen in Höhe von [. . .]33) Prozent über dem jeweiligen Diskontsatz der Europäischen Zentralbank zu verlangen. 4) Nettopreise Auch soweit nicht ausdrücklich erwähnt, verstehen sich alle Preise dieses Vertrags als Nettopreise zuzüglich Umsatzsteuer in jeweils gesetzlicher Höhe. Zahlungen sind zuzüglich der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer zu leisten. 5) Zahlungstag Als Zahlungstag gilt der Tag der Gutschrift auf dem Bankkonto des Empfängers § 19 Schlussbestimmungen 1) Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam sein oder werden, betrifft dies nicht die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt jene Bestimmung als vereinbart, die dem von den Parteien gewollten Vertragszweck wirtschaftlich am nächsten kommt. Dies gilt auch im Falle einer Vertragslücke. 2) Auf diesen Vertrag ist österreichisches Recht anzuwenden. Der Erfüllungsort für alle Leistungen aus diesem Vertrag ist 1010 Wien. Für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird das für den ersten Wiener Gemeindebezirk sachlich zuständige Gericht als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart. 3) Mündliche Nebenabreden oder Zusatzvereinbarungen sind nicht getroffen worden. Allfällige Abänderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.
33) Zinssatz festsetzen.
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RECHTSPRECHUNG
MIETRECHT
Verzicht des Vermieters auf alle gesetzlichen Kündigungsgründe Ein allgemeiner Kündigungsverzicht auf Lebensdauer der Mieterin und ihres Gesamtrechtsnachfolgers stellt eine ungewöhnliche Nebenabrede dar; zur Sittenwidrigkeit eines allgemeinen Kündigungsverzichts.
Aus der Begründung: Bei der Beurteilung der Ungewöhnlichkeit des Inhalts einer Nebenabrede ist daran anzuknüpfen, ob eine solche als untypisch (und daher auch als unerwartet) iHa die tatsächlichen Lebensverhältnisse zu beurteilen ist, was letztlich immer nur anhand der konkreten Umstände im Einzelfall beurteilt werden kann (RISJustiz RS00114663). Dabei kommt es ua auf die Art des Mietgegenstands und den Inhalt des konkreten Vertrags an. Ungewöhnlich ist eine Nebenabrede, wenn sie bei vergleichbaren Mietgegenständen und vergleichbaren Vertragsinhalten nicht oder jedenfalls nur äußerst selten vereinbart wird (RIS-Justiz RS0069562). Die Nebenabreden der Einräumung der Befugnis zur gänzlichen Untervermietung und der Weitergabe des Mietobjekts sind nicht ungewöhnlich (RIS-Justiz RS0069531). Ein Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG (fehlendes dringendes Wohnbedürfnis) stellt für sich
allein noch keine „ungewöhnliche Nebenabrede“ iSd § 2 Abs 1 Satz 4 MRG dar (4 Ob 333/98 v MietSlg 51.059). Hier ist ein Kündigungsverzicht des Vermieters zu beurteilen, der keinerlei Einschränkung enthält und daher jedenfalls alle gesetzlichen Kündigungsgründe umfasst. Ein derartig weitreichender Verzicht entspricht aber nach Ansicht des erkSen jedenfalls iZm seiner Befristung mit der Lebensdauer der Mieterin (= der Beklagten) und ihres Gesamtrechtsnachfolgers nicht der typischen Interessensituation der beteiligten Vertragsparteien (idS schon LGZ Wien MietSlg 57.257). Schließlich verbleibt dem Vermieter über lange Zeit nur die Möglichkeit der Kündigung des Dauerschuldverhältnisses, wenn ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus gewichtigen Gründen nicht mehr zugemutet werden kann (RIS-Justiz RS0021107 [T 4]; RS0018368), was aber – wenn der Mietvertrag wie hier dem MRG unterliegt – nur für Gründe gilt, die in der Sphäre des Bestandnehmers liegen, und deshalb eine erhebliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten bedeuten (3 Ob 66/06 m RS0018368 [T 15]). Es kommt daher darauf an, ob der Kl die ungewöhnliche Nebenabrede kannte oder kennen musste.
§ 2 Abs 1, § 30 MRG; §§ 879, 1116 ABGB OGH 10. 11. 2009, 5 Ob 102/09 z Kündigungsverzicht; ungewöhnliche Nebenabrede; Sittenwidrigkeit
2010/84
immolex 2010 251
MIETRECHT
Kennenmüssen liegt dann vor, wenn dem Rechtsnachfolger die Existenz der fraglichen Nebenabrede bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bekannt werden können, wobei leichte Fahrlässigkeit genügt (Fenyves in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 2 MRG Rz 33 mwN). Das „Kennenmüssen“ stellt grundsätzlich darauf ab, ob etwas bei verkehrsüblicher, objektiv gebotener Sorgfalt erkennbar ist oder auffallen muss; es ist also dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht; ob und welche Erkundigungen hätten eingeholt werden müssen, ist regelmäßig eine Frage des jeweiligen Einzelfalls (9 Ob 160/02 y mwN). Ob dem Rechtsnachfolger leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt, bestimmt sich nach dem ihm im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs zu Gebote stehenden Auskunftsmittel, dem Maß ihrer vernunftgemäß zumutbaren Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung, wobei das Wissenmüssen der mit der Sache für den Anfechtungsgegner befassten Personen entscheidet (vgl RIS-Justiz RS0064672). Ein allgemeiner Kündigungsverzicht (auch nur von einer Seite) auf bestimmte oder bestimmbare Zeit ist nach Lehre und Rsp nicht als unzulässiger Knebelungsvertrag sittenwidrig, sondern vielmehr zulässig und wirksam (9 Ob 4/03 h; 4 Ob 324/00 a; Würth in Rummel 3 § 1116 ABGB Rz 7). So wurde die Zulässigkeit und Wirksamkeit eines für den Zeitraum von 50 Jahren vereinbarten einseitigen Kündigungsverzichts ebenso bejaht (EvBl 1992/123) wie eines Kündigungsverzichts auf 40 Jahre (4 Ob 324/00 a) oder eines Kündigungsverzichts auf Lebenszeit (JBl 1956, 405). Lediglich die völlige Ausschaltung einer vorzeitigen Vertragsaufhebung aus wichtigem Grund wird als sittenwidrig beurteilt (RIS-Justiz RS0016630). Davon ist aber beim hier zu beurteilenden Kündigungsverzicht im Zweifel nicht auszugehen, weil er eine sog außerordentliche Kündigung nicht ausdrücklich ausschließt. Deshalb bleibt dem Vermieter die Möglichkeit der Kündigung des Dauerschuldverhältnisses, wenn ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus gewichtigen, in der Sphäre des Bestandnehmers liegenden Gründen nicht mehr zugemutet werden kann. Dies bedeutet zwar eine erhebliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten, jedoch nicht für immerwährende Zeit, sondern im Wesentlichen für die Lebensdauer der Bestandnehmerin und ihres Gesamtrechtsnachfolgers, während der Vermieter einen wenn auch geringen, jedoch nicht zu vernachlässigenden Hauptbestandzins lukriert. Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und Zurückverweisung an das ErstG zur Klärung der Frage, ob der Kl die Nebenabrede des Kündigungs-
verzichts iSd § 2 Abs 1 Satz 5 MRG hätte kennen müssen.
Anmerkung: Die vorliegende Entscheidung ergänzt die zurückhaltende Judikatur des OGH zu den Fällen von ungewöhnlichen Nebenabreden iSd § 2 Abs 1 MRG, an welche der Rechtsnachfolger des Vermieters nicht gebunden ist. Ein Kündigungsverzicht des Vermieters, der keinerlei Einschränkung enthält und daher jedenfalls alle gesetzlichen Kündigungsgründe umfasst, entspricht nach Ansicht des OGH iZm seiner Befristung mit der Lebensdauer der Mieterin und ihres Gesamtrechtsnachfolgers nicht der typischen Interessenssituation der beteiligten Vertragsparteien. Im Ergebnis ist diese Entscheidung zu begrüßen, wenngleich die Begründung hierfür ergänzungsbedürftig ist. Der OGH zieht als Maßstab für die Beurteilung der Ungewöhnlichkeit des Inhalts der Nebenabrede die eingeschränkte Aufkündigungsmöglichkeit des Vermieters über eine lange Zeitspanne heran. Dies beschreibt jedoch nur die rechtliche Konsequenz des Kündigungsverzichts. Inwieweit die Vereinbarung als ungewöhnlich iSv unerwartet iHa die tatsächlichen Lebensverhältnisse zu beurteilen ist, bleibt jedoch offen. Mit der Feststellung, dass eine Vereinbarung eine ungewöhnliche Nebenabrede darstelle, ist jedoch den Voraussetzungen des § 2 Abs 1 MRG noch nicht zur Gänze entsprochen. Dem Vermieter darf zusätzlich nicht vorwerfbar sein, dass er diese (ungewöhnliche Nebenabrede) nicht kannte oder kennen musste. Die Entscheidung stellt in diesem Zusammenhang klar, dass „kennen müssen“ iS des Gesetzes bereits dann anzunehmen ist, wenn der Rechtsnachfolger die Existenz der fraglichen Nebenabrede aufgrund leicht fahrlässigen Handelns nicht kannte. Die Entscheidung folgt insoweit der ständigen Rsp. Anders wäre an den Fall außerhalb des Anwendungsbereichs des MRG heranzugehen gewesen. § 1120 ABGB stellt nämlich bei der Beurteilung der Rechtsverbindlichkeit von Nebenabreden für den Rechtsnachfolger des Vermieters nicht auf ihre Üblichkeit bei Bestandverträgen ab oder ob sie der Rechtsnachfolger kannte oder kennen musste, sondern darauf, ob sie das Bestandverhältnis selbst oder andere von diesem nicht mehr erfasste Umstände regeln. Hängen sie mit dem Bestandverhältnis zusammen, so sind sie grundsätzlich bindend. Ausgenommen hiervon sind jedoch Vereinbarungen, die nur die Dauer des Vertrags oder die Kündigungsfrist betreffen, so etwa auch ein Kündigungsverzicht. An derartige Nebenabreden wäre der Rechtsnachfolger im Anwendungsbereich des ABGB nicht gebunden (vgl OGH in 1 Ob 248/03 g mwN). Alexander Klein Dr. Alexander Klein, LL. M. ist RA in Graz.
Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten § 12 a Abs 3 MRG OGH 19. 1. 2010, 5 Ob 198/09 t Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten;
252 immolex 2010
Ein Kippen der Mehrheitsverhältnisse innerhalb der juristischen Person bewirkt dann kein Recht des Vermieters zur Anhebung des Hauptmietzinses, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mietergesellschaft nicht maßgeblich geändert haben, weil dieselben natürlichen Personen weiterhin mehrheitlich an ihr beteiligt bleiben.
Aus den Entscheidungsgründen: Exakt jener Umgründungs- und Verschmelzungsvorschlag betr die ursprüngliche Mieterin D AG in die D GmbH und die Verschmelzung Letzterer als übertragende Gesellschaft mit der S GmbH als übernehmende Gesellschaft, beide Rechtsvorgänge v 20. 9. 2001, waren Gegenstand der E 5 Ob 161/04 v; damals wurde aufgrund der auch hier festgestellten ge-
MIETRECHT
sellschaftsrechtlichen Vorgänge der Tatbestand des § 12 a Abs 3 MRG als verwirklicht angesehen und die Zulässigkeit einer Hauptmietzinsanhebung infolgedessen bejaht. Der Anhebungstatbestand sei schon dadurch verwirklicht, dass die unternehmenstragende Mietergesellschaft in der Person einer AG, die früher über keinerlei Gesellschaftsanteile der Mietergesellschaft verfügte und damit keinen gesellschaftsrechtlich fundierten Einfluss auf die Geschicke der Mietergesellschaft nehmen konnte, einen neuen Mehrheitsgesellschafter erhalten hatte. Dem Umstand, dass sich die Aktien mehrheitlich im Besitz jener natürlichen Personen befanden, die schon früher maßgebenden Einfluss auf die Mietergesellschaft ausübten, wurde dabei wegen der gesetzlichen Konstruktion der Entscheidungsbefugnisse innerhalb einer AG kein entscheidender Stellenwert zuerkannt. Diese inzwischen vielfach veröffentlichte (wobl 2005/37 ecolex 2005, 700 = RdW 2005, 17 = GesRZ 2005, 47 = MietSlg 56.280) Entscheidung wurde von der Lehre kritisiert (vgl Schauer, ecolex 2005, 26; Vonkilch in Anm zu wobl 2005/37; Thloß, RdW 2006, 683). Der erk Sen hatte schon davor in 5 Ob 262/02 v die Veräußerung einer Anteilsmehrheit jedenfalls als Änderung iSd § 12 a Abs 3 MRG beurteilt, welche Entscheidung in der Lehre ebenfalls auf Kritik gestoßen ist (vgl Schauer, aaO; Vonkilch, GesRz 2004, 121; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch § 12 a MRG Rz 42). In der Folge lehnten mehrere Senate des OGH die E 5 Ob 161/04 y und 5 Ob 262/02 v ausdrücklich ab (vgl 6 Ob 88/06 v wobl 2007/12 [zust Vonkilch] = immolex 2007/3 [Pfiel]); 1 Ob 180/07 p; 6 Ob 15/ 07 k; 3 Ob 78/07 b). Auch der erk Sen hat zuletzt in den E 5 Ob 170/05 v und 5 Ob 127/08 z die Ansicht vertreten, dass kein Machtwechsel vorliege, wenn auf oberster gesellschaftsrechtlicher Ebene der den entscheidenden Einfluss ausübende Gesellschafter gleich bleibe. Es bedürfe der rechtlichen und wirtschaftlichen Änderungen, um den Machtwechsel zu bewirken; eine bloß rechtliche Änderung, mit der eine wirtschaftliche nicht verbunden ist, führe nicht zur Mietzinsanhebung. In der jüngeren als gefestigt anzusehenden Rsp des OGH einschließlich auch der zit Entscheidungen des erk Sen wird nunmehr übereinstimmend die Ansicht vertreten, dass ein Kippen der Mehrheitsverhältnisse den Machtwechsel zwar indiziert, die konkreten Auswirkungen aber jeweils im Einzelfall zu prüfen sind. Ergibt eine solche Prüfung, dass trotz Änderung der rechtlichen Verhältnisse keine wirtschaftliche Änderung eintritt, weil am Ende eines Verschmelzungsvorgangs unveränderte Machtverhältnisse stehen, ist kein Anhebungsrecht bewirkt. Weil auch im vorliegenden Fall dieselben natürlichen Personen mehrheitlich an der ursprünglichen Mietergesellschaft und nun über die Mehrheitsgesellschafterin M AG, deren Aktien allein von ihnen gehalten werden, an der neuen Mietergesellschaft beteiligt sind, ist nunmehr iS der neueren, einhelligen Rsp des OGH eine Änderung der Einflussmöglichkeiten innerhalb der Mietergesellschaft iSd § 12 a Abs 3 MRG und damit ein Anhebungsrecht der ASt zu verneinen.
