OEJZ 2010 20 S5

Page 1

[ZIVILRECHT]

Neuerungen im Unternehmensinsolvenzrecht IRÄG 2010 Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 ist der größte Reformschritt seit längerer Zeit; es beseitigt die Doppelgleisigkeit zwischen Konkurs und Ausgleich und schafft ein einheitliches Insolvenzverfahren. Der damit bezweckten Erhöhung der Sanierungschancen dient auch die Schaffung eines Schutzschilds, insb eine Auflösungssperre bei Verträgen.

ÖJZ 2010/94

Von Franz Mohr

Sanierungsplan;

Inhaltsübersicht: A. Einleitung B. Sanierungsverfahren 1. Voraussetzungen für ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung 2. Voraussetzungen für ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung 3. Umbenennung in Konkursverfahren 4. Entziehung der Eigenverwaltung a) Entziehungsgründe b) Befristung der Eigenverwaltung c) Prüfung der Entziehungsgründe 5. Sonderbestimmungen für die Durchführung des Sanierungsverfahrens 6. Weitere Sonderbestimmungen bei Eigenverwaltung a) Allgemeines b) Gewöhnlicher Unternehmensbetrieb 7. Folgen der Entziehung der Eigenverwaltung und der Bezeichnungsänderung C. Verträge 1. Allgemeines 2. Vertragsauflösungssperre a) Allgemeines b) Grenzen der Auflösungssperre c) Arbeitsverträge d) Vertragsänderung 3. Räumungsexekution 4. Insolvenzspezifische Vertragsauflösung D. Zwangsstundung E. Absonderungsgläubiger F. Sanierungsplan 1. Allgemeines 2. Insolvenzgläubiger 3. Absonderungsgläubiger 4. Zustandekommen des Sanierungsplans G. Anfechtung H. Konkurseröffnungsverfahren I. Verwertung und Zahlungsplan J. Schlussbemerkung

A. Einleitung Zur Umsetzung des Regierungsübereinkommens der 24. GP, das von der Schaffung einer übersichtlichen ÖJZ [2010] 20

Verfahrensstruktur spricht, schaffte das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 20101) ein einheitliches Insolvenzverfahren, geregelt in der Insolvenzordnung (IO), wie nunmehr die KO heißt, und beseitigte die Doppelgleisigkeit zwischen Konkurs und Ausgleich. Die Ausgleichsordnung wurde aufgehoben. Trotz des einheitlichen Insolvenzverfahrens wird es nach wie vor das Konkursverfahren geben und daneben auch ein Sanierungsverfahren; beide Verfahren sind aber nur verschiedene Bezeichnungen des Insolvenzverfahrens, das der Überbegriff ist. Daher kann während eines Sanierungsverfahrens ein Konkursverfahren nicht eröffnet werden und auch nicht nach Konkurseröffnung ein Sanierungsverfahren (s § 167 Abs 2 IO). Grob gesagt ist das Vorliegen eines Sanierungsplans, wie der Zwangsausgleich seit dem IRÄG 2010 heißt, bei Eröffnung das Abgrenzungskriterium. Liegt ein Sanierungsplan bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor, so wird das Verfahren Sanierungsverfahren genannt, andernfalls Konkursverfahren. Bei der Bezeichnung Konkursverfahren bleibt es auch dann, wenn erst während des Verfahrens ein Sanierungsplan vorgelegt wird. Eine Umbenennung von Konkurs- auf Sanierungsverfahren kommt somit nicht in Betracht,2) von Sanierungsverfahren auf Konkursverfahren aber schon. Es wird aber nicht von Anschlusskonkurs gesprochen, wie dies bei einem Konkurs nach einem Ausgleichsverfahren der Fall war.

§§ 25 a, 166, 169 IO Sanierungsverfahren; Eigenverwaltung; Vertragsauflösungssperre; Absonderungsgläubiger

Im Sanierungsverfahren kann dem Schuldner die Eigenverwaltung zustehen. Der Schuldner behält die Eigenverwaltung aber nur dann, wenn die Voraussetzungen hiefür bei Eröffnung erfüllt sind. Die Eigenverwaltung kann dem Schuldner nach Eröffnung des Verfahrens nicht mehr eingeräumt werden, selbst wenn er die Voraussetzungen hiefür erfüllt. Die Eigenverwaltung kann jedoch während des Sanierungsverfahrens entzogen werden. Dies kann, muss aber nicht mit einer Um1) BGBl I 2010/39. 2) Mohr, Sanierungsplan und Sanierungsverfahren Rz 424; offenbar aA Feuchtinger, SWK 2010 W 34. § 167 Abs 4 IO sieht eine Berichtigung der Bezeichnung vor, insb dann, wenn das Verfahren irrtümlich falsch bezeichnet wurde. Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn das Insolvenzgericht den Sanierungsplanantrag als unzulässig zurückwies und deshalb das Verfahren als Konkursverfahren bezeichnete, der als unzulässig angesehene Sanierungsplan aufgrund eines Rekurses vom Rekursgericht aber als zulässig angesehen und die Entscheidung des Erstgerichts aufgehoben oder abgeändert wird (offenbar aA Übertsroider in Konecny, IRÄG 2010, 108; Konecny in Konecny, IRÄG 2010, 4 FN 15).

Ü Franz Mohr Ü Neuerungen im Unternehmensinsolvenzrecht

887


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.