ZEITSCHRIFT FÜR STEUER UND BERATUNG
AUGUST 2011
08 www.taxlex.at
Steuerrecht
Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis
277 – 316
Schriftleitung: Markus Achatz Sabine KirchmayrSchliesselberger Redaktion:
Top Thema
Wirtschaftliche Anknüpfung bei der Anteilsvereinigung im Sinne der Grunderwerbsteuer Unternehmenssteuerrecht/Umsatzsteuer
Zur USt-Pflicht von Sponsorengeldern für Sportler Betriebsprüfung in der Praxis zu tzung Fortse 11, 214 20 taxlex
Muster eines Auskunftsbescheids iSd § 118 BAO
Dietmar Aigner Gernot Aigner Nikolaus Arnold Heribert Bach Felix Blazina Andreas Damböck Tina Ehrke-Rabel Johann Fischerlehner Friedrich Fraberger Klaus Hirschler Sabine Kanduth-Kristen Georg Kofler Roman Leitner Roland Macho Andreas Sauer Niklas Schmidt Friedrich Schrenk Kurt Schweighart Stefan Steiger Gerhard Steiner Johannes Stipsits Gerald Toifl Marian Wakounig
Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis
Vereinbarung von Elternteilzeit Legislative WKO
Pflegefondsgesetz und Pflegegeldreformgesetz 2012
P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien, Erscheinungsort Wien
05 Z 036143 M ISSN 1813-4432
Helwig Aubauer Martina Rosenmayr Günter Steinlechner
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EDITORIAL
Vorsteuerabzug für Kosten einer Beteiligungsveräußerung SABINE KIRCHMAYR-SCHLIESSELBERGER / MARKUS ACHATZ
V
eräußert ein Unternehmer Gesellschaftsanteile, ist der Umsatz nach § 6 Abs 1 Z 8 lit g UStG unecht von der Umsatzsteuer befreit. Die unechte Steuerbefreiung ist mit dem Ausschluss des Vorsteuerabzugs verbunden. Für die Kosten, die anlässlich einer Beteiligungsveräußerung anfallen (Beratungsleistungen, Bewertungsgutachten etc), scheint danach der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Nach traditioneller Auffassung reicht bereits ein bloß mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit unecht befreiten Umsätzen aus, um den Vorsteuerabzug zu versagen (UStR Rz 1992). Die jüngere Rechtsprechung des EuGH stellt hingegen eine differenzierte Betrachtung an: Anteilsveräußerungen sind mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmens im Zusammenhang zu sehen. Stellt man auf den Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmens ab, richtet sich der Vorsteuerabzug grundsätzlich nach der wirtschaftlichen Tätigkeit des veräußernden Unternehmens und steht insoweit zu, als die wirtschaftliche Tätigkeit des veräußernden Unternehmers zu besteuerten Umsätzen führt (EuGH 29. 10. 2009, C-29/08, AB SKF). Der EuGH hat diese Sicht zu nichtsteuerbaren Unternehmensübertragungen entwickelt (EuGH 22. 2. 2001, C-408/ 98, Abbey National) und überträgt sie in der Rechtssache AB SKF auf die unecht befreite Anteilsveräußerung. Letzteres gebietet nach Auffassung des EuGH der Neutralitätsgrundsatz, zumal Art 19 MwSt-RL ein Mitgliedstaatenwahlrecht enthält, unecht befreite Anteilsveräußerungen als nicht steuerbare Unternehmensübertragungen zu qualifizieren. Ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs für die Kosten der Anteilsübertragung besteht nach Auffassung des EuGH nur dann, wenn die bezogenen Eingangsleistungen in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit dem unecht befreiten Umsatz stehen. Dies ist nach Auffassung des EuGH dann zu bejahen, wenn die Kosten in den Preis der veräußerten Anteile Eingang gefunden haben. Der BFH entschied allerdings jüngst, dass die anlässlich einer steuerfreien Anteilsveräußerung bezogene Beratungsleistung schon dann in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht (und damit zum gänzlichen Ausschluss des Vorsteuerabzugs führt), wenn der Veräußerer nach den objektiven Umständen die Leistung speziell für die Beteiligungsveräußerung bezogen hat (BFH 27. 1. 2011, VR
38/09). Abzustellen ist nach Auffassung des BFH auf die objektiv verfolgte Verwendungsabsicht: Dient die Leistung zur Beratung des Verkäufers bei der beabsichtigten Veräußerung, stehe der Vorsteuerabzug nicht zu, da die Beratung in einem solchen Fall zu den Kostenelementen der Anteilsübertragung rechnet. Während der EuGH darauf abstellt, ob die Kosten in den Preis der veräußerten Anteile Eingang finden, lässt der BFH einen objektiven Zusammenhang der Beratungsleistung mit der Anteilsübertragung genügen. Das Urteil des BFH steht in einem offenkundigen Spannungsverhältnis zur Rechtsprechung des EuGH: Folgt man der Auffassung des BFH, ist der Vorsteuerabzug wohl in jedem Fall zu versagen. Ein solches Ergebnis widerspricht aber der Sichtweise des EuGH, der primär auf die wirtschaftliche Gesamttätigkeit des Unternehmens abstellt und einen gänzlichen Ausschluss des Vorsteuerabzugs mit dem Neutralitätsgrundsatz nur dann für vereinbar hält, wenn die Kosten tatsächlich in den Preis der veräußerten Anteile Eingang gefunden haben sollten. Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug setzt offensichtlich voraus, dass die Kosten tatsächlich dem Erwerber weiterverrechnet werden und soll damit nur im Ausnahmefall eintreten. Eine restriktive Auslegung des Vorsteuerausschlusses ist auch aus teleologischen Gründen geboten: Die unechte Befreiung der Anteilsveräußerung berücksichtigte schon im System der Brutto-Allphasen-Umsatzsteuer, dass mit Anteilsveräußerungen kein Letztverbrauch verbunden ist. Im System einer Netto-Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug führt allerdings der Ausschluss vom Vorsteuerabzug zu einer systemwidrigen Belastung in der Unternehmerkette. Diese Systemwidrigkeit tritt dann nicht ein, wenn man beachtet, dass die Anteilsveräußerung in die wirtschaftliche Gesamttätigkeit des Unternehmens eingebunden ist und daher die Kosten einer Anteilsveräußerung primär mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmens im Zusammenhang stehen. Dementsprechend wendet etwa die Finanzverwaltung zutreffend den Vorsteuerausschluss für die Gründung von Gesellschaften, die Aufnahme neuer Gesellschafter (Kapitalerhöhung) oder auch den Börsegang von Unternehmen nicht an (UStR Rz 1992). In der Regel berechtigt daher auch die unecht befreite Veräußerung von Gesellschaftsanteilen zum Vorsteuerabzug.
taxlex 2011
277
INHALT ZEITSCHRIFT FÜR STEUER UND BERATUNG
AUGUST 2011
08 www.taxlex.at
Steuerrecht
Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis
277 – 316
Schriftleitung: Markus Achatz Sabine KirchmayrSchliesselberger Redaktion:
Top Thema
Wirtschaftliche Anknüpfung bei der Anteilsvereinigung im Sinne der Grunderwerbsteuer Unternehmenssteuerrecht/Umsatzsteuer
Zur USt-Pflicht von Sponsorengeldern für Sportler Betriebsprüfung in der Praxis ung zu Fortsetz , 214 2011 taxlex
FACHZEITSCHRIFT FÜR STEUERRECHT, SOZIALVERSICHERUNGS- UND ARBEITSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 7. JG, Heft 08, August 2011
Muster eines Auskunftsbescheids iSd § 118 BAO
Dietmar Aigner Gernot Aigner Nikolaus Arnold Heribert Bach Felix Blazina Andreas Damböck Tina Ehrke-Rabel Johann Fischerlehner Friedrich Fraberger Klaus Hirschler Sabine Kanduth-Kristen Georg Kofler Roman Leitner Roland Macho Andreas Sauer Niklas Schmidt Friedrich Schrenk Kurt Schweighart Stefan Steiger Gerhard Steiner Johannes Stipsits Gerald Toifl Marian Wakounig
Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis
Vereinbarung von Elternteilzeit
Helwig Aubauer Martina Rosenmayr Günter Steinlechner
Legislative WKO
Pflegefondsgesetz und Pflegegeldreformgesetz 2012
P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien, Erscheinungsort Wien
Zitiervorschlag: taxlex 2011, Seite Entscheidungen: taxlex 2011/ Entscheidungen, Seite HERAUSGEBER: Manz’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH
05 Z 036143 M ISSN 1813-4432
SCHRIFTLEITUNG: Univ.-Prof. Dr. Markus ACHATZ, StB Univ.-Prof. Dr. Sabine KIRCHMAYR-SCHLIESSELBERGER, StB REDAKTIONSTEAM: Univ.-Prof. Dr. Sabine KANDUTH-KRISTEN, LL. M., StB Johannes Peter STIPSITS Priv.-Doz. Dr. Dietmar AIGNER Univ.-Ass. Dr. Gernot AIGNER, StB Univ.-Prof. Dr. Klaus HIRSCHLER, StB Dr. Felix BLAZINA Mag. Roland MACHO DDr. Marian WAKOUNIG Univ.-Prof. DDr. Georg KOFLER, LL. M. (NYU) Dr. Nikolaus ARNOLD, RA
Dr. Andreas DAMBÖCK, StB, WP Mag. Andreas SAUER, StB, WP Mag. Heribert BACH, StB, WP Mag. Kurt SCHWEIGHART, StB, WP Dr. Gerald TOIFL, RA, StB Gerhard STEINER Mag. Johann FISCHERLEHNER Univ.-Prof. Dr. Tina EHRKE-RABEL Univ.-Prof. Dr. Friedrich FRABERGER, LL. M., StB Hon.-Prof. Dr. Roman LEITNER, StB, WP MMag. Dr. Niklas SCHMIDT, RA, StB Dr. Stefan STEIGER, StB Mag. Friedrich SCHRENK WKO: MMag. Dr. Helwig AUBAUER Dr. Martina ROSENMAYR Dr. Günter STEINLECHNER
EDITORIAL Vorsteuerabzug für Kosten einer Beteiligungsveräußerung
277
Impressum
U3
STEUERKALENDER September 2011
280
UNTERNEHMENSSTEUERRECHT ERTRAGSTEUERN Wirtschaftliche Anknüpfung bei der Anteilsvereinigung im Sinne der Grunderwerbsteuer Der VwGH bestätigte jüngst die Anwendung des Missbrauchstatbestands (§ 22 BAO) bei einer Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs 3 GrEStG.
281
Maria Allgäuer / Alexandra Wild
Indexzertifikate: Besteuerung nach dem BBG 2011 iVm AbgÄG 2011 Die Regeln für die Besteuerung von Indexzertifikaten wurden in den vergangenen Jahren vom Gesetzgeber mehrmals geändert, zuletzt durch das BBG 2011 und das AbgÄG 2011. Der Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle ertragsteuerliche Behandlung von Indexzertifikaten aus der Sicht von privaten Anlegern.
285
Josef Aichwalder
UMSATZSTEUER Zur USt-Pflicht von Sponsorengeldern für Sportler Werbeleistungen von Sportlern für österreichische Unternehmer unterliegen in Österreich der Umsatzsteuer, auch wenn diese im Ausland erbracht werden.
290
Marlene Truschnegg
BETRIEBSPRÜFUNG IN DER PRAXIS Muster eines Auskunftsbescheids iSd § 118 BAO In taxlex 2011, 214 (217) wurde anhand einer Case Study aufgezeigt, wie ein Musterantrag für die Erlangung eines Auskunftsbescheids konzipiert sein könnte. Aufbauend auf diesem Musterantrag zeigt dieser Beitrag, wie eine mögliche Erledigung („Musterbescheid“ iSd § 118 BAO) durch das zuständige Finanzamt aussehen könnte. Weiters findet der Praktiker Tipps bzw Hinweise, welche iVm einem beabsichtigten Antrag iSd § 118 BAO nützlich sein könnten.
291
Gerhard Steiner
EUROPA & STEUERN EU Tax Update – August 2011
295
Hannes Gurtner / Ines Hofbauer-Steffel / Georg Kofler
STEUER-RADAR Steuer-Radar 278
taxlex 2011
Christian Huber / Peter Pichler
301
INHALT
VERFAHRENSRECHT & BAO 303
Verfahrensrechtliche Entscheidungen des UFS Johann Fischerlehner
SOZIALVERSICHERUNGSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 307
Ärzte-GmbH und Sozialversicherung
Mit dem BGBl I 2010/61 wurde ua das Ärztegesetz geändert und für Ärzte und Angehörige des zahnärztlichen Berufs die Möglichkeit geschaffen, eine Gruppenpraxis auch in der Rechtsform der GmbH zu eröffnen. Stefan Steiger
ARBEITSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS Vereinbarung von Elternteilzeit
Die Unterschiede zwischen Elternteilzeit iSd MSchG und „normaler“ Teilzeit nach dem AZG sind massiv, da nur für die Elternteilzeit besondere Kündigungsschutzbestimmungen gelten. Umso bedeutsamer ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Teilzeitvereinbarung als Elternteilzeit zu qualifizieren ist. Nach einer OGH-Entscheidung muss nicht explizit auf die Beantragung bzw Vereinbarung von Elternteilzeit hingewiesen werden.
309
Andreas Gerhartl
LEGISLATIVE WKO 311
Pflegefondsgesetz und Pflegegeldreformgesetz 2012
Das vor der Sommerpause im Nationalrat beschlossene Pflegepaket besteht aus zwei Teilen: Einerseits wird ein Pflegefonds eingerichtet, der bis 2014 mit insgesamt 685 Millionen Euro dotiert wird. Mit Zweckzuschüssen aus dem Fonds unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden im Bereich der Langzeitpflege. Eine von der Statistik Österreich einzurichtende Datenbank soll einen Überblick über die in Österreich gewährten Pflegeleistungen ermöglichen. Andererseits ist eine Verwaltungsreform vorgesehen – die Abwicklung des Landespflegegelds wird mit 1. 1. 2012 vom Bund übernommen. Helwig Aubauer / Martina Rosenmayr
INFOCENTER WKO 313
Finanzierung der Wirtschaftskammern
In diesem Beitrag sollen die jüngst zu den Kammerumlagen ergangenen Erkenntnisse des VwGH kurz zusammengefasst werden. Sie sollen auch zum Anlass genommen werden, die Finanzierung der Wirtschaftskammern im Überblick darzustellen. Barbara Postl
KURZ UND BÜNDIG Das Wesentliche auf einen Blick
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316
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taxlex 2011
279
STEUERKALENDER
Steuerkalender September 2011 Fälligkeit
280
taxlex 2011
Abgabenart/Antrag/Erklärung
Zeitraum
15. 9. 2011
Umsatzsteuer Vorauszahlung
Juli 2011
15. 9. 2011
Lohnsteuer
August 2011
15. 9. 2011
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen
August 2011
15. 9. 2011
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
August 2011
15. 9. 2011
Kommunalsteuer
August 2011
15. 9. 2011
U-Bahn-Steuer für Wien
August 2011
15. 9. 2011
Sozialversicherung für Dienstnehmer
August 2011
15. 9. 2011
Sozialversicherung für Selbständige
15. 9. 2011
Abfuhr der Abzugsteuer gem § 99 EStG für beschränkt Steuerpflichtige bzw Einholung einer zeitnahen Ansässigkeitsbescheinigung, sofern im DBA eine Entlastung von der Quellensteuer vorgesehen ist.
15. 9. 2011
Elektrizitäts-, Erdgas- und Kohleabgabe
Juli 2011
15. 9. 2011
Kapitalertragsteuer gem § 93 Abs 3 iVm § 96 Abs 1 Z 3 EStG
Juli 2011
15. 9. 2011
Normverbrauchsabgabe
Juli 2011
15. 9. 2011
Werbeabgabe
Juli 2011
15. 9. 2011
Mietvertragsgebühr
Juli 2011
15. 9. 2011
Darlehensgebühr
Juli 2011
15. 9. 2011
Versicherungssteuer
Juli 2011
15. 9. 2011
Erklärung Tourismusbeitrag für Steiermark
25. 9. 2011
Mineralölsteuer
August 2011
30. 9. 2011
Zusammenfassende Meldung für innergemeinschaftliche Warenlieferungen und für bestimmte Dienstleistungen – sowohl Einreichung in Papierform als auch elektronische Einreichung
August 2011
30. 9. 2011
Anzahlung für Einkommen- und Körperschaftsteuernachzahlung 2010 zur Vermeidung von Anspruchszinsen
2010
30. 9. 2011
Antrag auf Herabsetzung der laufenden Einkommen- bzw Körperschaftsteuervorauszahlungen
2011
30. 9. 2011
Arbeitnehmerveranlagung – verpflichtende Einreichung
2010
30. 9. 2011
Anmeldung der Umgründung zum Firmenbuch und Finanzamt
30. 9. 2011
Zahlung Tourismusbeitrag für Steiermark
2010
30. 9. 2011
Erklärung Tourismusbeitrag für Oberösterreich
2010
3. Quartal 2011 August 2011
2010
Umgründungsstichtag 31. 12. 2010
vor Arbeitsantritt
Anmeldung neuer Dienstnehmer bei der Gebietskrankenkasse
–
binnen 6 Wochen nach Arbeitsantritt
Antrag auf Förderung für die Einstellung des ersten Mitarbeiters bei Ein-Personen-Unternehmen
–
STEUERKALENDER
Fälligkeit
Abgabenart/Antrag/Erklärung
Zeitraum
spätestens 3 Monate nach Ende des jeweiligen Lehrjahres
Antrag auf Basisförderung für Lehrlinge, deren Eintrittsdatum nach dem 27. 6. 2008 liegt
–
binnen 3 Monaten ab Erwerb
Anzeige gem § 121 a BAO – Schenkungsmeldegesetz 2008
–
Wirtschaftliche Anknüpfung bei der Anteilsvereinigung im Sinne der Grunderwerbsteuer
UNTERNEHMENSSTEUERRECHT/ ERTRAGSTEUERN
Der VwGH bestätigte jüngst die Anwendung des Missbrauchstatbestands (§ 22 BAO) bei einer Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs 3 GrEStG.
§ 22 BAO; § 1 Abs 3 GrESt
MARIA ALLGÄUER / ALEXANDRA WILD
A. Aktuelle Judikatur Vor wenigen Wochen bestätigte der VwGH1) in Sachen Anteilsvereinigung bei der Grunderwerbsteuer einen richtungsweisenden Bescheid des UFSI,2) der einen Missbrauch iSd § 22 BAO bei einem Anteilserwerb iZm § 1 Abs 3 GrEStG angenommen hat. Nach § 1 Abs 3 GrEStG unterliegt „ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand von Unternehmen im Sinne des § 2 Abs 23) des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden [. . .]“ der Grunderwerbsteuer, sofern zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück zählt. Der der VwGH-Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt betrifft die „Abtretung von 99% der Geschäftsanteile unter gleichzeitiger Übertragung des verbliebenen Geschäftsanteils von 1% ins wirtschaftliche Eigentum verbunden mit dem Abschluss einer diesbezüglichen Treuhandsvereinbarung“.4) Der VwGH geht in seinem Erkenntnis von der zivilrechtlichen Anknüpfung der GrESt bei der Anteilsvereinigung aus: „In der Hand des Erwerbers befinden sich die Anteile nur dann, wenn er selbst Eigentum an diesen Anteilen erworben hat [. . .].“ 5) Der VwGH schließt aber einen Missbrauch iSd § 22 BAO nicht aus. Ob ein solcher allerdings vorliegt, sei eine Tatsachenannahme und daher von der zuständigen Behörde in freier Beweiswürdigung zu lösen. Da die Beweiswürdigung in diesem Fall der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen sei, war die Beschwerde abzuweisen. Bereits die Literaturbeiträge zur UFSI-Entscheidung reflektieren die Anwendung des Missbrauchstatbestands.6) Ein solcher soll bei treuhändig gehaltenen Anteilen nicht vorliegen, weil eine Treuhandvereinbarung nicht als „Kette von Rechtshandlungen“
von der zivilrechtlichen zur wirtschaftlichen Anknüpfung
gesehen wird und daher keinen Missbrauch begründen könne.7) Des Weiteren wird der Fall als „ausgerisMMag. Maria Allgäuer und Mag. Alexandra Wild sind Assistentinnen am Institut für Finanzrecht an der Universität Wien. 1) VwGH 5. 4. 2011, 2010/16/0168. 2) UFS 25. 6. 2010, RV/0226-I/09. Der UFS stellte bei der Anknüpfung der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG auf eine zivilrechtliche Vereinigung aller Anteile ab. Im vorliegenden Fall nahm er mangels Vorliegens beachtlicher außersteuerlicher Gründe Missbrauch an. 3) § 2 Abs 2 UStG: „Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt, 1. soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen derart eingegliedert sind, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen, verpflichtet sind; 2. wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat. Eine juristische Person ist dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, daß sie keinen eigenen Willen hat (Organschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist. Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als Unternehmer.“ 4) VwGH 5. 4. 2011, 2010/16/0168. 5) VwGH 5. 4. 2011, 2010/16/0168. 6) Kofler, Grunderwerbsteuer: Missbräuchliche Treuhandgestaltung bei „99%-Anteilsvereinigung“, GES 2010, 240; Kotschnigg, Vermeidung einer Anteilsvereinigung durch Zurückbehaltung eines Treuhandanteils als Missbrauch? SWK 2011 S 455; Marschner, Grunderwerbsteuer: Missbrauch bei Anteilsvereinigung, FJ 2010, 329; Petritz, Vermeidung von Grunderwerbsteuer: Lösungen für die Praxis, SWK 2010 S 1032; Zehetner/Zehetner, Grunderwerbsteuer: GrESt-Vermeidung durch Einschalten eines Treuhänders als Missbrauch, GBU 2010/ 10/09; zusammenfassend zum VwGH-Erk: Kofler/Lehner, Anteilsvereinigung nach § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG; Zurückbehaltung eines „Zwerganteils“ als Missbrauch, GES 2011, 248. 7) Marschner, Grunderwerbsteuer: Missbrauch bei Anteilsvereinigung, FJ 2010, 329; Kofler, Grunderwerbsteuer: Missbräuchliche Treuhandgestaltung bei „99%-Anteilsvereinigung“, GES 2010, 240.
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281
UNTERNEHMENSSTEUERRECHT/ ERTRAGSTEUERN
282
taxlex 2011
sen“ bzw „außergewöhnlich“ betrachtet und soll somit keine Indizwirkung für andere Sachverhalte entfalten.8) Taucher hält zudem die Auffassung für vertretbar, „dass durch den ,Abtretungs- und Treuhandvertrag‘ der Sohn zumindest in einer juristischen Sekunde zivilrechtlich Alleineigentümer geworden ist [. . .].“9)
an ihn fordern könnte.“ Beginnend mit diesem Judikat wird in Österreich die „rechtliche Betrachtungsweise“ kaum mehr in Frage gestellt.23) Auch in Deutschland wird der Tatbestand der Anteilsvereinigung zivilrechtlich verstanden.24)
B. Bisherige Judikatur und Meinungsstand
1. Zivilrechtliche vs wirtschaftliche Betrachtung
Im Erk v 16. 3. 196410) ging der VwGH von einem wirtschaftlichen Verständnis der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs 3 GrEStG aus. Nach Auffassung des VwGH löst eine wirtschaftliche Vereinigung aller Anteile eine Steuerpflicht gem § 1 Abs 3 GrEStG aus, weil „jemand durchaus nicht alle Anteile an einer Gesellschaft erwerben muß, um Herr über das betreffende Unternehmen zu werden.“ 11) Es sei „unvertretbar, eine solche [wirtschaftliche, Anm] Vereinigung [. . .] grunderwerbsteuerfrei zu lassen [. . .]“.12) Unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise verstand der VwGH hier sogar die Vereinigung von nur 95% der Anteile an einer Gesellschaft.13) Das „Nicht-Halten“ wirtschaftlich bedeutungsloser Zwerganteile verhindere somit die Erfüllung des Tatbestands des § 1 Abs 3 GrEStG nicht. Liege ein solcher Zwerganteil nicht vor, komme grundsätzlich die Anwendung des § 22 BAO (Missbrauch) in Betracht.14) Eine andere Auffassung vertrat Gassner.15) § 1 Abs 3 GrEStG knüpfe an Vorgänge des Rechtsverkehrs an und dementsprechend seien seine Tatbestandsmerkmale zivilrechtlich auszulegen. Daher könne ein „wirtschaftlicher Erwerb“ keine Steuerpflicht bewirken.16) Zudem sei die „Ausdehnung des Erwerberkreises“ bedenklich, weil „das GrEStG selbst den Kreis der Erwerber auf die durchaus ähnlich gelagerten Fälle der Konzernunternehmen ausdehne“ und somit den Personenkreis des § 1 Abs 3 GrEStG präzise umschreibe und dementsprechend eine „analoge Anwendung [des GrEStG] auf andere Personenkreise“17) ausschließe.18) Hinsichtlich der Zwerganteile meint Gassner, dass das Wort „alle“ einen klaren und eindeutigen Inhalt habe und somit nicht „fast alle“ Anteile bedeuten könne.19) Seit dem Erk v 14. 6. 198420) vertritt nun auch der VwGH eine primär zivilrechtliche Anknüpfung, welche er mit einer im Vergleich zur Vorjudikatur geänderten Rechtslage begründet. Denn der VfGH hat mit dem Erk v 27. 6. 1964,21) die den Worten „in der Hand des Erwerbers allein“ folgenden Worte „oder in der Hand des Erwerbers und seines Ehegatten oder seiner Kinder“ als verfassungswidrig aufgehoben.22) Durch das Ausscheiden der betreffenden Worte aus dem Rechtsbestand kann – nach Auffassung des VwGH im Erk v 27. 6. 1964 – die Bestimmung des § 1 Abs 3 GrEStG nun nicht mehr in einem wirtschaftlichen Sinne verstanden werden. Der VwGH stellt zudem klar, dass die Worte „in der Hand“ strikt auszulegen seien. Die Anteile befänden sich nur dann „in der Hand des Erwerbers“, „wenn er selbst Eigentum an diesen Anteilen hat, nicht aber bereits dann, wenn er auf Grund welcher Rechtsbeziehungen immer auf diese Anteile [. . .] ,greifen‘, dh, allenfalls deren Übertragung
Die Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrssteuer indiziert eine zivilrechtliche Betrachtungsweise. Unstrittig ist allerdings, dass auch bei Rechtsverkehrssteuern eine wirtschaftliche Betrachtungsweise Anwendung finden kann.25) Deswegen müssen die Tatbestandsmerkmale einzeln darauf untersucht werden, ob sie wirtschaftlich oder zivilrechtlich auszulegen sind:26)
C. Auslegung des § 1 Abs 3 GrEStG
2. Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung [. . .] begründet § 1 Abs 3 GrEStG stellt auf ein „Rechtsgeschäft“ ab, das einen „Anspruch auf Übertragung“ begründet. 8) Zehetner/Zehetner, Grunderwerbsteuer: GrESt-Vermeidung durch Einschalten eines Treuhänders als Missbrauch, GBU 2010/10/09; Petritz, Vermeidung von Grunderwerbsteuer: Lösungen für die Praxis, SWK 2010 S 1032. 9) Taucher, Abgabenrechtliche Judikatur des UFS, VwGH, VfGH und EuGH (VIII/09-IX/10), NZ 2011/18. 10) VwGH 16. 3. 1964, 2085/63. 11) VwGH 16. 3. 1964, 2085/63. 12) VwGH 16. 3. 1964, 2085/63. 13) Der deutsche Gesetzgeber hat durch das StEntlG 1999 „alle Anteile“ durch „mindestens 95 v. H. der Anteile“ ersetzt. 14) Vgl VwGH 16. 3. 1964, 2085/63. 15) Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht (1970) 73 ff. 16) Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht (1970) 74. 17) Gassner denkt hier insb an: Treuhänder, Strohmänner, vorgeschobene oder abhängige Personen oder Gesellschaften. 18) AA Beiser, GrESt: Anteilsvereinigung über Treuhandschaft? RdW 2011, 373. 19) Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht (1970) 80. 20) VwGH 14. 6. 1984, 82/16/0069. 21) VfGH 27. 6. 1964, VfSlg 5764. 22) Nach dem VfGH haben diese Worte indiziert, dass mit dem Gesetzesbegriff „in der Hand“ auch eine „wirtschaftliche“ Verfügungsmacht zu verstehen sei. 23) Vgl Takacs, Grunderwerbsteuergesetz5 (2009) § 1, 13.17 ff; jüngst auch zu VwGH 5. 4. 2011: Schilcher, VwGH: Vermeidung der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs 3 GrEStG durch Treuhandgestaltung als Missbrauch iSd § 22 BAO, ÖStZ 2011, 265; zu UFS 25. 6. 2010 Kotschnigg, Die Vermeidung einer Anteilsvereinigung durch Zurückbehaltung eines Treuhandanteils als Missbrauch? SWK 2011 S 455; aA Beiser, GrESt: Anteilsvereinigung über Treuhandschaft? RdW 2011, 373. 24) Die Tatbestände des § 1 Abs 3 (d)GrEStG waren lange Zeit identisch. Mit dem StEntlG 1999 änderte sich der Wortlaut der deutschen Bestimmung, nach welcher nun die mittelbare und unmittelbare Vereinigung bzw die Übertragung von mind 95% der Anteile der Steuer unterliegt. Nach der hL in Deutschland änderte sich dadurch nichts an der zivilrechtlichen Anknüpfung der Bestimmung; s dazu Fischer in Boruttau, GrEStG16 § 1 Rn 877 f. 25) Fellner, Grunderwerbsteuergesetz11 § 1 Rz 33; Vgl Stoll, BAO-Kommentar 229 f. 26) Vgl Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht (1970) 30 f.