Anmerkung: Die vorliegende Entscheidung mutet etwas kurios an: Vorausgeschickt sei, dass es in der Entscheidung um das Recht des Vermieters geht, den Mietzins anzuheben, wenn sich bei der (juristischen) Person des Geschäftsraum-Mieters „die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten entscheidend“ ändern (§ 12 a Abs 3 MRG). Mit dieser Bestimmung sollte ein praktisch häufiger Missbrauch verhindert werden, der darin bestand, dass Mieter-Gesellschaften (nicht bloß die in den Geschäftsräumlichkeiten betriebenen Unternehmen) veräußert wurden, um günstige Geschäftsraum-Mieten weiterzugeben. Umstritten war aber lange Zeit wann solche „rechtlichen und wirtschaftlichen“ Änderungen iSd § 12 a Abs 3 MRG vorliegen. Die Rsp hat sich letztlich der sog Machtwechsel-Theorie angeschlossen (vgl RS0111167; Hausmann/Vonkilch § 12 a MRG Rz 42 mwN). Danach ist es für das Anhebungsrecht entscheidend, ob es auf Mieterseite zu einem „Kippen der Mehrheitsverhältnisse“ gekommen ist (was grundsätzlich dann anzunehmen ist, wenn der Mehrheitsanteil wechselt). Weiters war umstritten auf welcher Ebene die Betrachtung ansetzen muss, insb ob auf die letztlich dahinter stehenden natürlichen Personen durchgeblickt werden soll. Diese Frage ist auch in gegenständlichem Fall Ausschlag gebend: Denn in dem entscheidungsrelevanten Sachverhalt blieb auf erster Ebene die unmittelbare Mieter-Gesellschaft gleich (Gesamtrechtsnachfolge), auf zweiter Ebene wechselten die Mehrheitsanteile aber nachweislich zu einer bislang nicht beteiligten (juristischen) Person, wobei auf dritter Ebene wiederum die ursprünglich an der Mieter-Gesellschaft beteiligten natürlichen Personen im Wesentlichen unverändert blieben. Hier setzt die aktuelle Entscheidung an und spricht in Übereinstimmung mit der nun wohl st Rsp (6 Ob 88/06 v immolex 2007/3 [Pfiel]; 1 Ob 180/07 p; 3 Ob 78/07 b) aus, dass es iS einer rechtlichen UND wirtschaftlichen Betrachtung nur auf die letztlich hinter den juristischen Personen stehenden natürlichen Personen ankomme (und daher in konkretem Fall eine Mietzins-Anhebung nicht möglich sei). Im Allgemeinen löst nach dieser Rsplinie ein „Kippen der Mehrheitsverhältnisse“ daher ein Anhebungsrecht aus, im Einzelfall kann sich aber (wie hier) herausstellen, dass es auf „oberster Ebene“ zu keinem Machtwechsel gekommen ist. Und das Kuriose dabei: Der jetzt entscheidende 5. Senat hat die idente (!) Konstellation bereits in einem anderen Verfahren (gegenüber einem anderen Vermieter) zu 5 Ob 161/04 v konträr entschieden und ein Anhebungsbegehren zugelassen, was in der Lit heftig kritisiert wurde (für viele Schauer, ecolex 2005, 26). Nun aber hat der 5. Senat die „Machtwechseltheorie“ wieder ausdrücklich bekräftigt und sich von seinen anderslautenden E (5 Ob 262/02 und 5 Ob 161/04 v) nachhaltig distanziert. Diese späte Einsicht festigt und vervollständigt damit die stRsp iS der Machtwechseltheorie und gibt wohl auch den Antragsgegnern eine späte (Teil-)Genugtuung. Wie sagte schon Konrad Adenauer: „Es kann mich niemand daran hindern, über Nacht klüger zu werden“ – wollen wir hoffen, dass es diesmal dabei bleibt! Clemens Limberg
Kippen der Mehrheitsverhältnisse
2010/85
Dr. Clemens Limberg, LL. M. ist RAA in Wien.
immolex 2010 253
MIETRECHT
Sämtliche Hauptmieter als einheitliche Streitpartei im Verfahren zur Feststellung des Betriebskostenschlüssels § 17, § 37 Abs 1 Z 9, § 37 Abs 2 Z 2 MRG OGH 15. 12. 2009, 5 Ob 103/09 x Betriebskosten; Verteilungsschlüssel; Beiziehung der übrigen Mieter; einheitliche Streitpartei; Wirkungen
2010/86
254 immolex 2010
Dem auf Antrag eines Hauptmieters eingeleiteten Verfahren auf Feststellung des Betriebskostenschlüssels sind sämtliche übrigen Mieter des Hauses beizuziehen. In einem solchen Fall liegt eine einheitliche Streitpartei vor. Die Disposition lediglich eines Streitgenossen über den Streitgegenstand, etwa eine Antragsrückziehung, hat deshalb auf das Verfahren der weiteren Antragsteller keinen Einfluss. Die Bekl ist Eigentümerin eines ca 1910 errichteten Zinshauses. Am 2. 2. 2004 stellte die ehemalige ErstASt als Hauptmieterin dieses Hauses bei der zuständigen Schlichtungsstelle einen Sachantrag auf Feststellung bzw Richtigstellung des Betriebskostenschlüssels gem § 17 MRG. Die spätere Zweit-ASt, Hauptmieterin eines Geschäftslokals im selben Haus, überreichte ihrerseits am 2. 6. 2004 bei der Schlichtungsstelle einen Antrag auf 1. Überprüfung und Feststellung einer Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes durch überhöhte Betriebskostenvorschreibungen, sowie Rückzahlung der sich daraus bis zur Entscheidung ergebenden Überschreitungsbeträge, und 2. Änderung des Verteilungsschlüssels bei den Betriebskosten gem § 17 MRG insoweit, als in Bezug auf die Kosten des Wasserverbrauchs die Messergebnisse des von der Mieterin eingebauten eigenen Wasserzählers herangezogen werden sollten. Die AG habe wegen behaupteter Unvermietbarkeit einzelner Objekte die Betriebskosten für die verbliebenen Mietgegenstände erhöht. Tatsächlich sei jedoch keine Unvermietbarkeit gegeben. Im Haus seien umfangreiche Bauarbeiten im Gange, die einen erhöhten Wasserverbrauch bewirken und ein berechtigtes Interesse der ASt an der begehrten Änderung des Betriebskostenschlüssels bezüglich der Kosten des Wasserverbrauchs begründen würden. Die Schlichtungsstelle bildete aus diesem Antrag zwei Teilverfahren; das Verfahren über das auf § 21 Abs 3 MRG gegründete Begehren wurde bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens der vormaligen Erst-ASt unterbrochen. Das Verfahren über den auf § 17 MRG gestützten Teil des Antragsbegehrens wurde mit dem von der vormaligen Erst-ASt eingeleiteten Verfahren verbunden. Mit Entscheidung v 7. 1. 2005 stellte die Schlichtungsstelle gem § 17 iVm § 37 Abs 1 Z 9 MRG die Verteilung der Gesamtkosten und die sich daraus ergebenden Anteile der einzelnen Mietgegenstände an den Gesamtkosten für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft fest. Im Kopf der Entscheidung führte die Schlichtungsstelle die „Mieter“ des Hauses, die ursprüngliche ASt und die nunmehrige ASt namentlich an. Gegen diese Entscheidung rief die AG gem § 40 Abs 1 MRG das Gericht an. Zusammenfassend wiederholte sie dabei ihren bereits im Schlichtungsstellenverfahren eingenommenen Standpunkt, wegen zahlreicher unvermietbarer Objekte infolge eines abbruchreifen Zustands des Hauses sei der Betriebskostenverteilung eine wesentlich kleinere Gesamtnutzfläche zugrunde zu legen. Im Gerichtsverfahren schritt der RA der Zweit-ASt zunächst auch als Vertreter der Erst-ASt ein. In weiterer Folge erklärte diese jedoch, die erteilte Vollmacht zu widerrufen und alle bisher gestellten Sachanträge mit sofortiger Wirkung zurückzu-
ziehen. Das ErstG stellte nach Durchführung eines umfangreichen Beweisverfahrens mit Sachbeschluss den Betriebskostenverteilungsschlüssel für das Jahr 2004 fest. Auch wenn die Erst-ASt ihren Sachantrag zurückgezogen habe, sei aufgrund des schlüssigen Beitretens der Zweit-ASt eine Sachentscheidung zu treffen gewesen. Das RekG änderte diesen Sachbeschluss infolge Rek der AG iS einer ersatzlosen Aufhebung ab. Dem bekämpften Sachbeschluss sei nach der Antragsrückziehung durch die vormalige Erst-ASt kein die Entscheidung deckender Sachantrag mehr zugrunde gelegen. Der OGH hob infolge RevRek der ASt diesen B des RekG auf und trug dem RekG eine neue Entscheidung in der Sache selbst auf.
Aus der Begründung: Eine bindende Festlegung von Verteilungsgrundsätzen nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG kann sich schon ihrer Natur nach nicht bloß auf einzelne Beteiligte beschränken, sondern muss alle davon betroffenen Objekte erfassen. Sie darf daher auch nicht ohne die Einbeziehung der dadurch in ihren Interessen unmittelbar berührten Mieter und Nutzungsberechtigten erfolgen, kann doch die Abrechnung und Verteilung von Aufwendungen nicht gegenüber einzelnen Betroffenen nach unterschiedlichen Grundsätzen vorgenommen werden (vgl RIS-Justiz RS0069855; Würth/ Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 37 Rz 22 mwN). Dem Verfahren über den Antrag eines Mieters auf Feststellung des Verteilungsschlüssels sind sämtliche übrigen Mieter des Hauses nach § 37 Abs 2 Z 2 MRG zwingend als Parteien beizuziehen (5 Ob 87/89; 5 Ob 23/01 w). Die Einbeziehung der (nunmehr Allein-)ASt in das Verfahren der vormaligen Erst-ASt ergibt sich daher – entgegen ihren Ausführungen im RevRek – keineswegs allein aus einer bestimmten Interpretation ihres eigenen Antrags oder ihrer weiteren Verfahrenshandlungen durch die Schlichtungsstelle bzw das Gericht, sondern unmittelbar aus dem Gesetz. Treten mehrere Personen in derselben Parteirolle auf, so spricht die ZPO von einer Streitgenossenschaft. Das AußStrG verwendet zwar den Begriff des Streitgenossen nicht, regelt sie jedoch im Wesentlichen gleich (Fucik/Kloiber, AußStrG § 3 Rz 2). Auch im AußStrVerf ergibt sich aus der Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs oder der Anordnung von Wirkungen allen aktenkundigen Parteien gegenüber, also aus dem materiellen Recht, ob Dispositionen über den Verfahrensgegenstand der Einstimmigkeit der Parteien bedürfen, oder ob eine Partei allein tätig werden darf und was bei widerstreitenden Erklärungen gilt. Im Zweifel liegt eine einheitliche Streitpartei vor, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen besteht (4 Ob 227/01 p EFSlg 98.001). In diesem Fall bedürfen Dispositionen über den Verfahrensgegenstand der Einstimmigkeit aller Mitglieder, so etwa ein prozessual wirksames Anerkenntnis (1 Ob 284/57 SZ 30/
MIETRECHT
29), ein Verzicht oder Vergleich (3 Ob 8/54 SZ 27/ 64; Schubert in Fasching/Konecny2 II/1 § 14 ZPO Rz 28 und 31), ebenso eine Antragsrückziehung. Disponiert nur einer von mehreren Streitgenossen über den Streitgegenstand, etwa durch Verzicht oder Antragsrückziehung, dann gilt die dem Prozessstandpunkt der einheitlichen Streitpartei günstigste Erklärung (Schubert, aaO Rz 28; zum wohnrechtl AußStrVerf: 5 Ob 68/01 p; 5 Ob 179/01 m; 5 Ob 184/07 f mwN). Für den Standpunkt eines ASt ist eine Aufrechterhaltung des Sachantrags günstiger als ein Verzicht, weshalb die Antragsrückziehung nur der vormaligen Erst-ASt auf das Verfahren der weiteren ASt keinen Einfluss hatte. Der Antrag auf Entscheidung nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG ist daher noch unerledigt. Allfällige Mängel des Schlichtungsstellenverfahrens sind aufgrund der angeordneten sukzessiven Kompetenz im Gerichtsverfahren grundsätzlich unmaßgeblich, weil die vorherige Anrufung der Schlichtungsstelle zwar eine Prozessvoraussetzung darstellt, deren Sachentscheidung durch die Abziehung aber ohnehin zur Gänze außer Kraft tritt (5 Ob 87/08 t). Die Verkennung der verfahrensrechtlichen Stellung sämtlicher Mieter in Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG durch das RekG bewirkte im Ergebnis einen Mangel iSd § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG. Der verfahrenseinleitende Antrag blieb unerledigt. Der angefochtene B war daher aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird sich das RekG mit dem Rekurs der AG, insbesondere der darin enthaltenen Mängel- und Beweisrüge, inhaltlich auseinanderzusetzen haben.
Anmerkung: Mit der vorliegenden Entscheidung wird vom OGH nachdrücklich in Erinnerung gerufen, dass sich die Parteistellung sämtlicher übriger Mieter in einem Verfahren nach § 37 Abs 2 Z 9 MRG und die daran geknüpfte Verpflichtung zur Beiziehung in ein anhängiges Verfahren bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Insofern hatte das RekG offenbar nicht nur der Bestimmung
des § 37 Abs 3 Z 2 MRG zuwenig Bedeutung beigemessen, anderenfalls für das RekG die darin gewährte materielle Parteistellung hätte erkennbar werden müssen, sondern wurde vom RekG auch verkannt, dass der verbleibenden ASt aufgrund ihrer Antragstellung formelle Parteistellung zugefallen war. Zutreffend lässt der OGH auch keinen Zweifel daran, dass als Ausfluss des wohnrechtlichen Mehrparteienverfahrens, welches durch eine Antragstellung nach § 37 Abs 3 Z 3 MRG zwangsläufig ausgelöst wird, ein „streitgenossenschaftsähnliches“ Mehrpersonenkonstrukt mit der rechtlichen Wirkung einer einheitlichen Streitpartei geschaffen wird. Dass aufgrund des zu berücksichtigenden Günstigkeitsprinzips in diesem Falle Verfahrensdispositionen einzelner Einschreiter ohne Wirkung für die übrigen Beteiligten bleiben, findet entsprechende Deckung in der Rsp. Sofern vom OGH die Meinung vertreten wird, die Aufrechterhaltung eines Sachantrags sei jedenfalls für den Standpunkt eines ASt günstiger, weshalb die Antragsrückziehung der Erst-ASt in letzter Konsequenz auf das Verfahren der weiteren Ast keinen Einfluss haben konnte, mag diese Begründung sicherlich unter dem Blickwinkel „den ins Rollen gebrachten Karren“ ins Ziel zu geleiten vollkommen entsprechen. Dies jedoch insb auch unter Bedachtnahme darauf, dass die Fortführung des Verfahrens ihre Begründung wohl dahingehend findet, wie vom OGH an anderer Stelle zutreffend dargelegt, als eine bindende Festlegung von Verteilungsgrundsätzen nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG schon ihrer Natur nach nicht bloß auf einzelne Beteiligte beschränkt sein kann, weshalb sich auch die Rechtskraft von antragsstattgebenden Sachbeschlüssen auf alle Hauptmieter, denen der verfahrenseinleitende Antrag zugestellt wurde, erstreckt (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG). Ob sich eine Antragsrücknahme mit Wirkung für alle übrigen ASt aus rechtlicher Sicht tatsächlich als ungünstiger erweisen würde, dies ungeachtet kostenrechtlicher Konsequenzen, erscheint dadurch relativiert, als gem § 11 Abs 1 AußStG die Zurückziehung eines Antrags in 1. Instanz ohne Anspruchsverzicht erfolgen kann. Patrick Vergörer DDr. Patrick Vergörer, RA in Innsbruck.
Notwendiger Inhalt einer Betriebskostenabrechnung Für die Betriebskostenabrechnung nach § 21 Abs 3 MRG ist auf der Einnahmenseite eine Auflistung der monatlichen Pauschalraten für die einzelnen Mietobjekte nicht erforderlich. Es genügt, dass dem betreffenden Mieter die auf sein Mietobjekt entfallenden BK ausgewiesen und diesen die darauf geleisteten Vorauszahlungen gegenübergestellt werden.
Aus den Entscheidungsgründen: Der erk Sen hat bereits in seiner E 5 Ob 83/89 ImmZ 1989, 433 = MietSlg 41/31 darauf hingewiesen, dass sich die formellen und inhaltlichen Anforderungen, die an die Abrechnung iSd § 21 Abs 3 MRG zu stellen sind, mangels näherer Umschreibung im MRG aus dem Zweck der Abrechnung ergeben. Dieser besteht in der Bekanntgabe und im Nachweis der aufgelaufenen BK (Egglmeier/Jäger in
Schwimann2 § 21 MRG Rz 45). Dabei ist so vorzugehen, dass sich ein Hauptmieter mit durchschnittlicher Auffassungsgabe ein Bild darüber machen kann, welche Rückzahlungsforderungen oder Nachzahlungspflichten ihm aus der Gegenüberstellung von bezahlten Pauschalraten und effektiv aufgelaufenen Bewirtschaftungskosten entstehen (5 Ob 101/ 91 wobl 1992/66 [Würth/Call] = SZ 64/155; 4 Ob 2326/96 d MietSlg 48/40; vgl auch RIS-Justiz RS0070610; RS0070032). Diesem Abrechnungszweck entspricht hier die von den AG vorgelegte Jahresabrechnung insb insoweit, als sie eine Gegenüberstellung der auf das Mietobjekt entfallenden anteilsmäßigen Bewirtschaftungskosten und der auf das Mietobjekt geleisteten Vorauszahlungen enthält. Gerade dadurch können die ASt – wie in 5 Ob 101/91 und 4 Ob 2326/96 d gefordert – nachvollziehen, in welchem Umfang für sie Rückzah-
§ 21 Abs 3 MRG OGH 19. 1. 2010, 5 Ob 189/09 v Betriebskostenabrechung; Betriebskosten – Jahrespauschalverrechnung
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lungsforderungen (§ 27 Abs 3 MRG) oder Nachzahlungspflichten bestehen. Das RekG verlangte die Ergänzung der Abrechnung durch die Auflistung der monatlichen Pauschalraten für die einzelnen Mietobjekte. Für die Notwendigkeit einer solchen Aufgliederung findet sich allerdings in der bisherigen Rsp des OGH kein Anhaltspunkt, ist doch namentlich den bereits mehrfach zit E 5 Ob 101/91 und 4 Ob 2326/96 d eine konkrete Forderung nach einer solchen Darstellung der Gesamteinnahmen nicht zu entnehmen. Die vom RekG bezogene E 5 Ob 1045/92 wobl 1993/46 [Call] = MietSlg 44.378 = ImmZ 1992, 442 betraf eine Hauptmietzinsabrechnung. Eine genaue gesetzliche Regelung wie jene über die detaillierte Aufgliederung der (tatsächlichen bzw fiktiven) Einnahmen, wie sie § 20 Abs 1 MRG für die Hauptmietzinsabrechnung vorsieht, existiert aber für die Bewirtschaftungskostenabrechnung gerade nicht. Deren Saldo ist auch weder auf die folgende Periode übertragbar noch ist eine „Bewirtschaftungskostenreserve“ zu bilden. Auch im Lichte des dargestellten Zwecks der Bewirtschaftungskostenabrechnung besteht kein Bedarf nach der vom RekG verlangten Ergänzung in Richtung der Auflistung der monatlichen Pauschalraten für die einzelnen Mietobjekte. Ausgehend von den tatsächlich aufgelaufenen Ausgaben und dem maßgeblichen Aufteilungsschlüssel, der aus § 17 MRG bzw aus einer abweichenden Vereinbarung folgt, ergeben sich die auf das betreffende Bestandobjekt entfallenden Bewirtschaftungskosten. Aus der hier den ASt übermittelten Gegenüberstellung dieser anteiligen BK mit den für das jeweilige Bestandobjekt geleisteten Vorauszahlungen ist dann zweifelsfrei ableitbar, ob eine BK-Nachforderung des Vermieters oder ein Rückforderungsanspruch des BK-Überschusses durch den Hauptmieter besteht.
Anmerkung: Betriebskosten(abrechnungen) sind seit jeher ein heißes Thema. In der vorliegenden Entscheidung geht es aber
einmal nicht um kostenmäßige Aspekte der Abrechnung, sondern rein um deren inhaltliche und formale Ausgestaltung. Gesetzlich sind diese Fragen – von der grundsätzlichen Abrechnungspflicht des Vermieters bzw vom grundsätzlichen Einsichtsrecht des Mieters abgesehen – ungeregelt. Der OGH hat aber bereits wiederholt ausgesprochen, dass eine Betriebskostenabrechnung „schon wegen ihrer Einfachheit und leichten Überprüfbarkeit auf viele Kautelen verzichten“ kann (RIS-Justiz RS0070032). Die Abrechnung muss danach nur in formeller wie materieller Hinsicht den Hauptmietern eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung liefern, ob der Vermieter bei der Vorschreibung der Pauschalraten […] die zwingenden Bestimmungen des MRG eingehalten hat (RISJustiz RS0070610). Dieser Anforderung wird nach Auffassung des OGH genüge getan, wenn die Ausgaben mit Rechnungen belegt, aufgelistet und zur Einsicht gestellt werden und der jeweilige Anteil (Aufteilungsschlüssel) an den Betriebskosten den jeweils vorausbezahlten Betriebskosten-Akonti gegenübergestellt wird. In konkretem Fall forderten die ASt darüber hinaus aber auch, dass auch die von den anderen Hauptmietern bezahlten Betriebskosten-Akonti in die Abrechnung aufgenommen werden. Im Gegensatz zum RekG lehnte das Höchstgericht dieses Begehren ab, mit dem Hinweis, dass auf Einnahmen-Seite (anders als auf Ausgaben-Seite) eine Auflistung der genauen Gesamtbeträge nicht erforderlich sei. Unter Anwendung des Aufteilungsschlüssels können nämlich bereits aus den Gesamtbetriebskosten leicht die auf den jeweiligen Mieter entfallenden Betriebskosten errechnet werden; der Angabe der Betriebskosten-Akonti anderer Mieter bzw der Gesamtbetriebskosten-Akonti bedürfe es nicht. Dies ist zwar grundsätzlich richtig, mE wäre aber dennoch zu erwägen, die Vermieter im Rahmen der Abrechnung auch zur (genauen) Auflistung der Einnahmen zu verpflichten – dies allein schon im Hinblick auf die Überprüfbarkeit des Abrechnungsschlüssels und im Hinblick auf eine bessere Übersicht. Clemens Limberg Dr. Clemens Limberg, LL. M. ist RAA in Wien.
Zur Rechtzeitigkeit bargeldloser Überweisungen § 33 MRG OGH 12. 11. 2009, 6 Ob 218/09 s Zahlung; Verzug; Überweisungsauftrag
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Nur die rechtzeitige Zahlung wirkt auf den Überweisungsauftrag zurück.
Aus der Begründung: Nach hL (Reischauer in Rummel3 § 905 ABGB Rz 23; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und WohnR [2004] § 33 MRG Rz 29) und Rsp (RIS-Justiz RS0069172) muss der geschuldete Zinsbetrag, um rechtzeitig gezahlt zu sein, vor Schluss der Verhandlung in die Hände des Vermieters gelangt sein. Bereits in der E 4 Ob 528/91 hat der OGH ausgesprochen, dass die Aufgabe des rückständigen Zinsbetrags mittels Postanweisung vor Beginn der Verhandlung nicht ausreicht. Einerseits trete wegen der Widerrufbarkeit der Postanweisung keine Schuldtilgung ein; andererseits sei das Wort „entrichten“ mit „zahlen“ identisch. Nach der E 7 Ob 713/86 führt die Übergabe eines Schecks in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung
nicht dazu, dass der geschuldete Zinsbetrag in die Hände des Vermieters gelangt ist, weil in der Übergabe eines zahlungshalber angenommenen Schecks eine Erfüllung nicht erblickt werden kann (so auch 4 Ob 181/01 y). Zwar ist für die Rechtzeitigkeit bargeldloser Überweisungen mangels gegenteiliger Vereinbarung der Tag des Einlangens des Überweisungsauftrags beim kontoführenden Kreditinstitut entscheidend, sofern bei diesem entsprechende Deckung vorhanden ist. Die Rechtzeitigkeit steht allerdings unter der Bedingung des Einlangens des Betrags (RIS-Justiz RS0017638 [T 18]). Ist bei der Schuldnerbank entsprechende Deckung vorhanden, wird die Wirkung der bei der Gläubigerbank eingelangten Zahlung auf den Zeitpunkt des Überweisungsauftrags zurückbezogen. Die Rechtzeitigkeit der Zahlung bestimmt sich nach dem Zeitpunkt des Überweisungsauftrags (RIS-Justiz RS0017676).
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Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit nach § 33 Abs 2 MRG die Erteilung des Überweisungsauftrags ausreichend ist. Nach völlig herrschender Auffassung wirkt nämlich nur die rechtzeitige Zahlung auf den Überweisungsauftrag zurück; ein Verzug des Schuldners ist hingegen erst mit Einlangen der Leistung beim Gläubiger beendet (1 Ob 222/99 z; Reischauer in Rummel3 § 905 ABGB Rz 17, 23). Diese Auffassung hat für den Anwendungsbereich der Verzugs-RL durch die Entscheidung des EuGH C-306/06 (dazu Hawel, Rechtzeitigkeit von Banküberweisungen, RdW 2009, 189) eine Stütze erfahren. Demnach ist im Anwendungsbereich der Verzugs-RL eine Überweisung nur dann rechtzeitig vorgenommen, wenn das Geld zum vereinbarten Zeitpunkt auf dem Konto des Gläubigers einlangt; danach sind Verzugszinsen zu bezahlen. Auch bei der Überweisung erfolgt die Zahlung als Erfüllung daher nicht bereits mit dem Auftrag zur Überweisung eines bestimmten Betrags, sondern erst mit der Durchführung dieses Auftrags durch die beauftragte Bank (vgl schon 1 Ob 349/99 a).
Anmerkung: Nicht zuletzt aufgrund der Entscheidung des EuGH C-306/06 v 30. 4. 2008 stellt sich für Österreich die Frage, ob § 905 ABGB zur Umsetzung der Zahlungsverzugs-RL (RL 2000/35/EG) geändert oder ergänzt werden muss. Der EuGH legt die Zahlungsverzugs-RL dahingehend aus, dass bei Zahlung durch Banküberweisung der geschuldete Betrag dem Konto des Gläubigers innerhalb der Zahlungsfrist gutgeschrieben werden muss, um den Eintritt von Verzugsfolgen zu vermeiden. Die österreichische hL lässt es für die Rechtzeitigkeit einer durch Banküberweisung durchgeführten Zahlung dagegen grundsätzlich ausreichen, wenn innerhalb der Leistungsfrist der Überweisungsauftrag erteilt wurde (dazu Aspöck, EuGH zur Rechtzeitigkeit von Überweisungen, ecolex 2008, 783; Friedl, Erfüllungsort bei Geldschulden, ecolex 2010/50). In der vorliegenden Entscheidung setzt sich der OGH mit dieser Problematik nicht auseinander. Das
ist zwar im Hinblick auf den zugrundeliegenden Sachverhalt berechtigt, der vom OGH hier angedeutete „Gleichklang“ der Zahlungsverzugs-RL in der Auslegung des EuGH mit der österr stRsp ist allerdings tatsächlich nicht gegeben (der EuGH geht – vereinfacht ausgedrückt – davon aus, dass es stets auf das Einlangen der Überweisung beim Empfänger ankommt; die österreichisch hL differenziert und stellt letztlich auf die Erteilung des Überweisungsauftrags ab, wenn dieser rechtzeitig erteilt wurde und das zu belastende Konto gedeckt ist). Diese Fragen waren hier aber letztlich nicht relevant. Bei der Frage nach dem Verhältnis der Zahlungsverzugs-RL zu § 905 ABGB geht es (im „Umweg“ über die Frage der Einordnung einer Schuld als qualifizierte Schickschuld) um die Frage der Rechtzeitigkeit einer Zahlung zur Vermeidung des Verzugs. Im vorliegenden Verfahren ging es aber nicht um die Rechtzeitigkeit in diesem Sinn, sondern um die Rechtzeitigkeit einer Zahlung iSd § 33 Abs 2 MRG. Nach dieser Bestimmung wird eine auf einen Mietzinsrückstand iSd § 30 Abs 2 Z 1 MRG gestützte Aufkündigung nachträglich unwirksam, wenn vor Schluss der mündlichen Verhandlung Zahlung geleistet wird. Für § 30 Abs 2 Z 1 MRG (und damit auch für § 33 Abs 2 MRG) ist ein „Rückstand“, also ein (qualifizierter) Verzug, tatbestandsmäßige Voraussetzung und jeder Verzug endet (bei Schickschulden) erst mit dem Einlangen der Leistung beim Gläubiger (vgl Binder in Schwimann, ABGB3 IV § 905 Rz 40 mwN). Eine Rückbeziehung auf den Zeitpunkt der Erteilung des Überweisungsauftrags kommt nur dann in Betracht, wenn dieser rechtzeitig erteilt wurde. Das ist ausgeschlossen, wenn – wie hier – bereits vor Erteilung des Überweisungsauftrags Verzug bestand. Bei der vorliegenden Entscheidung stellte sich das Problem der Richtlinienkonformität des § 905 ABGB daher nicht. Die vom OGH angedeutete Übereinstimmung der Rechtslagen gibt es aber auch nicht. Er wird sich daher an anderer Stelle mit der Problematik der ZahlungsverzugsRL auseinanderzusetzen haben, sofern nicht der Gesetzgeber entsprechende Änderungen vornimmt. Matthias Cerha Dr. Matthias Cerha, LL. M. ist RA in Wien.
Unsachgemäßes Aufstellen eines Holzofens durch den Mieter Die Vertragsaufhebung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs setzt kein Verschulden des Bestandnehmers voraus, diesem muss aber die Nachteiligkeit seines Verhaltens erkennbar sein. Dies ist der Fall, wenn er einen Festbrennstoffofen durch einen Nichtfachmann ohne Schutzblech direkt auf einem Laminatboden aufstellen lässt.
