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Zeitschrift für
VbR
VERBRAUCHERRECHT Peter Kolba Petra Leupold Redaktion: Raimund Bollenberger, Wilma Dehn, Alexander Klauser, Petra Leupold, Paul Oberhammer, Christian Rabl Chefredakteur:
Redaktionsleitung:
September 2013 1 – 32
Beiträge
Inkassokosten Georg E. Kodek £ 8
Der zu Unrecht empfohlene Fremdwährungskredit Georg Graf £ 4 Prozessfinanzierung, Rechtsfreunde, quota litis und Sammelklage Alexander Klauser £ 12 Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz Martin Trenker £ 16 Rechtsprechung Leistungsänderung per Erklärungsfiktion £ 20 Unzulässige Klauseln in der Rechtsschutzversicherung Petra Leupold £ 24 Anerkenntnisverbot in der Haftpflichtversicherung Martin Ramharter £ 26 Akteneinsicht für Kartellgeschädigte £ 28 Pro & Contra
Erklärungsfiktionsklauseln Thomas Haghofer/Martin Spitzer £ 30
ISSN 2308-5576
01
Chefredakteur Peter Kolba Dr. Peter Kolba ist Leiter des Bereichs Recht im Verein für Konsumenteninformation (VKI). Er war bis 2013 Herausgeber der Konsumentenrecht-Entscheidungssammlung und ist Herausgeber der Informationen zum Verbraucherrecht (www.verbraucherrecht.at). „Verbraucherrecht geht jeden an. In allen Bereichen des täglichen Lebens stellen sich Fragen, die – mittels des Verbraucherrechts – zu beantworten sind.“
Redaktionsleitung Petra Leupold Dr. Petra Leupold war von 2007 – 2013 Universitätsassistentin am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der WU Wien am Lehrstuhl von Prof. Kodek und ist seit 2013 Juristin im Verein für Konsumenteninformation (VKI), Abteilung Finanzdienstleistungen. Regelmäßige Publikations-, Vortrags- und Lehrtätigkeit im Zivil-, Gesellschaftsund Kapitalmarktrecht. „Verbraucherrecht nimmt mittlerweile in nahezu allen Bereichen des Privatrechts eine zentrale Rolle ein. Die VbR trägt dem Rechnung und wird Akzente setzen – für Wissenschaft und Praxis.“
Redaktion Raimund Bollenberger Univ.-Prof. Dr. Raimund Bollenberger ist seit 2005 Partner der Doralt – Seist – Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft, Wien und seit Oktober 2007 auch Professor am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Zahlreiche Publikationen auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts, Insolvenzrechts und Bankrechts. „Ein offenes Forum für aktuelle Informationen und anregende Diskussionen – Verbraucherrecht live präsentiert.“
Wilma Dehn Dr. Wilma Dehn ist seit 2011 Hofrätin des Obersten Gerichtshofs. 2010/2011 war sie Gastprofessorin an der Wirtschaftsuniversität Wien, von 2000 – 2003 Referentin im Bundesministerium für Justiz (Abteilung für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht) und als solche mit der Umsetzung der HGB-Reform (UGB) betraut. Vortrags- und Publikationstätigkeit im Zivil-, Unternehmens- und Verbraucherrecht; Beirätin in verschiedenen Fachzeitschriften. „Mit der VbR werden die Entwicklungen im Verbraucherrecht für Sie topaktuell, praxisnah und wissenschaftlich fundiert aufbereitet!“
Alexander Klauser RA Dr. Alexander Klauser ist Gründungspartner von bkp Rechtsanwälte GmbH, wo er die Bereiche Prozessführung und Insolvenzrecht leitet. Inhaltlich liegen seine Tätigkeitsschwerpunkte im Zivil- und Handelsrecht, Europarecht und Verbraucherrecht. Lehrbeauftragter für Zivilverfahren an der Universität Wien und der Anwaltsakademie. Zahlreiche Publikationen, insbesondere auf den Gebieten Österreichisches und Europäisches Zivilprozess- und Insolvenzrecht sowie Verbraucherrecht. „Als Rechtsberater stehen wir auf der einen oder auf der anderen Seite – selbst sind wir jedenfalls alle auch Verbraucher.“
Paul Oberhammer RA Univ.-Prof. Dr. Paul Oberhammer ist seit 2011 Professor an der Universität Wien. Nach seiner Habilitation im Zivilverfahrens- (1997) und Unternehmensrecht (2001) war er zunächst ordentlicher Professor an der Universität Halle-Wittenberg (2001 – 2003), dann an der Universität Zürich (2003 – 2011). Daneben ist er Of Counsel bei Wilmer Cutler Pickering Hale and Dorr (International Arbitration Practice Group, London) und ständiger Gastprofessor an der Universität St. Gallen. „Fair Play durch Wettbewerb der Ideen.“
Christian Rabl Univ.-Prof. Dr. Christian Rabl ist ab 1. 10. 2013 Universitätsprofessor für Zivilrecht an der Universität Wien. Vorher hatte er einen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Recht der Finanzdienstleistungen an der Universität Salzburg inne. Er ist außerdem Rechtsanwalt und Partner bei Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH. Seine Arbeitsschwerpunkte erstrecken sich über sämtliche Bereiche des Bürgerlichen Rechts, insbesondere Bank- und Insolvenzrecht. „Verbraucher- und Unternehmerinteressen müssen kein Gegensatz sein.“
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Die Zeitschrift
VbR
VERBRAUCHERRECHT Peter Kolba Petra Leupold Raimund Bollenberger, Wilma Dehn, Alexander Klauser, Petra Leupold, Paul Oberhammer, Christian Rabl
Chefredakteur:
Redaktionsleitung: Redaktion:
September 2013 1 – 32
Beiträge
Inkassokosten Georg E. Kodek £ 8
Der zu Unrecht empfohlene Fremdwährungskredit Georg Graf £ 4 Prozessfinanzierung, Rechtsfreunde, quota litis und Sammelklage Alexander Klauser £ 12 Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz Martin Trenker £ 16 Rechtsprechung Leistungsänderung per Erklärungsfiktion £ 20 Unzulässige Klauseln in der Rechtsschutzversicherung Petra Leupold £ 24 Anerkenntnisverbot in der Haftpflichtversicherung Martin Ramharter £ 26 Akteneinsicht für Kartellgeschädigte £ 28 Pro & Contra
Erklärungsfiktionsklauseln Thomas Haghofer/Martin Spitzer £ 30
ISSN 2308-5576
01
Zwei Interessen – eine Zeitschrift! In jedem Heft: das Wichtigste aus dem Verbraucherrecht: von ABGB bis ZaDiG – mit Fokus auf KSchG und AGB-Recht Beiträge: Pro Thema 4 Seiten – Expertenwissen kompakt präsentiert Rechtsprechung: Praxistipps zu jeder Entscheidung inklusive EuGH-Rechtsprechung Pro & Contra: Streitthemen – von beiden Seiten beleuchtet
Holen Sie sich das Wissen unserer Experten!
http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933-5&utm_source=Inserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg http:p://www.manz.at/list.html?tisbnbn=978_source=Inserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg 978323-2114-4 000933933 5&utm_sour http:///www. _source=I m_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933-5&utm_sour r nserat&utZaDiG-Kommentar http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933-5&utm_sour _source=I m_medium=App&utm_content=Textlaktuell! ink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg r nserat&utimmer 14-00933-5&utm_sour r nserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-2online _source=I http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933-5&utm_sour _source=I r nserat&utFaszikelwerk m_medium=App&utinm_cont ent=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg Leinenmappe. XL, 1.000 Seiten. http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933-5&utm_sour _source=I m_medi158,– um=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg r nserat&utEUR ISBN 978-3-214-00933-5 http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933-5&utm_sour _source=I um=App&utm_cont =Textlink&utm_campai gn=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg r nserat&utImm_medi Abonnement zurentFortsetzung vorgemerkt. auchentonline lichgn=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933-5&utm_sour _source=I m_mediuWerk m=App&utistm_cont =Textlink&uterhält m_campai r nserat&utDieses ab EUR 135,60 / Jahr (zzgl. 20% USt) Informationen unter www.manz.at/zadig sour nserat&utWeitere http://www.manz.at/list.html?tisbn=978-3-214-00933 0933-3-5&&ututm_s_source=I m_medium=App&ut m_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg http:p:///www. www.maanz.nz.at/list.html?tisbbn=978n=9978-3-214-00933-5&utm_source=I sour nserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Weilinger-ZaDIG-3AktLfg 3. Aktua g lisierun
Weilinger (Hrsg)
Zahlungsdienstegesetz – ZaDiG 3. Aktualisierung 2013 Ein einheitlicher rechtlicher Rahmen für Zahlungsdienste; erstmals ein einheitliches Aufsichtsregime für Zahlungsdienstleister, die keine Banken sind; erstmals gleiche Wettbewerbsbedingungen. Diese neue Rechtslage durch das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG, BGBl I 2009/66) wird von einem Expertenteam aus Wissenschaft und Praxis kommentiert, die Entwicklung seit Inkrafttreten analysiert und die bereits zahlreichen Novellen (letzte Novelle BGBl I 2013/20 und BGBl I 2013/70) aus Sicht der Praxis dargestellt. Der Herausgeber: DDr. Arthur Weilinger ist Universitätsprofessor am Institut für Recht der Wirtschaft an der Universität Wien. Das Autorenteam besteht aus Mitarbeitern der Finanzmarktaufsicht, der Oesterreichischen Nationalbank und des Instituts für Recht der Wirtschaft der Universität Wien. MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH tel + 43 1 531 61 100 fax + 43 1 531 61 455 bestellen@manz.at Kohlmarkt 16 ∙ 1014 Wien www.manz.at
[I M P R E S S U M ]
ZEITSCHRIFT FÜR VERBRAUCHERRECHT 1. Jahrgang 2013 Medieninhaber und Herausgeber: MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH. Sitz der Gesellschaft: Kohlmarkt 16, 1014 Wien, FN 124 181 w, HG Wien. Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und Zeitschriften. Gesellschafter, deren Anteil 25% übersteigt: Manz Gesellschaft m. b. H., Wien, Beteiligung an Unternehmen und Gesellschaften aller Art, und Wolters Kluwer International Holding B. V. Amsterdam, Beteiligung an Unternehmen. Verlagsadresse: Johannesgasse 23, 1015 Wien (verlag@manz.at). Geschäftsleitung: Mag. Susanne Stein (Geschäftsführerin) sowie Prokurist Dr. Wolfgang Pichler (Verlagsleitung). Redaktion: Dr. Peter Kolba (Chefredakteur); Univ.-Prof. Dr. Raimund Bollenberger; HR d. OGH Dr. Wilma Dehn; Dr. Alexander Klauser; Univ.-Prof. Dr. Paul Oberhammer; Univ.-Prof. Dr. Christian Rabl. Redaktionsleitung: Dr. Petra Leupold. Autoren dieser Ausgabe: Georg Graf, Thomas Haghofer, Georg E. Kodek, Peter Kolba, Alexander Klauser, Petra Leupold, Martin Ramharter, Martin Spitzer, Martin Trenker. Verlagsredaktion: Mag. Olga Kaser, E-Mail: olga.kaser@manz.at Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges. m. b. H., 3580 Horn. Verlags- und Herstellungsort: Wien. Grundlegende Richtung: Veröffentlichung rechtswissenschaftlicher Abhandlungen und gerichtlicher Entscheidungen aus allen Rechtsgebieten. Zitiervorschlag: VbR 2013/Nummer. Anzeigen: Heidrun R. Engel, Tel: (01) 531 61-310, Fax: (01) 531 61-181, E-Mail: heidrun.engel@manz.at Bezugsbedingungen: Die VbR erscheint 6 x jährlich. Der Bezugspreis 2013 beträgt E 148,– (inkl Versand in Österreich). Einzelheft E 29,50. Auslandspreise auf Anfrage. Nicht rechtzeitig vor ihrem Ablauf abbestellte Abonnements gelten für ein weiteres Jahr als erneuert. Abbestellungen sind schriftlich bis spätestens sechs Wochen vor Jahresende an den Verlag zu senden. Manuskripte und Zuschriften erbitten wir an folgende Adresse: E-Mail: olga.kaser@manz.at. Wir bitten Sie, die Formatvorlagen zu verwenden (zum Download unter www.manz.at/ formatvorlagen) und sich an die im Auftrag des Österreichischen Juristentages herausgegebenen „Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtssprache und europarechtlicher Rechtsquellen (AZR)“, 7. Aufl (Verlag MANZ, 2012), zu halten. Urheberrechte: Mit der Einreichung seines Manuskripts räumt der Autor dem Verlag für den Fall der Annahme das übertragbare, zeitlich und örtlich unbeschränkte ausschließliche Werknutzungsrecht (§ 24 UrhG) der Veröffentlichung in dieser Zeitschrift, einschließlich des Rechts der Vervielfältigung in jedem technischen Verfahren und der Verbreitung (Verlagsrecht) sowie die Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, einschließlich des Rechts der Vervielfältigung auf Datenträgern jeder Art (auch einschließlich CD-ROM), der Speicherung in und der Ausgabe durch Datenbanken, der Verbreitung von Vervielfältigungsstücken an den Benutzer, der Sendung (§ 17 UrhG) und sonstigen öffentlichen Wiedergabe (§ 18 UrhG), ein. Gem § 36 Abs 2 UrhG erlischt die Ausschließlichkeit des eingeräumten Verlagsrechts mit Ablauf des dem Erscheinen des Beitrags folgenden Kalenderjahrs. Dies gilt für die Verwertung durch Datenbanken nicht. Der Nachdruck von Entscheidungen oder Beiträgen jedweder Art ist nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Verlags gestattet. Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in dieser Zeitschrift erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren, der Herausgeber sowie des Verlags ist ausgeschlossen. Grafisches Konzept: Michael Fürnsinn für buero8, 1070 Wien (buero8.com). Covergestaltung: bauer – konzept & gestaltung, 1040 Wien (erwinbauer.com). Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.
[EDITORIAL]
Brennpunkt Verbraucherrecht VbR 2013/1
n Marseille läuft das Strafverfahren gegen den Inhaber der Firma PIP wegen des Verkaufs fehlerhafter Brustimplantate, in Brüssel wird die Richtlinie über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (ADR-Richtlinie) beschlossen und in Wien kann eine große Sammelklage von geschädigten Immobilienaktienkäufern in Form einer gerichtsnahen Mediation abgeschlossen werden, während in den Medien schon die nächsten Anlegerprobleme bei „Schiffs-Fonds“ und Fremdwährungskrediten diskutiert werden. Im Verbraucherrecht ist viel in Bewegung. Nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Judikatur. Ein verstärkter Senat des Obersten Gerichtshofs besiegelte das Abmahnverfahren im Zuge von Verbandsklagen, es hagelt Entscheidungen zu Vertragsklauseln, ob nun im Bereich der Telekommunikation, der Banken oder der (Flug-)Reisebranche, und in den hunderten Fällen rund um fehlerhafte Anlageberatung lichten sich die Nebel um die Fragen, wie man die Ansprüche richtig geltend macht und wem man die Fehler zurechnen kann. Das Verbraucherrecht geht in der Praxis jeden an. In allen Bereichen des täglichen Lebens stellen sich Fragen, die – auch mittels des Verbraucherrechts – zu lösen sind. Dabei ist Verbraucherrecht schon längst nicht mehr darauf beschränkt, den Rücktritt von einem Kauf einer „KatzenfellDecke“ im Zuge einer Werbeveranstaltung zu regeln. Verbraucherrechtliche Sonderregeln findet man im Reiserecht ebenso wie im Bankrecht, im Versicherungsrecht und auch im Bereich der Telekommunikation. Die Zeit ist reif für eine Zeitschrift für Verbraucherrecht (VbR), die für die Praxis – also für Richter und Rechtsanwälte, aber genauso für die Rechtsabteilungen in den Unternehmen und die vielen Konsumentenberatungsstellen der Kammern – Informationen aus erster Hand zur Verfügung stellt. Die VbR ist dabei kein „Zentralorgan“ des Verbraucherschutzes, sondern ein Forum, auf dem sich die Fachmeinungen beider Seiten begegnen und wohl auch befruchten. Wir wollen eine Zeitschrift bieten, in der auf wissenschaftlichem Niveau Theorien entwickelt und diskutiert werden. Denn nur der Diskurs bringt Entwicklung. Dem fühlt sich die gesamte Redaktion – durchaus von verschiedenen Standpunkten kommend – verpflichtet. Im September 1993 erschien der erste Band der Konsumentenrecht Entscheidungssammlung (KRES) im Eigenverlag des VKI. Inzwischen sind dort weit über 1.000 Entscheidungen rund um das Verbraucherrecht dokumentiert. Zum 20. Geburtstag wird diese Publikation in die neue Zeitschrift Eingang finden und in der Zeitschrift für Verbraucherrecht (VbR) fortleben.
I
Peter Kolba
Impressum abrufbar unter www.manz.at/impressum
VbR [2013] 01
1
VbR
[I N H A L T ] Ü Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Brennpunkt Verbraucherrecht
Von Peter Kolba
VbR-Aktuell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Beiträge Ü Der zu Unrecht empfohlene Fremdwährungskredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Von Georg Graf
Ü Inkassokosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
Von Georg E. Kodek
Ü Prozessfinanzierung, Rechtsfreunde, quota litis und Sammelklage . . . . . . . . . . .
12
Von Alexander Klauser
Ü Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz . .
16
Von Martin Trenker
Rechtsprechung Ü Leistungsänderung per Erklärungsfiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
OGH 11. 4. 2013, 1 Ob 210/12 g
Ü Zurechnung des Beraters an die Bank I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
OGH 17. 12. 2012, 4 Ob 129/12 t
Ü Haftung bei Umschuldung auf Fremdwährungskredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
OGH 5. 4. 2013, 8 Ob 66/12 g
Ü Crossticketing bei Fluglinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
OGH 24. 1. 2013, 2 Ob 182/12 x
Ü Unzulässige Klauseln in der Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
OGH 23. 1. 2013, 7 Ob 201/12 b
Mit Anmerkung von Petra Leupold
Ü Anerkenntnisverbot in der Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
OGH 23. 1. 2013, 7 Ob 189/12 p
Mit Anmerkung von Martin Ramharter
Ü Aufklärungspflicht bei Nettopolizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
LG Innsbruck 12. 3. 2013, 2 R 289/12 g (rk)
Ü Akteneinsicht für Kartellgeschädigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
EuGH 6. 6. 2013, C-536/11, Donau Chemie ua
Ü Rücktrittsrecht bei Mietvertragsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
OGH 27. 6. 2013, 8 Ob 130/12 v
Pro & Contra Ü Erklärungsfiktionsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
Von Thomas Haghofer/Martin Spitzer 2
VbR [2013] 01
[AKTUELLES]
VbR-Aktuell VbR 2013/2
EU-Kommission empfiehlt Mitgliedstaaten Einführung kollektiver Rechtsschutzverfahren Am 11. 6. 2013 hat die Europäische Kommission eine Empfehlung „über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadenersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ veröffentlicht (C [2013] 3539, 401 final). Darin fordert sie die Mitgliedstaaten auf, innerhalb der nächsten zwei Jahre kollektive Rechtsschutzverfahren (collective redress mechanisms) einzuführen, insb in den Bereichen Verbraucherschutz, Wettbewerb, Umweltschutz und Finanzdienstleistungen. Gemeinsame Grundsätze dafür sind ua ein Opt-in-Prinzip, das die Möglichkeit zur individuellen Rechtsverfolgung wahrt, eine Erfolgshaftung bezüglich der Prozesskosten, die Ablehnung überkompensatorischen (Straf-)Schadenersatzes (punitive damages), Entlohnungsschranken zur Begrenzung anwaltlicher Anreize (keine contingency fee) und die Förderung außergerichtlicher Streitbeilegung. Vorgeschlagen hat die EU-Kommission ferner eine Richtlinie zur Erleichterung der Rechtsverfolgung für Geschädigte von EUKartellrechtsverstößen (COM [2013] 404), die ua eine Befugnis einzelstaatlicher Gerichte vorsieht, die Offenlegung von Beweismitteln durch Unternehmen anzuordnen, wenn Opfer Schadenersatz verlangen, und eine klarere Fassung der Vorschriften über Verjährungsfristen.
stände iS der EuGH-Rsp (C-549/07, Wallentin) in der VO näher bestimmt und in einem Anhang mit einer beispielhaften Liste konkretisiert werden und die einen Betreuungsanspruch begründende Verspätungsdauer mit zwei Stunden vereinheitlicht werden.
BGH: Unwirksame Ausschlussklauseln in der Rechtsschutzversicherung Die in deutschen Rechtsschutz-Bedingungen enthaltene Ausschlussklausel, wonach „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (zB Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (zB Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)“, kein Rechtsschutz besteht (= sog Effekten- und Prospekthaftungsklausel), ist nach Entscheidungen des BGH (8. 5. 2013, IV ZR 84/12, IV ZR 174/12) unwirksam. Die Klauseln verstoßen gegen das Transparenzgebot gem § 307 Abs 1 Satz 2 BGB, weil der durchschnittliche VN ihnen nicht hinreichend klar entnehmen kann, welche Geschäfte von dem Ausschluss erfasst sein sollen. Dafür kommt es nach Ansicht des BGH nur auf das Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens an, weil es sich weder bei „Effekten“ noch bei „Grundsätzen der Prospekthaftung“ um fest umrissene Begriffe der Rechtssprache handelt.
EU-Kommission schlägt Änderungen im Reiserecht vor
Schlussantrag der Generalanwältin zum Rücktrittsrecht vom Lebensversicherungsvertrag (Rs Endress/Allianz)
Am 9. 7. 2013 hat die Europäische Kommission eine Neufassung der Pauschalreise-RL (90/314/EWG) vorgeschlagen (IP/13/663, COM 512). Diese soll künftig auch vom Verbraucher individuell zusammengestellte „Bausteinreisen“ sowie übers Internet gebuchte Pauschalreisen erfassen, auf Geschäftsreisen dagegen nicht mehr anwendbar sein. Anders als bisher sieht der Vorschlag ua auch eine ausschließliche Haftung des Reiseveranstalters vor, eine Begrenzung der Kostentragungspflicht des Veranstalters bei nicht rechtzeitiger Rückkehr aufgrund unvermeidbarer, außerordentlicher Umstände auf E 100,– pro Nacht und Reisendem und insgesamt drei Nächte sowie eine Rügepflicht des Verbrauchers. Der am 11. 3. 2013 von der Europäischen Kommission veröffentlichte Änderungsvorschlag zur FluggastrechteVO 261/2004 (COM[2013] 130) sieht ua vor, dass die Unterbringungspflicht der Luftfahrtunternehmen im Fall außergewöhnlicher Umstände von langer Dauer auf drei Tage verkürzt wird und Ausgleichszahlungen vom Luftfahrtunternehmen bei Flügen innerhalb Europas einheitlich erst ab einer Verspätungsdauer von fünf Stunden, bei Langstreckenflügen außerhalb der EU ab neun (zwischen 3.500 und 6.000 km) bzw zwölf Stunden (ab 6.000 km) zu leisten sind (vgl dagegen bislang EuGH C-402/07 und C-432/07, Sturgeon: ab drei Stunden). Ferner soll der Begriff der außergewöhnlichen Um-
Im Vorabentscheidungsverfahren C-209/12, Walter Endress/Allianz, liegen seit 11. 7. 2013 die Schlussanträge von GA Sharpston vor. Sie kommt unter Verweis auf die Rsp des EuGH in der Rs Heininger (C-481/99 zum Widerrufsrecht bei der HaustürgeschäfteRL) zum Ergebnis, dass Art 15 Abs 1 Satz 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung (90/619/EWG) unter Berücksichtigung des Art 31 Abs 1 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung (92/96/ EWG) einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie unabhängig davon erlischt, ob der VN über dieses Recht ordnungsgemäß und rechtzeitig belehrt worden ist. Dem Verfahren liegt ein Vorabentscheidungsersuchen des BGH (IV ZR 76/11) zu § 5 a Abs 2 Satz 4 dVVG aF zugrunde. Ausreichende Gründe, die eine zeitliche Begrenzung der (Rück-)Wirkung des EuGH-Urteils rechtfertigen, liegen nach Ansicht der GA nicht vor. Die Allianz hatte diesbezüglich argumentiert, dass von dem Urteil mehr als 108 Mio Verträge berührt sein könnten, die in der Zeit von 1995 bis 2007 geschlossen und in deren Rahmen Prämien iHv insgesamt ca 400 Mrd Euro gezahlt worden seien. Auswirkungen für Österreich sind in Hinblick auf §§ 5 b, 165 a VersVG aF, möglicherweise auch §§ 5 c, 165 a Abs 2 VersVG idF VersRÄG 2012 nicht auszuschließen.
VbR [2013] 01
3
VbR
[B A N K R E C H T ]
Der zu Unrecht empfohlene Fremdwährungskredit Kritische Analyse der E 8 Ob 66/12 g VbR 2013/3 § 1300 ABGB; § 6 VKrG; § 27 WAG OGH 5. 4. 2013, 8 Ob 66/12 g Aufklärungspflicht; Feststellungsbegehren; Fremdwährungskredit; Kreditvertrag; Tilgungsträger
Die Problematik riskanter Fremdwährungskredite hat bis jetzt in der Rsp keine große Rolle gespielt – nicht zuletzt deswegen, weil viele Kreditnehmer einer gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen sind. Nun liegt eine erste richtungsweisende Entscheidung des OGH vor. Obwohl ihr in vielem zugestimmt werden kann, sind kritische Punkte anzumerken. Von Georg Graf
A. Die aktuelle OGH-Entscheidung 1. Der Sachverhalt Die Entscheidung hat es mit folgendem Sachverhalt zu tun: Im Jahr 1996 hatten die nachmaligen Kläger (ein Ehepaar) den Kauf einer Eigentumswohnung mit Hilfe von drei „normalen“ Ratenkrediten (Wohnbauförderungs-, Bauspar- und Bankkredit) finanziert. Im Jahr 2005 wurden sie von der Erstbeklagten, der freien Mitarbeiterin (im Folgenden als „Beraterin“ bezeichnet) des drittbeklagten, in Form einer AG betriebenen Vermögensberatungsunternehmens (im Folgenden als „AG“ bezeichnet), kontaktiert, die ihnen im Rahmen mehrerer Beratungsgespräche, bei denen sie im Namen der AG auftrat, eine Umschuldung in einen Fremdwährungskredit (FWK) in CHF kombiniert mit einem Tilgungsträger in Form einer fondsgebundenen Lebensversicherung empfahl. Das wurde mit der Aussicht auf geringere monatliche Kreditrück- und Zinsenzahlungen schmackhaft gemacht.1) Eine Aufklärung über die Nachteile der Finanzierungsform erfolgte nicht. In der Folge wurde die Umschuldung vorgenommen2) und der FWK mit einem Eurogegenwert von 220.000,– bei der zweitbeklagten Bank aufgenommen. Persönlichen Kontakt mit Bankmitarbeitern hatten die Kreditnehmer erstmals anlässlich der Kreditvertragsunterzeichnung; bei dieser Gelegenheit artikulierte die Ehefrau die Hoffnung, das Richtige zu tun. Die Bankangestellte antwortete mit der Gegenfrage, ob die Klägerin das nicht mit der Beraterin besprochen hätte; da diese aber in diesem Moment eintraf, wurde das Thema nicht weiter verfolgt. Als die Zahlungslast für den Frankenkredit 2007 erheblich stieg, erfolgte auf Empfehlung der Bank eine Konvertierung des FWK vom CHF in den JPY; über die damit verbundenen Risiken wurde nicht aufgeklärt. In der Folge verschlechterte3) sich die Situation kontinuierlich, sodass die Kreditnehmer im Jahr 2009 den Rechtsweg beschritten.