Da es sich bei „Rechtsgeschäft“ um einen Begriff des Zivilrechts handelt, ist für die Auslegung an die Zivilrechtsordnung anzuknüpfen.27) Demnach bestehen Rechtsgeschäfte aus „Willenserklärungen, die auf Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet sind.“28) Nicht so deutlich ist die Auslegung beim Tatbestandsmerkmal „Anspruch auf Übertragung“. Schon die Tatsache, dass das Gesetz von einem Übertragungsanspruch spricht29), deutet auf ein wirtschaftliches Verständnis der zu übertragenden Sache hin. Anders wäre die Rechtslage, wenn das Gesetz30) von einem Anspruch auf Übereignung ausginge. Die Formulierung „Anspruch auf Übertragung“ schließt jedoch eine zivilrechtliche Anknüpfung nicht grundsätzlich aus. Im Ergebnis kann daher aus diesem Tatbestandsmerkmal allein noch nicht abgeleitet werden, ob sich der „Anspruch auf Übertragung“ auf zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum richtet. Unter dem Begriff „Anspruch“ verstehen der VwGH31) und die hL32) in Österreich, dass der Anspruch ohne weitere rechtsgeschäftliche Abmachung unmittelbar (auch gerichtlich) durchgesetzt werden kann. Der deutsche BFH leitet – bei vergleichbarem Gesetzeswortlaut – bereits aus dem Auftrags- bzw Treuhandverhältnis (§ 667 dBGB) einen rechtlichen Anspruch auf Abtretung des Anteils iSd § 1 Abs 3 GrEStG ab.33) Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen, weil bei dieser Auslegung der Unterscheidung zwischen „Anspruch“34) und „Gestaltungsrecht“ keine Bedeutung zukommt. Gestaltungsrechte „verleihen dem Berechtigten die Rechtsmacht, durch einseitige Erklärung – ohne Mitwirkung eines anderen – eine Veränderung der bestehenden Rechtsverhältnisse herbeizuführen.“ Der Begriff „Anspruch“ umfasst wohl nicht den Begriff „Gestaltungsrecht“. Da die Treuhandschaft ein Gestaltungsrecht begründet, kann daraus daher kein Übertragungsanspruch iSd § 1 Abs 3 GrEStG abgeleitet werden.35) Die Auffassung von Taucher, wonach bei einer Treuhandschaft der Treugeber für eine juristische Sekunde zivilrechtliches Eigentum erwirbt36) und daher die Anteilsvereinigung bewirkt ist, vermag nicht zu überzeugen. Bei einer Vereinbarungstreuhand37) erwirbt der Treugeber gerade nicht – nicht einmal für eine juristische Sekunde – zivilrechtliches Eigentum an der Sache.38) Dies zeigt sich besonders deutlich bei GmbH-Anteilen, bei denen die Erlangung von zivilrechtlichem Eigentum einem Formerfordernis – dem Notariatsakt39) – unterliegt. Dieses Formerfordernis gilt sowohl für das Verfügungs- als auch für das Verpflichtungsgeschäft.40) Ohne wirksames Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft kann kein zivilrechtliches Eigentum übertragen werden.41)
3. Alle Anteile der Gesellschaft § 1 Abs 3 GrEStG zielt auf die Vereinigung „aller Anteile der Gesellschaft“ ab. Die nunmehr gefestigte Rechtsprechung des VwGH überzeugt, wonach alle Anteile den Besitz von 100% der Anteile voraussetzen. Die frühere Lehre und Rechtsprechung, welche bei einem „Nicht-Halten“ von Zwerganteilen trotzdem von einer Anteilsvereinigung ausgeht, ist über-
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holt. Dies wird auch vom VwGH bekräftigt, wenn er fordert, dass die Worte „alle Anteile“ nicht mit „fast allen Anteilen“ gleichgesetzt werden.42) , 43)
4. In der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen vereinigt Gesetzliche Voraussetzung in § 1 Abs 3 GrEStG ist die „Vereinigung“ von Anteilen entweder & in der Hand des Erwerbers allein oder & in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber auf eine eindeutige zivilrechtliche Anknüpfung des „Vereinigungsvorgangs“ verzichtet hat. Insbesondere wird das Wort „Eigentum“ im Tatbestand nicht erwähnt. Schon die Begriffswahl „Vereinigung“ deutet auf eine wirtschaftliche Anknüpfung des Tatbestandsmerkmals hin. Aber auch die Wortfolge „in der Hand“ kann aus demselben Grund nur wirtschaftlich ausgelegt werden. Die gesetzliche Diktion
27) Fellner, Grunderwerbsteuergesetz11 § 1 Rz 317; vgl auch Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz I (1987) § 1 Rz 118 ff. 28) Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 (2006) (96). 29) Vgl dagegen § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG, der ausdrücklich vom „Anspruch auf Übereignung“ spricht. 30) Der VwGH spricht in seinem Erk v 31. 1. 1985, 84/16/0215 iZm der Anteilsvereinigung von einem „Übereignungsanspruch“. 31) VwGH 31. 1. 1985, 84/16/0215. 32) Fellner, Grunderwerbsteuergesetz11 § 1 Rz 110; vgl auch Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 (2006) [47]. 33) BFH 28. 6. 1972, BStBl II 72, 719; vgl auch Fischer in Boruttau, GrEStG16 § 1 Rn 931 ff. 34) Ansprüche (= Forderungsrecht) „enthalten bloß die Befugnis, von einer anderen Person ein Tun oder Unterlassen zu fordern.“ (Koziol/ Welser, Bürgerliches Recht I13 (2006) [44]). 35) Der übereinstimmende Gesetzeswortlaut „Rechtsgeschäft, dass den Anspruch auf Übertragung [. . .] begründet“ erhält in § 1 Abs 1 (d)GrEStG und § 1 Abs 3 (d)GrEStG einen unterschiedlichen Inhalt, denn in Abs 1 werden – anders als in Abs 3 – Erwerbe durch Treuhänder oder Strohmänner nicht erfasst, sondern sind nur über Abs 2 steuerbar (Fischer in Boruttau, GrEStG16 § 1 Rn 936). 36) Taucher, Abgabenrechtliche Judikatur des UFS, VwGH, VfGH und EuGH (VIII/09-IX/10), NZ 2011/18. 37) Bei einer Vereinbarungstreuhand kommt „der Gesellschafter mit einem Dritten überein [. . .], dass er seine Beteiligung künftig als Treuhänder halten werde.“ (OGH 25. 2. 2004, 7 Ob 287/03 m RdW 2004, 414). 38) Vgl OGH 25. 2. 2004, 7 Ob 287/03 m; OGH 23. 6. 1988, 8 Ob 565/87; 2 Ob 597/88; 6 Ob 100/97 t; 6 Ob 241/99 f; 10 Ob 78/00 v; 8 Ob 259/02 z; 7 Ob 287/03 m; 7 Ob 203/06 p; 9 Ob 138/06 v; ÖStZ 2010, 475. 39) § 76 Abs 2 GmbHG. 40) Vgl Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 76 Rz 17 mwV; vgl auch Auer, Zum Formgebot bei (treuhändiger) Übertragung eines GmbH-Anteils, JBl 2002, 441; RdW 2004, 414; JBl 2004, 583. 41) Vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 (2006) 310 f. 42) VwGH 17. 11. 1983, 81/16/0189; VwGH 14. 6. 1984, 82/16/0069; VwGH 30. 5. 1985, 83/16/0157, 85/16/0052; VwGH 21. 11. 1985, 84/16/0013, 15. 12. 1988, 87/16/0142, VwGH 5. 4. 2011, 2010/ 16/0168. 43) Vgl auch Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht (1970) 80; Fellner, Grunderwerbsteuergesetz11 § 1 Rz 316; Takacs, Grunderwerbsteuergesetz5 (2009) § 1, 13.17; Arnold/Arnold, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz (1987) § 1 Rz 373.
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lässt schließen, dass das Tatbestandsmerkmal der „Vereinigung in der Hand des Erwerbers bzw der Konzernunternehmen“ nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen44) wirtschaftlich auszulegen ist. Es kommt somit für die Anteilsvereinigung darauf an, das wirtschaftliche Eigentum an allen Anteilen einer Gesellschaft zu vereinigen. Dass der Gesetzgeber die Vereinigung in der Hand des Erwerbers „allein“ fordert, schließt die wirtschaftliche Anknüpfung des Tatbestands nicht aus. Gefordert ist das wirtschaftliche Alleineigentum des Erwerbers bzw der Konzernunternehmen.45) Kein noch so kleiner Zwerganteil darf sich im wirtschaftlichen Eigentum anderer Personen befinden. Fällt das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum auseinander, kommt es auf das wirtschaftliche Eigentum an. Das Auslegungsergebnis „wirtschaftliche Anknüpfung“ steht zudem im Einklang mit dem Zweck des Tatbestands, weil es sich bei der Anteilsvereinigung selbst um einen „wirtschaftlich geprägten Tatbestand“46) handelt: § 1 Abs 3 des GrEStG selbst besteuert nur wirtschaftlich die Übertragung eines Grundstücks, da dieses formalrechtlich weiterhin derselben juristischen Person gehört.47)
D. Missbrauch Knüpft man an den Tatbestand der Anteilsvereinigung wirtschaftlich an, erübrigen sich Missbrauchsüberlegungen in den Fällen, in denen der Erwerber wirtschaftliches – nicht aber zivilrechtliches – Eigen-
Die Tatfrage in Abgabensachen MICHAEL KOTSCHNIGG
Beweisrecht der BAO Spezialkommentar
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44) Vgl Stoll, BAO-Kommentar 218 ff. 45) Unternehmen iSd § 2 Abs 2 UStG. 46) Vgl auch Marschner, Grunderwerbsteuer: Missbrauch bei Anteilsvereinigung, FJ 2010, 329. 47) IdS auch Beiser, GrESt: Anteilsvereinigung über Treuhandschaft? RdW 2011, 373. 48) Vgl Stoll, BAO-Kommentar 244 ff; Ritz, BAO3 § 22 Tz 7 (mwV). 49) Vgl Stoll, BAO-Kommentar 244 ff; Ritz, BAO3 § 22 Tz 6 (mwV). 50) Kofler, Grunderwerbsteuer: Missbräuchliche Treuhandgestaltung bei „99%-Anteilsvereinigung“, GES 2010, 240; Marschner, Grunderwerbsteuer: Missbrauch bei Anteilsvereinigung, FJ 2010, 329. 51) UFS 25. 6. 2010, RV/0226-I/09.
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Für Verfechter der Innentheorie48) zu § 22 BAO kann in einem solchen Fall kein Missbrauch vorliegen, weil die Auslegung der Worte „alle Anteile“ mit „fast allen Anteilen“ den äußerst möglichen Wortsinn des § 1 Abs 3 GrEStG sprengt und somit nicht mehr Ergebnis der Auslegung des § 1 Abs 3 GrEStG sein kann. Außentheoretiker49) fordern beachtliche außersteuerliche Gründe für das (Zurückbe)Halten der Anteile, um Missbrauch auszuschließen. Das Halten von Gesellschaftsanteilen ist ein Vermögensrecht und daher bestehen wohl in jedem Fall außersteuerliche – nämlich wirtschaftliche – Gründe. Somit kann uE im Ergebnis das (Zurückbe)Halten eines (noch so kleinen) Anteils im zivil- und wirtschaftlichen Eigentum kein Missbrauch iSd § 22 BAO sein. Auch das in der Literatur50) zur UFS-Entscheidung51) angeführte Argument, Missbrauch könne nur bei einer Kette von Rechtshandlungen vorliegen, ist zu beachten. Demnach kann die Übertragung eines einzelnen Anteils, die als ein einziger Rechtsschritt gilt, auch den Missbrauchstatbestand nicht erfüllen.
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Beispielsfall: Ausgangspunkt ist A als 100% (zivil- und wirtschaftlicher) Eigentümer der Anteile der A-GmbH. In Folge tritt A 99,99% der Anteile an B ab. Im Endpunkt ist somit B (zivil- und wirtschaftlicher) Eigentümer an 99,99% der Anteile der A-GmbH und A (zivil- und wirtschaftlicher) Eigentümer nur noch von 0,01% der Anteile an der A-GmbH.
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tum an allen Geschäftsanteilen erhält. Ist ein Dritter zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer eines kleinen Anteils der betroffenen Gesellschaft, stellt sich auch weiterhin die Frage, ob in manchen Sachverhaltskonstellationen Missbrauch vorliegen kann.
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Zusammenfassend ist somit unserer Meinung nach der Tatbestand des § 1 Abs 3 GrEStG erfüllt, wenn durch ein Rechtsgeschäft ein Übertragungsanspruch entsteht, durch den sich 100% der Anteile einer Gesellschaft im wirtschaftlichen Eigentum des Erwerbers/der Konzernunternehmen befinden. Selbst wenn sich zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum zu kleinen Teilen nicht beim Erwerber befinden, kann uE kein Missbrauch vorliegen.
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Indexzertifikate: Besteuerung nach dem BBG 2011 iVm Die Regeln für die Besteuerung von Indexzertifikaten AbgÄG 2011 wurden in den vergangenen Jahren vom Gesetzgeber mehrmals geändert, zuletzt durch das BBG 2011 und das AbgÄG 2011. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle ertragsteuerliche Behandlung von Indexzertifikaten aus der Sicht von privaten Anlegern.
§§ 27, 27 a, 30 EStG Indexzertifikate; Kapitaleinkünfte; Vermögenszuwachsbesteuerung; Kapitalertragsteuer
JOSEF AICHWALDER
A. Einleitung Durch die Neuordnung der Besteuerung von Kapitalvermögen bzw die Einführung der Vermögenszuwachssteuer (Besteuerung von Kursgewinnen) durch das BBG 20111) kommt es bei der Besteuerung von Kapitalvermögen in Österreich zu wesentlichen Änderungen, die zu zahlreichen, teilweise sehr komplexen Übergangsvorschriften führen. Indexzertifikate werden iZm den Einkünften aus Derivaten nun im § 27 Abs 4 EStG als sonstige derivative Finanzinstrumente explizit erwähnt und unterliegen somit dem neuen Kapitalbesteuerungssystem. Sie werden zukünftig mit dem besonderen Steuersatz iSd § 27 a EStG („KESt-NEU“) besteuert. Da die Änderungen des BBG 2011 somit auch auf Indexzertifikate anzuwenden sind, sollen diese nun unter Berücksichtigung der aktuellen Änderungen durch das AbgÄG 2011 vorgestellt werden.2) Vorab soll jedoch eine kurze Definition von Indexzertifikaten vorgenommen werden.
B. Definition von Indexzertifikaten Bei Indexzertifikaten (Indexpapieren, Indexanleihen) handelt es sich um Veranlagungsinstrumente, deren Performance von der Wertentwicklung eines Index (underlying) abhängig gemacht wird. Als Referenzgrößen treten bereits eingeführte Indices (Aktien-, Renten- und Branchenindices), wie auch künstlich geschaffene Indices (Aktien-Baskets, Baskets/Indices bspw auf Gold, Rohöl, Währungen oder Zinssätze), auf.3) Der Kapitalmarkt ist diesbezüglich sehr erfinderisch.4) Die Finanzverwaltung setzt beim Index eine gewisse Objektivierbarkeit und Nachvollziehbarkeit des Index voraus. Sie definiert den Index als „eine statistische Messziffer, die Veränderungen mehrerer Reihen in einem einzigen Ausdruck darstellt“.5) Durch die Anbindung an eine Referenzgröße, ist/ sind die Verzinsung und/oder die Höhe der Rückzahlung somit nicht fix, sondern wertabhängig von der Entwicklung des Index.6) Der Investor kann somit auch – bei negativer Indexentwicklung – sein Geld verlieren, außer der Emittent gibt eine Kapitalgarantie (gänzlich oder teilweise) ab. Hierbei handelt es sich dann um ein Garantieprodukt. Die Ausgestaltung von Indexzertifikaten ist somit in der Praxis mannigfaltig.7)
Weiters unterscheidet man noch zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Indexzertifikaten (OTC-Indexzertifikate),8) wobei der OTC-Handel für Privatanleger idR eine untergeordnete Rolle spielt.
C. Ertragsteuerliche Behandlung von Indexzertifikaten 1. Gesetzliche Grundlagen nach BBG 2011 iVm dem AbgÄG 2011 Die Regeln für die ertragsteuerliche Behandlung von Indexzertifikaten sind in der Literatur ein viel diskutiertes und umstrittenes Thema und unterlagen in der Vergangenheit mehrmaligen gesetzlichen Änderungen (BBG 2003). Zuletzt wurden die Regeln zur ertragsteuerlichen Behandlung von Indexzertifikaten durch das BBG 2011 bzw das AbgÄG 2011 geändert. Durch das BBG 2011 kam es zu einer Neuordnung der Besteuerung von Kapitalvermögen bzw der Einführung der Vermögenszuwachssteuer (Besteuerung von Kursgewinnen). § 27 EStG wurde gänzlich neu geregelt und zusätzlich mit § 27 a EStG ein neuer Paragraf ins EStG aufgenommen. Insbesondere im Bereich der Indexzertifikate kommt es durch die Neuordnung der Kapitalbesteuerung zu einem Wechsel der Klassifizierung. Während bis dato Indexzertifikate grundsätzlich als FordeMag. Dr. Josef Aichwalder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzmanagement, Abteilung Betriebliches Finanz- und Steuerwesen an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt. 1) BGBl I 2010/111 30. 12. 2010. 2) BGBl I 2011/76 1. 8. 2011; RV 1212 BlgNR 24 GP. Die RV wurde am 29. 6. 2011 im Finanzausschuss des Nationalrats mit Stimmenmehrheit angenommen. Die Beschlussfassung im Plenum des Nationalrats erfolgte unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags am 8. 7. 2011. Am 21. 7. 2011 ist die Beschlussfassung im Bundesrat erfolgt. 3) Vgl dazu auch Rasner/Rauch in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 19. 4) Bezüglich der verschiedenen Arten von Indices siehe Haisch/Danz, Finanz Betrieb (2005) 819. 5) Vgl dazu Rz 6194, EStR 2000; Jakom/Marschner, EStG4 § 27 Rz 128. 6) Vgl Schuchter, taxlex, 2007, 291. 7) Vgl dazu Jakom/Marschner, EStG4 § 27 Rz 124. 8) OTC ist ein Akronym für die englische Bezeichnung „Over the counter“, was in diesem Zusammenhang als außerbörslich zu verstehen ist.
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rungswertpapiere qualifiziert wurden, werden nun Indexzertifikate der Kategorie Einkünfte aus Derivaten zugeordnet.9) Im § 27 EStG werden Indexzertifikate iZm den Einkünften aus Derivaten im § 27 Abs 4 EStG explizit als sonstige derivative Finanzinstrumente erwähnt und unterliegen somit dem neuen Kapitalbesteuerungssystem. Einkünfte aus Indexzertifikaten unterliegen zukünftig dem besonderen Steuersatz iSd § 27 a EStG („KESt-NEU“). Das neue Kapitalbesteuerungssystem und die „KESt-NEU“ hätten ab 1. 10. 2011 gelten sollen, mussten jedoch aufgrund von verfassungsrechtlichen Bedenken auf den 1. 4. 2012 verschoben werden.10) Dies erfolgte durch den Gesetzgeber mit dem AbgÄG 2011. Der neue Termin sollte somit verfassungskonform sein.11) Die neuen Regelungen des § 27 und 27 a EStG führen jedoch zu zahlreichen, teilweise sehr komplexen Übergangsvorschriften. Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, sowie Einkünfte aus Derivaten unterliegen gem § 124 b Z 185 EStG dem besonderen Steuersatz iSd § 27 a EStG nur, wenn Anteile aus Körperschaften nach dem 31. 12. 2010 bzw bei allen anderen Wirtschaftsgütern und Derivaten12) iSd § 27 Z 3 und 4 EStG nach dem 31. 3. 2012, erworben werden.13) Wurden Anteile aus Körperschaften und Fonds vor dem 1. 1. 2011 bzw Forderungswertpapiere oder Derivate vor dem 1. 10. 2011 angeschafft, dann han-
An der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt ist am Institut für Finanzmanagement, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, ehest möglich folgende Stelle zu besetzen: Senior Scientist (Wissenschaftliche Angestellte / Wissenschaftlicher Angestellter ohne Doktorat) im Beschäftigungsausmaß von 50% (Basis KV: B1) mit der Möglichkeit auf Aufstockung auf bis zu 100%, befristet auf 15 Monate. Der Aufgabenbereich umfasst die Mitarbeit in Forschung, Lehre und Administration im Bereich des Betrieblichen Finanz- und Steuerwesens sowie eigene wissenschaftliche Forschung. Die Universität Klagenfurt strebt eine Erhöhung des Frauenanteils an. Frauen werden bei gleicher Qualifikation vorrangig aufgenommen. Details finden Sie im Mitteilungsblatt der Universität unter: http://www.uni-klu.ac.at/rechtabt/downloads/ mbl24_10_11.pdf
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delt es sich um einen sogenannten „Altbestand“, der zeitlich unbeschränkt der gesetzlichen Regelung vor BBG 2011 unterliegt.14) Dieser Altbestandschutz gilt auch bei unentgeltlicher Übertragung von Kapitalvermögen und geht auf den Empfänger über.15) Durch diese Verschiebung des Inkrafttretens durch das AbgÄG 2011 entstand jedoch eine Besteuerungslücke, für zwischen 1. 1. 2011 und dem 31. 3. 2012 angeschaffte Fondsanteile und Anteile an Körperschaften, die bei einer Veräußerung zwischen 1. 1. 2012 und 31. 3. 2012 (außerhalb der Jahresfrist) weder von der KESt iSd § 27 a EStG, noch vom Spekulationstatbestand iSd § 30 EStG idF vor BBG 201116) erfasst werden würden. Aus diesem Grund sieht das AbgÄG 2011 für diese Wirtschaftsgüter mit § 124 b Z 184 EStG eine Verlängerung der Spekulationsfrist bis zum 31. 3. 2012 vor. Die Spekulationsfrist wurde somit von 12 Monaten auf 15 Monate verlängert. Es liegt bei Veräußerungen in diesem Zeitraum folglich immer ein Spekulationsgeschäft vor.17) Für alle anderen vor dem 1. 4. 2012 entgeltlich erworbenen Wirtschaftsgüter (Forderungswertpapiere und Derivate) sieht das AbgÄG 2011 grundsätzlich auch die Anwendung des § 30 EStG vor. Gemäß § 124 b Z 184 EStG idF nach der RV zum AbgÄG 2011 sollten Erwerbe zwischen 1. 10. 2011 und 31. 3. 2012 bei Veräußerung oder sonstiger Abwicklung18) stets und unabhängig von einer Spekulationsfrist19) zu Spekulationseinkünften iSd § 30 Abs 1 9) Vgl dazu auch Rasner/Rauch in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 19. 10) Siehe dazu VfGH 16. 6. 2011, G 18/11 – 14. Die übrigen Bedenken der Banken, gegen die neue Vermögenszuwachsbesteuerung werden vom VfGH nicht geteilt. Novacek sieht jedoch weitere verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bruttobesteuerung bei der neuen Vermögenszuwachssteuer, s dazu im Detail Novacek, ÖStZ 2011, 321. 11) Vgl dazu Rz 85 der VfGH-Entscheidung v 16. 6. 2011, G 18/11 – 14 bzw Mayr/Schlager, RdW 2011, 427 f. 12) Bezüglich der zeitlichen Abgrenzung der Anschaffung ist bei Derivaten, die aufgrund ihrer Rechtsnatur einer Anschaffung bzw einem Erwerb nicht zugänglich sind, sinngemäß auf das Datum des entgeltlichen Abschlusses dieser Derivatposition abzustellen. Vgl dazu Koppensteiner in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 96; Marschner, SWK 2011, 752 f. 13) Der maßgebende Erwerbsstichtag für Forderungswertpapiere und Derivate iSd § 27 Abs 3 und 4 EStG wurde erst durch das AbgÄG 2011 parallel zum Inkrafttreten des neuen Kapitalbesteuerungssystems auf den 1. 4. 2012 verschoben. Zuvor war im BBG 2011 der 1. 10. 2011 vorgesehen. 14) Vgl BGBl I 2010/111 30. 12. 2010. Nach der Rechtslage vor BBG 2011 tritt ein steuerlicher Tatbestand bei Privatpersonen nur dann ein, wenn die Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist erfolgt. 15) Vgl dazu im Detail Jakom/Marschner, EStG4 § 27 Rz 283. 16) Bezüglich § 30 EStG kommt in diesem Artikel, wenn nichts anderes explizit vermerkt ist, immer die Gesetzeslage vor dem BBG 2011 zur Anwendung. 17) Vgl RV AbgÄG 2011, 1212 BlgNR 24. GP, Erläuterungen zu Z 24 betr § 124 b Z 184 EStG. 18) Unter sonstiger Abwicklung wird das sog Glattstellen verstanden, wonach der Verpflichtete aus einem Derivat ein gegenläufiges derivatives Geschäft eingeht, was wirtschaftlich betrachtet einer Veräußerung gleichkommt. Vgl Marschner, SWK 2011, 757. 19) Für Erwerbe vor dem 1. 10. 2011 ist hierbei die einjährige Spekulationsfrist maßgeblich.
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EStG gezählt werden, welche dem progressiven Steuertarif unterliegen.20) Diese ewige Spekulationsverfangenheit wurde jedoch noch mittels Abänderungsantrags revidiert. Nunmehr wurde klargestellt, dass die einheitliche Anwendung des besonderen Steuersatzes iSd § 27 a EStG auf sämtliche Veräußerungen bzw Abwicklungen ab dem 1. 4. 2012 angewendet wird, somit auch für Veräußerungen von solchen Forderungswertpapieren und Derivaten, die nach dem 1. 4. 2012 abgestoßen werden, aber zwischen dem 1. 10. 2011 und dem 31. 3. 2012 entgeltlich angeschafft wurden. Erfolgt die Veräußerung von solchen Finanzinstrumenten21) jedoch vor dem 1. 4. 2012, müssen die Wertveränderungen als Spekulationseinkünfte iSd § 30 EStG deklariert werden.22) Das zeitliche Inkrafttreten der einzelnen gesetzlichen Übergangsbestimmungen lässt sich graphisch wie in Abbildung 1 unten darstellen.
terliegen den steuerlichen Regelungen idF vor BBG 2011, die Neubestände den Regeln idF nach BBG 2011 iVm AbgÄG 2011.24) Marschner unterscheidet zwischen drei steuerlichen Arten von Indexzertifikaten, wobei die Titulierung individuell durch den Autor erfolgte. Da diese Begriffe mE gut gewählt wurden, finden sie auch hier Verwendung.25)
2. Auswirkung der gesetzlichen Änderungen auf Indexzertifikate
a) Neubestände Gemäß § 124 b Z 185 EStG idF nach AbgÄG 2011 sind die §§ 27 und 27 a EStG für Indexzertifikate, die nach dem 31. 3. 2012 angeschafft werden, anzuwenden. Dies gilt auch für nicht kapitalgarantierte Indexzertifikate (Totalverlust möglich), die vor dem 1. 3. 2004 emittiert wurden und nach dem 31. 3. 2012 erworben werden.26) Sie sind nun der Kategorie Einkünfte aus Derivaten zugeordnet27), und ein etwaiger Veräußerungsgewinn (dh die individuelle Wertsteigerung) unterliegt der 25%igen Sondersteuer iSd § 27 a EStG („KESt-NEU“).
Für Indexzertifikate bedeutet dies, dass durch das BBG 2011 unter Berücksichtigung des AbgÄG 2011 die ertragsteuerliche Behandlung dieser Veranlagungsform für private Anleger noch komplizierter und komplexer geworden ist. Die Änderungen des BBG 2011 unter Berücksichtigung des AbgÄG 2011 in der Kombination mit den Änderungen des BBG 2003 führen dazu, dass Indexzertifikate, abhängig von ihrem Anschaffungszeitpunkt bzw Emissionszeitpunkt, unterschiedlich einkommensteuerrechtlich behandelt werden. Indexzertifikate können nämlich der „KEStALT“, der „KESt-NEU“, der KESt-Befreiung und der Spekulationsbesteuerung gem § 30 EStG unterliegen.23) Man unterscheidet somit zwischen Altbeständen (Anschaffung vor 1. 4. 2012) und Neubeständen (Anschaffung nach 31. 3. 2012). Die Altbestände un-
20) Vgl RV AbgÄG 2011, 1212 BlgNR 24. GP, Erläuterungen zu Z 24 betr § 124 b Z 184 EStG. 21) Anschaffung zwischen 1. 10. 2011 und 31. 3. 2012. 22) Vgl Abänderungsantrag zum AbgÄG 2011 (RV) der Abgeordneten Stummvoll und Krainer bzw AbgÄG 2011, 1212 BlgNR 24. GP, Erläuterungen zu Z 24 betr § 124 b Z 184 EStG. 23) Vgl dazu auch Rasner/Rauch in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 19. 24) Zur Problematik dieses Parallelsystems s Koppensteiner in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 94. 25) Vgl dazu Marschner, SWK 2011, 757; Marschner, SWK 2011, 37. 26) Derartige Altbestände unterliegen der Übergangsregel des § 124 b Z 85 EStG; s dazu auch Punkt 2.c). 27) Vor dem BBG 2011 waren sie der Kategorie Forderungswertpapiere zugeordnet.
Abbildung taxlex 2011
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Bemessungsgrundlage für die „KESt-NEU“ ist der Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungs-, Tilgungs- oder Einlösungspreis minus Anschaffungskosten des Anlegers.28) Anschaffungsnebenkosten dürfen gem § 27 a Abs 4 Z 2 EStG nicht angesetzt werden.29) Werden mehrere gleiche Indexzertifikate (selbe Kennnummer) zu verschiedenen Kursen erworben, ist gem § 27 a Abs 4 Z 3 EStG idF nach AbgÄG 2011 der gleitende Durchschnittspreis anzusetzen.30) Ein etwaiger Verlust kann gem § 27 Abs 8 EStG im Rahmen der Veranlagung31) gegen andere Kapitaleinkünfte, die auch der Sondersteuer iSd § 27 a EStG unterliegen, verrechnet werden. § 27 Abs 8 Z 1 EStG sieht jedoch weitere Einschränkungen vor. So sind zB Verluste aus Derivaten (Indexzertifikaten) nicht mit Zinserträgen aus Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten ausgleichsfähig.32) Für die Anwendung der Steuerabgeltung ist gem § 27 Abs 2 Z 2 EStG idF nach AbgÄG 2011 nicht erforderlich, dass die Indexzertifikate öffentlich angeboten werden.33) Weiters sieht das AbgÄG 2011 die Einführung der Z 7 im § 27 a Abs 2 EStG vor, der sicherstellt, dass nicht verbriefte Derivate mangels Einbindung ins KESt-System auch nicht dem besonderen Steuersatz unterliegen. Mangels Endbesteuerung würden derartige Einkünfte daher zum allgemeinen progressiven Tarifsatz versteuert werden. b) „Konservative“ Altbestände Indexzertifikate, die vor dem 1. 4. 2012 durch den Anleger angeschafft werden, gelten weiterhin als Forderungswertpapiere. Steuerpflichtige Kapitaleinkünfte ergeben sich im Rahmen der Einlösung oder Veräußerung; nicht realisierte Wertsteigerungen werden mangels Zufluss im außerbetrieblichen Bereich nicht besteuert.34) Indexzertifikate unterliegen somit grundsätzlich den Bestimmungen des § 27 Abs 2 EStG idF vor BBG 2011 sowie den bisherigen Bestimmungen iZm dem KESt-Abzug.35) Der KEStAbzug ist gem § 124 b Z 185 lit c EStG idF nach AbgÄG 2011 unbefristet weiter anzuwenden. Die Bemessungsgrundlage für die abzuziehende KESt errechnet sich mit der Formel „Veräußerungserlös minus Nominalbetrag“.36) Für den Erwerb bis zum 31. 3. 2012 werden beim Kauf über dem Nominalbetrag gem § 95 Abs 7 Z 1 EStG idF vor BBG 2011 noch KESt-Gutschriften von der Bank erteilt.37) Erleidet der Veräußerer mit dem Indexzertifikat einen Verlust, der auf einen Kursrückgang über dem Nominalbetrag (zB Kauf um 130 und Verkauf um 110 beim Nominalbetrag von 100) zurückzuführen ist, kommt es automatisch durch die höhere KEStGutschrift beim Kauf im Vergleich zum KESt-Abzug beim Verkauf zu einer Verlustverwertung.38) Verluste, die unter dem Nominalbetrag erwirtschaftet werden, sind steuerlich nicht verwertbar, außer es handelt sich um Spekulationsverluste iSd § 30 EStG.39) Realisierte Wertänderungen unter dem Emissionskurs gehören nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (zB Kauf um 70 und Einlösung zum Nominalbetrag von 100).40) Sie können wiederum nur im Rahmen des § 30 EStG eine Steuerpflicht bewirken.41) Allerdings ist bei Erwerb nach dem 30. 9. 2011 zu beachten, dass die Veräußerung bzw Einlösung, wenn
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sie nach dem 31. 3. 2012 erfolgt, bereits der 25%igen Sondersteuer iSd § 27 a EStG idF nach AbgÄG 2011 unterliegt.42) Liegen der Erwerb und die Veräußerung im Zeitraum 1. 10. 2011 bis 31. 3. 2012, sind die Wertsteigerungen gem § 30 EStG zu versteuern. c) „Spekulative“ Altbestände Unter dem Begriff „spekulative Altbestände“ werden hier Indexzertifikate verstanden, die vor dem 1. 3. 2004 begeben wurden43) und gem § 124 b Z 85 EStG generell von der KESt befreit sind. Derartige Finanzprodukte zeichnen sich dadurch aus, dass sie rechtlich oder faktisch44) eine Kapitalrückzahlung von maximal 20% garantieren.45) Das BMF subsumiert gem Rz 7757 a ff, EStR 2000 unter dieser Kategorie auch bestimmte Turbozertifikate, bei denen jedoch nicht auf die Begebung vor dem 1. 3. 2004 abgestellt wird. Auch bei diesen Finanzprodukten liegen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor.46)
28) Vgl dazu auch Rasner/Rauch in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 19. 29) Das Verbot zur Ansetzung von Anschaffungskosten gilt nur für den außerbetrieblichen und nicht für den betrieblichen Bereich. Es kommt somit zu unterschiedlichen Definitionen von Anschaffungskosten, was zu einer immer weiteren kasuistischen Zersplitterung der abgabenrechtlichen Regelungen führt, das nicht gerade das Ziel der Vereinfachung des Steuersystems unterstützt. Vgl dazu Moser, Aufsichtsrat aktuell 2011, 21. 30) Vgl RV AbgÄG 2011, 1212 BlgNR 24. GP, Erläuterungen zu Z 10 und 24. Voraussetzung dafür ist, dass alle Indexzertifikate auf einem gemeinsamen Depot liegen; durch die Eröffnung von mehreren Depots kann diese Regelung verhindert und damit eine weitere Wahlmöglichkeit geschaffen werden. Vgl dazu Marschner/Puchinger, FJ 2011, 18. 31) Somit ist die Berücksichtigung der Verluste im Rahmen des Kapitalertragssteuerabzugs ausgeschlossen und nur mittels Veranlagungsoption nach § 97 Abs 2 EStG möglich. 32) Vgl Marschner, SWK 2011, 44. 33) Vgl dazu auch Marschner/Puchinger, FJ 2011, 16; Marschner, SWK 2011, 752. 34) Vgl Jakom/Marschner, EStG4 § 27 Rz 127. 35) Siehe Koppensteiner in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 94. 36) Vgl Marschner, SWK 2011, 760. 37) Siehe Koppensteiner in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 94. 38) Vgl dazu Jakom/Marschner, EStG4 § 93 Rz 68; Papst, RdW, 2011, 366. 39) Vgl dazu im Detail auch Schuchter, taxlex 2007, 296 bzw Marschner, SWK 2011, 760. 40) Vgl Rz 6192 EStR 2000; Jakom/Marschner, EStG4 § 27 Rz 127. 41) Vgl Papst, RdW 2011, 366. 42) Vgl AbgÄG 2011, 1212 BlgNR 24. GP. 43) Daueremissionen müssen vor dem 1. 8. 2005 geschlossen worden sein, damit sie zur Gänze KESt-befreit sind. Vgl im Detail Jakom/ Marschner, EStG4 § 93 Rz 69. 44) Gemäß Rz 6195 EStR 2000 kann die Kapitalforderung rechtlich durch Abgabe einer Kapitalgarantie des Emittenten erfolgen und/oder faktisch, indem der dahinter stehende Index entsprechende Sicherheit bietet. Laut Rz 6196 EStR 2000 bieten Aktienindices keine entsprechende Sicherheit. 45) Vgl Marschner, SWK 2011, 45. 46) Vorausgesetzt, der Kapitaleinsatz ist maximal 20% des Basiswerts (Hebel 5 oder mehr). Der Anleger partizipiert somit überproportional an der Entwicklung des Basiswerts. Es handelt sich hierbei um ein speku-
UNTERNEHMENSSTEUERRECHT/ ERTRAGSTEUERN
Wurden diese Finanzprodukte nach dem 30. 9. 2011 erworben und vor dem 31. 3. 2012 veräußert, liegt stets ein Spekulationsgeschäft iSd § 30 EStG vor. Bei der Veräußerung nach dem 31. 3. 2012 bzw bei Erwerb nach 31. 3. 2012 kommt bereits der 25%-ige Sondersteuersatz iSd § 27 a EStG zur Anwendung. Bei Erwerb vor dem 1. 10. 2011 gilt für diese spekulativen Finanzprodukte grundsätzlich auch die Altbestandsregelung. Die Besteuerung erfolgt nach der VwGH-Rechtsprechung gegebenenfalls als Termingeschäft iSd § 30 Abs 1 Z 2 EStG. Da die Übergangsregelungen gem § 124 b Z 184 EStG idF nach AbgÄG 2011 für diese Bestimmung kein ausdrückliches Außerkrafttreten vorsehen,47) ist das Außerkrafttreten mit dem auf die Veröffentlichung des BGBl folgenden Tag anzunehmen.48) Veräußerungen von „spekulativen“ Altbeständen, die vor dem 1. 10. 2011 gekauft wurden, sind somit ab dem Tag der Veröffentlichung des AbgÄG 2011 nicht mehr als Spekulationsgeschäft zu besteuern, soweit die Jahresfrist abgelaufen ist. Das heißt, Veräußerungen bzw Einlösungen ab 1. 10. 2012 sind jedenfalls steuerfrei.49)
D. Beispiel Ein unbeschränkt steuerpflichtiger Anleger hat am50) a) 1. 5. 2010 bzw b) 1. 5. 2012 bzw c) 1. 11. 2011 ein neu emittiertes, nicht verzinstes Indexzertifikat (ohne Kapitalgarantie) zum Emissionswert von 100 gekauft. Der Anleger verkauft das Indexzertifikat nach 15 Monaten mit Gewinn um 130 (Variante 1) bzw mit Verlust um 80 (Variante 2). a) Indexzertifikat mit Kaufdatum 1. 5. 2010 („Alt-Forderungswertpapier“) Das Indexzertifikat stellt aufgrund des Erwerbs vor dem 1. 4. 2012 bzw vor dem 1. 10. 2011 ein AltForderungswertpapier dar, auf welches die Rechtslage vor BBG 2011 anzuwenden ist. Entsprechend dieser stellt die realisierte Wertsteigerung über dem Emissionspreis bei Veräußerung iHv 30 (Variante 1) einen KESt-pflichtigen Kapitalertrag dar. Der realisierte Wertverlust unterhalb des Emissionspreises hingegen stellt einen Stammverlust dar. Dieser Verlust iHv 20 bei Veräußerung um 80 (Variante 2), ist im außerbetrieblichen Bereich ein steuerlich nicht relevanter Tatbestand. Wäre eine Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt, dann müsste der Privatanleger den realisierten Wertgewinn (Variante 1) bzw Wertverlust (Variante 2) als Spekulationsgeschäft iSd § 30 EStG deklarieren und ein etwaiger Verlustausgleich in dieser Einkunftsart wäre möglich. b) Indexzertifikat mit Kaufdatum 1. 5. 2012 („KESt-NEU“) Das Indexzertifikat mit Kaufdatum 1. 5. 2012 fällt bereits unter das neue Kapitalbesteuerungssystem. Positive (Variante 1) als auch negative (Variante 2) Einkünfte aus der Veräußerung von Indexzertifikaten sind als Einkünfte aus Derivaten gem § 27 Abs 4 EStG zu erfassen. Die Besteuerung des realisierten
Wertgewinns von 30 (Variante 1) unterliegt dem 25%-igen Sondersteuersatz iSd § 27 a EStG. Dieser wird, wie bereits bisher, im Wege eines KESt-Abzugs geltend gemacht. Der Wertverlust iHv 20 (Variante 2) kann nur im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden. Ein Spekulationsgeschäft kann in diesem Zusammenhang niemals mehr anfallen. c) Indexzertifikat mit Kaufdatum 1. 11. 2011 („KESt-NEU“) Das Indexzertifikat mit Kaufdatum 1. 11. 2011 fällt auch bereits unter das neue Kapitalbesteuerungssystem, obwohl das Kaufdatum vor dem 1. 4. 2012 liegt. Dies ist auf die Regelung des § 124 a Z 184 zweiter Teilstrich EStG idF nach AbgÄG 2011 zurückzuführen, der explizit für Veräußerungen von Derivaten, die zwischen dem 1. 10. 2011 und 31. 3. 2012 angeschafft wurden, jedoch nach dem 31. 3. 2012 veräußert wurden, das neue Kapitalbesteuerungssystem vorsieht. Die Besteuerung des realisierten Wertgewinns von 30 (Variante 1) unterliegt somit dem 25%-igen Sondersteuersatz iSd § 27 a EStG. Dieser wird, wie bereits bisher, im Wege eines KESt-Abzugs geltend gemacht. Der Wertverlust iHv 20 (Variante 2) kann nur im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden. Ein Spekulationsgeschäft kann in diesem Zusammenhang nur dann anfallen, wenn die Veräußerung vor dem 1. 4. 2012 erfolgt, also innerhalb der Einjahresfrist.
47)
48) 49) 50)
latives Finanzinstrument. Vgl dazu auch im Detail Jakom/Marschner, EStG4 § 27 Rz 133 bzw § 93 Rz 70. § 124 a Z 184 zweiter Teilstrich EStG sieht jedoch ausdrücklich vor, dass § 30 EStG für Derivate, die nach dem 1. 4. 2012 entgeltlich erworben wurden, nicht mehr anzuwenden ist. Vgl dazu Marschner, SWK 2011, 761. Vgl dazu auch Marschner, SWK 2011, 46. In Anlehnung an das Beispiel von Koppensteiner in Jann/Habersack/ Rasner/Strobach/Steinbaucher, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen, SWK-Spezial 2011, 98.
SCHLUSSSTRICH
Wie im vorliegenden Beitrag dargestellt, kommen auf den Privatanleger durch die gesetzlichen Änderungen des BBG 2011 iVm dem AbgÄG 2011 wesentliche Änderungen bei der einkommensteuerlichen Behandlung von Indexzertifikaten zu. Zukünftig ist zwischen Neubestand (Anschaffung nach 31. 3. 2012) und Altbestand (Anschaffung vor 1. 4. 2012) zu unterscheiden. Neubestände von Indexzertifikaten unterliegen dem neuen Kapitalbesteuerungssystem und damit ggf dem besonderen Steuersatz iSd § 27 a EStG idF nach BBG 2011 iVm AbgÄG 2011. Altbestände unterliegen den steuerlichen Regelungen idF vor BBG 2011 („Altbestandsschutz“) und sind somit entweder KEStpflichtig oder KESt-befreit bzw können sie einer Steuerpflicht aufgrund des Spekulationstatbestands iSd § 30 EStG idF vor BBG 2011 unterliegen. taxlex 2011
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UNTERNEHMENSSTEUERRECHT/ UMSATZSTEUER
Zur USt-Pflicht von Sponsorengeldern für Sportler § 3 a UStG Empfängerortprinzip; Sponsorengelder; Sportler; Tätigkeitsortprinzip; USt-Pflicht
Werbeleistungen von Sportlern für österreichische Unternehmer unterliegen in Österreich der Umsatzsteuer, auch wenn diese im Ausland erbracht werden. MARLENE TRUSCHNEGG
A. Die Ausgangslage und das Erkenntnis des VwGH
UStG idF BGBl I 1994/663 vorrangig zur Anwendung.
Eine international erfolgreiche österreichische Spitzensportlerin schloss im Jahre 2002 eine Sponsorvereinbarung mit der österreichischen X-Bank ab. Darin wurde ein Fixum für Präsenz und Trikotwerbung in Höhe von E 27.000,– sowie ein variables Entgelt für TV-Sendezeit und Presseeinschaltungen von max E 30.000,– vereinbart. Mit Erk v 28. 10. 2010, 2007/15/0199 bestätigte der VwGH die Rechtsansicht des UFS und qualifizierte die Leistungen aus der Sponsorvereinbarung umsatzsteuerrechtlich als Werbeleistung. Der VwGH führte dazu aus, dass die Ortsbestimmung des § 3 a Abs 8 UStG idF BGBl 1994/663 – die auf sportliche Leistungen abstellt – insb auf die Besteuerung von Preisgeldern für die Teilnahmen an Sportveranstaltungen anzuwenden sei. Andere Leistungen, die von Sportlern erbracht werden, wie zB im Rahmen von Werbeverträgen, seien nicht von § 3 a Abs 8 UStG idF BGBl 1994/663 umfasst. Werbeleistungen von Sportlern für österreichische Unternehmer seien daher nach § 3 a Abs 9 UStG idF BGBl 1994/663 zu beurteilen, wonach das Empfängerortprinzip zur Anwendung gelange. Nach Ansicht des VwGH liegen daher in Österreich umsatzsteuerpflichtige Leistungen vor, auch wenn die Werbeleistungen an sich im Ausland erbracht wurden.1)
2. Tätigkeitsort vs Empfängerort
B. Anmerkungen zur Entscheidung 1. Bestimmung des Leistungsorts Grundsätzlich unterliegen Umsätze von Sportlern nur dann der österreichischen Umsatzsteuer, wenn die Leistungen in Österreich erbracht werden. Der Leistungsort wird dabei iSd § 3 a UStG bestimmt.2) Gemäß § 3 a Abs 5 idF BGBl 1994/663 UStG bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung nach Maßgabe und in der Reihenfolge der nachfolgenden Absätze. Für die Prüfung des Leistungsorts ist daher zuerst der Tätigkeitsort nach § 3 a Abs 8 idF BGBl 1994/ 663 UStG ausschlaggebend und geht somit dem Empfängerort gem § 3 a Abs 9 idF BGBl 1994/663 UStG als auch dem Unternehmerort iSd § 3 a Abs 12 UStG idF BGBl 1994/663 vor. Sind für die Bestimmung des Leistungsorts mehrere Regeln anwendbar, so ist jener Leistungsort heranzuziehen, der sich aufgrund der im § 3 a UStG erstgenannten Bestimmung ergibt.3) § 3 a Abs 8 idF BGBl 1994/ 663 UStG kommt demnach gegenüber § 3 a Abs 9 290
taxlex 2011
§ 3 a Abs 8 lit a UStG idF BGBl 1994/663 regelt die Bestimmung des Leistungsorts für sportliche Leistungen nach dem Tätigkeitsortprinzip, wonach Leistungen als dort ausgeführt gelten, wo der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird.4) Das Tätigkeitsortprinzip iSd § 3 a Abs 8 UStG idF BGBl 1994/663 bedeutet daher, dass nur jene Entgelte für sportliche Leistungen in Österreich zu versteuern sind, die für die Teilnahme an Wettkämpfen in Österreich erzielt werden.5) Sportliche Tätigkeiten werden dann erbracht, wenn körperliche oder geistige Fähigkeiten in einem reglementierten Wettbewerb gemessen werden.6) § 3 a Abs 8 idF BGBl 1994/663 UStG setzt daher jedenfalls aktives Tun voraus. Eine Duldung oder eine Unterlassung sind von dieser Bestimmung nicht erfasst.7) Unter § 3 a Abs 8 UStG idF BGBl I 1994/663 fallen – hinsichtlich sportlicher Leistungen – insb Preisgelder, die Sportler für die Teilnahme an Wettkämpfen in Österreich erhalten. Unter Preisgeld ist dabei nicht nur die Prämie für einen Sieg oder für eine bestimmte Platzierung zu verstehen, sondern es sind auch Entgelte, die an den Sportler für die Teilnahme an bestimmten Wettkämpfen als Startgelder bezahlt werden, erfasst. Demgegenüber unterliegt der Erhalt eines Preisgeldes für die Teilnahme an einer Sportveranstaltung im Ausland nicht der österreichischen Umsatzbesteuerung.8) Mag. Marlene Truschnegg ist Universitätsassistentin am Institut für Finanzrecht an der Universität Wien und Mitarbeiterin einer international tätigen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei in Wien. 1) Vgl Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar (2006) § 3 a Tz 127 f; Ruppe, UStG3 § 3 a Tz 56/1. 2) Vgl UStR 2000 Rz 2278. 3) So Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar (2006) § 3 a Tz 77; Ruppe, UStG3 § 3 a Tz 29; Haunold, Mehrwertsteuer bei sonstigen Leistungen 128. 4) So auch UStaktuell 2011 H 74, 1. 5) Ruppe, UStG3 § 3 a Tz 56/1. 6) Vgl Haunold, Mehrwertsteuer bei sonstigen Leistungen 158; so auch Bürgler/Pleininger/Six in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar (2010) § 3 a Tz 177; Scheiner/Kolacny/Caganek, MWSt-Kommentar § 3 a Abs 8 Anm 140. 7) So Bürgler/Pleininger/Six in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar (2010) § 3 a Tz 162; Ruppe, UStG3 § 3 a Tz 46; Scheiner/Kolacny/Caganek, MWSt-Kommentar § 3 a Abs 8 Anm 124. 8) Vgl UStR 2000 Rz 2278; Bürgler/Pleininger/Six in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar (2010) § 3 a Tz 178.
UNTERNEHMENSSTEUERRECHT/ UMSATZSTEUER
Andere Einnahmen von Sportlern sollen nicht unter den Tätigkeitsort des § 3 a Abs 8 UStG idF BGBl I 1994/663 zu subsumieren sein. Sie seien eigenständig nach dem jeweiligen Leistungsinhalt iSd § 3 a UStG idF BGBl I 1994/663 zu beurteilen. So sollen zB Dienstleistungen von Sportlern im Rahmen von Werbeverträgen unter die Leistungsortbestimmung des § 3 a Abs 9 iVm § 3 a Abs 10 Z 2 UStG idF BGBl I 1994/663 fallen.9)
3. Unerlässlichkeit von Werbeleistungen für Spitzensportler? Fraglich ist jedoch, ob Werbeleistungen Nebenleistungen zur sportlichen Haupttätigkeit darstellen können und daher der Tätigkeitsort des § 3 a Abs 8 UStG idF BGBl I 1994/663 für die Besteuerung ausschlaggebend sein könnte. Art 9 Abs 2 lit c 6. EG-RL10) sieht vor, dass unter diese Bestimmung auch Tätigkeiten fallen sollen, die mit den aufgezählten Tätigkeiten zusammenhängen. Die Leistungen müssen dabei mit der Haupttätigkeit in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen und für die Ausübung der Haupttätigkeit unerlässlich sein.11) Der EuGH führte in der E v 26. 9. 1996, C-327/94 aus, dass die tontechnische Betreuung für eine Konzertveranstaltung für die künstlerische und kulturelle Hauptleistung, dh für die Konzertveranstaltung, unerlässlich sei. Daher ist nach Ansicht des EuGH die Tätigkeit des Tontechnikers im gegenständlichen Fall unter das Tätigkeitsortprinzip zu subsumieren. Hinsichtlich Werbeleistungen eines Sportlers ist mE jedoch eine andere Beurteilung vorzunehmen. Im Vergleich zur Notwendigkeit der Tontechnik bei einer Konzertveranstaltung ist für
einen Sportler bspw das Tragen eines Werbelogos auf dem Trikot für die aktive Ausübung der Sportart und die Teilnahme an Wettkämpfen – also die sportliche Hauptleistung – nicht unerlässlich.12) Meines Erachtens liegt sogar vielmehr der umgekehrte Fall vor, wonach die sportliche Tätigkeit für die Werbeleistung unerlässlich ist, die dadurch aber umsatzsteuerrechtlich nicht zur Nebenleistung wird. Im Ergebnis ist der Leistungsort für Werbeleistungen von Sportlern idR eigenständig und gesondert von der sportlichen Haupttätigkeit zu beurteilen. 9) Vgl dazu Ruppe, UStG3 § 3 a Tz 56/1; Bürgler/Pleininger/Six in Berger/ Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar (2010) § 3 a Tz 179. 10) RL 77/388/EWG, ABl L 1997/145. 11) EuGH 26. 9. 1996, C-327/94. 12) So UFS 4. 7. 2007, RV/0790-W/05. SCHLUSSSTRICH
Werbeleistungen von Spitzensportlern für österreichische Unternehmen sind mE für die aktive Tätigkeit als Sportler nicht unerlässlich. Die Bestimmung des Leistungsorts hat daher nicht nach dem Tätigkeitsort iSd § 3 a Abs 8 UStG idF BGBl I 1994/ 663 zu erfolgen, sondern ist davon unabhängig als Werbeleistung nach § 3 a Abs 9 iVm § 3 a Abs 10 Z 2 UStG idF BGBl I 1994/663 (Empfängerortprinzip) zu beurteilen. Umsätze aus Sponsorengeldern von Werbeleistungen für österreichische Unternehmer unterliegen daher in Österreich der Umsatzsteuer, auch wenn diese im Ausland erbracht werden.