Aus den Entscheidungsgründen: Der Aufhebungsgrund des „erheblich nachteiligen Gebrauchs“ gem § 1118 Fall 1 ABGB liegt dann vor, wenn durch eine wiederholte oder länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts (RISJustiz RS0102020) oder durch Unterlassung notwendiger Vorkehrungen (RIS-Justiz RS0021053) durch den Bestandnehmer wichtige ideelle oder wirtschaftliche Interessen des Vermieters verletzt werden oder
eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht. Ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei von den festgestellten Tatsachen in ihrer Gesamtheit auszugehen ist (RIS-Justiz RS0021018). Nach den Feststellungen ließ die Bekl den Festbrennstoffofen durch ihren Bruder – einen Nichtfachmann – im Wohnschlafzimmer, das bislang mit elektrischer Energie beheizt worden war, an einen vorhandenen Rauchfang anschließen und aufstellen. Der kl Vermieter hatte darauf hingewiesen, dass der Aufstellung und dem Anschluss des Ofens eine Prüfung durch einen Rauchfangkehrer vorangehen müsse. Ein Rauchfangkehrer wurde nicht beigezogen. Ihrer Verpflichtung zur behördlichen Meldung ist die Bekl nicht nachgekommen. Es steht fest, dass durch die Anschluss- und
§ 1118 Fall 1 ABGB OGH 14. 1. 2010, 6 Ob 269/09 s; ebenso OGH 27. 1. 2010, 3 Ob 4/10 z erheblich nachteiliger Gebrauch; Umbauarbeiten durch Nichtfachleute
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Aufstellungsmängel (Aufstellung direkt auf dem Laminatboden ohne Schutzblech) und den Zustand des Rauchfangs bei Betrieb des Ofens eine Gefährdung (in Form von Rauchgasvergiftung und Brand) für das Objekt und seine Bewohner ausging. Den Feststellungen zufolge hat die Bekl mit dem Ofen nach seiner Installation Mitte Februar 2006 während zweier Heizperioden zumindest bis zur Klagszustellung im November 2006 geheizt. Die Beurteilung des BerG, dass in der länger dauernden Benützung des Ofens wegen der aus den Anschluss- und Aufstellungsmängeln und dem Zustand des Rauchfangs resultierenden Substanzgefährdung unter Bedachtnahme darauf, dass ein Rauchfangkehrer trotz Hinweises des Kl nicht beigezogen wurde, obwohl der Anschluss und die Aufstellung von einem Nichtfachmann durchgeführt wurde, ein erheblich nachteiliger Gebrauch liegt, ist jedenfalls vertretbar. Bedient sich der Mieter für Umbauarbeiten nicht befugter Gewerbsleute, muss er nämlich alles vorkehren, damit kein Schaden an der Substanz entstehen kann, weil er sich so zu verhalten hat, wie man es von einem vertrauenswürdigen Mieter verlangen kann (1 Ob 1504/96 mwN). Die Vertragsaufhebung setzt ein Verschulden des Bestandnehmers nicht voraus (3 Ob 151/02 f; RISJustiz RS0020981), wohl aber die nach gewöhnlichen Fähigkeiten zu bestimmende Erkennbarkeit der Nachteiligkeit des Verhaltens für Bestandgeberinteressen und Bestandobjekt (3 Ob 151/02 f mwN; Iro in KBB2 § 1118 ABGB Rz 2; Würth/Zingher/Kovanyi I22 361 mwN). Der Mieterin musste bei Aufwendung auch nur gewöhnlicher Fähigkeiten zumindest bewusst sein, dass beim Betrieb eines ohne Schutzblech auf einen Laminatboden gestellten Festbrennstoffofens infolge der Brandgefahr, die von aus dem Ofen fallenden Glutresten ausgeht, eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandobjekts droht. Schließlich wurde sie auch vom Kl darauf hingewiesen, dass eine Prüfung durch den Rauchfangkehrer der Aufstellung und dem Anschluss des Ofens vorangehen muss. Nach stRsp hat die Entscheidung über das Vorliegen des Räumungsgrundes des erheblich nachteiligen Gebrauchs auf den Zeitpunkt der Auflösungserklärung (hier der Klage) abzustellen (1 Ob 41/02 i; RIS-Justiz RS0021049). Eine Besserung des Verhaltens der Mieterin nach Zugang der Auflösungserklärung ist rechtlich bedeutungslos (10 Ob 62/04 x). Dass die Bekl nach Zustellung der Räumungsklage den Ofen nicht mehr in Betrieb nahm, ist daher genauso wenig entscheidungserheblich wie der Umstand, dass die Bekl nach der Klagszustellung den Ofen nicht demontierte oder nicht für dessen ordnungsgemäßen Betrieb sorgte.
Anmerkung: Der Aufhebungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs setzt nach stRsp kein Verschulden des Mieters voraus (8 Ob 86/08 t ua). Es ist jedoch erforderlich, dass
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dem Mieter die Nachteiligkeit seines Verhaltens zumindest bewusst war oder bewusst sein musste (5 Ob 291/ 07 s ua), wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters anzulegen ist (10 Ob 17/00 y; 5 Ob 291/07 s ua). Im gegenständlichen Fall hat die Mieterin einen Festbrennstoffofen durch einen Nichtfachmann direkt auf einem Laminatboden ohne Schutzblech aufstellen lassen, wodurch bei Betrieb des Ofens eine Gefährdung für das Objekt und seine Bewohner ausging. Der Vermieter wies die Mieterin darauf hin, dass der Aufstellung und dem Anschluss des Ofens eine Prüfung durch einen Rauchfangkehrer vorangehen müsse, was jedoch – wie auch die behördliche Meldung – unterblieb. Nach der Rsp begründet der Umstand, dass der Mieter Arbeiten von Nichtfachleuten durchführen lässt, für sich allein noch nicht einen „erheblich nachteiligen Gebrauch“, sofern die Arbeiten sachgemäß durchgeführt werden (MietSlg 40.169; MietSlg 40.170). Der Mieter hat sich so zu verhalten, wie man das von einem vertrauenswürdigen Mieter verlangen kann (1 Ob 1504/96). Wer sich für Umbauarbeiten nicht befugter Gewerbsleute bedient, muss daher alles vorkehren, damit keine Schäden an der Substanz entstehen (1 Ob 1504/96). Dass unsachgemäße Installationen Substanzschäden herbeiführen können, ist nach der Rsp für jedermann leicht erkennbar (1 Ob 1504/96). So kann der unsachgemäße Einbau einer Dusche ohne entsprechende Isolierung einen erheblich nachteiligen Gebrauch darstellen (8 Ob 36/09 s). Hingegen hat der Mieter für das Fehlverhalten eines von ihm herangezogenen Fachmanns im Rahmen des Aufhebungsgrundes des erheblich nachteiligen Gebrauchs nur dann einzustehen, wenn er die Unfähigkeit oder die Fehlleistung des Fachmanns erkennen hätte müssen (5 Ob 658/89). Der OGH argumentiert in der gegenständlichen E damit, dass es einem Mieter bei Aufwendung auch nur gewöhnlicher Fähigkeiten zumindest bewusst sein muss, dass beim Betrieb eines ohne Schutzblech aufgestellten Festbrennstoffofens infolge der Brandgefahr durch Glutreste eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandobjekts droht. Der Entscheidung ist mE im Ergebnis zuzustimmen. Abgesehen von den vorliegenden Aufstellungs- und Anschlussmängeln und der damit einhergehenden Gefährdung für das Objekt und seine Bewohner hat der Vermieter die Mieterin im konkreten Fall auch darauf hingewiesen, einen Rauchfangkehrer beizuziehen. Diesem Hinweis ist die Mieterin nicht nachgekommen. Ein solches Verhalten entspricht jedoch nicht dem Verhalten eines vertrauenswürdigen Mieters. Ein vertrauenswürdiger Mieter hätte diesen Hinweis des Vermieters befolgt, um allfällige Unzulänglichkeiten und Mängel beim Einbau des Festbrennstoffofens durch einen Nichtfachmann und die dadurch ausgehenden Gefahren für das Objekt und seine Bewohner zu vermeiden. Klaus Gossi Dr. Klaus Gossi ist RA in Wien.
MIETRECHT
Kosten der Beheizung einer Außenstiege Die Kosten für die Beheizung der Außenstiegen zählen nicht zu den „Heizkosten“ iSd § 16 Abs 6 Satz 2 WGG.
Aus der Begründung: Gem § 16 Abs 6 Satz 2 WGG sind die Heiz- und Warmwasserkosten, soweit nicht das Heizkostenabrechnungsgesetz anzuwenden ist, nach dem Verhältnis der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten aufzuteilen. Entgegen den – am von ihm gewünschten Ergebnis orientierten – Interpretationsversuchen des ASt hat das RekG zutreffend erkannt, dass die Kosten für den Energieaufwand zur Beseitigung von Schnee und Glatteis auf den Außenstiegen nicht zu den „Heizkosten“ iSd § 16 Abs 6 Satz 2 WGG zu zählen sind. In der Begriffsbestimmung des § 2 Z 1 HeizKG kommt das – mit der gemeinhin im Alltag üblichen Begriffsbildung durchaus übereinstimmende – Verständnis des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass es sich iZm Wohnobjekten bei der „Wärme“ um die Energie zur Raumbeheizung (sowie zur Warmwasserbereitung) handelt. In dS müssen auch „Heizkosten“ als jener Aufwand verstanden werden, der mit der Wärmeversorgung von Räumen im Zusammenhang steht. Die Beheizung der Außenstiegen dient dagegen einem völlig anderen Zweck, nämlich diese von Schnee und Glatteis frei zu halten. Deutlich wird dieser Unterschied schon durch den auch vom ASt herangezogenen Vergleich des dafür erforderlichen Aufwands mit den Kosten eines – eben funktionell vergleichbaren – Winterdienstes, welcher iSd
§ 23 MRG der Hausbetreuung zuzurechnen ist. Die Kosten für die Beheizung der Außenstiegen zählen daher nicht zu den „Heizkosten“ iSd § 16 Abs 6 Satz 2 WGG, womit die vom ASt daraus abgeleitete Berücksichtigung unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeiten ausscheidet.
Anmerkung: Die Stromkosten für die Beheizung der Außenstiegen fallen sohin nicht unter die „Heizkosten“ iSd HeizKG und § 16 Abs 6 Satz 2 WGG. Können derartige Kosten nun auf den Mieter bzw Nutzer nach dem WGG überhaupt überwälzt werden? Zweck der Beheizung der Außenstiegen ist es, die Stiege von Schnee und Glatteis rein zu halten. Die Kosten für die Beseitigung von Schnee und Glatteis werden grundsätzlich unter § 23 Abs 1 MRG – Kosten der Hausbetreuung, insb auch der Schneeräumung – subsumiert. § 23 MRG umfasst alle Mischformen der Hausbetreuung, daher auch eine Hausbetreuung, die durch eine technische Anlage erfolgt. Der OGH hat daher die Rechtsansicht des RekG bestätigt, dass die Kosten des Energieaufwands zur Beseitigung von Schnee und Glatteis auf Außentreppen, die zu den allgemeinen Teilen des Hauses gehören, unter § 23 Abs 1 MRG zu subsumieren sind. Sohin können diese Kosten nach § 21 Abs 1 Z 8 MRG auf die Mieter und iVm § 14 Abs 1 Z 7 WGG auf die Nutzer nach dem WGG überwälzt werden. Alexander Edelhauser
§ 16 WGG OGH 10. 11. 2009, 5 Ob 128/09 y Heizkosten; Außenstiege; unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten
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Mag. Mag.FH Alexander Edelhauser, LL. M. ist RA in Wien.
Teilung einer WE-Einheit und Berichtigung im Grundbuch
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
Soll eine Einheit in 2 Einheiten geteilt werden, wobei sich durch die Teilung der Einheiten bei der ursprünglichen Einheit die Anteile um mehr als 10% ändern, kommt eine Berichtigung gem § 10 Abs 3 WEG nicht in Betracht. Die Tatsache, dass nach der Teilung alle Anteile beim selben Eigentümer verbleiben, ändert daran nichts, da die in § 10 Abs 3 WEG genannte „Bagatellgrenze“ von 10% auf jeden einzelnen Miteigentumsanteil zu beziehen ist.
§ 10 Abs 3, § 16 Abs 2 WEG
Aus der Begründung: § 10 Abs 3 WEG idF WRN 2006 BGBl I 2006/124 sieht als Berichtigungsfall sui generis zur Vermeidung der sonst erforderlichen Notwendigkeit des Abschlusses entsprechender neuer Vereinbarungen oder der Erzwingung der Zustimmung im Klagsweg bei bestehendem Wohnungseigentum im Fall einer Neufestsetzung der Nutzwerte nach § 9 Abs 2 und 3 bzw § 9 Abs 6 WEG die Möglichkeit der Berichtigung der Anteile auf Antrag jedes WErs in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG vor. Einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten bedarf es diesfalls nicht (§ 10 Abs 3 zweiter Satz WEG). Voraussetzung dafür ist, dass es bei keinem der Miteigentumsanteile zu einer Verschiebung von mehr als 10% kommt.
Zu B-LNR 2 ist für den ASt mit 126/1902-Anteilen an der EZ 1298 Grundbuch ***** das Wohnungseigentum an W 12 einverleibt. Dieses Wohnungseigentumsobjekt soll in die Objekte W 12 und W 12 a geteilt werden, beide bleiben im Miteigentum des ASt. Diese Teilung soll nach dem Begehren des ASt grundbücherlich durch Berichtigung durchgeführt werden, wobei der bisher bestehende Miteigentumsanteil von 126/1902-Anteilen auf 85/1902-Anteile, somit um mehr als 10% vermindert werden soll. Damit ist bereits die Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 10 Abs 3 WEG nicht erfüllt, dass es nämlich hinsichtlich keines Miteigentumsanteils zu einer Verschiebung von mehr als 10% kommen darf. Die vom RevRek angestellte Erwägung, dass schließlich alle Miteigentumsanteile beim selben Eigentümer, nämlich beim ASt, verbleiben und insofern keine Verschiebung stattfindet, verkennt das rechtliche Wesen des Miteigentumsanteils iSd § 2 Abs 9 WEG und dessen grundbuchsrechtlicher Bedeutung nach § 5 Abs 3 WEG iVm § 10 GBG. Die in § 10 Abs 3 WEG genannte „Bagatellgrenze“ von 10% ist auf jeden einzelnen Miteigentumsanteil zu beziehen (Würth/Zingher/Kovanyi, Wohnrecht 2007 Anm 2 lit b zu § 10 WEG; vgl auch die ErläutRV zur WRN 2006, 1183 BlgNR 22. GP 15, worin ausgeführt wird: „Wenn sich also durch die
OGH 27. 5. 2010, 5 Ob 86/10 y Teilung einer WE-Einheit; Berichtigung; Zustimmungserklärung; Neufestsetzung der Nutzwerte
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WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
grundbücherliche Umsetzung der gerichtlichen oder der – nun neu eingeführten – einvernehmlichen Nutzwertfestsetzung auch nur ein Miteigentumsanteil in seiner Größe um mehr als 10% [gleich ob nach oben oder nach unten] veränderte, ist eine Berichtigung nach § 136 GBG […] nicht mehr zulässig“). Schon nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung liegt hier also kein Berichtigungsfall des § 10 Abs 3 WEG vor. Es erübrigt sich, aus Anlass der Abweisung des Begehrens um Berichtigung auf die Richtigkeit der Ausführungen der Vorinstanzen zu den Voraussetzungen einer bücherlichen Durchführung einer Teilung von Wohnungseigentumsobjekten nach § 16 Abs 2 WEG 2002 einzugehen (vgl RIS-Justiz RS0060544).
Anmerkung: Der Entscheidung ist voll zuzustimmen; zusätzlich gilt es aber auch noch zu bedenken, dass die Teilung einer WEEinheit auch gem § 16 Abs 2 WEG der Zustimmung
der anderen WEr bedarf (Prader, WEG2 § 16 E 35). Selbst wenn der gleiche WEr Eigentümer der geteilten Einheiten bleibt, ändert dies an der Zustimmungserfordernis des § 16 Abs 2 leg cit nichts, mag die Beurteilung auch „nur“ nach § 16 Abs 2 Z 1 u nicht auch nach Z 2 zu erfolgen haben (vgl § 16 Abs 2 Z 5 und dazu auch Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 16 Rz 38). Ebenso wie eine solche Änderung bedarf es auch bei Verselbständigung einzelner Stellplätze, die bisher Teil (nicht Zubehör) eines WE-Objekts waren, der Zustimmung aller WEer, da insoweit kein Fall einer „erleichterten“ WE-Begründung iSd § 56 Abs 1 letzter Satz WEG vorliegt. Bedarf es aber einer Zustimmungserklärung, so wäre auch dieser Nachweis dem GrundbuchsG zu erbringen, selbst wenn ansonsten ein Berichtigungsfall vorliegen würde, da mit diesen gesetzlichen Möglichkeiten keinesfalls eine Tangierung der Rechte der anderen WEer nach anderen Bestimmungen verbunden sein sollte. Christian Prader Dr. Christian Prader ist RA in Innsbruck.
Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch des Wohnungseigentümers bei eigenmächtiger Widmungsänderung § 16 Abs 2 WEG; § 523 ABGB OGH 24. 11. 2009, 5 Ob 241/09 s Wohnungseigentum; Widmungsänderung; Unterlassungsanspruch; Beseitigungsanspruch
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Jeder übergangene WEer kann sich kraft seines Eigentumsrechts nicht nur gegen den eigenmächtig handelnden WEer, sondern auch gegen einen Dritten als unmittelbaren Störer wehren.
Aus den Entscheidungsgründen: Gegen einen WEer, der eigenmächtig Änderungen einschließlich Widmungsänderungen iSd § 16 Abs 2 WEG vornimmt, kann nach ständiger höchstgerichtlicher Rsp auch jeder einzelne WEer mit Unterlassungs- bzw Beseitigungsklage nach § 523 ABGB im streitigen Rechtsweg vorgehen (vgl 5 Ob 25/90 wobl 1991/53 [Call]; 5 Ob 1078/91 wobl 1992/81; 5 Ob 1049/93 wobl 1994/1 [Call]; 1 Ob 1649/95 wobl 1996/91 [Call]; 5 Ob 306/03 s wobl 2004/55; 5 Ob 240/03 k wobl 1994/82 [Call]). Eine solche Klage kann von einem WEer nicht nur gegen den anderen WEer, sondern auch gegen einen Dritten als unmittelbaren Störer erhoben werden (vgl RIS-Justiz RS0012137; zuletzt 5 Ob 306/03 s; 5 Ob 240/03 k ua). Die fast ausschließlich für schlichte Miteigentumsgemeinschaften judizierte Einschränkung, wonach ein Miteigentümer Eigentumsfreiheitsansprüche nach § 523 ABGB nur dann allein geltend machen kann, wenn er sich damit nicht in Widerspruch zu anderen Miteigentümern setzt (vgl etwa 10 Ob 69/98 i mit der auch hier vorliegenden Implikation eines von einem Miteigentümer abgeleiteten Benützungsrechts des belangten Störers), gilt für das Rechtsverhältnis zwischen WEern (insb bei eigenmächtiger Änderung der Widmung eines WE-Objekts) nicht (5 Ob 25/08 z immolex 2008/151 [Edelhauser] = wobl 2009/54 [Vonkilch] = ecolex 2008/366 [Friedl]). Die Widmung eines WE-Objekts und das Festhalten an der dadurch definierten Nutzung gehört zu den absolut geschützten Rechten jedes WEers.
Eine Änderung des Rechtszustands ist nur nach Maßgabe des § 16 Abs 2 WEG 2002, also mit Zustimmung aller WEer oder aufgrund einer die fehlenden Zustimmungserklärungen ersetzenden Entscheidung des Außerstreitrichters möglich. Steht also einem Mit- und WEer nach dieser für die Abgrenzung der Eigentümerbefugnisse zwischen den einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft maßgeblichen Eigentumsordnung das Recht zur Widmungsänderung nicht zu, müssen die übergangenen Mit- und WEer eine solche nicht gegen sich gelten lassen und können sich kraft ihres Eigentumsrechts gem § 523 ABGB nicht nur gegen den eigenmächtig handelnden WEer, sondern auch gegen jeden anderen Störer wehren. Damit erweist sich der Einwand der mangelnden passiven Sachlegitimation wegen abgeleiteter Nutzungsrechte als nicht zielführend.
Anmerkung: Der vorliegenden Entscheidung ist weitgehend zuzustimmen. Zu begrüßen ist die – im übrigen nicht überraschende – Betonung, dass die actio negatoria iSd § 523 ABGB nicht nur gegen einen anderen WEer möglich ist, sondern auch gegen einen die Störungen veranlassenden Dritten (hier Mieter eines anderen WEers). Zutreffend ist auch die Klarstellung, dass die Eigentumsfreiheitsklage gegen einen WEer nicht der Zustimmung aller übrigen WEer bedarf, sondern von jedem einzelnen beeinträchtigten WEer allein eingebracht werden kann (dies ergibt sich bereits aus der in der Entscheidung zit Rsp). Der wesentlichste Aspekt der Entscheidung liegt in der klaren Feststellung, dass ein dem Störer von einem WEer eingeräumtes obligatorisches Recht die übrigen WEer nicht daran hindert, den Störer nach § 523 ABGB in Anspruch zu nehmen. Hier hatte ein WEer sein WEObjekt (gewidmet als „Einstellraum, Laden, Magazine, Vorraum, Abstellraum, Waschraum und Klosett“) den Bekl zum Betrieb eines Gastronomieunternehmens – sohin zu einer widmungswidrigen Verwendung – vermie-
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tet. Die Kl (als weitere WEer) verlangten von den Bekl die Unterlassung der widmungswidrigen Nutzung. Die Bekl beriefen sich auf den aufrechten Mietvertrag, der ihnen die Nutzung in der tatsächlich ausgeübten Art und Weise ermöglichte. Dies wies der OGH mit der Begründung zurück, dass dann, wenn einem WEer eine einseitige Widmungsänderung nicht zusteht, die übrigen WEer so eine Widmungsänderung auch dann nicht gegen sich gelten lassen müssen, wenn der gegen die bestehende Widmung verstoßende WEer Dritten entsprechende obligatorische Rechte eingeräumt hat. Ließe man die umgekehrte Lösung zu, würde eine einseitige Widmungsänderung im Umweg über Verträge mit Dritten ermöglicht. Schon aufgrund der Tatsache, dass dies im Widerspruch zu § 16 Abs 2 WEG wäre, ist die vorliegende Entscheidung zutr. Hinterfragenswert ist aber schließlich, dass der OGH den seitens der Kl geltend gemachten Beseitigungsanspruch hinsichtlich der von den Bekl installierten gastronomischen Einrichtungen pauschal und undifferenziert bejaht. Dies steht insoweit
im Einklang mit der in der Entscheidung zit Rsp, als die Beseitigung der vom Störer verursachten Beeinträchtigung Teil des Anspruchs nach § 523 ABGB ist. Soweit allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen sind, erscheint die Beseitigung der gastronomischen Einrichtungen als Beeinträchtigung iS der zit Rsp vorstellbar und die vorliegende Entscheidung daher auch insoweit korrekt. Soweit allerdings das WE-Objekt des Vermieters der Bekl betroffen ist, scheint – soweit die tatsächlichen Gegebenheiten aus dem im Volltext der Entscheidung wiedergegebenen Sachverhalt ausreichend nachvollziehbar sind – der hier bejahte Beseitigungsanspruch in seiner Allgemeinheit zu weit zu gehen, weil eine widmungsgemäße Nutzung des WE-Objekts ohne Beseitigung (zumindest von Teilen) der Einrichtungen nicht ausgeschlossen scheint und das bloße Vorhandensein solcher Einrichtungen nicht zwingend als Störung angesehen werden muss. Matthias Cerha Dr. Matthias Cerha, LL. M. ist RA in Wien.
Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses im Rahmen der ordentlichen Verwaltung Die Mehrheit kann im Bereich der ordentlichen Verwaltung einen, wenn auch anfechtbaren oder angefochtenen Mehrheitsbeschluss durchsetzen. Mit der feststellenden Entscheidung über die Beschlussanfechtung wird endgültig über die Rechtswirksamkeit des Beschlusses der EigG abgesprochen, und zwar im Fall der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses mit Wirkung ex tunc. Endgültig „bestandskräftig“ ist der Beschluss nur bei einem Unterbleiben fristgerechter Anfechtung oder ihrem rechtskräftigen Scheitern. Insoweit ist der Bestand des Beschlusses zwar – auflösend (nicht aufschiebend) – bedingt, dieser aber dennoch rechtswirksam. Wird ein Verwaltungsvertrag gekündigt und ein neuer Verwalter bestellt, hat sich der gekündigte Verwalter jeder Tätigkeit für die neue Periode nach der Kündigung zu enthalten. Ein Entgelt für diesen Zeitraum steht dem gekündigten Verwalter nur im Fall der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses mit Wirkung ex tunc zu, soweit dieser leistungsbereit war und sich nichts erspart hat.
Aus der Begründung: 1. Vorauszuschicken ist, dass die Kl (= EigG) das hier zu beurteilende Begehren zutreffend im streitigen Rechtsweg geltend gemacht hat, stellt dieses doch keinen Sachantrag in einer der in § 52 Abs 1 WEG 2002 genannten Angelegenheiten dar. Auch die Aktivlegitimation der Kl ist zu bejahen, weil diese Partei des Verwaltungsvertrags ist (5 Ob 18/07 v wobl 2008/ 72, 223 [Call] = immolex 2008/5, 17). 2. § 21 WEG 2002 regelt die Grundsätze der Auflösung und Verlängerung des Verwaltungsvertrags. Wurde der Verwalter auf unbestimmte Zeit bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende
jeder Abrechnungsperiode kündigen (§ 21 Abs 1 WEG 2002). Wurde der Verwalter auf bestimmte, mehr als dreijährige Zeit bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter nach Ablauf von drei Jahren den Verwaltungsvertrag ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode kündigen (§ 21 Abs 2 WEG 2002). Im Übrigen kann der Verwaltungsvertrag jederzeit aus wichtigen Gründen von der EigG gekündigt oder bei grober Verletzung der Pflichten des Verwalters auf Antrag eines WEers vom Gericht aufgelöst werden (§ 21 Abs 3 WEG 2002). Die Bestellung des Verwalters und die Auflösung des Verwaltungsvertrags sind gem § 28 Abs 1 Z 5 WEG 2002 Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft (5 Ob 2382/96 x immolex 1998/49, 84 = MietSlg 49/43; 5 Ob 315/03 i wobl 2003/188, 355 = immolex 2004, 45 = 55.238; 5 Ob 277/05 d immolex 2006/102, 221; 5 Ob 116/06 d immolex 2007/25, 54 = wobl 2007/69, 165 [Löcker] = ecolex 2007/47, 105 [Friedl]; 5 Ob 18/07 v wobl 2008/72, 223 [Call] = immolex 2008/5, 17). 3. Ist ein Mehrheitsbeschluss in Fragen der ordentlichen Verwaltung wirksam zustande gekommen (vgl zum Zustandekommen und zur Wirksamkeit Würth in Rummel3 § 24 WEG 2002 Rz 2), die Anfechtungsfrist aber noch nicht verstrichen oder eine Anfechtung dieses Beschlusses anhängig, geht die Rsp in Übereinstimmung mit der L von einer vorläufigen, „zeitlich eingeschränkten” Vollziehbarkeit des Beschlusses aus (5 Ob 69/04 i ecolex 2005/51, 120 [Rausch] = immolex 2005/49, 126; 5 Ob 265/04 p EvBl 2005/174, 842 = wobl 2005/138, 376 [Call]; 5 Ob 277/05 d wobl 2006/129, 309 [Call]). Die Mehrheit kann also im Bereich der ordentlichen Verwaltung einen, wenn auch anfechtbaren oder angefochtenen Mehrheitsbeschluss durchsetzen. Mit der feststellenden Entscheidung über die Beschlussan-
§§ 20, 21 WEG; §§ 1025 ff ABGB OGH 25. 3. 2010, 5 Ob 228/09 d Verwalterkündigung; Neubestellung; Honorar; Doppelgleisigkeit
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WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
fechtung wird endgültig über die Rechtswirksamkeit des Beschlusses der EigG abgesprochen, und zwar im Fall der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses mit Wirkung ex tunc. Endgültig „bestandskräftig“ ist der Beschluss nur bei einem Unterbleiben fristgerechter Anfechtung oder ihrem rechtskräftigen Scheitern (5 Ob 105/07 p immolex 2008/ 6, 18 [Prader] = wobl 2008/46, 135 [Call] = MietSlg 59.426). Insoweit ist der Bestand des Beschlusses zwar – auflösend (nicht aufschiebend) – bedingt, dieser aber dennoch rechtswirksam (5 Ob 265/04 p EvBl 2005/174, 842 = wobl 2005/138, 376 [Call] = MietSlg 57/13). 4. Aus den zuvor dargestellten Grundsätzen folgt, dass der von der Kl gefasste Beschluss auf Kündigung des Verwaltungsvertrags mit der Bekl als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung vollziehbar, die ausgesprochene Kündigung zum 31. 12. 2007 folglich auch rechtswirksam war und die gefassten Beschlüsse letztlich infolge gescheiterter Beschlussanfechtung auch endgültig „bestandskräftig” geworden sind. Da die EigG mit Mehrheitsbeschluss auch eine neue Verwalterin bestellt hatte, hatte sich die Beklagte jeder Tätigkeit für das Verwaltungsjahr 2008 zu enthalten (§ 1025 ABGB; 5 Ob 207/06 m; 5 Ob 254/09 b), weshalb ihr für diese Zeit auch kein Honorar zusteht. Auf Ansprüche nach § 1037 ABGB kommt die Bekl in ihrer Revisionsbeantwortung mit Recht nicht mehr zurück, ist doch ein klarer und überwiegender Vorteil deren Tätigkeit für die Kl nach bereits erfolgter Bestellung einer neuen Verwalterin nicht zu erkennen. Die Erstellung der Jahresabrechnung 2007 war Aufgabe der Bekl schon aufgrund ihrer für dieses Verwaltungsjahr noch aufrechten Verwalterfunktion. 5.1. Soweit die Vorinstanzen und die Beklagte aus 5 Ob 69/04 i (ecolex 2005/51, 120 [Rausch] = immolex 2005/49, 126 = MietSlg 56.499 = MietSlg 56.536) dem hier gewonnenen Ergebnis Widersprechendes ableiten wollen, ist diese Entscheidung schon deshalb nicht einschlägig, als es dort die fragliche Notwendigkeit der Bestellung eines einstweiligen Verwalters über Antrag eines einzelnen WEers zu beurteilen galt, während hier die EigG bereits mit Mehrheitsbeschluss eine neue Verwalterin bestellt hatte. Im Übrigen war auch in dem der E 5 Ob 69/ 04 i zugrunde gelegenen Fall ein Zwischenantrag des gekündigten Verwalters auf Feststellung, dass er jedenfalls bis zur Rechtskraft des Beschlussüberprüfungsverfahrens bestellter Verwalter sei, abgewiesen worden. 5.2. Das BerG hat sich zur Stützung seiner Rechtsansicht auf Ausführungen von Prader (Doppelgleisigkeit bei Verwalterkündigung und Neubestellung, immolex 2007, 326 [327]) berufen, wonach dem bisherigen Verwalter unabhängig von der Kündigung bis zur Beendigung des Vertrags bei Leistungsbereitschaft das vereinbarte Entgelt zustehe, soweit er leistungsbereit sei und sich nichts erspart habe. Prader beruft sich dazu auf die Entscheidung 5 Ob 207/06 m, wo sich genau diese Rechtsansicht allerdings bezogen auf einen Zeitraum findet, für welchen dem Verwalter Verwaltungshandlungen durch
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eine einstweilige Verfügung verboten waren, welche sich nachträglich als zu Unrecht erwirkt herausstellte. Gerade eine solche Situation, dass sich nämlich die Verwalterkündigung nachträglich als rechtswidrig erwiesen hätte, liegt hier aber nicht vor und nur in diesem Fall könnte dem – ungerechtfertigt – gekündigten Verwalter unter der genannten Voraussetzung seiner Leistungsbereitschaft ein Honorar zustehen. 5.3. Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass die Rechtsansicht der Vorinstanzen und der Bekl letztlich zum wenig plausiblen Ergebnis führen würde, dass ein gekündigter Verwalter durch Erhebung von (unberechtigten) Sachanträgen im Außerstreitverfahren und allfällige Verschleppung darüber abzuwickelnder Verfahren entgegen allen Erfordernissen der Rechtssicherheit seine Verwaltertätigkeit noch lange Zeit fortsetzen könnte. 6. Daraus folgt: Der wirksame Beschluss der EigG auf Kündigung des Verwaltungsvertrags ist als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung sofort vollziehbar und bewirkt die (vorläufige) Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung. Der Bestand des Beschlusses der EigG ist (nur) insoweit – auflösend (nicht aufschiebend) – bedingt, als er erst bei einem Unterbleiben fristgerechter Anfechtung oder ihrem rechtskräftigen Scheitern endgültig „bestandskräftig“ ist. Hat die EigG auch einen neuen Verwalter bestellt, muss sich der frühere Verwalter jeder Tätigkeit für das neue Verwaltungsjahr enthalten und es steht dem früheren Verwalter bei endgültiger „Bestandskräftigkeit“ des Beschlusses der EigG für diese Zeit auch kein Honorar zu. Nur im Fall der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses mit Wirkung ex tunc stünde dem früheren Verwalter ein Entgelt zu, soweit dieser leistungsbereit war und sich nichts erspart hat.