2. Die Ansicht des OGH Das gegenüber der Beraterin, der AG und der Bank geltend gemachte Klagebegehren auf Feststellung der Haftung für die aus der Umschuldung im Jahr 2005 resultierenden Schäden ist weitgehend erfolgreich. Der 4
Ü Georg Graf Ü Der zu Unrecht empfohlene Fremdwährungskredit
OGH geht davon aus, dass allen drei Beklagten Aufklärungspflichtverletzungen vorzuwerfen bzw zuzurechnen sind. Die AG, in deren Namen die Beraterin gehandelt hat, wäre verpflichtet gewesen, den Kreditnehmern hinreichende Risikoinformationen zu geben. Die Empfehlung einer Umschuldung nur durch Verweis auf die mit ihr verbundenen Vorteile, ohne gleichzeitige deutliche Information über die mit der Finanzierungsform verbundenen Risiken ist als rechtswidrig zu qualifizieren. Die Unterlassung der Risikoinformation stellt eine Vertragspflichtverletzung dar, die – so die insoweit eindeutigen Feststellungen des Erstgerichts – in concreto dazu geführt hat, dass die Kläger Verträge geschlossen haben, die sie andernfalls nicht abgeschlossen hätten. Der Bank wird eine zweifache Pflichtverletzung vorgeworfen. Sie hat es einerseits unterlassen, die Kreditnehmer beim Umstieg in den JPY hinreichend über das erhöhte Risiko von Währungsschwankungen hinzuweisen; das hat wohl auch die Bank im Lauf des Prozesses eingesehen, da die Feststellung der daraus resultierenden Haftung durch das Berufungsgericht von ihr nicht angefochten und rechtskräftig wurde.4) Andererseits wäre sie – so der OGH – auch bei Vergabe des Frankenkredits zur Risikoaufklärung verpflichtet gewesen.
B. Zur Reichweite der Aufklärungspflicht der kreditgebenden Bank 1. Ein Kreditvertrag ist kein Effektengeschäft Die Ausführungen des OGH zur Aufklärungspflicht der Bank bei Kreditverträgen und damit auch bei FWK fallen kurz aus; der OGH erwähnt bloß, dass eine Bank bei einer Kreditvergabe an Verbraucher vorvertragliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten treffen, deren Umfang nach hA von der Art des jeweiligen Rechtsgeschäfts abhängt; maßgebend sei, ob für die Bank er1) Es wurde auch in Aussicht gestellt, am Ende der Kreditlaufzeit könnte noch Geld übrig bleiben. 2) Die fondsgebundene Lebensversicherung wurde vom Ehemann abgeschlossen. 3) Nach den Feststellungen haftete per 31. 10. 2010 vom JPY-Kredit ein Betrag von E 314.774,– aus. 4) Da die Umschuldung in den JPY ohne Mitwirkung der AG oder der Beraterin erfolgte, haftet nach Ansicht des OGH allein die Bank für jene Schäden, die aus dem Wechsel in den JPY entstanden sind.
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[BANKRECHT] kennbar ist, dass der Kunde Aufklärung und Beratung braucht. Zur Begründung wird bloß auf RIS-Justiz RS0026135 (T 4) verwiesen, bei dem es jedoch gar nicht um die Aufklärungspflicht beim Kreditvertrag, sondern um jene beim Effektengeschäft geht. Diese Begründung verdeckt nicht nur, dass es eine reiche Rsp des OGH5) gibt, die sich gerade mit Aufklärungspflichten bei Kreditverträgen beschäftigt; sie blendet auch den Umstand aus, dass gerade zur Frage der Aufklärungspflicht bei FWK zahlreiche Stellungnahmen6) vorliegen.7)
2. Analoge Heranziehung des WAG 2007? An sich wäre es durchaus diskussionswürdig und aus Kundensicht begrüßenswert, die Aufklärungspflichten bei Kreditverträgen auch den Vorgaben des WAG zu unterwerfen, sind die Aufklärungspflichten nach dem WAG 2007 doch strenger als die beim Kreditvertrag aufgrund der Rsp rein nach ABGB bestehenden. So sieht § 38 WAG vor, dass der Rechtsträger bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln hat; im Bereich der Wertpapierdienstleistungen ist die Bank verpflichtet, ihr eigenes Interesse gegenüber dem Interesse des Kunden hintanzustellen; die Bank trifft eine umfassende Interessenwahrungsverpflichtung, wie sie für das Auftragsrecht typisch ist. Im Kreditvertragsrecht besteht diese weitgehende Interessenwahrungspflicht nicht.
3. Jedenfalls keine analoge Anwendung des § 27 WAG 2007 Eine solche zumindest sinngemäße Heranziehung des WAG 2007 müsste mit Augenmaß erfolgen; insb wäre es unzulässig, bei der Bestimmung des Umfangs der die Bank treffenden Aufklärungspflichten auf § 27 Abs 2 WAG 2007 zu rekurrieren, wie das der OGH in der vorliegenden Entscheidung in Erwägung zieht. § 27 Abs 2 WAG entlastet die Bank, wenn der Kunde durch einen vorgeschalteten Rechtsträger beraten wurde. Die Bank darf sich darauf verlassen, dass der vorgeschaltete Rechtsträger seinen Pflichten nach dem WAG 2007 nachgekommen ist; es wird eine Verdopplung der Pflichten verhindert. Dies ist sinnvoll, weil für den vorgeschalteten Rechtsträger – der typischerweise die Dienstleistung der Anlageberatung oder Vermögensverwaltung erbringt – sowieso die strengen Pflichten nach dem WAG 2007 gelten. Diese Pflichten gelten aber nur für solche Produkte, die vom WAG erfasst werden, also Finanzinstrumente. Kreditverträge zählen nicht hierzu.8) Jener Gesichtspunkt, der die in § 27 Abs 2 WAG vorgesehene Einschränkung der Pflichten der Bank trägt, greift also bei FWK mit oder ohne Tilgungsträger nicht. Darüber hinaus wäre die vom OGH anvisierte Anwendung des § 27 WAG auf die Fälle der Kreditvergabe im Verbraucherbereich mit den Vorgaben des VKrG unvereinbar. § 6 Abs 6 VKrG sieht detaillierte Informationspflichten der Bank bei einem Kredit mit Tilgungsträger vor; § 6 Abs 7 VKrG entsprechende Informationspflichten bei FWK. Die Vorschaltung eines Kreditvermittlers führt nicht dazu, dass die Bank von diesen VbR [2013] 01
Pflichten entbunden wird; ganz im Gegenteil betont § 6 Abs 8 VKrG ausdrücklich, dass in einem solchen Fall auch den Kreditvermittler entsprechende Informationspflichten treffen. Im Bereich des VKrG hat der Gesetzgeber also ganz bewusst eine Verdopplung der Pflichten angeordnet. Im vorliegenden Fall bleibt die Anwendung des WAG im Ergebnis für die Kreditnehmer unschädlich, weil eine vom OGH auch zum WAG judizierte Ausnahme zum Tragen kommt. Auch im Anwendungsbereich des WAG bleibt die Bank dann aufklärungspflichtig bzw wird sie von ihren Beratungspflichten nicht entbunden, wenn ihr bekannt oder für sie doch erkennbar ist, dass der vorgeschaltete Rechtsträger seine Pflichten nicht erfüllt hat.9) Diesen Ausnahmefall sieht der OGH in der vorliegenden Konstellation als verwirklicht an, weil die Bank erkennen musste, dass eine hinreichende Information des Kunden durch die Beraterin nicht stattgefunden hatte; die Bankmitarbeiterin hätte weitere Erkundigungen einziehen und die Kreditnehmer entsprechend informieren müssen.
4. Aufklärungspflicht hinsichtlich des Tilgungsträgers? Die Pflichtverletzung der Bank führt jedoch nicht dazu, dass sie für den gesamten von den Klägern erlittenen Schaden haftet. Der OGH nimmt hier eine Einschränkung vor. Er meint, die Aufklärungspflicht der Bank würde sich nur auf den Kreditvertrag, nicht aber auf jene Risiken beziehen, die sich aus dem Tilgungsträger ergeben. Darauf hätte sie auch keinen Einfluss gehabt. Eine „Obliegenheit“ (sic!) der Bank, zusätzlich zur Kreditberatung auch den bereits abgeschlossenen Versicherungsvertrag mit den Kunden zu erörtern, sei grundsätzlich zu verneinen.10) Diese Einschränkung der Haftung11) ist insoweit zu hinterfragen, als bei der typischen FWKKonstruktion zwischen dem Kreditvertrag und der Tilgungsträgerkonstruktion ein so enger Zusammenhang 5) Vgl die Darstellung bei Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 IV (2012) Rz 1/29 ff. 6) Vgl Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 IV Rz 1/29 ff. 7) Pro futuro ist auch zu berücksichtigen, dass das VKrG Aufklärungspflichten bei FWK und Tilgungsträgerkonstruktionen vorsieht, die unabhängig davon sind, ob der Kunde Aufklärung braucht; vgl Dehn in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 IV Rz 2/203 ff. Im vorliegenden Fall war das VKrG noch nicht anwendbar. 8) § 38 WAG erweitert zwar diesen durch die MiFiD vordeterminierten Anwendungsbereich und erstreckt die Pflichten auch auf Veranlagungen. Dieser Begriff erfasst Kreditverträge jedoch ebenfalls nicht. Auch der Abschluss einer Lebensversicherung gehört an sich nicht zu den vom WAG umfassten Geschäften. Allerdings ist es durchaus denkbar, dass bestimmte von Versicherern angebotene Produkte dem Veranlagungsbegriff des § 1 Abs 1 Z 3 KMG unterliegen; vgl zu dieser Frage sehr detailliert OGH 4 Ob 184/11 d. 9) M. Harrer in Gruber/N. Raschauer, WAG-Kommentar (2009) § 27 Rz 15 f; Graf, ÖBA 2012, 229 (238); Knobl/Gasser, ÖBA 2012, 352; Kreisl in Brandl/Saria, WAG2 § 27 Rz 3. 10) Dies führt dann dazu, dass im Urteilsspruch die Haftung der Bank für sämtliche Schäden und Nachteile festgestellt wird, die den Klägern durch die Umschuldung im Jahr 2005 aus davor bestehenden Krediten auf den FWK entstehen. Hingegen bezieht sich die Haftung der anderen Parteien auch auf jene Schäden und Nachteile, die den klagenden Parteien durch die Finanzierung der Rückzahlung des FWK durch den Tilgungsträger entstehen. 11) Diese Einschränkung greift auch dann nicht, wenn zwischen der Bank und dem Kunden ein entsprechender Beratungsvertrag – uU auch konkludent – abgeschlossen wird. Das wäre zB dann der Fall, wenn die Bank dem Kunden die gesamte Konstruktion empfiehlt und sich ihre Rolle nicht darauf beschränkt, bloß den Kredit zu vergeben.
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[B A N K R E C H T ] besteht, dass sich das eine vom anderen kaum trennen lässt. Der Zusammenhang resultiert daraus, dass es sich beim FWK idR um einen endfälligen Kredit handelt, dessen Rückzahlung aus dem Tilgungsträger erfolgen soll. Diese Endfälligkeit führt dazu, dass in Summe weit mehr Zinsen anfallen als bei normalen Ratenkrediten; hinzu tritt die Gefahr, dass der Tilgungsträger letztlich weniger als erwartet abwirft, sodass dem Kreditnehmer die vollständige Rückzahlung nicht möglich ist. Das ist zwar ein Risiko, das primär den Tilgungsträger betrifft; da es aber unmittelbar die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers betrifft, ist es schwer vorstellbar12), dass eine lege artis erfolgende Aufklärung durch die Bank diesen Punkt nicht ansprechen muss.13) Die kategorische Verneinung einer Aufklärungspflicht hinsichtlich Gefahren, die von anderen Komponenten des Finanzierungsmodells ausgehen, steht auch in Widerspruch zur bisherigen Rsp des OGH zu den Aufklärungspflichten bei Kreditverträgen. Nach dieser muss die Bank den Kunden dann aufklären, wenn sie positiv Kenntnis davon hat, dass mit der Verwendung der Kreditvaluta wesentliche Gefahren einhergehen.14) Diese Rsp hat auch für die Tilgungsträgerproblematik Relevanz: Jedenfalls dann, wenn die Bank erkennt bzw erkennen muss, dass der Kunde hinsichtlich der vom Tilgungsträger ausgehenden, die Rückzahlung des endfälligen FWK betreffenden Risiken nicht informiert ist, trifft sie nach diesen Grundsätzen eine eigenständige Aufklärungspflicht.
C. Zur Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens Der für die Praxis bedeutsamste Punkt des Urteils betrifft die Frage der Zulässigkeit des von den Klägern geltend gemachten Feststellungsbegehrens. Sie wird vom OGH im vorliegenden Fall mit zwei Argumenten bejaht. Das erste Argument ist sehr einzelfallspezifisch und geht dahin, dass angesichts der „festgestellten Verhältnisse der Kläger“ die „Möglichkeit bzw Tunlichkeit einer Wiederherstellung durch neuerliche Umschuldung in Abstattungskredite, einschließlich Rückabwicklung des inzwischen Geleisteten [. . .] keineswegs auf der Hand“ liege; die Beklagten hätten sich darauf auch nicht berufen. Mit den festgestellten Verhältnissen meint der OGH anscheinend den Umstand, dass die Kläger geschieden sind und die Haftung des Ehegatten im Zuge der Scheidung auf die eines Ausfallsbürgen reduziert wurde. Einen allgemein relevanten Gesichtspunkt spricht das zweite Argument an; die Kläger seien deswegen nicht auf ein Leistungsbegehren zu verweisen, weil hinsichtlich des Schadens, auf den sich die Kläger berufen, „keineswegs sicher“ sei, ob er eintreten werde; jedenfalls sei er zur Zeit aber nicht bezifferbar. Auf den ersten Blick irritiert dieses Argument, betont der OGH doch zwei Absätze zuvor, dass der Schaden, den die Kläger erlitten haben, bereits im Abschluss der die Umschuldung bewirkenden Verträge (FWKVertrag; Versicherungsvertrag) zu erblicken ist. Dieser Schaden könnte nun aber wohl in natura dadurch aus der Welt geschafft werden, dass dem Kreditnehmer ein Umstieg in die ursprüngliche Eurofinanzierung in Gestalt eines Ratenkredits und der Ausstieg aus dem 6
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FWK und dem Lebensversicherungsvertrag ermöglicht und für Aufwendungen, die durch den Umstieg in den FWK entstanden sind, Ersatz geleistet wird.15) Logisch nachvollziehbar wird das Argument jedoch, wenn man erkennt, dass es dem OGH eigentlich nicht um diesen – von ihm so genannten – realen Schaden geht, sondern vielmehr um jenen, dessen Existenz und Umfang sich erst nach Rückzahlung des FWK feststellen lassen. Dies ist jener Schaden, der darin besteht, dass
der Kreditnehmer für die von ihm während der Kreditvertragsdauer in Anspruch genommene Liquidität aufgrund der FWK-Konstruktion höhere Aufwendungen tätigen muss, als bei einer Finanzierung mittels Euroratenkredits der Fall gewesen wäre. Wie an anderer Stelle16) näher gezeigt, sind bei den FWK-Fällen zwei Arten von durch die fehlerhafte Information herbeigeführten Schäden zu unterscheiden. Der erste Schaden – man kann ihn als Vertragsabschlussschaden bezeichnen – resultiert aus dem Abschluss der mit der FWK-Konstruktion verbundenen Verträge; er besteht darin, dass der Kreditnehmer Risiken tragen muss, die er bei korrekter Information nicht auf sich genommen hätte. Davon zu unterscheiden ist jedoch der Schaden, der eintritt, wenn sich die Risiken verwirklichen. Ob dieser zweite Schaden, den man als Mehraufwendungsschaden17) bezeichnen kann, eintritt, lässt sich immer erst am Ende der Laufzeit des Kreditvertrags feststellen. Der Schaden besteht darin, dass der Kreditnehmer aufgrund der Risikoverwirklichung für die FWK-Konstruktion mehr aufwenden muss, als er bei Finanzierung mittels eines Euroratenkredits bezahlen hätte müssen. Ob – bzw in welchem Umfang – ein solcher Mehraufwand entstanden ist, kann erst bei Fälligkeit des Anspruchs auf Kreditrückzahlung definitiv festgestellt werden.18) Hinsichtlich dieses Mehraufwendungsschadens
scheidet – wie der OGH richtig erkennt – eine Leistungsklage vor Ende der Finanzierungsdauer daher aus, sodass eine Feststellungsklage grundsätzlich zuzulassen ist. ME stellt auch die Möglichkeit der Einbringung einer Leistungsklage hinsichtlich des Ver12) Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 IV Rz 1/35, weist zu Recht darauf hin, dass die Bank in solchen Fällen über das Risiko einer Tilgungslücke informieren muss; ähnlich Karollus/ Koziol, ÖBA 2006, 269 f. 13) Die vom OGH vorgenommene Beschränkung der die Bank treffenden Beratungspflicht auf den Kreditvertrag unter Ausblendung der Tilgungsträgerkomponente hat die Konsequenz, dass die Bank selbst dann schadenersatzpflichtig werden kann, wenn sich das Finanzierungsmodell aufgrund besonders guter Performance des Tilgungsträgers trotz zusätzlicher Aufwendungen beim FWK für den Kreditnehmer verlustfrei oder gar gewinnbringend gestaltet. Auf den aus der Tilgungsträgerkonstruktion resultierenden Vorteil könnte sich die Bank nicht berufen, weil ja ein daraus resultierender Nachteil auch keine Auswirkung auf ihre Rechtsposition hätte. 14) Vgl die Nachweise bei Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 IV Rz 1/228. 15) Der OGH setzt damit eine Rechtsprechungslinie fort, die er in der E 3 Ob 49/12 w begonnen hat; s auch 2 Ob 22/12 t und dazu Holly, ecolex 2013, 503. 16) Graf, ÖJZ 2013, 581 (585). 17) Die Möglichkeit dieses Mehraufwendungsschadens stellt einen ganz wesentlichen Unterschied zu den Anlageberatungsfällen dar. 18) Selbst dann, wenn die fremde Währung bis kurz vor Rückzahlungsfälligkeit einen so hohen Kurs hat, dass die Rückzahlung doppelt so teuer wäre wie die Rückzahlung eines ursprünglich in Euro aufgenommenen Kredits, kann ein starker Kursverfall dazu führen, dass sich das Geschäft für den Kreditnehmer doch als gewinnbringendes erweist.
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[BANKRECHT] tragsabschlussschadens19) keinen Grund dafür dar, dem Kreditnehmer die Erhebung der Feststellungsklage hinsichtlich des Mehraufwendungsschadens zu verweigern, weil es sich hier um zwei unterschiedliche Arten von Schäden20) handelt. Sie sind freilich insoweit miteinander verknüpft, als eine Naturalrestitution im Wege der Beseitigung des Vertragsabschlussschadens verhindert, dass es nach diesem Zeitpunkt noch zu einem Mehraufwendungsschaden kommt. Durch die Beseitigung der mit dem FWK und dem Tilgungsträger verbundenen Risiken können aus der Verwirklichung dieser Risiken naturgemäß keine weiteren Schäden entstehen. Hingegen kann bis zur Rekonvertierung bereits ein Mehraufwendungsschaden entstanden sein. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass diese beiden Arten von Schäden in einer Folgebeziehung stehen, ist der Mehraufwendungsschaden ja dadurch bedingt, dass sich die den Vertragsabschlussschaden konstituierenden Risiken verwirklichen. Fasst man den Vertragsabschlussschaden als Primär- und den Mehraufwendungsschaden als Sekundärschaden auf, stellt sich die in der Praxis wichtige Frage, ob nicht bereits mit Kenntnis des Primärschadens die dreijährige Verjährungsfrist auch für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen bezüglich des Sekundärschadens zu laufen beginnt. Wie an anderer Stelle21) gezeigt, wird dies in der Regel zu verneinen sein, da es bei derart langfristigen Krediten eine vollkommen offene Frage ist, ob der Kreditnehmer bei Ende der Vertragslaufzeit tatsächlich einen Schaden erleidet. Insoweit fehlt es typischerweise an der von der Rsp geforderten Vorhersehbarkeit des Folgeschadens.
D. Eigenhaftung des Verhandlungsgehilfen bejaht Durchaus in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rsp22) bejaht der OGH auch die Haftung der Mitarbeiterin der AG, die als deren Verhandlungsgehilfin fungiert. Dass zwischen Mitarbeiterin und Kreditnehmern keine vertragliche Beziehung besteht, verhindert das nicht. Bemerkenswert ist freilich die Begründung, die der OGH für die Haftung gibt. Die bisherige Rsp23) hat mit zwei Begründungsansätzen operiert. Der eine knüpft an den bekannten dogmatischen „Stehsatz“ an, wonach ein Vertreter ausnahmsweise dann zur Haftung herangezogen werden kann, wenn sein Verhalten keinen Geschäftsherrn zugerechnet werden kann, wenn er ein besonderes eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrags hat oder wenn er bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt. Ein zweiter Begründungsansatz operiert mit der Annahme eines konkludent geschlossenen Auskunftsvertrags.
Die vorliegende Entscheidung geht – einen Vorschlag von Dullinger24) aufgreifend – einen dritten Weg und stützt die Haftung auf §§ 1299 und 1300 ABGB. Mit ihrem Anspruch, den Kreditnehmern aufgrund ihrer besonderen Sachkunde eine bessere Finanzierung anbieten zu können, handle die Mitarbeiterin als Sachverständige. Als solche treffe sie – so der OGH – unabhängig von einer direkten Vertragsbeziehung eine objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht, die ihre persönliche Haftung begründet. Der Rekurs auf die objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht ist insoweit überraschend, als dieser Topos bis dato ausschließlich im Kontext der gutachterlichen Haftung gegenüber Dritten verwendet wurde.25) ME liegt der wesentliche Aspekt in § 1300 ABGB. Geht man von der stRsp26) des OGH aus, wonach der Verweis auf eine Belohnung in § 1300 Satz 1 ABGB lediglich bedeutet, dass der Rat nicht aus bloßer Gefälligkeit, also selbstlos, erteilt wird, ergibt sich die Haftung der Mitarbeiterin unmittelbar aus dem Gesetz, da die von ihr empfohlene Empfehlung ja offenkundig nicht selbstlos, sondern im Hinblick auf ihr Provisionsinteresse abgegeben wurde. Dagegen lässt sich nicht einwenden, dass nach der Rsp das eine Eigenhaftung des Vertreters tragende besondere eigenwirtschaftliche Interesse über ein allfälliges Provisionsinteresse hinausgehen muss. Diese Rsp ist, soweit es um eine Haftung des Vertreters wegen falscher Auskunft oder wegen falschen Rates geht, schlichtweg gesetzwidrig; sie ist auf Fälle einzuschränken, in denen die Schädigung des Vertragspartners des Geschäftsherrn auf andere Weise, nämlich insb durch Unterlassung, erfolgt. In solchen Fällen eine Haftung zu bejahen, setzt voraus, dass eine entsprechende Pflicht zu positivem Tun begründet wird. Für deren Begründung mag ein bloßes Provisionsinteresse in der Tat nicht ausreichen; im Bereich des § 1300 ABGB geht es aber nicht um eine Pflicht zu positivem Tun, sondern nur um die Pflicht, eine falsche Auskunft oder einen falschen Rat zu unterlassen, wenn die Unrichtigkeit erkennbar ist. 19) Nämlich als auf Naturalrestitution gerichtetes Klagebegehren; in einem solchen Fall klagte der Kreditnehmer darauf, dass ihm ein Umstieg in die ursprüngliche Eurofinanzierung in Gestalt eines Ratenkredits und der Ausstieg aus dem FWK und dem Lebensversicherungsvertrag ermöglicht werden. Gleichzeitig fordert er Ersatz für die Aufwendungen, die durch den Umstieg in den FWK bis zum Zeitpunkt der Rekonvertierung entstanden sind. 20) Nicht behandelt soll an dieser Stelle die Frage der Verjährung werden. 21) Graf, ÖJZ 2013, 581 (587). 22) Vgl zB 9 Ob 5/10 s JBl 2011, 445 (Dullinger); 4 Ob 137/10 s; 8 Ob 60/11 y (konkludenter Auskunftsvertrag); 7 Ob 178/11 v. 23) Vgl Pletzer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 874 Rz 10 ff. 24) In FS Reischauer (2010) 101. 25) Im Rahmen der Anlagevermittlerfälle ist sie bis jetzt noch nicht vorgekommen. Die vom OGH zit E 4 Ob 137/10 s nimmt darauf nicht Bezug. 26) Schacherreiter in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 1300 Rz 2.
Ü In Kürze
Ü Zum Thema
Mit der E 8 Ob 66/12 g hat der OGH wesentliche Fragen im Zusammenhang mit Aufklärungsfehlern bei FWK geklärt; die Bestimmung des Umfangs der Informationspflicht der Bank fällt jedoch zu restriktiv aus.
Über den Autor: Dr. Georg Graf ist Universitätsprofessor für Bürgerliches Recht an der Universität Salzburg. Kontaktadresse: Churfürststraße 1, 5020 Salzburg. Vom selben Autor erschienen: Vertrag und Vernunft (2007); Bankvertragsrecht (2011).
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Inkassokosten Eine kritische Bestandsaufnahme1) VbR 2013/4 § 1333 Abs 2 ABGB; InkassokostenVO Inkassokosten; zweckentsprechende außergerichtliche Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen
Vor etwas mehr als zehn Jahren hat der Gesetzgeber in § 1333 Abs 3 ABGB (nunmehr § 1333 Abs 2 ABGB) den Ersatz von Inkassokosten neu geregelt. Ein Blick auf die seither ergangene Rsp und auf das Schrifttum zeigt allerdings, dass die ursprünglich mit der Reform verfolgten Ziele nicht erreicht werden konnten. Vielmehr bestehen nach wie vor erhebliche Unklarheiten hinsichtlich des Grundes und des Umfangs der Ersatzpflicht für Inkassokosten. Auch die derzeit in Deutschland laufende Reformdiskussion ist Anlass, die bestehende Situation in Österreich zu untersuchen. Von Georg E. Kodek
A. Empirischer Befund In den letzten Jahren häufen sich Beschwerden gegen Inkassoinstitute.2) Im Zeitraum von 2009 bis 2010 wandten sich in diesem Zusammenhang ca 10.900 KonsumentInnen an die AK oder den VKI. Teilweise erfolgt schon die erste Mahnung durch ein Inkassobüro. Immer wieder werden Inkassokosten auch in Fällen verlangt, in denen die Hauptforderung ohnedies bezahlt wurde oder berechtigte Zurückbehaltungsrechte durch die Konsumenten geltend gemacht wurden. In einem Fall wurden allein aus dem Titel der „Bearbeitungsgebühr“ mehr als E 10.000,– verlangt. Oftmals übersteigen die Inkassokosten die Höhe der Hauptforderung, teilweise sogar um das Doppelte. Dazu kommt die Praxis der Inkassoinstitute, den Schuldner ein Anerkenntnis unterfertigen zu lassen, das vielfach nur einen nicht aufgeschlüsselten Gesamtbetrag enthält.