Muster eines Auskunftsbescheids 214 (217) wurde anhand iSd § 118 BAO IneinertaxlexCase2011, Study aufgezeigt, wie ein Musterantrag für die Erlangung eines Auskunftsbescheids konzipiert sein könnte. Aufbauend auf diesem Musterantrag zeigt dieser Beitrag, wie eine mögliche Erledigung („Musterbescheid“ iSd § 118 BAO) durch das zuständige Finanzamt aussehen könnte. Weiters findet der Praktiker Tipps bzw Hinweise, welche iVm einem beabsichtigten Antrag iSd § 118 BAO nützlich sein könnten.
BETRIEBSPRÜFUNG IN DER PRAXIS § 118 BAO Auskunftsbescheid; Konzernverrechnungspreise; Verfahrensrecht
GERHARD STEINER
A. Einleitung In taxlex 2011, 214 (217) wurde anhand einer Case Study aufgezeigt, welche Überlegungen und Schritte für die profunde Vorbereitung eines Antrags auf Erteilung eines Auskunftsbescheids gem § 118 BAO (iVm Verrechnungspreisfragen) notwendig sind, um letztlich eine reibungslose Abwicklung seitens der zuständigen Behörde zu gewährleisten. Aufbauend auf dem in taxlex 2011/6 geschilderten (noch nicht verwirklichten) Sachverhalt und den dort aufgeworfenen
Rechtsfragen, ist es Ziel dieses Beitrags, dem Rechtsanwender zu zeigen, wie ein „Musterbescheid“ iSd § 118 BAO (zur Case Study) aussehen könnte.
HR Gerhard Steiner ist Mitarbeiter des BMF im Fachbereich der Großbetriebsprüfung sowie Bereichsleiter IStR und Verrechnungspreise. Mitherausgeber des Werkes Wakounig ua, Betriebsprüfung in der Praxis – Praxisorientierte Darstellung des österreichischen Abgabenrechts (Hrsg Blazina/ Macho/Steiner/Wakounig), Loseblattsammlung (Verlag MANZ).
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BETRIEBSPRÜFUNG IN DER PRAXIS
B. Abwicklung bei den Finanzbehörden Über einen Antrag auf Erlassung eines Auskunftsbescheids hat das zuständige Finanzamt immer mit Bescheid abzusprechen, wobei dies auch in der Form einer Zurückweisung (zB wegen Nichtlegitimation des Antragstellers, wenn zB Rechtsfragen gestellt wurden, welche nicht in den Anwendungsbereich des § 118 Abs 2 BAO fallen oder sofern ein bereits verwirklichter Sachverhalt vorliegt) geschehen kann. Eine zwischenzeitliche Verwirklichung des Sachverhalts rechtfertigt jedoch keinen Zurückweisungsbescheid. Auch Mängelbehebungsaufträge iSd § 85 Abs 2 BAO sind vorgesehen. Sind die formellen Überprüfungen (= „Eignungstest“ für eine materielle Prüfung) abgeschlossen, hat die Finanzbehörde eine materielle Prüfung des Antrags vorzunehmen. Diese erfolgt entweder durch das zuständige Finanzamt selbst oder über Ersuchen des zuständigen Finanzamts durch den prüfbegleitenden Fachbereich der Großbetriebsprüfung als Supporteinheit (durch das Erstellen eines Bescheidentwurfs) für das jeweilige Finanzamt.
C. Inhaltliche Erfordernisse des Auskunftsbescheids iSd § 118 BAO Der Spruch des Auskunftsbescheids hat iSd § 118 Abs 6 lit b, d und e BAO zu enthalten: & die zugesagte abgabenrechtliche Beurteilung, & die Bezeichnung der Abgaben oder der Feststellungen (zB iSd § 188 BAO), für die der Bescheid wirken soll, & die Bezeichnung der Zeiträume, für die der Bescheid wirken soll, & konkrete Berichtspflichten. In der Begründung hat der Auskunftsbescheid iSd § 118 Abs 6 lit a und c BAO zu enthalten: & die Darlegung des der abgabenrechtlichen Beurteilung zugrunde gelegten (laut Antrag des noch nicht verwirklichten) Sachverhalts, & die dem Bescheid zugrunde gelegten Abgabenvorschriften.
D. „Musterbescheid“ iSd § 118 BAO Der nachfolgende „Musterbescheid“ iSd § 118 BAO enthält nicht alle typischen Elemente, welche gem § 93 Abs 2 bis 6 BAO eine schriftliche Erledigung in Bescheidform haben müsste. Aus Platzgründen wurde ua auf die ausstellende Behörde, den Bescheidadressaten oder die Rechtsmittelbelehrung verzichtet. Weiters wird in diesem Beitrag nicht weiter auf die Vorschreibung des Verwaltungskostenbeitrages iSd § 118 iVm § 198 BAO eingegangen. Dieser Bescheid wird vom zuständigen Finanzamt erstellt und ergeht an den Antragsteller. Auskunftsbescheid gem § 118 BAO über noch nicht verwirklichte Sachverhalte
1. Ausgangssachverhalt Die NO-RISK Gruppe ist ein international agierender Pharmakonzern, dessen Wertschöpfungskette mit der Grundlagenforschung beginnt und bis zum 292
taxlex 2011
Vertrieb seiner Produktpalette reicht. Mit den Produkten aus der Sparte Humanmedizin plant der Konzern den Einstieg in den österreichischen Markt. Um österreichische Kunden zu gewinnen und das Geschäft mit diesen Neukunden zu entwickeln, plant die NO-RISK AG in Österreich eine GmbH (Ö-GmbH) in Wien zu errichten. Die Aufgaben der Ö-GmbH sollen darin bestehen, Kunden in Österreich zu akquirieren und für die Kunden als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung stehen. & Akquisition von Kunden und Aufträgen Der wesentlichste Wertschöpfungsbeitrag der Ö-GmbH wird in der Akquisition von Kunden liegen. Diese wird in aller Regel entweder telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch mit dem Kunden erfolgen. Diese Gespräche werden regelmäßig durch das Vertriebsteam der Ö-GmbH geführt werden. Auf Grundlage dieser Rahmendaten bereiten die Mitarbeiter der Ö-GmbH dann – mit Unterstützung der Key Account Manager in der Konzernzentrale in Deutschland – ein Angebot für den Kunden vor. & Preisbildung für Ein- und Verkauf Die Preisfestlegung im Angebot erfolgt durch die Mitarbeiter der Ö-GmbH auf der Basis der vom Key Account Manager übermittelten Rahmenbedingungen. Ist der Kunde mit den Rahmenbedingungen einverstanden, werden die Vertriebsmitarbeiter der Ö-GmbH mit dem Kunden über die Vertragskonditionen verhandeln, bspw über Zahlungskonditionen. Sie sind dabei aber an die konzerninternen Vorgaben (zB Musterverträge) gebunden. & Finalisierung der Verträge über den Ein- und Verkauf Ist mit dem Kunden Einigkeit über die Vertragsbedingungen erzielt, erhält der Kunde ein verbindliches Angebot. Die Annahme des Vertrags durch den Kunden erfolgt in der Regel gegenüber der Konzernzentrale in Deutschland. & Funktions- und Risikoanalyse + Wertschöpfung Der Steuerberater erstellte auf Basis des Funktions- und Risikoprofils der in die Transaktionen involvierten Gesellschaften ein „Star Chart“, woraus sich die Wertschöpfungsbeiträge der jeweiligen Transaktionsteilnehmer ergeben. Aus Platzgründen wird in diesem Beitrag auch auf diese Darstellung verzichtet (s Macho/Steiner, Verrechnungspreise kompakt, 2006 – Abschnitt Funktions- und Risikoanalyse).
2. Dem Bescheid zugrunde liegende Abgabenvorschriften Als zugrunde liegende Abgabenvorschrift kommt im gegenständlichen Fall § 6 Z 6 EStG in der zum Zeitpunkt der Bescheidausstellung geltenden Fassung zur Anwendung. Ändern sich diese Abgabenvorschriften, so verliert der Auskunftsbescheid seine Bindungswirkung. Weiters wird auf Art 9 DBA Deutschland-Österreich, den OECD-MA-Kommentar bzw die OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 1995 idF 2010 verwiesen.
BETRIEBSPRÜFUNG IN DER PRAXIS
Abgabenrechtliche Beurteilung des geschilderten Sachverhalts: Zu den im Antrag konkret gestellten Rechtsfragen bezogen auf den oben dargestellten – noch nicht verwirklichten – Sachverhalt werden nachfolgende Auskünfte erteilt bzw unterliegt der im Antrag auf Erteilung eines Auskunftsbescheids iSd § 118 BAO geschilderte (noch nicht verwirklichte) Sachverhalt folgender abgabenrechtlicher Beurteilung: Zur Frage 1) Entspricht die gewählte Verrechnungspreisgestaltung iSd § 6 Z 6 EStG und Art 9 DBA Deutschland-Österreich der Fremdüblichkeit (dem Arm’s length-Prinzip)? Nach einer E des UFS-Linz v 14. 3. 2005 dürfen die OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 1995 (idF kurz OECD-VPG), welche im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentlicht wurden, der österreichischen Finanzverwaltung als Auslegungsbehelf dienen. Nach der OECD-Empfehlung v 13. 7. 1995 und dem OECD-MA-Kommentar (s Z 3 zu Art 9) gelten die OECD-VPG als Auslegungsgrundsätze für die OECD-Staatengemeinschaft. Aus Sicht des Unabhängigen Finanzsenats ziehen daher diese OECD-Dokumente auch Rechtswirkungen in Österreich nach sich. Der UFS führt ua in dieser Entscheidung aus, dass „. . . zwar die Verrechnungspreisgrundsätze nur Empfehlungen einer internationalen Organisation sind, sie sind aber Auslegungsinstrument für alle von dieser Empfehlung betroffenen Rechtsnormen. Dies können Normen des Völkerrechtes (DBA) oder solche des innerstaatlichen Rechtes sein. a. Abs 1 des OECD-Kommentars zu Art 9 des OECD-MA beruft sich ausdrücklich auf die OECDVerrechnungspreisgrundsätze, bezieht diese damit in den rechtlichen Wirkungsbereich des OECD-Kommentars ein und hebt sie damit auf die bereits höchstgerichtlich anerkannte Bedeutungsebene des OECD-Kommentars. Aussagen über den rechtlichen Bedeutungswert des OECD-Kommentars sind daher auch für die OECDVerrechnungspreisgrundsätze relevant. Im OECD-Musterabkommen und seinem Kommentar festgeschriebene Auslegungsergebnisse strahlen auch auf die Auslegung des inländischen Rechtes aus (zB im Bereich der zinsenfreien Kreditgewährung). b. Als innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Umsetzung einer solchen OECD-konformen Verrechnungspreiskorrektur kann zB § 6 Z 6 EStG (subsidiär auch § 21 BAO) herangezogen werden.“ Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen sind gem § 6 Z 6 EStG mit den Werten anzusetzen, die im Falle einer Lieferung an einen vom Steuerpflichtigen völlig unabhängigen Betrieb angesetzt worden wären. Im Verhältnis zu Deutschland besteht weiters ein bilaterales Abkommen, welches iSd Artikel 9 DBA die Verrechnung zwischen verbundenen Unternehmen auf Basis des „arm’s length“-Prinzips iSd OECD-VPG interpretiert. Die Ermittlung des Fremdvergleichspreises des § 6 Z 6 EStG und die Ermittlung der Verrechnungspreise unterliegt daher auch dem Artikel 9 des DBA Deutschland-Österreich. Darüber hinaus sind die österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2010 (GZ-010221/2522IV/4/2010 v 28. 10. 2010) zu beachten.
Die Frage 1) ist daher (unter Einbeziehung der erteilten abgabenrechtlichen Beurteilung zu den Fragen 2 – 4) positiv zu beantworten. Die gewählte Verrechnungspreismethode bzw deren Anwendung entspricht somit der zugrunde gelegten Abgabenvorschrift des § 6 Z 6 EStG. Zur Frage 2) Entspricht die Methodik der Ermittlung auf Basis der Kostenaufschlagsmethode unter Berücksichtigung eines Gewinnaufschlags iHv 10% dem Fremdvergleichsgrundsatz iSd § 6 Z 6 EStG bzw iSv Art 9 DBA Deutschland-Österreich? Nach den OECD-VPG ist die Kostenaufschlagsmethode eine Verrechnungspreismethode, die jene Kosten heranzieht, die dem Lieferanten (oder dem Erbringer der Dienstleistung) bei einem konzerninternen Geschäft erwachsen. Es erfolgt ein angemessener Kostenaufschlag, um einen angemessenen Gewinn zu erzielen, der mit den wahrgenommenen Funktionen (unter Berücksichtigung des Kapitaleinsatzes und der übernommenen Risiken) und den Marktbedingungen im Einklang steht. Durch Hinzurechnung des Kostenaufschlags zu den genannten Kosten gelangt man zum Fremdpreis für das konzerninterne Geschäft. Diese Methode ist typischerweise bei Lohnfertigungs- und Dienstleistungsgesellschaften anzuwenden. Aufgrund der beschriebenen (geplanten) Geschäftsaktivitäten der Ö-GmbH in Österreich (Marktbearbeitung bzw Vermittlungsleistungen iVm Kundenaufträgen; diese Funktionen entsprechen letztendlich einer Geschäftsbesorgungsleistung) ist die österreichische Gesellschaft als Dienstleistungsgesellschaft einzustufen. Als fremdübliche Vergütungsform für Dienstleistungsgesellschaften ist, sofern die Preisvergleichsmethode nicht angewandt werden kann (lt Antrag liegen keine internen oder externen Preise für die erbrachten Dienstleistungen vor), die Kostenaufschlagsmethode als verlässlichste Methode iSd OECD-VPG anzuwenden. Zur Frage 3) Können als Kostenbasis die Plankosten herangezogen werden? Welche Kostenbasis bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode zur Anwendung gelangen kann, wird in den Rz 28 bis 32 der VPR 2010 näher besprochen. Als Ausgangsgröße können lt OECD-VPG sowohl (kalkulatorische) Kosten der Kostenrechnung, als auch (pagatorische) bilanzielle Aufwendungen herangezogen werden. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit der Kalkulation nach Ist-, Normal-, Durchschnittskosten (zeitliche Komponente) auf der einen Seite, bzw Grenzoder Plankosten (sachliche Komponente) auf der anderen Seite. Dem Fremdverhaltensgrundsatz am nächsten kommt der Ansatz kalkulatorischer Kosten, da der ordentliche Geschäftsleiter seine (Preis-)Kalkulationen auf diese stützen wird (und nicht auf buchhalterische Aufwendungen). Der Ansatz der Plankosten entspricht insofern dem Fremdverhaltensgrundsatz, wenn einerseits die iVm der Kalkulation auf Basis der Plankosten bestehenden Risken bzw Unsicherheitaxlex 2011
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BETRIEBSPRÜFUNG IN DER PRAXIS
ten (zB Materialpreissteigerungen, gestiegene Produktionskosten) der Ö-GmbH durch einen höheren Gewinnaufschlag (siehe dazu unter Frage 4) abgegolten werden, andererseits jedoch auch ein regelmäßiger Soll-Ist-Abgleich der Kosten durchzuführen ist. Gegebenenfalls sollten erhebliche Kostenabweichungen (größer 5%) zu vertraglich festzulegenden Nachverhandlungen führen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Antrag bzw der obigen Ausführungen zur Frage 3 entspricht die Ermittlung der Kostenbasis anhand der Plankosten dem Fremdverhaltensgrundsatz. Zur Frage 4) Liegt der gewählte Gewinnaufschlag im Rahmen der fremdüblichen Bandbreite? Der Gewinnaufschlag wird insb bei der Kostenaufschlagsmethode angewandt. Die Höhe bzw Angemessenheit des Gewinnaufschlags ist vom Ausmaß der Übernahme der Risiken und der Höhe der eingesetzten Mittel abhängig. Der Gewinnaufschlag muss dabei umso höher sein, je mehr Funktionen ausgeübt, je mehr Risiken übernommen und je mehr immaterielle Wirtschaftsgüter von einer Gesellschaft in den Gesamtwertschöpfungsprozess eingebracht werden. Die OECD-RL (vgl Z 2.32) schlagen vor, dass der Gewinnaufschlag idealtypisch durch Vergleich mit Gewinnaufschlägen ermittelt wird, die der gleiche Liefernde oder Leistende bei Lieferungen oder Leistungen gegenüber fremden Dritten ansetzt. Hilfsweise können auch Gewinnaufschläge aus vergleichbaren Transaktionen unabhängiger Dritter als Richtschnur genommen dienen. Als Bemessungsgrundlage für den Gewinnaufschlag werden sowohl die Selbstkosten als auch die Herstellungskosten genannt. Die Ermittlung der Selbstkosten (dh nach den Grundsätzen der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung ermittelte Vollkosten) ist jenem Berechnungsschema nachgebildet, welches das leistende Unternehmen – unter Berücksichtigung seiner Preis- und Marktstrategie – auch gegenüber fremden Dritten anwendet. Die Ermittlung des fremdüblichen Gewinnaufschlags erfolgt in Anlehnung an die Ausführungen des EU Joint Transfer Pricing Forum für Routinedienstleistungen („low value adding intra group-services“). Je nach Lage des Einzelfalls wird ein fremdüblicher Gewinnaufschlag in Höhe von 3 bis 10%, häufig jedoch 5% als angemessen angesehen. Aufgrund der Nähe der erbrachten Dienstleistung der Ö-GmbH zum Markt (Umsatzgeschäft mit fremden Dritten) einerseits sowie unter Berücksichtigung des Ansatzes der Plankosten als Kostenbasis andererseits (s unter Frage 3) ist ein Gewinnaufschlag am oberen Ende der oa Bandbreite im gegenständlichen Fall als fremdüblich zu wählen. Der im Antrag vorgeschlagene Gewinnaufschlag wird daher als fremdüblich innerhalb der Bandbreite angesehen. Betroffene Abgaben Körperschaftsteuer Laufzeit des Auskunftsbescheids Der Bescheid gilt antragsgemäß für die Körperschaftsteuer der Veranlagungsjahre 2011 – 2013. 294
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Berichtspflichten Als Beilage zur Abgabenerklärung 2011 ist zu berichten, ob und wann der zugrunde gelegte Sachverhalt verwirklicht worden ist. In einer Beilage zu den Abgabenerklärungen 2011 bis 2013 ist jeweils zu berichten, dass sich der zugrunde gelegte Sachverhalt in den wesentlichen Punkten nicht oder nicht wesentlich geändert hat. Diese Beilage hat eine (unter Umständen adaptierte) Funktions- und Risikoanalyse sowie eine (unter Umständen adaptierte) Wertschöpfungskettenanalyse zu enthalten, sowie einen Bericht über den durchgeführten Soll-Ist-Abgleich iVm der Kostenbasis. Praxistipp Zur Anwendbarkeit der OECD-VPG iVm § 6 Z 6 EStG s UFSL 14. 3. 2005, RV/2154-L/02. Zur Angemessenheit des Gewinnaufschlags s UFSW 6. 4. 2007, RV/4687-W/02, weiters EAS 1879, EAS 829, EAS 2128 sowie Macho/Steiner, Case Studies – Verrechnungspreise kompakt (2011) 102. Zu den Kostenbegriffen bzw der Höhe des Gewinnaufschlags s Macho/Spensberger/Steiner, Verrechnungspreise kompakt – Transfer Pricing in der Gestaltungs- und Prüfungspraxis2 (2011) insb Abschnitte 6.7.4 bzw 6.7.8.
SCHLUSSSTRICH
Nachfolgende Problemstellungen iVm Verrechnungspreisanfragen iSd § 118 BAO sind daher mE „ruling-fähig“: 1. Die Frage nach der zu wählenden Verrechnungspreismethode. 2. Die Frage nach der „richtigen“ Methodenanwendung (zB gilt dies insb bei Verrechnungspreisstudien zur Dokumentation der Angemessenheit der Verrechnungspreise hinsichtlich der ScreeningSchritte. Im Ergebnis entspricht diese Vorgangsweise bei der Erteilung eines Auskunftsbescheids iSd § 118 BAO zum Thema Verrechnungspreise der Überprüfung bzw Zustimmung, dass eine „mathematische Formel“ richtig ist. Wird die richtige Formel (Verrechnungspreismethode + Methodenanwendung) angewandt, müsste demnach auch das Ergebnis (sofern kein Rechenfehler!) richtig (dh, der Verrechnungspreis liegt innerhalb der zulässigen Bandbreite) sein. NÜTZLICHE LINKS Findok – ua Durchführungserlass zum § 118 BAO
https://findok.bmf.gv.at/ findok/
EU-Joint Transfer Pricing Forum – Low value adding intra group-services
http://ec.europa.eu/taxation_ customs/resources/documents/taxation/company_tax/ transfer_pricing/forum/jtpf/ 2010/jtpf_020_rev3_2009.pdf
Regierungsvorlage zum http://www.bmf.gv.at/Steuern/ § 118 BAO Fachinformation/NeueGesetze/Abgabennderungsgesetz2010/RVL_AbgAeG_Erl.pdf
EUROPA & STEUERN
EU Tax Update – August 2011 HANNES GURTNER / INES HOFBAUER-STEFFEL / GEORG KOFLER
RAT UND KOMMISSION taxlex-EU 2011/115
Rat Durchführungsbeschluss des Rates zur Ermächtigung Litauens, eine abweichende Regelung anzuwenden Mit dem Durchführungsbeschluss des Rates v 30. 5. 2011 wird die bestehende Ermächtigung für Litauen zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung (Jahresumsatz unter E 45.000,–) verlängert. Die Ermächtigung gilt bis zu dem Tag, an dem eine Richtlinie zur Änderung der Höchstgrenzen für den Jahresumsatz, bis zu dem die Steuerpflichtigen von der Steuer befreit werden können, in Kraft tritt oder bis zum 31. 12. 2014.1)
die polnischen Regelungen, wonach inländische Investment- und Pensionsfonds generell von der Körperschaftsteuer befreit sind, außerhalb Polens ansässige Fonds hingegen diese Befreiung nur unter bestimmten Bedingungen in Anspruch nehmen können (Verstoß gegen EU- bzw EWRDienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit – 2. Stufe des Verfahrens).6) Die Verfahren betreffen im indirekten Steuerrecht & die niederländischen Bestimmungen für Reisebüros, da diese die Differenzbesteuerungsregelung auch bei Verkäufen zwischen Reisebüros vorsehen (Klage beim EuGH);7) & die ungarischen Bestimmungen, die es Leasingnehmern nicht erlauben, beim Restwertleasing von Personenkraftwagen den Vorsteuerabzug zu nutzen (2. Stufe des Verfahrens).8) &
taxlex-EU 2011/116
Rat Durchführungsbeschluss des Rates zur Ermächtigung Rumäniens, eine abweichende Regelung anzuwenden Mit dem Durchführungsbeschluss des Rates v 20. 6. 2011 wird Rumänien ermächtigt, bei der Lieferung bestimmter Waren (Hartweizen, Roggen, Gerste, Mais, Sojabohnen etc) den Leistungsempfänger als Steuerschuldner zu bestimmen. Die Ermächtigung gilt vom 1. 6. 2011 bis zum 31. 5. 2013.2) taxlex-EU 2011/117
Kommission Vertragsverletzungsverfahren Die Kommission hat in den vergangenen Wochen mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten fortgeführt.3) Diese Verfahren betreffen im direkten Steuerrecht & die estnischen Vorschriften, wonach inländische Investmentfonds Anspruch auf eine Steuerbefreiung ihrer Einkommen aus Immobilienbesitz haben, während vergleichbare Fonds in anderen EU-Mitgliedstaaten und EWR-Staaten steuerpflichtig sind, so dass letztere eine höhere Steuerlast tragen müssen (Verstoß gegen EU- bzw EWR-Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit – 2. Stufe des Verfahrens);4) & die niederländischen Gruppenbesteuerungsregeln, wonach zwei niederländische Tochtergesellschaften einer gebietsfremden Muttergesellschaft untereinander keine Organschaft (zur Verwaltungsvereinfachung und zum Ausgleich von Gewinnen und Verlusten) bilden können (Verstoß gegen die EU- bzw EWR-Niederlassungsfreiheit – 2. Stufe des Verfahrens);5)
Dr. Hannes Gurtner WP/StB, ist Partner bei LeitnerLeitner; Dr. Ines Hofbauer-Steffel, StB, ist Managerin bei LeitnerLeitner und Lehrbeauftragte am Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht an der WU Wien; DDr. Georg Kofler, LL. M. (NYU), ist Universitätsprofessor an der Johannes-Kepler-Universität Linz. 1) Durchführungsbeschluss des Rates v 30. 5. 2011 zur Ermächtigung der Republik Litauen, eine von Artikel 287 der Richtlinie 2006/ 112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Regelung anzuwenden, ABl L 2011/150, 6 (9. 6. 2011). 2) Durchführungsbeschluss des Rates vom 20. 6. 2011 zur Ermächtigung Rumäniens, eine von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen, ABl L 2011/163, 26 (23. 6. 2011). 3) In den Klammerausdrücken in der folgenden Aufzählung ist der Stand des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art 258 AEUV (früher: Art 226 EG) angegeben (die 1. Stufe besteht in einem förmlichen Aufforderungsschreiben, die 2. Stufe in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme; sollten sodann die einschlägigen nationalen Bestimmungen nicht binnen zwei Monaten im Sinne der Kommission geändert werden, hat diese die Möglichkeit, die Angelegenheit an den EuGH zu verweisen). 4) Steuern: Kommission fordert Estland auf, benachteiligende Steuervorschriften für gebietsfremde Investmentfonds zu ändern, IP/11/718 (16. 6. 2011). 5) Steuern: Kommission fordert die Niederlande auf, benachteiligende Steuervorschriften für Organschaften zu ändern, IP/11/719 (16. 6. 2011). 6) Steuern: Kommission fordert Polen auf, benachteiligende Steuervorschriften für gebietsfremde Investment- und Pensionsfonds zu ändern, IP/11/720 (16. 6. 2011). 7) Steuern: Kommission verklagt die Niederlande wegen ihrer MwStVorschriften für Reisebüros, IP/11/716 (16. 6. 2011). 8) Steuern: Kommission fordert Ungarn auf, seine MwSt-Vorschriften über Restwertleasing von Pkw zu ändern, IP/11/717 (16. 6. 2011).
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EUROPA & STEUERN
URTEILE UND BESCHLÜSSE DES EUGH taxlex-EU 2011/118
C-285/10, Campsa de Estaciones de Servicio Besteuerungsgrundlage bei Unterschreiten des Marktpreises 1993 veräußerte Campsa an ein mit ihm verbundenes Unternehmen Tankstellen, die sich in Spanien befinden. Da der dem Veräußerungsgeschäft zugrunde liegende Kaufpreis (und damit die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer) unter dem Marktpreis lag, wurde dieser nicht anerkannt, sondern von Amts wegen auf jene (höhere) Bemessungsgrundlage hochgeschleust, die bei den einer Lieferung oder sonstigen Leistung gleichgestellten Vorgängen (Entnahmeoder Verwendungseigenverbrauch) zur Anwendung kommt. Da Spanien zu diesem Zeitpunkt über keine Ermächtigung (iSd Art 395 der RL 2006/112) zur Einführung einer von der allgemeinen Regel des Art 11 Teil A Abs 1 lit a der 6. MwSt-RL (= Art 73 der RL 2006/112) abweichenden Maßnahme verfügte, war insb fraglich, ob die Erhöhung der Bemessungsgrundlage erlaubt ist. Der EuGH kommt in seinem Urteil vom 9. 6. 20119) zu folgendem Ergebnis: Die (6. MwSt-RL) ist dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehrt, auf Umsätze der im Ausgangsverfahren fraglichen Art zwischen verbundenen Parteien, die einen erkennbar unter dem normalen Marktpreis liegenden Preis vereinbart haben, eine andere Regel für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage als die in Art 11 Teil A Abs 1 Buchst. a dieser Richtlinie vorgesehene allgemeine Regel anzuwenden, indem er die Anwendung der Regeln für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage für die Entnahme oder die Verwendung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen für private Zwecke des Steuerpflichtigen im Sinne von Art 5 Abs 6 und Art 6 Abs 2 dieser Richtlinie auf diese Umsätze erstreckt, obwohl dieser Mitgliedstaat nicht das Verfahren nach Art 27 dieser Richtlinie befolgt hat, um die Ermächtigung zur Einführung einer solchen von der allgemeinen Regel abweichenden Maßnahme zu erhalten.
Anmerkung: Der EuGH stellt mit Hinweis auf das Urteil in der Rs Hotel Scandic Gasabäck10) klar, dass ein „Umsatz gegen Entgelt“ dann vorliegt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung besteht, auch wenn dieser unter dem Marktpreis oder sogar unter den Selbstkosten liegt.11) Folglich ist als Bemessungsgrundlage nach den allgemeinen Bestimmungen des Art 73 der RL 2006/112 das hierfür tatsächlich geleistete Entgelt heranzuziehen. Eine Anwendung der Bemessungsgrundlage des Art 74 der RL 2006/112 für einen einer Lieferung oder sonstigen Leistung gleichgestellten Vorgang fände nur dann Anwendung, wenn unentgeltliche Umsätze iSd Art 16 und 18 der RL 2006/112 vorliegen würden, was aber aufgrund des tatsächlich geleisteten (wenn auch unter dem Marktpreis liegenden) Entgelts nicht der Fall ist.12) Ein Hochschleusen des tatsächlichen Entgelts auf den Marktpreis wäre bei verbundenen Unternehmen nach Art 80 ff der RL 2006/112 (Mindestbemessungsrundlage bei verbundenen Unternehmen, was 296
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aber der Unterrichtung des Mehrwertsteuerausschusses bedarf) oder nach Art 395 der RL 2006/112 (allgemeine Ausnahmeregelung im Mehrwertsteuersystem, was aber einer Ermächtigung durch den Rat bedarf) möglich. Da Spanien über keine entsprechende Ermächtigung verfügte, ist folglich als Bemessungsgrundlage das tatsächlich geleistete Entgelt heranzuziehen. taxlex-EU 2011/119
C-10/10, Kommission/Österreich Diskriminierende Spendenabzugsfähigkeit Die Europäische Kommission hat Österreich wegen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art 63 AEUV bzw Art 40 EWR-A) geklagt, weil nach österreichischem Recht lediglich Spenden, die an Forschungs- und Lehreinrichtungen im Inland geleistet werden, steuerlich abzugsfähig sind (nunmehr § 4 a Z 1 EStG).13) Das österreichische Argument, dass es sich um eine zulässige Einschränkung der Spendenbegünstigung auf Sachebene handle, die den Staat iS der Rs Stauffer14) von seiner ihm sonst zufallenden Finanzierungsverpflichtung entlastet, lässt die Kommission nicht gelten, da die streitgegenständlichen Vorschriften rein nach geografischen Kriterien und unabhängig vom Zweck der dadurch geförderten Einrichtungen unterscheiden. Überdies sei die von der Republik Österreich behauptete Wechselwirkung zwischen direkter staatlicher Finanzierung und steuerlich geförderten Zuwendungen Privater nicht belegt.15) Nach Ansicht des EuGH nimmt Österreich eine Unterscheidung allein nach dem Kriterium der Ansässigkeit des Spendenempfängers vor. Das Vorbringen Österreichs beschränkt sich auf die Befürchtung, dass eine räumliche Ausdehnung steuerlich abzugsfähiger Spenden zu einer Verlagerung der derzeit den österreichischen Einrichtungen zufließenden Spenden führen würde. Dies stellt jedoch keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar. Der EuGH stellte daher in seinem Urteil v 16. 6. 201116) fest, dass [d]ie Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art 56 EG und Art 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 verstoßen [hat], dass sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben nur im Fall von in Österreich ansässigen Einrichtungen zugelassen hat.
Anmerkung: Erwartungsgemäß folgte der EuGH den Schlussanträgen von GA Trstenjak17) und stellte die Vertragsverletzung Österreichs fest. Österreich 9) EuGH 9. 6. 2011, C-285/10, Campsa de Estaciones de Servicio. 10) EuGH 20. 1. 2005, C-412/03, Hotel Scandic Gasabäck, Slg 2005, I-743. 11) Rz 27 des Urteils. 12) Rz 26 des Urteils. 13) Die Klage umfasst ausschließlich § 4 a Z 1 lit a – d EStG, nicht jedoch Z 1 lit e oder Z 2 EStG. 14) EuGH 14. 9. 2006, C-386/04, Stauffer, Slg 2006, I-8203. 15) Vgl auch Kühbacher, ÖStZ 2010/99, 51 ff. 16) EuGH 16. 6. 2011, C-10/10, Kommission/Österreich. 17) Schlussanträge GA Trstenjak 8. 3. 2011, C-10/10, Kommission/Österreich.
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hat nunmehr die Spendenabzugsfähigkeit in europarechtskonformer Weise neu zu regeln. In der Neufassung des § 4 a EStG durch das AbgÄG 2011 ist dies noch nicht enthalten. Bis zu einer Neuregelung gilt die in § 4 a Z 1 lit a – d EStG normierte Abzugsfähigkeit auch für an äquivalente Einrichtungen im EUund EWR-Raum gegebene Spenden. taxlex-EU 2011/120
C-212/10, Logstor Wiedereinführung der Gesellschaftsteuer Die Rs Logstor geht der Frage nach, ob ein Land bei zwischenzeitiger Nichterhebung der Gesellschaftsteuer für bestimmte Zuführungen von Kapital an Gesellschaften diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder einführen darf. Polen erhob zwischen 1. 1. 2007 und 31. 12. 2008 keine Gesellschaftsteuer auf bestimmte Gesellschafterdarlehen. Gemäß dem Urteil des EuGH v 16. 6. 201118) verwehrt es jedoch Art 4 Abs 2 der Kapitalansammlungsrichtlinie,19) eine Gesellschaftsteuer wieder einzuführen, die auf die Darlehensaufnahme durch eine Kapitalgesellschaft erhoben wird, wenn der Darlehensgeber Anspruch auf eine Beteiligung an den Gesellschaftsgewinnen hat, falls dieser Mitgliedstaat zuvor auf die Erhebung dieser Steuer verzichtet hatte. Gemäß dem EuGH ist auch für Beitrittsländer auf die Rechtslage zum 1. 7. 1984 abzustellen, nicht jedoch auf den Beitrittszeitpunkt, sofern die Beitrittsakte oder ein anderer Unionsrechtsakt nichts anderes bestimmen, selbst wenn dieser Zeitpunkt vor dem Beitrittszeitpunkt liegt.20) taxlex-EU 2011/121
C-262/09, Meilicke ua Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer – Verfahrensfragen In seinem im Jahr 2007 ergangenen Urteil in der Rs Meilicke 21) erachtete der EuGH das Verbot der Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuern auf die auf Dividendenerträge erhobene Einkommensteuer natürlicher Personen im Zuge eines wie in Deutschland früher bestehenden körperschaftsteuerlichen Anrechnungssystems – Deutschland sah eine Einkommensteuergutschrift in Höhe von 3/7 der Dividendenausschüttung vor, was einem Körperschaftsteuersatz von 30% entspricht – als mit dem Unionsrecht unvereinbar. Vielmehr seien auch die auf grenzüberschreitende Ausschüttungen erhobenen ausländischen Körperschaftsteuern anrechnungsfähig. Hierzu traten im Anschluss Umsetzungsfragen iZm der tatsächlichen Ermittlung der im Ausland angefallenen Körperschaftsteuer und der erforderlichen Form der Nachweisführung auf. Das FG Köln stellte nämlich fest, dass sich die Höhe der im Ausland gezahlten Körperschaftsteuer in der Praxis nicht bestimmen lasse, sodass sich das FG Köln wiederum an den EuGH wandte. In seinem Urteil v 30. 6. 2011 kommt dieser zu folgendem Ergebnis:22) 1. Die Art 56 EG und 58 EG stehen bei der Berechnung der Höhe der Steuergutschrift, auf die ein in einem Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtiger Anteilseigner in Verbin-
dung mit von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Kapitalgesellschaft gezahlten Dividenden Anspruch hat, in dem Fall, dass die nach den Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt wurden, der Anwendung einer Vorschrift wie § 36 Abs 2 Satz 2 Nr 3 des Einkommensteuergesetzes vom 7. September 1990 in der Fassung des Gesetzes vom 13. September 1993 entgegen, wonach die auf ausländischen Dividenden lastende Körperschaftsteuer in Höhe des Bruchteils, der der Körperschaftsteuer auf von Gesellschaften des erstgenannten Mitgliedstaats ausgeschüttete Bruttodividenden entspricht, auf die von dem Anteilseigner zu entrichtende Einkommensteuer angerechnet wird. Die Steuergutschrift ist nach Maßgabe des Körperschaftsteuersatzes zu berechnen, der nach dem Recht des Sitzmitgliedstaats der ausschüttenden Gesellschaft auf die ausgeschütteten Dividenden angewandt wird, wobei der gutzuschreibende Betrag indessen nicht den Betrag der Einkommensteuer übersteigen kann, den der begünstigte Anteilseigner in dem Mitgliedstaat, in dem er unbeschränkt steuerpflichtig ist, auf die bezogenen Dividenden zu entrichten hat. 2. Die Art 56 EG und 58 EG stehen in Bezug auf das Maß an Präzision, das die Nachweise aufweisen müssen, die erforderlich sind, um in den Genuss einer Steuergutschrift in Verbindung mit Dividenden zu kommen, die von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem gezahlt werden, in dem der Empfänger unbeschränkt steuerpflichtig ist, der Anwendung einer Vorschrift wie § 36 Abs 2 Satz 2 Nr 3 Satz 4 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes vom 7. September 1990 in der Fassung des Gesetzes vom 13. September 1993 entgegen, wonach die Detailliertheit und die Präsentationsform der Nachweise, die ein solcher Empfänger beizubringen hat, der Detailliertheit und der Präsentationsform entsprechen müssen, die verlangt werden, wenn die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz im Besteuerungsmitgliedstaat des Empfängers hat. Die Steuerbehörden des letztgenannten Mitgliedstaats sind befugt, von dem Empfänger die Vorlage von Belegen zu verlangen, anhand deren sie eindeutig und genau überprüfen können, ob die in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Steuergutschrift vorliegen, ohne dass sie dabei die Steuergutschrift schätzen dürfen. 3. Der Effektivitätsgrundsatz steht einer nationalen Regelung – wie sie sich aus § 175 Abs 2 Satz 2 der Abgabenordnung in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EURichtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften in Verbindung mit Art 97 § 9 Abs 3 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 in seiner geänderten Fassung ergibt – entgegen, die es rückwirkend und ohne Einräumung einer Übergangsfrist verwehrt, eine Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer auf Dividenden, die von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gezahlt wurden, dadurch zu erlangen, dass entweder eine den Anforderungen des Mitgliedstaats, in dem der Empfänger der Dividenden unbeschränkt steuerpflichtig ist, genügende Bescheinigung über diese Steuer oder Belege vorgelegt werden, anhand deren die Steuerbehörden dieses Mitgliedstaats eindeutig und genau überprüfen können, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines 18) EuGH 16. 6. 2011, C-212/10, Logstor. 19) RL 69/335/EWG des Rates v 17. 7. 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der durch die RL 85/ 303/EWG des Rates v 10. 6. 1985 geänderten Fassung. 20) Rz 33 des Urteils. Vgl auch EuGH 21. 6. 2007, C-366/05, Optimus – Telecomunicações, Slg 2007, I-4985. 21) EuGH 6. 3. 2007, C-292/04, Meilicke ua, Slg 2007, I-1835. 22) EuGH 30. 6. 2011, C-262/09, Meilicke ua. Vgl auch Schlussanträge GA Trstenjak 13. 1. 2011, C-262/09, Meilicke ua.
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EUROPA & STEUERN
Steuervorteils vorliegen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu bestimmen, welche Frist für die Vorlage dieser Bescheinigung oder dieser Belege angemessen ist.
SCHLUSSANTRÄGE
Anmerkung: Das vorlegende Gericht wollte wissen, ob es der Kapitalverkehrsfreiheit widerspricht, dass es zu einer Körperschaftsteueranrechnung in Höhe von 3/7 der Dividendenausschüttung – das heißt im Ausmaß eines rein inländischen Sachverhalts – kommt, wenn die erforderlichen Nachweise für die Inanspruchnahme einer Steuergutschrift nicht vorgelegt wurden. Dem hat der EuGH zugestimmt. Die Steuergutschrift ist nämlich nach Maßgabe des Körperschaftsteuersatzes zu berechnen, der im Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft zur Anwendung kommt. Die Körperschaftsteuergutschrift kann aber nicht die Einkommensteuer übersteigen, die der Gesellschafter in seinem Ansässigkeitsstaat auf die bezogenen Dividenden zu entrichten hat. Der Ansässigkeitsstaat ist nicht dazu verpflichtet, eine Steuer rückzuerstatten, die ihren Ursprung im Steuersystem eines anderen Mitgliedstaats hat; andernfalls wäre die Steuerautonomie des Ansässigkeitsstaates durch die Ausübung der Steuerhoheit eines anderen Mitgliedstaats beschränkt.23) Schätzungen lehnt der EuGH als Nachweisform für eine Steuergutschrift ab. Andererseits dürfen die Anforderungen an die Nachweisführung nicht zu formalistisch sein, sofern gewährleistet ist, dass aus den vorgelegten Unterlagen klar und genau – iS der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle – ersichtlich ist, ob die Anwendungsvoraussetzungen für die Steuergutschrift erfüllt sind. Der Steuerpflichtige darf daher nicht absolut daran gehindert werden, äquivalente Nachweise zu erbringen, die formalrechtlich anderen Kriterien entsprechen als jenen Nachweisen, die im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen vorgesehen sind.24) Entsprechend der Rspr des EuGH in der Rs Haribo und Salinen25) liegen die Beweislast und das Risiko, keine ausreichenden Dokumente vorlegen zu können, ausschließlich beim Steuerpflichtigen. Der Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, sich die erforderlichen Unterlagen im Wege eines Amtshilfeverfahrens zu besorgen.26) Nach dem ersten Meilicke-Urteil hatte Deutschland seine Rechtslage rückwirkend geändert, ohne den betroffenen Anteilseignern durch eine Übergangsregelung zu ermöglichen, ihren Anspruch auf eine Steuergutschrift geltend zu machen. Einer solchen Gesetzesänderung steht aber der Effektivitätsgrundsatz entgegen. Den Steuerpflichtigen muss vielmehr eine angemessene Frist zur Geltendmachung ihres Anspruchs eingeräumt werden. Was im konkreten Fall als angemessen anzusehen ist, ist vom nationalen Gericht festzusetzen.
C-240/10, Schulz-Delzers und Schulz Inlandsbezogene Steuerfreiheit von Bezügen
23) Rz 33 f des Urteils. Vgl auch EuGH 12. 12. 2006, C-446/04, Test Claimants in the FII Group Litigation, Slg 2006, I-11753 Rz 47 und 52. 24) Vgl auch schon EuGH 10. 3. 2005, C-39/04, Laboratoires Fournier, Slg 2005, I-2057 Rz 25; 27. 1. 2009, C-318/07, Persche, Slg 2009, I-359 Rz 53. 25) EuGH 10. 2. 2011, C-436/08 und C-437/08, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, insb Rz 98. 26) EuGH 10. 2. 2011, C-436/08 und C-437/08, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Rz 101 f mwN.
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taxlex-EU 2011/122
§ 3 Nr 64 dEStG begünstigt gewisse Bezugsbestandteile eines Arbeitnehmers, wobei im Ergebnis die Begünstigung nicht zusteht, wenn der Steuerpflichtige zu einer ausländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis steht, dafür Arbeitslohn aus einer ausländischen öffentlichen Kasse bezieht und die Bezüge für eine Tätigkeit im Inland geleistet werden. Frau Schulz-Delzers lebte in den relevanten Veranlagungsjahren mit ihrem Ehemann in Deutschland, arbeitete jedoch als Beamtin (Lehrerin) in einer deutsch-französischen Schule in Deutschland. Neben ihren Bezügen erhielt sie Wohnortzulagen als Kaufkraftausgleich bzw für unterhaltsberechtigte Kinder. Sie beantragte als in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige eine gemeinsame Veranlagung mit ihrem Ehemann („Ehegatten-Splitting“). Die Zulagen wurden hierbei progressionserhöhend berücksichtigt, während vom deutschen Staat für seine Auslandsbeamten bezahlte Zulagen steuerfrei behandelt werden. GA Mengozzi verneinte in seinen Schlussanträgen v 26. 5. 2011 eine Verletzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45 AEUV):27) Art 45 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer mitgliedstaatlichen Rechtsvorschrift wie § 3 Nr 64 des deutschen Einkommensteuergesetzes, durch die bestimmte zusätzliche Einkünfte, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer aufgrund einer außerhalb dieses Mitgliedstaats ausgeübten Tätigkeit beziehen, von der Steuer befreit werden, nicht entgegensteht, auch wenn die Anwendung dieser Vorschrift nicht auf zusätzliche Einkünfte erstreckt wird, die zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eines anderen Mitgliedstaats in einem Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer aufgrund einer in dem erstgenannten Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit beziehen.
Anmerkung: Nach Ansicht des GA wird Frau Schulz-Delzers nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert, da sie nicht mit einem deutschen Staatsangehörigen vergleichbar sei, der aufgrund seiner im Ausland in einem Dienstverhältnis zu Deutschland ausgeübten Tätigkeit Wohnortzulagen beziehe. Eine Situation iS der Schumacker-Doktrin liege nämlich nicht vor, da Frau Schulz-Delzers keine Gebietsfremde sei, die begehrt, in derselben Weise behandelt zu werden wie ein Gebietsansässiger. Darüber hinaus beziehe sie – nicht wie ein deutscher Auslandsbeamte – ihre Zulagen von Frankreich. Anders als in der Rs Schumacker 28) sind also der Beschäftigungsstaat des Gebietsansässigen und der des Gebietsfremden verschieden. Die Steuerpflichtige werde daher derselben steuerlichen Behandlung unterworfen wie alle anderen in Deutschland ansässigen Personen. Es liege auch keine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vor, da sie keine Einkunftseinbußen 27) Schlussanträge GA Mengozzi 26. 5. 2011, C-240/10, Schulz-Delzers und Schulz. 28) EuGH 14. 2. 1995, C-279/93, Schumacker, Slg 1995, I-225.
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erlitten hat. Ohne ihre Tätigkeit außerhalb Frankreichs hätte sie keine Wohnortzulagen bezogen. Weiters kam es zur Berücksichtigung dieser Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts nur, weil sie mit ihrem Ehemann eine gemeinsame Veranlagung beantragt hat. Ohne diese Veranlagung wäre es zu keiner Progressionserhöhung gekommen, da ihre einzigen Einkünfte, die sie von Frankreich bezogen hat, gemäß dem DBA in Deutschland nicht steuerpflichtig waren. taxlex-EU 2011/123
C-218/10, ADV Allround Gestellung von Personal Die Geschäftstätigkeit der ADV Allround bestand im streitgegenständlichen Jahr 2005 in der Gestellung selbständiger Lastkraftwagenfahrer an Speditionen in Deutschland und im Ausland (insb Italien). Die Speditionen forderten bei Bedarf telefonisch bei ADV Allround die Gestellung eines Fahrers an. ADV Allround ging davon aus, dass es sich bei den erbrachten Leistungen um die „Gestellung von Personal“ (iSd Art 9 Abs 2 lit e der 6. MwSt-RL = Art 59 lit f der RL 2006/112) handelt, welche am Empfängerort und somit in Italien steuerbar sind. Das für ADV Allround zuständige Finanzamt vertrat jedoch die Ansicht, dass es sich bei der Gestellung von Personal um beim leistenden Unternehmer abhängig beschäftigtes Personal handeln muss, weshalb sich der Leistungsort der erbrachten Leistungen in Deutschland, am Sitz von ADV Allround, befindet. ADV Allround stellte daher nachträglich Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis aus. Den italienischen Speditionen wurde jedoch der Vorsteuerabzug im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens verweigert, da das für das Vorsteuererstattungsverfahren zuständige Bundeszentralamt für Steuern wiederum – anders als das für ADV Allround zuständige Finanzamt – vom Vorliegen einer Personalgestellung mit Leistungsort Italien ausging. Unklar war in dieser Rechtssache einerseits der Leistungsort, und andererseits stellte sich die Frage, ob das nationale Verfahrensrecht Vorkehrungen dafür treffen muss, dass die Steuerbarkeit und Steuerpflicht ein und derselben Leistung beim leistenden und beim leistungsempfangenden Unternehmer gleich beurteilt wird, auch wenn für beide Unternehmer verschiedene Finanzbehörden zuständig sind. In seinen Schlussanträgen v. 28. 6. 201129) kommt GA Mazák zu folgendem Ergebnis: – Art 9 Abs 2 Buchst. e (der 6. MwSt-RL) ist dahin auszulegen, dass die „Gestellung von Personal“ auch die Gestellung von selbständigem, nicht beim Dienstleistenden abhängig beschäftigtem Personal umfasst; – (die 6. MwSt-RL) und insbesondere die Vorschriften über das Vorsteuerabzugsrecht, verlangen nicht, dass das nationale Verfahrensrecht besondere Vorkehrungen trifft, um zu gewährleisten, dass unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles die Steuerbarkeit und Steuerpflicht ein und derselben Leistung beim leistenden und beim leistungsempfangenden Unternehmer gleich beurteilt wird, auch wenn für beide Unternehmer verschiedene Finanzbehörden zuständig sind.
Anmerkung: GA Mazák stellt zunächst klar, dass Art 59 der RL 2006/112 anstelle eines spezifischeren
Begriffs wie „Arbeitnehmer“ oder „abhängig Beschäftigter“ den allgemeinen Begriff „Personal“ verwendet, welcher sich daher nicht notwendigerweise auf Personen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bezieht. Hauptmerkmal einer Personalgestellung ist vielmehr, dass der Leistungsempfänger Personal oder Arbeitskräfte erhält, unabhängig davon, wie das vertragliche Verhältnis zwischen dem Dienstleistenden und den gestellten Personen ist.30) Wird der Begriff „Personal“ in der RL 2006/112 verwendet, kommt ihm dabei nicht notwendigerweise stets die gleiche Bedeutung zu. So verfolgen etwa die Art 16 und 26 der RL 2006/112 einen anderen Zweck (Besteuerung des Letztverbrauchs) als Art 59, welcher zur Ortsbestimmung heranzuziehen ist. Folglich ist der Kontext der einzelnen Bestimmungen zu berücksichtigen, in denen dieser Begriff verwendet wird.31) Bezüglich der Auffassungsunterschiede der beiden Finanzbehörden stellt der GA klar, dass zwar das Vorabentscheidungsverfahren eine einheitliche Auslegung des Unionsrechts gewährleisten soll, darüber hinaus jedoch keine Verpflichtung besteht, Verwaltungsverfahren so zu koordinieren, dass in jedem Fall von den betroffenen Behörden eine einheitliche Haltung in Bezug auf Bestimmungen des Unionsrechts eingenommen wird (vorausgesetzt, dass ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz gegen Entscheidungen von Verwaltungsbehörden gewährleistet wird).32)
VORLAGEFRAGEN UND VERTRAGSVERLETZUNGSVERFAHREN taxlex-EU 2011/124
C-80/11, Mahagében Vorsteuerabzug und innergemeinschaftlicher Erwerb Die Rs Mahagében betrifft ein Vorabentscheidungsverfahren des Baranya Megyei Bíróság (Ungarn).33) Dem Gerichtshof werden folgende Fragen vorgelegt: 1. Ist (die RL 2006/112) dahin auszulegen, dass einem Mehrwertsteuerpflichtigen, der die materiellen Voraussetzungen der Richtlinie für den Vorsteuerabzug erfüllt, sein Recht auf Vorsteuerabzug durch nationale Vorschriften oder Praktiken entzogen werden kann, die den Abzug der beim Erwerb von Gegenständen gezahlten Vorsteuer untersagen, wenn die Rechnung das einzige wahrheitsgemäße Dokument für den Nachweis der Lieferung der Gegenstände ist und der Steuerpflichtige kein vom Aussteller der Rechnung ausgestelltes Dokument besitzt, das dem Nachweis dient, dass dieser über die Gegenstände verfügte, sie liefern konnte und seinen Erklärungspflichten nachgekommen ist? Kann ein Mitgliedstaat, um die ordnungsgemäße Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, auf der Grundlage von Art 273 der Richtlinie verlangen, dass der Empfänger der Rechnung im Besitz eines weiteren Dokuments ist, das dem Nachweis dient, dass der Aussteller der Rechnung über die Ge29) 30) 31) 32) 33)
Schlussanträge GA Mazák, 28. 6. 2011, C-218/10, ADV Allround. Rz 26 f der Schlussanträge. Rz 28 der Schlussanträge. Rz 68 f der Schlussanträge. ABl C 2011/179, 7 (18. 6. 2011).
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genstände verfügte und dass diese an den Rechnungsempfänger geliefert oder zu ihm befördert wurden? 2. Ist der Begriff der Sorgfaltspflicht in § 44 Abs 5 des ungarischen Mehrwertsteuergesetzes, auf dessen Grundlage die Steuerbehörde und die Rechtsprechung vom Rechnungsempfänger verlangen, dass er sich vergewissern muss, ob der Rechnungsaussteller mehrwertsteuerpflichtig ist, er die Gegenstände in seinen Büchern erfasst hat und er seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und Abführung der Mehrwertsteuer nachgekommen ist, mit den Grundsätzen der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit, die der Gerichtshof wiederholt im Zusammenhang mit der Durchführung der Richtlinie anerkannt hat, vereinbar? 3. Sind die Art 167 und 178 Buchst. a (der RL 2006/ 112) dahin auszulegen, dass sie nationalen Vorschriften oder Praktiken entgegenstehen, die das Recht auf Vorsteuerabzug von der Voraussetzung abhängig machen, dass der Steuerpflichtige, der die Rechnung empfängt, nachweisen kann, dass die Gesellschaft, die die Rechnung ausgestellt hat, vorschriftsmäßig handelt?
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C-142/11, Dávid Beschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug Die Rs Dávid betrifft ein Vorabentscheidungsverfahren des Jász-Nagykun-Szolnok Megyei Bíróság (Ungarn).34) Dem Gerichtshof werden folgende Fragen vorgelegt: 1. Ist die Regelung über den Vorsteuerabzug in (der 6. MwSt-RL) oder in der im Jahr 2007 anzuwendenden (RL 2006/112) dahin auszulegen, dass die Steuerverwaltung – auf der Grundlage einer verschuldensunabhängigen Haftung – das Recht auf Vorsteuerabzug, das der Steuerpflichtige ausüben will, beschränken oder entziehen kann, wenn der Aussteller der Rechnung nicht nachweisen kann, dass ein Einsatz von weiteren Subunternehmern rechtmäßig erfolgt war? 2. Kann die Steuerverwaltung, wenn sie die Durchführung des wirtschaftlichen Vorgangs, der in der Rechnung niedergelegt ist, nicht anzweifelt und diese Rechnung auch die formellen gesetzlichen Anforderungen erfüllt, rechtmäßig die Erstattung der Mehrwertsteuer ablehnen, wenn es nicht möglich ist, die Identität der übrigen Subunternehmer festzustellen, deren sich der Aussteller der Rechnung bedient hat, oder wenn die Subunternehmer bei der Ausstellung der Rechnungen die einschlägigen Vorschriften nicht beachtet haben? 3. Ist die Steuerverwaltung, die die Erstattung der Mehrwertsteuer unter den in der zweiten Frage dargestellten Umständen ablehnt, verpflichtet, im Verwaltungsverfahren nachzuweisen, dass der Steuerpflichtige, der von dem Recht auf Vorsteuerabzug Gebrauch macht, wusste, dass die Unternehmen, die in der Kette der Subunternehmer hinter ihm stehen, rechtswidrig handelten und dabei möglicherweise das Ziel verfolgten, die Steuer zu umgehen, oder dass der Steuerpflichtige sogar kollusiv mit ihnen zusammenwirkte?
taxlex-EU 2011/126
C-95/11, Kommission/Dänemark Teilnahme von Nichtsteuerpflichtigen an einer Organschaft Die Rs Kommission/Dänemark betrifft die Einbeziehung von Nichtsteuerpflichtigen in eine Mehrwert300
taxlex 2011
steuergruppe (Organschaft).35) Die Kommission beantragt festzustellen, dass das Königreich Dänemark dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art 9 und 11 (der RL 2006/112) verstoßen hat, das es Nichtsteuerpflichtigen erlaubt, einer Mehrwertsteuergruppe beizutreten.
taxlex-EU 2011/127
C-153/11, OOD Klub Unternehmerische Nutzung und Vorsteuerabzug Die Rs OOD Klub betrifft ein Vorabentscheidungsverfahren des Administrativen Sad Varna (Bulgarien).36) Dem Gerichtshof werden folgende Fragen vorgelegt: 1. Ist Art 168 Abs 1 Buchst. a (der Richtlinie 2006/112) dahin auszulegen, dass – nachdem der Steuerpflichtige sein Wahlrecht ausgeübt und eine Immobilie, die ein Investitionsgut darstellt, dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat – zu vermuten ist (dh bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen ist), dass dieser Gegenstand für die Zwecke der vom Steuerpflichtigen bewirkten steuerbaren Umsätze verwendet wird? 2. Ist Art 168 Abs 1 Buchst. a (der RL 2006/112) dahin auszulegen, dass das Recht auf Vorsteuerabzug beim Kauf einer Immobilie, die dem Unternehmensvermögen eines Steuerpflichtigen zugeordnet wurde, sofort in dem Steuerzeitraum entsteht, in dem die Steuer fällig geworden ist, und zwar ungeachtet des Umstands, dass die Immobilie angesichts des Fehlens der vom Gesetz verpflichtend vorgesehenen Bewilligung ihrer Inbetriebnahme nicht genutzt werden kann? 3. Steht eine Verwaltungspraxis wie die der Natsionalna Agentsia po Prihodite, wonach das von mehrwertsteuerpflichtigen Personen hinsichtlich von ihnen gekaufter Investitionsgüter geltend gemachte Recht auf Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt wird, dass diese Güter für den privaten Bedarf der Eigentümer der Gesellschaften verwendet werden, ohne dass bei dieser Nutzung Mehrwertsteuer erhoben wird, mit der Richtlinie und der Rechtsprechung zu ihrer Auslegung im Einklang? 4. Steht in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens der Gesellschaft, der Klägerin, ein Recht auf Vorsteuerabzug beim Kauf einer Immobilie – einer Maisonette in Sofia – zu?
taxlex-EU 2011/128
C-189/11, Kommission/Königreich Spanien Sonderregelungen für Reisebüros Die Rs Kommission/Königreich Spanien betrifft die spanische Umsetzung der Sonderreglung für Reisebüros.37) Die Kommission beantragt festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art 306 bis 310, 226, 168, 169 und 73 (der RL 2006/112) verstoßen hat, dass es die Sonderregelung für Reisebüros in den Fällen anwendet, in denen die Reiseleistungen einer vom Reisenden verschiedenen Person verkauft worden sind;
34) 35) 36) 37)
ABl ABl ABl ABl
C 2011/179, 10 C 2011/186, 11 C 2011/186, 12 C 2011/186, 16
(18. 6. 2011). (25. 6. 2011). (25. 6. 2011). (25. 6. 2011).
EUROPA & STEUERN
dass es von der Anwendung dieser Sonderregelung die Verkäufe der Reisen ausschließt, die von Reiseveranstaltern organisiert und durch Reisebüros, die im eigenen Namen auftreten, an die Öffentlichkeit verkauft werden; dass es Reisebüros unter bestimmten Umständen gestattet, in der Rechnung einen globalen Betrag auszuweisen, der nicht in Beziehung zu der tatsächlichen an den Kunden weitergege-
benen Mehrwertsteuer steht, und diesem gestattet, obwohl er steuerpflichtig ist, diesen globalen Betrag von der zu zahlenden Mehrwertsteuer abzuziehen, und dass es Reisebüros, soweit sie von der Sonderregelung Gebrauch machen, erlaubt, die Steuerbemessungsgrundlage global für jeden Besteuerungszeitraum festsetzen.
Steuer-Radar
STEUER-RADAR
CHRISTIAN HUBER / PETER PICHLER
ERTRAGSTEUERN taxlex-SRa 2011/72
§ 19 EStG Verzicht auf Entgelte Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft auf bestehende oder künftige Entgeltansprüche, so fließen ihm insoweit keine Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu, als er dadurch eine tatsächliche Vermögenseinbuße erleidet. BFH 3. 2. 2011, VI R 4/10 taxlex-SRa 2011/73
§ 20 EStG Abzugsfähigkeit von vorsätzlichen Schäden Wenn ein Dienstnehmer aus Veruntreuungen (nichtselbständige) Einkünfte erzielt (durch Bezahlung von Scheinrechnungen, die zu 80% an ihn zurückflossen), dann ist der später dafür bezahlte Schadenersatz als Werbungskosten anzuerkennen. Entscheidend ist, ob das schuldhafte Verhalten aus privaten oder beruflichen Gründen gesetzt worden ist. Eine Strafe ist hingegen bei schwerem Verschulden nicht absetzbar. VwGH 28. 4. 2011, 2008/15/0259 taxlex-SRa 2011/74
§ 24 Abs 6 EStG Hauptwohnsitzbegünstigung und Nachversteuerung &
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Da die Betriebsverpachtung im Jahr 2005 an die Ehefrau als Betriebsaufgabe zu beurteilen war (keine Betriebsfortführungsabsicht des Ehemannes), stand die Hauptwohnsitzbefreiung grundsätzlich zu. Da das Gebäude innerhalb von 5 Jahren (im Jahr 2008) veräußert wurde, kam es zu einer rückwirkenden Nachversteuerung eines Betriebsaufgabegewinns für das Gebäude (2005). Da in der Steuererklärung für das Jahr 2005 kein Hälftesteuersatz beantragt wurde, sondern nur der Freibetrag gem § 24 Abs 4, konnte auch für den rückwirkend hinzukommenden Aufgabege-
winn für das Gebäude nicht der Hälftesteuersatz gewährt werden. Ein rückwirkender Antrag auf Hälftesteuersatz war nicht mehr möglich. UFS 20. 5. 2011, RV/0428-G/10 taxlex-SRa 2011/75
§ 31 EStG Gewinnvorträge Ein beim Verkauf von GmbH-Anteilen für die „Gewinnvorträge“ gesondert bezahlter Ablösebetrag ist dennoch dem Verkauf der GmbH-Anteile zuzurechnen. Die Gewinnvorträge sind preisbildender Bestandteil des veräußerten Anteils. BFH 8. 2. 2011, IX R 15/10 taxlex-SRa 2011/76
§ 8 KStG Inäquivalenter Liegenschaftstausch Da ein Liegenschaftstausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht gleichwertig war (die nachträglich erstellten Bewertungsgutachten wurden nicht anerkannt), lag eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Der Veräußerungsgewinn konnte jedoch gem § 12 EStG auf die angeschaffte Liegenschaft übertragen werden. UFS 18. 1. 2011, RV/1595-W/08 taxlex-SRa 2011/77
§ 8 KStG Verzicht auf Darlehen Ein Werbungskostenabzug für den Verzicht auf eine Darlehensforderung des Gesellschafter-Geschäftsführers ist möglich, wenn der Verzicht zur Sicherung des Arbeitsplatzes als Geschäftsführer erfolgt ist. BFH 25. 11. 2010, VI R 34/08
Dr. Christian Huber ist WP/StB und Partner bei LeitnerLeitner. Dr. Peter Pichler ist Steuerberater bei LeitnerLeitner.
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STEUER-RADAR
PRIVATSTIFTUNGEN
taxlex-SRa 2011/82
taxlex-SRa 2011/78
§ 217 BAO Nichtfestsetzung Säumniszuschlag
Privatstiftungen Grunderwerbsteueräquivalent Das für die Stiftung von Grundstücken anfallende Grunderwerbsteueräquivalent ist – im Gegensatz zur Stiftungseingangssteuer – keine Personensteuer und daher steuerlich abzugsfähig. UFS 19. 1. 2011, RV/0242-W/10
VERKEHRSTEUERN UND GEBÜHREN taxlex-SRa 2011/79
§ 15 a ErbStG; § 3 GrEStG Aufteilung des Freibetrags auf Mitunternehmer Der Nachfolgefreibetrag steht bei der Schenkung von Mitunternehmeranteilen mit Sonderbetriebsvermögen nur nach der Beteiligungsquote an der Mitunternehmerschaft (ohne Berücksichtigung der Sonderbetriebsvermögen) zu. Dies ergibt sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut. VwGH 28. 4. 2011, 2009/16/0135 taxlex-SRa 2011/80
§ 1 Abs 3 GrEStG; § 6 EStG Anteilsvereinigungs-GrESt keine Anschaffungskosten Durch eine Anteilsvereinigung ausgelöste Grunderwerbsteuern sind keine Anschaffungskosten auf die Beteiligung, sondern sofort abziehbare Betriebsausgaben, da Besteuerungsgegenstand nicht der Erwerb der Anteile, sondern ein fiktiver Grundstückserwerb ist. BFH 20. 4. 2011, I R 2/10 taxlex-SRa 2011/81
§ 1 KVG Unverzinsliche unbare Entnahme Eine bei einer Einbringung vereinbarte unverzinsliche unbare Entnahme betrifft nur die Höhe der Gegenleistung für die Einbringung. Die Einbringung selbst ist gem § 22 UmgrStG gesellschaftsteuerfrei. & Eine von vornherein vereinbarte Unverzinslichkeit der Gegenleistung (unbare Entnahme) ist keine zusätzliche Einlage und daher nicht gesellschaftsteuerpflichtig. & Der Vorgang ist vergleichbar mit einem zinslosen Kreditkaufvertrag. UFS 22. 3. 2011, RV/2013-W/06 (rechtskräftig) &
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Ein Säumniszuschlag ist auf Antrag mangels groben Verschuldens nicht festzusetzen, wenn sich die (unrichtige) Selbstberechnung auf eine vertretbare Rechtsansicht (Rechtsprechung EuGH „Seeling“) gestützt hat. UFS 28. 3. 2011, RV/0108-L/10
UNTERNEHMENSSTEUERN taxlex-SRa 2011/83
§ 2 UStG Hoheitliche Tätigkeit Da die Gebühren für die Benutzung einer Leichenhalle laut Landesgesetz (hier Burgenland) bzw einer von der Gemeinde zu beschließenden Gebührenverordnung bescheidmäßig vorgeschrieben werden, liegt insoweit eine hoheitliche und somit nicht der Umsatzsteuer unterliegende Tätigkeit vor. & Korrespondierend dazu steht der Gemeinde aus Vorleistungen (zB Errichtungskosten) auch kein Vorsteuerabzug zu. UFS 19. 5. 2011, RV/3878-W/10 &
taxlex-SRa 2011/84
Art 7 UStG Beförderungsnachweis Soweit ein liefernder KFZ-Händler in Abholfällen zwar keine Bestätigung des Abnehmers über den Transport des Fahrzeugs in das übrige EU-Gebiet eingeholt hat, aufgrund nachträglich vorgelegter Unterlagen (ua Empfangsbestätigung Abnehmer) jedoch zweifelsfrei feststeht, dass die Fahrzeuge in das übrige EU-Gebiet transportiert wurden, steht die Steuerfreiheit für ig Lieferungen zu (ebenso bereits VwGH 2. 9. 2009, 2005/15/0031; aA UStRL Rz 4006). UFS 6. 4. 2011, RV/3685-W/08 (VwGH-Beschwerde zu 2011/13/0063 eingebracht) taxlex-SRa 2011/85
§§ 24, 6 Abs 1 Z 27 UStG Differenzbesteuerung und Kleinunternehmerregelung Die Kleinunternehmerregelung findet im Fall der Differenzbesteuerung keine Anwendung (aA Ruppe, UStG3 § 24 Tz 31/1). & Optiert der Unternehmer von der Differenz- zur Regelbesteuerung, so ist die Kleinunternehmerregelung unter den allgemeinen Voraussetzungen anwendbar. UFS 29. 6. 2011, RV/3636-W/09 &
VERFAHRENSRECHT & BAO
Verfahrensrechtliche Entscheidungen des UFS April bis Juni 2011 JOHANN FISCHERLEHNER
A. Haftung 1. Übernahme der Geschäftsführung Ein Geschäftsführer hat sich bei Übernahme seiner Funktion auch darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Dies deshalb, weil die Pflicht der GmbH zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung endet und die GmbH verpflichtet bleibt, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr oder Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen (UFS 12. 5. 2011, RV/2878-W/10, Abweisung).
2. Zurücklegung der Geschäftsführung Da die Zurücklegung der Geschäftsführungsbefugnis durch einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH (der Generalversammlung oder den Gesellschaftern) erfolgt, bleibt ein Geschäftsführer auch dann für die abgabenrechtlichen Pflichten der GmbH zuständig, wenn er die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit nicht den zuständigen Organen der GmbH mitteilt (UFS 27. 5. 2011, RV/0173-W/10; tw Stattgabe).
3. Haftung für Lohnsteuer Die Haftungsinanspruchnahme eines Geschäftsführers für Lohnsteuer ist auch dann gegeben, wenn die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft überraschend nach Ausbezahlung der Löhne und vor Fälligkeit der Lohnsteuer eintritt, wenn anlässlich der Ausbezahlung der Löhne keine Einbehaltung der Lohnsteuer erfolgt ist. Die Ausbezahlung von Löhnen ohne korrekte Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer stellt (iSd § 78 Abs 3 EStG 1988) nämlich in jedem Fall eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten dar1) (UFS 1. 6. 2011, RV/0277-S/08; Abänderung).
B. Parteien und deren Vertretung 1. Parteistellung bei Nichtfeststellungsbescheiden Die sinngemäße Anwendung der Vorschriften für Einkünftefeststellungen auf Nichtfeststellungsbescheide gem § 190 Abs 1 Satz 2 BAO reicht im Sinne der vorherrschenden Rechtsprechung nicht so weit, dass einer nicht im Firmenbuch eingetragenen Personenmehrheit, die keine gemeinsamen Einkünfte erzielt bzw erzielte, abgabenrechtliche Parteistellung zu-
kommt (UFS 27. 4. 2011, RV/1931-W/10; Abänderung).
2. Ablehnung eines Vertreters Voraussetzung für die Ablehnung eines Vertreters nach § 84 BAO ist weder ein „berufsmäßiges“ noch ein entgeltliches, sondern vielmehr ein geschäftsmäßiges Auftreten. Eine geschäftsmäßige Vertretung iSd § 84 BAO setzt nicht voraus, dass sie für mehrere Personen entfaltet wird. Auch die Vertretung nur einer Person kann eine geschäftsmäßige Vertretung darstellen. Das Tatbestandsmerkmal der geschäftsmäßigen Vertretung ist schon dann erfüllt, wenn aus den jeweiligen Umständen zu schließen ist, dass sich die Vertretung nicht nur auf einige bestimmte oder zumindest in einem bestimmten Zusammenhang anfallende Vertretungshandlungen beschränkt, sondern einen Agendenkreis umfasst, der verschiedene, nicht näher spezifizierte Vertretungshandlungen mit einer gewissen Häufigkeit erwarten lässt.2) Die Feststellung des geschäftsmäßigen Charakters einer Vertretungstätigkeit setzt nicht voraus, dass der Vertreter bereits tatsächliche Handlungen gesetzt hat, deren Häufigkeit es ausschließt, von einer bloß gelegentlichen Vertretung zu sprechen. Eine andere rechtliche Beurteilung würde zu dem zweifellos unrichtigen Ergebnis führen, dass die erstmalige Vertretung einer Person iSd § 84 Abs 1 BAO von vornherein nie geschäftsmäßig wäre, sondern diesen Charakter erst allmählich nach Maßgabe der Häufigkeit der gesetzten Vertretungshandlungen annehmen könnte. Ob die geschäftsmäßige Tätigkeit aus Freundschaft erfolgt, ist ohne Bedeutung (UFS 29. 4. 2011, RV/3849- W/10; Abweisung).
C. Anbringen und Erledigungen 1. Erledigung eines Eventualantrags Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalls erledigt (hier: bescheidmäßige Abweisung des „in eventu“ gestellten Antrags auf Nachsicht von Abgaben, obwohl über die Berufung gegen den Abgaben- und Haftungsbescheid noch nicht entschieden war), belastet dies die Erledigung mit RechtswidMag. Johann Fischerlehner ist hauptberufliches Mitglied des UFS, Außenstelle Linz. 1) Siehe VwGH 15. 12. 2004, 2004/13/0146. 2) Vgl Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 84 [E 8].
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rigkeit infolge Unzuständigkeit3) (UFS 27. 4. 2011, RV/0337-G/10; Aufhebung).
12. 4. 2011, RV/1225-L/09, RV/1226-L/09; Abänderung).
2. Computerbescheid
3. Fristverlängernde Amtshandlungen betreffend Lohnsteuer-Gutschriftsbescheide
Auch eine behördliche Entscheidung (hier Festsetzung von Säumniszuschlägen gem § 217 Abs 1 und 2 BAO), die zur Gänze automationsunterstützt, also maschinell und programmgesteuert (vgl § 4 Z 7 DSG 2000) erfolgt, ist dann (verfassungs-)rechtlich zulässig, wenn die Eingabe der entscheidungsrelevanten Daten (also sämtliche Sachverhalts- und Tatbestandselemente) und die Programmsteuerung (also der Subsumtionsvorgang) durch die zuständige Behörde oder einen von ihr Beauftragten (Dienstleister) erfolgt (UFS 20. 5. 2011, RV/0841-W/11, RV/ 0842-W/11; tw Stattgabe).
3. Auslegung von Anbringen Anbringen mit eindeutigem Inhalt sind einer weiteren (abweichenden) Auslegung nicht zugänglich. Bei mehreren mängelfreien Anbringen kann der Kontext dieser Anbringen nicht dazu führen, einem Anbringen einen undeutlichen Inhalt zu unterstellen, der weitere Ermittlungshandlungen der Behörde erforderlich machen würde (UFS 25. 5. 2011, RV/ 3860-W/10; Abweisung).
Wird eine Selbstbemessungsabgabe richtig bekannt gegeben und gleichzeitig unter Geltendmachung gemeinschaftsrechtlicher Bedenken die Erlassung eines rechtsmittelfähigen Bescheids beantragt, sollte das Finanzamt die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken nicht teilen, dann fehlen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Festsetzungsbescheids. Stattdessen ist der Antrag durch Erlassung eines Feststellungsbescheids bzw eines auf § 92 BAO fußenden Bescheids zu erledigen (UFS 28. 6. 2011, RV/0284-F/09; Aufhebung).
D. Erhebung von Abgaben
E. Einhebung der Abgaben
1. Befugnis zur Prüfung
1. Rückzahlung rückgeforderter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld
§ 148 Abs 1 BAO ist eine gesetzliche Grundlage, die die Beauftragung eines Organwalters, der nicht dem prüfungsauftragserteilenden Finanzamt angehört, mit der Aufgabe „Außenprüfung“ ermöglicht. Diese Aufgabe „Außenprüfung“ umfasst nicht die Approbation der zur Umsetzung der Prüfungsergebnisse ergehenden Bescheide (UFS 27. 4. 2011, RV/1931W/10; Abänderung).
2. Bindungswirkung von Bescheiden Alleinverdienerabsetzbetrag: Es besteht keine Bindung an den Einkommensteuerbescheid bzw Lohnzettel des (Ehe-)Partners, wenn dieser offensichtlich falsche Angaben enthält. Mangels steuerlicher Auswirkungen hat der (Ehe-)Partner diese Daten nicht beeinsprucht. Die Daten des (Ehe-)Partners stellen keine Vorfrage iSd § 116 BAO dar (UFS taxlex 2011
4. Schätzungsberechtigung trotz Freispruch Es besteht nach ständiger Rechtsprechung schon wegen der anders gearteten Beweisregeln keine Bindung der Abgabenbehörden an die Sachverhaltsfeststellung in freisprechenden Urteilen des Strafgerichts. Auch, wenn in einem solchen Fall keine Bindungswirkung besteht, hat sich die Abgabenbehörde mit diesem Strafverfahren auseinanderzusetzen, speziell, wenn sie zu einem davon abweichenden Ergebnis gelangt. Sie darf sich also darüber nicht hinwegsetzen, sondern muss in ihrer Beweiswürdigung aufzeigen, inwiefern (und nicht nur, dass) die von ihr erhobenen Beweise von jenen des Strafverfahrens abweichen4) (UFS 16. 6. 2011, RV/0971-W/08; tw Stattgabe).
4. Geltendmachung gemeinschaftsrechtlicher Bedenken bei Selbstbemessungsabgaben
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Die Nichtanerkennung von Lohnaufwendungen als Betriebsausgaben wegen familienhafter Beschäftigung führt in der Regel auch zur Verneinung einer Abfuhrverpflichtung hinsichtlich der entsprechenden Lohnsteuer. Allerdings besteht zwischen der einkommensteuerlichen Beurteilung von Lohnaufwendungen als Betriebsausgaben beim haftungspflichtigen Beschäftiger und der lohnsteuerrechtlichen Beurteilung beim lohnsteuerpflichtigen Beschäftigten keine Bindungswirkung. Deshalb und im Hinblick auf die anspruchsbezogene Wirkung allfälliger Amtshandlungen iSv § 209 Abs 1 BAO sind im durch Antrag des Arbeitgebers initiierten Verfahren betreffend Erteilung eines Gutschriftsbescheids hinsichtlich von zu Unrecht abgeführten Lohnabgaben keine Amtshandlungen als fristverlängernd zu berücksichtigen, die zur Geltendmachung der arbeitgeberischen Einkommensteuer unternommen wurden (UFS 6. 4. 2011, RV/0402-F/09; Abweisung).
Durch das Erk des Verfassungsgerichtshofs v 4. 3. 2011, G 184/10, wurde zwar die Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes betreffend Rückforderung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld als verfassungswidrig aufgehoben. Das bedeutet aber nicht, dass im Falle bereits rechtskräftiger Rückforderungsbescheide der Zahlungsverpflichtete gem § 239 BAO eine Rückzahlung der rückgeforderten Beträge verlangen kann (UFS 20. 4. 2011, RV/0939-W/11; Abweisung).
3) VwGH 17. 11. 2010, 2008/23/0754; VwGH 20. 11. 2006, 2003/ 17/0002. 4) Kotschnigg, SWK 1995 A 460.
VERFAHRENSRECHT & BAO
2. Verrechnung bei Zahlungserleichterungen Es steht mit dem Gebot der kontokorrentmäßigen Verrechnung des § 213 Abs 1 BAO nicht im Einklang, wenn ein durch Gutschriften bewirktes Guthaben neben einer (durch Raten) gestundeten Schuld auf demselben Abgabenkonto bestünde.5) Solange daher ein Zahlungsaufschub nicht beendet ist, tritt bei Verrechnung der Zahlungen oder sonstigen Gutschriften auf dem Abgabenkonto an die Stelle der ältesten Fälligkeit der jeweils gewährte Zahlungstermin6) (UFS 20. 4. 2011, RV/0939-W/ 11; Abweisung).
3. Verschulden an der Säumnis Ist der Parteienvertreter eine juristische Person, ist das Verschulden jenes Organs bzw Vertreters der juristischen Person, der nach den gesetzlichen Vorschriften und den Organisationsnormen der juristischen Person zu deren Vertretung berufen ist und deren Eingaben an Behörden unterfertigt, dem Verschulden des berufsmäßigen Parteienvertreters – und nicht jenem des Kanzleipersonals desselben – gleichzuhalten. Das Verschulden des Prokuristen einer Wirtschaftstreuhand- bzw Steuerberatungsgesellschaft m. b. H., der eine Eingabe unterfertigt, ist somit der vertretenen Partei zuzurechnen7) (UFS 7. 6. 2011, RV/ 0437-L/10; Aufhebung).
4. Säumnis aufgrund Irrtum, Vergesslichkeit oder Nachlässigkeit Ein auf bloßen Irrtum, bloße Vergesslichkeit oder Nachlässigkeit zurückzuführendes Versehen kann ohne das Hinzutreten besonderer hierfür ausschlaggebender und über alltägliche Belastungen hinausgehender Umstände (noch) nicht als bloß minderer Grad des Verschuldens qualifiziert werden (UFS 20. 6. 2011, RV/0608-L/10; Abweisung).
5. Ablauf der Aussetzung der Einhebung Auf die mangelnden Erfolgsaussichten einer Berufung kann zwar die Nichtbewilligung einer Aussetzung der Einhebung, nicht jedoch der Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung gestützt werden (UFS 27. 6. 2011, RV/0137-I/09; Stattgabe).
6. Verrechnung nach abgeschlossenem Schuldenregulierungsverfahren Ist eine Kompensation von nachträglich in einem rechtskräftig abgeschlossenen und erfüllten Schuldenregulierungsverfahren (oder Ausgleichsverfahren) entstandenen Abgabengutschriften mit Konkursforderungen zulässig, kann auch eine bereits gelöschte Abgabe wieder auf dem Abgabenkonto verbucht und gem § 216 BAO erklärt werden, dass die Verpflichtung zur Zahlung nicht erloschen ist. Eine derartige Kompensation ist rückwirkend zulässig, wenn sich Rückforderungsanspruch und Konkursforderung bereits vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens (Konkurs- oder Ausgleichsverfahren) aufrechenbar gegenüberstanden8) (UFS 27. 6. 2011, RV/0412-S/08; Abänderung).
7. Antragslegitimation im Rückzahlungsverfahren Ein Masseverwalter ist ohne entsprechende Vollmacht nach Konkursaufhebung nicht zur Stellung eines Rückzahlungsantrags vom Konto des ehemaligen Gemeinschuldners berechtigt (UFS 20. 6. 2011, RV/ 0334-G/11; Abweisung).
F. Berufungsverfahren 1. Änderungsbegehren Beschränkt sich der Änderungsantrag nach § 250 Abs 1 lit c BAO im Wesentlichen darauf, die Schätzung eines Umsatzes von E 60.000,– ohne Abzug von Vorsteuern zu rügen, ohne aber auch nur annähernd bekannt zu geben, welcher konkrete Umsatz und welche konkreten Vorsteuern zum Ansatz kommen sollen, hat der Berufungsantrag weder einen bestimmten noch einen zumindest bestimmbaren Inhalt enthalten. Die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrags ist somit rechtlich nicht zu beanstanden (UFS 26. 5. 2011, RV/3098-W/10; Abweisung).