Anmerkung: Der gegenständlichen Entscheidung ist voll zuzustimmen, da auch ich in meinem Aufsatz immolex 2007, 326 davon ausgehe, dass der Vertrag mit der Kündigung beendet ist und sich der gekündigte Verwalter bei Neubestellung jeglicher Tätigkeit zu enthalten hat. Zugegeben habe ich die Entgeltfrage etwas unklar formuliert, allerdings sollte durch den Hinweis bis zur tatsächlichen Beendigung ausgedrückt werden, dass im Falle einer Anfechtung und Stattgebung derselben ggf (so auch die zitierte Entscheidung des OGH) der Vertrag eigentlich noch nicht beendet wäre, da die Kündigung unwirksam war; auch wenn der Vertrag mE dadurch nicht wieder auflebt, so kann das Ergebnis dann nur darin liegen, dem gekündigten Verwalter bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Entgeltsanspruch bis zur „tatsächlichen Beendigung“ iS einer fiktiv zu ermittelnden rechtmäßigen Kündigung zuzuerkennen. Letztlich ist nun auch abschließend klargestellt, dass sich Verwalter nach einer Kündigung nicht mehr darum streiten müssen, wer nun verwalten darf. Christian Prader Dr. Christian Prader ist RA in Innsbruck.
LIEGENSCHAFTSRECHT
Übergang der Höchstbetragshypothek bei Einlösung durch Dritten Auch die Einlösung eines über dem Hypothekenhöchstbetrag liegenden Saldos kann nur dann einen Übergang des Höchstbetragspfandrechts ex lege nach § 1422 ABGB bewirken, wenn die zugrunde liegende Kreditrahmenvereinbarung vorher bereits beendet wurde.
Aus der Begründung: Wird eine Höchstbetragshypothek bestellt, haftet das Pfandrecht nicht an den einzelnen Forderungen, sondern am Kreditrahmen. Dies zeigt sich am deutlichsten, wenn zB der Kreditnehmer eines Kontokorrentkredits über ein Guthaben auf seinem Konto verfügt, also überhaupt keine Verbindlichkeiten bestehen (Reischauer in Rummel3 § 1422 ABGB Rz 16 mwN; stRsp, zB RIS-Justiz RS0033415). Da das Pfand – zumindest zunächst – an diesem Rahmen, aber nicht an den einzelnen Forderungen haftet, gehen bei wirksamer Einlösung einer einzelnen oder auch mehrerer Forderungen diese über, nicht aber das Pfand (Reischauer, aaO). Gegen den Willen des Gl gibt es vor Abwicklung des Rechtsverhältnisses keine Pfandfreilassung der Liegenschaft (RIS-Justiz RS0104888). Gleiches gilt auch, wenn der gesamte Saldo aller Einzelforderungen eingelöst wird. Der Kreditrahmen bleibt auch dann weiter besichert, nicht aber die ausgeschiedenen Forderungen. Diese Konsequenz betrifft Kontokorrentkredite genauso wie andere Höchstbetragskredite, etwa den wieder ausnützbaren Abstattungskredit (Reischauer, aaO). Erst wenn der Kreditrahmen auf eine einzelne Forderung reduziert ist und für die Parteien im rechtlichen Sinn klar sein muss, dass eine Wiederausnützung des Rahmens nicht mehr stattfinden soll, haftet die Höchstbetragshypothek nur noch an dieser Forderung (samt Zinsen etc) und nicht mehr am Kreditrahmen (Reischauer, aaO mwN). Erst die Reduktion auf eine einzige Forderung, sei es durch Vereinbarung der Vertragsteile oder durch einseitige Kündigung des Kreditverhältnisses, hat dann zur Folge, dass die Höchstbetragshypothek bei Einlösung als Festbetragshypothek behandelt werden kann und als solche ex lege auf den Einlöser übergeht; die grundbücherliche Übertragung wirkt in diesem Fall nur deklarativ (RIS-Justiz RS0033415 [insb T 4, T 5, T 6]). Mit der geforderten „Reduktion auf eine Forderung“ ist nicht eine Herabsetzung des Höchstbetrags der Hypothek auf die Höhe des (niedrigeren) Saldos gemeint, sondern eine Beendigung der Kreditrahmenvereinbarung, sodass danach nurmehr eine einzige (je nach Höhe ganz oder teilweise) besicherte Forderung, eben der Saldo, übrig bleibt. Auch die Einlösung eines über dem Hypothekenhöchstbetrag liegenden Saldos kann – von einer hier nicht in Betracht kommenden Dreiparteieneini-
gung abgesehen – nur dann einen Übergang des Höchstbetragspfandrechts ex lege nach § 1422 ABGB bewirken, wenn das Grundverhältnis bereits beendet wurde. Andernfalls steht dem Schuldner nach der sein Konto entlastenden Einlösung durch den Dritten der vereinbarte Kreditrahmen gegenüber dem Gl weiterhin offen. Die Grundlage für die Pfandhaftung zugunsten des Gl bleibt daher aufrecht, es kommt zu keinem Übergang auf den Einlöser. Die Berechtigung des Klagsanspruchs hängt nur davon ab, ob die Bekl noch immer Pfandberechtigte ist, oder ob die Höchstbetragspfandrechte bereits ex lege an den Drittzahler übergegangen sind. Im ersteren Fall wäre sie gem § 469 ABGB zur Löschungserklärung verpflichtet, im anderen Fall wäre das Klagebegehren abzuweisen. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es, wie das BerG im Ergebnis völlig zutreffend ausgeführt hat, nur darauf an, ob die besicherten Kreditverhältnisse schon vor der Einlösung des Saldos durch den Dritten oder erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültig beendet wurden.
§ 1422 ABGB OGH 10. 11. 2009, 5 Ob 87/09 v Höchstbetragshypothek; Kreditrahmenvereinbarung; Einlösung
2010/94
Anmerkung: Die vorliegende Entscheidung bietet eine übersichtliche Zusammenfassung des OGH zu dessen bisheriger stRsp zum Thema ex lege-Übergang eines Höchstbetragspfandrechts gem § 1422 ABGB bei Einlösung einer Forderung aus einem Höchstbetragskredit durch einen Dritten. Bei Höchstbetragskrediten (Kontokorrentkredite, Abstattungskredite), haftet das Pfandrecht nicht an den einzelnen Forderungen, sondern am Kreditrahmen. Bei Einlösung von einzelnen Forderungen aber auch des Gesamtsaldos aus einem Höchstbetragskredit durch einen Dritten geht das Höchstbetragspfandrecht nicht ex lege gem § 1422 ABGB auf diesen über, wenn das zugrundeliegende Kreditverhältnis nicht vorher beendet wird. Wird nur der aktuell aushaftende Saldo aus dem Höchstbetragskredit beglichen, das Kreditverhältnis jedoch noch nicht beendet, könnte der Kredit vom Schuldner wieder ausgenützt werden und bleibt daher die Besicherung des Gläubigers aufrecht. Der Dritte erhält in diesem Falle nur die Forderung gegenüber dem Schuldner. Vor Einlösung einer oder mehrerer Forderungen aus einem solchen Höchstbetragskredit durch einen Dritten ist daher zu beachten, dass zuerst das Grundverhältnis beendet und der Kreditrahmen auf eine einzige Forderung reduziert wird, sodass dann bei Einlösung dieser Forderung diese als Festbetragshypothek ex lege auf den Einlöser übergeht. Nicole Neugebauer-Herl Mag. Nicole Neugebauer-Herl ist RA in Wien.
immolex 2010 263
WOHN- UND BEIHILFENRECHT
Wohnkostenbeihilfe nur bei Vorliegen einer „eigenen Wohnung“ § 31 Abs 1 und 2 HGG 2001; § 34 Abs 1 ZDG VwGH 26. 1. 2010, 2009/11/0271 (BMLVS v 24. 11. 2009) Wohnkostenbeihilfe; eigene Wohnung; eigener Haushalt; Untermieter; Mitbenützung von Wohnräumlichkeiten; Wehrdienst; Zivildienst
2010/95
Eine „eigene Wohnung“ iSd § 31 HGG 2001 setzt nicht nur eine abgeschlossene Einheit von Räumlichkeiten voraus, in denen ein selbständiger Haushalt geführt wird, sondern es muss im Falle eines „Wohnungsverbands“ auch die selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleistet sein. Diese Voraussetzung fehlt, wenn Küche, Bad und WC von verschiedenen Personen (Haupt- und Untermieter) gemeinsam benützt werden, selbst wenn diese nach ihrem Verständnis eigene Haushalte führen. Es kommt alleine auf die rechtlichen Gegebenheiten an; dass der den Zivildienst bzw Wehrdienst Leistende trotz vereinbarter Mitbenützung von Küche, Bad und WC „de facto“ die gesamte Wohnung alleine benützt, ist unerheblich. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Bf auf Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz (HGG) 2001 abgewiesen. Als maßgebenden Sachverhalt stellte die bel Beh fest, der Bf sei seit dem 1. 1. 2009 Untermieter in der Mietwohnung seines Großvaters (Hauptmieter) und zahle diesem monatlich E 350,– Untermietzins in bar. Die Wohnung verfüge insgesamt über Vorzimmer, Küche, Bad/Dusche, Abstellraum, WC, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Kinderzimmer. In der Wohnung befände sich auch das Büro zweier Firmen. Durch ein Schreiben des Großvaters des Bf v 3. 9. 2009 werde bestätigt, dass der Bf im Rahmen seines Untermietverhältnisses zwei Zimmer (Wohnzimmer, Kinderzimmer) alleine benützen könne, die Benützung von Küche, Bad und WC erfolge aber gemeinsam mit dem Hauptmieter. In rechtlicher Hinsicht führte die bel Beh nach Wiedergabe des § 31 HGG 2001 im Wesentlichen aus, im Falle des Bf fehle es an der selbständigen Haushaltsführung, da diese nach dem Gesetz (§ 31 Abs 2 HGG 2001) die Benützbarkeit aller zur Haushaltsführung erforderlichen Räume ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen erfordere. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil dem Bf für Küche, Bad und WC lediglich das Recht der Mitbenützung zukomme, er daher auch keinen eigenen selbständigen Haushalt führe. Bei diesem Ergebnis erübrige sich die vom Bf beantragte Vernehmung namentlich genannter Zeugen. Der VwGH wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
Aus den Entscheidungsgründen: In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass dem Bf nach der getroffenen Vereinbarung Küche, Bad und WC nur zur gemeinsamen Benützung mit dem Hauptmieter zur Verfügung stehen. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob dem Bf während des Wehrdienstes Kosten für die Beibehaltung einer „eigenen Wohnung“ iSd § 31 Abs 1 Satz 1 HGG 2001 entstehen. Was als eigene Wohnung gilt, wird durch Abs 2 dieser Bestimmung präzisiert. Demnach setzt eine eigene Wohnung nicht nur eine abgeschlossene Einheit von Räumlichkeiten voraus, 264 immolex 2010
in denen ein selbständiger Haushalt geführt wird, sondern es muss im Falle eines „Wohnungsverbands“ (vgl die Erk des VwGH v 18. 12. 1997, 97/11/0199, und v 10. 11. 1998, 98/11/0236, die zur vergleichbaren Rechtslage des HGG 1992 ergangen sind), auch die selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleistet sein. Der VwGH hat in den beiden zitierten Erk (die auch auf § 31 HGG 2001 anwendbar sind; vgl das Erk v 27. 3. 2007, 2005/11/0199) ausgesprochen, dass die letztgenannte Voraussetzung jedenfalls dann fehlt, wenn Küche, Bad und WC von verschiedenen Personen (Haupt- und Untermieter) gemeinsam benützt werden, selbst wenn diese nach ihrem Selbstverständnis eigene Haushalte führen. Nicht zielführend ist die Beschwerde, wenn sie vorbringt, der Bf benützte „tatsächlich“ die gesamte Wohnung des Hauptmieters, weil dieser dort niemals einen eigenen Haushalt geführt habe. Nach der stRsp des VwGH können nämlich unter einer „eigenen Wohnung“ iSd HGG 2001 nur solche Räumlichkeiten angesehen werden, die der Wehrpflichtige aufgrund eines ihm zustehenden (dinglichen oder schuldrechtlichen) Rechts benützen kann. Steht dieses Recht zur Benützung der Wohnung einer anderen Person als dem Wehrpflichtigen zu, liegt keine „eigene Wohnung“ des Wehrpflichtigen vor, auch wenn es sich bei dem Nutzungsberechtigten um einen nahen Angehörigen des Wehrpflichtigen handelt (vgl das zitierte Erk v 27. 3. 2007, 2005/11/0199 mwN). Daher kommt es im vorliegenden Fall alleine darauf an, ob der Bf nach den rechtlichen Gegebenheiten (Untermietvertrag) über eine eigene Wohnung im genannten Sinn verfügt. Hingegen ist unerheblich, ob der Bf trotz vereinbarter Mitbenützung von Küche, Bad und WC die gesamte Wohnung – de facto – alleine benützt. Die diesbezüglich vom Bf angebotenen Beweise sind daher nicht entscheidungsrelevant, sodass der bel Beh kein Verfahrensfehler vorzuwerfen ist, wenn sie von der Aufnahme dieser Beweise Abstand genommen hat. Da nach der Beschwerde unbestritten ist, dass dem Bf nach dem Untermietvertrag ein ausschließliches Nutzungsrecht an zwei Wohnräumen der in Rede stehenden Wohnung zukommt, wohingegen er Küche, Bad und WC nur mitbenützen kann, ist der bel Beh nicht entgegenzutreten, wenn sie gegenständlich die Tatbestandsvoraussetzung der „eigenen Wohnung“ verneint und den Antrag auf Gewährung der Wohnkostenbeihilfe abgewiesen hat.
