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38.Jahrgang • Mai 2024
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‘Spätere Umstellung auf Übersee-Zitrus erwartet’
Das COBANA-Salesteam
7 Unsicherer Start durch Mangel an Orangensaft-Konzentrat und eine veränderte Haltung der Regierung
10 Ausweitung der südamerikanischen Produktion soll künftige Versorgung sichern
14
Expanding South America Production
„Der neueste Schritt ist die Gründung einer vollwertigen Niederlassung in Polen“
Inhaber und Geschäftsführer Markus Schneider
16 Die Steinobstsaison 2024 beginnt in Spanien früher
19 Reichenau-Gemüse eG investiert in Bio-Süßkartoffeln
22 „Wir setzen auf Qualität und kurze Wege“
Asiatisches Gemüse wird populär
25 „Wir müssen die gesundheitlichen Vorteile weiter erforschen und die Menschen ermutigen, Avocados zu essen“
Johnathan Sutton, Westfalia Fruit
28 Trotz kritischer Stimmen gibt es viele Chancen für den niederländischen Gewächshausanbau
33 „Ich bin erstaunt, wie viele Expansionspläne die niederländischen Gewächshausanbauer noch haben“
Martin Scherpenhuizen
36 Vom Winterschlaf zur Beleuchtung: Europas Tomatengewächshäuser nehmen die Winterproduktion auf
38 „Als Day-Trader ist es unser Geschäft, die begrenzte Verfügbarkeit von Produkten zu ergänzen“
Philip van Geest, Van Geest International
40 „Wir exportieren von Hamburg bis München und von Köln bis Berlin“
Jonathan Vandesande, Frans Michiels Belgium
42 CourgetteRoyale geht neue Wege mit eigenem Verkauf
44 Midi-Gurke - von der Neuheit zum ausgereiften Produkt
Gemüsegärtner Stefan Scherzer
48 „Ohne heimische Produktion wäre Importware zwangsläufig teurer“
51 „Im Winter bauen wir auf doppelter Fläche an, um die deutsche Nachfrage zu decken“
John Grootscholten, Daily Fresh Radish
54 „Wir wollen zu den Überlebenden gehören“
107 „Für unsere asiatischen Kunden ist die Qualitätsgarantie äußerst wichtig“ 4 25 48 70 10 28 60
60 „In den ersten Jahren war alles möglich“
64 „Gurkenpreise in den ersten Wochen der Saison halb so hoch wie im Vorjahr“
Peter Fes, StC International
66 Der marokkanische Frühgemüsesektor übersteht eine facettenreiche Krise
70 „Wir setzen uns für den französischen Anbau ein, um gesunde, verantwortungsbewusste und lokale Lebensmittel anzubieten“
Sophie Thill, Les Paysans de Rougeline
74 Mit heimischen Gewächshaustomaten gegen Importe ankämpfen
77 Spinach 365®: Für ein ganzjährig gleichbleibendes Angebot und eine gleichbleibende Qualität von Spinat im Supermarkt
80 „Der Erdbeerabsatz hat sich letztlich ebenfalls zugunsten Griechenlands entwickelt“
Carsten Gogoll von der Bivano GmbH/Böhmer Frische GmbH
84 Neue lila Süßkartoffelsorte könnte US-Export nach Europa anheizen
86 „Im Grunde handelt es sich um eine weitere Unternehmenssteuer, mit der die Regierung die in den Aufbau der staatlich betriebenen BCP-Einrichtungen investierten Gelder wieder hereinholen will“
Mike Parr, PLM Seafrigo
89 „Aufgrund der Kapazitätserweiterung werden die Chancen auf den ausländischen Absatzmärkten steigen“ Fusion von Smits Uien und Mol Fresh Food
92 Entwicklungen im Bereich der vertikalen Landwirtschaft weltweit und in Berlin
96 „Sechs Cent mehr pro Kilo würden den Bananenanbau nachhaltig machen“
Manuel Laborde von Uniban
98 „Bisher haben nur zwei europäische Supermärkte die Fair-Trade-Methode als Maßstab für den Preis übernommen.“
José Hidalgo von AEBE
99 Sorge um die Sicherheit der ecuadorianischen Arbeiter Yelloway - eine Partnerschaft von Chiquita, KeyGene,
101 „Die Zukunft der Banane liegt in der genetischen Vielfalt“ MusaRadix und WUR
105 „Der Absatz ist immer noch in Bewegung, obwohl es Mitte April und das Wetter inzwischen wärmer ist“
Karlsson Port, Port International
Inhaltsangabe
80
Vakuumkühler bringt Gewürze von Taste Up in die ganze Welt
111 Neues Kühlhaus in Rotterdam ist nächster Schritt in der Kühlkettenintegration
A.P. Moller - Maersk
113 „Durch grenzüberschreitenden Anbau versorgen wir Deutschland mit lokalem Knollensellerie“
Paul Heemels, Heemels-Agro
114 Wie sieht die nächste Steinobstkampagne aus?
Raphaël Martinez, AOP Pêches et Abricots de France
116 „Für alle Produktgruppen, in denen wir tätig sind, sehen wir ein großes Wachstumspotenzial“
Ann Celen, Special Fruit
123 „Auch in Deutschland gibt es Chancen für unser Beerenobst“ Leo Klaassen, Limax
129 „Neue Sorte gleicht Arbeitsspitzen aus“ The Greenery über die Erdbeersorte Inspire
131 „Wir werden dem Markt und den Erzeugern zeigen, dass es tatsächlich möglich ist“ Roland Sweijen, Limgroup
135 „Auch der Handel ist aufgerufen, die Margen am Anfang nicht übermäßig hochzusetzen, sondern moderat anzufangen“ Simon Schumacher vom Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e.V.
139 „Rückläufige europäische Spargelanbauflächen erzeugen im Allgemeinen mehr Nachfrage als Angebot“ Will Teeuwen, Teboza
142 Trotz eines gewissen Rückgangs der Anbauflächen ist Spargel in Italien nach wie vor das wichtigste Erzeugnis
144 „Aufgrund des nassen Wetters verzögert sich der Spargelanbau um einen Monat“ Rick Mengers, ZON
147 „Wir streben aus Effizienz- und Kostengründen eine weitere Mechanisierung unserer Spargelproduktion an“ Mirko Tiemann von der Kirchdorfer Spargel & Beerenfrüchte GmbH & Co. KG
152 Big Data und AI zur Bestimmung des Reifegrads von Avocados, auch auf Verbraucherebene
Experience Fruit Quality und OneThird
157 „Bei der Wettbewerbsfähigkeit kann Robotertechnik den Ausschlag geben“ Lazy Foods testet Avocadolinien-Roboter von Kronen und Synergy
160 Geschichten an die nächste Generation weitergeben Ton Janssen
163 „Großmärkte sind Teil der Lösung und nicht des Problems“
167 „Nur mit einem neuen Commodity-Apfel können wir den Verbrauch steigern und die Branche voranbringen“
Obstveredeler Zouk
171 „Verlagerung vom ‘schmutzigen’ zum gesäuberten Produkt“ Xavier Meijers, Eussifruit
172 „Dank der bedeutenden und breiten Segmentierung im Tomatensektor sind einige Spezialitäten nicht von der Dynamik des Jahresanfangs betroffen“
Carmelo Salguero von Granada La Palma
176 „Jeder Kettenpartner, bis hin zum Verbraucher, bekommt vom Veredeler die gleiche Aufmerksamkeit“
180 Unvorhersehbarkeit spielt die Hauptrolle im Kühltransport
182 Stellt der zunehmende polnische Birnenanbau eine Bedrohung für die niederländische und belgische Branche dar?
185 „Wir sind in der Lage, unseren unmittelbaren Nachbarn innerhalb von ein bis zwei Tagen zu beliefern“
187 „Wir haben die Chance für eine grundlegende Revision nicht genutzt“
Steve Alaerts, Foodcareplus
192 Italienische Erdbeeren sind früher verfügbar als in der Vergangenheit
195 „Das sind Erfahrungen, die deinen Horizont erweitern und dich herausfordern, anders zu denken“
Maurice Beurskens und der Obst- und Gemüsehandel im Ausland
196 „Das Jahr 2023 endete positiv, und wir werden erst am Ende des Jahres sehen, wie das Jahr 2024 aussehen wird“
Die Exporte von Gartenbauprodukten nach Deutschland stagnieren
198 „Sollte die Frage nicht lauten, ob einige einge führte Sorten wieder verschwinden müssen?“
Nicolas Stevens, Better3Fruit
101 131 160 187 111 139 171 192 116 147 172 198 Onafhankelijk vakblad voor de agf-handel
Das COBANA-Salesteam zur Vermarktung von Exoten und Zitrus
‘Spätere Umstellung auf Übersee-Zitrus erwartet’
Aufgrund multipler Krisen und Herausforderungen gerät auch der globale Fruchthandel unter Druck. Insbesondere bei ÜberseeProdukten wie Avocados, Mangos sowie Zitrusfrüchten führen die Widrigkeiten zu Herausforderungen in der Warenbeschaffung und -logistik. Als Hauptlieferant und Servicedienstleister des deutschen und europäischen Lebensmitteleinzelhandels sieht sich auch das Hamburger Fruchthandelsunternehmen COBANA GmbH & Co. KG mit dieser Problematik konfrontiert. Das Salesteam sprach zu Beginn des zweiten Quartals mit uns über die aktuellen Marktentwicklungen im Bereich Exoten und Zitrus.
AVOCADO: MENGENDRUCK BEI MITTLEREN UND KLEINEN KALIBERN
Anfang April liegt das wöchentliche Gesamtvolumen von Hass-Avocados auf dem europäischen Markt bei etwa 5,0 Millionen Kisten. Die wichtigsten Herkunftsländer seien Peru mit mehr als
2,0 Mio. Kisten und Israel, berichtet Felix Sperl, Produktspezialist beim Unternehmen. „Die Mengen aus Israel sind jedoch etwas geringer als in den vergangenen Wochen, da sich die dortige Saison nun dem Ende zuneigt. Letzte Verladungen werden um KW 19 erwartet. Derweil
verschickt Brasilien in diesem Jahr rund eine halbe Million Kisten, was weit mehr ist als in den Vorjahren. Ferner sehen wir nun stark zunehmende Mengen aus Südafrika (insgesamt knapp eine Million Kisten), und auch Kenia sowie Tansania beteiligen sich mit insgesamt gut eine halbe Million Kisten am Geschehen.“
Aufgrund der Problematik im Roten Meer und alternativen Schifffahrtlinien über das Kap der Guten Hoffnung müsse man weiterhin mit längeren Transitzeiten (37 Tage bis Rotterdam) rechnen. Dennoch habe sich die Logistik in letzter Zeit stark verbessert, mit gesamten Transitzeiten von rund 50 Tagen. Sperl: „Dennoch stellen wir fest, dass sich die Situation nicht so schnell ändern wird, denn es finden inzwischen auch Angriffe im Indischen Ozean statt. Dementsprechend wird die wöchentliche Verla-
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Exoten
Avocadoplantage in Kenia
dung von kenianischen Hass-Avocados stellenweise unterbrochen und die Mengen sind nicht immer so konstant, wie sie ohne politische und logistische Probleme gewesen wären. Qualitativ betrachtet gibt es bei den peruanischen Anlieferungen überwiegend mittlere bis kleine Früchte (etwa 70 Prozent), gleiches gilt für die bisherigen Mengen aus Südafrika. Da die aktuellen Angebotsmengen überwiegend aus diesen beiden Herkunftsländern stammen, gehen wir zurzeit davon aus, dass der Druck auf die kleineren Kaliber kurz- bis mittelfristig anhalten wird. Mit dem nahenden Saisonende in Israel, schließen wir ebenfalls nicht aus, dass es bei den größeren Kalibern knapp wird.“
Sperl verweist ferner auf das Mengendefizit in der peruanischen Anbauregion Olmos, das im zweiten Quartal bei rund 30 Prozent liegen wird. „Auch wenn es kurzfristig zu einem Mengenrückgang käme, sehen wir längerfristig keine Warenverknappung in Peru, zumindest nicht in dem Ausmaß, wie wir es anfangs erwartet haben. Das liegt vor allem am starken Saisonstart in der Anbauregion Sierra. Wir dürfen schließlich auch nicht vergessen, dass es zurzeit auch in den USA eine hohe Nachfrage nach peruanischen Avocados gibt.“
MANGO: NORMALISIERUNG DES MARKTES ZEICHNET SICH AB Bei den Mangos blicke man auf eine äußerst schwierige Kampagne in Peru zurück, bilanziert Produktspezialist Mario López. Das sei nicht nur den geringen Mengen geschuldet, sondern auch den Qualitätsproblemen in diesem Jahr. Ersten Prognosen zufolge wird Brasilien in diesem Jahr mehr denn je zu Beginn die Sorte Palmer exportieren, im späteren Saisonverlauf gefolgt von der Keitt-Varietät. „Insgesamt ist die aktuelle Marktsi-
tuation bei den Mangos nicht besonders positiv. Sowohl aus Peru als auch aus Brasilien werden momentan sehr schwankende Qualitäten verladen und auch der Abverkauf gestaltet sich recht träge.“
GROWING PASSION
Im Gegensatz zu Peru seien die diesjährigen, klimatischen Einflüsse in Afrika relativ überschaubar gewesen, fährt López fort. „Es war sehr heiß und aufgrund des fehlenden Regens gibt es etwas mehr Früchte als im Vorjahr. Daher erwarten wir hier bis Mai eine gute, kon-
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Sortier- und Packstation für Mangos in Brasilien
Einblick in den Sortier- und Verpackungsprozess im Bereich Exoten
tinuierliche Versorgung. Zudem sind auch Länder wie die Dominikanische Republik sowie Costa Rica in der Produktion, sodass wir uns, was die Verfügbarkeiten angeht, weniger Gedanken machen. Wir gehen davon aus, dass sich die Preise in den kommenden Monaten auf ein normales Niveau einpendeln werden und der LEH diese Gelegenheit aller Wahrscheinlichkeit nach nutzen wird, um verstärkte Werbeaktionen zu fahren. Gleichzeitig erwarten wir einen steigenden Absatz, denn im Sommer ist die Mango vor allem in Deutschland eine sehr beliebte Frucht.“
ÜBERSEE-ZITRUS: SPÄTERE UMSTELLUNG AUF SÜDAFRIKA ERWARTET
Neben Mangos und Avocados haben auch Zitrusfrüchte aus Übersee bei der COBANA in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Aufgrund der guten Mengenverfügbarkeit wird die spanische Zitruskampagne im Gegensatz zum Vorjahr später beendet werden. Dementsprechend findet die Umstellung auf Übersee, vor allem bei Zitronen, aber auch bei Orangen, in diesem Jahr später statt, prognostiziert Henry Lührs, Salesmanager Übersee-Zitrus beim Unternehmen. „2023 hat es insbesondere bei Grapefruit und Orangen extrem viele große Kaliber gegeben und weniger normale bis kleine
Kaliber. In diesem Jahr erwarten wir hingegen eher normale bis kleine Größen aus Südafrika sowie Uruguay, was vor allem an der mengenmäßig üppigen Ernte liegt.“
In den Frühgebieten Südafrikas (Mpumalanga, Limpopo) hat die Grapefruit-Ernte nun begonnen und die ersten Container seien bereits auf dem Weg nach Europa, so Lührs. Der Wechsel von Europa auf Übersee wird voraussichtlich Mitte Mai stattfinden. „Aufgrund von ausgiebigen Niederschlägen läuft die Grapefruit-Ernte allerdings schleppend an. Zu Beginn werden immer erst die Früchte inmitten des Baumes gepflückt, da diese als erstes Farbe bekommen. Außerdem sind genau diese Früchte im Durchschnitt auch größer als die, die an der Außenseite des Baumes wachsen. Diese Früchte fallen eher kleiner aus, weshalb wir im Vergleich zu den Vorjahren mit mehr Früchte in der Sortierung 50/55 rechnen. Das wird sich am europäischen Absatzmarkt dann vor allem bei den Verladungen ab Ende Juni bemerkbar machen, da vorher großteils die innenliegenden Früchte verschifft werden und sich die europäischen Märkte vorwiegend auf die Kaliber 35/40/45 konzentrieren.“
Darüber hinaus wird für den weiteren Saisonverlauf die Situation in den gro-
ßen, südafrikanischen Seehäfen Kapstadt, Port Elizabeth und Durban Lührs zufolge eine entscheidende Rolle spielen. „Zwar hat der Betreiber TRANSNET beispielsweise in den Hafen Durban investiert, aber es bleibt abzuwarten, ob die Maßnahmen wirklich ausreichen. Außerdem sind alle drei Häfen extrem windanfällig, weshalb es jetzt zu Saisonbeginn erneut zu Verspätungen kommt.“
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6 AGF Primeur 4 • 2024 Exoten
Unsicherer Start durch Mangel an OrangensaftKonzentrat und eine veränderte Haltung der Regierung
Die Zitrussaison 2024 in Südafrika, in der es keinen Mangel an Früchten geben wird, bringt eine Reihe willkommener Veränderungen mit sich, insbesondere die größere Bereitschaft der Regierung, die Verwaltung der notleidenden Hafenterminals des Landes auszulagern. Der zweite Faktor, der in dieser Saison eine besondere Rolle spielt, sind die Saftpreise, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.
Der Zustand der südafrikanischen Häfen ist zu einer unerlässlichen Voraussetzung für jede Diskussion über südafrikanische Zitrusfrüchte geworden. Die Citrus Growers’ Association hat in Zusammenarbeit mit der gesamten Fruchtexportindustrie den fehlenden Wettbewerb zwischen den Reedereien
als einen Bereich identifiziert, in dem sie etwas bewirken kann, ohne sich in kommerzielle Angelegenheiten einzumischen. Von Ende Mai bis Anfang September wird MSC einen zusätzlichen direkten Schiffsdienst von den Häfen Ngqura und Gqeberha (Port Elizabeth) im Ostkap anbieten.
Im Februar hatte die CGA bekannt gegeben, dass es ihr mithilfe von Unternehmensberatern gelungen war, Hapag Lloyd davon zu überzeugen, ihre Dienste für den Export von Zitrus von den Häfen in Durban und Gqeberha für den entsprechenden Zeitraum zu erweitern. Eine Reihe von Produzenten hat bereits bestätigt, dass sie den neuen Service in Anspruch nehmen werden.
„Die Beteiligung von Hapag-Lloyd wird dazu beitragen, dass wir mehr Optionen und mehr Schiffe haben. Es wird nicht unbedingt zu einer Verringerung der Schiffsfrachten führen, aber schafft mehr Wettbewerb, da wir uns auf die anstehenden Mengen vorbereiten“, sagt Charles Rossouw, Zitrusproduzent im zentralen Landesinneren des Landes. Er weist darauf hin, dass es für Südafrika während der Zitrussaison im Allgemeinen kaum Konkurrenz aus anderen Ländern der südlichen Hemisphäre gibt.
7 AGF Primeur 4 • 2024
Citrusboomgaard
Südafrika
Erzeuger, die während der großen Zitronenexpansion des letzten Jahrzehnts Zitronenplantagen angelegt hatten, waren aufgrund von Transporthindernissen nie in der Lage zu exportieren.
Die andere große Veränderung war die viel beachtete Entscheidung, das Management des Durban Container Terminals Pier 2 an ein privates Unternehmen zu übertragen. International Container Terminal Services, Incorporated aus den Philippinen erhielt den Auftrag, der bereits Anfang April beginnen sollte. Unzufriedenheit der Beschäftigten wurde befürchtet, hat sich aber bisher nicht eingestellt. Allerdings haben die erfolglosen Bieter APM Terminals und andere eine gerichtliche Klage eingereicht, um das Ergebnis der Ausschreibung anzufechten, was bedeutet, dass die Privatisierung vorerst verschoben wird.
Dennoch, so Rossouw, deutet dies auf ein grundlegendes Umdenken der Regierung
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in Bezug auf das heikle Thema der Privatisierung von Staatsvermögen hin. Die Änderung des rechtlichen Umfelds, die es dem privaten Sektor erlaubt, staatliche Vermögenswerte zu verwalten, ist eine Entwicklung, die er sehr ermutigend findet.
Die Ereignisse im Hafen von Kapstadt –von denen der Zitrussektor glücklicherweise verschont blieb – haben dem ganzen Land deutlich vor Augen geführt (denn sie sorgten für Schlagzeilen), dass das staatliche Unternehmen Transnet nicht mehr in der Lage war, die Häfen und ihre Infrastruktur zu verwalten. Inzwischen wurde ein neuer CEO ernannt, der die Zustimmung der Obstindustrie genießt, und Transnet hat hart daran
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gearbeitet, zumindest sein Image zu verbessern.
Das rechtliche Hindernis für die Privatisierung von DCTs Pier 2 hält also im Moment keine größeren Veränderungen auf. Die gesamte Ausrüstung muss noch geliefert werden, aber die CGA hat erklärt, dass sie auf einen baldigen Ausgang des Rechtsstreits hofft.
NEGATIVE WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ORANGEN- UND ZITRONENSAFTPREISEN
„Die Preise für Zitronensaft lagen früher zwischen R700 und R3.000 (34–150 EUR) pro Tonne, jetzt sind es R300, R400 (15–20 EUR) pro Tonne“, sagt der Packhausmanager vom Westkap. „Mit dem
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Südafrika
Entsaften konnte man immer ein paar Cent verdienen. Nicht viel, aber zumindest immer etwas. Jetzt ist der Zitronensaft in seiner Glanzzeit.“
Bei den derzeitigen Einnahmen für Zitronensaft können die Erzeuger kaum ihre Arbeits- und Transportkosten bezahlen. Außerdem haben die Hindernisse für den Versand dazu geführt, dass einige Produzenten, die während der großen Zitronenexpansion im letzten Jahrzehnt Zitronenplantagen angelegt hatten, nie in die Lage kamen, zu exportieren.
Mindestens ein Zitrusproduzent gibt seine Zitronenplantagen aus diesen Gründen jetzt auf, aber das ändert nichts an den fast 38 Millionen 15-kg-Kartons Zitronen, die in diesem Jahr auf den südafrikanischen Plantagen geerntet werden sollen.
Am Ostkap hatten die Erzeuger mit sehr hohen Temperaturen und geringen Niederschlägen zu kämpfen, was sich auf die Größe der Zitronen ausgewirkt hat. Die Exporteure bestehen aber darauf, dass die Mengen der richtigen Früch-
te definitiv ausreichen, um ihre Einzelhandelsprogramme zu füllen. Ähnlich hohe Temperaturen im Norden des Landes, zusammen mit lokalen Hagelschauern, wie sie in dieser Gegend üblich sind, haben ebenfalls zu kleineren Früchten geführt, aber die Erzeuger dort sind optimistisch, was die Orangen betrifft.
„VALENCIAS UND NAVELS SIND GUT POSITIONIERT“
Es herrscht ein weltweiter Mangel an Orangensaftkonzentrat. Unter diesen Bedingungen muss der Export mit der Möglichkeit konkurrieren, die Früchte in großen Verarbeitungsbehältern an lokale Saftfabriken zu schicken. „Valencias und Navels stehen gut da“, sagt ein Zitrusproduzent aus Mpumalanga. „Wenn man sich das vergangene Jahr ansieht, sind alle gut mit Orangen gefahren und was ihnen in diesem Jahr hilft, sind die unglaublich guten Orangensaftpreise. Die Erzeuger sind sehr erfreut darüber.“
In Jahren mit schwachen Orangensaftpreisen könnten die Erzeuger beschließen, die Früchte hängenzulassen (und dabei die Zolltarife auf südafrikanische
Orangen im September im Auge zu behalten), so wie die spanische Saison in Europa gestreckt wird, aber das reduziert die Haltbarkeit.
Dieses Jahr wird es anders sein: Die Erzeuger der rund 73 Millionen Kartons Navels und Valencias haben gute Saftoptionen, wodurch Früchte der Klasse 2 vom Export ausgeschlossen werden. „Der Start in die Zitrussaison ist genauso wie im Vorjahr – ein sehr unsicherer Beginn, aber danach hat er sich im Laufe des Jahres stabilisiert.“
Er zieht einen vorsichtigen Beginn einem überhitzten Markt vor, der zu einem Überangebot an Früchten führt, und bemerkt, dass es immer eine Nachfrage nach frisch geernteten Zitrusfrüchten mit einer langen Haltbarkeit geben wird.
„Ich bin vorsichtig optimistisch, was die kommende Saison angeht. Solange wir qualitativ hochwertige Zitrusfrüchte mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis in die Regale bringen, haben wir eine Daseinsberechtigung.“
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Expanding South America Production
Ausweitung der südamerikanischen Produktion soll künftige Versorgung sichern
Europa und der Rest der Welt müssen sich mittel- bis langfristig keine Sorgen um eine Verknappung des Angebots an frischem Obst und Gemüse machen. Die Erzeuger in den Ländern Südamerikas sind aktiv dabei, die Produktion verschiedener Obst- und Gemüsesorten auszuweiten und hochzufahren. Das alles mit dem Ziel, die dringend benötigte Versorgung der Weltmärkte zu gewährleisten und gleichzeitig die Menschen, ihre Industrien und die Umwelt nachhaltig zu entwickeln. Die südamerikanischen Regierungen arbeiten gemeinsam mit ihren Frischwarenindustrien hart daran, neue Häfen zu bauen und zu eröffnen, um sicherzustellen, dass die Frischwaren effizient zu den entfernten Märkten transportiert werden. Auch in Asien wird intensiv an der Erschließung neuer Märkte gearbeitet, während gleichzeitig der Marktzugang in Europa und Nordamerika erweitert wird. Ziel ist es, günstigere Bedingungen zu erhalten, wobei die Senkung der Zölle eine wichtige Rolle spielt.
Eine solche Branche, die sich rasch entwickelt, ist die Branche der exotischen Früchte in Brasilien, wo man
sich auf die Steigerung der Produktion von Drachenfrüchten konzentriert. Laut Ricardo Martins, Agronom bei Epagri,
dem Unternehmen für landwirtschaftliche Forschung und ländliche Beratung in Südbrasilien, wird in der Region intensiv geforscht und beraten, um Kleinerzeuger zu unterstützen. “Wir haben gesehen, dass Pitaya auf kleinen Flächen angebaut wird, aber es gibt ein großes Potenzial für den Anbau der Frucht auf größeren Flächen, wenn man die Möglichkeit hat, zu exportieren und zu industrialisieren.”
Er sagt, dass die Erzeuger aufgrund des sehr starken und wettbewerbsfähigen brasilianischen Binnenmarktes oft nicht weiter auf die Exportmärkte schauen. „Wir hoffen jedoch, dass Brasilien mit der Zunahme des Angebots an Früchten mit dem Export beginnt, denn in diesem Fall ist es möglich, den Früchten einen noch höheren Wert zu verleihen.“
Roberto Barcelos, der als „Melonenkönig“ Brasiliens bekannt ist, sagt, dass die Welt von der riesigen Produktion seines Lan-
10 AGF Primeur 4 • 2024 Zitrus
des profitieren kann, wobei derzeit nur etwa drei Prozent der Gesamtproduktion exportiert werden. Damit die Exporte aus Brasilien jedoch weiter zunehmen können, ist ein Freihandelsabkommen zwischen dem Mercusor und der Europäischen Union erforderlich. „Unsere Früchte werden in der Europäischen Union mit zehn Prozent verzollt. Unsere anderen südamerikanischen Konkurrenten haben 0 Prozent Zölle, unsere Trauben zahlen 14 Prozent und aus Peru 0 Prozent. Für unsere Melonen gilt ein Zollsatz von neun Prozent, während andere mittelamerikanische Länder viel niedrigere Zölle haben. Brasilien, das auf der südlichen Hemisphäre liegt, hat eine andere Saison als die nördliche Hemisphäre. Außerdem gibt es in Brasilien viele lokale Erzeuger, die zu Exporteuren gemacht werden müssen.“
In Kolumbien, das für seine Limonen, Avocados und exotischen Früchte, Kakao und
Blumen bekannt ist, wird das Exportvolumen in den nächsten Jahren steigen, sagt Juan Pablo Duque, CEO von Equilibria. Während andere es als Projekt auf der grünen Wiese bezeichnen würden, haben Duque und sein Team einen groß angelegten Limettenanbau konzipiert, der sich auf viele Erzeuger in der Zukunft auswirken wird. Sie haben 300 Hektar mit Limetten bepflanzt und arbeiten mit einer Gemeinschaft von 330 Erzeugern zusammen.
„Unser Ökosystem ist darauf ausgerichtet, Kleinerzeugern die Möglichkeit zu geben, die Qualität ihrer Produktion zu verbessern, ihre Gewinnspannen zu erhöhen und umweltfreundliche Praktiken zu fördern. Mithilfe von Technologie und Wissen wollen wir diese Initiative auf 2.000 Hektar ausweiten und die nachhaltige Entwicklung in unserer landwirtschaftlichen Gemeinschaft fördern. Unser oberstes Ziel ist es, diese Initiative nicht nur in
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Kolumbien, sondern in ganz Lateinamerika auszuweiten.“
Laut Duque exportiert Kolumbien nur wenige Frischprodukte, die noch viel Potenzial haben. „Unsere Avocado-Industrie ist klein. Ebenso ist die Produktion von Golden Berries und Limetten sehr gering. Etwa 85 Prozent der informellen Arbeitsplätze befinden sich in den ländlichen Gebieten Kolumbiens. Diese Menschen haben keine Renten, keine Sozialund Krankenversicherung. Wenn sie das 60. Lebensjahr erreichen, müssen sie bis ins hohe Alter arbeiten. Kleinbauern werden normalerweise als alt, arm und müde angesehen. Das müssen wir ändern und ihnen eine Chance geben. 6,9 Millionen Menschen leben in Armut, 18,3 Millionen davon in monetärer Armut. Nach Angaben der Weltbank ist die Entwicklung der Landwirtschaft bis zu dreimal wirksamer, um die Armut zu beenden“, erklärt Duque.
Um so vielen Menschen zu helfen, brauche man ein System, das groß genug sei, sagt er. „Wir haben mit unserer eigenen Baumschule begonnen, um eine bessere Qualität der Bäume zu erreichen. In Kolumbien ist es nicht üblich, dass Unternehmen ihre eigenen Baumschulen haben. Wir haben eine sehr gut geführ-
te Produktion von Lindenbäumen aufgebaut. Jetzt haben wir die größte Baumschule in Kolumbien. Wir benötigten Fachwissen und holten eine erfahrene kolumbianische Agrarwissenschaftlerin an Bord. Wir führen unseren Betrieb mit einer App. Als einzige Baumschule können wir die erforderlichen Informationen hochladen, sodass der Käufer genau weiß, wie wir den Baum gezüchtet haben.“
Duque sagt, der Schlüssel sei ein Wissensfundus, an dem sich die vielen kleinen Erzeuger orientieren können. „Wir haben ein Handbuch entwickelt, in dem alle Informationen darüber enthalten sind, wie man einen Betrieb von null aufbaut und ihn zu einem exportierenden Betrieb entwickelt. Wir haben Videos und ein Handbuch, das alles abdeckt. Für kleinere Landwirte haben wir eine App entwickelt, mit der sie kostenlos Informationen zur Steigerung von Produktivität und Qualität erhalten. Wir müssen sie schulen und sie exportfähig machen.“
Equilibria gründete ein Exportunternehmen, baute seine erste Produktionsanlage und arbeitet ebenfalls kohlenstoffneutral. „Wir haben 180 Hektar Wald und Naturschutzgebiete. Es gibt einen Aktionsplan für die biologische Vielfalt. Wir arbeiten mit der Stiftung eines
der größten Unternehmen in Kolumbien zusammen, wo wir 50 Hektar aufforsten und eine explosionsartige Zunahme der Artenvielfalt beobachten konnten.“
All diese Bemühungen, so Duque, gehen über das hinaus, was nötig ist, um die globale Zertifizierung zu erreichen. „Es geht darum, Supermärkten und Verbrauchern die Früchte mit der EQA-Qualität anzubieten. Das ist eine Qualität, die man nicht sieht, denn die Welt kauft Obst nur wegen der Qualität, die sie sieht. Wir benötigen die Qualität des Unsichtbaren. Das sind faire Löhne, faire Preise für die Erzeuger, die auch die Umweltaspekte berücksichtigen. Wir suchen nach Supermärkten, die sich an diese Regeln halten wollen. Diejenigen, die eine nachhaltigere Lebensmittelkette anstreben. Das ist unser Ziel. Dieses Ökosystem wird der Schlüssel sein.“
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Inhaber und Geschäftsführer Markus Schneider:
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neueste Schritt ist die Gründung einer
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Niederlassung in Polen“
Der alljährliche Saisonübergang von spanischen auf deutsche und niederländische Treibhaus-Erdbeeren gestaltet sich in diesem Jahr der Jahreszeit entsprechend. “In Baden starten wir voraussichtlich eine Woche früher in die Haupternte, im Rheinland startet man überwiegend analog zum Vorjahr. Insgesamt rechnen wir also mit einem verfrühten Ernteauftakt bei unseren Tunnelerdbeeren um etwa vier Tage”, so Markus Schneider, Geschäftsführer der FrutaniaGruppe, auf Anfrage.
BU:
Im deutschen Treibhausanbau ist die etablierte Erdbeersorte Elsanta weiterhin führend. Vereinzelt sei auch die Sorte Fandango vorzufinden. Im Tunnelanbau dominiert die Sorte Clery nach wie vor das Geschehen.
Das Preisniveau bei den spanischen Erdbeeren sei bisher recht gut gewesen. Schneider: „Was uns insbesondere ab Februar zu schaffen gemacht hat, sind die Qualitätsprobleme, die eindeutig den ausgiebigen Niederschlägen geschuldet sind. Der Erdbeeranbau ist
in Spanien zwar weiterhin dominant, ist aber in den vergangenen Jahren zunehmend schwieriger geworden. Im deutschen LEH wird die spanische Ware im April und Mai noch parallel zum heimischen Produkt angeboten, wobei wir auch einen wesentlichen Teil ins europäische Ausland liefern. Das hängt durchaus mit den Wasserverfügbarkeiten in Spanien zusammen. Ich erinnere mich das letzte Jahr, in dem sich die Wasserthematik vor allem am Ende der Saison auf die Qualität ausgewirkt hat.“ Dennoch sei es auch in anderen Anbauländern, wie zum Beispiel Griechenland, zum Teil schwierig, den hohen Qualitätsstandards des deutschen Lebensmitteleinzelhandels (LEH) gerecht zu werden. Spanien habe dabei jedoch den Vorteil des breiten Sorten-
14 AGF Primeur 4 • 2024 Beeren
Die dreiköpfige Geschäftsführung der Frutania-Gruppe: Andre Moog, Holger Hoge und Markus Schneider.
spektrums und der Sonderformate, während sich Griechenland hauptsächlich dem Anbau von Standardsorten widmet.
Bei den Himbeeren verlagert sich der Anbau zunehmend in Richtung Marokko, was hauptsächlich der Kostensituation in Spanien geschuldet sei, fährt Schneider fort. „Der Heidelbeeranbau in Spanien ist zwar stabil, jedoch wird auch hier die Anbaukapazität in Marokko tendenziell weiter ausgebaut. Bis dato (11.04.24) waren die Preise der spanischen Heidelbeeren relativ fest, bei den Himbeeren ist die Angebotsmenge aus Spanien jedoch ziemlich eingeschränkt.“ Derweil befinden sich fast alle deutsche Obstsorten in der Vollblüte, mit einem ‘bis dato überwiegend guten Fruchtansatz’. „Es ist außerdem kein Frost gemeldet, weshalb wir vorerst einen guten Saisonstart erwarten. Bei den Heidelbeeren ist es jedoch noch zu früh, um Aussagen zu treffen. Es liegt laut Wettervorhersage auch noch ein warmes Wochenende gefolgt von einer kälteren Phase vor uns, was die Vegetation dann abermals etwas einbremsen würde. Des Weiteren haben wir zum Teil sehr ausgiebige Niederschläge verschmerzen müssen, was dazu geführt hat, dass viele Obsterzeuger ausgesprochen nervös sind. Alles in allem sind es auch sehr ungewöhnliche Klimabedingungen, mit denen wir zurzeit konfrontiert werden. Die Natur explodiert, das sieht man nicht nur im Obstbau, sondern auch am schnellen Wachstum der Vegetation im Allgemeinen.“
VERTRIEBSKOOPERATION MIT DEM OBSTGROSSMARKT MITTELBADEN Im Gegensatz zum leichten Abwärtstrend im deutschen Erdbeer- und Himbeeranbau sei die Anbaukapazität der Frutania-Gruppe in den letzten Jahren konstant geblieben und bei Heidelbeeren sogar leicht steigend, bestätigt Schneider des Weiteren. Anfang April verkündete Frutania zudem
die neue Vertriebskooperation mit dem Obstgroßmarkt Mittelbaden (OGM). Schneider dazu: „Dank unserer Zusammenarbeit mit der Fruitfels haben wir bereits eine gute Stellung im Raum Oberkirch. Es bot sich einfach an, die Mengen zu bündeln und gemeinsam an den LEH zu avisieren und vermarkten. Aus diesem Grundgedanken heraus haben wir uns dann dafür entschieden, die Vermarktung des Obstes des OGM Mittelbaden zu übernehmen. Wir haben im Grunde die gleichen Produkte: Das heißt, die Produktpalette wird nicht erweitert, sondern intensiviert. Zudem erwarten wir weitere Synergieeffekte im Bereich der Logistik. Das werden wir aber erst in einigen Monaten auswerten können. Kurz gefasst sind wir nun dank dieser Kooperation in der Lage mehr Mengen im frühen Bereich zu bewegen.“
ZUWÄCHSE IM ZWETSCHGENANBAU Neben Beerenobst konnte die Frutania-Gruppe auch bei den Zwetschgen erfreuliche Wachstumsraten verzeichnen, erläutert Schneider. „Bei der Premiumsorte Haroma aus überdachtem Anbau sehen wir einen stetigen Zuwachs. Wir haben die Fläche in den vergangenen Jahren ausgeweitet und diese neuen Anlagen werden nun sukzessive in den Vollertrag kommen. Generell war die letztjährige Zwetschgenernte durchweg zufriedenstellend. Wir hatten ungefähr die gleiche Menge wie im Vorjahr bei einer guten Nachfrage. Wir hören auch nach Abschluss der deutschen Saison auf und importieren keine zusätzlichen Mengen aus Moldau oder weiteren ausländischen Herkünften.“
STÄRKUNG DER POLNISCHEN BEERENPRODUKTION
Insgesamt blickt Schneider der Zukunft positiv entgegen. „Wir sind weiterhin auf Wachstumskurs, und bemühen uns laufend um die Optimierung unserer Betriebsund Vermarktungsstrukturen,
15 AGF Primeur 4 • 2024 Der BeerenobstSpezialist: www.frutania.de Qualitätinder gesamtenLieferkette Frutania-Primeur-04-24.indd 1 16.04.24 13:04
mit dem Ziel, die Vermarktung der deutschen Produktion stärker aufzustellen.“ Dennoch wird auch die Präsenz im benachbarten Ausland, wie beispielsweise Polen, sukzessive ausgebaut, fügt Schneider an. „Der neueste Schritt ist die Gründung einer vollwertigen Niederlas-
sung in Polen, um die Vermarktung des dort erzeugten Obstes besser koordinieren zu können. Konkret geht es dabei hauptsächlich um Himbeeren, Heidelbeeren, aber auch Erdbeeren, nicht so sehr für den deutschen Absatzmarkt, sondern primär für den polnischen Inlandsmarkt
Spanisches Steinobst befindet sich zunehmend in den Händen großer professioneller Unternehmen
sowie den Export ins Ausland. Auch hier streben wir einen organischen Ausbau unserer Anbaukapazitäten an.“
info@frutania.de
Die Steinobstsaison 2024 beginnt in Spanien früher
In der dritten Märzwoche begannen die ersten Nektarinen-Ernten in Huelva und Murcia, den frühesten Steinobstanbaugebieten Spaniens, das als Steinobstlieferant für die Europäische Union weiterhin die erste Position einnimmt, mit großem Abstand zu anderen konkurrierenden Mitgliedsländern. Obwohl Huelva eine Woche früher als in der vergangenen Saison begonnen hat, ist der frühe Start in Murcia von etwa zwei Wochen ein historischer Rekord für Unternehmen wie El Ciruelo, einer der Haupterzeuger von Steinobst in Murcia und der Früheste in der Region.
Dieersten Partien, die auf den Markt kommen, erzielen sehr hohe Preise und werden an den Meistbietenden verkauft. Erst ab Ende April gibt es in Murcia bedeutende und konstante Mengen. In Extremadura hingegen, insbesondere in der Provinz Badajoz, werden in diesem Jahr ab Mitte Mai bedeutende Mengen geerntet, während die Saison in Lleida und Aragon, den späteren Anbaugebieten
für Nektarinen, Pfirsiche und Plattpfirsiche, erst Mitte Juni beginnt.
Das Vorziehen der Saison in Murcia in diesem Jahr nimmt die Angst vor Überschneidungen, die im vergangenen Jahr zwischen Extremadura und Nordostspanien aufgetreten sind. Außerdem haben die Supermarktketten es sehr positiv bewertet, dass sie die Früchte in diesem
Jahr früher anbieten können. „Zu Beginn des Winters hatten wir viele kalte Stunden, viel mehr als im Vorjahr, gefolgt von einem Hitzesprung mit höheren Temperaturen als üblich, sehr sonnigen Tagen und so gut wie wolkenlos und ohne Regen“, erklärt José Velasco, Geschäftsführer von El Ciruelo.
Die Region Murcia exportierte im Jahr 2023 rund 130.000 Tonnen Steinobst, was fast 20 Prozent des Gesamtexports Spaniens entspricht. In diesem Jahr wird der Export voraussichtlich zwischen 180.000 und 190.000 Tonnen betragen, insbesondere aufgrund der Erholung der frühen Aprikosenernte. „Die ausbleibende Kälte und das schlechte Wetter haben das Angebot an Aprikosen im vergangenen Jahr reduziert, aber in diesem Jahr, wenn es keine wetterbedingten Rückschläge gibt, deuten die Prognosen auf eine Ernte von etwa 50.000 Tonnen Apri-
16 AGF Primeur 4 • 2024 Steinobst
Spanisches Steinobst befindet sich zunehmend in den Händen großer professioneller Unternehmen
kosen hin“, sagt Joaquín Gómez, Präsident von Apoexpa.
„Während die frühen Aprikosensorten ausreichend Kühlstunden hatten und pünktlich geerntet werden, war das bei den mittleren und späten Sorten nicht der Fall, deren Blüte aufgrund der großen Hitze sehr unregelmäßig verlief. Aus diesem Grund werden im Moment gute Ernten von Nektarine, Pfirsich und Plattpfirsich sowie der frühen Aprikose erwartet, während es bei der späten Aprikose wahrscheinlich eine geringere Produktion geben wird“, sagt Thomas Chevailler, Technischer Direktor von PSB Producción Vegetal, einem renommierten Züchter von Steinobstsorten, der auch Obst anbaut und vertreibt.
Die Aprikose ist die am stärksten vom Klimawandel betroffene Sorte, da die Temperaturen in fast allen Anbaugebieten gestiegen sind, so der technische Direktor des Züchtungsunterneh-
mens. „Die Durchschnittstemperaturen sind schneller angestiegen als vorhergesagt. Es ist sehr wichtig, die Anpflanzung gemeinsam mit dem Züchter zu planen und dabei den Kühlstundenbedarf der Sorten zu kennen und proaktiv zu handeln und die vorhergesagten Veränderungen zu berücksichtigen. Es wird für die Erzeuger immer komplizierter, alles richtigzumachen“, sagt Thomas.
Für Extremadura und die Anbaugebiete Katalonien und Aragonien werden gute Erntemengen erwartet. Obwohl man befürchtete, dass nach der Blüte, wenn die Früchte bereits angesetzt haben, nicht genügend Beregnungswasser vorhanden sein würde, um den gesamten Bedarf zu decken, gab es schließlich genügend Niederschläge, um die Saison in den wichtigsten Anbaugebieten, insbesondere in Lleida, zu sichern.
Die schwere Dürre zu Beginn des Jahres hat zu drastischen Maßnahmen in Kata-
lonien geführt, mit strengen Einschränkungen bei der Verwendung von Wasser für den menschlichen Verbrauch und für die Landwirtschaft. „Wir müssen diese Krisenmomente nutzen, um über mittelund langfristige Lösungen nachzudenken, und zwar in Form von Investitionsprojekten, um in Zukunft mit effizienteren Bewässerungssystemen besser auf diese Situationen der Wasserknappheit reagieren zu können“, sagt Manel Simon, Direktor von Afrucat.
SPANISCHES STEINOBST BEFINDET SICH ZUNEHMEND IN DEN HÄNDEN GROSSER PROFESSIONELLER UNTERNEHMEN
„In den vergangenen Jahren hat sich der spanische Steinobstsektor, der bis vor zwei oder drei Saisons eine permanente Preiskrise durchlebte, gewandelt und Anzeichen einer Verbesserung gezeigt“, erklärt José María Naranjo, Sales & Market Development Manager bei Tany Nature in Zurbarán, Badajoz. „Obwohl
17 AGF Primeur 4 • 2024
wir schon vorher allmähliche Veränderungen in der Struktur des Sektors beobachten konnten, hat sich dieser Trend in den Jahren nach der Pandemie noch verstärkt, unter anderem durch den übermäßigen Anstieg der Produktionskosten oder den Mangel an Arbeitskräften.“
„Von 2000 bis 2010 gab es eine gewaltige Revolution auf der Ebene der Sorten und es wurde viel angebaut. Aber nicht jeder ist bereit, Steinobst zu produzieren und zu verkaufen, da die technischen Schwierigkeiten, die kurze Haltbarkeit und die wachsende Konkurrenz durch andere Produkte das erschweren“, sagt Rosa Hernandorena, Vertriebsleiterin von Viveros Hernandorena, einem Anbauunternehmen, das sich unter anderem auf Steinobst, Kaki und Mandelbäume spezialisiert hat.
„Viele Betriebe haben bereits nach dem russischen Veto im Jahr 2014 aufgegeben, aber seit der Pandemie hat sich der Wandel in der Branche beschleunigt, und nicht spezialisierte Erzeuger sind verschwunden. Der Steinobstanbau liegt zunehmend in den Händen großer Unternehmen mit einem hohen Grad an Professionalisierung und Prozessintegration, die nach Bedarf anbauen, um die Bedürfnisse ihrer Kunden zu befriedigen, und dabei die Produktionskosten genau im Auge behalten“, betont Rosa Hernandorena.
„In der Tat sind viele Erzeuger immer noch dabei, ihre Tätigkeit umzustellen oder haben Steinobst durch andere Kulturen wie Mandeln, Pistazien, Oliven oder Getreide ersetzt, was zu einer Zersplitterung des Sektors führt. Außerdem gibt es einen Boom beim Kauf von Obst produzierenden Unternehmen durch große Investmentfonds, die sich die Ursprünge genau ansehen. Das ist etwas, das bereits bei anderen Kulturen geschehen ist. Die Produktion liegt zunehmend in den Händen von spezialisierten Unternehmen. Es gibt weniger und größere Akteure, und das Angebot wird immer konzentrierter. Es ist nicht mehr so vielfältig wie früher“, sagt José María Naranjo.
18 AGF Primeur 4 • 2024 Steinobst
Reichenau-Gemüse eG investiert in Bio-Süßkartoffeln
“Rund 60 Prozent des heimischen
spielt sich nun bei uns ab”
Im Zuge des Klimawandels und der hohen Nachfrage im Handel erfreut sich die Süßkartoffel steigendem Interesse im deutschen Anbau. Auch bei der Reichenau-Gemüse eG, Deutschlands südlichster Erzeugergenossenschaft, steht das wärmeliebende Wurzelgemüse nun hoch im Kurs. Die Kultur wird bereits seit etwa zehn Jahren nach Öko-Richtlinien kultiviert, doch im vergangenen Jahr hat man die Lagertechnik und -kapazitäten auf modernstem Stand gebracht. Dank dieser Investition soll der Handel jetzt das ganze Jahr über mit Reichenauer Bio-Süßkartoffeln beliefert werden können, erwarten Süßkartoffelerzeuger Benjamin Wagner und Christian Müller, stellvertretender Geschäftsführer der Reichenau eG.
Reichenau-Chef Johannes Bliestle zeigt frisch geerntete BioSüßkartoffeln. Das Knollengemüse ist als Naturland-Ware im LEH vorzufinden. Süßkartoffeln mit einem Stückgewicht über 300 Gramm werden in der Regel lose vermarktet, während die kleineren Knollen als Packware verkauft werden.
Anbaus
Imvergangenen Jahrzehnt hat Wagner seine Produktion peu à peu erweitert und optimiert. “Dennoch hatten wir nie einen Ertrag, der annähernd unseren Vorstellungen entsprach, was vor allem der kurzen Vegetationszeit in Deutschland geschuldet ist. Im vergangenen Jahr hatten wir dann mit einem Netto-Ertrag um 2 kg/m² erstmals eine gute, vermarktungsfähige Erntemenge. Auch mit den Qualitäten und Kalibern sind wir äußerst zufrieden. Von 50 bis 900 Gramm ist alles dabei. In einem kalten Jahr werden sie allerdings nicht
Süßkartoffeln
schwerer als 300 Gramm”, so Wagner, der das Knollengemüse auf 120 Hektar kultiviert und damit als einziger Süßkartoffelerzeuger in der Region die gesamte genossenschaftliche Produktion verantwortet. Mittlerweile hat der innovative Bio-Landwirt ebenfalls eine eigene Jungpflanzenproduktion aufgezogen, was ihm den Mitbewerbern gegenüber abermals einen Vorsprung gebe.
GANZJÄHRIGE
VERSORGUNGSSICHERHEIT
Nicht nur auf Produktionsseite habe man Investitionen getätigt, sondern auch auf Vermarktungsebene, betont Müller. „60 Prozent des deutschen Bio-Süßkartoffelanbaus spielt sich bei uns ab und wird von Herrn Wagner dargestellt. Dementsprechend haben wir auch eine große Steuermasse, die wir im deutschlandweiten LEH platzieren müssen. Neben der losen Vermarktung bieten wir seit
Neuestem auch verpackte Süßkartoffeln im 650-Gramm-Papierflowpack an, die wir auch mit Zubereitungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten versehen haben. Hiermit bieten wir dem Handel nun auch eine verbraucherfreundlichere Verpackung mit Süßkartoffeln der feineren Sortierung an, vergleichbar mit Drillingen im Kartoffelregal. Wir hoffen, damit auch neue Verbraucher für das Produkt zu gewinnen.“
Sämtliche Investitionen sollen insbesondere in der zweiten Saisonhälfte Früchte tragen, fährt Müller fort. „Unser Ziel ist es, durch die modernen Lagerkapazitäten bereits in diesem Jahr eine ganzjährige Versorgung zu gewährleisten. Wir gehen stark davon aus, dass im März und April die letzten heimischen Mitbewerber vom Markt verschwinden, weshalb auch Abnehmer außerhalb Süddeutschlands vermehrt auf unsere Ware zugreifen wer-
den. Das ist auch notwendig, denn nur in Bayern und Baden-Württemberg können wir die hier erzeugte Menge nicht bewegen.“
BU: Reichenau-Chef Johannis Bliestle zeigt frisch geerntete Süßkartoffeln. Angeboten werden die Knollen am PoS als Bioland- sowie Naturland-Ware. Tendenziell eignet sich die Ware mit einem Stückgewicht ab 300 Gramm am besten für die lose Vermarktung, während die Ware unter 300 Gramm vor allem im Packbereich Verwendung findet.
ANSPRUCHSVOLLE UND PFLEGEINTENSIVE KULTUR
Im Dezember werden die Mutterpflanzen produziert und im März und April folgen die Süßkartoffeljungpflanzen. Im Mai erfolgt dann die Pflanzung, skizziert Wagner den Zeitplan. Den ganzen Oktober hindurch wird dann normalerweise geerntet, woraufhin die Ware eingelagert wird. Anschließend gelangen die Knollen in den Curingraum: Bei diesem Prozess werden die Süßkartoffeln für mehrere Tage bei über 30 °C und einer Luftfeuchtigkeit von mindestens 90 Prozent gelagert. In dieser Zeit verheilt die Knolle, die Schale wird fest und lagerfähig für die kommenden Monate. Wagner: „Am liebsten würde ich erst im November ernten. Das ist mir aber zu riskant, denn einige Tage unter fünf Grad wäre katastrophal für den Bestand.“
Wenn man den gesamten Anbau- und Ernteprozess betrachtet, sei die Süßkartoffel eine äußerst anspruchsvolle und pflegeintensive Kultur, gibt Wagner zu bedenken. „Das heißt, wir werden mit einem hohen Kostendruck konfrontiert, wobei vor allem die Lohnkosten zu Buche schlagen. Mit den Billigstimporten aus dem Ausland können wir demnach preislich überhaupt nicht mithalten. Zu diesen Konditionen können wir mit unserer Kostenstruktur nicht produzieren. Am Ende entscheidet dann der Verbraucher, ob er Wert legt auf regionale Produkte. Gleichzeitig werden die Lieferketten aus dem Ausland auch zunehmend schwieriger. Bei der Kaufentscheidung des Verbrauchers spielt letztendlich auch mit, dass die kürzeren Transportwege bei heimischer Ware aus Sicht der Nachhaltigkeit und Ökologie, gerade bei Bio-Erzeugnissen, sinnvoll sind.“
ZUKUNFTSPOTENZIAL IN DER WEITERVEREDELUNG
Trotz der erfreulichen Zuwächse in der heimischen Produktion gibt es weiterhin viele Herkunftsländer, die ihre Ware
20 AGF Primeur 4 • 2024 Süßkartoffeln
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in Deutschland vermarkten wollen. „Wir sind uns dessen bewusst und spüren diesen Vermarktungsdruck zum Teil auch. Schon allein auf der Biofach wurden bereits Bio-Süßkartoffeln aus zahlreichen Ländern angeboten. Wir hoffen natürlich, dass sich unsere Partner im
LEH der Regionalität und langfristigen Zusammenarbeit besinnen. Bio und Regionalität gehen schließlich immer noch Hand in Hand und wir haben insofern den Vorteil der kürzeren Transportwege und der unmittelbaren Nähe zum Absatzmarkt. Andererseits ist die Süßkartoffel
ein Lagerprodukt, bei dem es keine große Rolle spielt, ob der Transport ein oder zwei Tage länger dauert.
Insgesamt blickt Müller zuversichtlich nach vorn: „Die Süßkartoffel ist ein absolutes Trendprodukt. Wir bewegen uns mit einem Marktanteil von 60 Prozent bereits auf einem sehr hohen Niveau. Potenzial sehe ich also weniger in der Menge, sondern vielmehr in der weiteren Verarbeitung der Süßkartoffel zu Nebenprodukten wie Pürees, Gnocchi oder Maultaschen. Insofern sind viele Möglichkeiten vorhanden, das Produkt weiter salonfähig zu machen.“ Wagner stimmt dem zu und bestätigt, in Zukunft eine Weiterverarbeitung auf dem eigenen Hof anzustreben. „Ich bin aber auch offen für weitere, alternative Nischenkulturen, die mit weniger Energie auskommen und wir im Idealfall auch ganzjährig vermarkten können.“
info@reichenaugemuese.de B.Wagner@biogemuesewagner.de
21 AGF Primeur 4 • 2024
Asiatisches Gemüse wird populär:
„Wir
setzen auf Qualität und
kurze Wege“
Der März ist der Monat, in dem der einheimische niederländische Anbau von asiatischem Gemüse allmählich die Importe ersetzt. In Spanien und Italien gab es in diesem Winter keine Ungereimtheiten, sodass es für den Handel mit asiatischem Gemüse ‘ein sehr einfacher Winter’ war.
DAs stellt Cees Visser von Asian Crop Anfang März fest, als wir ihn anrufen, während er mit seinem Auto von einem seiner drei Gewächshäuser in der Ebberstraat in Velden zum anderen fährt. “Wenn ich etwas mitnehmen will, ist das doch sehr praktisch”, erklärt er seine Fahrt mit dem Auto. Ein Lastenfahrrad? Ja, das hat er auch, aber da sind meistens die Kinder drin, wie er lachend zugibt. Dabei wäre Radfahren gar nicht so schlecht, zumal die Frühlingssonne Anfang März schon kräftig scheint. “Im Gewächshaus ist es fast wie im Sommer; jetzt wächst alles. Dann müssen wir aufpassen, dass wir nicht zu viel Produkt
haben, aber auch nicht zu wenig. Unsere Erfahrung hilft uns dabei.”
In dem Anbau- und Handelsunternehmen ist Erfahrung reichlich vorhanden. 1999 stellte Leo, der Vater von Cees, einen Teil seines Radieschengewächshauses auf asiatisches Gemüse um. Er hatte es auf einer Asienreise kennengelernt. Heute führen Cees und seine Schwester Daniëlle den Familienbetrieb. Im Winter kommt viel Ware aus Spanien, und in Velden wird „ein bisschen nachgeschnitten“. Im Frühjahr nehmen die Volumina in den niederländischen Gewächshäusern wieder zu, dann liegt der Schwerpunkt dort. „Jetzt
kommt alles zusammen. Nur im Dezember war es eine Zeit lang richtig kalt, wovon die Pflanzen aber nicht viel abbekommen haben, sodass sie einigermaßen gut wachsen konnten.“ Im Winter wächst in den nur schwach beheizten Gewächshäusern alles langsamer. „Mit der ersten richtigen Frühlingssonne muss man immer aufpassen, dass die Pflanzen nicht austreiben. Deshalb stehen wir jetzt kurz vor dem Schnitt.“
WIE LANGE GEHT DAS NOCH GUT?
Cees freut sich immer auf den Schnitt im eigenen Gewächshaus im Frühjahr. „Dann ist die Ware besonders frisch. Aus Spanien muss man ja immer mit einer Transportzeit von drei Tagen rechnen. Auch dann haben wir täglich frische Lieferungen, aber nichts geht über unseren eigenen Anbau. Die größte Sorge in der vergangenen Wintersaison war vor allem, ob die Lastwagen in Spanien nicht in den Bauernprotesten stecken bleiben. „Zum Cees, Leo und Daniëlle Visser
22 AGF Primeur 4 • 2024 Gemüse
Glück sind wir einigermaßen glimpflich davongekommen. Wir mussten zwar einen Umweg fahren, aber die Lastwagen, die für uns unterwegs waren, wurden zum Glück nicht ausgeräumt.“ Der Anbauer versteht den Grund für die Proteste durchaus. Auch er macht sich manchmal Sorgen, zum Beispiel über steigende Kosten und die Notwendigkeit, diese an die Endkunden weiterzugeben. „Manchmal denkt man: ‘Wie lange geht das noch gut?’ Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht gegenseitig zu Tode konkurrieren.“
In den Anfangsjahren von Asian Crop war der Anbau von asiatischem Gemüse noch etwas ganz Besonderes. Im Laufe der Zeit kamen weitere Erzeuger hinzu. „Mein Vater und ich haben viele Leute kommen, aber auch wieder gehen sehen. Einige Neueinsteiger sind aber geblieben. Ein bisschen Konkurrenz ist auch nicht schlecht – solange es ein fairer Wettbewerb ist. Ich denke oft so: ‘Wenn ein anderer es für das Geld kann, dann können wir das auch. Solange wir alle in der Kette davon leben können.“
Während der Corona-Zeit begannen die Kosten wirklich zu steigen, und das hat bis heute nicht wirklich aufgehört. Energie ist ein Problem für den Anbauer, der seine Gewächshäuser im Winter in erster Linie frostfrei hält, aber auch die Arbeitskraft macht dem Anbauer zu schaffen. Und dann ist da noch der Transport. „Während der Corona-Zeit stiegen die Transportkosten plötzlich rapide an. In Absprache mit unseren Kunden haben wir diese Kosten an sie weitergegeben. Das hat ihnen nicht gefallen, aber zum Glück hatten sie auch Verständnis dafür.“ Bei Asian Crop überlegt man ständig, wie weit man die Kosten noch weitergeben kann, ohne sich selbst aus dem Markt zu drängen. „Man will schließlich nicht, dass die Kunden später statt Pak
Choi einen Blumenkohl wählen, der aber auch immer teurer wird.“
KLEINER MARKT KOMMT OHNE VERSTEIGERUNGSUHR AUS
Pak Choi ist heute das bekannteste Produkt unter den asiatischen Gemüsesorten. „Hier ist die Konkurrenz am größten. Pak Choi und jetzt auch Shanghai Pak Choi sind etablierte Sorten, die auch in den großen Supermärkten zu finden sind. Dort sinken die Preise manchmal, weil das Angebot so groß ist.“ Das macht ihnen in Velden nicht gleich Angst. „Als mein Vater mit asiatischem Gemüse anfing, war das auch schon so. Damals war der Markt viel kleiner, aber wenn man etwas übrig hatte, hat man es lieber gerodet und von einem neuen Stück geerntet. So konnte man die Qualität hochhalten. Gute Ware wegzuwerfen, ist das Schlimmste für einen Erzeuger.“
Für Asian Crop sind die spezialisierten Großhändler wichtige Abnehmer. Die Ware kommt dort nicht vor die Versteigerungsuhr. „Das wurde in der Vergangenheit versucht, aber unsere Käufer sitzen nicht dort.“
Auch Supermärkte haben begonnen, asiatisches Gemüse verstärkt anzubieten, als sich herausstellte, dass junge Reisende die Produkte, die sie im Ausland kennengelernt hatten, auch zu Hause zu kaufen wollten. Für den Veldener Anbau- und Handelsbetrieb steht die Belieferung des Einzelhandels
aber nach wie vor nicht im Vordergrund. „Darauf muss man vorbereitet sein. Wir liefern unser Gemüse schon seit Jahren selbst an Kunden in ganz Europa aus.“
WACHSTUM BEI SERVICEPRODUKTEN Im Inland nehmen auch immer mehr asiatische Geschäfte Ware ab, während auf der anderen Seite chinesisch-indische Restaurants zu kämpfen haben. Das war kürzlich sogar in den Nachrichten. Cees betrachtet es nüchtern. „Die guten Restaurants gibt es ja weiterhin. Außerdem gibt es immer eine gewisse Verschiebung. Shanghai Pak Choi findet man auch in immer mehr normalen Restaurants, zum Beispiel zusammen mit einem Steak.“ Als Erzeuger hält er es für wichtig, den Geschmack und das Aussehen des Produkts ständig zu verbessern. Dazu arbeitet das Unternehmen mit Veredelungsbetrieben zusammen. „Wir konzentrieren
23 AGF Primeur 4 • 2024
Asian Crop verfügt über drei Gewächshäuser in Velden
Wenn Cees die Gelegenheit hat, schneidet er gerne mit
Cees und Daniëlle mit der charakteristischen schwarz-roten Kiste, in der viele asiatische Gemüsesorten gehandelt werden
uns nicht direkt darauf, mit einer neuen Sorte mehr Ertrag zu erzielen, sondern eher auf die Qualität. Mit den richtigen Eigenschaften möchten wir uns hervorheben und sicherstellen, dass der Kunde immer wieder sagt: ‘Ich will das Produkt in dieser schwarz-roten Kiste von Asian Crop.’“
Viele neue asiatische Blattpflanzen sind in den vergangenen Jahren in Velden nicht hinzugekommen. Auf der Website zählen wir ein Dutzend Sorten, zusätzlich zu einer Reihe von Produkten, die Cees als ‘Serviceprodukte’ bezeichnet. Darunter sind auch immer wieder Neuheiten. „In letzter Zeit haben wir mehr Kräuter oder zum Beispiel Bittermelone in unser Sortiment aufgenommen. Das sind nicht unbedingt die großen Renner, aber es sind Produkte, mit denen wir das Paket für die Kunden vervollständigen.“
Die neuen Nischenprodukte baut Asian Crop selbst an. „Ich nenne das eine Liebhaberei, und das ist es, was ich am liebsten mache.“
IN KOMBINATION MIT SPANIEN
Der komplexe Beruf des heutigen Gewächshausgartenbau-Unternehmers führt dazu, dass er immer weniger Zeit für dieses Hobby hat. „Aber wenn es geht, versuche ich trotzdem, auch mal selbst zu schneiden.“ Er hält es ohnehin für wichtig, mehrmals am Tag ins Gewächshaus zu gehen. „Nur so hat man alles unter Kontrolle. Man darf nie bequem werden. Zusammen mit meiner Schwester Daniëlle, mit der ich ein gutes Gespann bilde, klappt das gut.“ Cees lobt auch sein zuverlässiges Team. „Wir haben viele feste Mitarbeiter. Was wir tun, ist immer noch viel Handarbeit. Die Mechanisierung der Ernte zum Beispiel ist bei so vielen verschiedenen Kulturen noch keine Option.“
Bei Asian Crop wird auch verpackt. „Hauptsächlich in Einzelboxen, aber wir
Das Verpacken bei Asian Crop erfolgt hauptsächlich in Kisten, aber auch Flowpackaging, wie hier bei Shanghai Pak Choi, ist möglich
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können auch Flowpacks.“ Alles hängt davon ab, was der Kunde wünscht. Und dieser Kundenwunsch kann sehr unterschiedlich sein. „Deutschland ist ja gleich um die Ecke. Dort stößt zum Beispiel die lose Verpackung von Pak Choi auf Widerstand. Aber die Sache hat immer noch zwei Seiten. Manchmal wollen die Kunden Pak Choi lose und dann wieder verpackt. Aber der allgemeine Trend geht hin zu weniger Plastik. Die Herausforderung besteht nach wie vor darin, das eigene Produkt frisch zu halten. Deshalb konzentrieren wir uns zunehmend auf möglichst kurze Transportwege.“
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Im Winter dominiert der spanische Anbau neben dem ganzjährigen niederländischen Gewächshausanbau. Eine Ausweitung der Anbaufläche ist bei Asian Crop
derzeit nicht vorgesehen. „Unsere derzeitige Anbaufläche ist ausreichend. Der Winteranbau kostet hier im Winter meistens Geld. Die Kombination mit Spanien klappt sehr gut. Wenn man im Winter mit den niederländischen Gewächshäusern mit Spanien konkurriert, hat man sowieso das Nachsehen.“ Auch Marokko wird gelegentlich in Betracht gezogen, räumt Cees auf Nachfrage ein, aber dann ist die Transportzeit noch länger als von Spanien aus. „Bei Tomaten geht es besser, weil das Produkt länger haltbar ist als das, was wir hierher bringen wollen.“ Egal, ob die Ware aus Velden oder per Lkw aus dem Süden kommt, eine gute Kommunikation mit dem Kunden ist entscheidend. „Um die optimale Frische zu gewährleisten, fahren wir bei ausreichender Menge gerne einmal mehr hin, wenn wir rechtzeitig wissen, dass der Vorrat des Kunden zur Neige geht.“ Und das ist dank der Beliebtheit von asiatischem Gemüse immer öfter der Fall. Für Asian Crop zahlt sich das aus.
cees@asiancrop.nl
24 AGF Primeur 4 • 2024 Gemüse
Johnathan Sutton, Westfalia Fruit:
„Wir müssen die gesundheitlichen Vorteile weiter erforschen und die Menschen ermutigen, Avocados zu essen“
„Die Nachfrage nach Avocados ist nach wie vor hoch”, sagt Johnathan Sutton, Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit bei Westfalia Fruit, das sich auf den Anbau und die Vermarktung von Avocados spezialisiert hat. Neben der Befriedigung der Verbraucherbedürfnisse - die Frucht passt zu einer pflanzenbasierten Ernährung, ist gesund und einfach zu essen - sieht Johnathan auch viele neue Möglichkeiten. „Wir entwickeln uns in Ländern wie Indien. Avocado ist ein neues Element in der dortigen Ernährung und wir haben ein enormes Wachstum erlebt.”
Johnathan stellt auch in anderen asiatischen Ländern eine große Nachfrage fest. „Wir beliefern den asiatischen Markt hauptsächlich aus unserer lateinamerikanischen Produktion und haben ein Büro in Japan eröffnet, um den japanischen Raum, Korea, China und andere Teile Südostasiens zu bedienen.” Bei der Belieferung dieser Märkte spielen sowohl der Marktzugang als auch die pflanzenschutzrechtlichen Anforderungen eine Rolle, sagt der Nachhaltigkeitsbeauftragte. „Wir haben Zugang zu China, Indien und Japan erhalten. Das ist eine Chance für uns.”
AUCH IN EUROPA NOCH MÖGLICHKEITEN
Ungeachtet des Wachstums in Asien sieht Johnathan auch in Europa noch viele Möglichkeiten. „Einige Länder sind im Vergleich zu anderen unterbewertet. Natürlich gibt es in den wichtigsten europäischen Ländern eine starke Nachfrage: Spanien, Frankreich, Deutschland. Aber Italien hat immer noch eine sehr geringe Marktpräsenz. Es gibt also noch Möglichkeiten auf dem europäischen Festland.“ Das ist der Grund, warum die Mittelmeerländer beginnen, ihre eigene Industrie zu entwickeln. „Die Mittelmeermärk-
te haben das richtige Klima, Wasser ist vorhanden und die Nähe zum Markt spielt auch eine Rolle.“
Auf der Produktionsseite sieht Johnathan immer noch Kolumbien, Peru und Südafrika als große Treiber, stellt aber auch die Entwicklung neuer Produktionsgebiete fest. „Neuere Regionen mit Zugang zum Markt wie Kenia, Tansania, Ägypten oder Marokko beginnen ebenfalls, ihre eigenen Obstanlagen zu entwickeln.“ Das
Westfalia Fruit übernimmt volle Beteiligung an Euro West
Westfalia Fruit hat kürzlich eine vollständige Beteiligung an Euro West übernommen. Euro West wurde 1970 von Piet Vijverberg unter dem Namen Revij gegründet und im Jahr 2000 von seinem Sohn Marco Vijverberg übernom-
men, der den Namen in Euro West änderte. Die Übernahme symbolisiert eine langjährige Beziehung und markiert ein neues Kapitel in der Geschichte der beiden Unternehmen. Das Unternehmen, das sich traditionell auf Ver-
packungslösungen für Obst und Gemüse spezialisiert hat, gehört seit 2013 zu 51 Prozent zu Westfalia Fruit.
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Johnathan Sutton und Danielle Willems von Westfalia Fruit
Exoten
bedeutet, dass viele Avocados aus neuem Anbau auf den Markt kommen, während der Nachhaltigkeitsbeauftragte gleichzeitig feststellt, dass sich der Konsum aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Dynamik etwas verlangsamt. „Es wird
Aufforstung und Wasser: Schwerpunkte
„Wir konzentrieren uns wirklich auf unser grünes Kapital: die Bäume, die wir auf unseren Plantagen, unserem Land und den umliegenden Gebieten haben”, sagt Johnathan Sutton. „Wir wissen, dass Bäume Kohlenstoff in ihren Wurzelstrukturen binden, und so versuchen wir, den Wert des Baumes zu verstehen.” Das veranlasst Westfalia dazu, seinen Fokus auf diesen Bereich zu verstärken. „In Kolumbien arbeiten wir mit lokalen Erzeugern an einem Projekt zur Wiederaufforstung. Über Baumschulen retten wir Samen einheimischer Arten, bringen sie zurück in die Baumschule und verteilen sie dann an unsere Erzeuger und Gemeinden, um sie in den Gebieten zu pflanzen, in denen die natürliche Vegetation abgeholzt wurde. Und das Gleiche tun wir auch in Peru.”
viel produziert, und auch neue Anpflanzungen kommen zur Reife. Avocados haben enorme gesundheitliche Vorteile; wir müssen das weiter erforschen und die Menschen ermutigen, weiterhin Avocados zu essen.“
Neben der Bindung von Kohlendioxid sieht Johnathan noch weitere Vorteile in der Aufforstung. „In einigen Fällen entstehen dadurch auch Windschutzstreifen und Barrieren gegen die natürlichen Elemente. Und in Kolumbien, wo es sehr steil ist, können wir durch das Pflanzen von Bäumen den Wasserfluss steuern und die Bodenerosion verringern. Also, ja, Bäume haben enorme Vorteile.”
Ein weiteres wichtiges Thema für Westfalia ist Wasser. „Es ist eine Notwendigkeit, um Nutzpflanzen zu produzieren, aber es ist auch eine sehr knappe Ressource. Mit dem Klimawandel werden die Extreme immer extremer. Starke Regenfälle werden länger und unvorhersehbarer. Deshalb suchen wir nach Möglichkeiten, in unseren Obstplantagen durch bessere Bewässerungssysteme weniger Wasser zu
GEFLECKTE AVOCADO
Eine der Möglichkeiten, den Verbrauch anzukurbeln, ist die Sortenentwicklung, bemerkt Johnathan. „Kürzlich haben wir Gem eingeführt, eine exklusive Sorte von Westfalia mit einer goldfarbenen,
verbrauchen und die Ressourcen in den Zeiten, in denen wir sie brauchen, zu schonen.” Darüber hinaus achtet Westfalia auf die Genetik, um die Auswirkungen extremer Wetterbedingungen abzumildern. „Wir sind das einzige Unternehmen, das sowohl Pflanzenmaterial erforscht als auch Avocados vermarktet; wir sind wirklich vertikal integriert. Deshalb beschäftigen wir uns mit der Entwicklung von Wurzelstöcken, die toleranter gegenüber dem Salzgehalt sind, damit wir in Gebieten mit weniger reinem Wasser anbauen können, und wir untersuchen auch trockenheitstolerante Wurzelstöcke.”
26 AGF Primeur 4 • 2024 Exoten
gesprenkelten Schale. Wir sehen darin eine Chance, die Verbraucher für eine Kategorie zu gewinnen, in der Hass dominiert, und ihnen etwas anderes zu bieten, um zu zeigen, dass sich einige Sortenentwicklungen durchsetzen.“
Westfalia bemerkte, dass zwischen der grünhäutigen Avocado Fuerte und der Hass-Sorte Platz für eine Zwischensorte war. „Deshalb wurde Gem an Bord aufgenommen. Wir haben in vielen Ländern die exklusiven Vermarktungsrechte. Außerdem können wir über die Erzeuger kontrollieren, wo und wie viele Avocados angebaut werden. Das bedeutet, dass Gem den Markt nicht überschwemmt, sondern ein Premiumprodukt bleibt. Wir sind immer noch dabei, weitere Erzeuger auf der ganzen Welt zu etablieren, während wir die Marktchancen in neuen Ländern erweitern.“
Johnathan erwähnt, dass die neue Avocado zwar bereits auf dem britischen Markt etabliert ist, aber auch in Deutschland, Frankreich und den USA als spezielle Sorte verkauft wird.
JUNGE ERNTE
Bei der Entwicklung neuer Sorten legt Westfalia großen Wert auf die natürliche Auslese. „Wir versuchen, das Genom zu kartieren. Die Avocado ist eine relativ junge Kulturpflanze. Der Anbau von Zitrus geht beispiels-
weise auf die alten Ägypter zurück, während die Avocado erst etwa 100 Jahre alt ist. Das bedeutet, dass die Genetik noch nie wirklich kartiert worden ist. Wir glauben jedoch weiterhin nicht, dass die Manipulation der Gene der richtige Ansatz ist. Das ist nicht die Art und Weise, wie unsere DNA durch die traditionelle Vermehrung entstanden ist. Unser Gründer, Dr. Hans Merensky, stammt aus einer traditionellen landwirtschaftlichen Branche. Um unserem Erbe treu zu bleiben, werden wir uns also weiterhin auf natürliche Kreuzungen verlassen. Dennoch möchten wir auch die neueste
Wissenschaft und Technologie einbeziehen.“
Hilfreich dabei ist die Tatsache, dass Westfalia, das in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen feiert, vertikal integriert ist, bemerkt Johnathan. „Wir sind das einzige Unternehmen, das vertikal integriert ist. Wir bemühen uns um die Pipeline, und wenn wir neue Sorten und neue Wurzelstöcke entwickeln, werden wir sie auch einführen, aber es geht nicht schnell.“ Wenn jedoch neue Sorten eingeführt werden, dann auf lange Sicht. „Wir produzieren zum Beispiel immer noch in den Gebieten, in denen wir
traditionell angebaut haben. Westfalia hat eine Plantage in Südafrika, die in den 1940erJahren gepflanzt wurde, und diese schönen, reifen Bäume sind immer noch produktiv.“
John.sutton@westfaliafruit.com
27 AGF Primeur 4 • 2024
Für alle Ihre Zollformalitäten beim Im- und Export Gebroken Meeldijk 66, 2991 VD Barendrecht T. +31 (0)180 - 690500 | F. +31 (0)180 - 690503 | E. info@straytest.nl WWW.STRAYTEST.NL
Trotz kritischer Stimmen gibt es viele Chancen für den niederländischen Gewächshausanbau
Sir David Attenborough lobte 2020 in der Netflix-Dokumentation ‚A Life On Our Planet‘ den niederländischen Gewächshausanbau als Vorbild für den Rest der Welt. Er hob insbesondere die Art und Weise hervor, wie der niederländische Gewächshausanbau in der Lage ist, frische Lebensmittel sehr nachhaltig, effizient und sicher anzubauen. Im Jahr 2021 bestätigte eine Studie der Wageningen University & Research (WUR), dass der Anbau in Hightech-Gewächshäusern die nachhaltigste Produktionsmethode für unter anderem Obst und Gemüse ist.
In den vergangenen Monaten wurde der niederländische Gewächshausanbau jedoch unter anderem von Klaas Knot (Präsident der DNB) und Frans Timmermans (Parteivorsitzender von
GroenLinks-PvdA und ehemaliger Vizepräsident für den europäischen Green Deal) unter Beschuss genommen. Kurz gesagt, der niederländische Gewächshausanbau benötige relativ viel
Platz und migrantische Arbeitskräfte und bringe wirtschaftlich zu wenig ein. In den Medien wurde daraufhin häufig die Frage nach der Zukunft des niederländischen Gewächshausanbaus gestellt. Eine Reaktion der Branche war natürlich unvermeidlich, und in der FD vom 23. März dieses Jahres wurde unter anderem Adri Bom ausführlich interviewt. Als Geschäftsführerin von Glastuinbouw Nederland erklärte sie, dass die Branche in den Niederlanden durchaus eine Zukunft habe. Am 2. April dieses Jahres schrieben Lambert van Horen, Sektorleiter bei der Rabobank, und Peter Ravensberger, Forscher bei WUR, in der FD, dass Hightech-Gewächshäuser auch und gerade außerhalb der Niederlande
Thema Gewächshausgemüse 28 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Ruud van der Vliet ist ehemaliger Direktor von Bedrijven Rabobank
Westland und derzeitiger Direktor bei Van der Vliet & Van der Oost BV. Er ist spezialisiert auf die Optimierung des Firmenwertes im Bereich
Food & Agri und speziell im (Gewächshaus-)Gartenbau. Ruud analysiert regelmäßig Unternehmen im Bereich Obst, Gemüse und Gartenbau für Primeur. ruud@rvdvliet.nl
ein enormes Potenzial haben. Ich stimme mit Adri, Lambert und Peter überein und werde Ihnen hier meine Ansichten erläutern.
ÖKOSYSTEM
Der niederländische Gewächshausgartenbau ist so etwas wie ein Sammelbegriff. In neueren Medienberichten wird er hauptsächlich oder vor allem auf Anbauoder Produktionsbetriebe bezogen. Der niederländische Gewächshausgartenbau besteht jedoch aus einem Ökosystem, einer Kette oder einem Cluster von Betrieben und Organisationen. Angefangen bei Saatgutunternehmen, jungen Pflanzenzüchtern, Gewächshausherstellern, anderen Zulieferern, Anbau- oder Produktionsbetrieben, Verpackern, Verarbeitern, Händlern und Logistikdienstleistern, die Supermärkte oder Catering-Unternehmen beliefern. In diesem Artikel geht es hauptsächlich um Anbauund Produktionsbetriebe.
Bereits im 16. und 17. Jahrhundert wurden in den Niederlanden Gewächshäuser für den Anbau und die Lagerung tropischer Pflanzen gebaut. Im 18. und 19. Jahrhundert beschleunigten sich die technischen Innovationen. So erfand der britische Chemiker Joseph Paxton 1834 das Gewächshausglas, das den Bau größerer und stabilerer Gewächshäuser ermöglichte. Dadurch konnte der Pflanzenanbau weiter optimiert werden. Das führte zu weiterem Wachstum und zur Modernisierung des niederländischen Gewächshausanbaus. Technologische Fortschritte wie Heizsysteme, Bewässerung und später künstliche Belichtung ermöglichten eine genaue Kontrolle des Klimas in den Gewächshäusern, wodurch die Anbausaison verlängert und eine größere Vielfalt an Pflanzen angebaut werden konnte. Das Seeklima und der lehmige Boden erwiesen sich als ideale Kombination für viele Kulturen. Nach 1950 wuchs die niederländische Gewächshausbranche rasch. Zunächst wurden Gewächshäu-
ser aus Holz gebaut, ab den 1970er-Jahren zunehmend auch aus Metall. Unter anderem aufgrund des einzigartigen Ökosystems wurden moderne Technologien und Innovationen eingeführt, wobei der Schwerpunkt auf Effizienz und Qualität lag, sodass die Niederlande heute zu den weltweit führenden Herstellern und Exporteuren von Gewächshausprodukten gehören.
Dieses einzigartige Ökosystem wird oft als ‚Triple Helix‘-Modell bezeichnet. Dabei meint die Triple Helix die Interaktion zwischen drei Schlüsselkomponenten: Behörden, die gesamte Kette der Betriebe und Bildung. Das Modell bezieht sich auf die enge Zusammenarbeit zwischen diesen drei Komponenten, um Innovation, Wachstum und Nachhaltigkeit im Unterglasgartenbau zu fördern.
Diese Zusammenarbeit zwischen Behörden, Wirtschaftsunternehmen und Bildungseinrichtungen hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einem dynamischen Ökosystem geführt, wodurch das Wachstum, die Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit der niederländischen Gewächshausbranche gestärkt wurden. Diese Triple Helix ist nach wie vor die Grundlage für den Erfolg des niederländischen Gewächshausgartenbaus. Wichtige Teile der Triple Helix können nicht ohne Folgen umgestellt, gestoppt oder demontiert werden. Es ist gerade das Zusammenspiel von Behörden, Wirtschaftsunternehmen und Bildungseinrichtungen, das den Unterglasgartenbau in den Niederlanden weltweit einzigartig macht. Andere erfolgreiche Ökosysteme sind beispielsweise die deutsche Automobilindustrie im Raum München, die amerikanische Internet- und IKT-Industrie im Silicon Valley bei San Francisco, die niederländische Halbleiterindustrie im Brainport Eindhoven, die dänische Windkraftindustrie in Aarhus, die italienische Luxusgüterindustrie für Bekleidung und Accessoires in der Lombardei
bei Mailand und die spanische Olivenproduktion, -verarbeitung und -vermarktung in Andalusien.
Die Ursprünge dieser erfolgreichen Ökosysteme lassen sich auf den komparativen Vorteil zurückführen. Dieses ökonomische Prinzip besagt, dass, wenn die Produktion von z. B. Tomaten in den Niederlanden besser ist als in Deutschland, beide davon profitieren. Dieses Prinzip, das als absoluter Vorteil bekannt ist, wurde von Adam Smith aufgestellt. Aber auch wenn ein Land beide Produkte besser herstellen kann als ein anderes, lohnt es sich, sich auf das Produkt zu spezialisieren, bei dem man den größten Vorteil hat, und das andere Produkt aus dem anderen Land zu beziehen. Deutschland kann besser Autos bauen und wir können besser Tomaten anbauen. Das ist es, was David Ricardo den komparativen Vorteil nannte. Das ist ein wichtiger Grund dafür, dass die Niederlande im Gewächshausanbau so erfolgreich geworden sind: Wir können es aus mehreren Gründen besser als viele andere Länder, und – was nicht unwichtig ist – auch die Nachbarländer profitieren davon!
Für ein gut funktionierendes Ökosystem ist jedoch ein Mindestmaß an Produktionsfläche erforderlich. In den Niederlanden gab es in den vergangenen 20 Jahren laut Zentralbüro für Statistik (CBS) ein stabiles Areal von ca. 10.000 ha Gewächshausfläche. In den letzten 20 Jahren sind 2⁄3 der Betriebe verschwunden, sodass etwa 3.300 Betriebe mit einer durchschnittlichen Größe von etwa 3 ha übrig geblieben sind. Die Gewächshausfläche umfasst Schnittblumen, Topfpflanzen, Beetpflanzen/Bäume, Jungpflanzen, Obst und Gemüse. Der größte Teil der Gewächshausfläche (55 Prozent) wird für den Anbau von Gemüse und Beerenobst genutzt. Diese Betriebe sind im Durchschnitt fast 5 ha groß und damit im Durchschnitt größer als die Zierpflanzenbetriebe. Die größte Fläche entfällt
29 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
auf Tomaten mit über 1.700 ha. Die Vergrößerung und Konsolidierung fand vor allem im Gemüseanbau statt. Die Zahl der Gewächshausgemüsebetriebe mit > 50 ha nimmt stetig zu. Wie viele Hektar braucht das Ökosystem des niederländischen Unterglasanbaus, um gut zu funktionieren? Wenn man die Vielfalt der Kulturen in den Bereichen Zierpflanzen, Obst und Gemüse betrachtet, scheint eine Fläche zwischen 5.000 und 10.000 ha erforderlich zu sein. Ich gehe davon aus, dass in den kommenden Jahrzehnten ein Teil der Gemüseanbauflächen aus den Regionen Westland und im Osten in andere
forderungen. Die wichtigsten davon sind die Verbesserung der Nachhaltigkeit, der Arbeitsproduktivität und der Professionalisierung. Die Nachhaltigkeit kann und muss in Bereichen wie Energie, Düngemittel, Wasser, Pflanzenschutzmittel und Verpackung verbessert werden. Der Gewächshausgartenbau hat lange Zeit von der guten Verfügbarkeit und dem niedrigen Preis von Erdgas profitiert. Der jüngste Krieg und die Energiekrise haben deutlich gemacht, dass die Energiewende beschleunigt werden muss. Einige Vorreiter im Gewächshausgartenbau haben bereits vor 15 Jahren mit der Umstellung
z. B. in Bioreaktoren oder mit erneuerbarer Energie hergestellt werden. Wasser wird in niederländischen Gewächshäusern bereits weitgehend wiederverwendet. In der Praxis sind weitere Verbesserungen möglich. Beim Anbau von Gemüse und Beerenobst in Hightech-Gewächshäusern werden fast ausschließlich biologische Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Der Zierpflanzenanbau hinkt bei einigen Kulturen noch hinterher. Die große Vielfalt im Zierpflanzenbau erschwert es, für jede Kultur wirksame biologische Pflanzenschutzmittel zu entwickeln. Aber auch das ist eine Frage von
Teile der Niederlande, Europas und/oder Nordafrikas abwandern wird. Ein Teil der Gewächshäuser im Westland und im Osten wird dann für den Anbau von Zierpflanzen oder Beerenobst genutzt werden. Die technische Lebensdauer eines Hightech-Gewächshauses beträgt etwa 25-35 Jahre (abhängig von der Kultur), und viele Gewächshäuser sind weniger als 35 Jahre alt.
HERAUSFORDERUNGEN
Der niederländische Gewächshausgartenbau steht vor einigen großen Heraus-
auf Erdwärme einen ersten Schritt getan. In den Niederlanden sind derzeit 20 geothermische Quellen in Betrieb, die mehr als zehn Prozent der niederländischen Anbaufläche versorgen. In der Praxis ist der Erhalt von Konzessionen, Genehmigungen, Finanzierungen, Subventionen und Garantien für eine geothermische Quelle ein komplexer und langwieriger Prozess.
Versuche mit nachhaltigen Düngemitteln laufen bereits, und innerhalb von fünf Jahren wird ein Großteil der Düngemittel
ein paar Jahren. Immer mehr Verpackungen sind biologisch abbaubar. Praktisch ist es möglich, innerhalb weniger Jahre alle Verpackungen biologisch abbaubar zu machen.
Sind Supermärkte und Verbraucher bereit, für nachhaltigere Produkte mehr zu zahlen? Ich glaube nicht. Nachhaltige Produktion oder ein niedriger CO₂Fußabdruck wird in fünf Jahren eine Lieferbedingung sein: eine ‚Lizenz zum Produzieren‘.
Thema Gewächshausgemüse 30 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
In den vergangenen 20 Jahren hat der niederländische Gewächshausgartenbau in vollem Umfang von der Verfügbarkeit relativ billiger Arbeitskräfte aus Osteuropa profitiert, zunächst vor allem aus Polen und jetzt zunehmend aus Rumänien, Bulgarien und von außerhalb der EU. Die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit dieser Arbeitskräfte stehen unter starkem Druck. Dadurch steigt der Bedarf an Automatisierung und Robotisierung, insbesondere von repetitiven Tätigkeiten, rapide an. Die Gründe, die für eine Steigerung der Arbeitsproduktivität durch Automatisierung und Robotisierung sprechen, sind daher heute leichter zu vermitteln als noch vor einigen Jahren. Auch die verfügbaren Lösungen nehmen rasch zu. In den Medien haben Klaas Knot und Frans Timmermans vor allem auf den hohen Energieverbrauch und die geringe Arbeitsproduktivität hingewiesen. Zu Recht, wie ich finde. Aber sie sind lösbar!
Die letzte Herausforderung besteht in der Professionalisierung. Der niederländische Gewächshausgartenbau bestand und besteht immer noch aus relativ kleinen Betrieben. Der Schwerpunkt vieler Betriebe lag, auch aufgrund von Versteigerungen und Vermarktungsgenossenschaften, auf Anbau und Verarbeitung und weniger auf Verkauf, Logistik und Marketing. Aufgrund von Größenwachstum und Konsolidierung sind die Versteigerungen in den letzten Jahrzehnten weitgehend verschwunden und andere Geschäftsmodelle sind entstanden. Die horizontale Zusammenarbeit im niederländischen Gewächshausgartenbau ist einer stärkeren vertikalen Zusammenarbeit gewichen. Das Energiemanagement hat mittlerweile an Bedeutung gewonnen. Die größeren Gewächshausbetriebe im Zierpflanzen-, Obst- und Gemüsebau haben ein breiteres Management bekommen, das mit Spezialisten den gesamten Betrieb steuert, von Einkauf, Energie, Arbeit, Anbau, Verarbeitung, Verkauf, Logistik bis zum Marketing. Im Durchschnitt führten Konsolidierung, (vertikale) Zusammenarbeit und/oder Größenwachstum zu einer höheren Rentabilität und damit zu der Möglichkeit, mehr zu investieren, beispielsweise in Innovationen, Automatisierung und Nachhaltigkeit. Diese Entwicklung kann nicht immer mit Eigenkapital oder Bankfinanzierung erreicht werden. Häufig wird externes Kapital benötigt, um die notwendige Beschleunigung zu ermöglichen. Externes Kapital hat oft eine disziplinierende Wirkung, indem es Spezialkenntnisse und Strukturen einbringt. In der
Praxis hat sich gezeigt, dass die Schere zwischen den Spitzenreitern und der Masse größer geworden ist.
ERTRAGSKRAFT
Einen Gewächshausbetrieb erfolgreich zu führen, ist unglaublich komplex. Das Energiemanagement ist in den letzten 20 Jahren zu einem immer wichtigeren Teil des Betriebs geworden. In den vergangenen Jahren haben sich die gestiegenen Energiepreise, verschiedene Viren und Schädlinge sowie die sinkende Kaufkraft der Verbraucher stark auf die Rentabilität der Gewächshausbetriebe ausgewirkt.
Wie in jeder anderen Branche gibt es auch im niederländischen Gewächshausgartenbau strukturell rentable Unternehmen, eine Gruppe, die finanziell gerade so über die Runden kommt, und eine Gruppe, die strukturell unrentabel ist. Die letztere Gruppe gibt auf, wird übernommen oder geht in Konkurs.
Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen: Die Spitzenreiter im Tomatenanbau in den Niederlanden erwirtschafteten in den vergangenen Jahren (nach wie vor) ein durchschnittliches EBITDA/ ha von 300.000 EUR, während das Mittelfeld im Durchschnitt 150.000 EUR/ha erwirtschaftete und die Schlusslichter oft deutlich weniger. Solche Unterschiede sind bei vielen Kulturen im niederländischen Gewächshausanbau zu beobachten. Bei Tomaten und Paprika entfallen inzwischen 50 Prozent der Anbaufläche auf die Spitzenreiter.
Vor zehn Jahren führte McKinsey, unter anderem im Auftrag der niederländischen Erzeugerverbände und der Rabobank, eine Studie über die Zukunft des niederländischen Fruchtgemüses durch. Damals war ein Großteil der niederländischen Gemüseerzeuger nicht in der Lage, Neuinvestitionen und/oder notwendige Renovierungen aus eigener Kraft zu finanzieren. Ihre Ertragskraft reichte dafür in der Regel nicht aus und die Abhängigkeit von den Banken war sehr hoch. Die Macht des Handels und des Einzelhandels sowie die Ohnmacht der Erzeuger und Erzeugerverbände führten zu unerwünschten Marktungleichgewichten. McKinsey empfahl den Erzeugern und Erzeugerorganisationen, ihre Kräfte weitgehend zu bündeln, beim Absatz enger zusammenzuarbeiten und neue Einkommensmodelle zu entwickeln. Das Ziel war eine gerechtere Preisgestaltung. Die Analyse für das niederländische Fruchtgemüse war in Teilen ähnlich wie die für den niederländischen
Zierpflanzenbau: Notwendigkeit von Umfangszunahme, mehr absatzorientierte Zusammenarbeit und Suche nach neuen Geschäftsmodellen.
Meiner Meinung nach sind die im McKinsey-Bericht von 2014 genannten Ratschläge nach wie vor aktuell: mehr Fokus auf (vertikale) Zusammenarbeit, weniger Erzeugergemeinschaften, mehr ‚Local For Local‘-Produktion in Europa, weitere Professionalisierung des Managements und eine effektivere Triple Helix.
In den Niederlanden sehen wir, dass die Spitzenreiter der letzten zehn Jahre sowohl im Zierpflanzenbau als auch im Gemüse- und Beerenobstanbau in der Lage sind, mit oder ohne Fremdkapital ein gesundes Wachstum und eine gesunde Rendite zu erzielen. Eine gesunde Rendite, die genügend finanziellen Spielraum für Innovationen und mehr Nachhaltigkeit bietet.
Die Spitzenreiter beweisen, dass dies möglich ist. Diese Vorreiter im niederländischen Gewächshausgartenbau zeichnen sich häufig durch folgende Merkmale aus: intensive (vertikale) Zusammenarbeit, proaktive Nachhaltigkeit, (deutlich) überdurchschnittliche Größe, professionelles Management, dadurch höherer Ertrag pro Hektar und dadurch ein besserer Zugang zu Finanzierung und/oder Fremdkapital.
ZUSAMMENFASSUNG
Hightech-Gewächshäuser sind eine Lösung, um Lebensmittel nachhaltiger, planbarer, sicherer und qualitativ hochwertiger zu produzieren. Niederländische Erzeuger und Gewächshaushersteller zeigen schon seit Jahrzehnten, dass es möglich ist. Dieser komparative Vorteil hat dazu geführt, dass der niederländische Gewächshausbau eine wichtige Rolle auf dem europäischen Markt spielt. Etwa 20 Prozent aller HightechGewächshäuser der Welt stehen in den Niederlanden. Die weitere Flächenzunahme bei Hightech-Gewächshäusern wird sich aber außerhalb der Niederlande vollziehen.
Der niederländische Gewächshausgartenbau steht vor schwierigen Herausforderungen, die jedoch gemeistert werden können. Das beweisen die Spitzenreiter. Lange Zeit profitierte der niederländische Unterglasanbau vom billigen niederländischen Erdgas und von billigen Gastarbeitern. Diese Zeiten sind vorbei. Die Spitzenreiter im niederländischen Gewächshausanbau beweisen, dass trotz
31 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
des oben erwähnten Gegenwinds eine gute Rendite erzielt werden kann. Spitzenreiter gibt es sowohl im Zierpflanzenbau als auch bei Gemüse und Beerenobst. Die Marktführer verfügen aufgrund der guten Rendite über mehr Eigenmittel, einen besseren Zugang zu Finanzmitteln und/oder Fremdkapital. Im Durchschnitt sind die Spitzenreiter größer, wachsen stärker, sind nachhaltiger, innovativer und werden professioneller geführt. Der Abstand zwischen den Spitzenreitern und der Masse hat sich in den vergangenen zehn Jahren weiter vergrößert. Meiner Meinung nach wird sich diese Entwicklung fortsetzen, sodass insbesondere im Gemüseanbau nur noch eine Handvoll erfolgreicher Unternehmen je Kultur übrig bleiben wird.
Die Fläche des Gewächshausgartenbaus in den Niederlanden wird allmählich abnehmen, wobei Gewächshäuser für den Gemüseanbau auf Zierpflanzenbau oder Beerenobst umgestellt, abgerissen und/ oder in andere Teile der Niederlande oder ins Ausland verlagert werden. Vor allem in Westland und im Osten der Niederlande ist der Druck auf die verfügbaren Flächen sehr groß. Ich persönlich erwarte, dass die niederländische Gewächshaus-
gartenbaufläche von über 10.000 ha in den nächsten zehn Jahren allmählich auf 8.000 bis 9.000 ha zurückgehen wird. Dieser Rückgang betrifft vor allem die Gemüseanbaufläche.
Meiner Meinung nach ist die verbleibende Fläche immer noch groß genug, um Teil eines gesunden Ökosystems zu sein. Die Wirksamkeit der Triple Helix war in den letzten zehn Jahren begrenzt. Die Empfehlungen von McKinsey aus dem Jahr 2014 sind größtenteils immer noch gültig und werden nur unzureichend umgesetzt. Während das Ökosystem von Brainport Eindhoven kürzlich mehrere Milliarden Euro erhalten hat, wird das Ökosystem des niederländischen Gewächshausgartenbaus selbst in den Medien negativ dargestellt.
Meiner Meinung nach sollte die Wirksamkeit der Triple Helix verbessert werden, indem man mehr erfolgreiche Unternehmer/Führungskräfte einbezieht. Und vor allem sollte sich die Politik darauf konzentrieren, was notwendig ist, um mehr Spitzenreiter zu gewinnen und die bestehenden Spitzenreiter erfolgreicher zu machen. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass letztlich nur ein
kleiner Teil der Unternehmer im niederländischen Unterglasgartenbau eine Bestandsberechtigung hat. Das bedeutet jedoch nicht, dass all das Wissen und die Erfahrung verloren gehen. Diese Menschen können innerhalb der Spitzengruppe eine sehr nützliche und erfolgreiche Rolle spielen.
Thema Gewächshausgemüse 32 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Martin Scherpenhuizen:
„Ich bin erstaunt, wie viele Expansionspläne die niederländischen Gewächshausanbauer noch haben“
Die Zahl der Handelspartner für Gewächshausgemüse ist in den Niederlanden in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. „Einige Marktteilnehmer werden kleiner oder ziehen sich zurück, während die verbleibenden einen immer größeren Anteil am Volumen haben”, sagt Martin Scherpenhuizen. Das Familienunternehmen mit Sitz in Eindhoven ist keine Ausnahme von dieser Regel. „Wir wachsen jährlich um zehn Prozent, und das schon seit 25 Jahren!”
Scherpenhuizen ist seit Langem ein echter Spezialist für niederländische Produkte. „Fruchtgemüse, Freilandgemüse und Kernobst sind unsere größten Produktgruppen. Wir haben einen Versuch mit Beerenobst gemacht, aber das war nicht sehr erfolgreich. Wir führen auch ein begrenztes Sortiment an exotischen Produkten, aber gemessen an unserem Gesamtvolumen ist dieser Anteil minimal”, sagt Martin.
33 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
BELICHTETER ANBAU
WIEDER AUF NORMALEM
NIVEAU
Inzwischen kommt die niederländische Obst- und Gemüsesaison langsam wieder in Schwung. „Glücklicherweise ist das Angebot größer als im vergangenen Jahr, als wir wegen der explodierenden Energiepreise kaum belichteten Anbau hatten. In diesem Jahr ist der belichtete Anbau bei uns wieder auf dem Niveau von vor zwei oder drei Jahren. Allerdings sehen wir eine Verzögerung des Angebots aufgrund des trüben Wetters im ersten Quartal. Nicht umsonst haben wir die drei dunkelsten Monate hinter uns. Aber immerhin ist es besser als im letzten Jahr, als bis Mai kaum niederländische Ware auf dem Markt war.“
„Wir haben in diesem Jahr nur wenige Produktverschiebungen bei unseren Erzeugern festgestellt. Einige Erzeuger haben jedoch expandiert und wir konnten auch eine Reihe neuer Lieferanten begrüßen“, sagt Martin. Scherpenhuizen sucht mit Nachdruck nach neuen Anbauern. „Bei dem Wachstum, das wir erleben, müssen wir das auch. Aber wer im vorderen Bereich anbaut, muss das hinten auch organisieren.“
„Unser Verkauf ist auf die großen europäischen Einzelhändler ausgerichtet. Seit der Integration mit Kamps beliefern wir sie nun das ganze Jahr über mit grünen Bohnen, Frühlingszwiebeln und anderen Hülsenfrüchten, und der Start von Freshclusive hat auch den Export nach Übersee angekurbelt“, sagt Martin. „Auch unser Absatz von Bio-Gemüse wächst stetig. Wir haben in den letzten Jahren mit einer Reihe größerer Bio-Erzeuger zusammen-
gearbeitet, und diese Absätze bleiben auf einem guten Niveau.“
GRÖSSERE WARENSTRÖME UND WENIGER PARTEIEN
Nach Angaben des Geschäftsführers von Scherpenhuizen ist der Absatz auf dem europäischen Einzelhandelsmarkt relativ stabil. „Früher hatten die europäischen Einzelhändler oft noch fünf bis zehn niederländische Lieferanten, heute sind es oft nur noch zwei oder drei Parteien. Die Einzelhändler entscheiden sich für größere Warenströme und weniger Parteien. Das hat zur Folge, dass die Zahl der verbleibenden Handelspartner von Jahr zu Jahr zunimmt.“
kann nicht mehr einfach jede Sorte von jedem Erzeuger an jeden Kunden liefern. Der Markt verlagert sich immer mehr von spezialisierten Erzeugern hin zu ausgewählten Einzelhändlern.“
ÜBERRASCHUNG BEI EXPANSIONSPLÄNEN
F ijne ke r stdage n en een voo r spoedig nieu w jaa r !
Transportweg 20, 2676 LL Maasdijk
Transportweg 20, 2676 LL Maasdijk
T 0174-525140 | F 0174-517981
T 0174-525140 | F 0174-517981
E in f o@ t rans t ol k. n l | w w w tra n st ol k n l
E in f o@ t rans t ol k. nl | www. tra n st ol k.nl
Internationaal transport door geheel Duitsland Frankrijk en de Benelux
Internationales Transportunternehmen | Kühlen und erhitzen Transport | Gemüse- und Obsttransport GRUPPENDIENSTLEISTUNGEN | CROSSDOCKING
GROUPAGE-DIENSTEN | OP- EN OVERSLAG
„Für neue Marktteilnehmer ist es fast unmöglich geworden, aus dem Nichts in den Markt einzutreten. Angesichts der heutigen Anforderungen an Qualität, Zertifizierungen, Nachhaltigkeit und IKT ist es auch nicht mehr möglich, auf dem aktuellen Markt in kleinem Maßstab zu operieren. Es gibt so viel zu tun, und man benötigt eine gewisse Größe, um das zu einem bestimmten Preis zu tun. Die Zeiten, in denen man auf Auktionen kaufte und weiterverkaufte, sind vorbei. Man
Zu Martins Überraschung entscheiden sich auch immer mehr niederländische Gewächshausanbauer, ihre Anbauflächen zu vergrößern. „Wenn man sieht, was unter anderem mit der kommenden Energiesteuer auf sie zukommt, bin ich überrascht, dass die niederländischen Erzeuger immer noch Expansionspläne haben. Auch die Arbeitskräfte sind in den Niederlanden extrem teuer. Im Senegal liegt der Stundenlohn bei etwa 50 Cent, in Marokko bei etwa 1 EUR, in Spanien bei 13 EUR und in den Niederlanden bei 26 EUR. Da fragt man sich, wer hier noch rentabel anbauen kann. Offensichtlich waren die letzten Jahre doch nicht so mager.“
„Das Einsetzen von Arbeitskräften wird in Zukunft eine große Herausforderung darstellen, vor allem bei den arbeitsintensivsten Kulturen. Paprika und Strauchtomaten werden dann zwar weiterhin in den Niederlanden angebaut, aber ich gehe davon aus, dass der Anbau von Snacktomaten, Gurken und CherryStrauchtomaten zunehmend ins Ausland verlagert wird, wenn auch mit HightechAnbau und niederländischem Know-how. Übrigens wartet nicht jeder Kunde darauf, dass man als niederländischer Handelspartner hier eine Rolle spielt. Viele
Thema Gewächshausgemüse 34 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Einzelhändler haben bereits ihre direkten Verbindungen.“
EIGENANBAU HAT KEINE PRIORITÄT
Seit Jahren baut Scherpenhuizen im spanischen Don Benito – auf halbem Weg zwischen Madrid und Lissabon – Gurken und Mini-Gurken unter der Aufsicht niederländischer Anbauer an. Doch der Ausbau des eigenen Anbaus hat für das Unternehmen aus Eindhoven keine Priorität. „In Spanien und Nordafrika ist wiederum die Wasserknappheit ein Thema. Bei all den genannten Problemen ist es für uns nicht unbedingt ein Muss, selbst anzubauen. Wir haben unsere eigene Spezialisierung, mit unseren eigenen Herausforderungen. Der Arbeitsmarkt steht dabei ganz oben auf der Liste. Natürlich sehen wir die Möglichkeiten der Robotisierung und würden gerne Schritte in diese Richtung unternehmen, aber es ist offenbar noch nicht so einfach, das in den Betrieb zu integrieren. Allzu oft zahlen die Pioniere, die in diesen Bereich investieren, die Rechnung“, sagt Martin.
„Auch das politische Klima in den Niederlanden ist für die gesamte Agrar- und
Ernährungswirtschaft nicht gerade förderlich. Denken Sie nur an die ganze Plastikdiskussion. Ich kann mir gut vorstellen, Gurken und Paprika in großen Mengen unverpackt an einen niederländischen oder deutschen Discounter mit hohem Umsatz zu liefern, aber das Gleichgewicht stimmt nicht. Wir behandeln das Produkt mit Haarnetzen und Mundschutz, als würden wir in einer Pflegeklinik arbeiten, und dann greifen alle im Regal nach dem gleichen unverpackten Produkt. Ich persönlich glaube, dass in anderen Branchen viel mehr Plastik eingespart werden kann, zum Beispiel bei Medikamenten wie Paracetamol. Und manchmal scheint man in der Diskussion zu vergessen, dass wir auch Produktverluste vermeiden wollen. Aber am Ende entscheidet immer noch der Verbraucher. Wenn sich herausstellt, dass er die dreifarbige Ampelpaprika in der Flow-Packung der losen Paprika vorzieht, wird der Supermarkt seine Meinung schnell wieder ändern.“
Die abschließende Frage, ob Scherpenhuizen ein unabhängiges Unternehmen bleiben wird, bejaht Martin. „Wir sind ein Familienunternehmen und das wollen wir
auch bleiben. Wie sich das in den nächsten Jahren entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Ich habe zwei Söhne, 25 und 26 Jahre alt, und ich habe ihnen gesagt, dass sie erst einmal fünf Jahre lang lernen und selbstständig unternehmerisch tätig sein sollen. Ich glaube, dass sie mehr lernen, wenn sie von Anfang an unternehmerisch tätig sind, als wenn sie jetzt schon in der Obst- und Gemüsebranche herumhängen. Sie sammeln jetzt viele Erfahrungen und was danach kommt, werden wir sehen.“
martin@scherpenhuizen.nl
35 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
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Vom Winterschlaf zur Beleuchtung: Europas
Tomatengewächshäuser
nehmen die Winterproduktion auf
Wenn der Frühling in Europa endlich Einzug hält, mag das noch in weiter Ferne liegen, aber in ein paar Monaten werden die Pflanzen für den Winteranbau wieder in den Gewächshäusern stehen. Und es sind deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Der nordwesteuropäische Tomatenmarkt kommt wieder in Schwung. Es werden nicht nur die vorhandenen Leuchtkörper eingeschaltet, sondern es zeichnet sich auch ein weiteres Wachstum ab.
In den vergangenen Jahren hat der Wintertomatenanbau, bei dem zwischen Dezember und Juni unter künstlicher Beleuchtung geerntet wird, deutlich zugenommen. Dieser Trend hielt bis zum Winter 2022/2023 an. Die fast vollständige Einstellung des Winteranbaus hatte verschiedene Ursachen, wobei die explodierenden Energiepreise, die zum Teil auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen sind, die Hauptursache waren. Der beispiellose Anstieg der Gaspreise in den Jahren 2021 und 2022 veranlasste viele Erzeuger, ihre Lampen auszuschalten. Zudem spielte das Tomatenvirus ToBRFV eine wichtige Rolle. Im beleuchteten Anbau ist eine resistente Sorte praktisch eine Voraussetzung, da die Kosten viel höher sind und das Virus für die Pflanzen unter Stress größere Folgen hat. Erzeuger und Verkaufsorganisationen fanden es schwierig, den Käufern diese Tatsache zu vermitteln. Einzel- und Großhändler garantierten keine Preise, und viele Erzeuger entschieden sich dafür, das Licht auszuschalten und eine traditionelle, unbeleuchtete Saison zu betreiben. In
den Niederlanden beispielsweise ging die beleuchtete Fläche von 800 auf 100 Hektar zurück, und in Belgien wurden weniger als zehn Hektar beleuchtet.
„Als diese Entscheidung getroffen wurde, war bereits klar, dass es nach einer Saison nicht mehr weitergehen würde“, sagt Louis Golaz von RED Horticulture. „Um den gleichen Anbauplan wieder zu erreichen, braucht man mindestens zwei Saisons. Der Tomatenanbau ist ein langer Prozess, der normalerweise fast ein Jahr dauert. In den ersten acht Wochen wird normalerweise nicht geerntet. Wenn ein Erzeuger den Anbau vorzeitig beendet, um auf eine unbeleuchtete Saison umzustellen, verliert er zwei produktive Monate. Das ist ein erheblicher Verlust. Um im nächsten Jahr wieder auf beleuchteten Anbau umzustellen, muss man eine weitere Saison um mehrere Monate verkürzen. Die meisten Betriebe können sich das einfach nicht leisten.“
Das französische Unternehmen bietet eine dynamische LED-Lösung an, bei
der die Beleuchtung mithilfe von Sensoren und Algorithmen an die klimatischen Bedingungen, die Bedürfnisse der Pflanzen und die Präferenzen der Erzeuger angepasst wird. In den vergangenen Jahren wurde das System um verschiedene Funktionen erweitert, die den Anbaubetrieben ein effektiveres Energiemanagement ermöglichen. „Das ist extrem wichtig, denn die Rentabilität des Tomatenanbaus hängt stark von den Energiepreisen ab.“ Er stellt außerdem fest, dass die Produzenten dazu neigen, je nach Energiepreis mehr oder weniger Beleuchtung zu verwenden.
Trotzdem schien der Markt in der zurückliegenden Wintersaison eine leichte Wende zu vollziehen. Die Energiepreise blieben stabiler, und es waren mehr resistente Sorten verfügbar. Schätzungsweise 40 Prozent der niederländischen Anbaufläche von 800 Hektar, also etwa 300-400 Hektar, lieferten wieder Tomaten aus beleuchtetem Anbau. In dieser Wintersaison setzt sich dieser Trend nur fort, und es ist wahrscheinlich, dass die gesamte beleuchtete Fläche geerntet wird.
Das liegt zum Teil daran, dass der größte Teil der Fläche jetzt mit LED-Beleuchtung ausgestattet ist, die viel weniger Strom benötigt als die früher verwendeten HPS-Lampen. In den Niederlanden gibt es erhebliche Subventionen, die die Umstellung auf oder die Installation von LED-Beleuchtung zu einer verlockenden
VERMEHRUNGS- UND ANBAUEXPERTEN
Als Produzent arbeiten Sie mit zuverlässigen und soliden Partnern zusammen. Van den Elzen Plants passt in dieses Bild; seit über sechzig Jahren sind wir ein führender Lieferant von Erdbeer- und Spargelpflanzen und in den letzten Jahrzehnten auch von Himbeer- und Brombeerpflanzen. Wir verkaufen Ihnen aber nicht nur Pflanzen, sondern vor allem einen erfolgreichen Anbau. Wir sind spezialisiert im:
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Thema Gewächshausgemüse 36 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
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Option machen. „Wir sehen immer weniger HPS-Lampen, aber immer noch einige Hybridanlagen, die HPS mit LED kombinieren. Bei niederländischen Tomaten sind das insgesamt etwa 200 Hektar“, schätzt Koen Vangorp von Mechatronix. „Mit der Zeit werden auch diese ersetzt.“
Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der größten Anbieter von LED-Beleuchtung entwickelt. Und dieses Wachstum ist noch nicht beendet. Koen erwartet, dass neben dem Ersatzmarkt für HPS-Lampen eine neue Welle von Beleuchtungsgeräten entstehen wird. „In den zurückliegenden Jahren kam ein Großteil des Anbaus im Tomatenbereich von Unternehmen, die von HPS auf LED umgestellt haben. Jetzt sehen wir auch, dass viele Unternehmen, die nicht beleuchten, Interesse an der Installation zeigen. Das war in den vergangenen Jahren wegen der hohen Energiepreise kaum der Fall.“ Er rechnet damit, dass die Niederlande in den kommenden Jahren die 1.000 Hektar beleuchteter Anbaufläche überschreiten werden. Zum Teil aufgrund des schlechten Wetters in Südeuropa waren die Nachfrage nach und die Preise für Produkte aus Nordeuropa gut. „In den vergangenen Jahren wurde
immer mehr auf Vertragsbasis angebaut. Auch in diesem Jahr ist bereits viel vertraglich festgelegt. Es gibt eine Nachfrage nach Produkten aus den Niederlanden, Belgien, aber auch von deutschen Einzelhändlern. Das liegt auch an der Qualität der importierten Produkte in den zwei vergangenen Wintern, die nicht besonders gut war. Die Preise für die Winterproduktion waren gut, und insbesondere mit den verfügbaren Subventionen fällt die Wahl leichter.“
Er verweist auf die Entwicklungen in Spanien. „Wenn man sieht, wie Almeria mit Wasser- und Wärmeproblemen kämpft, reicht das noch weiter. Letztlich gibt es nur einen begrenzten Streifen, aus dem ganzjährig geliefert werden kann. In Europa, aber auch in Nordamerika, kann man diese Grenze ziehen. Zu weit im Süden wird das Wärmemanagement problematisch, und zu weit im Norden gibt es zu viel Licht. Es ist ein relativ schmaler Streifen, in dem das geschieht.“
Dieser Streifen erstreckt sich auch durch das Vereinigte Königreich, wo die Einzelhändler in den vergangenen Jahren mit leeren Regalen zu kämpfen hatten. Die Verbraucher durften in bestimmten
Supermärkten nur eine begrenzte Anzahl von Tomaten und Gurken mitnehmen. Auch dort wird der Bereich der beleuchteten Produkte ausgeweitet. So hat sich beispielsweise das Gewächshausunternehmen La Serra für LED-Beleuchtung entschieden, und auch das schnell wachsende Unternehmen Greenhouse Growers setzt auf LED.
In Deutschland schätzt Koen die Anbaufläche für Wintertomaten auf etwa 100 Hektar. Auf Österreich und Ungarn entfallen weitere 50 bis 60 Hektar und auf Belgien 200 Hektar. HPS-Beleuchtung gibt es dort nicht mehr: nur noch LEDBeleuchtung und Hybridanlagen. Auch in den umliegenden Ländern wurde der beleuchtete Tomatenanbau weitgehend auf LED umgestellt. „Aber der Prozentsatz des beleuchteten Anbaus ist bei Weitem nicht so hoch wie in den Niederlanden. In Frankreich haben wir bereits viel mehr Licht als in den nördlichen Ländern“, erklärt Louis. „Dann wird es schwieriger, ein Beleuchtungssystem zu rechtfertigen. Es hängt vom natürlichen Licht, den Energiepreisen und natürlich davon ab, was der Käufer bereit ist, zu
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37 • 2024
Für die Angebotgesamte an Obst und Gemüse
Philip
van Geest, Van Geest International:
„Als Day-Trader ist es unser Geschäft, die begrenzte Verfügbarkeit
von Produkten zu ergänzen“
Die niederländische Gewächshausgemüsesaison ist bei Van Geest International wieder in vollem Gange. “Der Handel läuft ein bisschen wie immer”, berichtete Philip van Geest Anfang April.
“Paprika ist nach wie vor nur eingeschränkt verfügbar. Normalerweise bricht der Markt nach Ostern im Großen und Ganzen ein, aber das ist bisher noch nicht passiert. Auch zu Ostern gab es keinen wirklichen Hochbetrieb. Darüber hinaus hat die Auberginenproduktion sich aufgrund des trüben Wetters etwas verzögert, und dank der Maßnahmen ist das Angebot gut, da eine gewisse künstliche Verknappung geschaffen wurde.
Tomaten sind insgesamt etwas mehr vorhanden und die Preise stehen etwas mehr unter Druck. Die Gurkenpreise sind angemessen.”
Auch die Importsaison im vergangenen Winter verlief Philip zufolge recht gut. Spanien und Marokko sind traditionell die wichtigsten Importländer, aber das Handelshaus bezieht auch Kirsch- und Pflaumen-Kirschtomaten aus dem Sene-
gal, Ägypten und Tunesien. „Paprika aus Israel war noch vor zehn Jahren eine große Produktgruppe, aber heute sieht man sie kaum noch auf dem europäischen Markt. Qualitativ wird das Angebot an importierten Produkten ab Februar schlechter, deshalb heißt es im März besonders aufzupassen. Glücklicherweise kam bereits im März mehr und mehr niederländische Ware auf den Markt“, sagt Philip.
Traditionell ist Van Geest International ein anerkannter Spieler auf dem britischen und deutschen Markt. Vor allem der Export nach Großbritannien ist seit dem Brexit nicht einfacher geworden. „Die ganze Reglementierung mit der Einstufung von Waren in die High-Risk-Kategorie und den damit verbundenen obligatorischen und teuren Inspektionen ist meiner Meinung nach weit von der Realität entfernt. Es hat den Anschein, dass die Zoll- und Kontrollbehörden einfach machen, was sie wollen. Einfuhrzoll hier, Inspektion dort, und dann wieder Zertifikate... Aber warum sollte man sich als Land den Import so schwer machen, wenn es sich doch um Waren handelt, die seit Jahrzehnten ohne Probleme ins Land kamen. Wenn sie denn Selbstversorger wären, aber die Regale sind noch immer leer und das Sortiment ist bei Weitem nicht mehr so groß wie früher.“
Die Stimmung im niederländischen Gewächshausgartenbau ist nicht die beste, wie auch frühere Äußerungen des DNB-Vorsitzenden Klaas Knot und des PvdA/Groenlinks-Vorsitzenden Frans Timmermans zeigen, dass der ‘umwelt-
Thema Gewächshausgemüse 38 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
schädliche’ niederländische Gewächshausgartenbau besser an andere Standorte verlagert werden sollte. „Einerseits haben wir uns das selbst zuzuschreiben. Schließlich haben wir ein bisschen die Westland-Mentalität ‘Mach einfach dein Ding, das ist schon verrückt genug’ und klopfen uns lieber nicht auf die Schulter, obwohl wir ein qualitativ hochwertiges Produkt liefern. Gleichzeitig sieht man die Unfähigkeit der Politiker, die die niederländische Unabhängigkeit bei der Produktion gerne aus der Hand geben. Man sollte meinen, dass wir aus der Gaskrise gelernt haben, nachdem wir uns in eine totale Abhängigkeit von russischem
Gas begeben hatten. Sollen wir jetzt auch noch unsere Lebensmittelversorgung umstellen?“, so Philip.
Für Van Geest ist die Produktverfügbarkeit derzeit kein großes Thema. „Wir sind Day-Trader, das ist unser Geschäft. Wir machen das seit fast 50 Jahren. Wenn es auf dem Markt eine Nachfrage gibt, suchen und finden wir sie. Manchmal lächeln wir über zwei Fünfer, das nächste Mal weinen wir über ein ZehnCent-Stück. Wenn der Marktpreis hoch ist, zahlt es sich oft besser aus, weil wir dann den Mut haben zu kaufen, wenn niemand Ware zur Verfügung hat.“ Von neu-
en Produkteinführungen verspricht sich Philip nicht allzu viel. „In den vergangenen Jahren sind zwar einige Spezialitäten auf den Markt gekommen, aber wir haben jetzt zig verschiedene Tomaten- und Paprikasorten. Was man auf der einen Seite mehr verkauft, fällt auf der anderen Seite auch wieder weg.“
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Jonathan Vandesande, Frans Michiels Belgium:
„Wir
exportieren von Hamburg bis München und von Köln bis Berlin“
Im Laufe der Jahre ist die Zahl der belgischen Obst- und GemüseExporteure auf dem deutschen Markt stark zurückgegangen. Frans Michiels Belgium (FMB) ist seit vielen Jahren ein bekannter belgischer Exporteur auf dem deutschen Markt. “99 Prozent unseres Absatzes geht nach Deutschland”, sagt Jonathen Vandesande.
“Unser Absatz verteilt sich gleichmäßig auf die deutschen Großmärkte, den Einzelhandel, aber auch auf Großhändler außerhalb der Märkte. Wir liefern von Hamburg bis München und von Köln bis Berlin”, so der Exporteur. Er beobachtet, dass sich die Nachfrage der deutschen Kunden in den letzten Jahren verändert hat. “Traditionelle Produkte wie belgischer Salat und Chicorée werden weni-
ger nachgefragt, andere Produkte nehmen ihren Platz ein. So hat der Verkauf von belgischen Conference-Birnen nach Deutschland enorm zugenommen.”
Eine weitere Produktgruppe, die enorm an Beliebtheit gewonnen hat, ist Convenience. „Weniger bei den Supermärkten, aber sicherlich bei den Lieferanten der Gastronomie. Auch in Deutschland ist der Personalmangel in der Gastronomie ein großes Problem und deshalb gibt es eine große Nachfrage nach ConvenienceProdukten“, sagt Jonathan. Die Nachfrage nach Bio-Obst und -Gemüse, die während der Corona-Pandemie ihren Höhepunkt erreicht hatte, ist inzwischen wieder abgeflaut. „Während der Corona-Pandemie war die Nachfrage der Supermärkte nach Bio-Produkten besonders groß. In den letzten zwei Jahren hat sich diese Nachfrage etwas abgeschwächt, außerdem hat sich der lokale Bio-Anbau weiter ausgedehnt, sodass die Selbstversorgung gestiegen ist.“
GEWÄCHSHAUSGEMÜSEPRODUKTION LÄUFT NUR LANGSAM AN
„Die aktuelle Gewächshausgemüse-Saison läuft wegen des trüben Wetters derzeit nur langsam an“, berichtete er Anfang April. „Darunter leiden vor allem die lichtempfindlichen Produkte. Die Gurken sind jetzt voll in der Produktion, aber das Angebot an Tomaten hinkt etwas hinterher und Produkte wie Paprika und Auberginen sind derzeit knapp.
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Thema Gewächshausgemüse 40 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Das schlägt sich auch in den Preisen nieder, die sehr hoch sind, auch weil die Qualität aus Spanien drastisch gesunken ist. Ich gehe aber davon aus, dass sich das Angebot bald verbessern wird. Man sieht ja, dass ein paar Tage mit Sonnenschein schon einen kräftigen Schub bewirken.“
FMB arbeitet direkt mit mehreren belgischen Erzeugern zusammen, von denen viele auch andere Handelsunternehmen beliefern. Die belgische Anbaufläche für Fruchtgemüse zeigt nach Angaben des Exporteurs einen stabilen Trend. „Es gibt nur wenige Neubauprojekte. Dafür ist der administrative Aufwand für viele Produzenten zu hoch. Aber es gibt Verschiebungen innerhalb der bestehenden Anbauflächen. In diesem Jahr werden zum Beispiel weniger Tomaten und mehr Gurken angebaut. Früher haben wir auch mehr spanische Importe auf dem deutschen Markt abgesetzt, aber das ist jetzt auf ein Minimum reduziert, weil die deutschen Kunden die Produkte selbst in den Ursprungsländern kaufen.“
GRÖSSENVORTEILE IN DER LOGISTIK
Laut Jonathan hat die Konsolidierung unter den belgischen Exporteuren in den letzten Jahren stark zugenommen. „Vor etwa 15 Jahren konnten deutsche Kunden noch 15 Exporteure anrufen. Diese Zeiten sind vorbei, es gibt nur noch ein paar. Wir selbst gehören seit fünf Jahren zur Calsa-Gruppe und haben für den Export nach Deutschland eine Logistikpartnerschaft mit unserem Schwesterunternehmen Gebroeders Michiels. Wir verkaufen zwar immer noch selbst, arbeiten jedoch in der Logistik zusammen und fahren jeden Tag gemeinsam mit elf Lastwagen nach Deutschland. Schließlich braucht man Effizienz und logistische Größenvorteile, um rentabel zu arbeiten.“
Der belgische Exporteur sieht die größte Herausforderung darin, die richtigen Leute zu finden, die diese Arbeit weitermachen. „Wir haben eine Reihe sehr tüchtiger Fahrer, die sich in den kommenden Jahren dem Rentenalter nähern. Es wird schwierig sein, diese freien Stel-
len zu besetzen. Die inflationären Preise sind auch eine Herausforderung für die Grundkosten, da vor allem die Logistikkosten in die Höhe schießen. Aber wir sehen der neuen belgischen Saison mit Zuversicht entgegen. Niemand kann das Wetter vorhersagen, und man sieht, dass die deutschen Verbraucher aufgrund der wirtschaftlichen Probleme etwas vorsichtiger mit ihren Ausgaben sind, aber zum Glück essen sie immer noch Gemüse!“
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CourgetteRoyale geht neue Wege mit eigenem Verkauf
Nach fast 60 Jahren gibt der Anbau von Zucchini für die Familie Zwinkels keine Rätsel mehr auf. Neu ist in diesem Jahr jedoch, dass das Unternehmen neben dem Eigenverkauf von ZucchiniSpecialties erstmals auch die grünen und gelben Standard-Zucchini selbst vermarktet. “Im September haben wir uns dazu entschlossen. Es war Zeit für eine Veränderung”, sagt Johan Zwinkels, der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Sohn Guus leitet.
“Für uns war das ein großer Schritt, und dann kommt viel auf einen zu. Also haben wir mit der Arbeit an einer neuen Marke, einem Logo, einer Website, neuen Kartons, Barcodes und QR-Codes begonnen. Die Verkaufssaison beginnt Ende Januar, also mussten wir das alles in relativ kurzer Zeit erledigen, aber wir haben es geschafft. Wir haben unsere Pläne vielen Kunden erklärt. Die meisten von ihnen wussten aufgrund unserer Specialties bereits, wer wir sind und wofür wir stehen.”
DIREKT IN DIE ENDVERPACKUNG
GEERNTET
Zwinkels hat sich für den neuen Markennamen CourgetteRoyale entschieden. „Wir wollen uns ganz auf die Spitze des Marktes konzentrieren und das strahlen wir mit dieser Marke aus. Unsere Zucchini kommen nach der Ernte direkt in die Endverpackung, haben also so wenig Handlingschäden wie möglich. Die grünen Zucchini liefern wir sowohl im offenen Karton, der etwas billiger ist, als auch im geschlossenen Karton, die gelben Zucchini liefern wir nur im geschlossenen Karton.“
Die gelben und grünen Zucchini werden von CourgetteRoyale hauptsächlich an Exporteure in Westland geliefert. „Über den Handel gehen die Zucchini in alle Richtungen, von Deutschland über Frankreich nach Skandinavien, aber auch nach Dubai.
Letzten Monat haben wir zum Beispiel sofort die Auswirkungen des Ramadan auf den Export nach Fernost gesehen. Die Leute essen dann natürlich abends etwas weniger luxuriös“, sagt Johan.
SPECIALTY-MARKT
Eine Spezialität, die Zwinkels bereits seit 1997 anbietet, sind die essbaren Blüten der Zucchini, die CourgetteFleur. Diese werden unter dem Markennamen CourgetteFleur Zwinkels verkauft. „Die CourgetteFleur wird unmittelbar nach der Ernte verpackt, was auch nur in den frühen Morgenstunden möglich ist, da sich die geernteten Blüten bei Sonnenaufgang einmal öffnen und gegen 10 Uhr endgültig schließen. In dieser kurzen Zeitspanne wird geerntet und verpackt, sodass Qualität und Haltbarkeit optimal sind“, sagt Johan.
Im Laufe der Jahre wurde das Sortiment von CourgetteFleur um die Mini- und Midi-Zucchini, die Fioretta und den Primo Fiore erweitert. „Mit diesen Spezialitäten bedienen wir unter anderem auch Kunden aus der Gastronomie. Das ist für uns ein sehr feines Segment, weil dort auch primär auf Qualität geachtet wird. Für sie ist es von Vorteil, dass wir ihnen ein komplettes Zucchinisortiment liefern können, manchmal sogar sieben oder acht Produkte auf einer Palette“, sagt Johan.
„Ende Januar beginnen wir mit der Ernte der ZucchiniFleur, zwei Wochen später kommen die normalen Zucchini dazu. Die Saison hat dieses Jahr wegen des trüben und nassen Wetters ruhig begonnen, aber nach dem warmen Wochenende Anfang
Thema Gewächshausgemüse 42 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024 Johan T +31(0) 651988291 info@courgettefleur.nl Guus T +31(0) 683896217 info@courgetteroyale.com
April mit drei Sonnentagen machte das Angebot sofort einen Sprung, sodass wir in der Produktion mit Hochdruck arbeiten“, so der Erzeuger am 8. April.
„Die Preise für gelbe Zucchini waren in diesem Frühjahr aufgrund des begrenzten Angebots recht gut. Als mehr Erzeuger mit der Produktion begannen, brach der Preis ein. Natürlich müssen auch wir uns den Marktpreisen anpassen, aber wir setzen vor allem auf unsere eigene Stärke und wollen uns nicht zu sehr von den Launen des Marktes leiten lassen. Außerdem kann man nicht alle angebotenen Zucchini über einen Kamm scheren, die Qualitätsunterschiede sind einfach zu groß“, sagt Johan.
ERTRÄGE IN DEN LETZTEN SOMMERN UNTER DRUCK
Insgesamt ist die niederländische Anbaufläche für grüne Gewächshauszucchini stark zurückgegangen, während die Anbaufläche für gelbe Zucchini vorerst stabil ist. „Die Erträge im GewächshausZucchinianbau waren in den letzten Jahren nicht sehr üppig. Vor allem die letzten
Sommer waren wegen des großen Angebots an belgischen Zucchini und des Freilandangebots aus Limburg schlecht“, sagt der Anbauer.
„Das wird also auch in dieser Saison wieder die größte Herausforderung sein. Im Moment ist der Start gut, aber im Sommer wird sich zeigen, ob die Kunden auch dann den Qualitäts-Zucchini aus dem Gewächshaus treu bleiben“, sagt Johan. Was den Zucchiniverbrauch angeht, ist er positiv gestimmt. „Wir haben zwar noch nicht die Mengen erreicht, die in Ländern wie Spanien und Italien verbraucht werden, aber Zucchini werden immer beliebter und in vielen Haushalten in Suppen oder zu Pasta verwendet.“
KOMPLETTPAKET
„In unserem Unternehmen haben wir jetzt den gesamten Prozess vom Anbau bis zum Verkauf in eigener Hand. Dadurch haben wir kurze Wege und direkten Kontakt zu unseren Kunden. So können wir uns gegenseitig unterstützen und versuchen, die Wünsche der Kunden bestmöglich zu erfüllen. Es ist wichtig, Angebot und Nachfrage während des gesamten Anbaujahres aufeinander abzustimmen. Unser Verkaufsteam ist eng in die Produktion, Ernte, Verpackung und Planung eingebunden. Das kommt der Verfügbarkeit, der Frische und der Qualität zugute“, so Johan abschließend.
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“Unterstützung zu haben, hilft wirklich.„
Trotz zweier schwerer Stürme kann das Gewächshausunternehmen Les Serres Du Val dank der Unterstützung von Hagelunie seine Geschäftskontinuität aufrechterhalten. “Hagelunie schickte schnell Reparaturteams zu uns”, sagt Yann Jacques, Gärtner bei Les Serres Du Val. “Durch Vor- Ort-Besuche und eine schnelle Schadenbearbeitung konnte der Schaden begrenzt werden. Es ist hilfreich, in schwierigen Zeiten immer Unterstützung zu haben”, fügt Yann hinzu. Trotz der Rückschläge erholte sich Les Serres Du Val schnell, so dass sie den Anbau von frischen Gurkenpflanzen umgehend wieder aufnehmen konnten.
Lesen Sie die Geschichte von Les Serres Du Val
43 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
- Yann Jacques, Gärtner bei Les Serres du Val
Johan und Guus Zwinkels
Midi-Gurke - von der Neuheit zum ausgereiften Produkt
Seit einigen Jahren gibt es eine Neuheit im niederländischen Gurkensortiment: die Midi-Gurke. Zwei niederländische Anbauer beliefern derzeit den britischen Markt mit dieser Gurke. Mit den Erfahrungen der ersten Jahre liegt das Produkt 2024 als vollwertiges, unverwechselbares Produkt in den Supermarktregalen.
2022 war das Jahr der Einführung der neuen Gurkensorte. “Damals haben wir einen ersten kurzen Test durchgeführt”, blickt Koen Saris, Direktor von Wijnen Square Crops, Mitte März und zu Beginn der dritten Saison der Midi-Gurke zurück. Das Unternehmen mit Standorten in Egchel und Grubbenvorst, an dessen Spitze neben Koen auch Pieter Wijnen und Ton Smeets stehen, verkündete im Sommer 2022 stolz an, mit der neuen Gurke “den englischen Markt erobern” zu wollen. “In jenem Jahr wurde uns klar, dass die Nachfrage da war, aber wir sahen auch, dass es nicht gut funktionier-
te, unser Produkt neben die ‘Portion’ zu plazieren.”
Die ‘Portion’ ist eine normale lange Gurke, die in zwei Hälften geschnitten wurde. Sie ist ein begehrtes Produkt auf dem britischen Markt, verursacht aber auch Lebensmittelabfälle und muss verpackt werden. „Gemeinsam mit der Supermarktkette Sainbury’s und unserem Handelspartner Terra Natura International (TNI) haben wir 2020 begonnen, die Möglichkeiten einer speziell für dieses Segment gezüchteten Midi-Gurke zu untersuchen.“ Es wurde eine Sorte gefunden, und damit konnte der Anbau der
‘halben’ Gurke beginnen. Eine Midi-Gurke wiegt etwa 180 Gramm. Der Stiel wird bei der Ernte entfernt.
Nach dem Lehrjahr 2022 wurde beschlossen, die Menge 2023 zu reduzieren, das Produkt aber nicht mehr neben der Portion anzubieten. „Unser Produkt war im vergangenen Jahr in rund 20 Sainsbury’s-Läden erhältlich. Dass das Produkt nicht mehr neben der Portion angeboten wird, kam gut an. Deshalb werden wir in dieser Saison wieder expandieren und mehr Läden beliefern.“ Die Anbaufläche von Wijnen Square Crops beträgt derzeit etwa einen halben bis einen Hektar.
NACKTER ERSATZ FÜR DIE PORTION
Ein zweiter niederländischer Erzeuger führt das Produkt ebenfalls. Sam van Duifhuizen, Vorstandsmitglied von Fresh Valley, lernte im Jahr 2022 jemanden kennen, der sich bereits mit der Midi-Gurke auskannte. In jenem Jahr kaufte das
Thema Gewächshausgemüse 44 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
schnell wachsende Gewächshaus-Unternehmen ein Gewächshaus in Sevenum, wo mit dem Anbau der Midi-Gurke begonnen wurde. „Es begann mit ein paar tausend Quadratmetern. Wir liefern das Produkt auf Kundenwunsch an unsere Handelspartner, die es wiederum an britische Supermarktketten liefern.“
Für 2024 plant Fresh Valley eine Gesamtfläche von einem Hektar mit Midi-Gurken. Die Ernte der Midi-Gurken hat Anfang März begonnen. „Wir liefern jetzt auf Hochtouren“, sagt Sam Anfang April. „Unsere Produktion fällt mit dem Ende der Ernte in Spanien und Marokko zusammen.“ Im Einzelhandel zieht man es vor, immer zwei Lieferanten zu haben. Sainsbury’s hat sich in den letzten Jahren sehr dafür interessiert, sagt Koen. „Sie haben das Potenzial sofort erkannt und im letzten Jahr auch begonnen, das Produkt besser zu kommunizieren. Die Vorteile sind groß, sowohl in Bezug auf die Lebensmittelverschwendung als auch in Bezug auf die Reduzierung des Plastikmülls.“
Die beiden niederländischen Erzeuger liefern die Midi-Gurke ‘nackt’, also unverpackt. In einem Newsletter vom März dieses Jahres, zu Beginn der Midi-Gurken-Saison, teilte Sainsbury’s mit, dass durch die Midi-Gurke als Ersatz für die Portion jährlich 15 Tonnen Plastik eingespart werden. Die Midi-Gurken von Fresh Valley werden nach der Auslieferung an die Handelspartner an mehrere britische Supermarktketten geliefert. Sam sagt: „Bei Sainsbury’s liegen sie nackt im Regal. Bei den anderen Ketten weiß ich es nicht genau.“
KEIN ERSATZ FÜR MINI
Wijnen Square Crops und auch Fresh Valley produzieren sowohl lange Gurken
als auch Minigurken. Die Midi-Gurke ist kein Ersatz für diese Produkte. „Bei den Minis sehen wir im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum im belichteten Anbau“, bemerkt Koen. Ein weiteres Wachstum mit diesem Produkt ist etwas, das sie in Limburg gerne sehen würden. „Wir kennen jetzt die Ernteprognosen für dieses Produkt und lassen unsere Anbaufläche entsprechend der Nachfrage mitwachsen.“ Dasselbe gilt für Fresh Valley. Auch hier sieht man ein Wachstum sowohl bei den Midi- als auch bei den Minigurken. Sam: „Auch der Markt für Mini-Gurken ist ein Wachstumsmarkt.“ Mittlerweile ist die Midi-Gurke auch eine gute Ergänzung im Paket. „Wir selbst finden, dass es eine sehr schöne Gurke ist. Wir sind zuversichtlich, dass wir den britischen Markt mit diesem Produkt weiterhin gut bedienen können und rechnen mit Wachstum. Schön, dass wir als niederländische Erzeuger das gemeinsam tun können.“
Auf die Frage, warum nicht auch ein britischer Erzeuger damit begonnen hat, haben weder Koen noch Sam eine Antwort parat. Koen geht jedoch davon aus, dass sich mit zunehmender Etablierung des Produkts mehr Erzeuger für die MidiGurke melden werden. „Aber Großbritannien ist immer noch stark von Importen abhängig“, sagt er. Sam weist darauf hin, dass die Midi-Gurke auch in Osteuropa ein wichtiges Produkt ist. Die Belieferung dieses Marktes ist (noch) nicht wirklich möglich. Der Markt hat seine eigenen Kanäle. Auch der Anbau ist nicht jedermanns Sache. „Der Anbau ist immer noch kein Selbstläufer“, räumt Sam ein. „Vor allem in den ersten Jahren kostet es viel Energie, den Anbau in den Griff zu bekommen und die richtigen Sorten auszuwählen.“ Koen spricht von einem „arbeits- und auch energieintensiven Anbau“. „Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir die Selbstkos
45 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Ton, Pieter und Koen von Wijnen Square Crops
ten einigermaßen im Griff. Wir nennen das ‘Vertragsanbau’, bei dem wir Menge und Preis mit dem Erzeuger vereinbaren, bevor wir mit dem Anbau beginnen.“ Für die Midi-Gurke gibt es keinen Tageshandel.
WINTERANBAU?
Ein nächster Schritt für die Midi-Gurke könnte der Winteranbau sein. Hier sind die britischen Supermarktketten am Zug. Koen: „Wenn das Produkt in diesem Jahr wieder gut läuft, werden wir im Sommer erneut mit TNI über einen zukünftigen Winteranbau und einen Sommeranbau im Jahr 2025 sprechen. Wir werden
nicht selbst im Ausland anbauen.“ Sam hat bereits Kontakte bezüglich des Winteranbaus geknüpft, aber „dabei ist noch nichts herausgekommen“. Der Grund dafür? „Zum einen, weil wir schon viele unserer Anbauflächen bereits belegt und verkauft haben, zum anderen aber auch, weil es eine starke Konkurrenz aus Spanien und Marokko gibt. Auf jeden Fall sind unsere Kunden mit der Qualität, die wir liefern, sehr zufrieden.“ Das bestätigt auch Koen. Die Midi-Gurke ist eine gute Ergänzung des Gurkensortiments. „Was wir begonnen haben, klingt sehr logisch, aber man sieht, dass es fünf Jahre gedauert hat. Etwas Neues lässt sich nicht von
heute auf morgen realisieren, aber wenn der Einzelhandel mit im Boot ist, mit einem guten Geschmack, einer guten Haltbarkeit und einem guten Preis etabliert sich das Produkt nach und nach.“
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Thema Gewächshausgemüse 46 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
47 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Gemüsegärtner Stefan Scherzer über Fruchtgemüse aus deutschem Anbau:
„Ohne
heimische Produktion wäre Importware zwangsläufig teurer“
Mit insgesamt drei modernen Produktionsstandorten und einer Gesamtfläche um knapp 40 Hektar Unterglasanbau zählt das fränkische Familienunternehmen Scherzer zu den größten Fruchtgemüse-Produzenten Deutschlands. Das Produktsortiment erstreckt sich vom mengenmäßig größten Produkt Tomaten über Paprika und Gurken bis hin zu Auberginen und Salat. Zu Beginn der Ernte 2024 äußerte sich Geschäftsführer Stefan Scherzer zu den diesjährigen Ertragsprognosen sowie zu den allgegenwärtigen Themen, wie Kostensteigerungen und dem Stellenwert des heimischen Fruchtgemüses.
VorOstern konnten bereits die ersten Gurken sowie Auberginen und kleinere Mengen an Tomaten geerntet werden. “Die Pflanztermine haben sich kulturübergreifend verschoben. Im vergangenen Jahr 2023 haben wir unsere Auberginen später gepflanzt und geerntet. Dieses Jahr haben wir in der KW 2 gepflanzt, sodass wir nahezu identisch wie in anderen Jahren mit der Ernte anfangen konnten. Mit Paprika beginnen wir um KW 13-14 herum mit dem ersten früheren Satz auf rund einem Hektar. Größere Mengen werden voraussichtlich ab KW 16 auf den Markt stoßen”, schildert Scherzer den weiteren Saisonauftakt.
hatten wir vergleichsweise etwas weniger Licht. Der Winter war zwar relativ mild, was für unsere Kulturen durchaus vorteilhaft war, und auch der Januar war hinsichtlich der Lichtmenge noch in Ordnung. Der Februar hingegen war recht sonnenarm. Das wird auch mit Sicherheit dazu führen, dass wir im frühen Bereich über alle Kulturen hinweg verhältnismäßig niedrigere Erträge haben werden. Eine ähnliche Situation gab es bereits im vergangenen Jahr bei den Tomaten: Da fehlte uns bei der frühen Ernte im Verhältnis zu normalen Jahren circa 20 Prozent der Menge.“
Er verweist dabei auch auf die fehlenden Sonnenstunden im ersten Quartal des neuen Jahres. „Im Vergleich zum Vorjahr
HOHE KOSTEN, TIEFES PREISNIVEAU Besorgniserregend seien aber vor allem die signifikanten Mehrkosten im Unterglasanbau, fährt Scherzer fort. „Die Kostensteigerungen tun uns auf alle Fälle weh. Es handelt sich dabei um Faktoren, die wir als Gemüsegärtner leider nur geringfügig oder gar nicht beeinflus-
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Thema Gewächshausgemüse
Die Gärtnerfamilie Scherzer mit Herrn Stefan Scherzer (links)
Etwa zehn Prozent des Umsatzes entfällt auf den Großmarktbetrieb. Scherzer: “Der Großmarkt ist bedingt durch das direkte Feedback vom Kunden für uns eine Art Pulsmesser. Man muss aber dazu sagen, dass die Abnehmer am Großmarkt tendenziell rückläufig sind. Es ist also davon auszugehen, dass das Absatzvolumen nicht zunehmen, sondern eher stagnieren bis zurückgehen wird.”
sen können. Nicht nur die Lohnkosten, sondern auch die CO₂-Steuern schlagen stark zu Buche. Diese beiden Kostentreiber führen letztlich auch dazu, dass die Jungpflanzen und weitere Bedarfsmittel unter dem Strich erheblich teurer geworden sind.“ Bei den Energiepreisen gibt es Scherzer zufolge kleinere Differenzen zwischen den drei Produktionsstandorten des Unternehmens. „Am Standort Feulersdorf verfügen wir über ein relativ neues Biomasse-Heizwerk, weshalb wir auch höhere Abschreibungen haben. Am Standort Nürnberg haben wir hingegen eine ältere Anlage und entsprechend niedrigere Kosten.“
Preislich sei das Jahr 2024 unvergleichbar mit der letztjährigen Saison. Scherzer: „Bei Gurken liegen wir um 40 Prozent unter dem Vorjahresniveau, was aus Sicht des Erzeugers auf jeden Fall zu günstig ist. Das ist meines Erachtens auch die große Herausforderung, vor der wir stehen: Wenn das Importgemüse zu günstig angeboten wird und die Kosten weiterhin steigen, läuft die Schere irgendwann zu weit auseinander. Wir haben in Deutschland noch das Glück, dass viele Menschen einen guten Job haben und sich das regionale Gemüse auch tatsächlich leisten können. Dennoch ist die Stimmung, sowohl beim Erzeuger als auch beim Verbraucher, eher gedämpft. Es fehlt die Kauffreudig-
keit. Das kann sich jedoch erfahrungsgemäß schnell wieder ändern. Es liegt auf jeden Fall nicht an den Preisen: Denn unsere Produkte sind weitaus günstiger als im Vorjahr, während der Absatz nicht wesentlich besser ist. Insofern hätte die Saison besser starten können.“
QUALITