GUEST
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DINNER # 4/ MUSICIAN
DINNER # 4 / COOK
mtt 7 DINNER # 5 / MUSICIAN
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foCus methoDs
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DINNER # 6 / MUSICIAN
DINNER # 7 / MUSICIAN
DINNER # 8 / MUSICIAN
DINNER # 6 / COOK
DINNER #7 / COOK
DINNER # 8 / COOK
Adrian Judt
MTT 7 Focus Methods Adrian Judt 3001461 Prof. Bernd Kniess
Re-Design Rotenhäuser Damm
Seite 06
Wilkommen im UdN Café
Seite 10
Let‘s Record
Seite 14
Session
Seite 20
Subjektivierung
Seite 26
Revisiting
Seite 32
Methodenindex
Seite 38
Bibliographie
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Vorabgabe HCU Rezeption (Wahrnehmen) Konzeption (Reflektieren) Projektion (Interpretieren) Forschungsfrage Motiv
relationale Standards
bauliches Szenario
Urban Living Ifau & JF
Architektur als Verhandlungsraum
Thesen soziale Wohnraumförderung
UdN Broschüre 4
Präsentation “Perspektiven Elbinseln”
Präsentation IUAV
Ausstellung CREDIT
Präsentation & Abgabe HCU
Re-Design Rotenhäuser Damm Ausgangspunkt für die gemeinschaftliche Masterthesis mit Maja Momic (MA IUAV) war der geplante Abriss der „Universität der Nachbarschaften“ (UdN). Die UdN, eine Kooperation zwischen der HafenCity Universität und Kampnagel im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA Hamburg) wurde als Endnutzung eines leerstehendes Gebäude konzipiert. Im Rahmen des INTERREG IV Programmes SEEDS wurde die UdN vom Lehrstuhl Urban Design der HCU realisiert und diente als Forschungsstation vielen Projekten, Workshops und Events aber auch Studierenden und Gästen als Lebensraum. Ihren Nutzungshöhepunkt erreichte die UdN im Präsentationsjahr der IBA Hamburg 2014, in dem alle der bisher stattgefundenen Nutzungen im „Hotel? Wilhelmsburg“ zusammen liefen und somit eine Expansion des Gebäudes unerlässlich machten. Mit der UdN im Ganzen und den temporären Anbauten im Besonderen wurde der Forschungsschwerpunkt „Wohnen als Praxis“ im realen 1:1 Versuch erprobt. Nach fünf Jahren angewandter Forschung näherte sich das Gebäude mit dem Ende des UdN Projektes seinem bevorstehenden Abriss. Zeitgleich wurde das Grundstück von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) als Potentialfläche für den Bau von circa 30 Wohneinheiten ausgewiesen. Somit fand das Grundstück wieder Einzug in die aktuelle Debatte um den Wohnungsbau in Hamburg. Die Motivation für diese Abschlussarbeit entstand während eines Bauworkshops in der Auseinandersetzung mit der Fragestellung, wie das an der UdN produzierte Wissen an diesem Ort wieder Anwendung finden könnte, anstatt in der Universitätsbibliothek in Vergessenheit zu geraten. Durch die Beteiligung an dem Projekt „Hotel? Wilhelmsburg“ und der allgemein schwierigen Wohnraumsituation in Hamburg lag die Eingrenzung auf das Thema „Wohnen“ nahe. Unter dieser inhaltlichen Rahmung wurde
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die UdN untersucht und in den Kontext der Lebenswelten der Nachbarschaft des Reiherstiegviertels gestellt. Anschließend wurden die generierten Erkenntnisse konzeptionell aufbereitet und in ein bauliches Szenario für das Grundstück überführt. Die Masterthesis konzentrierte sich im Rahmen der Urban Design Präsentation an der HCU im September 2013 insbesondere auf die Untersuchung der UdN und ihren lokalen Kontext. Anschließend wurde für die Abschlusspräsentation an der IUAV im Studiengang Architektur der konzeptionelle Entwurf unter einer Anpassung der Argumentationsstruktur detailliert ausgearbeitet. Dem eigenen Motiv folgend bestand weiterhin Interesse über die zukünftigen Entwicklung des Grundstücks Rotenhäuser Damm 30 informiert zu bleiben und nach Möglichkeiten zu suchen, an diesem Entwicklungsprozess beteiligt zu werden. An der UdN entstanden über die Jahre aktive Netzwerke aus der sich im April 2014 die Chance ergab, bei einem großangelegten Bürgerbeteiligungsprozess (Perspektiven für die Elbinseln) den Thesis-Schwerpunkt „Leben in Wilhelmsburg“ vorzustellen. Die dafür eigens herausgearbeiteten „Thesen zum Wohnungsbau“ wurden anschließend von der Arbeitsgruppe „Wohnen“ in das von ihnen erstellte Thesenpapier übernommen. Über die in der UdN entstandenen Kontakte ergab sich zudem der Dialog mit einer Baugruppe (likedeeler), welche sich für das freigewordene Grundstück interessierte. Auf Grundlage dieser vorangehenden Arbeiten wurde zudem eine Publikation konzipiert, welche die hinzugekommenen Shifts und Ergänzungen als vierte UdN Broschüre vereint. Diese Publikation diente bereits als Grundlage für ein offenes Gespräch mit Vertretern des Bezirks Hamburg Mitte und der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, um sich über die weitere Entwicklung am Rotenhäuser Damm 30 auszutauschen. Die verschiedenen durch die Masterthesis angestoßenen Projekte werden derzeit fortgeführt mit dem zu Beginn formulierten Anspruch, das an der UdN gewonnene Wissen in die weitere Entwicklung zu überführen.
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Wilkommen im UdN Café Es ist Sommer 2013. Auch in Hamburg, oder genauer gesagt an der Universität der Nachbarschaften auf der Elbinsel Wilhelmsburg. An diesem Sonntagvormittag scheint bereits kräftig die Sonne durch die Doppelsteg-Platten der Küchendecke. Nachdem wir als erste Amtshandlung des Tages den Kaffee aufgesetzt haben gehen wir in den angrenzenden Veranstaltungsraum und begutachten ob der gestrigen Abend halbwegs gesittet zu Ende ging. Auch wenn noch etwas Zigarettenrauch und Alkoholdunst in der Luft liegen, haben die anderen UdN Bewohner und die letzten Gäste alles ordentlich hinterlassen. Da fallen doch schon eher der Haufen von Feuerwehrschläuchen und Spanngurten oder die Industrienähmaschinen ins Auge, die eine studentische Arbeitsgruppe flüchtig mit Segeltuch abgedeckt hat. Auch die drei großen Tische und die gesamte nördliche Wandfläche, welche von Zetteln, Papieren, Unterlagen, Skizzen und Büchern übersät sind zeugen davon, dass dies kein gewöhnliches Wohnzimmer oder Partyraum ist, sondern das hier Studenten an unterschiedlichsten Projekten arbeiten. Für das Frühstück haben wir uns mit Freunden verabredet, mit denen wir gemeinsam das UdN Café organisieren. Um für die Teambesprechung beim Frühstück alles vorzubereiten, schrauben wir die große transparenten Paneele aus der Wand und öffnen die Küche zu der neu gebauten Terrasse. Mit zwei, drei Handgriffen wird das herumliegende Laub zusammengefegt und mehrere Tische in der Sonne platziert. Während wir bereits die zweite Ladung Kaffee in dem Bialetti-Kocher aufsetzten, kommen auch schon unsere Freunde durch den angrenzenden Park herüber. Da natürlich kein großer Plan zu Beginn des Projektes aufgestellt wurde heißt es jedes Wochenende aufs Neue „Was und wie wollen wir es dieses Mal machen?“. So sitzen wir beim Frühstück und überlegen uns wer einkaufen geht oder wie der Tresen aufgestellt werden könnte. Heute entscheiden wir uns für selbstgemachte Waffeln, da es nach dem ausgedehnten Frühstück doch schon etwas später geworden ist und wir befürchten, nicht rechtzeitig mit dem Backen fertig zu werden. An der Wand zwischen Küche und Veranstaltungsraum wird der große Tresen mit Geschirr und Getränken als Auslage angerichtet und mit frisch gepflückten Blumen aus dem Park dekoriert.
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Hinter dem Tresen schaffen wir eine Kochnische mit einem kleinen Tisch, auf dem die Zutaten, Schüsseln und das Waffeleisen ihren Platz finden. Beim Aufbau überlegen Maja und ich, wie wir die kniehohe Terrasse zugänglicher gestalten können. Es soll für Passanten deutlich werden, dass unsere Terrasse öffentlich zugänglich ist. Wir entscheiden uns daher dazu, noch schnell eine improvisierte Treppe aus Gehwegplatten zu bauen, während eine Freundin bereits die große Menütafel gut sichtbar neben unserer neuen Treppe positioniert und die heutige Auswahl in großen Lettern anschreibt. Trotz dieser Maßnahmen sind wir uns dennoch unsicher, ob nicht die drei Meter breite Kiesfläche und die Höhe der Terrasse eine zu große, auch visuelle, Barriere darstellen. Drei Minuten später werden aus dem Mobiliar der UdN zwei Sessel und ein Turnkasten so hergerichtet, dass auf der Kiesfläche eine angenehme Wohnzimmer Atmosphäre entsteht. Beim Aufbau haben wir uns dazu entschieden nur die Hälfte der Terrasse als Café herzurichten und die andere Seite als Arbeitsbereich für Maja und mich abzugrenzen. So haben wir die Möglichkeit beim Café mitzuhelfen und gleichzeitig beim Kodieren etwas von dem schönen Wetter zu genießen. Maja hat bereits unsere Unterlagen ausgepackt, die Notizen und Skizzen der letzten Tage nach unterschiedlichen Kategorien an einer Wand organisiert und damit begonnen, die heutige Anordnung der Gegenstände auf der Terrasse zu mappen. Während ich gegen halb drei die erste Schicht am heißen Eisen übernehme, haben sich bereits Gäste eingefunden. An einem Tisch sitzen zwei ältere Männer, die eine kleine Besprechung abhalten. Kurze Zeit später kommt vom Park her eine Studentin, die wie sich herausstellt, sich für ein Studium an der HCU interessiert und sich deshalb mal die UdN angucken möchte. Nach dem die erste Ladung Waffel gebacken ist, setzen wir uns mit der UD-Interessentin an den großen, raumteilenden Tisch und vermitteln, was wir unter der Bezeichnung „Urban Design“ verstehen. Und so kommen im Laufe des Tages immer wieder Gäste vorbei um bei einer Tasse Kaffee das bunte treiben im Park zu beobachten oder mit uns zu klönen. Diese Situation veranschaulicht wie der Aufbau(prozess) des Cafés aus reflektiertem Handeln erfolgte. Anschließend wurden diese Beobachtungen und Erfahrungen notiert und als Material für unsere Thesis aufbereitet. Zusätzlich wurden an diesem Tag die zusammengetragenen Informationen, das Rohmaterial, mit Freunden und Bewohnern diskutiert und somit weiter verdichtet.
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let’s ReCoRD Noch vor Beginn der Masterthesis kam während der Arbeit an einer Schlafkapsel für das „Hotel? Wilhelmsburg“ die Frage auf, was nach dem Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück passieren würde. Aus Gesprächen mit Maja Momic heraus entstand die Motivation, das in der UdN vorhandene akademische und implizite Wissen in die weitere Entwicklung des Grundstücks zu überführen. Gemeinsam mit Magdalena Maierhofer wurde ein Exposé formuliert, auf dessen Basis die Masterthesis zugelassen wurde. Im Kontext des Bauworkshops stellte sich die Frage nach den Potentialen der Universität der Nachbarschaften. Um einen Überblick zu erhalten wurden zunächst alle Projekte und Seminare katalogisiert. Überdies wurden die zum damaligen Zeitpunkt laufenden Veranstaltungen spezifischer betrachtet, um einen gesamten Überblick über die Bandbreite der Programme an der UdN zu erhalten. Die Notizen zu den unterschiedlichen Programmen, Teilnehmern, Zeiträumen und Arbeitsweisen wurden an einer Wand organisiert. In einem weiteren Schritt wurde dieses Rohmaterial im Sinne der Grounded Theory13 (Oertzen 2006) kodiert17. Aus diesen Kodes, zum Beispiel ‚Unterschiedlichkeit der Seminare’ oder ‚Vielzahl von Teilhabemöglichkeiten’ konnten die Inhalte und Strukturen der Programme und Seminare offen gelegt und hinsichtlich ihrer Wirkweisen auf den Bauprozess reflektiert werden. Zusätzlich wurden verschiedene Inputs15 von Lehrenden in den Kontext der eigenen Erfahrungen der Autoren gestellt. Durch wiederholtes Clustern7 und das Herstellen von Relationen in den Daten wurden anschließend weitere Kategorien gebildet6. Aus diesem Prozess heraus war es möglich die „Offenheit“ der UdN an den drei Parametern ‚wechselnde Programme’ (Vorlesung, Baumhäuser, Forschung), ‚verschiedene Teilnehmer’ (Praktikanten, Bewohner, Externe), ‚bauliche Veränderungen’ (Addition, Subtraktion, Cadavre Exquis) fest zu machen. Um eine Kategorie wie ‚Prozessoffenheit’ genauer beschreiben zu können
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und die verschiedenen Ebenen der Prozessoffenheit an der UdN zu differenzieren, musste ein Loop20 eingelegt werden: In der Arbeit traten wir einen Schritt zurück und reflektierten unsere Vorgehensweise, um mit den neuen Erkenntnissen weiteres Material zu generieren. Aus diesem ersten „Sampling-Prozess“27, wie es Christopher Dell (Dell 2009) nennen würde, entwickelte sich die Frage, wie sich strukturell offene Prozesse gestalten lassen. Bei genauerer Betrachtung des Systems der UdN zeigte sich jedoch, dass immer ein bestimmter Rahmen – zum Beispiel ein institutioneller (Universität), finanzieller (IBA, Stadt) oder programmatischer (Forschung) – gegeben war, in dem sich offene Prozesse auf unterschiedlichen Ebenen entwickelten. Uns wurde klar, dass unser Forschungsansatz viel zu weit gefasst war und dass unser Motiv25 nicht klar werden würde. Daher bedurfte es der Eingrenzung des Themenfelds. An diesem Punkt war es sehr hilfreich, den Blick von der UdN zu wenden, sich in einem weiteren Schritt zurück erneut unsere ursprüngliche Intention zu vergegenwärtigen. Durch den zukünftigen Abriss des Gebäudes stellte sich die Frage nach einer Neubebauung. In Hamburg und insbesondere in Wilhelmsburg hängt dies heutzutage immer mit der Frage nach Wohnungsbau zusammen. Durch die thematische Verknüpfung der Zukunft des Grundstücks als Wohnfläche und unserer persönlichen Teilhabe am UdN Alltag als Bewohner, entschieden wir uns für eine Eingrenzung der Forschung auf das Themenfeld „Wohnen“. Unter dieser Prämisse wurden die drei zuvor entwickelten Parameter zu den Kategorien ‚Programm - Architektur – Akteure’ weiterentwickelt, um mit dieser neuen Fokussierung auf die aktuelle Situation an der UdN besser zu reagieren. Ausgehend von dem Programm „Wohnen“ wurden die architektonischen Charakteristika und die involvierten Akteure durch Beobachtungen34 und Mappings21, offene Befragungen16 und schließlich unsere aktive Teilnahme am Alltag der UdN3 untersucht. Die Katalogisierung17 der Ergebnisse und deren In-Beziehung-Setzung mit den zuvor
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entwickelten Kategorien machte deutlich, dass es eine hohe Anzahl von Überlagerungen und unterschiedliche Konfliktlinien in der UdN gibt. Die Auflistung der Formate in denen die Akteure involviert waren zeigte, dass die eigentlichen Aushandlungsprozesse nicht in den Schlafräumen stattfanden, sondern viel stärker in den anderen Räumen zu Tage traten. Außerdem ergaben sich viele Überschneidungen mit anderen Akteuren, die auch an der UdN aktiv waren, dort aber nicht wohnten. Diese Konflikte und Aushandlungsprozesse zwischen den verschiedenen Aktivitäten ließen sich sowohl räumlich als auch funktional ausmachen und erlaubten eine Unterscheidung der UdN in öffentliche und private Bereiche. Diese Reflexion zeigte uns, dass der Katalog um diejenigen Akteure, die nicht an der UdN wohnten, erweitert werden musste. Nur so konnten die konfliktreichen Bereiche, in denen sich viele Aktivitäten überlagern näher bestimmt werden. In einem weiteren Loop20 ließ sich ergänzend dazu feststellen, dass die Möglichkeit der Nutzungsmischung mit ihren Konflikten und Aushandlungsprozessen ein essentieller Bestandteil der anfänglich untersuchten Prozessoffenheit waren. Über diese Feststellung konnte für die weitere Untersuchung die Forschungsfrage12 genauer spezifiziert werden. Für die tiefergehende Betrachtung der ‚Überlagerung von Aktivitäten’ wurden die drei Hauptaktivitäten ‚Schlafen, Arbeiten, Kochen’ als Forschungsgegenstand definiert. Des Weiteren wurden die Kategorien angepasst und in eine reflexive Betrachtungsmethode überführt. Die verschiedenen Aktivitäten2 wurden jeweils unter den Parametern ‚Akteure – Aktivitäten – Räume’ reflektiert. So konnten an der UdN die Verbindungen zwischen Menschen und Dingen (Latour 2007) und die daraus folgende Produktion von Raum (Löw 2001) herausgearbeitet werden. Durch die Unterteilung der unterschiedlichen Handlungsabläufe nach diesen spezifischen Kategorien konnten erste typische Gesetzmäßigkeiten abgeleitet werden. So wurde offen gelegt, nach welchen Mustern unterschiedliche Aktivitäten stattfanden und sich überlagerten.
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Um zu erfahren, ‚welche räumlichen Charakteristika diese hohe Vielfalt an koexistierenden Aktivitäten ermöglichen’, mussten wir die Fragestellung12 erneut weiterentwickeln25. Im Fokus dieser spezifischen Frage entschieden wir, vier ausgewählte Projekte im Spannungsfeld von ‚privaten und öffentlichen Bereichen’ analytisch auf den Gebrauch von Dingen zu betrachten. Das Hauptkriterium für die Auswahl der vier Projekte bestand darin, selbst direkt oder indirekt an den beteiligt gewesen zu sein. Zusätzlich sollte ein möglichst breites Spektrum von unterschiedlichen, an der UdN stattfindenden Veranstaltungen abgedeckt werden. Die Auswahl viel zum einen auf das zurückliegende Projekt „Baumhäuser 2012“, dessen Evaluation gerade abgeschlossen war und als aufbereitetes Material zur Verfügung stand. Als ein weiteres, bereits abgeschlossenes Projekt wurde das „Hotel? Restaurant“ ausgewählt. In dessen ausführlicher Dokumentation fanden sich die verschiedenen räumlichen Konstellationen und Aneignungspraktiken detailliert dargestellt. Hinzu kam der externe Workshop „Low-Budget Urbanity“, dessen Durchführung einen direkten Einfluss auf das Wohnen und Arbeiten an der UdN hatte und somit verschiedene Aushandlungsprozesse zwischen Bewohnern und Gästen verdeutlichte. Abschließend war das „UdN Café“ sehr wichtig. An ihm bereits gewonnene Erkenntnisse und Hypothesen direkt in einem 1:1 Versuch1 überprüft werden. Insbesondere die Schwelle zwischen privaten und öffentlichen Bereichen wurde hierbei zum zentralen Untersuchungsthema. Zusätzlich konnte durch teilnehmende Beobachtung Funktion des Cafés und seine Wirkung auf das direkte Umfeld untersucht und gleichzeitig offene Gespräche mit Nachbarn, Besuchern und Passanten geführt werden.
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session Einen wichtigen Teil der Forschung13 machte sicherlich das Teilnehmen am UdN-Alltag3 aus. Ob als Forscher, die Interviews16 führten oder die unterschiedlichsten Handlungen beobachteten und dokumentierten11. Aber auch als Mitbewohner in der UdN-Gemeinschaft mit all den gewöhnlichen Aktivitäten: gemeinsames Einkaufen, Feste feiern und hinterher wieder aufräumen. Aber auch für Ordnung sorgen, wenn die ganze Woche über viel los war, oder Schlafräume tauschen wenn eine externe Gruppe für mehrere Tage zu besuch kam. Und nicht zuletzt auch einfach mal wieder eine Gruppe von IBA Besuchern durch das Gebäude führen. Ebenso wichtig war aber auch der Arbeitsplatz in der Universität am Standort Averhoffstraße. Durch die Permanenz eines stetigen Arbeitsortes konnte hier eine Bibliothek19 anlegt werden und es bestand genügend Platz verschiedenen Modelle23 zu produzieren und zu lagern oder auch alle Präsentationen und Notizen der Besprechungen mit unseren Betreuern aufzubewahren. Dadurch hatten wir hier den Überblick über das gesamte Projekt: die UdN Forschung, theoretische Inputs, Best-Practice-Katalog und ähnliches. Nur durch diesen kontinuierlichen Zugriff auf die verschiedenen Daten konnten die unterschiedlichen Ebenen der Thesis miteinander verknüpft und das Material weiter entwickelt werden36. Auf dem Flur der Etage bestand die Möglichkeit alles Material an die Wand zu bringen und für mehrere Wochen hängen zu lassen, was an der UdN so nicht möglich war. Das Arbeiten an der Wand4 war ein wichtiges Werkzeug um die erhobenen Daten anhand der Parameter ‚Funktion, Form und Struktur‘ zu sampeln und neu zu strukturieren. Zudem konnten neue Erkenntnisse ergänzt und das Material immer wieder geremixt werden, um verschiedene Zuordnungen zu testen und wieder zu verwerfen28. In diesem Prozess des Samplings27 wurde deutlich, wie wichtig die mediale Aufbereitung des vorhandenen bzw. gewonnenen Wissens ist, um es verständlich zu machen und weitere Verknüpfungen zu ermöglichen. Zu den verschiedenen Methoden der visuellen analytischen Aufbereitung gehörten beispielsweise Skizzen29, Map-
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pings21, Kataloge17, Graphendarstellungen, Collagen, technische Zeichnungen33, Timelines37 und Diagramme8. Durch diese Gestaltungsarbeit, also die Kunstfertigkeit (Smith 2005) bzw. der improvisatorischen Praxis (Dell 2009) der Anwendung unterschiedlicher Analyse- und Samplingmethoden, wurde der UdN Alltag künstlerisch-wissenschaftlich untersucht. So wurden die Strukturen und Ordnungsprinzipien der UdN lesbar und für das weitere Vorgehen anschlussfähig gemacht oder konnten als Meta-Sample22 Katalog gesammelt werden. Gerade der stetige Wechsel zwischen der Averhoffstraße und der UdN ermöglichte eine Aktionsforschung nach Kurt Lewin (Kromrey 1998), mit der das gewonnene explizite Wissen (Polanyi 1958) wieder real1 überprüft werden konnte: eine Schlafkapsel ausmessen, ausprobieren ob der benötigte Stauraum ausreicht oder einfach noch einmal am Alltag teilhaben und auf bestimmte Handlungsmuster achten. Als weitergehenden Schritt könnte man Teile dieses Prozesses auch mit dem SECI-Modell nach Nonaka und Takeuchi (Capurro 2000) beschreiben. Das implizite Wissen des UdN-Alltags wurde dokumentiert11, anschließend in der Session28 in akademisches Wissen überführt und so aufbereitet und verinnerlicht, dass es als neues implizites Wissen wieder an UdN-Akteure weitergegeben wurde. An dieser Stelle sei festzuhalten, dass dieser Prozess nicht geplant war und sich erst im Nachhinein feststellen ließ. Rückblickend lässt sich somit sagen, dass für diese Art des offenen Vorgehens und der eingeschränkten Zeit der Forschung, die Form der offenen Gespräche und die aktive Teilnahme am Geschehen24 weitaus informativer und effektiver waren als die Versuche über Leitfaden-Interviews. Durch diese reflexive Praxis14 (Dell 2009) konnten die Kontextebenen genauer definiert werden. Zum einen wurde die quantitative Ebene der aktuellen Debatten zum Wohnungsbau in Hamburg herangezogen und in den Kontext nationaler und internationaler Tendenzen von Lebensstilen und Wohnformen gestellt werden. Als Grundlage für diese ergänzende Forschung dienten verschiedene Statistiken aber auch die stichprobenartige
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Auswertung von Wohntrendreporten und aktuellen Artikeln in gängigen Print- und Digitalmedien19. Zwischen den Ebenen der numerischen Daten und des politischen Diskurs sowie der praktischen Forschung an der UdN lag das städtische Umfeld Wilhelmsburg. Da eine umfangreiche Untersuchung des Stadtgebietes30 im Rahmen dieser Masterthesis nicht möglich war, wurde zum Teil auf bereits durchgeführte Untersuchungen und Publikationen zurückgegriffen19. Durch die Internationale Bauausstellung und natürlich die UdN als Ausgangspunkt vieler Forschungsarbeiten der HCU stand eine extreme Materialvielfalt zur Verfügung. Daher war eine thematisch Eingrenzung bei der Arbeit mit dem vorhandenen Datensätzen sehr wichtig. Aufgrund der Thesen zu den sich weiter ‚ausdifferenzierenden Lebensstilen’ auf der einen Seite und der ‚Überlagerung von Aktivitäten’ auf der Anderen lag eine Fokussierung auf das Thema der ‚Kosmopolis / Open City’ und die ‚Lebenswelten der Wilhelmsburger’ nahe. Aus der Untersuchung der vorhandenen Arbeiten, der eigenen langjährigen Erfahrungen10 und anhand ergänzender Gespräche mit Nachbarn und Gästen der UdN, entwickelte sich schnell die Annahme, dass die aktuellen Planungsrichtlinien in Diskrepanz zu den gelebten Realitäten des Wilhelmsburger Alltags stehen. Mit dieser Hypothese wurden auf Quartiersebene abstrahierte Nutzungsszenarien32 erarbeitet, die sich aus einer monofunktionalen Bebauung des Grundstücks entwickeln würden. Bereits für diese Szenarien bauten wir konzeptionelle Modelle23, da darüber insbesondere für Nicht-Architekten, das Verständnis über Dimensionen und Auswirkungen von unterschiedlichen Gebäudetypologien35 erleichtert wird. Im weiteren Verlauf der Arbeit wurde deutlich, welchen entscheidenden Einfluss die Bautypologie sowohl auf die privaten und öffentlich zugänglichen Bereiche des Grundstücks, als auch auf die Flexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten der Grundrisse hat. Daher war es wichtig von der abstrakten Ebene in einen klassischen Maßstab (1:1000, 1:500) zu wechseln, der wichtige Aussagen über die Wechselwirkungen zwischen der Gebäudetypologie und dem räumlichen Umfeld erlaubt. Auch im weiteren Verlauf blieb der Modellbau eine wichtige Methode. Die
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anschlieĂ&#x;ende Standardbildung31 (Ifau et all 2011) im Entwurfsprozess erfolgte sowohl im kleinen MaĂ&#x;stab (1:200, 1:50) als auch weiterhin direkt 1:1 an der UdN. Diese Kombination erlaubte gerade in der Ausdifferenzierung der architektonischen Gestaltung, die Schnittstellen zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Bereichen spezifischer zu definieren.
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suBJektiVieRung Christopher Dell beschreibt in seinem Essay „PostContent“ Subjektivität als Art und Weise wie man Elemente miteinander in Verbindung bringt. Auf die Masterthesis bezogen entspräche dies der Session26 als Meta-Arbeit22 um die gesammelten Daten und verschiedenen Einflüsse miteinander zu verknüpfen und für die Weiterverarbeitung zu organisieren. Während der Arbeit gab es immer wieder Rücksprachen und Konsultationen mit den Betreuern der Thesis, die jeweils eine andere Perspektive auf das Projekt hatten. Da Prof. Kniess als Studiengangsleiter Urban Design direkt in der UdN involviert war, galt sein Input vor allem dem Themenfeld ‚Wohnen als Praxis‘ mit einem Fokus auf den ‚minimalen Privatraum’. Als zweiter Betreuer war Prof. Fezer zwar nicht an der UdN direkt beteiligt, kannte jedoch die UdN durch eigene Besuche und regte dazu an, mehr über die ‚Aushandlungsprozesse’ der verschiedenen Nutzungen zu erfahren. Als dritten Betreuer nahm Prof. Longhi aus Vendig eine Außenperspektive ein und half dabei uns nicht in der UdN zu verlieren, sondern auch den Kontext Wilhelmsburg mit dem Fokus der ‚Kosmopolis / Open City’ nicht außeracht zu lassen. Diese Kritiken und Gespräche halfen dabei die Forschungsfrage zu spezifizieren12 und insbesondere eine eigene Haltung zu formulieren. Durch die Verknüpfung der Inputs mit den drei Ebenen (Global, Hamburg, UdN) der Forschung konnte erst das eigene Leitmotiv - aus den Potentialen der UdN eine neue Form des „gemeinschaftlichen Wohnens“ (Living Together) zu entwickeln. Das heißt „Wohnen“ im Sinne von „aktiv sein“, also keine funktionale Trennung. „Gemeinschaftlich“ im Sinne der „Kosmopolis“, einer vielfältigen Gesellschaft - entwickelt werden. Zu den strukturellen Parameter ‚Funktion, Form und Struktur‘ kam somit noch die eigene Positionierung als ‚Vektor‘ hinzu, welche die Methodik der Subjektivierung in der Forschungsarbeit deutlich hervorhebt. Daher sollte nicht einfach mit einer Auswertung abgeschlossen werden, sondern die Erkenntnisse in ein bauliche Szenario9 überführt werden. Die-
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se Designforschung ermöglichte eine weitere Reflexionsebene und verknüpfte die Arbeit wieder mit der allgemeinen Diskussion zum Wohnungsbau (in Wilhelmsburg). Erst durch das bauliche Szenario32 wurde deutlich, welche Varianz an Möglichkeiten in dem aufbereiteten Material steckt und gerade diese gestalterische Intervention das Subjektive (Dell 2009) dieses Design-Research-Prozesses öffentlich machte. Somit wurd die Arbeit bewusst inhaltlich angreifbar, doch die Methodik des improvisatorischen Vorgehens14 ermöglicht es, alle Entscheidungen aus dem Material und der eigenen Position (in einem politischen / wissenschaftlichen Diskurs) heraus begründen zu können. Rückblickend auf die ersten Forschungsfragen der Thesis kam die Idee auf, den architektonischen Entwurf als offenen Prozess unter Beteiligung der UdN Netzwerke zu entwickeln. Die Gespräche und Interviews16 mit den Akteuren aus Wilhelmsburg zeigten eine hohe Bandbreite von Bedarfen und Wünschen für das Grundstück auf. Allerdings wurde schnell klar, dass diese Vorgehensweise nicht nur im wissenschaftlichen sondern vielmehr im ethischen Sinne fragwürdig sein würde. Die Implementierung eines partizipativen Entwurfsverfahrens über wenige Wochen innerhalb eines studentischen Projektes würden den Beteiligten nur suggerieren, einen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung zu haben. Ohne jegliche Umsetzungskompetenzen wäre dieser Einfluss aber faktisch nicht vorhanden. Es würde eine Schein-Partizipation entstehen, mit der Hoffnungen geweckt werden würden, denen diese Arbeit nicht gerecht werden könnte. Da somit diese Idee verworfen werden musste, galt es eine Entwurfsstrategie zu entwickeln, welche die ‚Erkenntnisse der UdN’ mit der Ebene ‚Leben in Wilhelmsburg’ und dem ‚allgemeinen Kontext’ verknüpfen konnte. Ausgehend von dieser Setzung ermöglichte ein Schritt zurück20, zu dem aus der Arbeit heraus entstandenen Motiv „Living Together“ und dem Begriff der ‚strukturellen Offenheit’ als Meta-Sample den entscheidenden Shift. Somit konnte festgelegt werden, eine Architektur gestalten zu wollen, die aneignungsoffene Räume für noch unbekannte Bewohner schafft und Aushandlungsprozesse auf unterschiedlichen Ebenen zulässt.
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Aus diesem Grund viel die Entscheidung darauf, zunächst auf einer abstrakten Ebene, frei von realen Akteurs- und Nutzungsbeziehungen zu arbeiten. So war es möglich relationale Standards31 zu gestalten, welche anschließend in einen Gebäudeentwurf9 angewandt werden konnten. Unter dem Motto „Ignore Everything“ wurden die verschiedenen Ebenen der Mastherthesis zusammen gebracht. Aus der 1:1 Forschung „Wohnen als Praxis“ an der UdN, den reflexiven Studien zum ‚Leben im Reiherstiegviertel’ sowie den allgemeinen Frage nach ‚Wohntrends und der Diversifizierung von Lebensstilen’ wurden unter Berücksichtigung theoretischer Inputs allgemeingültige Aussagen entwickelt. Großen Einfluss auf unsere gestalterische Reflexion hatten beispielsweise „Buildings in Motion“ (Latour 2008) oder „A Pattern Language“ (Alexander 1977) und die partizipativen Architekturen der (Post-)Strukturalisten oder realisierten Bauten wie das Kapsel-Hotels des japanischen Architektens K. Kurokawa. In diesem Prozess der Standardbildung31 wurden manche der zu Beginn erkannten Potentiale (Meta-Samples) der UdN wieder aufgegriffen und architektonisch übersetzt. Anschließend erfolge durch ein Reassembling / Re-sampling26 (Dell 2009) der prototypischen Strategien die Bildung situativer Standards für den spezifischen Kontext am Rotenhäuser Damm 30. Die Standardbildung und das darauffolgende Reassembling erlaubten ein System von Zusammenhängen zu generieren, welches sich auf unterschiedlichen Ebenen verknüpft, aber in dem sich einzelne Teile austauschen lassen, ohne das die gesamte Struktur zerstört wird. Diese Struktur macht die Robustheit von Architektur aus, da Umwidmungen und Umwandelbarkeit mit eingeplant werden und so einem Gebäude Elastizität und Durabilität geben (Ifau 2011).
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Re-Visiting Bereits innerhalb der Projektarbeit wurde die improvisatorische Praxis14 (Dell 2011) deutlich. Doch insbesondere der weitere rekursive Prozessverlauf nach der Präsentation an der HCU ermöglichte verschiedene Perspektivwechsel und brachte der Arbeit inhärente Aspekte hervor, die erst durch erneutes Strukturieren und das Einbinden von weiteren MetaSamples sichtbar wurden. Im Rahmen des Urban Design Studiums war die Masterthesis als Forschungsarbeit angelegt. Doch durch die Zusammenarbeit mit einer externen Studentin und aus der eigenen Motivation heraus, galt von Beginn an der Anspruch, die Untersuchung in einen architektonischen Entwurf als weitere Ebene eines Design Research (Jonas 2004) Ansatzes zu überführen. Das bauliche Szenario ist somit als wichtiger Bestandteil der gesamten Forschung zu betrachten. Aus dieser Pesperktive gesehen bildet daher die Abgabe und die Präsentation an der HCU nur einen Zwischenstand ab. Bei genauerer Betrachtung unterteilte sich die Thesis an der HCU bereits in ein Abgabe der Forschungsdaten und in eine später folgende Präsentation. In der Zwischenzeit von einem Monat konnte das architektonische Konzept soweit vertieft werden, dass eine eigene Position aus dem Forschungsinteresse gebildet werden konnte. Die Präsentation fokussierte dementsprechend auch nicht die Analyseergebnisse sondern deren Übersetzung von der Standardbildung hin zu einem architektonischen Konzept. Die abschließende Abgabe umfasste vier Broschüren. Die erste thematisierte die Motivation und leitete über den allgemeinen Diskurs zum Wohnen direkt zu dem baulichen Szenario für das Grundstück. Das Heft II behandelte die Forschung an der UdN mit den Erkenntnissen der Nutzungsüberlagerungen und Aushandlungsprozesse. Der Kontext Wilhelmsburg und das Reiherstiegviertel inklusive der Szenarien und Typologieanalysen dienten im dritten Cahier als Überleitung zum ab-
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schließenden Heft. Broschüre IV brachte die vorangehenden Broschüren zusammen und leitete die einzelnen Schritte der Design Strategie aus den analytischen Arbeiten ab. Nach der Abschlusspräsentation eröffnete sich die Möglichkeit bei dem Büro Ifau & Jesko Fezer an einem Wettbewerb für Wohnungsbau in Berlin teilzunehmen. So konnte von der eigenen Thesis Abstand genommen aber dennoch an den selben Themen weiter gearbeitet werden. Dies erlaubte eine erweiterte Perspektive auf bestimmte Inhalte aus der realen Praxis des architektonischen Entwerfens. Während Anfang 2014 die gemeinsame Arbeit für die Ausarbeitung im Rahmen der Präsentation an der IUAV wieder aufgenommen wurde war klar, dass aufgrund der Komplexität der Inhalte nicht die gesamte Arbeit vorgestellt werden konnte. Es musste ein inhaltliches Kernthema fokussiert und stärker herausgearbeitet werden. Für diese Entscheidung traf es sich gut, dass zeitgleich die bisherigen Ergebnisse für eine Ausstellung auf zwei Plakaten zusammengefasst werden sollten. Diese extreme Reduktion auf den Aspekt ‚Architektur als Verhandlungsraum für alltägliche Aktivitäten’ half dabei, die anstehende Präsentation in Venedig zu strukturieren. Auf dieser Grundlage konnte für die Präsentation an der IUAV eine klare Argumentationskette erarbeitet werden, bei der verschiedene Inhalte bewusst außer Acht gelassen wurden. Dies hatte allerdings zur Folge, dass neben der Vertiefung des architektonischen Konzeptes auch andere Bereiche modifiziert und vor allem grafisch überarbeitet werden mussten. Der ‚Katalog Wilhelmsburg’ wurde auf die grundlegenden Informationen zur Elbinsel Wilhelmsburg reduziert um der italienischen Kommission den Einstieg in den Kontext zu erleichtern. Dafür wurden Statistiken visuell aufbereitet und ergänzt. Zudem wurde die geschichtliche Entwicklung der Elbinseln mit dem Fokus auf Bevölkerung, Migration und wichtige Ereignisse auf einen Zeitstrahl reduziert dargestellt. Um einen Übergang von Wilhelmsburg zum Forschungsschwerpunkt ‚UdN‘ zu
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schaffen, wurde die ‚aktuelle Planungsrealität‘ dem ‚Wandel der Lebenswelten’ gegenübergestellt und anschließend in die Szenarios für das UdN Grundstück überführt. Als Alternative dazu zeigte die ‚UdN als Casestudy’ Möglichkeiten für ‚gemeinschaftliche Wohnkonzepte’ und ‚Nutzungsüberlagerungen’. Das aus der UdN abgeleitete architektonische Konzept des Neubaus folgt den aus der Standardbildung entwickelten Kategorien Arten und Möglichkeiten der Teilhabe (A structure for negotiation), Diversität der Wohneinheiten (Housing for Everyone), gemeinschaftliche Bereiche (More than Housing), das bewohnte Gebäude (Meet the Residents), Benutzung und Aneignung (A Building in Motion). Kurze Zeit später erfolgte eine Anfrage aus dem UdN Netzwerk, als Experten für das Grundstück Rotenhäuser Damm 30 zu einer Sitzung der Arbeitsgruppe ‚Wohnen’ im Rahmen des Beteiligungsprozesses „Perspektiven für die Elbinsel“ beizuwohnen und Auszüge unserer Arbeit vorzustellen. Im Gegensatz zu den vorangegangen Präsentationen befanden wir uns hier in einem Spannungsfeld zwischen lokalen Interessensgruppen die sich für ihren Stadtteil engagieren. Somit konnte hier kein akademischtheoretische Herleitung vorgetragen werden, sondern die Grundhaltung der Arbeit beziehungsweise das Motiv musste anschaulich und aus dem lokalen Kontext heraus erläutert werden. Die Strukturierung der Präsentation fokussierte somit den ‚Katalog Wilhelmsburg’, um aus dem direkten Ortsbezug die zukünftigen ‚Wohntrends’ zu veranschaulichen und die aktuelle ‚Planungsrichtlinien kritisch zu Hinterfragen’. Damit in der fachfremden Gruppe lokaler Akteure nicht der Eindruck entstehen würde, dass bereits ein fertiges Gebäude geplant sei, war es notwendig den architektonischen Entwurf als allgemeingültige Thesen zu formulieren. So wurden in Anlehnung an die Präsentationstruktur in Venedig fünf Thesen zum Wohnungsbau in Wilhelmsburg entwickelt: günstiges Wohnen, Teilhabe an prozessoffener Planung, unterschiedliches Wohnen, Nachbarschaft, Mehr als Wohnen.