B. § 1333 Abs 2 ABGB Nach § 1333 Abs 2 ABGB idF ZinsRÄG 2002 kann der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insb die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen. Damit werden die §§ 918, 921 ABGB für die Betreibungskosten ergänzt.3)
tenzahlungsvereinbarungen, Stundungsvereinbarungen etc. Weitere Kosten sind für Anschrifterhebung, Wegentgelt, Ermittlung der Einkommens- oder Vermögensverhältnisse sowie Evidenzhaltung vorgesehen. In der Praxis bieten Inkassoinstitute idR an, das Inkasso zu übernehmen, ohne dass dem Auftraggeber überhaupt dafür Kosten erwachsen.5)
D. Meinungsstand Während zur Frage der Zweckmäßigkeit der Einschaltung von Inkassoinstituten nach der Rechtslage vor dem ZinsRÄG 2002 eine Fülle von Entscheidungen vorliegt, gibt es zu § 1333 Abs 2 ABGB kaum Rsp. In der Lehre werden völlig unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach M. Bydlinski käme es zum Kollaps der Zivilgerichtsbarkeit, wenn alle Gläubiger jede unbeglichene Forderung sofort im Klageweg geltend machten. Daher bestehe ein beachtliches öffentliches Interesse an anderen Wegen der Rechtsverfolgung.6) Nach Rabl könnten die Kosten eines Inkassobüros grundsätzlich auf den Schuldner überwälzt werden.7) Trete das Inkassoinstitut an den Schuldner heran, mache es im Hinblick auf seine Kosten rechtlich einen Schadenersatzanspruch des Gläubigers geltend. Das Inkassoinstitut übermittle damit die Anweisung des Gläubigers an den Schuldner, mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber dem Gläubiger an das Inkassoinstitut zu bezahlen. Das Inkassoinstitut nehme die Zahlung wiederum als Anweisungsempfänger mit schuldbefreiender Wirkung zugunsten des Gläubigers aus seinem Vertrag mit dem Inkassoinstitut heraus an.
C. Die Inkassokosten-VO Die Höchstsätze der Vergütungen von Inkassoinstituten sind in einer auf Grundlage von § 69 Abs 2 Z 5 GewO erlassenen VO4) geregelt. Die VO unterscheidet zwischen Auftraggebergebühr (§ 2 leg cit) und Schuldnergebühr (§ 3 leg cit). Die Auftraggebergebühr darf eine im Voraus zu entrichtende Auftragsgebühr für jede zum Einzug übertragene Forderung von idR bis zu 6% der Forderungen umfassen. Die Schuldnergebühr enthält verschiedene Positionen wie allgemeine Bearbeitungskosten und – nach Höhe der Forderung gestaffelt – Gebühren für die erste und zweite Mahnung. Letztere gelten auch für jede weitere Mahnung sowie für Telefoninkasso, Ra8
Ü Georg E. Kodek Ü Inkassokosten
1) Es handelt sich um die Kurzfassung einer im Mai 2013 über Auftrag des VKI erstellten Studie. Die vollständige Fassung erscheint im Konsumentenpolitischen Jahrbuch. 2) Vgl zum Folgenden VKI (Hrsg), Bericht zur Lage der KonsumentInnen 2009/2010, 53 ff; Beratungsbilanz Konsumentenberatung Österreich AK und VKI 2009 und 2010. 3) Rabl, Der Schadenersatz von Inkassokosten dem Grunde nach, JBl 2007, 494 (496). 4) VO des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen BGBl 1996/141 idF BGBl II 2001/490 und BGBl II 2005/103. 5) Vgl zB www.fortuna-incasso.at/konditionen.htm (abgefragt am 24. 4. 2013). 6) M. Bydlinski, Der Anspruch auf Ersatz „vorprozessualer Kosten“ unter Berücksichtigung von Mahn- und Inkassospesen, JBl 1998, 69 (143 ff). 7) Rabl, JBl 2007, 494 (496).
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[ALLGEMEINES Nach W. Hofmann habe der Auftraggeber hingegen nur die Auftraggebergebühr zu bezahlen.8) Auch nach Chvosta9) widerspräche es kostenrechtlichen Prinzipien, wenn der Gläubiger auch die von ihm in Wahrheit nicht zu zahlende Schuldnergebühr ersetzt erhalte. Auch nach Karollus/Lukas10) beschränkt sich der Verspätungsschaden auf die Auftraggebergebühr.
E. Fehlender Schaden Inwieweit die von Rabl vorgeschlagene Deutung gangbar ist, hängt maßgeblich von der konkreten Formulierung der Vereinbarung zwischen Gläubiger und Inkassobüro ab. Einzelne Inkassoinstitute vereinbaren ausdrücklich, dass das Inkassobüro die Kosten bis zum Abschluss der Bearbeitung gegenüber dem Auftraggeber stundet und im Falle der Uneinbringlichkeit auf die entstandenen Kosten verzichtet.11) In anderen Fällen, in denen Inkassobüros ohne entsprechende Einschränkung damit werben, dass den Gläubiger „niemals Kosten treffen“, wird eine derartige Deutung nicht möglich sein. Dieses Problem wird jedoch möglicherweise bald der Vergangenheit angehören: Nach einem Gesetzesentwurf des BMJ zur Umsetzung der Verbraucherrechte-RL soll in § 1333 Abs 2 folgender Satz angefügt werden: „Der Anspruch auf Ersatz solcher Betreibungskosten [Betreibungs- oder Einbringungskosten] wird erst fällig, wenn der Gläubiger deren Zahlung dem Schuldner urkundlich nachweist.“12)
F. Überwälzung des Einbringlichkeitsrisikos anderer Schuldner Die derzeitige Praxis, alle Kosten von Inkassobüros auf die Schuldner zu überwälzen, erscheint jedoch aus einem anderen Grund bedenklich: Damit ist die Tarifstruktur der Inkassobüros nämlich evident darauf ausgerichtet, dass das Einbringlichkeitsrisiko hinsichtlich aller Schuldner auf jenen Teil der Schuldner überwälzt wird, die tatsächlich Zahlung leisten. Geht man hier von den eigenen Angaben der Inkassobranche aus, bedeutet dies, dass ca 50% aller Schuldner auch die Eintreibungsversuche gegen die andere Hälfte der Schuldner, die keine Zahlung leisten, gewissermaßen „mitfinanzieren“. Den Rechtsverfolgungsaufwand hinsichtlich dieser Schuldner haben die tatsächlich Zahlung leistenden Schuldner durch ihre Säumnis aber nicht veranlasst. Während der Gläubiger bei seiner Preisgestaltung (und damit im vertraglichen Bereich) natürlich auch erwartbare Zahlungsausfälle anderer Schuldner in die Kalkulation einfließen lassen kann, steht dieser Weg im Schadenersatzrecht wegen des strikten Erfordernisses der Kausalität und des Rechtswidrigkeitszusammenhangs nicht offen. Nochmals: Dass andere Schuldner nicht zahlen, hat der Schuldner nicht veranlasst und (daher) auch nicht zu vertreten.
G. Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit 1. Allgemeines Der Gläubiger kann vom Schuldner nach § 1333 Abs 2 ABGB nur die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder EinbringungsVbR [2013] 01
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maßnahmen ersetzt verlangen. Damit greift der Gesetzgeber die Formulierung des § 41 Abs 1 ZPO auf.13) Zum Unterschied von Prozesskosten besteht bei Inkassokosten jedoch die weitere Voraussetzung, dass diese Kosten in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.14) Hier ist zunächst auf die Aussage der Materialien hinzuweisen, die Inkassospesen dürften nicht die Höhe der betriebenen Forderung erreichen oder übersteigen.15) Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht im Einzelfall besondere Schwierigkeiten auftreten. Überhaupt lässt der Gesetzgeber deutlich erkennen, dass ihm bei Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Inkassokosten ein strenger Maßstab vorschwebt.16) Dabei ist eine ex ante-Betrachtung anzustellen und zu fragen, ob ein vernünftiger und sorgfältiger Gläubiger unter den gegebenen Umständen die Betrauung eines Inkassoinstituts als zweckmäßige Rechtsverfolgungsmaßnahme ansehen durfte.17) In diesem Zusammenhang sind die in Deutschland unter dem Aspekt „zumutbare Eigenbemühungen“ des Gläubigers18) angestellten Überlegungen, namentlich bei Großgläubigern, auch für Österreich beachtlich. Die Frage der Zweckmäßigkeit ist prinzipiell bezüglich jedes einzelnen Inkassoschritts zu prüfen.19) Sind bereits mehrere Mahnschreiben erfolglos geblieben, werden weitere Mahnschreiben idR nicht mehr als zweckmäßig angesehen werden können.20)
2. Dogmatische Einordnung und Beweislastfragen Im Schrifttum wird immer wieder die Parallele zwischen den in § 1333 Abs 2 ABGB statuierten Kriterien der Angemessenheit und Zweckmäßigkeit zur Schadensminderungspflicht des § 1304 ABGB betont.21) § 1333 Abs 2 ABGB ist jedoch anders konstruiert. Die Bestimmung umschreibt die Anspruchsvoraussetzungen für den Ersatz der Betreibungskosten und beschränkt damit den Anspruch von vornherein; sie betrifft keine Schadensminderungsobliegenheit.22) Daraus folgt die Behauptungs- und Beweispflicht des 8) W. Hofmann, Vorprozessuale Kosten aus dem Titel „Vereinbarung“ oder „Schadenersatz“, RZ 1997, 52 ff; ebenso LG Krems 1 R 94/ 98 y (zit nach Rabl, JBl 2007, 494 [498 FN 28]); dagegen DeixlerHübner, Ersatz für außerprozessuale Aufwendungen – Anspruchsgrundlagen und Anspruchshöhe, ÖJZ 2002, 372. 9) Chvosta, Prozesskostenrecht (2001) 81. 10) Karollus/Lukas, Inkassokosten als Verspätungsschaden, in FS Mayer (2004) 74 ff. 11) Vgl zB www.inkassodirekt.at/inkasso2.html (abgefragt am 16. 7. 2013). 12) Nach Fucik, Kostenersatz im Verfahren außer Streitsachen, ÖJZ 2007, 669 (677), setzt bereits de lege lata der Zuspruch vorprozessualer Kosten einen Beleg, idR eine saldierte Rechnung, voraus. 13) M. Bydlinski, JBl 1998, 143. 14) Obermaier, Kostenhandbuch1 (2005) Rz 82. 15) ErläutRV 1167 BlgNR 21. GP 13; vgl auch Dehn, Das Zinsrechts-Änderungsgesetz, RdW 2002, 486; strenger Spunda, Änderung durch das Zinsenrechts-Änderungsgesetz (ZinsRÄG), ecolex 2002, 653. 16) Huter, Die Geltendmachung von „Inkassospesen“ nach dem Zinsrechtsänderungsgesetz, AnwBl 2003, 646. 17) M. Bydlinski, JBl 1998, 143. 18) BGHZ 66, 112, 114 f; Löwisch/Feldmann in Staudinger, BGB (2009) § 286 Rz 222. 19) Karollus/Lukas in FS Mayer 77. 20) Erläut RV 1167 BlgNR 21. GP 13; Karollus/Lukas in FS Mayer 77. 21) Karollus/Lukas in FS Mayer 78. 22) Obermaier, Kostenhandbuch1 Rz 81.
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Klägers für die Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der Kosten.23)
3. „Prangerwirkung“ Das schon durch § 16 ABGB gewährleistete Persönlichkeitsrecht steht Betreibungsmethoden entgegen, die durch auffällige Vorsprachen, Anbringung auffälliger Mitteilungen wie „Inkasso“ etc versuchen, durch Bloßstellung auf den Schuldner Druck auszuüben. Der zum deutschen Recht entwickelten Auffassung, Inkassomethoden unter Verwendung eines „Prangereffekts“ seien rechtswidrig24), ist auch für den österreichischen Rechtsbereich zu folgen. Die Übernahme der Empfehlungen der Schweizer Inkassorichtlinien25) erscheint insoweit als „best practice“-Modell auch für den österreichischen Rechtsbereich zu erwägen. Nach diesen wird der Schuldner grundsätzlich schriftlich kontaktiert. Außerdem bestehen genauere Bestimmungen für die Zeit und Modalitäten der persönlichen Kontaktaufnahme.
4. EO als Anhaltspunkt Ein Kritikpunkt an Inkassoinstituten ist, dass diese den Schuldner wiederholt aufsuchen, wodurch besonders hohe Kosten entstehen. Demgegenüber bestehen in der EO detaillierte Vorschriften, die verhindern, dass Fahrnisexekutionsvollzüge dazu missbraucht werden, auf den Schuldner Druck auszuüben, und das Entstehen einer „Kostenspirale“ verhindern wollen.26) Wenngleich diese Regelungen natürlich auf außergerichtliche Eintreibungsmaßnahmen nicht unmittelbar angewendet werden können, kommt ihnen doch eine gewisse Orientierungsfunktion für die Beurteilung der Angemessenheit von Betreibungsschritten zu. Unter diesem Gesichtspunkt sind vor allem wiederholte Hausbesuche kritisch zu sehen. Wenn bei diesen nicht ex ante konkret (!) ein Erfolg zu erwarten ist, fehlt es schon an der Zweckmäßigkeit. Hier ist zu beachten, dass die EO aus gutem Grund nach jedem erfolglosen Exekutionsvollzug eine sechsmonatige Sperrfrist vorsieht, vor deren Ablauf weitere Vollzugsschritte nur ausnahmsweise zulässig sind (vgl §§ 252 f, 252 i EO).
5. Abnahme von unpfändbarem Geld Nach § 250 Abs 1 Z 5 EO ist auch bei vorgefundenem Bargeld das Existenzminimum zu beachten. Demgegenüber suchen dem Vernehmen nach Inkassobüros vielfach Schuldner gerade nach der Lohnauszahlung auf und nehmen diesen erhebliche Bargeldbeträge ab. Damit beruht der Erfolg von Inkassoinstituten zumindest teilweise darauf, dass der Schuldner gezwungen wird, auch den unpfändbaren Betrag seines Einkommens anzugreifen, wodurch die Befriedigung existenznotwendiger Bedürfnisse des Schuldners und seiner Familie verhindert wird.
H. Strukturmängel der Inkassokosten-VO 1. Keine Berücksichtigung der zivilrechtlichen Rechtslage Auch Autoren, die grundsätzlich einen Ersatz von Inkassokosten relativ weitgehend befürworten, stehen 10
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der geltenden Inkassokostenverordnung aus zivilrechtlicher Sicht durchaus kritisch gegenüber. So spricht Rabl von der „Unbedarftheit“ der VO gegenüber der zivilrechtlichen Begründung des Ersatzes der Inkassokosten.27)
2. Teilweise Verfassungswidrigkeit Im Lichte einer Entscheidung des VfGH erscheint die VO zudem verfassungswidrig.28) Dabei ging es um die Höhe der Kosten einer anwaltlichen Intervention beim Vollzug der Fahrnisexekution. Der VfGH hielt es für unsachlich, wenn diese Kosten generell zugesprochen werden müssten. Außerdem sei es unsachlich, die Wegzeit ebenso wie die Intervention während des Vollzugs nach der Höhe der betriebenen Forderung zu entlohnen. Die Inkassokosten-VO sieht aber ebenfalls vielfach vor, dass sich die „Gebühr“ nach der Höhe der betriebenen Forderung richtet. Dies gilt insb für die Gebühr für Mahnungen, die auch bei persönlichem Aufsuchen des Schuldners und bei Anerkenntnissen verrechnet wird, und für die quartalsmäßig vorgeschriebene Gebühr für „Evidenzhaltung“. Gerade diese beiden Positionen führen typischerweise zu einem starken Anwachsen der Inkassokosten. Die Höhe der Forderung sagt jedoch nichts über die Schwierigkeit des jeweiligen Schritts aus. Bei den angeführten Positionen kann es aber aufgrund der Ausgestaltung der VO zu einer Verzehnfachung des Betrags kommen.
3. Unangemessenheit der Höhe der Ansätze Unbehagen ruft insb auch die Höhe der Inkassokosten hervor. In der Lit wurde schon bisher wiederholt eine Neugestaltung der Inkasso-Tarife gefordert.29) Aufschlussreich ist hier insb auch der Blick in das Ausland. So betragen in Schweden die Inkassokosten nur zwischen 5% und 8% des Streitwerts.30) Das derzeitige Tarifsystem steht auch in einem gewissen Spannungsfeld zur Pauschalentschädigung von E 40,– nach § 458 UGB. Wenngleich dieser Betrag nur die internen Kosten des Gläubigers abdecken soll, erscheinen vor diesem Hintergrund jedenfalls die „Evidenzhaltungskosten“ nach der Inkassokosten-VO fragwürdig, handelt es sich doch dabei um eine Leistung, die dem Eigenaufwand des Gläubigers durchaus vergleichbar ist. Eine gewisse Orientierung bietet auch TP 5 RATG für anwaltliche Mahnschreiben. Soweit dagegen eingewendet wird, richtigerweise müssten auch die Kosten 23) Reischauer in Rummel 3 § 1333 ABGB Rz 26; Dehn, Das ZinsrechtsÄnderungsgesetz, RdW 2002, 518; Fucik in Rechberger 3 Vor § 40 ZPO Rz 6; OLG Linz 3 R 29/05 p; zwfl Rabl, JBl 2007, 494 (502). 24) AG Kamen NJW-RR 2004, 1470 (unzulässige Hausbesuche); LG Leipzig NJW 1995, 3190 (Schwarze Schatten). 25) www.bfm.admin.ch/content/dam/data/wirtschaft/schkg/inkasso/ inkassorichtlinien-d.pdf 26) ErläutRV 195 BlgNR 19. GP 24. 27) Rabl, JBl 2007, 494 (502). 28) VfGH G 198/01 ua VfSlg 17.237. 29) Vgl Jensik, Bericht über das 21. Fortbildungsseminar Zivilrecht, RZ 1997, 276; Mohr, Zum legislativen Handlungsbedarf betreffend den Ersatz für Mahn- und Inkassokosten, RdW 1998, 533; Chvosta, Prozesskosten 83. 30) Mitteilung der Kommission, ABl C 144/3 (95/C 144/3). Dazu auch Chvosta, Prozesskosten 81.
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[ALLGEMEINES eines Zivil- und Exekutionsverfahrens berücksichtigt werden, ist dem entgegenzuhalten, dass ein Schuldner, der trotz Vorliegen eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Exekutionstitels nicht leistet, wesentlich weniger schutzwürdig ist als ein Schuldner in einem Fall, in dem die Forderung noch keiner gerichtlichen Überprüfung unterzogen wurde. In verschiedenen branchenspezifischen Regelungen sind deutlich konsumentenfreundlichere Bestimmungen vorgesehen. Nach der Gas-Systemnutzungsentgelte-VO (§ 18 leg cit) sind für die erste Mahnung keine Gebühren, für jede weitere Mahnung E 1,50 und für die letzte Mahnung gem § 127 Abs 3 GWG 2011 ein Betrag von E 5,– zu entrichten. Nach dem RundfunkgebührenG kann ein Säumniszuschlag von 10% vorgeschrieben werden (§ 6 Abs 3 RGG). Nach § 15 Abs 1 EisbBefG müssen Eisenbahnunternehmen offene Forderungen zuerst selbst mit einer Mahnung einfordern. Außerdem müssen sie sich mit Beschwerden des Schuldners inhaltlich auseinandersetzen.
I. Rechtsschutzdefizite 1. Nur eingeschränkte amtswegige Überprüfung Aufgrund des vom Gesetzgeber gewählten materiellrechtlichen Ansatzes sind Inkassokosten als Teil der Klagsforderung geltend zu machen. Dabei handelt es sich um eine Nebenforderung iSd § 54 Abs 2 JN.31) Das Gericht hat im Mahnverfahren allerdings weiterhin die Möglichkeit, von Amts wegen vom Kläger nähere Aufklärung über seine Klagsangaben zu verlangen, wenn es vermutet, dass ein Zahlungsbefehl mit unrichtigen oder unvollständigen Angaben erwirkt werden soll; widrigenfalls wäre die Klage zurückzuweisen.32) In der Praxis sind derartige Zurückweisungen aber extrem selten.
2. Teileinspruch Anders als nach der Rechtslage vor dem ZinsRÄG hat die Prüfung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Inkassokosten nicht im Rahmen der Kostenentscheidung, sondern im Rahmen der – auch bei der Erlassung eines Zahlungsbefehls erforderlichen (§ 244 Abs 2 Z 4 ZPO) – Schlüssigkeitsprüfung zu erfolgen. Erscheinen dem Beklagten die im Zahlungsbefehl zugesprochenen Inkassokosten nicht gerechtfertigt, kann er gegen den diesbezüglichen Teil des Zuspruchs im Zahlungsbefehl Einspruch erheben. Damit liegt der Rechtsschutz im Ergebnis im Wesentlichen in der Hand des
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Schuldners. In der Praxis werden derartige Teileinsprüche so gut wie nie erhoben.
3. Keine Verbandsklage Das Instrument der Verbandsklage hat sich in seiner bisherigen Ausgestaltung für die Bekämpfung überhöhter Inkassokosten als nicht geeignet erwiesen. Nach der Rsp des OGH kann damit nämlich nur eine Vertragsklausel bekämpft werden, die einen Vertragspartner gröblich benachteiligt; der Verbraucher ist aber nicht Vertragspartner des Inkassounternehmens.33) Im Zuge der Diskussion über die Umsetzung der Verbraucherrechte-RL (Verbraucherrechte-RichtlinieUmsetzungsgesetz – VRUG) wird jedoch die Erweiterung der Verbandsklage in § 28 a KSchG auf unzulässige Praktiken abseits von AGB vorgeschlagen.34)
J. Pauschalierung Eine informelle Arbeitsgruppe aus dem Kreis der Richterschaft schlug schon im Jahr 2002 eine Pauschalierung der Inkassokosten vor.35) Hinsichtlich der Höhe des Pauschalbetrags besteht naturgemäß ein erheblicher rechtspolitischer Gestaltungsspielraum. Letztlich geht es dabei vor allem um die rechtspolitische Frage, welche Art und Anzahl von Betreibungsschritten abgedeckt werden sollen. Das Schadenersatzrecht kann insofern eine Steuerungsfunktion wahrnehmen: Je großzügiger außergerichtliche Eintreibungsbemühungen abgegolten werden, umso eher wird ein Gläubiger diesen Weg der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung vorziehen. Umgekehrt kann eine Reduktion des Ersatzes außergerichtlicher Eintreibungsversuche eine gewisse Lenkung hin zu den ordentlichen Gerichten bewirken. Durch Festsetzen eines relativ niedrigen Pauschalbetrags würde zudem das derzeit vielfach zu konstatierende „Kostenschinden“ von Inkassoinstituten durch mehrfaches Versenden von Mahnschreiben ebenso wirksam unterbunden werden wie eine größere Zahl von Hausbesuchen, die letztlich nur den Zweck verfolgen, auf den Schuldner unzulässigen Druck auszuüben.
31) ErläutRV 1167 BlgNR 21. GP 13. 32) ErläutRV 1167 BlgNR 21. GP 13; Kodek in Fasching/Konecny 2 § 245 ZPO Rz 1 ff. 33) 6 Ob 134/10 i. 34) Vgl auch § 2 Z 8 dt UnterlassungsklageG (UKlG). 35) Beran/Klaus/Lienhart/Nigl/Pühringer/Rassi/Roch/Schramm/Steinhauer, Das Kostenersatzrecht im 21. Jahrhundert – Gedanken zur kommenden und zur übernächsten Zivilverfahrensnovelle (Teil II), RZ 2002, 126.
Ü In Kürze
Ü Zum Thema
Die bestehende Inkassokostenverordnung weist gravierende Strukturmängel auf. Zudem sind wesentliche Bestimmungen vor dem Hintergrund der Rsp des VfGH zur EO und zum RATG verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar. Aus rechtspolitischer Sicht wäre ein Pauschalbetrag zweckmäßig.
Über den Autor: Dr. Georg E. Kodek ist Hofrat des OGH und Universitätsprofessor an der WU Wien. E-Mail: georg.kodek@wu.ac.at Vom selben Autor erschienen: Wiebe/Kodek, UWG2 (2012); Klauser/Kodek, JN-ZPO17 (2012).
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Prozessfinanzierung, Rechtsfreunde, quota litis und Sammelklage Offene Fragen nach 6 Ob 224/12 b1) VbR 2013/5 § 879 Abs 2 Z 2 ABGB; §§ 227, 502 Abs 5 Z 3 ZPO; § 29 KSchG OGH 27. 2. 2013, 6 Ob 224/12 b Prozessfinanzierung; Sammelklage; Rechtsfreund; An-sich-Lösen der Streitsache; quota litis; Sittenwidrigkeit
In 6 Ob 224/12 b stellt der OGH klar, dass die Einschaltung eines gewerblichen Prozessfinanzierers durch einen Sammelkläger die Wirksamkeit der der Klage zugrunde liegenden Abtretungsvereinbarungen und somit die Aktivlegitimation des Klägers nicht beeinträchtigt. Andere Fragen betreffend das Institut der Prozessfinanzierung blieben offen. Von Alexander Klauser*)
A. Einleitung 1. Sammelklage Die Sammelklage – gelegentlich noch unter Anführungszeichen oder mit dem Zusatz „österreichischer Prägung“ bzw „nach österreichischem Recht“ – ist aus der heimischen Rechtspraxis nicht mehr wegzudenken.2) Das verstärkte Auftreten massenhafter gleich gelagerter Rechtsfälle3) und die Notwendigkeit, für diese einen effektiven, kostengünstigen und die beschränkten gerichtlichen Ressourcen berücksichtigenden Streitbeilegungsmechanismus zu finden, machen die österreichische Sammelklage bis auf Weiteres, nämlich bis zum Vorliegen eines echten kollektiven Rechtsschutzinstruments,4) unentbehrlich. Zur Erinnerung: Die österreichische Sammelklage basiert auf einer im Grunde simplen Kombination eines zivilrechtlichen und eines zivilprozessualen Elements: 1. Grundsätzlich kann nicht nur der ursprüngliche Inhaber einer Forderung diese gegen den Schuldner gerichtlich geltend machen, sondern auch ein Dritter, dem die Forderung – sei es durch Vollzession, aber auch durch bloße Inkassozession – abgetreten wurde.5) 2. Wenn ein Kläger mehrere Ansprüche gegen denselben Beklagten geltend macht, kann er grundsätzlich alle Ansprüche zu einer einzigen Klage bündeln.6) 3. Wenn als Zessionar und Sammelkläger ein Verband iSd § 29 KSchG, etwa eine Verbraucherorganisation wie der Verein für Konsumenteninformation (VKI), einschreitet, kommt eine prozessuale Besonderheit hinzu: Streitwertbezogene Revisionsbeschränkungen fallen weg, sodass sämtliche Ansprüche unabhängig von ihrer Höhe bis vor den OGH gebracht werden können.7)
rung haben nur wenige, und selbst bei Vorliegen einer Polizze gibt es für den Rechtsstreit uU keine Deckung. Auch das Institut der Verfahrenshilfe schafft nur bedingt Abhilfe. Bei mittleren oder kleineren Streitwerten steht bereits der im Fall des Prozessverlusts an den Gegner zu leistende Kostenersatz in einem derart ungünstigen Verhältnis zum Streitwert, dass sich viele scheuen, zu Gericht zu gehen. Die Durchsetzung des Anspruchs, und sei dieser im materiellen Recht noch so gut begründet, scheitert diesfalls an den finanziellen Hürden des Zugangs zum Recht. Es siegt nicht der, der Recht hat, sondern der wirtschaftlich Stärkere. Abhelfen kann hier die Kombination aus Sammelklage und Prozessfinanzierung. Durch die Bündelung zahlreicher, auch kleiner oder mittelhoher Ansprüche zu Sammelklagen werden hohe Streitwerte erreicht. Die Relation von Streitwert und Prozesskosten verbessert sich dadurch, jedenfalls in der Anfangsphase des Verfahrens, erheblich. Damit erst wird – gute Erfolgsaussichten vorausgesetzt – die Einschaltung eines gewerblichen Prozessfinanzierers möglich.
2. Prozessfinanzierung In der bisherigen Praxis eng verbunden mit dem Begriff der Sammelklage ist das Institut der Prozessfinanzierung gegen Erfolgsbeteiligung.8) Für die eingangs beschriebenen massenhaften Ansprüche ist typisch, dass sich deren Inhaber – meist, aber nicht ausschließlich VerbraucherInnen – die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche bzw das Risiko, im Unterliegensfall dem Gegner dessen Verfahrenskosten ersetzen zu müssen, nicht leisten können. Eine Rechtsschutzversiche12
Ü Alexander Klauser Ü Prozessfinanzierung, Rechtsfreunde, quota litis und Sammelklage
*) Am Verfahren als Anwalt auf Klägerseite beteiligt. 1) ecolex 2013/208 = EvBl-LS 2013/94 (Rohrer) = AnwBl 2013, 331 = Zak 2013/220 = JusGuide 2013/13/10998 (OGH); Fucik, ÖJZ aktuell, ÖJZ 2013/30. 2) Zur (österreichischen) Sammelklage ist die Lit mittlerweile reichhaltig, vgl etwa die Angaben in Klauser, Sammelklagen von Verbraucherorganisationen, in Reiffenstein/Blaschek (Hrsg), Konsumentenpolitisches Jahrbuch 2009 – 2010 (2011) 263 FN 2 und 3. 3) ZB Unfälle mit Massenverkehrsmitteln (Kaprun, Costa Concordia), Infektionen in Hotels oder durch industriell produzierte Lebensmittel (Listerien-Skandal), überhöhte Kreditzinsen in variabel verzinsten Verbraucherkreditverträgen, Anlegerschadenersatz sowie das zuletzt vermehrt ins Problembewusstsein tretende Thema Fremdwährungskredite. 4) Trotz Ausarbeitung eines fertigen Entwurfs einer Gruppenklage durch eine Arbeitsgruppe des Justizministeriums scheiterte die Einführung bisher am fehlenden politischen Willen. Möglicherweise bedarf es eines Anstoßes von außen – vgl die Mitteilung der Kommission vom 11. 6. 2013 an das Europäische Parlament, den Rat ua betreffend einen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz, COM (2013) 401 final. 5) Vorbehaltlich etwa eines wirksamen Abtretungsverbots – um die Effektivität von Sammelklagen zu sichern, sollte die Abtretung einer Forderung an einen klagsbefugten Verband iSd § 29 KSchG nicht wirksam verboten werden können. 6) § 227 ZPO. 7) § 502 Abs 5 Z 3 ZPO. 8) Auch Prozesskostenfinanzierung; zu dieser gibt es ebenfalls mittlerweile zahlreiche Lit, vgl die Angaben bei Klauser, aaO 263 (oben FN 2). Instruktiv nach wie vor Wagner, Rechtsprobleme bei der Fremdfinanzierung von Prozessen, JBl 2001, 416 (427). Die Rsp ist hingegen spärlich.
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[ALLGEMEINES Der Prozessfinanzierer übernimmt die gesamten auf Klägerseite anfallenden laufenden Kosten9) und überdies das Risiko, der Gegenseite im Fall des Unterliegens Kostenersatz leisten zu müssen. Als Gegenleistung bedingt sich der Prozessfinanzierer eine prozentuelle Beteiligung am Nettoerlös10) des Verfahrens, also eine quota litis, aus. Für den Anspruchsinhaber bedeutet dies zwar, dass er im Erfolgsfall weniger bekommt als ohne Einschaltung eines Prozessfinanzierers. Da er aber seinen Anspruch aus wirtschaftlichen Gründen meist überhaupt nicht geltend gemacht hätte, ist das Ergebnis für ihn immer noch besser als zuvor.
B. Verfahren und Entscheidung 6 Ob 224/12 b11) 1. Der Sachverhalt Die Beklagte, ein ua auf Anlageberatung und Vermittlung von Wertpapieren spezialisiertes Finanzdienstleistungsunternehmen, hatte zahlreichen VerbraucherInnen mehrere Jahre lang zur Veranlagung in Immobilienaktien und, nach den ersten Kurseinbrüchen im Zuge der Wirtschaftskrise, zum Halten der Papiere geraten. Viele AnlegerInnen erlitten dabei Verluste. Als sich beim klagenden Verein, einer gemeinnützigen Verbraucherorganisation12), die Beschwerden über die Beratung häuften, bot der Verein nach Prüfung der Sach- und Rechtsfragen den VerbraucherInnen eine Sammelaktion an. Der Verein ließ sich die von ihm als grundsätzlich zu Recht bestehend beurteilten Ansprüche zum Inkasso und zur gerichtlichen Geltendmachung abtreten.13) Als Vergleichsgespräche mit dem Unternehmen zu keinem Erfolg führten, klagte der Verein sämtliche ihm zedierten Ansprüche, zu fünf Sammelklagen gebündelt, ein. Wirtschaftliche Voraussetzung dafür war, dass es dem Verein zuvor gelungen war, mit einem gewerblichen Prozessfinanzierer eine Finanzierungsvereinbarung gegen eine Erfolgsbeteiligung von bis zu 40% abzuschließen. Dies kommunizierte der Verein von Anfang an den VerbraucherInnen.14) Die wesentlichen Bedingungen der Prozessfinanzierungsvereinbarung waren somit auch Teil der Vereinbarung zwischen den VerbraucherInnen und dem klagenden Verein.
2. Der von der Beklagten erhobene Einwand der mangelnden Aktivlegitimation Wie die Verfahren finanziert werden, war dadurch öffentlich bekannt.15) Die Beklagte nutzte diese Kenntnis, um gegen die Klagen – neben dem prozessualen Einwand, die Klagsform der Sammelklage wäre in Bezug auf die gegenständlichen Ansprüche an sich unzulässig16) – auch den Einwand der Sittenwidrigkeit wegen angeblichen Verstoßes gegen das Verbot des An-sichLösens der Streitsache und das quota litis-Verbot des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB zu erheben und, daraus abgeleitet, mangelnde Aktivlegitimation des Klägers einzuwenden. Insb machte sie geltend: Ü Der klagende Verein sei selbst ein Rechtsfreund iSd § 879 Abs 2 Z 2 ABGB; Ü die Abtretung der Ansprüche der VerbraucherInnen an den Kläger sei ein An-sich-Lösen der StreitVbR [2013] 01
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sache iSd 1. Falls leg cit und daher verboten und nichtig; der gewerbliche Prozessfinanzierer sei ebenfalls ein Rechtsfreund in obigem Sinn; die vom klagenden Verein auf Rechnung der VerbraucherInnen mit dem Prozessfinanzierer geschlossene Finanzierungsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen das quota litis-Verbot des 2. Falls leg cit verboten und nichtig; bei dieser Nichtigkeit handle es sich um eine absolute Nichtigkeit; die Beklagte sei daher ermächtigt, diese Nichtigkeit einzuwenden; die Nichtigkeit der Prozessfinanzierungsvereinbarung (zwischen Kläger und Prozessfinanzierer) würde auf die Abtretungsvereinbarungen (zwischen den VerbraucherInnen und dem Kläger) durchschlagen. Die Abtretungen seien daher unwirksam. Dem Kläger fehle demnach die Aktivlegitimation.
3. Teil-Zwischenurteil als Weg zur Klärung Die Parteien verständigten sich schließlich darauf, die Frage der Aktivlegitimation am Beispiel eines einzelnen Anspruchs durch eine auf diese Frage beschränkte Entscheidung gerichtlich klären zu lassen.17) Durchaus im Bewusstsein der Tatsache, dass die Feststellung von Vorfragen, von denen lediglich die Aktivlegitimation eines Klägers abhängt, vom OGH prozessual an sich als unzulässig angesehen wird,18) beantragte der Kläger mit Zwischenantrag gem § 236 ZPO die Feststellung, dass er zur Geltendmachung des ausgewählten Anspruchs aktivlegitimiert sei. Die Beklagte wandte, wie vereinbart, nicht die prozessuale Unzulässigkeit dieses Antrags ein, sondern trat dem Antrag nur meritorisch entgegen. Das Erstgericht stellte mit Teil-Zwischenurteil fest, dass die Aktivlegitimation des Klägers hinsichtlich des ausgewählten Anspruchs bestehe.19) Das Berufungsge9) Gerichtsgebühren und sonstige Barauslagen sowie die auf Klägerseite anfallenden Rechtsanwaltskosten. 10) Die Zahlung des Beklagten abzüglich jener Kosten, die der Prozessfinanzierer aufwenden musste. Die Quote ist Verhandlungssache, in der Praxis oft zwischen 30 und 40%, bei einem raschen Ergebnis, etwa durch einen frühen Vergleich, auch darunter, bei langwierigen Verfahren uU auch darüber. 11) FN 1. 12) Zugleich ein klagsbefugter Verband iSd § 29 KSchG. 13) § 502 Abs 5 Z 3 ZPO. 14) Aufgrund der Notwendigkeit, im Erfolgsfall eine quota litis an den Prozessfinanzierer abzuführen, empfahl der Verein die Teilnahme an der Sammelaktion nur jenen VerbraucherInnen, die die gerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche nicht anderweitig, etwa mit Hilfe einer Rechtsschutzversicherung, finanzieren konnten oder wollten. 15) Insofern unterscheidet sich die Prozessfinanzierung von Sammelklagen von jener von Einzelprozessen. In Letzteren wird die Tatsache, dass ein Prozessfinanzierer eingeschaltet wurde, in der Regel nicht offengelegt. 16) Diesen Einwand verwarf das HG Wien in allen fünf Verfahren, meist unter Berufung auf die im Zinsenstreit zur Frage der Zulässigkeit von Sammelklagen ergangene Leitentscheidung 4 Ob 116/05 w. Rekurse der Beklagten scheiterten an der (mE durchaus problematischen) Rechtsmittelbeschränkung des § 45 JN. Ausführlich zur Frage der Zulässigkeit der gegenständlichen Sammelklagen etwa Klauser, aaO 263 (267 ff). 17) In allen anderen Sammelklags-Verfahren trat unterdessen vereinbartes Ruhen ein. 18) RIS-Justiz RS0039484. 19) HG Wien 7. 12. 2011, 47 Cg 77/10 s, veröff zB unter http://verbraucherrecht.at/cms/uploads/media/HG_Wien_7.12. 2011_47_Cg_77_10s.pdf (abgefragt am 12. 8. 2013).
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richt gab der von der Beklagten dagegen erhobenen Berufung20) nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.21) Mit dem hier besprochenen Urteil vom 27. 2. 201322) erklärte der OGH die Revision zwar für zulässig, gab ihr jedoch nicht Folge. Während sich das Erstgericht noch mit den meisten der durch die Einwände der Beklagten aufgeworfenen Fragen auseinandergesetzt hatte, trafen das Berufungsgericht und der OGH ihre Entscheidungen im Wesentlichen auf der Grundlage einer einzigen Überlegung: Selbst wenn man unterstellte, so die Instanzen, dass die konkrete, von der klagenden Verbraucherorganisation mit dem Prozessfinanzierer abgeschlossene Prozessfinanzierungsvereinbarung iSd § 879 Abs 2 Z 2 ABGB nichtig wäre – was sowohl das OLG Wien als auch der OGH offenließen –, wäre diesfalls bloß die Vereinbarung des Erfolgshonorars nichtig, nicht aber auch die Abtretung der Ansprüche der AnlegerInnen an den klagenden Verein. Das Höchstgericht verwies auf seine stRsp und die hL zur Frage der teilweisen Unerlaubtheit einer Vereinbarung. Diesfalls sei nach dem Zweck der Verbotsnorm zu beurteilen, ob der Vertrag teilweise gültig oder zur Gänze ungültig ist, wobei der vom Gesetz gewährte Spielraum grundsätzlich für Restgültigkeit zu nutzen sei,23) so etwa bei im Mietrecht verbotenen Ablösen.24) § 879 Abs 2 Z 2 ABGB diene nach herrschender Auffassung dem Mandantenschutz und der Standesehre, nicht aber dem Schutz des Prozessgegners. Da die Abtretung der Ansprüche der VerbraucherInnen an den klagenden Verein nicht zu einer Schlechterstellung der ZedentInnen, sondern – wegen der erfolgten Geltendmachung der Ansprüche im Prozess – zu deren Besserstellung geführt habe,25) wäre selbst bei Anwendung des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB auf die Prozessfinanzierungsvereinbarung lediglich die Vereinbarung der Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierers, nicht aber die Abtretung der Ansprüche an den klagenden Verein nichtig. Offen blieben alle anderen Fragen. Ihnen soll im vorliegenden Beitrag kurz nachgegangen werden.
4. Die bisherige Lehre und Rechtsprechung Dieser Entscheidung war eine kurze aber intensive Diskussion in der Lehre vorausgegangen. Die überwiegende Mehrheit der AutorInnen hatte den Einwand der Nichtigkeit von Prozessfinanzierungsvereinbarungen gegen Erfolgsbeteiligung – zumindest bei prozessfinanzierten (Sammel-)Klagen von Verbraucherorganisationen – verworfen oder hegte jedenfalls keinen Zweifel an der Aktivlegitimation des Klägers.26) Einschlägige Rsp gab es immerhin zu einzelnen Aspekten. So hatte der OGH schon mehrfach die Anwendung des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB auf nicht zu den berufsmäßigen Parteienvertretern gehörende Berufe abgelehnt.27)
C. Die offenen Fragen 1. Ist eine Verbraucherorganisation ein Rechtsfreund iSd § 879 Abs 2 Z 2 ABGB? Die Beklagte hatte argumentiert, aufgrund seiner Eigendarstellung28) sowie der gesetzlichen Privilegierung, ihm 14
zur Geltendmachung abgetretene Ansprüche ohne streitwertbezogene Revisionsbeschränkungen einzuklagen,29) wäre der klagende Verein ein Rechtsfreund iSd § 879 Abs 2 Z 2 ABGB. Das Erstgericht hielt dazu fest, dass mit Rechtsfreund zwar nicht länger nur Rechtsanwälte gemeint seien, die Anwendung der Norm aber doch auf Berufsgruppen beschränkt sei, die einer entsprechenden standesrechtlichen Regelung unterliegen.30) Der Kläger unterliege keinem Standesrecht. Seine Tätigkeit in Bezug auf die gegenständliche Sammelklage beschränke sich iW auf deren Organisation, auf die Begleitung der Prozessführung und die Führung von Vergleichsverhandlungen. Eine Tätigkeit als „Schattenanwalt“ sei nicht ersichtlich. Daher sei die Qualifikation des Klägers als Rechtsfreund zu verneinen.31) Das Berufungsgericht hatte an dieser Rechtsansicht nichts auszusetzen.32) Dem ist beizupflichten. Insb macht die Übernahme der Klägerrolle den Verein noch nicht zum Rechtsfreund,33) ebenso wenig die Beratung von Verbrauchern, ist diese Tätigkeit doch eine statutengemäße Aufgabe jeder Verbraucherorganisation.34) Entgegen P. Bydlinski bin ich allerdings der Auffassung, dass eine Verbraucherorganisation selbst dann nicht als Rechtsfreund iSd § 879 Abs 2 Z 2 ABGB anzusehen wäre, wenn sie im Prozess vereinbarungsgemäß nicht nur als Kläger, sondern als der „eigentlich die Fäden ziehende Schattenanwalt hinter dem mit der Vertretung beauftragten Rechtsanwalt aufträte“.35) Der Klient ist immer dominus litis und wenn er noch dazu rechtskundig ist, lässt sich über den Begriff „Schattenanwalt“ trefflich streiten. Zum – potenziell gefährlichen – Rechtsfreund, vor dem § 879 Abs 2 Z 2 ABGB die Rechtssuchenden und die Ehre des Berufsstands schüt-
20) Vereinbarungsgemäß erhob die Beklagte auch in der Berufung keinen Einwand gegen die Zulässigkeit eines Zwischenurteils zur Aktivlegitimation. 21) OLG Wien 23. 8. 2012, 3 R 41/12 i ecolex 2012/357. 22) 6 Ob 224/12 b (FN 1). 23) RIS-Justiz RS0016431. 24) 8 Ob 160/68. 25) Der OGH geht aufgrund der Feststellung der Vorinstanzen davon aus, dass die konkrete Anlegerin ihre Ansprüche gegen die Beklagte nicht geltend gemacht hätte, hätte sie nicht die Möglichkeit gehabt, an der gegenständlichen Sammelklage teilzunehmen. 26) Für den Standpunkt des Klägers etwa: Oberhammer, Sammelklage, quota litis und Prozessfinanzierung, ecolex 2011, 972; Kodek, Massenverfahren und Verfahrensmassen: Einige Gedanken zur aktuellen Diskussion, Zak 2012/132, 66; differenzierend: Parzmayr/Schobel, Prozessfinanzierung: Zulässiges Erfolgshonorar oder verbotene quota litis? ÖJZ 2011/57; Karauscheck, Prozesskostenfinanzierung – ein weitgehend ungeregeltes Glücksgeschäft, VR 2012 H 6, 21; überwiegend ablehnend offenbar nur Krejci, Gilt das Quota-litis-Verbot auch für Prozessfinanzierungsverträge? ÖJZ 2011/37. 27) RIS-Justiz RS0016813; diese offenbar mit der E 4 Ob 358/83 begründete Rsp wurde zwischenzeitig vom OGH mehrfach bestätigt (4 Ob 359/83; 4 Ob 365/83; 3 Ob 512/89; 5 Ob 28/99 z; 7 Ob 8/ 06 m). 28) Etwa auf der Homepage des klagenden Vereins. 29) § 502 Abs 5 Z 3 ZPO. 30) Ersturteil (FN 19) 10, unter Hinweis auf Krejci, ÖJZ 2011/37, 342 f, und Oberhammer, ecolex 2011, 972. 31) Ersturteil (FN 19) 11. 32) Berufungsurteil (FN 21) 13. 33) IdS selbst Krejci in dem von der Beklagten beauftragten und im Verfahren vorgelegten Gutachten vom 25. 8. 2010 (idF Gutachten), welches Ausgangspunkt seines Beitrags ÖJZ 2011/37 (341) war; nicht veröffentlichte Fassung 59 ff (zitiert in Klauser, aaO 289). 34) So auch P. Bydlinski in einem vom Kläger beauftragten und vorgelegten Gutachten vom 13. 9. 2010, 11 f (zitiert in Klauser, aaO 289); aA Krejci, Gutachten (FN 33) 59 ff. 35) So aber P. Bydlinski, Gutachten (FN 34) 11 f.
Ü Alexander Klauser Ü Prozessfinanzierung, Rechtsfreunde, quota litis und Sammelklage
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[ALLGEMEINES zen will, wird eine Verbraucherorganisation dadurch noch lange nicht.
2. Falls die Verbraucherorganisation doch ein Rechtsfreund wäre: Ist die Abtretung des Anspruchs zum Zweck der gerichtlichen Geltendmachung ein An-sich-Lösen der Streitsache iSd § 879 Abs 2 Z 2 1. Fall ABGB? Nach überwiegender Ansicht unterliegen Inkassozessionen von vornherein nicht dem Verbot des An-sichLösens.36) Die Beklagte hatte jedoch argumentiert, aufgrund der Einschaltung eines Prozessfinanzierers und der Verpflichtung, diesem im Erfolgsfall eine Quote abzuführen, liege zumindest im Ausmaß der Quote eine Vollzession vor. Das Erstgericht verwarf diesen Einwand mit der Feststellung, der Kläger behalte im Erfolgsfall nichts für sich, sondern leite sämtliche erhaltenen Beträge zum einen an die ZedentInnen und im vereinbarten Ausmaß als Quote an den Prozessfinanzierer weiter. Die Einschaltung des Prozessfinanzierers wiederum habe im vorliegenden Fall überhaupt erst die gerichtliche Rechtsverfolgung ermöglicht. Daher liege selbst für den Fall, dass man den Kläger als Rechtsfreund betrachtet, kein An-sich-Lösen vor. Krejci hingegen hält in seinem Gutachten hinsichtlich jenes Teilbetrags, der an den Prozessfinanzierer abzuführen ist, eine Vollzession und somit ein An-sich-Lösen für möglich.37) P. Bydlinski tritt dem entgegen, wobei er darauf abstellt, dass der Verein mit der Kombination aus Sammelklage, Abtretung und quota litis-Vereinbarung keinen vom Gesetz verpönten Zweck verfolge, gehe es dem Verein doch darum, „die Finanzierung des Prozesses und damit überhaupt erst eine gerichtliche (und damit effektive) Rechtsverfolgung zu ermöglichen“.38) Dem ist beizupflichten.
3. Ist ein gewerblicher Prozessfinanzierer ein Rechtsfreund iSd § 879 Abs 2 Z 2 ABGB? Das ist eine der umstrittensten Fragen, weshalb es schade ist, dass der OGH sie auch nicht ansatzweise behandelte.39) Sowohl Krejci als auch Parzmayr und Schobel bejahen grundsätzlich die Stellung einer Prozessfinanzierungsgesellschaft als Rechtsfreund.40) Krejci leitet dies insb aus der juristischen Vorprüfung des Falls und der laufenden Prozessbegleitung durch den Prozessfinanzierer ab. Er sieht darin dem Rechtssuchenden zugute kommende Leistungen, wie sie auch für einen Rechtsanwalt typisch sind. Parzmayr/Schobel betonen va den Wissens- und Erfahrungsvorsprung des Prozessfinanzierers. P. Bydlinski und Oberhammer verneinen diese Einschätzung, und zwar primär unter Hinweis darauf, dass der Begriff eng auszulegen sei und der OGH eine Ausdehnung des ursprünglichen Begriffsinhalts lediglich für Berufe befürworte, die wie Rechtsanwälte Standesregeln unterliegen.41) Habe sich der Finanzierer allerdings umfangreiche Rechte gegenüber dem Anwalt einräumen lassen (Zustimmung zu Vergleichen, Verzichten und Klagsrücknahme), sodass von einer (indirekten) Vertretungstätigkeit des Finanzierers auszugehen sei, so hält P. Bydlinski eine analoge Anwendung VbR [2013] 01
VERBRAUCHERRECHT]
für möglich.42) Meines Erachtens ist die Qualifikation als Rechtsfreund schon aufgrund von Inhalt und Zweck des Prozessfinanzierungsvertrags zu verneinen. Die Prüfung der Erfolgsaussichten vor Übernahme des Falls dient ausschließlich internen Zwecken des Finanzierers, nämlich der Risikoabschätzung, ebenso die laufende Prozessbegleitung. Soweit dadurch auch Interessen des Anspruchsinhabers gefördert werden, ist dies Nebeneffekt, aber nicht Vertragsinhalt. Vom Prozessfinanzierer will der Rechtssuchende als einzige Dienstleistung die Finanzierung.43) Dies sah auch das Erstgericht so. Das HG Wien wörtlich: „Für das Gericht ist es nicht nachvollziehbar, inwiefern die Prüfung der Erfolgsaussichten [. . .] als Rechtsberatung [. . .] zu qualifizieren ist.“44)
4. Falls der Prozessfinanzierer doch ein Rechtsfreund wäre: Kann die quota litis-Vereinbarung dennoch wirksam sein? Parzmayr/Schobel haben diese Frage ausführlich untersucht und kommen zu dem Ergebnis, dass eine Streitanteilsvereinbarung mit einem Prozessfinanzierer sehr wohl zulässig und wirksam sein kann, wenn das vom Gesetz gegenüber dem Rechtsfreund vermutete Wissens- und Erfahrungsdefizit des Anspruchsinhabers durch eine unabhängige rechtsfreundliche Beratung bereits bei Abschluss der Vereinbarung kompensiert ist.45) Dem ist mE mit einer kleinen Einschränkung zuzustimmen. Wenn es der Anspruchsinhaber selbst an Wissen und Erfahrung mit dem Prozessfinanzierer aufnehmen kann, er dem Unternehmen also sozusagen von Anfang an „auf Augenhöhe“ gegenübersteht, sollte es auf das Vorliegen einer unabhängigen Rechtsvertretung beim Abschluss des Finanzierungsvertrags nicht ankommen.46) Diesem Standpunkt schloss sich das Erstgericht an. Das in den meisten Fällen bestehende Wissens- und Erfahrungsdefizit sei im Fall der klagenden Verbraucherorganisation durch das Wissen und die Erfahrung der eigenen Leitungsorgane und überdies durch die unabhängige anwaltliche Vertretung vollständig ausgeglichen worden. Das typische Risiko, vor dem das quota litis-Verbot des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB Rechtssuchende schützen wolle, sei daher von vornherein nicht gegeben gewesen. Daher habe für die Anwendung des Verbots von vornherein kein Bedarf und auch kein Raum bestanden.47) Ü
36) 37) 38) 39)
40) 41)
42) 43) 44) 45) 46) 47)
3 Ob 148/60 EvBl 1960/223. Krejci, Gutachten (FN 33) 59 ff. P. Bydlinski, Gutachten (FN 34) 11 f. Auch der VfGH legte sich zu dieser Frage in seiner Entscheidung betr die Verfassungskonformität des quota litis-Verbots nicht endgültig fest (B 330/07 VfSlg 18.541 = ÖZW 2009, 45 [Rohregger] = Zak 2008/683 = RdW 2008/715). Krejci, ÖJZ 2011/37, 346 ff; Parzmayr/Schobel, ÖJZ 2011/57, 535 ff. P. Bydlinski in einem weiteren, vom Kläger beauftragten und im Verfahren vorgelegten Gutachten 28. 6. 2010, 17 ff (zitiert in Klauser, aaO 295); Oberhammer, ecolex 2011, 972 ff. P. Bydlinski, Gutachten 28. 6. 2010 (FN 41) 17 f. Ausführlicher Klauser, aaO 292. Ersturteil HG Wien (FN 19) 15. Parzmayr/Schobel, ÖJZ 2011/57, 539. Ausführlich Klauser, aaO 295 ff. Ersturteil HG Wien (FN 19) 16.
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UND KAPITALMARKTRECHT]
Ü In Kürze
Ü Zum Thema
Mit der überwiegenden Lit lehnt auch der Autor die Qualifikation einer Verbraucherorganisation als Rechtsfreund iSd § 879 Abs 2 Z 2 ABGB ab. Ebenso wenig ist die Abtretung von Ansprüchen an eine Verbraucherorganisation im Rahmen einer Sammelklage (oder eines Musterprozesses) ein An-sich-Lösen der Streitsache. Daran ändert auch die Einschaltung eines Prozessfinanzierers gegen Erfolgsbeteiligung nichts. Gegen die überwiegende Lit hält der Autor auch den Prozessfinanzierer für keinen Rechtsfreund iSd leg cit. Wäre dessen Qualifikation als Rechtsfreund zu bejahen, so wäre eine quota litis-Vereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen dennoch zulässig.
Über den Autor: RA Dr. Alexander Klauser ist Partner bei Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH, Wien (www.bkp.at), und Lehrbeauftragter am Institut für Zivilverfahrensrecht der Universität Wien. Vom selben Autor erschienen: Klauser/Kodek, JN-ZPO17 (2012).
Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz 1 Ob 34/13 a als Grundsatzentscheidung über die insolvenzrechtliche Qualifikation kapitalmarktrechtlicher Ansprüche? VbR 2013/6 § 7 ABGB; § 48 a BörseG; §§ 51, 57 a IO; §§ 10, 14 EKEG; § 11 KMG; §§ 179 ff UGB; §§ 502, 506 Abs 1 Z 5, § 506 Abs 2 ZPO OGH 21. 5. 2013, 1 Ob 34/13 a; 15. 3. 2012, 6 Ob 28/12 d; 30. 3. 2011, 7 Ob 77/10 i Genussrecht; Nachrangigkeit kapitalmarktrechtlicher Ansprüche; materielles Eigenkapital; erhebliche Rechtsfrage; iura novit curia
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Der 1. Senat1) wurde jüngst erstmals mit der Frage nach der Behandlung kapitalmarktrechtlicher Ansprüche in der Insolvenz der Emittentin konfrontiert. Konkret ging es aber nicht um Ansprüche von Gesellschaftern, sondern von Genussrechtsinhabern, deren – mE für vorliegenden Fall entscheidungserhebliche – Qualifikation als Eigenoder Fremdkapital spätestens seit Einführung des EKEG überaus umstritten ist. Der OGH verneinte bereits das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und bestätigte die vom Berufungsgericht angenommene Gleichrangigkeit der geltend gemachten Ansprüche ohne eingehende Problemauseinandersetzung. Der vorliegende Beitrag geht den aufgeworfenen Fragen anhand der konkreten Fallgestaltung nach. Von Martin Trenker
A. Einleitung Die Entscheidung über die insolvenzrechtliche Behandlung der Ansprüche geschädigter AvW-Anleger war seitens der Fachöffentlichkeit bereits gespannt erwartet worden. Hintergrund war die Emission von Genussscheinen durch die mittlerweile insolvente AvWGruppe. Im Zuge des Vertriebs der Wertpapiere kam es zu Falschinformationen seitens des Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsaktionärs der Emittentin. Dieser wurde hierfür mittlerweile strafrechtlich verurteilt. Die Klägerin begehrte den ihr als getäuschter Anlegerin entstandenen Vermögensverlust aus dem Titel des Schadenersatzes wegen Schutzgesetzverletzung (§ 48 a BörseG iVm § 1311 ABGB2)) und der Arglistanfechtung (§ 874 ABGB). Während der Bestand der Forderung im Revisionsverfahren nach den richtungsweisenden E 7 Ob 77/ 10 i3) und 6 Ob 28/12 d4), in denen der OGH den Vor-
rang der Prospekthaftung vor den gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen der Kapitalerhaltung und der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft postuliert hatte, weder dem Grund noch der Höhe nach strittig war, relevierte der beklagte Masseverwalter deren Nachrangigkeit in der Insolvenz der emittierenden AG, offenbar in Analogie zu § 57 a IO. Trotz Zulassung der ordentlichen Revision durch das Berufungsgericht erkannte der OGH darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gem § 502 ZPO und wies die Revision zurück.
1) OGH 1 Ob 34/13 a. 2) Der Schutzgesetzcharakter wird von der hM bejaht, RIS-Justiz RS0127724; Rüffler, Kapitalmarktrechtliche Informations- und Verhaltenspflichten als Schutzgesetze? GES 2010, 113; Kalss/Oppitz/ Zollner, Kapitalmarktrecht I (2005) § 14 Rz 53 uam; aA zB Harrer, Zivilrechtliche Irritationen im Kapitalmarktrecht, ZFR 2011, 9 (11 f). 3) OGH 7 Ob 77/10 i GesRZ 2011, 251 (Diregger). 4) OGH 6 Ob 28/12 d GesRZ 2012, 252 (F. Schuhmacher).
Ü Martin Trenker Ü Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz
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[GESELLSCHAFTSB. Erhebliche Rechtsfrage und der Grundsatz iura novit curia Wie noch zu zeigen sein wird (unten D.), ist dem OGH zwar im Ergebnis darin zuzustimmen, dass die konkret geltend gemachten Ansprüche nicht nachrangig sind. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision befremdet indes insofern, als die mangelnde Erheblichkeit5) der Rechtsfrage damit begründet wird, dass die Revisionswerberin „eine Auseinandersetzung mit den für das angestrebte Ergebnis allenfalls fruchtbar zu machenden Gesetzesbestimmungen“ verabsäumt habe und ihr insbesondere die Darlegung nicht gelungen sei, „aus welchen Erwägungen allenfalls eine Analogie zu konkreten Normen in Betracht käme, die diese Rechtsfolge vorsehen“. Der OGH stützt sich dabei auf jene Rsp-Linie, wonach trotz Fehlens ausdrücklicher Rsp keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, wenn das Gesetz selbst eine klare, also eindeutige Regelung trifft6) und der Revisionswerber diesfalls nachvollziehbar darzulegen hat, warum eine sinngemäße Anwendung einer zweifellos nicht unmittelbar anzuwendenden Norm geboten sei.7) Ob und inwieweit die Zurückweisung im konkreten Fall berechtigt war, lässt sich mangels Kenntnis der Revision an dieser Stelle zwar nicht beurteilen. Der Rechtssatz des OGH erweckt aber den bedenklichen Anschein, dass den (ordentlichen) Revisionswerber eine Art „Beweislast“ für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage träfe, sofern sich seine Rechtsansicht nicht auf bloße Gesetzesauslegung, sondern auf ergänzende Rechtsfortbildung8), also Lückenfüllung durch Analogie oder teleologische Reduktion, stützt. Dies widerspräche zunächst § 506 Abs 1 Z 5 ZPO, aus dem sich e contrario ableiten lässt, dass in einer ordentlichen Revision die Erheblichkeit einer Rechtsfrage nicht zu begründen ist.9) Ferner ist der Unterschied zwischen Rechtsauslegung und ergänzender Rechtsfortbildung anerkanntermaßen kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller.10) Auch durch Lückenfüllung begründete Rechtssätze zählen zum Bestand unserer Rechtsordnung, wie sich zwanglos aus § 7 ABGB ergibt. Eine Obliegenheit des Revisionswerbers, einen Analogieschluss detailliert begründen zu müssen, stünde daher in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz da mihi factum, dabo tibi ius bzw iura novit curia.11) Eine solche Anforderung geht auch nicht aus § 506 Abs 2 ZPO hervor. Danach hat ein Revisionswerber bei der Geltendmachung einer Rechtsrüge „ohne Weitläufigkeiten darzulegen, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint“. Daraus resultiert zwar die Unzulässigkeit von „Leerformeln“, des pauschalen Vorwurfs der Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils12) oder des bloßen Verweises auf eine frühere Entscheidung.13) Dagegen ist es mE eine ausreichende Darlegung einer allfälligen unrichtigen rechtlichten Beurteilung, wenn ein Revisionswerber die seines Erachtens unmittelbar oder analog anzuwendende Norm konkret anführt, welche die gewünschte Rechtsfolge anordnet. Denn dadurch wird klar aufgezeigt, aus welchem Grund die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, das die betreffende Norm eben nicht anwandte, unrichtig erscheint.14) JeVbR [2013] 01
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denfalls bei der ordentlichen Revision muss dies auch für die rechtlichen Ausführungen zur Erheblichkeit einer Rechtsfrage genügen. Andernfalls wären Konstellationen denkbar, die sich mit der Zwecksetzung von § 502 ZPO, für Rechtssicherheit und -einheit zu sorgen, kaum vereinbaren lassen: Insb könnten zwei höchstrichterliche Verfahren zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen, obwohl dieselbe Rechtsfrage betroffen ist und vom Revisionswerber auch releviert wird, je nachdem, ob dieser sich auf eine Analogie nur stützt oder deren Berechtigung auch substanziiert begründet. Dementsprechend dürfte auch hinsichtlich der konkreten Frage nach der analogen Anwendung von § 57 a IO auf kapitalmarktrechtliche Ansprüche uU das letzte Wort noch nicht gesprochen sein, was im Interesse der Rechtssicherheit bedauerlich, aus inhaltlicher Sichtweise mE freilich begrüßenswert ist (unten C.). Schließlich ist zu bedenken, dass die Ansicht des OGH zu kaum zu bewältigenden Abgrenzungsproblemen führt, wann eine ausreichende Darlegung gelungen ist. Der OGH geht freilich zutreffend davon aus, dass ein im Gesetz unzweifelhaft geregelter Fall trotz Fehlens einschlägiger Rsp keine erhebliche Rechtsfrage darstellt.15) Dies trifft aber nur zu, wenn unter Heranziehung der gem § 7 ABGB gebotenen Lückenfüllung kein Zweifel an der Rechtslage besteht. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, hängt indes nicht von der Qualität der Revision ab. In casu war dies mE auch nicht der Fall: Abgesehen davon, dass der Autor dieses Beitrags jüngst für eine Nachrangigkeit gewisser kapitalmarktrechtlicher Ansprüche in Analogie zu § 57 a IO eingetreten ist,16) spricht für eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 ZPO ein obiter dictum des 6. Senats17): Danach sei mit der Bejahung der Haftung einer Kapitalgesellschaft für Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften noch nichts über den Rang der daraus resultierenden Ansprüche im Insolvenzfall ausgesagt. Wäre die Frage tatsächlich derart eindeutig, wie vom 1. Senat dargestellt, ist mehr als fraglich, warum der 6. Senat dieses – nicht entscheidungsrelevante – Thema dann überhaupt angesprochen hat. Dass die für die teilweise be5) Allg ausf dazu Danzl, „Erhebliche Rechtsfrage“ und „Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung“, in FS Griss (2011) 95 (107 ff). 6) RIS-Justiz RS0042656. 7) So OGH 9 Ob 110/04 y. 8) Zur Terminologie vgl F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 (1991) 472. 9) Zutr OGH 3 Ob 33/03 d. 10) Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts (1956) 255; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft6 (1991) 367 mwN. 11) Vgl dazu allgemein Buchegger, Der Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, ÖJZ 1983, 645 (652); Fasching in Fasching/Konecny, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen III2 (2004) Vor §§ 226 ff ZPO Rz 33; OGH 2 Ob 235/05 f EvBl 2006/ 38, 207; s auch Sprung/König, Iura novit curia und rechtliches Gehör, JBl 1976, 1. 12) Zechner in Fasching/Konecny IV/12 (2005) § 506 ZPO Rz 22. 13) OGH 5 Ob 538/76 RZ 1977/50. 14) Vgl zu diesem Erfordernis RIS-Justiz RS0043605. 15) Zutr RIS-Justiz RS0042656; vgl auch Geroldinger, Der Zugang zum OGH in Zivilsachen, in G. Kodek, Zugang zum OGH (2012) 65 (69) mwN. 16) Trenker, Nachrangigkeit kapitalmarktrechtlicher Ansprüche in der Insolvenz der emittierenden AG, ÖBA 2013, 187. 17) OGH 6 Ob 28/12 d GesRZ 2012, 252 (255 f) (F. Schuhmacher) Entscheidungsgrund 6.2.
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fürwortete Nachrangigkeit angeführten Verweise aus Deutschland zum Großteil18) nur Vorschläge de lege ferenda darstellen, ändert daran nur wenig. Nicht zu verschweigen ist zwar, dass sich Rüffler19) und Told20) gegen einen derartigen Analogieschluss wenden. Die intensive Auseinandersetzung mit der Problematik indiziert aber ebenfalls, dass es sich – in der Diktion des EuGH zur Vorlagepflicht gem Art 267 AEUV21) – um keinen „acte claire“ handelt.
C. Keine Nachrangigkeit kapitalmarktrechtlicher Ansprüche von Fremdkapitalgebern Tatsächlich war die Frage nach einer Analogie zu § 57 a IO aber gar nicht entscheidungswesentlich. Denn der vorliegende Sachverhalt wies ohnehin nicht jenes wesentliche Element auf, das die mE grundsätzlich zu befürwortende Analogie rechtfertigt, nämlich dass der Schaden aus einer Beteiligung als Eigenkapitalgeber resultiert sein muss. Ohne die bereits an anderer Stelle22) ausgeführte Begründung für den Analogieschluss in diesem Rahmen wiederholen zu wollen, ist Folgendes hervorzuheben: Die Nachrangigkeit von Ansprüchen aus eigenkapitalersetzenden Darlehen gem § 57 a IO beruht auf der Prämisse, dass die erfassten Gesellschafter in der Krise der Kapitalgesellschaft ex lege eine gewisse Finanzierungsverantwortung trifft,23) die es rechtfertigt, ihre Ansprüche aus Fremdkapital in der Insolvenz der Emittentin hinter jenen von herkömmlichen Drittgläubigern einzuordnen. Übernimmt ein Anleger aber diese Verantwortung freiwillig, indem er eine Stellung als Gesellschafter übernimmt und somit Eigenkapital gewährt, begründet dies – erst recht – eine geringere Schutzwürdigkeit gegenüber sonstigen Drittgläubigern. Insofern handelt es sich methodisch mE sogar um einen als Unterfall der Analogie anerkannten Größenschluss.24) Da die Finanzierungsverantwortung in diesem Fall freiwillig übernommen wurde und es hierzu keiner gesetzlichen „Umdeutung“ bedarf, schlägt auch der Einwand25) nicht durch, dass eine Analogie jedenfalls auf qualifizierte Gesellschafter iSd § 5 EKEG zu beschränken wäre. An diesem Befund ändert die Tatsache nichts, dass es sich rechtstechnisch um einen Schadenersatzanspruch handelt. Da dieser aus dem Erwerb der Beteiligung resultiert, führte der Ersatzanspruch nämlich unmittelbar zum anteiligen Rückersatz des Stammkapitals der Gesellschaft. Dieses unterliegt dem Vertrauensschutz der Gläubiger, der in ganz besonderem Maße auch die berechtigte Erwartung der insolvenzrechtlichen Nachrangigkeit von Eigenkapitalgebern umfasst.26) Ganz idS hat der OGH – freilich vor den Grundsatzentscheidungen 7 Ob 77/10 i und 6 Ob 28/ 12 d – die Nachrangigkeit von Schadenersatzansprüchen von atypisch stillen Gesellschaftern ausgesprochen, die der OGH als Eigenkapitalgeber qualifizierte.27) Der höheren Schutzwürdigkeit der „echten“ Drittgläubiger tut es auch keinen Abbruch, dass die Anlageentscheidung der Eigenkapitalgeber durch eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung der Emittentin her18
beigeführt wurde. Denn durch die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist anerkannt, dass auch irregeführte Eigenkapitalgeber hinter den Gläubigerinteressen zurückzutreten haben. Dass diesem Grundsatz bei kapitalmarktrechtlichen Ansprüchen während aufrechter Geschäftstätigkeit wegen der gesetzgeberischen Entscheidung in § 11 KMG „derogiert“ wurde, besagt noch nichts über deren insolvenzrechtliche Behandlung. Denn in dieser Konstellation verfangen die für den Vorrang der Prospekthaftung anzuführenden Argumente mE nicht mehr in gleicher Weise; vielmehr ist der erhöhten Schutzwürdigkeit der Drittgläubiger in besonderer Weise Rechnung zu tragen.28) Aus alledem folgt aber auch nach der hier vertretenen Auffassung, dass kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Fremdkapitalgebern keinesfalls der analogen Anwendung von § 57 a IO unterliegen.29) Entscheidungsgegenstand in 1 Ob 34/13 a waren Ansprüche von Genussrechtsinhabern. Die Frage nach der insolvenzrechtlichen Qualifikation kapitalmarktrechtlicher Ansprüche wäre daher ohnedies nur für den Fall präjudiziell, dass die betroffenen Genussrechte als Eigenkapital zu qualifizieren gewesen wären. Spätestens seit der Einführung des EKEG ist allerdings auch die Frage nach der Eigenkapitalqualität von hybriden Finanzinstrumenten hochumstritten30) und mE von erheblicher Bedeutung iSd § 502 ZPO.
D. Fremdkapitalcharakter von Genussrechten Genussrechte werden von der hA als schuldrechtliche Ansprüche auf aktionärstypische Vermögensrechte definiert, wenngleich in der Praxis unterschiedlichste Ausgestaltungen anzutreffen sind.31) Besondere Probleme bereitet die Abgrenzung von Genussrechten und (atypisch) stillen Beteiligungen, weshalb oftmals eine (analoge32)) Anwendung der §§ 179 ff UGB auf Ge18) Dies gilt allerdings jedenfalls nicht für Langenbucher, Kapitalerhaltung und Kapitalmarkthaftung, ZIP 2005, 239 (244); nicht eindeutig Baums, Haftung wegen Falschinformation des Sekundärmarktes, ZHR 167 (2003) 139 (170). 19) Rüffler, Haftung für Kapitalmarktinformation nach OGH 7 Ob 77/10 i, in Kalss/U. Torggler, Kapitalmarkthaftung und Gesellschaftsrecht (2013) 1 (8 f). 20) Told, Noch offene Fragen zur Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen nach 6 Ob 28/12d? GES 2012, 333 (335 ff). 21) Vgl EuGH 6. 10. 1982, C-283/81, C. I. L. F. I. T., Rz 16 (21); 15. 9. 2005, C-495/03, Intermodal Transports. 22) Trenker, ÖBA 2013, 187. 23) ErläutRV 124 BlgNR 22. GP 9; OGH 8 Ob 9/91 wbl 1991, 398 (Ostheim). 24) Siehe nur F. Bydlinski in Rummel, ABGB I3 (2000) § 7 Rz 3 (6). 25) So Rüffler in Kalss/U. Torggler 1 (8); Told, GES 2012, 333 (336). 26) Vgl überzeugend Slain/Kripke, The Interface between Securities Regulation and Bankruptcy – Allocating the Risk of Illegal Securities between Securityholders and the Issuer’s Creditors, 48 N.Y.U.L.Rev (1973) 261 (288 ff), zum US-amerikanischen Recht. 27) Dazu noch unten D. 28) Ausf Trenker, ÖBA 2013, 187 (189 f); aA Rüffler in Kalss/U. Torggler 1 (8). 29) Ausdrücklich Trenker, ÖBA 2013, 187 (191); vgl auch Baums, ZHR 167 (2003) 139 (170). 30) Vgl bei und in FN 39 f. 31) Schopper, Genussrechte und EKEG, ZUS 2011, 107; Lindinger, Über Zulässigkeit und Beendbarkeit bestimmter Genussrechte, JBl 2003, 728 f; ausf van Husen, Genußrechte – Genußscheine – Partizipationskapital (1998) 115 ff (insb 123 ff). 32) Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass – abhängig von der konkreten Ausgestaltung – Genussrechte trotz ihrer Bezeichnung nichts anderes als stille Gesellschaften sein können, zB Hochedlinger in
Ü Martin Trenker Ü Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz
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[GESELLSCHAFTSnussrechte zu befürworten ist.33) Dies ist für vorliegenden Fall deshalb von Bedeutung, weil nach stRsp vor34) dem EKEG die Einlage eines stillen Gesellschafters uU als materielles Eigenkapital oder zumindest als eigenkapitalersetzend – eine klare Differenzierung fehlt bedauerlicherweise35) – eingestuft wurde.36) Voraussetzung war eine insofern atypische Beteiligung, als der Stille aufgrund seiner Beteiligung am Firmenwert und an den stillen Reserven des Unternehmens in steuerlicher Hinsicht als Mitunternehmer zu qualifizieren war. Es wäre dementsprechend denkbar, dass auch die AvW-Genussrechte des geschädigten Anlegers als materielles Eigenkapital zu qualifizieren wären, was nach der hier vertretenen Ansicht deren Nachrangigkeit zur Folge hätte (oben C.).37) Trotz der Beteiligung der gegenständlichen Genussscheine am Liquidationserlös, am Firmenwert und an den stillen Reserven handelt es sich aber um Fremdkapital. Die dargestellte Rsp zum atypisch stillen Gesellschafter wurde nämlich mE38) entgegen hA39) mit der Regelung des EKEG überholt.40) Das EKEG bezweckte im Interesse der Rechtssicherheit eine abschließende Regelung,41) die einer darüber hinausgehenden gesetzlichen Umqualifikation von Fremd- in Eigenkapital entgegensteht.42) Die Beibehaltung der bisherigen Anknüpfung an die Beteiligung am Firmenwert und an den stillen Reserven führte umgekehrt zu groben Wertungswidersprüchen. Denn ein atypisch stiller Gesellschafter wäre diesfalls ungeachtet der Höhe seiner Beteiligung in der Insolvenz sogar nachrangig gegenüber einem Gesellschafter iSd § 10 Abs 2 EKEG. Dieser muss aber zu 25% am Unternehmenswert (dh, ausweislich der Materialien nichts anderes als am Firmenwert und an den stillen Reserven43)) beteiligt sein und darüber hinaus sogar einem Kommanditisten vergleichbare Mitbestimmungsrechte innehaben. Die von Karollus44) angeführte Rechtfertigung, dass der „§-10-Gesellschafter“ dafür durch die Rückzahlungssperre gem § 14 EKEG schlechter gestellt würde, die bereits ab Eintritt der Krise, also vor Insolvenzeröffnung, einsetzt, überzeugt mE wenig: Wäre eine atypisch stille Einlage tatsächlich materielles Eigenkapital, müssten konsequenterweise hierfür nämlich noch viel weitergehende Ausschüttungssperren, etwa gem § 82 GmbHG/§ 52 AktG analog, eingreifen.45) Da die streitgegenständlichen Genussrechte nicht den Anforderungen von § 10 Abs 2 EKEG entsprechen und eine gesetzliche Umqualifikation sohin ausscheidet, wäre eine Nachrangigkeit lediglich aufgrund entsprechender Vereinbarung denkbar.46) Dies setzt freilich eine ausdrückliche oder konkludente Rangrücktrittsvereinbarung voraus.47) Auf Basis der Feststellungen des OGH und des Berufungsgerichts48) ergeben sich für die gegenständlichen AvW-Genussrechte aber dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte. Allein aus der Beteiligung am Unternehmenswert ist ein derartiger Parteiwille keinesfalls abzuleiten, wie sich wiederum aus der Wertung von § 10 Abs 2 EKEG ergibt. Wesentlich gegen die Einstufung als nachrangiges Eigenkapital spricht konkret die Vereinbarung eines jährlichen Rückkaufsrechts der Emittentin zum jeweiligen Kurswert. Ob diese Klausel, wie vom Insolvenzverwalter releviert, ohnehin gem § 879 Abs 3 ABGB unzulässig ist, ändert nichts daran, dass aus ihr der maßgebliche ParVbR [2013] 01
UND KAPITALMARKTRECHT]
teiwille erhellt, dass kein materielles Eigenkapital vereinbart werden sollte.
E. Zusammenfassung Die AvW-Genussrechte sind aufgrund der Wertung von § 10 Abs 2 EKEG und mangels gegenteiliger Vereinbarung trotz der Partizipation am Unternehmenswert als Fremdkapital einzustufen. Die Frage, ob kapitalmarktrechtliche Ansprüche in der Insolvenz der Emittentin nachrangig gem § 57 a IO analog sind, war daher gar nicht entscheidungserheblich. Dem OGH ist somit im Ergebnis darin zuzustimmen, dass die geltend gemachten Ansprüche als Insolvenzforderung gem § 51 IO einzustufen waren. Aus prozessualer Sicht ist jedoch der der Zurückweisung zugrunde gelegte Rechtssatz abzulehnen, dass ein (ordentlicher) Revisionswerber, der sich auf eine Bestimmung stützt, deren Anwendungsbereich nicht unmittelbar eröffnet ist, die maßgeblichen Erwägungen darzulegen habe, die für eine Analogie sprechen. Denn ergänzende Rechtsfortbildung unterscheidet sich nicht qualitativ von der Gesetzesauslegung, sodass die Beurteilung, ob eine Rechtsfortbildung geboten ist, nach dem Grundsatz iura novit curia dem OGH obliegt, sofern sich der Revisionswer-
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Jabornegg/Artmann, UGB I2 (2010) § 179 Rz 10 mwN; Krejci/van Husen, Über Genussrechte, Gesellschafterähnlichkeit, stille Gesellschaften und partiarische Darlehen, GesRZ 2000, 54 (60 f). Krejci/van Husen, GesRZ 2000, 54 (60 f), die einer Differenzierung insgesamt krit gegenüberstehen; Lindinger, JBl 2003, 728 ff; Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser, AktG II5 (2010) § 174 Rz 32 mwN; vgl konkret zum EKEG Schopper, ZUS 2011, 107 ff. OGH 10 Ob 73/04 i EvBl 2005/118, ist zwar nach Inkrafttreten des EKEG ergangen. Die ausschlaggebende (zB Vogt in Schopper/Vogt, Eigenkapitalersatzgesetz [2003] § 18 Rz 1) Kapitalüberlassung fand aber vor dem 1. 1. 2004 statt. Daher zu Recht krit Bauer, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument (2001) 220 ff. RIS-Justiz RS0075202; OGH 8 Ob 4, 5/95 SZ 68/176; 8 ObS 2107/ 96 b SZ 69/208 uam. Konsequenterweise wären auch Ansprüche, die aus der Gewährung eigenkapitalersetzender Leistungen resultieren, nachrangig gem § 57 a IO analog. Ausf Trenker, Der atypisch stille Gesellschafter in der Insolvenz des Unternehmers, wbl 2011, 126 (131 f); Trenker in U. Torggler, UGB (2013) § 187 Rz 5. Karollus in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Erster Zusatzband § 10 EKEG Rz 23; Oberndorfer, Zur Zulässigkeit einer Abfindungsgarantie eines atypisch stillen Gesellschafters, RdW 2005, 476 (480); Dellinger in Dellinger/Mohr, Eigenkapitalersatz-Gesetz (2004) § 10 Rz 1 (9); Enzinger, Außergerichtliche Sanierung, in Konecny, Insolvenz-Forum 2004 (2005) 15 (28); Saurer, Atypische Finanzierungsleistungen im EKEG, in Kalss/Rüffler, Eigenkapitalersatzrecht im österreichischen, italienischen und slowenischen Recht (2004) 144. Ebenso Hochedlinger, Die GmbH & Still als Alternative zur GmbH & Co KG, in GedS Arnold (2011) 167 (187 f); C. Nowotny in Kalss/ Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht (2008) Rz 2/976. ErläutRV 124 BlgNR 22. GP 9; ebenso Mohr in Dellinger/Mohr, EKEG § 18 Rz 3. Told, GES 2012, 333 ff. ErläutRV 124 BlgNR 22. GP 18. Karollus in Buchegger, Insolvenzrecht § 10 EKEG Rz 23. Insoweit konsequent Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung (2004) 419 f; vgl auch OGH 10 Ob 73/04 i EvBl 2005/118. Vgl OGH 8 Ob 296/01 i GesRZ 2002, 146; Told, GES 2012, 333 f; Trenker in U. Torggler, UGB § 187 Rz 4 f; s auch bereits Zehetner/ Bauer, Eigenkapitalersatzrecht (2004) 29 aE. Hochedlinger in GedS Arnold 167 (193); A. Leitner, Stille Gesellschaft und Eigenkapitalersatz, ecolex 1999, 399; ausf dazu Schumacher in Bartsch/Pollack/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht II/24 (2004) § 67 Rz 109. OLG Graz 2 R 176/12 p (abrufbar unter http://verbraucherrecht.at/ cms/uploads/media/OLG_Graz_15.11.2012_2_R_176_12 p.pdf [Stand: 12. 7. 2013]).
Ü Martin Trenker Ü Kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Genussrechtsinhabern in der Insolvenz
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ber nur erkennbar auf die entsprechende Bestimmung stützt (§ 506 Abs 2 ZPO). Mangels näherer inhaltlicher Auseinandersetzung kann insofern wohl noch kaum
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von einer Grundsatzentscheidung über die insolvenzrechtliche Qualifikation kapitalmarktrechtlicher Ansprüche gesprochen werden.