2. Antrag auf Parteienvernehmung Mit dem Beweisantrag „PV“ (Parteienvernehmung) wird ebenso wie mit dem (verspäteten) Hinweis in einem Schriftsatz nach Stellung des Vorlageantrags, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde „nicht verzichtet“, eine mündliche Berufungsverhandlung nicht ordnungsgemäß beantragt. Die Berufungsbehörde ist im Hinblick auf die ihr gesetzlich auferlegte Verfahrensökonomie nicht gehalten, anstelle einer Vorhaltsbeantwortung eine Parteienvernehmung durchzuführen, wenn sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dem Berufungswerber wäre eine Vorhaltsbeantwortung nicht möglich, er könne die erforderlichen Auskünfte aber (nur) mündlich erteilen (UFS 1. 6. 2011, RV/0124-W/11; Abweisung).
G. Sonstige Maßnahmen §§ 293 – 302 BAO 1. Antrag auf Bescheidaufhebung Ein Antrag auf Bescheidaufhebung gem § 299 BAO ist abzuweisen, wenn der Abgabepflichtige keine Unterlagen vorlegen kann, aus denen die Unrichtigkeit der den Abgabenbescheiden zugrunde liegenden Schätzung erkennbar ist. Die bloße Möglichkeit der Rechtswidrigkeit der Abgabenbescheide reicht nicht aus (UFS 6. 4. 2011, RV/1743-W/10, RV/1744W/10; Abweisung).
2. Widerruf einer Löschung Im Verfahren nach § 294 BAO ist zu prüfen, ob im Begünstigungsbescheid ausreichend determinierte und fallbezogen sachliche Widerrufsgründe angeführt 5) 6) 7) 8)
VwGH 23. 11. 1983, 83/13/0077. VwGH 16. 2. 1983, 3854/80. VwGH 8. 10. 1990, 90/15/0134. Siehe VwGH 29. 1. 2004, 2000/15/0046.
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wurden, da nur in diesem Fall die Geltendmachung des vorbehaltenen Widerrufs rechtmäßig sein kann (UFS 14. 4. 2011, RV/0383-L/10; Abweisung).
3. Geänderte Verhältnisse als Widerrufsvoraussetzung Wenn zum Zeitpunkt der Löschung der Abgaben die Verhältnisse bereits geändert waren, aber das Finanzamt davon nur nichts wusste, kann ein Widerruf nur in Betracht kommen, wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen wurde (UFS 26. 5. 2011, RV/4018-W/10; Stattgabe).
H. Wiederaufnahme des Verfahrens 1. Berücksichtigung von Wiederaufnahmsgründen Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrags sind lediglich die innerhalb der Antragsfrist vorgebrachten Wiederaufnahmsgründe maßgeblich. Ein Austausch des Wiederaufnahmsgrundes durch die Partei im Berufungsverfahren ist dabei nicht möglich (UFS 3. 5. 2011, RV/3690-W/ 09; Abweisung).
diesbezügliche Außenprüfung als ein Verfahren anzusehen. Die Kenntnis des für die (vor Erlassung des Jahressteuerbescheids erfolgte) Nachschau hinsichtlich Umsatzsteuer 2004 zuständig gewesenen Prüfers ist dem für die Jahresveranlagung der Umsatzsteuer 2004 zuständig gewesenen Innendienstorgan zuzurechnen (UFS 24. 5. 2011, RV/3598-W/07, RV/ 3619-W/07; Aufhebung).
I. Entscheidungspflicht 1. Zurückweisung eines Devolutionsantrags Ein Devolutionsantrag ist zurückzuweisen, wenn er vor Ablauf der Frist des § 311 Abs 2 BAO eingebracht wurde, von einem Nichtlegitimierten gestellt worden ist, nach erfolgter Entscheidung eingebracht wurde, oder wenn keine Entscheidungspflicht besteht (vgl Ellinger/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 Anm 27 zu § 311). Im gegenständlichen Fall erweist sich der Devolutionsantrag als unzulässig (geworden), da das Finanzamt nunmehr der Entscheidungspflicht nachgekommen ist und die Säumigkeit der Behörde durch Erlassung des Bescheids innerhalb der Frist des § 311 Abs 3 BAO beseitigt wurde (UFS 19. 4. 2011, RD/0008-L/11; Zurückweisung).
2. Beurteilung der Betriebsprüfung
J. Abgabeneinbringung
Hat der die Veranlagung durchführende Mitarbeiter des Finanzamts Kenntnis vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt und beurteilt er diesen rechtlich anders als der spätere Außenprüfer, stellt die geänderte rechtliche Würdigung keinen Wiederaufnahmegrund dar (UFS 24. 5. 2011, RV/3597-W/07, RV/3618-W/07; Aufhebung).
1. Pfändungsgebühr bei Innehaltung der Vollstreckung
3. Neuhervorkommen eines Wiederaufnahmsgrundes im Verfahren Das Hervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln iSd § 303 Abs 4 BAO ist aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen. Für das Neuhervorkommen ist das Veranlagungsverfahren sowie eine
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Erfolglosigkeit einer Amtshandlung iSd § 26 Abs 2 AbgEO auch dann gegeben, wenn der Vollstrecker über Ersuchen des Verpflichteten – wenn auch gesetzwidrig – von Vollstreckungsmaßnahmen Abstand nimmt. Somit ist eine Pfändungsgebühr auch dann zu entrichten, wenn der Vollstrecker nach Beginn der Amtshandlung (aus Entgegenkommen) von Pfändungshandlungen absieht, obwohl sich aus den Darlegungen des Verpflichteten kein Innehaltungsgrund iSd § 20 AbgEO ergibt (UFS 6. 5. 2011, RV/0278-I/ 10; Abweisung).
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Ärzte-GmbH und Sozialversicherung
Mit dem BGBl I 2010/61 wurde ua das Ärztegesetz geändert und für Ärzte und Angehörige des zahnärztlichen Berufs die Möglichkeit geschaffen, eine Gruppenpraxis auch in der Rechtsform der GmbH zu eröffnen.
SOZIALVERSICHERUNGSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS
§ 52 a ÄrzteG; § 4 Abs 2 ASVG; § 47 EStG; § 2 Abs 2 FSVG Ärzte-GmbH; Freiberufler; Gruppenpraxen
STEFAN STEIGER
Im Rahmen der Referentenbesprechung über Fragen aus dem Versicherungs-, Melde- und Beitragsbereich v 11. 4. 2011 (32-MVB-51.1/11 Af) wurden bezüglich der sozialversicherungsrechtlichen Einstufung folgende Aussagen getroffen (kursiv dargestellt): § 52 a ÄrzteG lautet (Auszug): (1) Die Zusammenarbeit von Ärzten, . . ., kann weiters auch als selbständig berufsbefugte Gruppenpraxis in der Rechtsform einer 1. offenen Gesellschaft iSd § 105 des (UGB), oder 2. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) iSd GmbHGesetzes erfolgen. (2) . . . Gesellschafter von Gruppenpraxen sind ausschließlich Mitglieder der Ärztekammern in den Bundesländern. (3) . . . In diesem Sinne gelten folgende Rahmenbedingungen: 1. Der Gruppenpraxis dürfen als Gesellschafter nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte angehören. 2. Andere natürliche Personen und juristische Personen dürfen der Gruppenpraxis nicht als Gesellschafter angehören und daher nicht am Umsatz oder Gewinn beteiligt werden. 3. – 5. . . . 6. Jeder Gesellschafter ist maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung in der Gesellschaft verpflichtet. 7. Unzulässig sind a) die Anstellung von Gesellschaftern1) und anderen Ärzten sowie b) das Eingehen sonstiger zivil- oder arbeitsrechtlicher Beziehungen der Gesellschaft oder der Gesellschafter zu anderen Ärzten oder Gesellschaften, insbesondere durch den Abschluss von freien Dienstverträgen, Werkverträgen und Leiharbeitsverhältnissen, zum Zweck der Erbringung ärztlicher Leistungen in der Gruppenpraxis, die über das Ausmaß einer vorübergehenden Vertretung, insbesondere aufgrund von Fortbildung, Krankheit und Urlaub, hinausgeht. 8. Eine Anstellung von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe ist nur in einem Ausmaß zulässig, das keine Regelung in einer Anstaltsordnung erfordert. 9. Die Berufsausübung der Gesellschafter darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden. 10. Über Fragen der Berufsausübung entscheiden ausschließlich die entsprechend berufsberechtigten Gesellschafter. Gegen den Willen jener Gesellschafter, die über die den Gegenstand einer Entscheidung überwiegend betroffene Berufsberechtigung verfügen, darf keine Entscheidung getroffen werden. 11. . . . (5) Im Gesellschaftsvertrag ist zu bestimmen, ob und welche Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt sind. Zum Abschluss von Behandlungsverträgen für die Gesellschaft ist jeder Gesellschafter berechtigt. Die vorübergehende Einstellung oder Untersagung der Berufsausübung bis zur Dauer von sechs Monaten hindert Ärzte nicht an der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, wohl aber an der Vertretung und an der Geschäftsführung.
Eine entsprechende Bestimmung enthält auch § 26 Zahnärztegesetz 1998 für Angehörige des zahnärztlichen Berufs. Zur Versicherungspflicht von Ärzten als Gesellschafter-Geschäftsführer in Gruppenpraxen: Gesellschafter-Geschäftsführer sind gemäß § 52 a Abs 3 ÄrzteG jedenfalls Ärzte dieser Gruppenpraxis.
A. Freiberufliche Tätigkeit § 2 Abs 2 FSVG lautet (Auszug): . . . in der Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätige pflichtversichert: 1. die ordentlichen Kammerangehörigen einer Ärztekammer, wenn sie freiberuflich tätig sind und nicht als Wohnsitzärzte in die Ärzteliste eingetragen sind; 2. die Mitglieder der Österreichischen Zahnärztekammer, ausgenommen Angehörige des Dentistenberufs, wenn sie freiberuflich tätig und nicht als Wohnsitzzahnärzte/Wohnsitzzahnärztinnen in die Zahnärzteliste eingetragen sind. Eine freiberufliche Tätigkeit ist auch eine Tätigkeit im Rahmen einer Gruppenpraxis nach § 52 a Abs 1 Z 1 ÄrzteG bzw nach § 26 Abs 1 Z 1 ZÄG oder als (geschäftsführender) Gesellschafter einer Gruppenpraxis nach § 52 a Abs 1 Z 2 ÄrzteG bzw nach § 26 Abs 1 Z 2 ZÄG. ...
Das FSVG regelt somit ausdrücklich, dass die Tätigkeit im Rahmen einer Gruppenpraxis oder als (geschäftsführender) Gesellschafter einer Gruppenpraxis eine freiberufliche Tätigkeit ist. Daher unterliegt diese Personengruppe explizit der Versicherungspflicht nach den Bestimmungen des FSVG.
B. Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 erster Satz ASVG Dienstnehmer iSd ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Wie aus § 52 a Abs 3 Z 7 lit a ASVG hervorgeht, ist die Anstellung von Gesellschaftern und anderen Ärzten unzulässig. Zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft dürfte somit kein Anstellungsvertrag existieren, StB Dr. Stefan Steiger ist Geschäftsführer der Elixa SteuerberatungsGmbH, Fachvortragender und Fachbuchautor, insb auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts. Weiters ist er Landespräsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder im Burgenland. 1) Hervorhebungen durch den Autor!
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SOZIALVERSICHERUNGSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS
welcher einen Entgeltanspruch begründet. Die Gesellschafter sind am Gewinn der Gesellschaft beteiligt. § 2 Abs 2 FSVG ist eine Spezialnorm gegenüber den Bestimmungen des ASVG. (Anmerkung: § 2 Abs 1 Z 3 GSVG zieht Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann in die Pflichtversicherung ein, wenn diese Personen nicht bereits auf Grund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 2 ASVG) der Pflichtversicherung unterliegen. Eine Parallelbestimmung für Gesellschafter ist im FSVG nicht enthalten). Es liegt keine Dienstnehmereigenschaft iSd § 4 Abs 2 erster Satz ASVG vor.
Fragestellung: Schließen sich die anderen Sozialversicherungsträger der Rechtsansicht der WGKK an?
C. Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 dritter Satz ASVG
Anmerkung: Die Aussagen zur Pflichtversicherung nach § 2 Abs 2 FSVG iZm einer wesentlichen Beteiligung (mehr als 25% – direkte bzw indirekte Beteiligung) werden von meiner Seite vollinhaltlich getragen. Die Aussagen iZm der Dienstnehmereigenschaft iSd § 4 Abs 2 dritter Satz ASVG sind mE zu ergänzen, da es im Regelfall dann zum Vorliegen einer ASVG-Pflichtversicherung als echter Dienstnehmer kommt, wenn eine Lohnsteuerpflicht iSd § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG 1988 vorliegt. Leider findet man dazu in der Stellungnahme der Referenten keine Aussagen. Die Entscheidung des VwGH vom 25. 6. 2008 (2008/15/0090) hilft einem da jedoch weiter. Wie bereits in der Referentenbesprechung dargestellt, wird auf den § 47 EStG verwiesen. Damit keine Lohnsteuerpflicht vorliegt, dürfen die steuerlichen Kriterien eines Dienstverhältnisses nicht vorliegen. Aus der Sicht der Finanzverwaltung sind die wesentlichen Merkmale für die Abgrenzung zwischen selbständiger und nicht selbständiger Tätigkeit das Unternehmerwagnis, eine Weisungsgebundenheit, die die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus beschränkt, und eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers. Somit sind folgende drei Punkte wesentlich:2) & Weisungsgebundenheit, & organisatorische Eingliederung, & Fehlen eines Unternehmerrisikos. Ist anhand der beiden Kriterien „Weisungsgebundenheit“ und „Eingliederung in den geschäftlichen Organismus“ noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und unselbständigen Tätigkeit möglich, so wird noch auf das Kriterium des Unternehmerrisikos abgestellt. Somit muss vorerst geprüft werden, ob das Kriterium „Weisungsbindung“ vorliegt (das Kriterium „Eingliederung“ wird wohl im Regelfall bestehen). Bei der „Weisungsbindung“ sind die Regelungen, die im Anstellungsvertrag (schuldrechtliche Vereinbarung) getroffen wurden, für die Einstufung wesentlich.3) Somit sind mE auch die Regelungen im § 52 a Abs 3 Z 7 lit a ÄrzteG für das „Verhindern“
Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um & Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG 1988 oder & Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen. § 47 EStG lautet (Auszug): (1) Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt. . . . (2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs 1 Z 1 lit b vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 4 und 5 beziehen.
Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit b EStG sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn): Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich iSd § 22 Z 2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt. Gemäß § 22 Z 2 EStG ist eine Person dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. § 25 Abs 1 Z 4 bzw 5 EStG kommen im gegenständlichen Fall nicht in Frage. Für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt werden sollte, würde auch die SV-Pflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG bindend feststehen. 308
taxlex 2011
LÖSUNG: Aus dem Gesetz für die Ambulante Versorgung ergibt sich, dass kein Anstellungsverhältnis vorliegen kann. Es liegen jedenfalls Einkünfte nach § 22 Z 1 EStG 1988 vor, sofern der Gesellschafter für die Gruppenpraxis ärztlich tätig ist. Wenn ein Bezug für nichtärztliche Tätigkeiten in der Gesellschaft gewährt wird, können Einkünfte nach § 25 Abs 1 lit a oder lit b EStG 1988 vorliegen. Dadurch käme es zur Versicherungspflicht gem § 4 Abs 2 dritter Satz ASVG.
2) Bezüglich der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung verweise ich auf meinen Artikel „Keine Lohnnebenkostenpflicht bei nicht bestehender Weisungsbindung“, taxlex 2008, 467 ff. 3) Siehe dazu VwGH 24. 2. 1999 97/13/0234.
der Lohnsteuerpflicht zu wenig – es ist daher auch noch eine entsprechende Weisungsfreistellung im Anstellungsvertrag aufzunehmen (der Geschäftsführer hat weisungsfrei zu agieren). Weiters sollte auch noch ein Unternehmerwagnis des Geschäftsführers vorliegen.
SCHLUSSSTRICH
SOZIALVERSICHERUNGSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS
Wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ärzte-GmbH sind im Regelfall gem § 2 Abs 2 FSVG versichert. Nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegen im Regelfall nur dann dem ASVG, wenn eine Lohnsteuerpflicht vorliegt.
Vereinbarung von Elternteilzeit
Die Unterschiede zwischen Elternteilzeit iSd MSchG und „normaler“ Teilzeit nach dem AZG sind massiv, da nur für die Elternteilzeit besondere Kündigungsschutzbestimmungen gelten. Umso bedeutsamer ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Teilzeitvereinbarung als Elternteilzeit zu qualifizieren ist. Nach einer OGH-Entscheidung muss nicht explizit auf die Beantragung bzw Vereinbarung von Elternteilzeit hingewiesen werden.1)
ARBEITSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS §§ 15 h ff MSchG; § 19 d AZG Elternteilzeit; Schriftform; Vertragsauslegung; Kündigungsschutz
ANDREAS GERHARTL
A. Sachverhalt Die Kl war bis zum Beginn der Schutzfrist vollzeitbeschäftigt (38,5 Wochenstunden). Noch vor der Geburt ihres Kindes gab sie der Bekl bekannt, dass sie nach dem Ende der Karenz im Jänner 2009 zwar wieder arbeiten wolle, aber nur mit 25 oder 27 Wochenstunden. Der Kl war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass es eine Elternteilzeit nach dem MSchG gibt, sie berief sich daher gegenüber der Bekl auch nie darauf. In der letzten Juniwoche 2008 sprach sie ihre Vorgesetzten darauf an, ob Bedarf an ihrer Beschäftigung während der Urlaubszeit bestünde. Daraufhin wurde ihr mitgeteilt, dass sie ab 1. 7. 2008 mit 20 Wochenstunden zurückkommen könne, womit sie einverstanden war. Davon, dass die Kl ab Jänner 2009 mit mehr als 20 Wochenstunden arbeiten werde, war nicht (mehr) die Rede. Mit Schreiben vom 24. 11. 2008 wurde die Kl zum 31. 1. 2009 gekündigt. Erst im Dezember 2008 erfuhr sie von der Möglichkeit der Elternteilzeit iSd MSchG. In Folge stellte sie sich auf den Standpunkt, dass ihre Kündigung unwirksam sei, da eine Vereinbarung mit der Bekl über Elternteilzeit zustande gekommen und die Kündigung ohne Einholung der Zustimmung des Gerichts ausgesprochen worden sei.
B. Entscheidung des OGH Der OGH erklärte die Kündigung mit folgender Begründung für unwirksam: Ein schriftliches Verlangen nach Elternteilzeit ist dann nicht erforderlich, wenn sich der AG auch auf ein mündliches Verlangen der AN einlässt und Elternteilzeit iSd MSchG vereinbart wird.2) Es wird aber nicht automatisch jede vertraglich vereinbarte Herabsetzung der Arbeitszeit (bzw Änderung der Lage der Arbeitszeit) allein deshalb zur Elternteilzeit (bzw bestandgeschützten Änderung der Lage der Ar-
beitszeit), weil die AN ein Kind unter 7 Jahren hat.3) Erforderlich ist vielmehr, dass gegenüber dem AG auch zum Ausdruck kommt, dass Elternteilzeit iSd MSchG vereinbart werden soll. Da dafür der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung maßgebend ist,4) ist es rechtlich belanglos, ob die Kl subjektiv von einer Unterscheidung zwischen Teilzeit iSd § 19 d AZG oder einer Elternteilzeit iSd MSchG ausging. Darüber hinaus sind auch die Umstände des Vertragsabschlusses für die Auslegung maßgeblich.5) Im vorliegenden Fall hatte die Kl schon bei Antritt ihrer Karenz darauf hingewiesen, dass sie ab Jänner 2009 wieder als Teilzeitkraft arbeiten wolle. Ihr Ersuchen vom Juni 2008, ab 1. 7. 2008 wieder mit 20 Stunden teilzeitbeschäftigt zu werden, kann daher nur im Zusammenhang damit gesehen werden, dass ihr eine Vollzeitbeschäftigung die für die Betreuung ihres Kleinkindes erforderliche Zeit verwehren würde. Die weiteren Voraussetzungen einer dreijährigen Dienstzeit und der Beschäftigung von mehr als 20 Personen im Betrieb sind unstrittig bzw wurden nicht qualifiziert bestritten. Auch war der Bekl der Umstand, dass die Kl ihr Kind selbst betreut, bekannt. Die Bekl veranlasste nämlich selbst die Ermittlung durch ihre BuchhalteDr. Andreas Gerhartl ist Mitarbeiter des Büros der Landesgeschäftsführung des AMS Niederösterreich. 1) OGH 26. 5. 2011, 9 ObA 80/10 w. 2) OGH 20. 8. 2008, 9 ObA 80/07 s ZAS 2009/22, 127 = RdW 2009/ 47, 41. 3) Rauch, Die Abgrenzung zwischen Elternteilzeit und anderen Formen der Arbeitszeit, ecolex 2005, 304; Kraft, Die neue Elternteilzeit 32 f. 4) ZB OGH 24. 2. 1987, 14 ObA 5/87 DRdA 1989, 201 (Klein) = ZAS 1988/23, 172 (Stöhr/Kohlamier); OGH 4. 11. 1987, 14 ObA 81/87 wbl 1988, 124. 5) ZB OGH 29. 1. 2009, 9 Ob 45/09 x; OGH 22. 7. 2010, 8 ObA 28/ 10 s.
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ARBEITSRECHT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS
rin, mit welcher Stundenzahl die Kl beschäftigt werden könne, ohne dass die Zuverdienstgrenze nach dem KBG überschritten werde. Zwingende Voraussetzung für den Bezug von KBG ist aber, dass der bezugsberechtigte Elternteil mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt.6) Sind somit aber die Voraussetzungen für Elternteilzeit nach dem MSchG erfüllt und ist dies dem AG auch bekannt, ist der Schluss zu ziehen, dass eine Vereinbarung über Elternteilzeit iSd MSchG zustande gekommen ist, zumal ein anderer Parteiwille nicht hervorgekommen ist.7)
C. Anmerkungen 1. Allgemein zur Elternteilzeit Gemäß § 15 h Abs 1 MSchG hat die AN einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung längstens bis zum Ablauf des 7. Lebensjahres oder bis zu einem späteren Schuleintritt des Kindes, wenn & das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Antritts der Teilzeitbeschäftigung ununterbrochen zumindest drei Jahre gedauert hat und & die AN zu diesem Zeitpunkt in einem Betrieb mit mehr als 20 AN beschäftigt ist. Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung sind zu vereinbaren, wobei die betrieblichen Interessen und die Interessen der AN zu berücksichtigen sind.8) Gem § 15 i MSchG kann weiters eine Teilzeitbeschäftigung vereinbart werden, wenn die AN noch keine drei Dienstjahre zurückgelegt hat oder im Betrieb nicht mehr als 20 AN beschäftigt sind.9) Weitere Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Teilzeitbeschäftigung iSd §§ 15 h oder 15 i MSchG ist, dass die AN mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt oder eine Obsorge nach § 167 Abs 2, §§ 177 oder 177 b ABGB vorliegt und sich der Vater nicht gleichzeitig in Karenz befindet. Die AN kann die (mindestens zwei Monate dauernde10)) Teilzeitbeschäftigung für jedes Kind nur einmal in Anspruch nehmen. Während einer Elternteilzeit iS des MSchG kommt der AN der Kündigungs- und Entlassungsschutz der §§ 10 und 12 MSchG zu. Dieser beginnt grundsätzlich mit der Bekanntgabe, frühestens jedoch vier Monate vor dem beabsichtigten Antritt der Teilzeitbeschäftigung und endet vier Wochen nach dem Ende der Teilzeitbeschäftigung, längstens jedoch vier Wochen nach dem Ablauf des vierten Lebensjahrs des Kindes.11)
OGH daraus ableitet, dass dem AG das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Elternteilzeit bekannt ist. Die Begründung des OGH setzt mE allerdings voraus, dass (zumindest) der AG weiß, dass es eine Elternteilzeit nach dem MSchG gibt, da es andernfalls gar nicht möglich wäre, zu vereinbaren, dass die getroffene Teilzeitvereinbarung keine Vereinbarung von Elternteilzeit ist. Fehlt (auch) dem AG dieses Wissen, kann den Parteien daher mE nicht unterstellt werden, etwas zu vereinbaren, das ihnen gar nicht bekannt ist. Weiters wäre (zumindest theoretisch) denkbar, dass der AG zwar das Rechtsinstitut der Elternteilzeit kennt, aber weiß oder Grund zur Annahme hat, dass die AN nicht darüber Bescheid weiß. Auch in diesem Fall kann dem AG mE nicht unterstellt werden, den Abschluss einer Elternteilzeitvereinbarung zu beabsichtigen. Die vom OGH entwickelte Lösung setzt daher mE voraus, dass der AG davon ausgehen konnte, die AN wolle (ohne explizit darauf hinzuweisen) eine Elternteilzeitvereinbarung herbeiführen. In allen anderen Fällen kann mE allenfalls argumentiert werden, die Fürsorgepflicht gebiete dem AG (sofern ihm die Elternteilzeit selbst bekannt ist), die AN auf die Möglichkeit der Elternteilzeit hinzuweisen.12) Bei einem noch weiteren Verständnis der Fürsorgepflicht wäre sogar vertretbar, dass sich der AG das Fehlen der Kenntnis über die Elternteilzeit zurechnen lassen muss. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung würde die Schadenersatzpflicht des AG deswegen eintreten, weil es dieser verabsäumt hat, sich über die Elternteilzeit zu informieren. 6) § 2 Abs 2 Z 2 KBGG. 7) ZB OGH 6. 11. 1990, 4 Ob 556/90; OGH 23. 1. 1991, 3 Ob 128/ 90. 8) Vgl Sladecek/Wolf, Vier Jahre Elternteilzeit: Resümee erster Erfahrungen, ASoK 2008, 282. 9) Schrank, Die neuen Elternansprüche auf kündigungsgeschützte Teilzeiten und andere Arbeitszeiteinteilungen, ASoK-Spezial 2004. 10) Vgl zur Verkürzung von drei Monaten auf zwei Monate durch BGBl I 2009/116 Ercher/Stech, Neuerungen im MSchG und VKG, ASoK 2009, 438. 11) Darüber hinaus besteht gem § 15 n Abs 2 MSchG ein Motivkündigungsschutz. Für Väter enthalten die §§ 8 ff VKG parallele Bestimmungen über eine Elternteilzeit. 12) Unterlässt der AG diesen Hinweis, würde mE zwar keine Elternteilzeit vereinbart, der AG würde aber schadenersatzpflichtig.
2. Zur Vereinbarung von Elternteilzeit Aus der Entscheidung ist mE abzuleiten, dass eine Elternteilzeitvereinbarung (bereits dann) zustande kommt, wenn dem AG bei Abschluss der Teilzeitvereinbarung bekannt ist, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Elternteilzeit erfüllt sind und die Vertragsparteien nicht explizit vereinbaren, dass es sich um keine Vereinbarung iS des MSchG handeln soll. Dabei kann es sich für den AG als „Bumerang“ erweisen, wenn er danach trachtet, die AN nur mit einem Beschäftigungsausmaß zu beschäftigen, die ihr den (weiteren) Bezug von KBG ermöglicht, da der 310
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SCHLUSSSTRICH
Eine Elternteilzeitvereinbarung kommt (auch ohne explizite Bezeichnung als solche!) jedenfalls zustande, wenn den Parteien bei Abschluss der Vereinbarung bekannt ist, dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, und aus den Umständen kein gegenteiliger Parteiwille hervorgeht.
LEGISLATIVE WKO
Pflegefondsgesetz und Pflegegeldreformgesetz 2012 Das vor der Sommerpause im Nationalrat beschlossene Pflegepaket besteht aus zwei Teilen: Einerseits wird ein Pflegefonds eingerichtet, der bis 2014 mit insgesamt 685 Millionen Euro dotiert wird. Mit Zweckzuschüssen aus dem Fonds unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden im Bereich der Langzeitpflege. Eine von der Statistik Österreich einzurichtende Datenbank soll einen Überblick über die in Österreich gewährten Pflegeleistungen ermöglichen. Andererseits ist eine Verwaltungsreform vorgesehen – die Abwicklung des Landespflegegelds wird mit 1. 1. 2012 vom Bund übernommen.
BPGG; PFG Pflegefonds; Pflegegeld
HELWIG AUBAUER / MARTINA ROSENMAYR
A. Pflegefondsgesetz 1. Errichtung und Ziele des Pflegefonds Der gem § 1 Pflegefondsgesetz (PFG)1) beim Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) eingerichtete Pflegefonds2) wird von diesem im Einvernehmen mit dem Finanzminister verwaltet und besitzt keine Rechtspersönlichkeit. Aus dem Fonds werden den Ländern und Gemeinden in den Jahren 2011 bis 2014 Zweckzuschüsse (§§ 12 und 13 Finanz-Verfassungsgesetz 1948) gewährt, um diese im Bereich der Langzeitpflege zu unterstützen. Die Zuschüsse können für die Sicherung3) und den Aus- und Aufbau der Betreuungs- und Pflegedienstleistungen im Bereich der Langzeitpflege zum laufenden Betrieb4) gewährt werden. § 3 Abs 1 Z 1 bis 6 PFG präzisiert die geeigneten Angebote der Länder: & mobile Betreuungs- und Pflegedienste (Z 1), & stationäre Betreuungs- und Pflegedienste (Z 2), & teilstationäre Tagesbetreuung (Z 3), & Kurzzeitpflege in stationären Einrichtungen (Z 4), & Case- und Care-Management (Z 5), & alternative Wohnformen (Z 6). Vorrangig sind die Mittel für Maßnahmen zu verwenden, die nicht dem stationären Bereich (Z 2) zuzurechnen sind, womit dem Grundsatz, dass der mobilen Betreuung und Pflege zu Hause der Vorrang vor der Betreuung in stationären Einrichtungen zu geben ist, entsprochen werden soll.5)
2. Finanzielle Ausstattung und Verteilung der Mittel An der Dotierung des Fonds beteiligt sich der Bund zu 2/3 und die Länder und Gemeinden zu 1/3. Die Mittel werden gem § 2 PFG durch Vorwegabzug vor der Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgabe gem Finanzausgleichsgesetz 2008 (FAG 2008) aufgebracht. Die näheren Regelungen dazu ergeben sich aus der gleichzeitig mit dem PFG beschlossenen Novelle zum FAG 2008 (§ 8 Abs 2 FAG).6) Der Fonds wird 2011 mit 100 Mio Euro dotiert, im Jahr 2012 steigt der Betrag auf 150 Mio Euro, im Jahr
2013 auf 200 Mio Euro und im Jahr 2014 auf 235 Mio Euro. Insgesamt sind für die Jahre 2011 bis 2014 Mittel in der Höhe von 685 Mio Euro vorgesehen. Die Mittelaufteilung auf die Bundesländer erfolgt nach dem im jeweiligen Jahr geltenden Bevölkerungsschlüssel (§ 2 Abs 3 PFG). Die Mittelweiterleitung an die Gemeinden erfolgt durch die Länder, wobei sich die Aufteilung im Innenverhältnis zwischen Land und Gemeinden nach den tatsächlichen und nachgewiesenen Nettoaufwendungen für Pflegedienstleistungen richtet.
3. Pflegedienstleistungsdatenbank und -statistiken Im Auftrag des BMASK hat die Statistik Austria zum Zweck der Erstellung von Pflegedienstleistungsstatistiken eine Pflegedienstleistungsdatenbank einzurichten und ab 1. 7. 2012 zu führen (§ 5 PFG). Die Länder haben die erforderlichen Daten des Landes, der Gemeinden, ausgegliederter Rechtsträger und sonstiger Institutionen und Unternehmen sowie Vereine, die Pflegedienstleistungen erbringen (LeistungserMMag. Dr. Helwig Aubauer, Industriellenvereinigung, Dr. Martina Rosenmayr, Wirtschaftskammer Österreich. 1) Bundesgesetz, mit dem ein Pflegefonds eingerichtet und ein Zweckzuschuss an die Länder zur Sicherung und zum bedarfsgerechten Ausund Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebots in der Langzeitpflege für die Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014 gewährt wird (Pflegefondsgesetz – PFG). 2) Siehe Regierungsprogramm der 24. Legislaturperiode (2008 – 2013) 181 f und Beschluss der Landesfinanzreferentenkonferenz v 16. 3. 2011. 3) Unter „Sicherung“ sind Maßnahmen zu verstehen, die zur Erhaltung des im Wege der Statistik Austria für 2010 festgestellten Versorgungsgrades mit Betreuungs- und Pflegedienstleistungen dienen. Ab 1. 1. 2013 wird der Richtversorgungsgrad auf Basis der Daten der Pflegdatenbank mittels Verordnung festgesetzt (RichtversorgungsgradV). 4) Nicht erfasst sind Investitionskosten (Baukosten udgl – s ErläutRV 1207 der BlgNR 24. GP 5). 5) ErläutRV 1207 BlgNR 24. GP 5. 6) Mit der Novelle zum FAG 2008 wird auch die aktuelle Finanzausgleichsperiode um ein Jahr bis Ende 2014 verlängert.
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LEGISLATIVE WKO
bringer), jährlich bis 30. 9. des Folgejahres der Statistik Austria zu übermitteln.
2. „Verbundlichung“ des Landespflegegeldwesens
Zu übermitteln sind für jeden einzelnen Leistungserbringer & die Anzahl der betreuten Personen, & die Leistungseinheiten, & die Kostenart und & die Anzahl der Betreuungs- und Pflegepersonen (§ 5 Abs 3 PFG).7) Nach den ErläutRV soll eine aus Vertretern des BMASK und des BMF bestehende Steuerungsgruppe regelmäßig eine Analyse der Daten vornehmen und daraus Schlüsse zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität des Pflegesystems ziehen.8) Die Pflegedatenbank und -statistiken sollen auch Vorleistung und Grundlage für die im Rahmen der nächsten Finanzausgleichsverhandlungen zu diskutierende Überführung des Fonds über das Jahr 2014 hinaus und die gleichzeitige Strukturreform sein.9)
Das Pflegegeldreformgesetz 201212) sieht eine Änderung des B-VG vor, wonach der Tatbestand „Pflegegeldwesen“ mit 1. 1. 2012 Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung (Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG) wird und die Vollziehung in unmittelbarer Bundesverwaltung erfolgt (§ 102 Abs 2 B-VG). Damit soll den Empfehlungen des Rechnungshofs Folge geleistet werden. Die Pflegegeldgesetze und -verordnungen im Bereich des Landespflegegeldes werden aufgehoben.13) Personen, denen ein Pflegegeld nach den bisherigen landesgesetzlichen Bestimmungen gewährt wurde, haben ab 1. 1. 2012 einen Anspruch auf Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG). Die Abwicklung erfolgt weitgehend durch die Pensionsversicherungsanstalt (PVA, siehe gleich unten 3.).
4. Zahlungen, Abrechnung und Evaluierung
Durch die Novelle erfolgt eine Reduktion der Anzahl der Entscheidungsträger im Bereich des Pflegegeldes von mehr als 280 Landesträgern und 23 Bundesträgern auf 8 Träger. & Die Übernahme der Landespflegegeldfälle erfolgt in den Zuständigkeitsbereich der PVA. Mit Stand Dezember 2010 bezogen 74.000 Personen eine diesbezügliche Leistung. & Die Zuständigkeit für pensionierte Landes- und Gemeindebeamte geht auf die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter über. & Die Zuständigkeit für die Landeslehrer und für die land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer wird auf die Versicherungsanstalt der öffentlichen Bediensteten übertragen. Mit Stand März 2011 bezogen insgesamt 3.361 Personen ein diesbezügliches Pflegegeld. & Die Zuständigkeit im Bereich der Österreichischen Post AG, der Telekom Austria AG, der Österreichischen Postbus AG und des Verfassungsgerichtshofs wird auf die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter übertragen. Mit Stand März 2011 bezogen insgesamt 5.690 Personen ein diesbezügliches Pflegegeld. & Weiters wird die Zuständigkeit der Vollziehung für Bezieher von Leistungen nach dem Opferfürsorgegesetz (OFG) aus der mittelbaren Bundes-
Die Auszahlung der Zweckzuschüsse erfolgt gem § 6 PFG in zwei gleich hohen Teilbeträgen jeweils im Mai und im November des jeweiligen Kalenderjahrs. Voraussetzung für die Auszahlung ist die vollständige Einspeisung der Daten in die Pflegedienstleistungsdatenbank. Die Sicherung und der Aus- und Aufbau von Betreuungs- und Pflegedienstleistungen werden anhand der jährlichen Vergleichsstatistiken festgestellt. Erstmals werden die Ergebnisse der Vergleichsstatistik 2011 (Stichtag 31. 12. 2011) mit 2010 (Stichtag 31. 12. 2010) verglichen (§ 7 PFG). Der Bund hat das Recht den Einsatz sowie die Auswirkungen zu evaluieren und die widmungsgemäße Verwendung jederzeit zu überprüfen, wobei ihn die Länder bestmöglich zu unterstützen haben (§ 8 PFG).
B. Pflegegeldreformgesetz 2012 1. Ist-Zustand Der Rechnungshof hat in seinem Bericht Anfang 2010 feststellt, dass die Gewährung des Pflegegeldes hinsichtlich der Rechtsgrundlagen, der vollziehenden Stellen, der ärztlichen Gutachten sowie der administrativen Umsetzung strukturell zersplittert ist und empfahl eine Novellierung der Pflegegeldgesetze, mit welcher eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen werden und die Anzahl der Entscheidungsträger verringert werden soll.10) Derzeit erhalten rund 85% der Pflegegeldbezieher (368.976 Personen, Stand: März 2011) das Pflegegeld vom Bund. Rund 15% aller Pflegegeldbezieher (74.000 Personen, Stand: Dezember 2010) erhalte ein Pflegegeld nach den jeweiligen Landespflegegeldgesetzen. Die Pflegegeldgesetze werden von mehr als 280 Landesträgern und 23 Bundesträgern abgewickelt.11) 312
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3. Reduktion der Anzahl der Entscheidungsträger
7) Mittels V können detailliertere Bestimmungen über die zu übermittelnden Daten geregelt werden. 8) ErläutRV 1207 BlgNR 24. GP 7. 9) ErläutRV 1207 BlgNR 24. GP 6. 10) Bericht des Rechnungshofs Reihe Bund 2010/03, vorgelegt am 25. 2. 2010. 11) ErläutRV 1208 BlgNR 24. GP 8. 12) Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Poststrukturgesetz und das Bundesbehindertengesetz geändert werden (Pflegegeldreformgesetz 2012). 13) Zu den Übergangsregeln s Art 151 Abs 45 B-VG. Die in Art 151 Abs 46 B-VG der RV noch enthaltene Befristung der „Verbundlichung“ bis 31. 12. 2014 wurde nicht beschlossen.
LEGISLATIVE WKO
verwaltung herausgelöst und vom jeweiligen Landeshauptmann auf die PVA übertragen. Mit Stand März 2011 betrifft dies 87 Personen.
4. Finanzierung Der Kostenersatz für die Übernahme des Landespflegegeldes der Länder an den Bund erfolgt durch Kürzung der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden. Die Kürzungsbeträge belaufen sich zusammen auf 382,3 Mio Euro jährlich ab 2012 (§ 9 Abs 7 a FAG). Ermittelt wurde der Kürzungsbetrag auf Basis des Aufwands für Landespflegegeld im Jahr 2010 (271,8 Mio Euro), der – entsprechend dem Verwaltungsaufwand der PVA – um einen Verwaltungsaufwandsanteil von 2,83% erhöht wurde. Während also
die Kosten der Länder auf dem Niveau 2010 eingefroren werden, steigen die Aufwendungen des Bundes, bedingt durch die demographische Entwicklung der über 65-jährigen Personen, von Jahr zu Jahr an. Die Erläut14) gehen bis zum Jahr 2015 von folgendem Pflegegeldmehraufwand für den Bund aus: Jahr
2012
2013
2014
2015
Mehraufwand (in Mio Euro)
389,4
395,1
400,0
404,2
14) ErläutRV 1208 BlgNR 24. GP 6.
SCHLUSSSTRICH
Aus dem einzurichtenden Pflegefonds, der bis 2014 mit insgesamt 685 Millionen Euro dotiert wird, sollen mittels Zweckzuschüssen die Länder und Gemeinden bei Angeboten im Bereich der Langzeitpflege unterstützt werden. Eine von der Statistik Österreich einzurichtende Datenbank soll einen Überblick über die in Österreich gewährten Pflegeleistungen ermöglichen.
Die Abwicklung des Landespflegegelds wird ab 1. 1. 2012 vom Bund übernommen und weitgehend durch die PVA durchgeführt. Durch diese und weitere Reduktionen der Anzahl der Entscheidungsträger wird das Pflegegeld in Hinkunft von 8 Trägern, statt bisher von mehr als 280 Landesträgern und 23 Bundesträgern, administriert.
Finanzierung der Wirtschaftskammern
INFOCENTER WKO
Im folgenden Beitrag sollen die jüngst zu den Kammerumlagen ergangenen Erkenntnisse des VwGH kurz zusammengefasst werden. Sie sollen auch zum Anlass genommen werden, die Finanzierung der Wirtschaftskammern im Überblick darzustellen.
§§ 122 ff WKG Kammerumlagen; Finanzierung; Wirtschaftskammer
Kammerumlagen laut VwGH gesetzeskonform BARBARA POSTL
A. Die VwGH-Erkenntnisse zu den Kammerumlagen In den letzten zwei Jahren haben österreichische Unternehmen Rechtsmittel gegen Kammerumlagenbescheide eingebracht. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat nun die Rechtskonformität der Kammerumlage 1 (KU 1) sowie der Kammerumlage 2 (KU 2 – Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) bestätigt. Damit verbunden wurde eine Reihe von Bescheidbeschwerden österreichischer Unternehmen vom VwGH abgelehnt. Der VwGH hat erkannt, dass die Kammerumlagen 1 und 2 weder verfassungswidrig sind noch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen (VwGH 28. 4. 2011, 2009/15/0172 zur Kammumlage 1 und VwGH 31. 5. 2011, 2009/15/0169 zur Kammumlage 2).
1. VwGH zur Kammerumlage 1 Dem VwGH-Erk zur Kammerumlage 11) lag folgende Behauptung zu Grunde: Die Beschwerdeführerin brachte vor, § 122 WKG verstoße gegen die Richtlinie 2006/112/EG des Rates v 28. 11. 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Eingriff in das Recht auf Vorsteuerabzug). Weiters werde die Beschwerdeführerin durch Kammerumlagen – dem gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz widersprechend – unverhältnismäßig belastet. Darüber hinaus handle es sich um eine gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe, weil die Kammerumlage eine Vielzahl von Kammermitgliedern, die überhaupt nicht oder unter Dr. Barbara Postl ist Referentin in der Wirtschaftskammer Oberösterreich. 1) VwGH 28. 4. 2011, 2009/15/0172.
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der Kopfquote mit Umlagen belastet würden, begünstige. Der VwGH hat erwogen, dass die KU 1 nicht gegen die Richtlinie 2006/112 verstößt, weil der KU 1 wesentliche Merkmale einer Mehrwertsteuer fehlen und sie auch im Rahmen einer Gesamtschau keine der Mehrwertsteuer vergleichbare Abgabe ergebe. Dies erfolgte unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung seit 1998, die auch in jüngerer Zeit keine geänderte Rechtsanschauung ergeben hat.2) Eine Abgabe mit den Merkmalen der KU 1 greift nicht in richtlinienwidriger Weise in das Recht auf Vorsteuerabzug ein.3) Die KU 1 ist nicht gleichheitswidrig. Der VfGH hat bereits im Jahre 19954) ausgesprochen, dass es bei der KU 1 als steuerähnliche Abgabe im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Umlage anknüpft. Dass der Gesetzgeber 1995 den Anknüpfungspunkt der Umsätze durch jenen der Vorsteuern ersetzte, erweckt beim VwGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken.5) Die Erhebung der KU 1 verstößt auch nicht gegen den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz. Die KU 1 ist keine Beihilfe. Der Schuldner einer Abgabe kann sich nicht darauf berufen, dass die Befreiung anderer Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstelle, um sich der Zahlung dieser Abgabe zu entziehen. Das Aufkommen der KU 1 wird auch nicht notwendig für die Finanzierung einer Beihilfe verwendet.
2. VwGH zur Kammerumlage 2 Die Beschwerdeführerin rügt in diesem VwGH-Verfahren6) zur KU 2 einen Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilfenverbot. Die ungleiche Lastenverteilung nach § 122 WKG beeinträchtige stark belastete Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch Umlagelasten von über E 100.000,– und begünstige eine Vielzahl von Kammermitgliedern, die überhaupt nicht oder nur geringfügig mit der Umlage belastet seien. Der VwGH hat erwogen, dass die KU 2 keine Beihilfe darstellt und auch kein zwingender Zusammenhang zwischen der Abgabe und einer allfälligen beihilfenrelevanten Verwendung des Abgabenertrags besteht.
3. Schlussfolgerungen aus den VwGH-Erkenntnissen Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl die Kammerumlage 1 als auch die Kammerumlage 2 rechtskonform sowohl auf EU-Rechtsebene als auch auf Ebene nationalen Rechts sind. Besonders ist darauf hinzuweisen, dass der VfGH in seinem Ablehnungsbeschluss aus 20097) klargestellt hat, dass im Hinblick auf die KU 1 keine Gleichheitswidrigkeit besteht. Bereits im Erk v 7. 3. 1995, B 1933/94, hat er ausgesprochen, dass es im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers liegt, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Umlage anknüpft. Es ist ihm nicht verwehrt, den Umsatz als eine von mehreren Berechnungsgrundlagen heranzuziehen. Damit 314
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kann ihm auch nicht verwehrt sein, die Vorsteuer als eine von mehreren Berechnungsgrundlagen zu wählen. Die in der Beschwerde als verfassungsrechtlich bedenklich angeführte Freigrenze hat der VfGH bereits im Jahre 19958) als im Interesse der Entlastung von Kleinbetrieben gerechtfertigt anerkannt.
B. Die Finanzierung der Wirtschaftskammern Die VwGH-Erkenntnisse sollen zum Anlass genommen werden, die Finanzierung der Wirtschaftskammern überblicksmäßig darzustellen. Vorweg sei darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftskammerorganisation aus dem Dachverband (Wirtschaftskammer Österreich) und aus neun Landeskammern besteht. Die Wirtschaftskammerorganisation lukriert im Wesentlichen ihre Einnahmen aus vier Bereichen: Aus der Kammerumlage 1 (§ 122 Abs 1 – 6, § 126 WKG), der Kammerumlage 2 (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag; § 122 Abs 7 – 8, § 126 WKG), der Grundumlage (§ 123 WKG) und aus Gebühren für Sonderleistungen (§ 125 WKG). & Die Kammerumlage 1 hat als Bemessungsgrundlagen die Vorsteuer, Reverse Charge, Einfuhrumsatzsteuer und Erwerbsteuer. Die Höhe der KU 1 beträgt laut § 122 Abs 1 WKG maximal 3,2‰. Derzeit wird die KU 1 mit 3‰ festgesetzt. Die Freigrenze beträgt bis E 150.000,– jährlich. Die Abgabe wird vom Finanzamt eingehoben. & Die Kammerumlage 2 hat als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967,9) somit die Bruttolohnund Bruttogehaltssumme der Dienstnehmer (§ 41 FLAG). Die Höhe der KU 2 beträgt maximal 0,44%, wobei sie je nach Bundesland variiert (§ 122 Abs 7 und 8 WKG). In Oberösterreich beträgt sie beispielsweise 0,36%. Freibetrag bzw Freigrenze: Übersteigt die Beitragsgrundlage in einem Kalendermonat nicht den Betrag von E 1.460,–, so verringert sie sich um E 1.095,–. & Die Höhe der Grundumlagen gem § 123 WKG wird durch die Fachgruppen in den Landeskammern und die Fachverbände der Wirtschaftskammer Österreich festgesetzt. Die Obmänner der Fachgruppen bzw Fachverbände werden aus dem eigenen Unternehmerkreis gewählt. Das heißt, jede Branche bestimmt die Höhe der Grundumlage im Wesentlichen nach dem demokratischen Prinzip im Rahmen des § 123 WKG 2) EuGH 19. 2. 1998, C-318/96, Spar; EuGH 11. 10. 2007, C-283/06 und C -312/06, Kögaz ua; EuGH 28. 10. 2010, C-49/09, Europäische Kommission gegen Republik Polen; EuGH 27. 11. 2008, C-156/08, Monika Vollkommer. 3) Der VwGH verweist hier auch auf Ruppe, SWI 1998, 121 ff. 4) VfGH 7. 3. 1995, B 1933/94. 5) Hier verweist der VwGH auf den Ablehnungsbeschluss des VfGH 30. 11. 2009, B 882/09 ua. 6) VwGH 31. 5. 2011, 2009/15/0169. 7) VfGH 30. 11. 2009, B 882/09 ua. 8) VfGH 7. 3. 1995, B 1933/94. 9) BGBl 1967/376.
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selbst. Laut § 123 WKG gibt es drei Varianten für die Höhe der Grundumlage: ein fester Betrag mit maximal E 6.500,– pro Berechtigung (für juristische Personen die doppelte Höhe) oder ein variabler Betrag, wobei maximal 10 Promille der Bruttolohn- und -gehaltssumme oder maximal 4 Promille der Umsatzsumme herangezogen werden dürfen oder eine Kombination aus den beiden ersten Varianten. Die Bemessungsgrundlage der Grundumlage bei der variablen Festsetzung kann die Lohnsumme, der Umsatz oder der Sozialversicherungsbeitrag sein. Gebühren für Sonderleistungen: Sonderleistungen sind Leistungen, die über die allgemeine Interessenvertretung hinausgehen und einzelnen Personen oder Berufsgruppen zu Gute kommen (§ 125 WKG). Gebühren für Sonderleistungen sind bspw: Prüfungsgebühren, Gebühren für Beurkundungen, Gebühren für Auszüge aus Regi-
stern usw. Sie werden nach dem Kostendeckungsprinzip festgesetzt.
SCHLUSSSTRICH
Die Wirtschaftskammerorganisation lukriert im Wesentlichen ihre Einnahmen aus vier Bereichen: aus der Kammerumlage 1, der Kammerumlage 2 (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag), der Grundumlage und aus Gebühren für Sonderleistungen. Der VwGH hat kürzlich erkannt, dass die rechtliche Ausgestaltung der Kammerumlage 1 und Kammerumlage 2 rechtskonform ist. NÜTZLICHE LINKS Wirtschaftskammer Österreich
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KURZ UND BÜNDIG
Das Wesentliche auf einen Blick Wirtschaftliche Anknüpfung bei der Anteilsvereinigung im Sinne der Grunderwerbsteuer (Maria Allgäuer/ Alexandra Wild)
Aufgrund der im Vergleich zur Vorjudikatur geänderten Rechtslage vertritt der VwGH nunmehr primär eine zivilrechtliche Anknüpfung. Diesem Erkenntnis liegt der Fall zugrunde, dass 99% der Geschäftsanteile unter gleichzeitiger Übertragung des verbliebenen Geschäftsanteils von 1% ins wirtschaftliche Eigentum, verbunden mit dem Abschluss einer diesbezüglichen Treuhandvereinbarung, abgetreten werden. Der Missbrauchstatbestand ist allerdings anwendbar. § 22 BAO; § 1 Abs 3 GrEStG; VwGH 5. 4. 2011, 2010/16/0168
Seite 281 Zur USt-Pflicht von Sponsorengeldern für Sportler (Marlene Truschnegg)
Nach Ansicht des VwGH liegen in Österreich umsatzsteuerpflichtige Leistungen vor, auch, wenn die Werbeleistungen von Sportlern an sich im Ausland erbracht wurden. VwGH 28. 10. 2010, 2007/15/0199
Seite 290 Steuer-Radar (Christian Huber/ Peter Pichler) Seite 301
Ein inäquivalenter Liegenschaftstausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten. Der Veräußerungsgewinn kann jedoch gem § 12 EStG auf die angeschaffte Liegenschaft übertragen werden. – Der Nachfolgefreibetrag steht bei der Schenkung von Mitunternehmeranteilen mit Sonderbetriebsvermögen nur nach der Beteiligungsquote an der Mitunternehmerschaft (ohne Berücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens) zu. – sie finden diese und weitere Rechtssätze von Höchstgerichten und UFS wie gewohnt im Steuerradar. § 8 KStG; § 15 a ErbStG; § 3 GrEStG; UFS 18. 1. 2011, RV/1595-W/08; VwGH 28. 4. 2011, 2009/16/0135 uvm
Ärzte-GmbH und Sozialversicherung (Stefan Steiger) Seite 307
Dieser Artikel erörtert die im Rahmen der Referentenbesprechung über Fragen aus dem Versicherungs-, Melde- und Beitragsbereich vom 11. 4. 2011 getroffenen Aussagen zur nunmehr Ärzten und Angehörigen des zahnärztlichen Berufs offen stehenden Möglichkeit, sich in einer GmbH zusammenzuschließen, sowie die Frage nach der Versicherung gemäß ASVG oder FSVG. § 52 a ÄrzteG; § 26 ZahnärzteG; § 4 ASVG; § 47 EStG; § 2 Abs 2 FSVG; BGBl I 2010/61
Vereinbarung von Elternteilzeit (Andreas Gerhartl) Seite 309
Unter welchen Voraussetzungen ist eine Teilzeitvereinbarung als Elternteilzeit zu qualifizieren? Die Abweichungen zwischen einer solchen Vereinbarung iSd MSchG oder einer gewöhnlichen iSd AZG sind weit reichend. Nach einem jüngst ergangenen Erkenntnis des OGH muss die Beantragung bzw Vereinbarung von Elternteilzeit nicht explizit erfolgen. OGH 26. 5. 2011, 9 ObA 80/10 w
Pflegefondsgesetz und Pflegegeldreformgesetz 2012 (Helwig Aubauer/ Martina Rosenmayr) Seite 311
Das vor dem Sommer im Nationalrat geschnürte Paket besteht aus 2 Teilen: einerseits wird ein Pflegefonds eingerichtet, der bis 2014 mit insgesamt 685 Millionen Euro dotiert wird. Der Bund unterstützt mit Zweckzuschüssen aus dem Fonds die Länder und Gemeinden im Bereich der Langzeitpflege. Eine einzurichtende Datenbank soll einen Überblick über die gewährten Pflegeleistungen ermöglichen. Andererseits ist eine Verwaltungsreform vorgesehen, welche die Anzahl der Entscheidungsträger verringern soll. Die Abwicklung des Landespflegegelds wird mit 1. 1. 2012 vom Bund übernommen. BPGG; PFG
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Autoren dieses Heftes: MMag. Maria ALLGÄUER; Mag. Alexandra WILD; Dr. Josef AICHWALDER; Mag. Marlene TRUSCHNEGG; HR Gerhard STEINER; Dr. Hannes GURTNER; Dr. Ines HOFBAUER-STEFFEL; DDr. Georg KOFLER; LL.M. (NYU); Dr. Christian HUBER; Dr. Peter PICHLER; Mag. Johann FISCHERLEHNER; Mag. Stefan STEIGER; Dr. Andreas GERHARTL; MMag. Dr. Helwig AUBAUER; Dr. Martina ROSENMAYR; Dr. Barbara POSTL
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