Anmerkung: An Leser der immolex die Frage: Haben Sie sofort gewusst, was das HGG ist? Toll, mit welchen Details aus Spezialgesetzen sich die Höchstrichter abplagen müssen. Aus meiner Sicht leider kein Kommentar, da ich dieses Gesetz nicht täglich in der Hand habe. Ich bitte um Verständnis. Walter Stingl Ing. Mag. Walter Stingl ist StB, Wirtschafts- und Immobilientreuhänder in Wien.
ABGABENRECHT
Unterhaltsabsetzbetrag – „nicht dauernd getrennt lebender“ Partner einer Lebensgemeinschaft Das Tatbestandsmerkmal des „nicht dauernd getrennt Lebens“ iSd § 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG 1988 ist erfüllt, wenn der Steuerpflichtige mit seinem Partner in Lebensgemeinschaft lebt; die Wohngemeinschaft ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige während seiner Saisonarbeit regelmäßig in Abständen von zwei Wochen „zu seiner Familie“ gekommen ist und in der Zwischensaison an vier Tagen der Woche bei seiner Familie wohnt, sowie auch die Freizeit an Sonntagnachmittagen bei ihr verbringt (der polizeilichen Meldung kommt hierbei kein entscheidendes Gewicht zu). Auch die Wirtschaftsgemeinschaft liegt vor, wenn der Steuerpflichtige für seine Familie „praktisch sein gesamtes Gehalt verwendet“, was für eine enge wirtschaftliche Beziehung spricht. Der Bf ist Eigentümer eines Bauernhofs und eines Einfamilienhauses in U. In der Sommersaison (Mai bis Oktober) und in der Wintersaison (Dezember bis März) arbeitet er in einem von U ca 230 km entfernten Ort als Kellner und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Streitjahre (2003 und 2004) beantragte er die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrags für seine beiden Töchter, die mit ihrer Mutter in seinem Einfamilienhaus in U wohnen. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die bel Beh der Berufung des Bf gegen die Bescheide des Finanzamts, mit denen der Unterhaltsabsetzbetrag versagt wurde, in diesem Punkt keine Folge. In der Begründung führte sie aus, in sachverhaltsmäßiger Hinsicht sei von den Angaben des Bf im Erörterungsgespräch auszugehen. Demnach stehe fest, dass der Bf nach Errichtung des Einfamilienhauses im Bauernhof seinen Wohnsitz beibehalten habe, dort einen eigenen Haushalt führe, in dem auch seine Mutter betreut werde. Das Einfamilienhaus habe er gemeinsam mit Maria S geplant und eingerichtet. Diese habe einen finanziellen Beitrag zu den Kosten des Hausbaus geleistet. Sie sei mit den gemeinsamen Kindern im Jahr 2000 in das Haus eingezogen. Der Bf halte sich in der Zwischensaison regelmäßig immer wieder im Einfamilienhaus auf, zu dem er einen eigenen Schlüssel habe und wo er auch Kleidung sowie Toiletteartikel aufbewahre. Er betreue dort bei Bedarf abends die Kinder und erledige gelegentlich anfallende Arbeiten. Er verbringe teilweise (an den Sonntagnachmittagen) auch seine Freizeit bei Maria S und seinen Kindern. Er bezeichne diese Personen als „seine Familie“. Er nächtige drei- bis viermal wöchentlich im Einfamilienhaus, sonst im Bauernhaus. Maria S sei berufstätig. Sie habe mit dem Bf die Aufteilung der Kosten des Einfamilienhauses geregelt. Die Kreditraten für das Haus würden zu annähernd gleichen Teilen von ihr und dem Bf getragen. Der Bf trage die ihm als Eigentümer vorgeschriebenen Gemeindeabgaben (Wasser- und Kanalgebühr, Grundsteuer) und zahle monatliche Unterhaltsbeiträge für die beiden Kinder. Maria S bestreite die laufenden Haushaltskosten (Strom, Heizöl, Telefon, Fernsehen). Die beiden Kinder bekämen vom Bf Taschengeld. Außergewöhnliche Ausgaben, etwa für Schulschiwochen, übernehme manchmal Maria
S, manchmal der Bf. Der Bf habe beim Erörterungsgespräch von einer „persönlichen Nähe“ zu Maria S und wechselseitigem Vertrauen gesprochen. Er habe betont, dass er „zu seiner Familie“ stehe, für die er praktisch sein gesamtes Gehalt verwende. … Der Bf wohne doch regelmäßig auch bei seiner Familie. Während der Saison, wenn er im 230 km entfernten Ort arbeite, müssten sich seine Aufenthalte sowohl im Einfamilienhaus als auch im Bauernhaus anlässlich der in ca zweiwöchigen Abständen erfolgenden, meist nur eintägigen Heimfahrten zwangsläufig auf sehr kurze Zeit beschränken. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG 1988, dass die Eltern dauernd getrennt leben, seien nicht erfüllt. … Der VwGH wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
§ 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 VwGH 25. 11. 2009, 2007/15/0302 (UFS v 6. 12. 2007) Lebensgemeinschaft; Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft; Unterhaltsabsetzbetrag; nicht dauernd getrennt Leben; Familienbeihilfe
2010/96
Aus den Entscheidungsgründen: Gem § 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG 1988 steht zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen einem Stpfl, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört (§ 2 Abs 5 FLAG 1967) und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leistet, ein Unterhaltsabsetzbetrag von E 25,50 monatlich zu. Leistet er für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht ihm für das zweite Kind ein Absetzbetrag von E 38,20 zu. Streit besteht darüber, ob das Tatbestandsmerkmal des vom (Ehe-)Partner „nicht dauernd getrennt Lebens“ erfüllt ist oder nicht. Die bel Beh ist davon ausgegangen, dass die Kindesmutter, die die Familienbeihilfe für die gemeinsamen Kinder bezieht, mit dem Bf in einer Lebensgemeinschaft lebt. Der Ausschließungsgrund des „nicht dauernd getrennt Lebens“ sei daher gegeben. Der VwGH teilt die Auffassung, dass das Tatbestandsmerkmal des „nicht dauernd getrennt Lebens“ erfüllt ist, wenn der Stpfl mit seinem (Ehe-)Partner in Lebensgemeinschaft steht. Die bel Beh hat daher zutreffend darauf abgestellt, ob in diesem Zusammenhang von einer vom Bf in Abrede gestellten Wohnund Wirtschaftsgemeinschaft auszugehen ist. Der Bf meint, es fehlten die entscheidenden Merkmale einer Wohngemeinschaft. Wohnhaft sei man nach allgemeinem Verständnis dort, wo man schlafe, die Mahlzeiten einnehme, seine Post zugestellt bekomme, die persönlichen Gegenstände aufbewahre und seine Freizeit verbringe, ein wichtiges Indiz für die Frage, wo jemand wohne, sei die polizeiliche Meldung. Gerade in einem kleinen Ort würde die Gemeinde als Meldebehörde eine unrichtige polizeiliche Meldung nicht hinnehmen. Mit diesem Vorbringen zeigt der Bf keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf. Die bel Beh hat zutreffend aufgrund des vom Bf vorgetragenen Sachverhalts auf eine Wohngemeinschaft zwischen dem Bf und Maria S geschlossen. Die Zeiten immolex 2010 265
ABGABENRECHT
der beruflich und persönlich bedingten Abwesenheit (Saisonarbeit und Arbeiten am Bauernhof sowie Betreuung seiner Mutter) des Bf sprechen schon deswegen nicht gegen diese Beurteilung, weil er auch während der Saisonarbeit regelmäßig in Abständen von zwei Wochen in das Einfamilienhaus zu „seiner Familie“ gekommen ist. In der Zwischensaison lebt er nach seinem Vorbringen an vier Tagen der Woche im Einfamilienhaus mit seinen Kindern und deren Mutter und an drei Tagen im Bauernhaus, in dem er seine dort wohnhafte Mutter betreut. Darüber hinaus verbringt er nach den seinen Angaben folgenden weiteren Feststellungen auch die Freizeit an Sonntagnachmittagen bei seiner Familie. Der polizeilichen Meldung kommt in diesem Zusammenhang kein entscheidendes Gewicht zu. Dem Bf kann auch nicht darin gefolgt werden, wenn er die Rechtsauffassung der bel Beh, es liege eine Wirtschaftsgemeinschaft zwischen ihm und Maria S vor, bestreitet. Nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren steht er zu „seiner Familie“, für die er praktisch „sein gesamtes Gehalt verwendet“. Dies spricht für eine enge wirtschaftliche Beziehung. Wenn die bel Beh, die aufgrund der aussagekräftigen Angaben des Bf ihre Feststellungen getroffen hat, vor dem dargestellten tatsächlichen Hintergrund auf eine Lebensgemeinschaft zwischen dem Bf und Maria S geschlossen hat, kann das nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Anmerkung: Das Tatbestandsmerkmal des „von ihm nicht dauernd getrennt lebenden Partners“ verpflichtet das Finanzamt zu einem Blick durch das „Schlüsselloch“. Wenn da-
rüber hinaus es sich beim gegenständlichen Fall noch um Partner handelt, welche in Lebensgemeinschaft verbunden sind, wird die Sachlage besonders heikel. Interessant ist bei dieser Entscheidung die Prüfung des Begriffs „Wohngemeinschaft“, wobei der polizeilichen Meldung in diesem Zusammenhang kein entscheidendes Gewicht zukäme. Auch die Wirtschaftsgemeinschaft führt zur Lebensgemeinschaft. Dies führt mich abermals zur Kritik am Gesetzesgeber. Steuergesetze sollten auch ohne juristische Fortbildung lesbar sein, was unter anderem beim § 33 EStG generell verneint werden muss. Mit einer Vielzahl an Querverweisen zu anderen Bestimmungen des Steuerrechts kann dies als Musterbeispiel für unverständliche Gesetzestexte herangezogen werden. Wenn darüber der VfGH mit Ablauf des 31. 12. 2010 jene Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes aufgehoben hat, welche die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an nicht haushaltszugehörige Kinder als außergewöhnliche Belastung verhindern, ist mit keiner Vereinfachung zu rechnen. Der Gesetzgeber wird wohl noch mehr Details einfügen, und zwar in jenen Fällen, in denen die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung eine derartige Höhe erreicht, dass die verfassungsgesetzlich erforderliche Berücksichtigung durch den Unterhaltsabsetzbetrag allein nicht annähernd herbeigeführt werden kann. Wir dürfen uns daher ab dem Kalenderjahr 2011 auf eine noch kompliziertere Regelung einstimmen. Das derzeitige Einkommensteuergesetz (und nicht nur dieses) wäre dringend durch ein schlankes und lesbares Gesetz zu ersetzen. Walter Stingl Ing. Mag. Walter Stingl ist StB, Wirtschafts- und Immobilientreuhänder in Wien.
Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit den Kosten für die Umlegung einer Straße zwecks Geschäftsausweitung §§ 1, 11, 12 Abs 1 UStG 1994 VwGH 16. 12. 2009, 2007/15/0176 (UFS v 30. 5. 2007) Geschäftsausweitung; Vorsteuerabzug; Aufwendungen des Unternehmers für die Verlegung einer Straße; Parkdeck; Umsatzsteuer
2010/97
Zu den Leistungen im Rahmen des Unternehmens gehören nicht nur die Leistungen, die den eigentlichen Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit ausmachen (Grundgeschäfte), sondern auch Hilfs- und Nebengeschäfte. Steht die Umlegung der Straße ausschließlich im betrieblichen Interesse des Unternehmens, das nur dann seinen Geschäftsbetrieb ausweiten und ein dafür notwendiges Parkdeck errichten konnte, wofür allerdings nach der getroffenen Vereinbarung mit der Gemeinde die Tragung der Kosten für die Umlegung der Straße die Voraussetzung war, sind die damit verbundenen Aufwendungen dem Unternehmen zuzuordnen, sodass der Vorsteuerabzug zusteht. Die Mitbeteiligte betreibt ein Einkaufszentrum. Im Hinblick auf die von ihr beabsichtigte umfangreiche Erweiterung der Geschäftsfläche bestand aufgrund der Abstellflächenverordnung des Landes (OÖ) die Notwendigkeit, ein Parkdeck zu errichten. Von mehreren möglichen Bauvarianten hiefür wurde letztlich die verwirklicht, nach welcher die Straße umgelegt werden musste. Zu diesem Zwecke tauschte die Mitbeteiligte verschiedene Grundstücke gegen Grundstücke der Gemeinde.
266 immolex 2010
Weiters verpflichtete sich die Mitbeteiligte, an die Gemeinde einen Infrastrukturbeitrag zu leisten sowie die baulichen Maßnahmen zur Umlegung der Straße inkl aller dafür notwendigen Wiederherstellungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Mitbeteiligte ließ auf den Liegenschaften der Gemeinde die Straße neu errichten. Die ihr für die Errichtung der Straße in Rechnung gestellten Umsatzsteuern zog sie als Vorsteuer ab. Das beschwerdeführende Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, weil die Asphaltdecke wie auch die gesamte Straßenbefestigung als unselbständige Bestandteile zum Grundstück gehörten und Umsätze von Grundstücken iSd § 2 GrEStG 1987 unecht von der USt befreit seien. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die bel Beh der Berufung der Mitbeteiligten Folge. In der Begründung des angefochtenen Bescheids führte sie nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, unstrittig sei die Verlegung der Straße im ausschließlichen unternehmerischen Interesse der Mitbeteiligten erfolgt. … Unstrittig sei, dass die Mitbeteiligte besteuerte Umsätze tätige. Da die Straßenverlegung Voraussetzung dafür gewesen sei, dass das Parkdeck, welches unstrittig der Aus-
ABGABENRECHT
führung der genannten Umsätze diene, habe errichtet werden können, diene auch die Straßenverlegung der Ausführung besteuerter Umsätze. … Der Vorsteuerabzug stehe daher zu, weshalb der Berufung stattzugeben gewesen sei. Der VwGH wies die gem § 292 BAO erhobene Beschwerde des Finanzamts als unbegründet ab.
Aus den Entscheidungsgründen: Der Unternehmer kann die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen (§ 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994). Leistungen von Unternehmern sind nur steuerbar, wenn sie im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt werden, dh wenn sie der unternehmerischen Sphäre zugerechnet werden können. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Zu den Leistungen im Rahmen des Unternehmens gehören somit nicht nur die Leistungen, die den eigentlichen Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit ausmachen (Grundgeschäfte), sondern auch Hilfsgeschäfte und Nebengeschäfte. Hilfsgeschäfte sind Geschäfte, die nicht zu den Grundgeschäften gehören, die aber in ihrem Gefolge vorkommen und diese ermöglichen (vgl Ruppe, UStG3 § 1 Tz 290). Nach der Vereinbarung zwischen der Mitbeteiligten und der Gemeinde war die Mitbeteiligte berechtigt und verpflichtet, die baulichen Maßnahmen zur Umlegung der Straße laut Projekt Dr. X inkl aller dafür notwendigen Wiederherstellungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen. Entgegen der Beschwerdeauffassung hat die Mitbeteiligte nicht eine Straße neu errichtet, wozu die Gemeinde verpflichtet gewesen wäre. Mangels gegenteiligem Vorbringen ist davon auszugehen, dass die vorhandene Straße den öffentlichen Anforderungen genügte. Die Gemeinde hatte damit keinen Grund, die Straße zu verlegen oder eine neue zu errichten. Die Umlegung der Straße stand ausschließlich im
betrieblichen Interesse der Mitbeteiligten, die nur dann ihren Geschäftsbetrieb ausweiten und ein dafür notwendiges Parkdeck errichten konnte. Voraussetzung der Ausweitung des Geschäftsumfangs war allerdings nach der beschriebenen Vereinbarung die Tragung der Kosten für die Umlegung der gegenständlichen Straße. Diese Aufwendungen sind auch nach Auffassung des VwGH dem Unternehmen der Mitbeteiligten zuzuordnen. Der Umstand, dass die Straße nach Umlegung – wie bereits die vorherige Straße – für den allgemeinen öffentlichen Verkehr freigegeben wurde, ändert daran nichts. Durch die Übernahme der Kosten für die Umlegung der Straße hat die Mitbeteiligte nicht von der Gemeinde zu tragende Kosten übernommen. Für die Gemeinde bestand kein Anlass für eine Umlegung der Straße. Grund für die Umlegung der Straße war die Geschäftsausweitung der mitbeteiligten Partei. Die mit der Umlegung der Straße verbundenen Aufwendungen hat die bel Beh zutreffend dem Unternehmen der Mitbeteiligten zugeordnet.
Anmerkung: Für die Errichtung eines Parkdecks eines Einkaufszentrums wurden Grundstücke getauscht und eine Straße neu errichtet, wenngleich die Straße der Gemeinde zugehörig war. Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Vorsteuerabzug nicht gerechtfertigt wäre, wie wohl die Verlegung der Straße im ausschließlichen unternehmerischen Interesse der Beteiligten erfolgte. Auch wenn die Finanzverwaltung vermeint, dass ein Umsatz im Zusammenhang mit dem Grundstückstausch gegeben wäre, wäre die Abzugsfähigkeit der Vorsteuern jedenfalls zu gewähren. Dies unter Hinweis auf § 6 Abs 2 UStG, da ein unecht steuerbefreiter Grundstücksumsatz auch umsatzsteuerpflichtig behandelt werden kann. Die restriktive Denkweise des zuständigen Finanzamts ist absolut unverständlich. Walter Stingl Ing. Mag. Walter Stingl ist StB, Wirtschafts- und Immobilientreuhänder in Wien.
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FORUM IMMOBILIENTREUHÄNDER
Thermische Sanierung im Wohnungseigentumsrecht § 28 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 MRG Thermische Sanierung; ordentliche Verwaltung; Erhaltung; dynamischer Erhaltungsbegriff; energiesparende Maßnahmen; außerordentliche Verwaltung; Verbesserung
CRISTOPH KOTHBAUER
Bezüglich thermisch-energetischer Sanierungen im Wohnungseigentum stellt sich für den Verwalter vor allem die Frage, ob die beabsichtigten Maßnahmen als Erhaltung dem Bereich der ordentlichen Verwaltung oder aber als Verbesserung der außerordentlichen Verwaltung zuzurechnen sind, zumal davon die für die Willensbildung maßgeblichen Bestimmungen abhängig sind.1)
Vorausschau, Anbotseinholung Egal, ob es sich bei den Sanierungsmaßnahmen um „über die laufende Instandhaltung hinausgehende Erhaltungsarbeiten“ oder aber um größere „Verbesserungsarbeiten“ handelt, sind sie gem § 20 Abs 2 WEG jedenfalls in die jährliche Vorausschau aufzunehmen und müssen für sie gem § 20 Abs 4 WEG mindestens drei Angebote eingeholt werden. Die Pflicht zur Aufnahme in die Vorausschau und zur Anbotseinholung entfiele nur bei Gefahr im Verzug, wovon bei thermischen Sanierungsprojekten regelmäßig nicht ausgegangen werden kann. Dynamische Erhaltung Vielfach wird die thermisch-energetische Sanierung schon deshalb dem Bereich der ordentlichen Verwaltung iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG zugeordnet werden können, weil die Sanierung im Lichte des von der Judikatur geprägten „dynamischen“ („elastischen“) Erhaltungsbegriffs schon ganz allgemein als Erhaltung iSd § 3 MRG (auf welche Bestimmung § 28 Abs 1 Z 1 WEG verweist) zu qualifizieren ist. Dies nämlich dann, wenn der Sanierung eine mangelhafte Gebäudesubstanz oder mangelhafte Gebäudeanlagen zugrunde liegen. Nach dem „dynamischen“ Verständnis des Erhaltungsbegriffs in der Rsp gehören zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen noch zur Erhaltung, auch wenn es sich um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands handelt oder es dabei zu einer vollständigen Erneuerung kommt und dabei sogar Veränderungen vorgenommen werden.2) Neben anderen Kriterien, wie etwa dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit, müssen für die Zuordnung zur Erhaltung aber doch in der Regel eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit, ein bestehender Mangel oder doch zumindest eine Schadensgeneigtheit vorliegen, um überhaupt noch von Erhaltung sprechen zu können.3) Energiesparende Maßnahmen Aber auch wenn die Gebäudesubstanz und die Gebäudeanlagen vor der Sanierung nicht unmittelbar reparaturbedürftig sind, kann bei einer thermischen Sanierung vielfach von einer Erhaltungsmaßnahme ausgegangen werden. Zur „Erhaltung […] im Sinne des § 3 MRG“ gehört schließlich gem § 3 Abs 2 Z 5 MRG auch „die Installation von technisch geeigneten
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Gemeinschaftseinrichtungen zur Senkung des Energieverbrauchs oder die der Senkung des Energieverbrauchs sonst dienenden Ausgestaltungen des Hauses […]“. Und eben auf diese Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 5 MRG stützt sich die Rsp (zumindest auch), wenn sie vermeint, zur Senkung des Energieverbrauchs führende Maßnahmen wie die Aufbringung eines äußeren Fassadenvollwärmeschutzes und der Einbau neuer Fenster seien kraft Gesetzes als das gesamte Haus betreffende Erhaltungsarbeiten zu qualifizieren.4) § 3 Abs 2 Z 5 MRG sieht für die Qualifikation einer energetischen Maßnahme als Erhaltung indes als zwingende Voraussetzung vor, dass die „hiefür erforderlichen Kosten in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zum allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses und den zu erwartenden Einsparungen stehen“.5) , 6) Die Bedachtnahme auf den Erhaltungszustand und den zu erwartenden Einsparungseffekt wird wohl oft kein wirkliches Hindernis darstellen, um eine thermische Sanierung der Erhaltung zuordnen zu können (denn vernünftigerweise werden die Sanierungen ja ohnehin nur dann in Angriff genommen, wenn damit eine signifikante Einsparung erwartet werden kann). Dessen ungeachtet ergibt sich aber aus der zugrunde liegenden Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 5 MRG doch eine nicht völlig zu ignorierende Relativierung in der Qualifikation einer thermischen Sanierung als Erhaltungsmaßnahme: Je geringer der zu erwartende Einsparungseffekt ist, umso eher wird die Maßnahme (die mangels Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionsbeeinträchtigung des ursprünglichen Gebäudezustands auch nicht iS des „dynamischen“ Erhaltungsbegriffs als Erhaltung qualifiziert werden kann) als Verbesserung anzusehen (und im Wohnungseigentum daher der außerordentlichen Verwaltung zuzuordnen) sein. FH-Doz. Mag. Christoph Kothbauer ist leitender Jurist der online hausverwaltung & immobilientreuhand gmbh in Wien. Kontakt: c.kothbauer@onlinehausverwaltung.at 1) Siehe zu den für einerseits ordentliche Verwaltung und andererseits wichtige Veränderungen (als Teilbereich der außerordentlichen Verwaltung) unterschiedlichen Regeln hinsichtlich Anfechtbarkeit und Vollziehbarkeit der Beschlüsse das „Forum Immobilientreuhänder“ immolex 2010, 228. 2) RIS-Justiz RS0114109. 3) RIS-Justiz RS0116998. 4) Siehe 5 Ob 64/00 y; 5 Ob 58/03 w; 5 Ob 255/03 s. 5) Grundsätzlich wird iS einer betriebswirtschaftlichen Kosten/Nutzenrechnung darauf abzustellen sein, ob sich die Investition innerhalb der verbleibenden Nutzungsdauer des Gebäudes amortisiert. 6) Dass es für die Qualifikation der energiesparenden Maßnahmen als Erhaltung (und daher ordentliche Verwaltung) im Gegensatz zu den zum „dynamischen“ Erhaltungsbegriff herausgearbeiteten Grundsätzen nicht auf die ursprüngliche Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionsbeeinträchtigung des Gebäudes oder dessen Anlagen ankommt, hat die Rsp zwar bislang noch nicht explizit ausgesprochen, doch lässt sich dieser Schluss aus systematischen Erwägungen ziehen und deuten auch einige Aussagen der Rsp in diese Richtung. Vgl hierzu Vonkilch, wobl 2010, 216 (Glosse zu 5 Ob 127/09 a).
Ein sicherer Beitrag zur verständlichen Mehrkostenaufstellung! 2. Auf lage 2010. 210 Seiten. Br. EUR 56,– ISBN 978-3-214-00547-4
Oberndorfer ∙ Dreier
Claim Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag Teil 2: Praktische Anwendung Dieses Werk demonstriert, wie komplizierte baubetriebliche Sachverhalte visualisiert werden können, um Mehrkostenforderungen nachvollziehbar zu machen, und zeigt anhand zahlreicher Beispiele, wie Dokumentation und rechnerische Ermittlung aufzubauen sind. Viele neue Beispiele zur korrekten Ermittlung der Mehrkosten aus bauwirtschaftlicher Sicht, zB zur Berechnung der Mehrkosten aus Behinderung, Risikoanalyse von Mehrkostenforderungen und Unzumutbarkeit der Erhöhung der Bewehrungsmengen. M ANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH tel + 43 1 531 61 100 fax + 43 1 531 61 455 bestellen@manz.at Kohlmarkt 16 ∙ 1014 Wien www.manz.at
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immolex – Fachzeitschrift für neues Miet- und Wohnrecht Medieninhaber und Verleger: Medieninhaber (Verleger) und Herausgeber: MANZ'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH. – Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und Zeitschriften. – Grundlegende Richtung: Veröffentlichung rechtswissenschaftlicher Abhandlungen und gerichtlicher Entscheidungen auf dem Gebiet des Miet- und Wohnrechts. – Verlagsadresse: A-1015 Wien, Johannesgasse 23 (verlag@manz.at). Geschäftsführung: Mag. Susanne Stein-Dichtl (Geschäftsführerin) sowie Prokurist Dr. Wolfgang Pichler (Verlagsleitung). Druck: MANZ CROSSMEDIA, 1051 Wien, Verlags- und Herstellungsort: Wien. Verlagsredaktion: Mag. Olga Kaser, MANZ'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, A-1015 Wien, Johannesgasse 23, Tel: (01) 531 61-348, E-Mail: olga.kaser@manz.at Manuskripte erbitten wir an die Adresse: Dr. Herbert Rainer, Rechtsanwalt, Theobaldgasse 19/4. Stock, 1060 Wien, E-Mail: herbert.rainer@real-law.at, Internet: www.real-law.at Sonstige Zuschriften erbitten wir an die Adresse: A-1015 Wien, Johannesgasse 23. Richtlinien zur formalen und inhaltlichen Gestaltung der Beiträge können beim Verlag angefordert werden. Wir bitten Sie, die Formatvorlagen zu verwenden (zum Download unter www.immolex.at) und sich an die im Auftrag des Österreichischen Juristentages herausgegebenen „Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtssprache und europarechtlicher Rechtsquellen (AZR)“, 6. Aufl. (Verlag MANZ, 2008), zu halten. Inserate: Heidrun Engel, Tel: (01) 531 61-310, Fax: (01) 531 61-181, E-Mail: heidrun.engel@manz.at Inserateverwaltung: MANZ'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, A-1015 Wien, Johannesgasse 23 (verlag@manz.at), Tel: (01) 531 61-100. Alle Rechte vorbehalten. immolex erscheint monatlich mit insgesamt 12 Heften im Jahr. Bezugsbedingungen: Der Bezugspreis für die Zeitschrift beträgt jährlich EUR 206,– inklusive Versandgebühren im Inland. Nicht rechtzeitig vor ihrem Ablauf abbestellte Abonnements gelten für ein weiteres Jahr erneuert. Abbestellungen sind schriftlich bis spätestens sechs Wochen vor Jahresende an den Verlag zu senden. Einzelheft EUR 22,50. Auslandspreise auf Anfrage. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in dieser Zeitschrift erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren, der Herausgeber sowie des Verlags ist ausgeschlossen. Urheberrechte: Mit der Einreichung seines Manuskriptes räumt der Autor dem Verlag für den Fall der Annahme das übertragbare, zeitlich und örtlich unbeschränkte ausschließliche Werknutzungsrecht (§ 24 UrhG) der Veröffentlichung in dieser Zeitschrift, einschließlich des Rechts der Vervielfältigung in jedem technischen Verfahren (Druck, Mikrofilme etc) und der Verbreitung (Verlagsrecht) sowie der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, einschließlich des Rechts der Vervielfältigung auf Datenträgern jeder Art (einschließlich CD-ROM), der Speicherung in und der Ausgabe durch Datenbanken, der Verbreitung von Vervielfältigungsstücken an die Benutzer, der Sendung (§ 17 UrhG) und sonstigen öffentlichen Wiedergabe (§ 18 UrhG) ein. Gemäß § 36 Abs 2 UrhG erlischt die Ausschließlichkeit des eingeräumten Verlagsrechts mit Ablauf des dem Erscheinen des Beitrags folgenden Kalenderjahres; dies gilt für die Verwertung durch Datenbanken nicht. Der Nachdruck von Entscheidungen – auch von Leitsätzen – ist daher mit ausdrücklicher schriftlicher Bewilligung des Verlages gestattet. Entscheidungen des OGH können im Volltext direkt unter folgender Adresse bezogen werden: Präsidium des OGH, Museumstraße 12, 1016 Wien. Erkenntnisse des VfGH und des VwGH (Anschrift: Judenplatz 11, 1010 Wien) können im Volltext direkt unter oben genannter Adresse bestellt werden.
Autoren dieses Heftes: Dr. Matthias Cerha, LL.M., RA, Wien/Mag. Mag. (FH) Alexander Edelhauser, LL.M., RA,Wien/Dr. Klaus Gossi, RA, Wien/Dipl.-Ing. Walter Hüttler, Gf e7 Energie Markt Analyse GmbH, Wien/Dr. Alexander Klein, LL.M., RA, Graz/Prof. Dr. Katharina Kohlmaier, CIS ImmoZert, Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H, Wien/FH-Doz. Mag. Christoph Kothbauer, Wien/MMag. Dr. Clemens Limberg, LL.M., RAA, Wien/Mag. (FH) Michael Metzler, Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H, Wien/Mag. Nicole Neugebauer-Herl, RA,Wien/Dr. Christian Prader, RA, Innsbruck/Dr. Herbert Rainer, RA, Wien/Mag. Karin Sammer, ÖVI, Wien/Ing. Mag. Walter Stingl, StB, Wirtschaftsund Immobilientreuhänder, Wien/Dr. Josef Unterweger, RA, Wien/DDr. Patrick Vergörer, RA, Innsbruck
NEU BEI MANZ:
Kletecka/Schauer (Hrsg)
ABGB-ON Kommentar Rainer
Wohnungseigentum, 4. Aufl Stabentheiner
Die Gerichtsgeb端hren, 9. Aufl
P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien, Erscheinungsort Wien
immolex 02Z032704N ISSN 1605-2536