Ü In Kürze
Ü Zum Thema
Der Autor teilt zwar das Ergebnis in 1 Ob 34/13 a, dass die gegenständlichen Ansprüche in der Insolvenz der Emittentin nicht nachrangig zu behandeln waren, leitet dies jedoch aus deren fehlender Ausgestaltung als Eigenkapital ab. Denn kapitalmarktrechtliche Ansprüche aus dem Erwerb einer Anlage können nachrangig gem § 57 a IO analog sein, allerdings nur bei geschädigten Eigenkapitalgebern. Abzulehnen ist der der Zurückweisung zugrunde gelegte Rechtssatz, wonach den Revisionswerber eine „Darlegungslast“ hinsichtlich der für eine Analogie sprechenden Erwägungen trifft.
Über den Autor: MMag. Dr. Martin Trenker ist Assistent am Institut für Zivilgerichtliches Verfahren an der Universität Innsbruck. Kontaktadresse: Institut für Zivilgerichtliches Verfahren, Innrain 52, 6020 Innsbruck. Tel: +43 (0)512 507 81 58, E-Mail: martin.trenker@uibk.ac.at Vom selben Autor erschienen: Insolvenzanfechtung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen (2012); Nachrangigkeit kapitalmarktrechtlicher Ansprüche in der Insolvenz der emittierenden AG, ÖBA 2013, 187; Die hypothetische Alternativveranlagung, ÖJZ 2013, 5; Der atypisch stille Gesellschafter in der Insolvenz des Unternehmers, wbl 2011, 126. Link: http://verbraucherrecht.at/cms/uploads/media/OLG_ Graz_15.11.2012_2_R_176_12 p.pdf
[AGB-RECHT]
Rechtsprechung VbR 2013/7 § 6 Abs 1 Z 2, § 6 Abs 3 KSchG; § 879 Abs 3 ABGB OGH 11. 4. 2013, 1 Ob 210/12 g Erklärungsfiktion; Zustimmungsfiktion; AGB Banken
Ü Leistungsänderung per Erklärungsfiktion Eine Klausel, die es der Bank ermöglicht, Entgelte und Leistungsumfang ohne jede inhaltliche Schranke im Wege einer Zustimmungsfiktion zu än-
dern, verstößt gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB.
Die Entscheidung:
Z 45 Abs 3 ABB verstößt gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil der Umfang einer Änderung der Entgelte ebenso unbestimmt bleibt wie, welche Leistungen der Bank mit fingierter Zustimmung eingeschränkt werden können. Die uneingeschränkte Möglichkeit des AGB-Verwenders, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung mittels Zustimmungsfiktion erheblich zu seinen Gunsten zu verschieben und die Position des Vertragspartners zu entwerten, ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Z 45 Abs 3 ABB 2009 lautet: „Über die vorstehenden Abs 1 oder 2 hinausgehende Änderungen der Entgelte sowie Änderungen des Leistungsumfangs sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich. Solche Änderungen werden 2 Monate nach Verständigung des Kunden über die vom Kreditinstitut gewünschte Änderung wirksam, sofern nicht bis dahin ein schriftlicher Widerspruch des Kunden beim Kreditinstitut einlangt. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Verständigung auf die jeweils gewünschte Änderung sowie darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen mit Fristablauf als Zustimmung gilt. Der Kunde hat das Recht, seinen Girokontovertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Das Kreditinstitut wird den Kunden anlässlich der Mitteilung der Änderung auf dieses Kündigungsrecht aufmerksam machen.“ Die bekl Bank hatte auf Basis dieser Klausel die Entgelte für Kontoführung und damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen bei Kreditverträgen erhöht, indem auf den Kontoauszügen eine entsprechende Mitteilung enthalten war. Zur Zustimmungsfiktion
Vertragsänderungen per Erklärungsfiktion sind nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG und § 29 ZaDiG nicht grundsätzlich verboten, die Klauseln unterliegen aber der Kontrolle nach § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB. 20
Bearbeitet vom VKI
Ü Leistungsänderung per Erklärungsfiktion
Änderungsmitteilung
Die Umsetzung einer gesetzwidrig vereinbarten Zustimmungsfiktion durch Änderungsmitteilung auf den Kontoauszügen ist nicht rechtmäßig. „Übergesetzliches“ Unterlassungsgebot
Der in § 28 Abs 1 Satz 2 KSchG enthaltene Halbsatz „soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden sind“ muss nicht in das Unterlassungsbegehren aufgenommen werden, wenn der Unternehmer nicht darlegen kann, dass er die inkriminierte Klausel zulässigerweise im Verkehr mit Verbrauchern vereinbart haben könnte. Im vorliegenden Fall: keine Relevanz der unterschiedlichen zeitlichen Geltungsbereiche, weil sich die Gesetzwidrigkeit aus Bestimmungen ergibt, die im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung der Klausel 2009 schon in Kraft waren (hier: § 6 Abs 3 KSchG, § 879 Abs 3 ABGB). VbR [2013] 01
[AGB-RECHT / BANKRECHT] Praxistipp:
Vgl 1 Ob 244/11 f: Unzulässigkeit der „Indexklausel“ in Z 45 Abs 2 ABB 2009 (einseitige Entgeltanpassung nach dem VPI). In allen nicht in § 29 Abs 2 Satz 1 ZaDiG angeführten Fällen (Anpassung von Zinssätzen und Wechselkursen) muss bei Änderung der Entgelte
nach Abschluss des Rahmenvertrags bei Zahlungsdiensten die in § 29 Abs 1 ZaDiG vorgesehene Vorgangsweise eingehalten werden, also insb die (ausdrückliche oder stillschweigende) Zustimmung des Kunden eingeholt werden.
Ü Missbräuchliche Vertragsstrafe ist nicht bloß herabzusetzen
VbR 2013/8
Ü Darf ein Gericht von Amts wegen prüfen, ob eine Klausel gegen nationales Recht verstößt, ist auch von Amts wegen zu prüfen, ob es sich um eine missbräuchliche Klausel iSd RL 93/13/EWG handelt.
Ü Ist eine Vertragsstrafeklausel in Hinblick auf die Strafhöhe missbräuchlich, ist es dem Gericht nach Art 6 Abs 1 RL 93/13/EWG nicht erlaubt, die Vertragsstrafe lediglich herabzusetzen. Es ist verpflichtet, die Klausel gegenüber dem Verbraucher gänzlich unangewendet zu lassen.
Die Entscheidung:
EWG ist. Gleiches gilt für die amtswegige Nichtigerklärung einer missbräuchlichen Klausel. Art 6 Abs 1 der RL erlaubt einem nationalen Gericht nicht, die in einer missbräuchlichen Vertragsstrafeklausel auferlegte Vertragsstrafe bloß wie nach nationalem Recht zulässig herabzusetzen, sondern verpflichtet das Gericht, die Klausel gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet zu lassen.
Die Klausel-RL 93/13/EWG ist auch auf Mietverträge anzuwenden. Die RL ist dahin auszulegen, dass das nationale Gericht, wenn es befugt ist, von Amts wegen zu prüfen, ob die gegenständliche Klausel gegen zwingende nationale Bestimmungen verstößt, auch von Amts wegen zu prüfen hat, ob die Klausel missbräuchlich iSd RL 93/13/
Praxistipp: Ü § 1336 Abs 2 ABGB, der bei Übermäßigkeit der Vertragsstrafe als Rechtsfolge ein richterliches Mäßigungsrecht vorsieht, dürfte insofern mit den zwingenden Vorgaben von Art 6 Abs 1 Klausel-RL nicht in Einklang stehen. Das Gleiche gilt für § 7 KSchG. Der vom Verbraucher tatsächlich verursachte Schaden ist bei Verschulden aber nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragshaftung zu ersetzen. Ü Bestätigung von EuGH 14. 6. 2012, C-618/10, Banco Español de Crédito. Vgl auch EuGH 30. 5. 2013, C-397/11, Jörös: Pflicht zur amtswegigen Prüfung der Restgültigkeit des Vertrags. Ü Eine geltungserhaltende Reduktion ist vor dem Hintergrund der EuGH-Rsp auch im Individualprozess
nicht mehr möglich (idS auch 2 Ob 22/12 t; vgl bei intransparenten Klauseln schon bisher zB 10 Ob 67/06 k). Ob damit auch die ergänzende Vertragsauslegung beim Verbrauchervertrag unzulässig ist, ist strittig. Dafür: Lukas, JBl 2012, 434 (Anm); Prader/Walzel von Wiesentreu, Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, Zulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung, oder wie? RdW 2013, 383; dagegen: Schauer, Der EuGH und die ergänzende Vertragsauslegung: Konsequenzen der Entscheidung C-618/10, Banesto, RdW 2012/673; Geroldinger, Ergänzende Auslegung von Verbraucherverträgen trotz Verbots der geltungserhaltenden Reduktion, ÖBA 2013, 27; Uffmann, Vertragsgerechtigkeit als Leitbild der Inhaltskontrolle, NJW 2012, 2225.
Ü Zurechnung des Beraters an die Bank I den, entsteht dadurch ein wirtschaftliches Naheverhältnis, das es rechtfertigt, ein Verschulden des Beraters nach § 1313 a ABGB der Bank zuzurechnen.
Die Entscheidung:
ratung verpflichtet ist; das kundenfernere Unternehmen (idF: die Bank) trifft eine entsprechende Pflicht nur dann, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür hat oder sogar positiv weiß, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllt. Anderes gilt unter Zugrundelegung der auf die Vermittlung von (anderen) Anlageprodukten übertragbaren Wertungen der §§ 43 f VersVG, wenn der Berater nicht unabhängig ist: Ü
VbR [2013] 01
Art 6 Abs 1 RL 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen; § 1336 Abs 2 ABGB EuGH 30. 5. 2013, C-488/11, Asbeek Brusse ua/ Jahani BV missbräuchliche Klauseln; Vertragsstrafe
Ü VbR 2013/9
Wird ein Vermögensberater von einem anderen Wertpapierdienstleister ständig mit der Vermittlung von bestimmten Anlageprodukten betraut und so in die Interessenverfolgung der Bank eingebun-
Die Kl erwarben nach Beratung und über Vermittlung eines Finanzdienstleisters von der bekl Bank Währungszertifikate um E 13.000,–. Die Fehlberatung durch den Berater ist der bekl Bank grundsätzlich nicht gem § 1313 a ABGB zuzurechnen, weil nur das kundennähere Unternehmen (idF: der Berater) zur anleger- und objektgerechten Be-
Ü
Ü Zurechnung des Beraters an die Bank I
§ 1313 a ABGB; § 43 Abs 1, § 43 a VersVG OGH 17. 12. 2012, 4 Ob 129/12 t Anlegerschaden; Erfüllungsgehilfe; Pseudomakler; Zurechnung bei wirtschaftlichem Naheverhältnis
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VbR
[B A N K R E C H T ]
Ü VbR 2013/10 §§ 1295, 1304 ABGB OGH 17. 6. 2013, 2 Ob 24/13 p Anlegerschaden; Zurechnung; Fehlberatung
Wird ein Vermögensberater von einem anderen Wertpapierdienstleister ständig mit der Vermittlung von bestimmten Anlageprodukten betraut, so entsteht dadurch ein wirtschaftliches Naheverhältnis, das es rechtfertigt, ein Verschulden des Beraters nach § 1313 a ABGB der Bank zuzurechnen. Diese ständige Betrauung begründet im Verein mit der regelmäßig produkt- und umsatzabhängigen Provision die Gefahr, dass der Vermittler nicht mehr ausschließlich oder doch überwiegend im Interesse des Kunden tätig wird, sondern auch andere Erwägungen – insb die Maximierung des eigenen Gewinns – in seine Tätigkeit einflie-
ßen lässt. Dies erfolgt im Interesse der Bank, die den Vertrieb ihrer Produkte vertraglich auslagert und so die Vorteile der Arbeitsteilung für sich in Anspruch nimmt. Damit ist der Berater der Bank nicht nur irrtumsrechtlich zuzurechnen, sondern die Bank haftet auch für Schäden infolge einer Fehlberatung bei Vermittlung der Anlage. Eine dies ausschließende Vertragsklausel in AGB wäre wegen der Abweichung vom dispositiven Recht, aber auch wegen der damit verbundenen Überwälzung des Insolvenzrisikos gröblich benachteiligend iSv § 879 Abs 3 ABGB.
Praxistipp:
Ü Die Entscheidung ist auch im Hinblick auf die kurze Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen (§ 1489 Satz 1 ABGB: drei Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger) von Interesse. Der geschädigte Kunde mag zwar seinen Schaden bereits früher erkannt haben, die Frist für den Anspruch gegen die Bank läuft aber wohl erst ab Kenntnis vom zurechnungsbegründenden Sachverhalt in Form der entsprechend engen „Vertriebsvereinbarung“ zwischen Bank und Berater.
Ü Bestätigt durch 8 Ob 104/12 w; offen lassend 2 Ob 24/13 p; anders noch 1 Ob 48/12 h. Ü Krit zur Entscheidung Rabl, ÖBA 2013, 431 (Anm); Foglar-Deinhardstein, ÖJZ 2013, 316 (Anm); Steinmair, ZFR 2013, 85 (Anm); Brandl/Klausberger, Haftung der Depotbank für externe Wertpapierdienstleister? ZFR 2013, 114; differenzierend P. Bydlinski, Haftung der Bank für Fehlberatung durch den Vertriebspartner? ÖBA 2013, 463; Leupold/Ramharter, Zurechnungsfragen beim arbeitsteiligen Vertrieb von Wertpapieren, RdW 2013, 445.
Ü Zurechnung des Beraters an die Bank II Hat die depotführende Bank an der Veräußerung einer bestimmten Aktie ein besonderes Interesse und instrumentalisiert sie dafür ihren Vertriebspartner,
dem sie die zur Fehlberatung führenden Unterlagen zur Verfügung stellte, ist ihr der Berater schadenersatzrechtlich zuzurechnen.
Die Entscheidung:
Verkauf der Aktien (personelle und wirtschaftliche Verflechtungen zur Emittentin) instrumentalisierte und sich wegen Produktschulungen für die Berater und Zurverfügungstellung der zur Fehlberatung führenden Unterlagen nicht erwarten konnte, dass eine sachgerechte Aufklärung der Kunden erfolgt. Ein Mitverschulden der Kl, die auf die Risikolosigkeit der „Immobilienaktien“ vertrauten, liegt in ihrer Eigenschaft „als wertpapierrechtliche Laien“ nicht vor.
Die Kl erwarben nach Vermittlung und Beratung durch einen selbständigen Anlageberater „Immobilienaktien“ im Vertrauen auf deren vermeintliche Mündelsicherheit. Die Fehlberatung beim Erwerb der Aktien muss sich die bekl Bank zurechnen lassen, wenn sie die Berater aufgrund massiver wirtschaftlicher Eigeninteressen am
Ü VbR 2013/11 §§ 1295, 1300, 1313 a ABGB OGH 5. 4. 2013, 8 Ob 66/12 g Fremdwährungskredit;
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Praxistipp: Der 2. Senat führt für die Zurechnung an die Bank nicht nur die Vertriebsbindung und den Vorteil aus der Arbeitsteilung an (vgl 4 Ob 129/12 t: Zurechnung bei wirtschaftlichem Naheverhältnis und ständiger Betrauung mit der Vermittlung bestimmter Anlagepro-
dukte), sondern stellt auf zusätzliche Zurechnungsmomente ab, die eine ordnungsgemäße Aufklärung der Kunden durch den Anlageberater nicht erwarten lassen (vgl 1 Ob 48/12 h). Den genauen Zurechnungsgrund (§ 1313 a ABGB, § 43 a VersVG analog) legt die Entscheidung nicht offen.
Ü Haftung bei Umschuldung auf Fremdwährungskredit Eine Bank darf sich auf die Beratung ihrer Kunden durch den vermittelnden Vermögensberater dann nicht verlassen, wenn sie konkrete Anhaltspunkte
dafür hatte oder sogar positiv wusste, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllt hat.
Die Entscheidung:
Beratungsunternehmens überredet, ihren zur Wohnungsfinanzierung aufgenommenen Euro-Abstattungskredit in einen endfälligen CHF-Kredit umzuschulden,
Im Jahr 2005 wurden die Kl von der erstbekl Vermögensberaterin, einer freien Mitarbeiterin des drittbekl Ü Haftung bei Umschuldung auf Fremdwährungskredit
VbR [2013] 01
[REISERECHT] verbunden mit einer fondsgebundenen Lebensversicherung als Tilgungsträger. Damit sei laut den Aussagen der Beraterin eine erhebliche Reduktion der laufenden monatlichen Zahllast möglich, der Tilgungsträger werde möglicherweise auch über die Rückzahlung des Kredits hinaus Erträge abwerfen; über Nachteile und Risiken wurde nicht aufgeklärt. Als die Zinsbelastung im Jahr 2007 anstieg, wurde der Kredit auf Initiative und Anraten der zweitbekl Bank in JPY konvertiert, wiederum ohne Aufklärung der Kl über die Risiken. Der OGH gab der Feststellungsklage der Kreditnehmer statt: Haftung des Vermögensberaters
Die ErstBekl, eine selbständige Vermögensberaterin, ist nach den Feststellungen bei der Beratung im Auftrag und Interesse des drittbekl Vermögensberatungsunternehmens als dessen Vertreterin aufgetreten. Das Beratungsunternehmen haftet infolge Erfüllungsgehilfenzurechnung (§ 1313 a ABGB). Die Vermögensberaterin selbst trifft ausnahmsweise eine Eigenhaftung, weil sie die Kl durch Aufbau besonderen Vertrauens in ihre
Praxistipp:
Ü Der OGH bejahte das Feststellungsinteresse der Kl. Offenbleibt, ob vor Laufzeitende eine Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs durch Leistungsklage auf Naturalrestitution (§ 1323 Satz 1 ABGB) möglich wäre. Ü In Hinblick auf die Verneinung der Haftung von Erst- und DrittBekl (Vermögensberater) für das Risiko aus der Konvertierung in JPY dürfte der 8. Senat trotz Kausalität der ursprünglichen Fehlbera-
Sachkunde zum Abschluss des Finanzierungsmodells überredete (§§ 1299, 1300 ABGB). Unabhängig von einer direkten Vertragsbeziehung trifft sie in dieser Eigenschaft eine objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht, die ihre Haftung begründet.
Ein Kreditinstitut, das selbst nur als Finanzierer und nicht als Berater auftritt, haftet nach hM nicht für eine Fehlberatung des Vermittlers. Die Haftung der Bank stützt sich aber im konkreten Fall auf eigenes Verschulden; sie hatte aufgrund der Äußerung der Kl knapp vor Unterzeichnung (sie hoffen, damit „das Richtige zu tun“) einen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass noch Erklärungsbedarf bestand. Die Bank haftet auch für die Konvertierung in JPY. Der Vermögensberaterin ist die Konvertierung in JPY dagegen nicht zurechenbar, weil sie auf die Währungsentscheidung nach den Feststellungen keinen Einfluss hatte. Nur die Vermögensberaterin haftet – als Teil des von ihr vorgeschlagenen Gesamtkonzepts – für den Abschluss des Tilgungsträgers, nicht aber die Bank. tung für die nachträgliche Konvertierung von einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs ausgehen. Krit dazu wegen besonders hoher Adäquität und daher für eine Berücksichtigung nur im Innenverhältnis zwischen Bank und Berater VRInfo 2013 H 6, 4 (5). Großzügiger beim Aktienkauf 8 Ob 132/10 k; 4 Ob 62/11 p („Risikoerhöhungstheorie“). Ü Zur Begründung der Eigenhaftung des Erfüllungsgehilfen s den Beitrag von Graf in diesem Heft (VbR 2013/3, [7]).
Praxistipp: Ü Vgl zur Schlechterstellung im Vergleich zum dispositiven Recht: bereits OGH 17. 12. 2012, 4 Ob 164/ 12 i: Nimmt der Kunde nur einen von mehreren Flügen des Kombinationsangebots in Anspruch, be-
VbR [2013] 01
Ü VbR 2013/12
Eine Klausel, die einen Aufpreis bei nur teilweiser Nutzung von Kombinationstickets vorsieht, ist gröblich benachteiligend.
Eine Klausel, wonach der Kunde bei einem Kombiticket unter Umständen einen Aufpreis zahlen muss, wenn er die Flugcoupons auf einer vorangehenden Teilstrecke nicht oder nicht in der angegebenen Reihenfolge verwendet (insb Nachverrechnung des Preises für OneWay-Flug bei Nichtinanspruchnahme des im Flugschein eingetragenen Rückflugs), ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil sie auch Fälle erfasst, in denen der Kunde das Tarifsystem der Bekl nicht bewusst umgeht, sondern erst nach Buchung von der Nutzung des Kombiangebots absieht (zB wegen Ver-
Haftung der finanzierenden Bank
Haftung des finanzierenden Kreditinstituts
Ü Crossticketing bei Fluglinie
Die Entscheidung:
Erfüllungsgehilfe;
§§ 864 a, 879 Abs 3 ABGB OGH 24. 1. 2013, 2 Ob 182/12 x
säumung oder Verspätung des Zubringerflugs, Änderung der Reisepläne). Das bei fehlender Umgehungsabsicht konkret schützenswerte Kundeninteresse an der Anwendung dispositiven Rechts überwiegt das allgemeine Interesse der Fluglinie an der Aufrechterhaltung ihrer Tarifstruktur. Eine Klausel, die ein Bearbeitungsentgelt für Ticketerstattungen vorsieht, ist gröblich benachteiligend, wenn sie die Verrechnung der Gebühr auch in Fällen ermöglicht, in denen der Flug aus Gründen entfällt, die nicht der Sphäre des Verbrauchers zuzurechnen sind. findet er sich im Gläubigerverzug, der nicht zur Erhöhung des Entgelts berechtigt oder Schadenersatzansprüche begründet. Vielmehr müsste sich die Fluglinie bei Unterbleiben ihrer Leistung aus Gründen, die in der Sphäre des Kunden liegen, Erspar-
Ü Crossticketing bei Fluglinie
Crossticketing; cross-boarder selling; One-Way-Flug; Teilstrecke; Bearbeitungsgebühr
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VbR
[R E I S E R E C H T / V E R S I C H E R U N G S R E C H T ]
Ü VbR 2013/13 Art 7 VO (EG) 261/2004; Art 5 Nr 3 VO (EG) 261/2004 OGH 3. 7. 2013, 7 Ob 65/13 d Flugannullierung; Ausgleichsleistung; außergewöhnlicher Umstand
nisse oder einen anderweitigen Erwerb anrechnen lassen (§ 1168 ABGB). Ü Vgl auch BGH Xa ZR 101/09 und Xa ZR 5/09: Ein gebuchter und bereits bezahlter Rückflug darf nicht
verfallen, wenn der Kunde den Hinflug nicht antritt. Erfolgt die Kombinationsbuchung aber nur in der Absicht der Umgehung der Tarifstruktur, kann gegebenenfalls ein erhöhtes Entgelt verlangt werden.
Ü Ausgleichsleistung bei Flugannullierung Nach Art 5 Nr 3 VO (EG) 261/2004 ist ein Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gem Art 7 VO (EG) 261/2004 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Ungünstige Wetterbedingungen allein
sind lediglich indikativ; das Luftfahrtunternehmen muss darlegen, dass trotz der ungünstigen Wetterbedingungen mit zumutbaren Maßnahmen eine Annullierung nicht zu vermeiden war. Zumutbare Maßnahmen können etwa die Benutzung eines nahe gelegenen Ersatzflughafens oder allenfalls das Warten auf günstigere Wetterbedingungen sein.
Die Entscheidung:
Die Ausgleichsleistung iHv E 250,– steht nach Art 5 Abs 3 VO nicht zu, wenn die Fluglinie nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch bei Ergreifen zumutbarer Maßnahmen nicht hätten vermeiden lassen. Ob das Unvermögen des Flughafenbetreibers, auf winterliche Verhältnisse zu reagieren, ein außergewöhnlicher Umstand iSd Art 5 Nr 3 VO (EG) 261/2004 ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Fluglinie kein Vorbringen erstattet hat, dass die Annullierung mit zumutbaren Maßnahmen wie der Benutzung eines Ersatzflughafens, einer Umbuchung oder dem Warten auf günstigere Wetterverhältnisse nicht zu vermeiden war bzw warum derartige Maßnahmen nicht möglich waren.
Die Kl hatte für den 20. 12. 2010 einen Flug von London nach Wien gebucht (1.250 km), den die bekl Fluglinie annullierte, nachdem sie vom Flughafenbetreiber informiert worden war, dass infolge Fehlens ausreichender Enteisungsmittel nur eine Rollbahn betrieben werde. Nachdem der Kl vom Flughafen keine Unterstützung angeboten wurde und sie auch am nächsten Morgen niemanden von der Bekl erreichen konnte, organisierte sie sich selbst einen Flug nach Wien. Sie begehrte E 250,– Ausgleichszahlung gem Art 7 VO (EG) 261/2004 und die Kosten des selbst organisierten Flugs iHv E 640,86 als Unterstützungsleistung gem Art 8 VO (EG) 261/2004.
Praxistipp:
Ü VbR 2013/14 §§ 12, 33 Abs 1, § 68 Abs 2 VersVG; § 27 Abs 6 ZaDiG; §§ 864 a, 879 Abs 3 ABGB OGH 23. 1. 2013, 7 Ob 201/12 b Rechtsschutzversicherung;
24
Ü Der OGH verweist in Hinblick auf die nähere Bestimmung der „außergewöhnlichen Umstände“ in Art 5 Nr 3 VO (EG) 261/2004 auf die EuGH-Entscheidung in der Rs Wallentin-Hermann/Alitalia (22. 11. 2008, C-549/07). Danach ist Art 5 Nr 3 VO (EG) 261/2004 als Ausnahme vom Grundsatz des Anspruchs auf Ausgleichsleistung gem Art 5 Nr 1 lit c VO (EG) 261/2004 eng auszulegen. Die in ErwGr 4 VO (EG) 261/2004 beispielhaft aufgezählten Vorkommnisse (politische Instabilität,
schlechte Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwartete Flugsicherheitsmängel, Streiks) seien nicht per se als Befreiungsgründe anzusehen, sondern nur dann, wenn sie sich nicht durch der Situation angepasste Maßnahmen vermeiden lassen, die für das betroffene Luftfahrtunternehmen insb in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht tragbar sind. Ü Offen gelassen wurde, ob der Flughafenbetreiber als Erfüllungsgehilfe der Fluglinie anzusehen ist.
Ü Unzulässige Klauseln in der Rechtsschutzversicherung Ü Steht die Kündigung des Rechtsschutzversicherungsvertrags im Schadensfall im freien Ermessen des VR, während der VN nur ein beschränktes Kündigungsrecht hat, ist diese Kündigungsmöglichkeit des VR gröblich benachteiligend.
Ü Eine Ausschlussfrist, die allein auf einen objektiven fristauslösenden Zeitpunkt abstellt, ist iZm § 33 Abs 1 VersVG ungewöhnlich.
Die Entscheidung:
Nachhaftungsfrist
Im Verbandsverfahren gegen den VR wurden fünf Klauseln aus den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung 2010 (ARB) vom OGH für unzulässig befunden.