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Als vorerst letzte Etappe in der Arbeit mit dem Material steht die vierte Broschüre der UdN Reihe. Für diese Publikation am Lehrstuhl Urban Design wurde das gesamte Material erneut sortiert und aufbereitet26. Der strukturelle Aufbau dieser Broschüre entspricht in etwa der IUAV Präsentation, ist jedoch inhaltlich weitaus differenzierter gestaltet. Vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung bis zur heutigen Situation Wilhelmsburgs sowie zukünftigen Wohntrends werden die aktuellen Planungsregularien kritisch reflektiert. Anschließend wird eine Auswahl der in Wilhelmsburg vorzufindenden Alltagsrealitäten auf Grundlage zahlreicher Forschungsarbeiten und Untersuchungen der HafenCity Universität sowie der IBA Hamburg dargestellt. Es ergibt sich ein sehr heterogenes Bild eines sich stetig transformierenden Stadtteils, der prototypisch für die Stadtgesellschaft der Zukunft stehen könnte. Aus diesem Kaleidoskop von Vielschichtigkeiten sticht die UdN als modellhafte Assemblage hervor. Nach einem erneuten Sampling Prozess wird die UdN daher als Fallbeispiel einer spezifischen Alltagswelt genauer betrachtet. Aus dieser Analyse heraus werden verschiedene Erkenntnisse zu den Aspekten ‚Prozessoffenheit, Lagequalitäten, Aushandlungsprozesse und Aneignungspraktiken’ dargestellt. Abschließend werden die gewonnen Erkenntnisse konzeptionell aufbereitet und als relationale Standards lesbar gemacht, die mit sechs zusammenfassenden Statements zum Wohnungsbau korrelieren. Diese Thesen stellen abschließenden wieder den Bezug zum lokalen Kontext Wilhelmsburg und dem allgemeinen Diskurs zum Wohnungsbau her.
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methoDeninDeX 01 1:1 Forschung, die : Bauforschung; Entwickeln und umsetzen von Projekten; Konzept und Realisierung; Low Budget Projekt; Improvisation als Praxis. Im Rahmen des mehrsemestrigen Projektes Hotel? Wilhelmsburg konnten wir viele praktische Erfahrungen über das Minimum von Raumeinheiten erfahren und neu auftretende Fragen umgehend auf der Baustelle oder in der Benutzung des Hotels überprüfen. Zusätzliche entwickelten wir mit Kommilitonen zusammen das UdN Café, im Rahmen dessen wir die Relation zwischen öffentlich und privat durch unterschiedliche Anordnungen des Settings untersuchen konnten. Anwendungsbereiche: Record, Session
02 Akteur-Netzwerk-Theorie, die : Untersuchung materiell-semiotischer Netzwerke; Beziehung zwischen Menschen und Dingen; Verständnis von sozialen Beziehungen als sich permanent vollziehenden Handlungen. Gerade die zu Beginn der Thesis ausgewählten Schwerpunkte Akteure, Aktivitäten und architektonischer Raum beziehen sich auf das Verständnis des relationalen Raumgefüges in dem die Beziehungen zwischen Akteuren und Objekten eine wichtige Rolle einnehmen. Im fortschreitenden Verlauf der Forschung an der UdN gab uns die Auseinandersetzung mit der ANT wichtige Impulse zur Anpassung der Forschungsfragen auf der Ebene der spezifischen Handlungen und dem Gebrauch von Objekten von einzelnen Akteuren. So konnten die aufgedeckten Handlungsmuster in ihre Entitäten zerlegt und die Bedeutung der jeweiligen Handlung und der benutzten Objekte herausgearbeitet werden und führte so zu wichtigen Erkenntnissen für den weiteren Verlauf der Arbeit. Anwendungsbereiche: Record, Session 03 Aktionsforschung, die : empirische Forschung; Forscher als aktiver Akteur des zu untersuchenden Settings; Partizipation; Interaktion; Reflexion. Die UdN als bewohnbare Forschungsstätte war die Grundlage für unsere Entscheidung zur Bearbeitung des Forschungsinteresses. Uns war es wichtig in unserem Untersuchungsgebiet zu wohnen (und zu arbeiten) und in die alltäglichen Abläufe eingebunden zu werden. Zudem konnten wir so in vielen informellen Gesprächen wichtige Erkenntnisse gewinnen und Unklarheiten immer wieder überprüfen. Durch das Leben an der UdN und die Teilnahme an Seminaren und Veranstaltungen hatten wir darüberhinaus die Möglichkeit, neu gewonnene Erkenntnisse direkt in das Geschehen wieder einzubringen und so die Prozesse an der UdN mitzugestalten. Anwendungsbereiche: Record, Session 04 Arbeiten an der Wand, das : Material an die Wand bringen; Sortieren, Gruppieren; Kategorisieren. Aufgrund der hohen Dichte an Daten und Informationen war es hilfreich das gesamte Material an einer Wand zu strukturieren und im Verlauf der Arbeit immer neu zu organisieren. Durch die Gruppierung von Informationen und das Verbinden von Daten konnten Forschungsschwerpunkte herauskristallisiert werden und unbekannte Zusammenhänge veranschaulicht werden. Insbesondere in dem Übergang zwischen den Pha38
sen Session und Subjektivierung konnten die eigenen Interpretationen übersichtlich aus dem bereits vorhandenen Material abgeleitet werden. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung
05 Bedeutung aufwerten, in seiner : Daten in andere Kontexte Stelle; Querverweise ziehen; Eine andere Art der Betrachtung auf alltägliche Phänomene ermöglichen; Alltag durch Gestaltungsarbeit künstlerisch-wissenschaftlich untersuchen; Forschungsfragen weiter entwickeln; grafische Aufbereitung von Daten. Ein wichtiges Werkzeug in der Arbeit zwischen der Aktionsforschung an der UdN und den Sessions in der Averhoffstraße war die Aufbereitung der Daten. Aus der Beobachtung entstanden zunächst Tabellen, die wiederum durch zusätzliches Material zu Katalogen erweitert wurden. Deren Inhalte konnten anschließend in Netzwerkdiagrammen in Relation zueinander gestellt werden um Verknüpfungen aufzuzeigen und Schwerpunkte für die weitere Forschung zu entwickeln. Zusätzlich musste für die grafische Aufbereitung der Daten die spezifische Bedeutung des Materials im Kontext der gesamten Arbeit erneut reflektiert werden. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung 06 Bilden von Kategorien, das : Datenmaterial sortieren und strukturieren; Gemein-
samkeiten und Verknüpfungen herausarbeiten; Kodieren; Überschriften entwickeln. Neben der Anwendung beim Kodieren in der Forschungsphase der Arbeit war dieses Werkzeug auch bei der Entwicklung der relationalen Standards sehr wichtig. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung
07 Clustern, das : Material neu sortieren; Daten neu zusammenstellen; Kodieren; Ka-
tegorien bilden; Diese Methode hat sich über die gesamte Zeit bewährt. Zu Beginn trug die Arbeit mit dem Rohmaterial aus den Beobachtungen und Recherchen zur Anpassung des Forschungsinteresses und zur Vertiefung der Forschungsfragen bei. In den weiteren Phasen konnten durch die Cluster neue Bezüge und verbindende Elemente entwickelt werden, die schließlich Grundlage für die relationalen Standards wurden. Anwendungsbereich: Record, Session, Subjektivierung
08 Diagramm, das : abstrahierte grafische Darstellung; Veranschaulichung von Struk-
turen und Prozessen. Ein Schwerpunkt der Thesis lag auf der Untersuchung von Handlungsmustern innerhalb der UdN. Aus diesem Grund war die Überführung der Beobachtungen in Diagramme unerlässlich um Aussagen über die einzelnen Handlungen und innerhalb des räumlichen Settings zu erfahren. Zudem machte es die Anwendung von Diagrammen möglich, Prozesse und Strukturen zu vergleichen und in einen gemeinsamen Kontext zu stellen. Im weiteren Verlauf der Arbeit konnten die gewonnenen Erkenntnisse in mögliche Varianten und zukünftige Entwicklungen weitergedacht werden. Gerade die abstrakte Ebene der relationalen Standards und die Überführung in ein bauliches Szenario entwickelten sich aus der Arbeit mit diagrammatischen Verfahren und Darstellungen. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung
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09 Entwurf, der : städtebauliches Konzept; architektonisches Konzept; Nutzungskon-
zept; Programmierung; Neubau; Der Entwurf des Neubaus auf dem Grundstück bildet einen essentiellen Teil der Thesis. Erst durch die Abstraktion der Erkenntnisse in relationale Standards und deren anschließende Anwendung auf das Grundstück ermöglicht ihre Relevanz und Richtigkeit zu überprüfen. Zudem eröffnet sich durch den entwerferischen Umgang eine weitere Perspektive auf das Grundstück und seinen Kontext. Auch das aus der vorgefundenen Situation heraus entwickelte Konzept für die prozessuale Entwicklung des Gebäudes schärft den Blick auf die beteiligten Akteure und ihre Einbindung in die folgenden Prozesse. Anwendungsbereiche: Subjektivierung