Art 3.3 ARB 2010: „Wird der Deckungsanspruch vom Versicherungsnehmer später als zwei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrags für das betreffende Risiko geltend gemacht, besteht, unabhängig davon,
Ü Unzulässige Klauseln in der Rechtsschutzversicherung
VbR [2013] 01
[VERSICHERUNGSRECHT] wann der Versicherungsnehmer Kenntnis vom Eintritt eines Versicherungsfalles erlangt, kein Versicherungsschutz.“ Die Vereinbarung einer im Vergleich zur Verjährungsfrist in § 12 VersVG kürzeren Ausschlussfrist ist grundsätzlich zulässig (vgl 7 Ob 22/10 a; 7 Ob 250/ 01 t). Eine Bedingung, die eine Ausschlussfrist regelt und allein auf einen objektiven fristauslösenden Zeitpunkt abstellt, ist aber iZm § 33 Abs 1 VersVG ungewöhnlich. Gem § 33 Abs 1 VersVG hat der VN den Eintritt des Versicherungsfalls unverzüglich dem VR anzuzeigen, sobald er von ihm Kenntnis erlangt hat; durch das Abstellen auf einen objektiven fristauslösenden Zeitpunkt würde der Anspruch aber auch dann erlöschen, wenn unverzüglich nach Kenntnis vom Versicherungsfall eine Schadensanzeige erstattet wurde. Hat der VN vor Ablauf der Ausschlussfrist aber keine wie immer gearteten Hinweise darauf, dass sich ein Versicherungsfall während der Vertragszeit ereignet haben könnte, ist der Anspruchsverlust trotz unverzüglicher Meldung nach § 33 Abs 1 VersVG objektiv und subjektiv ungewöhnlich nach § 864 a ABGB.
oder geringerer Höhe) entsprochen hätte. Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Kündigungsrecht des VR
Art 15.3.2 ARB: „Der Versicherer kann zum Schutz der versicherten Gemeinschaft vor überdurchschnittlicher oder ungerechtfertigter Inanspruchnahme der Versicherung kündigen, wenn – er den Versicherungsschutz bestätigt oder eine Leistung erbracht hat, [. . .].“ Nach der Klausel steht dem VR mangels objektivierbarer Kriterien de facto ein nach freiem Ermessen ausübbares, uneingeschränktes Kündigungsrecht im Schadensfall zu. Eine sachliche Rechtfertigung fehlt jedenfalls dann, wenn dem VN – wie hier – nur ein beschränktes Kündigungsrecht im Schadensfall zusteht. Gerade dann, wenn ein imparitätisches Kündigungsrecht zulasten des VN zulässig ist, müssen die Voraussetzungen für das Kündigungsrecht des VR besonders genau präzisiert und objektivierbar sein, um beurteilen zu können, ob es sachlich gerechtfertigt ist. Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB.
Nachhaftung; Dauerrabatt; imparitätisches Kündigungsrecht
Zahlscheingebühr Nachverrechnung des Dauerrabatts
Art 15.2 ARB 2010: „Dem Versicherer gebührt die Prämie, die er hätte einheben können, wenn die Versicherung von vornherein nur bis zu diesem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem der Versicherer Kenntnis vom Risikowegfall erlangt. Der Versicherer ist berechtigt, die für die längere Vertragsdauer eingeräumten Prämiennachlässe (Dauerrabatt) nachzuverrechnen.“ Der erste Satz der Klausel entspricht § 68 Abs 2 VersVG. Nach dem zweiten Satz ist der VR aber bei gebotener kundenfeindlichster Auslegung entgegen § 68 Abs 2 iVm § 68 a VersVG berechtigt, den gesamten bisher gewährten Prämiennachlass nachzuverrechnen, ohne dass es darauf ankäme, ob der tatsächlichen Vertragsdauer nicht auch ein Prämiennachlass (gleicher
Praxistipp:
Ü Nachhaftung: Vergleichbare Nachhaftungsbeschränkungen wurden vom OGH unter Berufung auf § 864 a ABGB auch bei der Unfallversicherung für unzulässig angesehen (7 Ob 250/01 t). Offen ist, ob der 7. Senat die neue Rsp-Linie sinngemäß auch auf Nachhaftungsbeschränkungen in der Haftpflichtversicherung übertragen wird (vgl 7 Ob 14/90: 1-Jahresfrist zulässig bei ausgleichender Rückwärtsdeckung). Ü Zahlscheingebühr: Seit 1. 1. 2013 (§ 191 c Abs 13 VersVG; eingeführt durch VersRÄG 2013) verweist § 41 b VersVG auf § 27 Abs 6 ZaDiG. Damit ist klargestellt, dass die Norm grundsätzlich auch für VR gilt. Unklar ist aber nach wie vor, ob die Verrechnung von Zahlscheingebühren durch VR zulässig ist. Während der Wortlaut von § 41 b VersVG nahelegt, dass die Frage von der allgemeinen Auslegung des § 27 Abs 6 ZaDiG und damit im Ergebnis von
VbR [2013] 01
Der VR verrechnete eine Gebühr, wenn Kunden die Prämie mit Zahlschein entrichteten. Unter der Voraussetzung, dass es sich wie hier um Ausprägungen einer unlauteren Geschäftspraxis zum Nachteil der Verbraucher handelt, denen für eine Vielzahl von Verträgen oder außervertraglichen Rechtsverhältnissen in den in § 28 a KSchG genannten Geschäftsbereichen Bedeutung zukommt, kann jede gesetzwidrige unternehmerische Praxis von den in § 29 KSchG genannten Interessenvertretungen mit Verbandsklage aufgegriffen werden; konkret: wegen des möglichen Verstoßes gegen § 27 Abs 6 ZaDiG. Das RevVerf wurde bis zur Vorabentscheidung des EuGH (C-616/11) in der Rs 10 Ob 31/11 y (Verrechnung von Zahlscheingebühren durch Mobilfunkbetreiber) unterbrochen. der Vorabentscheidung des EuGH abhängt (idS Gruber, ZFR 2013, 161), ging der VersRÄG-Gesetzgeber davon aus, dass die Verrechnung von Zahlscheingebühren nun jedenfalls unzulässig ist (ErläutRV 2005 BlgNR 24. GP 8 f). Sollte der EuGH zur Ansicht gelangen, dass Zahlscheingebühren nach der Zahlungsdienste-RL zulässig, VR aber nicht von der RL erfasst sind, wäre eine „gespaltene Auslegung“ von § 27 Abs 6 ZaDiG prinzipiell denkbar. Eine authentische Interpretation von § 27 Abs 6 ZaDiG durch das VersRÄG 2013 (§ 8 ABGB) scheidet dagegen wohl insb bei drohender Richtlinienwidrigkeit aus. Ü Kündigungsrecht: Ob Art 15.3.2. Fall 1 ARB gegenüber einem unternehmerischen VN der Inhaltskontrolle standhält, ließ der OGH zu 7 Ob 215/11 k offen. Krit dazu Fenyves, Kein paritätisches Recht zur Schadenfallkündigung in der Rechtsschutzversicherung? ecolex 2012, 543. Ü
Ü
Ü Unzulässige Klauseln in der Rechtsschutzversicherung
25
VbR
[V E R S I C H E R U N G S R E C H T ]
Anmerkung:
Ü
VbR 2013/15 § 154 Abs 2, § 158 e VersVG OGH 23. 1. 2013, 7 Ob 189/12 p Anerkenntnisverbot
Ü 26
Die Entscheidung stützt sich in puncto Nachhaftung auf frühere Rsp zur Unfall- (7 Ob 250/01 t) und Rechtsschutzversicherung (7 Ob 22/10 a) und qualifiziert die Klausel als „iZm § 33 Abs 1 VersVG subjektiv und objektiv ungewöhnlich“ nach § 864 a ABGB. Dass die Klausel im Individualverfahren zu 7 Ob 22/10 a daraufhin als „teilnichtig“ reduziert wurde, wurde unter Verweis auf die Verbrauchereigenschaft des VN schon von Palten (VR 2012, 38) kritisiert; fraglich ist darüber hinaus, wie eine Klausel, die gem § 864 a ABGB nicht Vertragsbestandteil wird, geltungserhaltend reduziert werden kann. Zweifelhaft ist aber vor allem, ob § 33 VersVG im objektiven Empfängerhorizont eine berechtigte Erwartungshaltung in Bezug auf die zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes auslösen kann oder derlei Erwägungen nicht vielmehr bei der Inhaltskontrolle anzusiedeln wären, zumal das Überraschungsmoment den Vertragsinhalt betreffen muss und nicht aus der Sicht ex post im Versicherungsfall zu prüfen ist. Dabei stellt sich zunächst die Abgrenzungsfrage zwischen (grundsätzlich zulässiger) objektiver Risikoumschreibung und – Kausalitäts- und Verschuldensanforderungen unterliegender (§ 6 Abs 3 VersVG) – verhüllter Obliegenheit (idS etwa Geist, ZVR 1989, 300). Der OGH folgt zwar ersterer Deutung, führt die von Geist (aaO) angeführten Argumente aber im Ergebnis bei der Geltungskontrolle wieder ein. Dass auch die Risikofestlegung durch Ausschlussfristen der Inhaltskontrolle (§ 879 Abs 3 ABGB) unterliegt, entspricht freilich hA; eine tragende Rolle dürfte § 33 VersVG dort aber nicht spielen, weil ihm in Hinblick auf die zeitliche Risikoabgrenzung wohl kein Regelungszweck innewohnt. Im Gegensatz zu § 12 VersVG: Entgegen der hA (zuletzt 7 Ob 93/13 x) ist historisch und systematisch zweifelhaft, ob der Lauf der Verjährungsfrist nach § 12 Abs 1 Satz 1 VersVG tatsächlich erst mit Fälligkeit des Anspruchs und damit gem § 11 Abs 1 Satz 1 VersVG mit Beendigung der Erhebungen des VR beginnt, und nicht stets – iSe objektiven Risikobegrenzung – schon mit Eintritt des Versicherungsfalls: Die Frist wurde zwar durch die VersVGNov 1994 von
zwei auf drei Jahre verlängert. Unverändert geblieben ist aber § 12 Abs 2 VersVG, wonach die – dem Fälligkeitszeitpunkt nach § 11 Abs 1 VersVG zeitlich vorgelagerte (!) – Schadenmeldung an den VR weiterhin einen Hemmungsgrund darstellt. Mit Kenntnis beginnt sie wie bei § 1489 Satz 1 ABGB (zu ergänzen wäre: nur), wenn der Anspruch einem Dritten zusteht (§ 12 Abs 1 Satz 2 VersVG). Verjährt der Anspruch aber abw von § 1478 ABGB schon ex lege unabhängig von Klagbarkeit oder Kenntnis des VN vom Versicherungsfall, ist die Spätschaden-Problematik deutlich entschärft. Ausnahmen werden im Einzelfall bei ansonsten drohender Gefährdung des Vertragszwecks anzuerkennen sein, zumal die historische Grundwertung in Ansehung der sukzessiven Aufwertung des VN-Schutzgedankens im VersVG (vgl § 15 a) an Gültigkeit eingebüßt hat. In Bezug auf die Nachhaftungsklausel verdeutlicht § 12 VersVG, dass weder für Geltungs- noch Inhaltskontrolle an § 33 VersVG anzuknüpfen ist. Die Klausel verstößt mE vielmehr gegen § 12 Abs 1 Satz 1 iVm § 15 a VersVG (für Größenschluss schon Geist, aaO: Präklusion als gegenüber der unzulässigen Verjährungsverkürzung schärfere Rechtsfolge). Dies gilt aber nur in Bezug auf jene Ansprüche, deren Geltendmachung nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab Eintritt des Versicherungsfalls erfolgen kann; nichtig ist mangels Differenzierung freilich die ganze Klausel (§ 6 Abs 3 KSchG). Zulässig sind daher im Ergebnis wohl nur Ausschlussfristen von zumindest drei Jahren, denen nach der hier angedeuteten Auslegung von § 12 Abs 1 Satz 1 VersVG aber ohnehin nur klarstellender Charakter zukommen dürfte. Da in der Rechtsschutzversicherung unterschiedliche Zeitpunkte als Versicherungsfall in Betracht kommen (Verstoß, Schadenereignis, Konkretisierung des Rechtsschutzbedarfs: Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 447; zur Haftpflichtversicherung Fenyves, JBl 2002, 205), setzt die Anknüpfung zudem eine AGB-rechtlich zulässige/durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelte Versicherungsfalldefinition voraus. Petra Leupold
Ü Anerkenntnisverbot in der Haftpflichtversicherung Ein Anerkenntnis ist jede Handlung oder Äußerung des VN gegenüber dem Geschädigten, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen eines Anspruchs unzweideutig ergibt. Von § 154 Abs 2 VersVG erfasst sind konstitutive, deklaratorische,
aber auch prozessuale Anerkenntnisse. Auch das Anerkenntnis einer im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderung durch den Insolvenzverwalter stellt ein solches iSd § 154 Abs 2 VersVG dar.
Praxistipp:
die Leistungsfreiheit für den Fall vorgesehen ist, dass der VN den Anspruch des Dritten eigenmächtig anerkennt („Anerkenntnisverbote“), sind hingegen nur unwirksam, wenn der VN nach den Umständen die Anerkennung nicht ohne offenbare Unbilligkeit verweigern konnte. Bei der Auslegung des Begriffs
§ 154 Abs 2 VersVG erklärt in der Haftpflichtversicherung Vereinbarungen, wonach der VR leistungsfrei sein soll, wenn der VN den geschädigten Dritten ohne Einwilligung des VR befriedigt („Befriedigungsverbote“) für unwirksam. Vereinbarungen, wonach
Ü Anerkenntnisverbot in der Haftpflichtversicherung
VbR [2013] 01
[VERSICHERUNGSRECHT]
des Anerkenntnisses iSd § 154 Abs 2 VersVG stützt sich der OGH auf eine ältere Entscheidung (SZ 59/ 115) und dt L (Baumann in Berliner Kommentar, VVG § 154 Rz 21, 26; Langheid in Römer/Langheid, VVG2 § 154 Rz 11; Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG27 § 154 Rz 10). Der Verstoß gegen ein wirksames Anerkenntnisverbot führt als Oblie-
genheitsverletzung iSd § 6 Abs 3 VersVG innerhalb der dort normierten Grenzen zur Leistungsfreiheit des VR gegenüber dem VN. Der geschädigte Dritte wird nur, aber immerhin in der Pflichthaftpflichtversicherung geschützt, indem ihm gegenüber das Bestehen eines Deckungsanspruchs fingiert wird (§ 158 c Abs 1 VersVG).
Anmerkung:
Dritten vielfach ein konkludentes deklaratives Anerkenntnis darstellen wird) generell, Anerkenntnisverbote aber auch zukünftig nur innerhalb der (engen) Grenzen des § 154 Abs 2 VersVG unwirksam sein sollten, rechtfertigte der Gesetzgeber (ErläutRV 1553 BlgNR 18. GP 25) damit, dass selbst die vorbehaltlose Erfüllung der Ansprüche des Geschädigten „noch kein (konstitutives) Anerkenntnis dieser Ersatzansprüche“ bedeute, weshalb dem VN die Rückforderung nach § 1431 ABGB offenbleibe. Demgegenüber führen die Mat für die Zulässigkeit von Anerkenntnisverboten ins Treffen, dass der VR in der Haftpflichtversicherung zwar „ohnehin nicht mehr als dasjenige zu zahlen [hat], was der VN aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen dem Dritten zu ersetzen hat“ (er ist maW an die Erklärungen des VN nicht gebunden), ein „echtes“ („konstitutives“) Anerkenntnis der gegnerischen Forderung aber für den VR eine (zu ergänzen wäre: besonders) schwierige Beweislage schaffe (de lege ferenda krit zur Differenzierung zwischen dem Verbot von [konstitutiven] Anerkenntnissen und Befriedigungsverboten zB Fenyves in Fenyves/Kronsteiner/Schauer, VersVG-Novellen § 154 Rz 1 mwN; vgl auch die Unwirksamkeit von Befriedigungs- und Anerkenntnisverboten gem § 105 dVVG 2008). Abschließend sei bemerkt, dass vor dem Hintergrund notwendiger Differenzierung daran gezweifelt werden darf, ob allfällige pauschale Anerkenntnisverbote im Verbrauchergeschäft mit dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG vereinbar sind.
Dem 7. Senat ist, was das konkret entscheidungserhebliche Anerkenntnis durch den Insolvenzverwalter anbelangt, zuzustimmen. Der Verweis auf ältere Rsp und dt L zur Auslegung des Begriffs des (wirksam) verbotenen Anerkenntnisses erweist sich jedoch als trügerisch und im Hinblick auf zukünftige Entscheidungen gefährlich. Fraglich ist bereits, ob die ältere Rsp des OGH bewusst eine strengere Linie als die dt L fahren wollte oder schlicht übersehen wurde, dass im dt Recht zwischen dem (dem österr Recht unbekannten) abstrakten, schuldbegründenden („konstitutiven“) Anerkenntnis iSd § 781 BGB, dem Rechtsfolgewillen voraussetzenden deklaratorischen, schuldbestätigenden Anerkenntnis und dem sog „Anerkenntnis dritter Art“ unterschieden wird (statt aller Rubin, ecolex, 2012, 543 [zum Problem der Zahlungsfälligkeit iSd § 154 Abs 1 VersVG]; Baumann in Berliner Kommentar, VVG § 154 Rz 22). Letzteres stellt – dem deklarativen Anerkenntnis des österr Rechts entsprechend (s hierzu Ertl in Rummel, ABGB3 § 1380 Rz 6 f) – als bloße Wissenserklärung („Anerkenntnis ohne Vertragscharakter“) lediglich ein Beweismittel dar, das durch andere Beweise widerlegt werden kann, und wurde selbst nach altem dt Recht von der hM als zulässig angesehen (Voit, VersR 1995, 993 [995]; Baumann in BK § 154 Rn 21 ff mwN zum Meinungsstand). Wie der OGH (7 Ob 60/07 k RdW 2007/ 569) bereits überzeugend begründet hat, erweist sich ein solches (iS der österr Terminologie) deklaratives Anerkenntnis jedenfalls seit der VersVG-Novelle 1994 nicht mehr als deckungsschädlich: Dass vertragliche Befriedigungsverbote (obwohl die Befriedigung des
Ü
Ü
Martin Ramharter
Ü Aufklärungspflicht bei Nettopolizze
VbR 2013/16
Ein Versicherungsmakler muss bei der Vermittlung von Lebensversicherungen im Nettopolizzensystem über das sonst übliche Bruttopolizzensystem und die negativen Folgen von Nettopolizzen aufklä-
ren. Die Beschränkung der Beratung auf ein Produkt stellt eine Verletzung der Aufklärungspflichten nach § 28 MaklerG dar.
§ 28 MaklerG
Die Entscheidung:
Der Berater füllte ua einen Treuhand-Zahlungsverkehrauftrag aus, nach dem monatlich E 50,– zu überweisen waren, und eine Vermittlungsgebührenvereinbarung, wonach die Vermittlungsprovision vom Kunden direkt an den Makler zu bezahlen ist (Nettopolizzensystem). Beides wurde von der Kl ungelesen unterfertigt. Dem Makler war bekannt, dass die Kundin den Vertrag bei Aufklärung über die Unterschiede und Nachteile zur Bruttopolizze nicht abschließen würde. Ü
Nettopolizzensystem;
Der Kl, die monatlich E 350,– verdiente und Geld für Notfälle und ihre Pension ansparen wollte, wurde 2008 von dem bekl Makler eine fondsgebundene Lebensversicherung der A angeboten, zu der der Makler ein regionales Alleinvertriebsrecht hatte. Kunden wurden nur Produkte von A angeboten; es fand keinerlei Vergleich mit Produkten anderer VR statt. Es wurde allgemein besprochen, dass eine Provision zu bezahlen sei, nicht aber deren Höhe und Modalitäten. VbR [2013] 01
Ü Aufklärungspflicht bei Nettopolizze
LG Innsbruck 12. 3. 2013, 2 R 289/12 g (rk)
Aufklärungspflicht
27
VbR
[W E T T B E W E R B S R E C H T ]
Ü VbR 2013/17 Art 101 Abs 1 AEUV; § 39 Abs 2 KartG EuGH 6. 6. 2013, C-536/11, Donau Chemie ua Akteneinsicht
28
Zum Ende des zweiten Versicherungsjahrs kündigte die Kl den Versicherungsvertrag. Bis dahin hatte sie insg E 1.200,– einbezahlt, dabei aber vor allem wegen der Provisionsbelastung nur rund ein Drittel angespart. Der Rückkaufwert iHv E 376,98 wurde aufgrund der in der Vermittlungsgebührenvereinbarung enthaltenen Zessionsvereinbarung an den Makler ausbezahlt. Die verbleibende offene Vermittlungsprovision iHv E 240,59 wurde von der Kl bezahlt. Der Klage auf Rückzahlung der bezahlten Provisionen iHv rund E 1.500,– gab das LG Innsbruck vollumfänglich statt: Der Makler verletzte seine Verpflichtung zur Vermittlung des nach den Umständen bestmöglichen Versicherungsschutzes und seine Interessenwahrungs-
pflicht gem § 28 MaklerG. Die Verbindung von Provision- und Prämienzahlung indiziert, dass der Makler auch über die Provisionen aufzuklären hat, weil er anders nicht in der Lage ist, umfassend über die vorgeschlagenen Produkte zu informieren. Hätte der Makler seine Pflichten eingehalten, hätte er auch über gängige Versicherungsprodukte und damit zwangsläufig über die sonst übliche Bruttopolizze aufklären müssen. Die Beschränkung der Beratung auf Produkte einer Versicherung lässt auf ein massives Eigeninteresse des Vermittlers schließen. Wie bei einem Einkommen iHv E 350,– eine seriöse Beratung überhaupt zum Abschluss eines derartigen Produkts führen kann, ist zweifelhaft.
Praxistipp:
für die Bruttopolizze. Die analoge Anwendung von § 176 Abs 5 und 6 VersVG aF auf die Nettopolizze für vor dem 2. 7. 2012 geschlossene Vereinbarungen lehnte der OGH ab (7 Ob 13/10 b; 7 Ob 54/ 13 m). Ü Vgl OLG Linz 4 R 131/12 f: Bei nach Inkrafttreten des DaKRÄG 2010 geschlossenen Vereinbarungen kann der Verbraucher gem § 12 VKrG (allenfalls iVm § 13 VKrG) vom Vertrag mit dem Makler zurücktreten, wenn die ratenweise Zahlung der Provision einen entgeltlichen Zahlungsaufschub iSd § 25 VKrG darstellt. Das Rücktrittsrecht ist bei Verletzung der Informationspflichten gem § 9 VKrG unbefristet. Noch ungeklärt ist in Hinblick auf die vom Makler erbrachte Dienstleistung, ob und in welchem Umfang ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Verbrauchers auf Rückzahlung der bereits geleisteten Provision besteht (angemessenes Entgelt gem § 1152 ABGB analog, Umfang der Vergütung in Analogie zu § 4 Abs 2 KSchG nur, soweit zum klaren und überwiegenden Vorteil des Verbrauchers).
Ü Vgl auch LG Saarbrücken 16. 4. 2013, 14 S 11/12 VersR 2013, 759 (iE zustimmend Reiff, Aufklärungspflicht aus Treu und Glauben, § 242 BGB, Dolo-Agit-Einwand): Aufklärungspflicht über die bei der Nettopolizze abweichenden Rechtsfolgen bei vorzeitiger Beendigung des Lebensversicherungsvertrags (kein „Schicksalsteilungsgrundsatz“), bei deren Verletzung der VN dem Provisionsanspruch des Vermittlers einen schadenersatzrechtlichen Freistellungsanspruch entgegenhalten kann. Die Kausalität wird vermutet. Ü Endet die Prämienzahlung bei einer Lebensversicherung durch Rückkauf oder Prämienfreistellung innerhalb der ersten fünf Jahre, hat der Vermittler Anspruch auf Provision nur im Verhältnis der Prämienzahlungsdauer zum Zeitraum von fünf Jahren (§ 176 Abs 6 VersVG). Wurde davor mehr an Provision verrechnet, kann der VN den Mehrbetrag vom Vermittler rückfordern. Das Gleiche gilt für die Abschlusskosten (§ 176 Abs 5 VersVG). Die Regelungen galten aber vor dem VersRÄG 2012 nur
Ü Akteneinsicht für Kartellgeschädigte § 39 Abs 2 KartG, wonach am Kartellverfahren nicht beteiligte Personen in die Akten des Kartellgerichts
nur mit Zustimmung der Parteien Einsicht nehmen können, verstößt gegen Unionsrecht.
Die Entscheidung:
hende Erschwerung der Rechtsdurchsetzung die praktische Wirksamkeit der unmittelbar aus Art 101 AEUV ableitbaren Schadenersatzansprüche beeinträchtigen kann. Das öffentliche Interesse an der Wirksamkeit eines Kronzeugenprogramms, in dessen Rahmen die betreffenden Schriftstücke der zuständigen Wettbewerbsbehörde übermittelt wurden, kann die Verweigerung der Akteneinsicht nicht per se rechtfertigen. Vielmehr ist erforderlich, dass die nationale Regelung eine Abwägung der wechselseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ermöglicht und die Verweigerung der Akteneinsicht in Bezug auf ein bestimmtes Schriftstück im konkreten Fall durch zwingende öffentliche Interessen gerechtfertigt ist.
Über Vorabentscheidungsersuchen des OLG Wien als Kartellgericht setzt sich der EuGH mit der unionsrechtlichen Zulässigkeit von § 39 Abs 2 KartG 2005 auseinander: Eine nationale Regelung wie § 39 Abs 2 KartG, die die Einsicht in Akten des Kartellgerichts durch nicht als Partei beteiligte Personen nur mit Zustimmung der Verfahrensparteien zulässt, ist mit dem Unionsrecht nicht vereinbar: Sie verstößt gegen den Äquivalenzgrundsatz, weil sie – anders als nach § 219 Abs 2 ZPO, der Dritten Akteneinsicht bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses auch ohne Zustimmung der Parteien im Einzelfall ermöglicht – eine Abwägung der widerstreitenden Interessen pauschal ausschließt, und gegen den Effektivitätsgrundsatz, weil die damit einhergeÜ Akteneinsicht für Kartellgeschädigte
VbR [2013] 01
[WOHNRECHT] Praxistipp: Vgl bereits EuGH 14. 6. 2011, C-360/09, Pfleiderer, wonach die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften die Erlangung von Schadenersatz nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen
und das Spannungsverhältnis zwischen Effektuierung des Kartellverbots (Art 101 AEUV) durch private enforcement und Wirksamkeit der Kronzeugenregelung eine alle Umstände berücksichtigende Abwägung im Einzelfall erfordert.
Ü Rücktrittsrecht bei Mietvertragsänderung
VbR 2013/18
Ü Das Rücktrittsrecht von einem Haustürgeschäft nach § 3 KSchG ist auch auf die Abänderung oder Auflösung eines bestehenden Vertragsverhältnisses anwendbar, sofern deren wirtschaftliche Tragweite jener eines Vertragsabschlusses gleichkommt.
Ü § 3 KSchG gilt auch für Dauerschuldverhältnisse wie Mietverträge. Ü Mangels Belehrung ist das Rücktrittsrecht auch bei Dauerschuldverhältnissen unbefristet.
Die Entscheidung:
genüber der Nebenintervenientin von der Auflösungsvereinbarung und vom neuen Mietvertrag zurück und klagte auf Feststellung, dass er aufgrund des ursprünglichen Mietvertrags Hauptmieter sei. Anders als das BerG bejahte der OGH die Wirksamkeit des Rücktritts: Das KSchG ist auch auf Bestandverträge anwendbar. Das besondere Rücktrittsrecht in § 30 a KSchG steht neben jenem nach § 3 KSchG zu. § 3 KSchG ist nicht nur auf Vertragsabschlüsse anwendbar, sondern jedenfalls dann auch auf Änderung oder Auflösung eines bestehenden Vertrags, wenn die Willenserklärung die gleiche wirtschaftliche Tragweite für den Verbraucher hat, konkret: ca 30% höherer Mietzins und Verpflichtung zur Entrichtung einer Kaution. Das Rücktrittsrecht ist mangels Belehrung unbefristet. Die Sonderregel in § 3 Abs 1 letzter Satz KSchG für Versicherungsverträge (Erlöschen des Rücktrittsrechts einen Monat nach Vertragsabschluss) ist auf andere Dauerschuldverhältnisse nicht analog anzuwenden.
Der Kl ist seit 1987 Hauptmieter einer Wohnung; der Bekl ist Eigentümer des Mietobjekts, das er zuvor von der Nebenintervenientin erworben hatte. Nach Erwerb des Hauses durch die Nebenintervenientin wurde der Kl von deren Geschäftsführern zweimal in dessen Wohnung aufgesucht. Dabei wurde ihm mitgeteilt, dass das Haus verkauft und der alte Mietvertrag nicht mehr gültig sei. Es müsse ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden, wodurch sich aber nichts ändere. Wenn er nicht unterschreibe, müsse er ausziehen. Über die Höhe der neuen Miete, Möbelmiete, Kaution oder Betriebskosten wurde nicht gesprochen. Daraufhin unterfertigte der Kl eine Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des bestehenden Mietvertrags und einen neuen Mietvertrag über die schon bisher bewohnte Wohnung. Über Rücktrittsrechte wurde der Kl nicht belehrt. Der neue Mietvertrag sah eine Erhöhung des Mietzinses, eine Möbelmiete und eine Kaution vor. Der Kl trat nach einigen Monaten unter Berufung auf § 3 KSchG sowohl gegenüber dem Bekl als auch ge-
ner mündlichen Erklärung einverstanden ist. Als gültige Rücktrittserklärung ist auch die Klagseinbringung anzusehen. Bei Fristgebundenheit genügt die Absendung innerhalb der Frist (§ 3 Abs 4 letzter Satz KSchG).
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VbR [2013] 01
§ 3 KSchG OGH 27. 6. 2013, 8 Ob 130/12 v Rücktrittsrecht; Haustürgeschäft;
Praxistipp: Ü Bestätigung von 2 Ob 1/12 d. Der (nur) dem Veräußerer gegenüber erklärte Rücktritt gilt auch gegenüber dem späteren Erwerber als Rechtsnachfolger auf Vermieterseite (§ 1120 ABGB iVm § 2 Abs 1 MRG). Ü Der Rücktritt muss schriftlich erklärt werden (§ 3 Abs 4 KSchG), wenn der Unternehmer nicht mit ei-
Ü Rücktrittsfrist; Mietvertragsänderung
Ü
V webER 5,– 3 R ab EU c i l h! monat
Ü Rücktrittsrecht bei Mietvertragsänderung
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VbR
[P R O
& CONTRA]
Stärkung des Vertragsprinzips Die Erklärungsfiktion des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG nach 1 Ob 210/12 g VbR 2013/19
Unternehmer neigen im Wettbewerb gelegentlich dazu, sich mit günstigen Konditionen Marktanteile zu sichern und später Erhöhungen der Entgelte oder Einschränkungen der Leistungen vorzunehmen, die die Einordnung des vertraglich gebundenen Kunden im Konditionengefüge des betreffenden Markts wieder verschlechtern. Aus einem zunächst günstigen Vertrag wird so ein durchschnittlicher oder gar schlechter. Missbräuchlichen Anpassungsklauseln hat der OGH daher schon länger einen Riegel vorgeschoben: Die einseitige Änderungsbefugnis ist dem Grunde und der Höhe nach an das Vorliegen triftiger sachlicher Gründe gebunden. Unternehmer greifen nun vermehrt auf den zweiten im Massengeschäft praktikablen Änderungsmodus zurück, nämlich „einvernehmliche“ Vertragsänderungen, bei denen die Zustimmung des Verbrauchers per AGB-Klausel fingiert wird. Die nun vorliegende Entscheidung zu Z 45 Abs 3 ABB 2009 (1 Ob 210/12 g) sichert das Vertragsprinzip auch hier gegen Missbräuche ab und schützt den Verbraucher davor, dass die Richtigkeit seiner Nachfrageentscheidung nachträglich ausgehebelt wird. Zu Recht: Unstrittig ist, dass AGB-Klauseln der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG nicht allein deshalb entzogen sind, weil sie § 6 Abs 1 und 2 KSchG entsprechen (zB 4 Ob 179/ 02 f). Für § 879 Abs 3 ABGB ist maßgeblich, dass die Zustimmungsfiktion zum Nachteil des Verbrauchers vom dispositiven Recht abweicht, indem sein Schweigen unwiderlegbar einen anderen Erklärungswert als nach dem Gesetz haben soll. Das kann nur dann zulässig sein, wenn ein sachlich ausreichend berechtigtes Interesse des Verwenders an der von ihm vorgeschlagenen Änderung besteht. In allen anderen Fällen kann der Verbraucher zwar nicht wirksam verpflichtet werden, der Änderung zu widersprechen. Gerade hier birgt die Klausel aber die Gefahr, dass sie den Verbraucher von der Verfolgung seiner Rechte abhält oder ihm unzulässige Pflichten auferlegt (4 Ob 28/01 y ua). Daran hat das ZaDiG nichts geändert: Zahlungsdienste-RL und §§ 28, 29 leg cit normieren Informationspflichten, regeln aber nicht, unter welchen Voraussetzungen die Klausel wirksam ist. Dass der auf den Erklärungswert seines Verhaltens hingewiesene Konsument aus freien Stücken und in ausreichender Kenntnis der wirtschaftlichen und rechtlichen Tragweite der Änderung schweigt, ist Fiktion. Der Großteil der Verbraucher setzt sich von vornherein nicht mit derartigen Änderungsangeboten auseinander, weil er davon ausgeht, „die Änderung werde schon ihre Ordnung haben“. Aber auch von jenen Konsumenten, die die Änderung näher überprüfen, widersprechen erfahrungsgemäß nur sehr wenige, weil damit erheblicher Aufwand und Ärger verbunden wäre: Man müsste schriftlich und zweckmäßigerweise eingeschrieben widersprechen und dann einen neuen Vertragspartner suchen, weil im Normalfall die ordentliche Kündigung durch den Unternehmer folgt. Zustimmungsfiktionen laufen daher in der Praxis trotz Widerspruchsrechts auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinaus. Daraus folgt ein gleichwertiges Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Die vorbehaltenen Anpassungen des ursprüngli-
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chen Preis-Leistungsverhältnisses müssen daher mE in gleicher Weise wie bei „klassischen“ Preis-/Leistungsänderungsklauseln dem Grunde und der Höhe nach an ausreichend bestimmte Parameter gebunden sein und § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG entsprechen. Diese Bestimmungen sind zwar auf Zustimmungsfiktionen nicht direkt anwendbar, geben aber Aufschluss darüber, was der Gesetzgeber bei der formularmäßigen Begründung einer einseitigen Leistungs-/Preisänderungsbefugnis als unzulässig ansieht. Da § 6 KSchG ohnehin nur die Generalklausel des § 879 Abs 3 ABGB beispielhaft konkretisiert (744 BlgNR 14. GP 20 f), sind diese Vorgaben auch auf andere formularmäßige Preis- und Leistungsänderungsvorbehalte zu übertragen, die aus der Sicht des Unternehmers den gleichen Zweck erfüllen und mit denen aus der Sicht des Verbrauchers im Ergebnis die gleichen Risiken verbunden sind. MaW: ISd § 6 KSchG oder § 879 Abs 3 ABGB unangemessene einseitige Preis-/Leistungsänderungsbefugnisse können auch über den Umweg einer vertraglichen Zustimmungsfiktion nicht wirksam vereinbart werden (H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht [2011] § 308 Nr 5 BGB Rz 7). Z 45 Abs 3 ABB 2009 enthält nun überhaupt keine Parameter, aber die Absicht, sich auch weitreichendere Änderungen des PreisLeistungsverhältnisses vorzubehalten („Über die vorstehenden Abs 1 oder 2 hinausgehende Änderungen“). Dass die Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB nicht standhalten kann, ist daher wenig überraschend. Dafür muss man gar nicht – wie der OGH – die kundenfeindliche Auslegung bemühen, ließe doch der Wortlaut mangels jeglicher Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Einschränkung auch in einem Individualverfahren nur eine gesetzwidrige Auslegung zu. Für den Unternehmer mag es nützlich sein, sich eine flexible Änderungsmöglichkeit auszubedingen, die ihn am Markt rein nach seinen eigenen betriebswirtschaftlichen Erfordernissen agieren lässt. Diese Zweckmäßigkeit kann aber nie eine Rechtfertigung dafür sein, sich ohne Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Gegenseite und nur auf der Grundlage einer AGB-Klausel von eingegangenen Verpflichtungen zu befreien. Unangemessene Erschwernisse für den Unternehmer gehen damit nicht einher: Liegt ein sachlich ausreichend berechtigtes Änderungsinteresse des AGB-Verwenders vor, steht die „Zustimmungsfiktion“ weiterhin auch für Preis- und Leistungsänderungen zur Verfügung (Änderungen vertraglicher Nebenpunkte sind ohnehin nicht betroffen). Ansonsten kann der Unternehmer nicht unsachlich beschwert sein, wenn er die ausdrückliche Zustimmung seiner Kunden zu der beabsichtigten Änderung einholen oder sie eben unterlassen muss. Geht man wie hier davon aus, dass auf derartige Zustimmungsfiktionen die für klassische Preis-/Leistungsänderungsklauseln maßgeblichen Vorgaben zu übertragen sind, sollte es dem Unternehmer auch nicht schwerfallen, die Klausel gesetzeskonform abzufassen. Thomas Haghofer, BMASK
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[PRO
& CONTRA]
Ein Schelm, wer Böses dabei denken könnte Die Erklärungsfiktion des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG nach 1 Ob 210/12 g VbR 2013/20
Alles wird teurer. Während der Greißler „am Eck“ dieser schlichten Einsicht durch Preiserhöhungen Rechnung tragen kann, tut man sich in Dauerschuldverhältnissen schwer. Im Massengeschäft Konditionen neu auszuhandeln wäre zu aufwändig und scheiterte meist am Desinteresse der Kunden. Die Wirtschaft braucht daher Mechanismen, um ohne aktive Zustimmung der Kunden eine Vertragsänderung zu bewerkstelligen. Eine Möglichkeit ist § 6 Abs 1 Z 2 KSchG (vgl zu § 6 Abs 1 Z 5 KSchG jüngst 3 Ob 107/11 y). Danach sind Klauseln unwirksam, wonach ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers (Schweigen) als Willenserklärung gilt (Zustimmung), es sei denn, er wird rechtzeitig darauf hingewiesen. Der Umkehrschluss liegt nahe; der OGH hat eine klassische – und nach Z 2 tadellose – Erklärungsfiktionsklausel jüngst (1 Ob 210/12 g) aber dennoch wegen gröblicher Nachteiligkeit nach § 879 Abs 3 ABGB und Intransparenz (§ 6 Abs 3 KSchG) gekippt, schüfe sie doch die Gefahr einer schrankenlosen Vertragsanpassung. Klar ist zunächst, dass das künftige Ergebnis einer Vertragsanpassung durch fingierte Willenserklärung der Inhaltskontrolle standhalten muss. Das beruhigte den OGH aber nicht, diese Argumentation verkenne nämlich „Sinn und Zweck des Verbandsprozesses“. Die Klausel sei aufzuheben, weil Vertragsänderungen, die durch sie bewirkt werden könnten, gröblich benachteiligend sein könnten. Die Prüfung wird also vorverlagert, wobei der Phantasie hinsichtlich schlimmer Klauseln keine Grenzen gesetzt sind: Ein Schelm ist nicht nur, wer Böses dabei denkt, sondern schon, wer künftig Böses denken könnte. Für den OGH folgt das aus der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung. Das erscheint fragwürdig. Die kundenfeindlichste Auslegung (vgl jüngst die Kritik bei Koziol, RdW 2011, 67) hat das Ziel, jene Auslegungsvariante zu wählen, die am ehesten ein Verbot der Klausel bewirkt. „Nur so kann der Zweck der Verbandsklage, nämlich die Sanierung des Rechtsverkehrs von unangemessenen Vertragsklauseln erreicht werden“ (Basedow in MüKo, BGB6 [2012] § 305 c Rz 34), was naheliegt, weil die ganz konkrete Gefahr droht, dass der AGB-Verwender zur für sich günstigsten und damit verbraucherschädlichsten Lesart greift. Diese Situation liegt aber bei der Erklärungsfiktion nicht vor, weil dabei ohnedies erst ein konkretes Änderungsanbot an den Kunden gehen muss, das dieser ablehnen kann. Wo der AGB-Verwender noch nicht einmal ins Versuchsstadium vorgedrungen ist, ja noch nicht einmal ein thoughtcrime (vgl „1984“) begeht, sind weder Bedarf noch Rechtfertigung gegeben, durch kundenfeindlichste Auslegung (im Übrigen nicht der inkriminierten Klausel, sondern der Phantasie des AGB-Verwenders für künftige Änderungsanbote) einzugreifen. Für eine solche Idee findet sich in der Lit soweit ersichtlich kein Vorbild und auch in der Rsp ist sie erst zaghaft obiter angeklungen (6 Ob 85/11 k). Inspiration war der BGH, der zur Parallelbestimmung des § 308 Z 5 BGB judizierte, dass die Beachtung der dortigen Formalitäten nicht die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB erspare (vgl Wurmnest in MüKo, BGB6 § 308 Nr 5 Rz 11). Allerdings hat sich diese Rsp an Extremfällen entwickelt, wie Rummel jüngst betont hat (Anm zu ÖBA 2012/1784): In NJW-RR 2008, 134 hatte der BGH die Sorge, dass ein Internetprovider den Vertrag geradezu
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„umkrempelt“, indem Anpassungen „nicht nur von einzelnen Details“ durchgeführt werden, sondern der „Essentialia des Vertrags [. . .] ohne dass eine Einschränkung besteht“. So könnte der Unternehmer „das Vertragsgefüge insgesamt“ umgestalten, „das Äquivalenzverhältnis [. . .] erheblich“ verschieben und damit die „Position ihres Vertragspartners [. . .] entwerten“. Die Sorge ist verständlich, aber: Beschränkte man die Erklärungsfiktion auf „peanuts“ (Rummel, ÖBA 2012/1784), wäre sie sinnlos. Nicht einmal das vom Gesetzgeber selbst gegebene (ErläutRV 744 BlgNR 14. GP 23) Schulbeispiel der Verlängerung befristeter Verträge wäre dann zu bewältigen, weil damit (unkündbare) Leistungspflichten für einen Zeitraum in der Zukunft geschaffen werden, zweifellos ein essentiale. Es steht zu befürchten, dass eine Einschränkung von § 6 Abs 1 Z 2 KSchG um „essentialia“ – was auch immer das in dem Zusammenhang bedeuten mag – das Leben von Banken, Versicherungen, Energieversorgern, Telekomanbietern unnötig schwer macht (vgl Csoklich/Foglar-Deinhardstein, JBl 2013) oder bei Bedarf von Vertragsänderungen – zB auch zur Anpassung an neue Gesetze – zur Massenänderungskündigung zwingt. Nur ein schwacher Trost ist, dass es dem OGH nicht darum geht, „jede Vertragsanpassung [. . .] auszuschließen“, denn wie eine transparente Gestaltung von Änderungsklauseln aussieht, die jede mögliche künftige Änderung schon in den AGB antizipiert und gleich auch einen Katalog an Änderungskriterien dafür gibt, verrät der OGH nicht. Der Hinweis, das müsse er auch nicht, weil das Sache des AGB-Verwenders sei, ist nur hinsichtlich der Formulierung der AGB richtig, die Fragen nach dem Anwendungsbereich, den der OGH § 6 Abs 1 Z 2 KSchG noch lässt, und generell der Auslegung einschlägiger Normen sind aber legitim und früher oder später zu beantworten. Dasselbe gilt für die durch die Entscheidung obiter geschaffene Unsicherheit über Schriftformvorbehalte: Von 7 Ob 216/11 g noch gebilligt, lässt der erste Senat die Frage nun explizit offen – keine leichte Aufgabe für den AGB-Verwender. Für Banken kommt ein weiterer Aspekt dazu: Seit einiger Zeit gibt es §§ 28 f ZaDiG, nach denen vereinbart werden kann, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung der Bedingungen als erteilt gilt, wenn er nicht rechtzeitig widerspricht (§ 28 Abs 1 Z 6 a), wobei der Zahlungsdienstnutzer obendrein – warum auch immer – den Vertrag noch kostenlos fristlos kündigen kann (§ 29). Die Norm ist Ausfluss der vollharmonisierenden ZahlungsdiensteRL (Art 44). Zu denken gibt dabei, dass zur deutschen Parallelbestimmung des § 675 g BGB gesagt wird (Casper in MüKo, BGB6 § 675 g Rz 2 f [8]), sie erfasse „jegliche Formen der Änderung“ und eine Zustimmungsfiktion, die diesen Anforderungen genügt, könne „nicht mehr nach § 308 Nr 5 [= § 6 Abs 1 Z 2 KSchG] der Inhaltskontrolle unterzogen werden, auch ist insoweit ein Rückgriff auf § 307 [= § 879 Abs 3 ABGB] gesperrt“. Wie sich § 879 Abs 3 ABGB zu dieser Vollharmonisierung verhält, wäre eine Frage, deren Klärung eher dem EuGH als dem OGH in der genannten Entscheidung obliegen würde. Martin Spitzer, WU Wien
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VbR
[L I T E R A T U R R U N D S C H A U ]
Für Sie gelesen VbR 2013/21
AGB-Recht Koch, Der OGH und die Banken-AGB, ÖBA 2013, 553
Der Autor setzt sich kritisch mit den E 8 Ob 49/12 g und 1 Ob 244/ 11 f auseinander, die mehrere Klauseln der Banken-AGB ua zu (Nach-)Besicherung und Konvertierung des Fremdwährungskredits sowie im Lichte des ZaDiG als gesetzwidrig ansahen, und verbindet seine Erörterungen mit konkreten Vorschlägen zur gesetzeskonformen Ausgestaltung der betroffenen Klauseln und einer allgemeinen Kritik am rigiden Verständnis des Transparenzgebots gem § 6 Abs 3 KSchG in der Judikatur des OGH.
Allgemeines Verbraucherrecht P. Bydlinski, Gewährleistungsrechtlicher Austauschanspruch nach mangelbedingtem Totalschaden, Zak 2013, 267
In 6 Ob 151/12 t bejahte der OGH den gewährleistungsrechtlichen Austauschanspruch des Käufers eines Motorrads, das nach einem Verkehrsunfall infolge einer zu schwach angezogenen Schraube des Schlauchbinders einen Totalschaden hatte. Der Autor geht in seinem Besprechungsaufsatz ua auf den sog Weiterfresser- oder Anlagemangel, den Maßstab für Verhältnis- oder Unverhältnismäßigkeit des Austauschaufwands und das – vom OGH bejahte – Erfordernis einer gesonderten Einrede des Beklagten ein.
Bankrecht P. Bydlinski, Haftung der Bank für Fehlberatung durch den Vertriebspartner? ÖBA 2013, 463 Leupold/Ramharter, Zurechnungsfragen beim arbeitsteiligen Vertrieb von Wertpapieren, RdW 2013, 445
In 4 Ob 129/12 t bejahte der OGH eine Zurechnung des selbständigen Beraters an die Bank unter Zugrundelegung der §§ 43 f VersVG schon bei ständiger Vertriebsbindung. Beide Besprechungsaufsätze
differenzieren für die Zurechnung nach unterschiedlichen Fallkonstellationen und gehen auf die Auslegung von § 43 a VersVG und seine Vereinbarkeit mit allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ein. Graf, Verjährungsrechtliche Probleme im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten mit Tilgungsträgern, ÖJZ 2013, 581
Der Beitrag behandelt die Verjährung von Schadenersatzansprüchen der Kreditnehmer wegen Fehlberatung über die besonderen Risiken bei endfälligen Fremdwährungskrediten mit Tilgungsträger. Nach Ansicht des Autors beginnt die Frist frühestens zu laufen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Kreditnehmer für die Rückführung der Kreditvaluta höhere Aufwendungen tätigen muss, als sie bei korrekter Beratung und Aufnahme eines Euroratenkredits entstanden wären. Wallner, Das Mysterium der echten Mitschuld, ÖBA 2013, 575
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Interzedenteneigenschaft „echter“ Mitschuldner. Der Autor lehnt eine diesbezügliche „Interzession kraft Regressrechts“ unter Verweis auf Wortlaut und telos von § 25 c KSchG ab.
Wohnrecht Pesek, Überlegungen zur Endausmalverpflichtung des Mieters, wobl 2013, 139
Anlässlich der fünften Klauselentscheidung des OGH (2 Ob 215/ 10 x) zur Unwirksamkeit von Endausmalverpflichtungen in Mietverträgen untersucht der Autor, unter welchen Umständen entsprechende Klauseln der Inhaltskontrolle standhalten. Zulässig ist seiner Ansicht nach ein Tarifwahlsystem, bei dem der Mieter eine reale Wahlmöglichkeit zwischen einem adäquat niedrigeren Mietzins bei Übernahme einer Endausmalpflicht und einem höheren Mietzins ohne Endausmalpflicht hat.
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Veranstaltungen & Seminare Seminarreihe Aktuelle Probleme des Wirtschaftsprivatrechts Ü Leitung: Univ.-Prof. Dr. Alexander Schopper Leopold-Franzens-Universität Innsbruck Auswahl: – 14. 10. 2013: Massenverfahren und Sammelklagen vor österreichischen Gerichten Vortragender: Mag. Peter Hadler, Präsident des HG Wien Diskussion mit: RA Dr. Alexander Klauser, Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH – 21. 10. 2013: Zustimmungsfiktion in AGB – Grundfragen und Folgeprobleme der aktuellen Judikatur Vortragender: Dr. Peter Kolba, Leiter Rechtsabteilung VKI Diskussion mit: Dr. Bernhard Koch, Raiffeisen Zentralbank Österreich AG, Bereich Legal & Compliance 32
– 16. 12. 2013: Auswirkungen aktueller EuGH-Judikatur zu den Gewährleistungsbehelfen auf das österreichische Recht Vortragender: Ass.-Prof. Dr. Wolfgang Faber, Universität Salzburg Diskussion mit: Univ.-Prof. Dr. Michael Ganner, Universität Innsbruck Freier Eintritt, im Anschluss Buffet
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HmayeraidmayerVerbundeneKtvredierträgetvert ht t p : / /www. l ? i s bn=9780 18955 &ut m _source=I n serat _medi m=App&ut m ai d K redi Fragestellungen und zum drittfinanzierten Geschäft manz.anz.at/listhtt.html?isbn=978-3-214-01895-5&utm__source=I source=Inserat&utm__medi medium=App&ut pp m__cont content=Textlink&utm__campai campaip gn=Buch-Haidmayer-y Verbundene-Kreditvert ver rägeg http://www.mmanzat Die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG brachte zahlreiche Neuerungen mit sich und list.html?isauch bn=978-3zu-214-einer 01895-5&utNeuregelung m__source=I source=Inserat&des utm__medi medi um=App&ut pp m__cont content=Textlink&utm__campai campaip gn=Buch-Haidmayer-y Verbundene-Kreditverträgeg http://www.mamanz.at/führte vieldiskutierten drittfinanzierten Kaufs in Form der list.html?isbn=978-3-214-01895-5&utm__source=I source=Inserat&utm__medi medium=App&ut pp m__cont content=Textlink&utm__campai campaip gn=Buch-Haidmayer-y Verbundene-Kreditverträgeg http://www.maanz.at/Darlehenskonstruktion. Die Autorin untersucht diese spannende Thematik und nimmt dabei nicht nur einen Vergleich list.html?isbn=978-alter 3-214-und 01895-5neuer &utm__source=I source=I nserat&utm__medi medium=App&ut pp m__cont content=Textlink&utm__campai campaip gn=Buch-Haidmayer-y Verbundene-Kreditverträgeg http://www.maanz.at/zwischen Rechtslage, sondern auch zwischen der österreichischen und der list.html?isbn=978-3-214-01895-Regelung 5&utm__source=I source=IdesnseratEinwendungsdurchgriffs &utm__medi medium=App&ut pp m__cont content=Textlivor. nk&utm__campai campaip gn=Buch-Haidmayer-y Verbundene-Kreditverträgeg http://www.mananz.at/schweizerischen http://www.manz.nnz.at/list.html?isbn=978-3-214-01895-5&utm_source=Inserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Haidmayer-Verbundene-Kreditverträge 2013. XXVIII, 170 Seiten. Br. EUR 35,– ISBN 978-3-214-01895-5
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Kellner
Der Rechtsbegriff der allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB Die Festlegung des Rechtsbegriffs der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist ein für die Praxis bedeutsames Thema: Damit werden die Weichen für den Anwendungsbereich der strengen AGB-Inhaltskontrolle gestellt, die die Gerichte alltäglich beschäftigt, nicht nur, aber auch in spektakulären „Klauselprozessen“. Das Buch nimmt sich dieser Weichenstellung in umfassender Weise an und geht daher auch auf die dogmatischen Grundfragen des AGB-Rechts ein. M ANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH tel + 43 1 531 61 100 fax + 43 1 531 61 455 bestellen@manz.at Kohlmarkt 16 ∙ 1014 Wien www.manz.at
http://www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_source=Inserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag http://www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_source=Inserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag http://www. _source=I &utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nseratMonographische www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nseratDarstellung http://www. _source=I &utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaider gn=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag http://www. _source=I &utm_medium=App&utm_contverbraucherent=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nseratneuen http://www. _source=I &utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nseratkreditrechtlichen http://www. _source=I &utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nseratBestimmungen http://www. _source=I www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag http://www. _source=I &utm_medi um=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nserat2012. XVIII, 298 Seiten. http://www. _source=I m978-3-214-00658-7 _medi59,– um=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_sou u nseratBr.ISBN&utEUR http://www.manz.at/list.html?isbn=978-3-214-00658-7 &utm_source=Inserat&utm_medium=App&utm_content=Textlink&utm_campaign=Buch-Pesek-Verbraucherkreditvertrag Pesek
Der Verbraucherkreditvertrag Die Verbraucherkredit-RL 2008/48/EG hat erheblichen Anpassungsbedarf im österreichischen Kreditrecht verursacht, dem der österreichische Gesetzgeber durch Schaffung eines Verbraucherkreditgesetzes (VKrG) Rechnung getragen hat. Der Autor widmet sich bei der Untersuchung dieser neuartigen Bestimmungen jenen Rechtsfragen, die sich zwischen Unternehmer und Verbraucher rund um den Abschluss eines Kreditvertrages ergeben und behandelt – stets unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben – viele praxisrelevante Probleme aus den folgenden Themengebieten: • Anwendungsbereich des VKrG • Werbung für Kreditverträge • Vorvertragliche Informationspflichten • Bonitätsprüfpflicht • Vertragsdokument • Rücktrittsrecht Über den Autor: Univ.-Ass. Dr. Reinhard Pesek ist Assistent am Institut für Zivilrecht der Universität Wien.
MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH tel + 43 1 531 61 100 fax + 43 1 531 61 455 bestellen@manz.at Kohlmarkt 16 ∙ 1014 Wien www.manz.at