10 Erfahrungshorizont, der : eigene Erfahrungen; eigenes Wissen; implizites Wissen. Die Auseinandersetzung mit den für die Masterthesis relevanten Themen in den Jahren während des Studiums waren wichtige Ergänzungen. Gerade das Kontextwissen zur UdN und den Stadtteil aber auch zu Architekturen und baulichen Konzepten waren wichtige Anhaltspunkte für die Forschung und Orientierungspunkte zu verschiedenen Stadien der Thesis und ihrer Nachbereitung zur UdN Broschüre. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung 11 Feldtagebuch, das : tägliche Notizen; Skizzen; Untersuchungen; Ideen; Memos
Während der gesamten Zeit waren unsere Feldtagebücher unsere wichtigsten Begleiter. Neben den Notizen und Skizzen zu den Beobachtungen und Interviews konnten durch die stetige Reflexion der vorangegangenen Schritte immer wieder neue Bezüge zu älteren Daten erkannt werden. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung
12 Fragestellung, die : Aus der Forschung heraus entwickeln; inhaltliche Auseinandersetzung mit bereits erhobenen Daten; Eingrenzung des Forschungsrahmens. Für uns war zu Beginn nicht klar, welche Bedeutung die Entwicklung der Forschungsfrage für unsere Thesis haben würde. Im Laufe des ersten Monats zeigte sich durch die Arbeit mit dem Forschungsgegenstand, dass die anfängliche Forschungsfrage an die neuen Erkenntnisse angepast werden musste. So veränderte sich langsam die Motivation und das Forschungsinteresse mit der spezifische Fragestellung in ihrem Untersuchungskontext. Anwendungsbereiche: Record, Session 13 Grounded Theory, die : systematisches Erheben und Analysieren von Daten; Auswertung qualitativ erhobener Daten; Theorieentwicklung; parallele Datensammlung mit Kodierung und Analyse; Kategorien bilden; Memos als Reflektion. Grounded Theory als Methodik war Grundlage unserer gesamten Forschungsarbeit. Hierbei haben wir uns jedoch nicht an die wissenschaftliche Anwendungspraxis gehalten sondern haben die Ideen der GT in unserem Forschungsfeld frei angewendet. Anwendungsbereiche: Record, Session
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14 Improvisatorische Praxis, die : Verfahrensstrategie; Überlagerung, Hybridität und Lokalität; Improvisation zweiter Ordnung; lernende Organisation; Situative Anwendung erlernter Forschungs- und Gestaltungspraktiken. Unter der Anwendung von unterschiedlichen Analyse- und Samplingmethoden haben wir den UdN Alltag künstlerisch-wissenschaftlich untersucht. Durch das rekursive und iterative Vorgehen konnten von uns die Strukturen und Ordnungsprinzipien der UdN lesbar und anschlussfähig gemacht werden, sodass wir unsere eigenen Interpretationen und Reflexionen in den Gestaltungsprozess einbringen konnten. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung 15 Input, der : Expertenvorträge; Gespräche mit Experten; Korrekturen mit Dozenten.
Der Input von Außenstehenden beziehungsweise von Experten war in unserer Arbeitspraxis extrem wichtig. Die zusätzlichen Informationen zu verwandten Themen, Inhalten und Projekten ergänzte unsere eigene Forschung und ermöglichte insbesondere mit den Kritiken und Kommentaren zu unserer eigenen Arbeit, uns in der Fülle von Daten nicht zu verlieren und unsere Forschungsschwerpunkte zu definieren und anzupassen. Gerade durch die Anregungen und kritischen Fragen zu unserer Arbeit haben wir gelernt einen eigenen Standpunkt als Gestalter in dem gesamten Prozess einzunehmen und diesen argumentativ zu festigen. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung
16 Interview, das : Leitfadeninterviews; offene Interviews; offene Gespräche.
Aufgrund der Schwierigkeit der Spezifizierung der Forschungsfrage und unserer direkten Einbindung im Forschungsfeld fokussierten wir uns auf offene Gespräche mit den lokalen Akteuren. Erst im weiteren Verlauf der Forschung konnten wir unser Material durch mehrere offene Interviews und einige Leitfadeninterviews ergänzen. Anwendungsbereiche: Record
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Katalog, der : systematisches Ordnen; gemeinsame Attribute entwickeln; Vergleichbarkeit schaffen; Art des Kartierens. Das bilden von Katalogen zieht sich durch die gesamte Arbeit und ist ein vielfältiges Tool welches sowohl in der Analyse als auch im Entwurf vorhandene beziehungsweise gestalteten Strukturen darstellt und lesbar macht. Aus den Katalogen konnten die jeweils folgenden Schritte logisch und nachvollziehbar entwickelt werden. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung
18 Kodieren, das : offene Kodierung: Kodes aus dem Material heraus entwickeln; Kategorien bilden - axiale Kodierung: Kategorien in Relation zu den Daten, Rohmaterialien und zum Untersuchungsgegenstand setzen; Kernkategorien entwickeln und prüfen - selektive Kodierung: Kernkategorien in Relation zu den Daten, Rohmaterialien, Untersuchungsgegenstand setzen; Schlüsselkategorien entwickeln und prüfen. Die Methode des Kodierens war insbesondere in der Anfangsphase der Masterthesis unabdingbar um das Forschungsinteresse genauer zu definieren und den Untersuchungsgegenstand besser einzugrenzen. Anwendungsbereiche: Session 41
19 Literaturrecherche, die : Zeitschriften; Bücher; Internet; Gespräche; Empfehlungen. Für unsere Arbeit war eine theoretische und ideologische Führung sehr wichtig. Insbesondere für die Methodik der improvisatorischen Praxis und der Aktionsforschung. Zudem war es wichtig viele archetektonischen Referenzen und im Hinterkopf zu haben und den Entwurf aus einer architektonischen Position heraus zu erarbeiten. Anwendungsbereiche: Record, Session 20 Loop, der : Einen Schritt zurück gehen; Material neu bewerten; Vorgehen an neue
Erkenntnisse anpassen. Das kontinuierliche Rückbeziehen auf die zuvor durchgeführten Schritte war grundlegende Praxis der gesamten Masterarbeit. Die Phasen Record, Session und Subjektivierung liefen größtenteils zeitgleich nebeneinander ab, sodass durch neue Erkenntnisse ständig die zuvor begonnene Analyse angepasst oder erweitert werden musste. Auch zeigte sich gerade in der entwerferischen Phase, an welchen Stellen die Forschung noch Lücken auf wies um die Argumentationsketten zu festigen. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung
21 Mapping, das : Bestandskarten erstellen; Beobachtungen skizzieren; Mental Maps erstellen; Bewegungsmuster darstellen; Akteursbeziehungen aufzeigen. Die Mappings der Beobachtungen in der Analysephase, aber auch die gestalterische Arbeit in den Sessions waren von großer Bedeutung für die Arbeit. Erst durch diese Visualisierungen konnten die gesammelten Informationen greifbar und für die weiteren Schritte verwendbar gemacht werden. Anwendungsbereiche: Record, Session 22 Meta-Arbeit, die : Übergeordnete Ebene; nicht direkt die Forschungsinhalte betreffend; produziert Material, welches an anderen Stellen oder zu einem späteren Zeitpunkt relevant werden könnte. Bereits zu Beginn der Thesis erarbeiten wir uns einen Meta-Katalog mit Referenzprojekten, die in der Entwurfsphase und bei der UdN Broschüre wieder relevant wurden. Genauso wurde während der Sessions viel Material produziert, welches als Meta-Samples zunächst zur Seite gelegt wurde. Später konnten wir auf diese Ausführungen zurückgreifen und in die verschiedenen Abgaben und Präsentationen wieder einarbeiten. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung 23 Modellbau, der : experimentelle Modelle; städtebauliches Modell; Detailmodell; 1:1000; 1:500; 1:50. Die Arbeit an und mit Modellen ist ein wichtiger Bestandteil sowohl der Forschung, als auch des sich daraus entwickelnden entwurflichen Szenarios. Das Bestandsmodell hat die Situation der UdN in ihrem räumlichen Kontext veranschaulicht und verschiedene Bezüge aufgezeigt. Über experimentelle Modelle konnten zudem mögliche Nutzungsszenarien auch fachfremden Akteuren aus der Nachbarschaft nahe gebracht werden. In der Entwurfsphase ist der Modellbau weiterhin eines der wichtigsten Tools um sich an die neue bauliche Struktur anzunähern. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung 42
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Qualitative Analyse, die : Beobachtungen; Gespräche; Interviews; Teilhabe am Alltag. Aufgrund unseres Vorgehen als Aktionsforschung haben wir von beginn an unsere Forschungen auf qualitative Methoden ausgerichtet. Gerade durch die strukturell offene Forschungsfrage erlaubte uns die qualitative Ausrichtung unsere Forschungsfrage an neue Erkenntnisse anzupassen und die Forschung im Rahmen der Grounded Theory durchzuführen. Anwendungsbereiche: Record
25 Rahmung, die : Forschungsmotiv setzt Untersuchungsrahmen; individuelles Interesse als Grundlage; Rahmung leitet durch das Projekt; Wissen darüber, dass andere Forschungsansätze und Ergebnisse möglich sind. In der Masterthesis musste die Rahmung zunächst aus dem anfänglichem Forschungsinteresse heraus entwickelt werden. So war von Beginn an klar, dass die Erkenntnisse aus der Analyse in ein bauliches Szenario übersetzt werden sollten, aber welchen spezifischen Fokus die Untersuchung legen sollte war zunächst nicht klar. Die genau Rahmung entstand erst aus der Forschung heraus. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung 26 Reassembling, das : Etwas wieder zusammensetzten; erneut zusammenfügen; neu
konfigurieren. Für die Umsetzung des baulichen Szenarios wurden die aus der Forschung abgeleiteten relationalen Standards neu kombiniert und zusammengesetzt. Für den spezifischen Kontext des Grundstücks mussten die Elemente angepasst und modifiziert und neue Schnittstellen entwickelt werden. Diese situationsspezifischen Ausführungen können als situative Standards benannt werden. Anwendungsbereiche: Subjektivierung
27 Sampling, das : Abfolge von wissenschaftlichen Handlungen; iterativer und rekursiver Prozess; Rohmaterial erheben; Session; Clustern; Kodieren; Kategorien bilden. Der Begriff des Samplings umfasst das gesamte Verfahren von der Datenerhebung über deren Verarbeitung bis am Ende des Prozesses neue Erkenntnisse. Die gesamte Forschung der Masterarbeit wurde nach dieser Arbeitsmethode durchgeführt. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung
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Session, die : Kombination und Anwendung verschiedener Methoden und Tools; Handlungsmuster entschlüsseln; Strukturen aufzeigen; erhobene Daten anwendbar machen. Die „Session“ als Meta-Arbeit diente dazu die Strukturen aus dem Handlungsverlauf offen zu legen und für weiteres Vorgehen zu Sampeln. In den Sessions wurden die grafisch aufbereiteten Daten an der Wand strukturiert. Dazu wurden Kataloge erstellt, Kodiert und Kategorien entwickelt. Durch diese Methoden konnte das Material in seiner Bedeutung aufgewertet werden und strukturelle Zusammenhänge erkannt werden. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung
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29 Skizze, die : Handzeichnung; reduzierte grafische Darstellung.
Ob im Feldtagebuch oder auf Zetteln an der Wand, Skizzen dienten uns dazu unsere Erkenntnisse aus den Beobachtungen und Gesprächen festzuhalten und sie für die weitere Arbeit aufzubereiten. Außerdem waren Skizzen die Grundlage um die Auswertung des Untersuchungsmaterials zu veranschaulichen und das konzeptionelle Vorgehen zu ermöglichen. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung
30 Stadträumliche Analyse, die : Beobachtung; Kartierung; Mapping; SWOT
Analyse. In diesem Fall fassen wir verschiedene Werkzeuge und Methoden unter dem Begriff der städtebaulichen Analyse zusammen. Neben den klassischen Analyseplänen habe wir insbesondere die Nutzung der angrenzenden Nachbarschaft, insbesondere dem Rotenhäuser Park, untersucht. Anwendungsbereiche: Record, Subjektivierung
31 Standardbildung, die : Interpretation und Weiterentwicklung von Erkenntnissen; macht eigene Positionierung sichtbar; allgemeine Annahmen entwickeln. Relationaler Standard: abstrahierte allgemeingültige Aussage; können nur in Relation zwischen Mensch und Umwelt realisiert werden; anpassungsfähig. Situativer Standard: situationsspezifisch entwickelter Standard; entsteht in Relation zwischen Mensch und Umwelt. Die in der Masterthesis entwickelten relationalen Standards stellen die Aufbereitung der Erkenntnisse aus der Untersuchung der UdN dar. Für uns war es sehr wichtig anstelle eines klassisch wissenschaftlichen „Fazits“ unsere eigene Interpretation mit einzubringen und für den nächsten Schritt, dass bauliche Szenario, aufzubereiten. Der Katalog der realtionalen Standards war somit unsere Gestaltungsgrundlage, aus dem wir für den nachfolgenden Entwurf kontextspezifisch remixen konnten. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung 32 Szenario, das : Modell einer Abfolge von möglichen Ereignissen; hypothetische Durchführung einer Sache; Beschreibung möglicher Entwicklungen; architektonischer Entwurf. Die Szenariotechnik wurde von uns als Verfahren angewendet, um extreme Entwicklungen des UdN Grundstücks und des Reiherstiegviertel darzustellen. Durch diese Methode konnten wichtige, die Entwicklung beeinflussende Parameter erkannt werden. Zudem war es uns von Beginn an wichtig, unsere gewonnenen Erkenntnisse in einem baulichen Szenario auf ihre Anwendbarkeit zu überprüfen. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung 33 Technische Zeichnung, die : Plandarstellungen; Grundrisse; Schnittzeichnung; An-
sichten; Perspektiven. Diese klassischen architektonischen Werkzeuge wurden die gesamte Arbeit über durchgängig angewandt. Zum einen als reine Visualisierung von Erkenntnissen, aber auch viel wichtiger, als Methode um Informationen zu erhalten, Zusammenhänge zu verstehen und wichtige Einschätzungen zu überprüfen. Anwendungsbereiche: Record, Session, Subjektivierung
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34 Teilnehmende Beobachtung, die : Feldforschung; qualitative Sozialforschung; In-
teraktion mit Akteuren. Die teilnehmende Beobachtung war eine unserer wichtigsten Forschungsmethoden mit der wir das Leben an der UdN und in der Nachbarschaft untersucht haben. Dabei sind wir weniger rein wissenschaftlich vorgegangen sondern haben uns in einer Aktionsforschung gesehen. Unsere Erkenntnisse haben wir kontinuierlich in unseren Feldtagebüchern notiert und mit verschiedenen Raumtheorien (Matrix-Raum, relationaler Raum) reflektiert. Anwendungsbereiche: Record
35 Typologische Studie, die : Gebäudetypologien; städtebauliche Typologien
Sowohl das gesamte Umfeld als auch wichtige Wohntypologien wurden während unserer Arbeit untersucht. So konnten wir die positiven und negativen Eigenschaften der Gebäudetypologien analysieren und diese in den Kontext der Nachbarschaft stellen. Diese Untersuchungen waren wichtig für die Anwendung der relationalen Standards in dem abschließenden baulichen Szenario. Anwendungsbereiche: Session
36 Verdichten von Material, das : Erkenntnisse und Wissen durch neue Beobachtun-
gen / Erfahrungen ergänzen; Material mit anderen Daten in Verbindung bringen; Strukturen und Muster erkennen; Material bewerten und interpretieren. Das Verdichten des Materials ist ein wichtiger Arbeitsschritt in dem Prozess des Clusterns und des Samplings. In diesem Prozess werden sowohl die Inputs, Theorien und Literatur als auch Referenzen und Kontextwissen in die Untersuchung eingebracht. In dieser Arbeitsphase generierten wir viel Material, welches wir jedoch zunächst als Meta-Samples zur Seite legten und erst in der Arbeit an der UdN Broschüre wieder aufnahmen. Außerdem entwickelte sich durch diese Methode unsere Position mit der wir das Material am Ende weiter gestalteten. Anwendungsbereiche: Record, Session
37 Zeitstrahl, der : Anordnung von Ereignissen oder Daten entlang einer zeitlichen Entwicklung. Dieses Werkzeuges eignet sich insbesondere dazu, die bedeutendsten Faktoren in der geschichtlichen Entwicklung unseres Projektgebietes zu veranschaulichen. Außerdem ist das Einbeziehen der zeitlichen Dimension in der Szenariotechnik ein wichtiges Hilfsmittel für die Setzung von Ankerpunkten und der realistischen Einschätzung eines Szenarios. Anwendungsbereiche: Session, Subjektivierung
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DINNER # 5 / RESIDENT
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DINNER #5 /
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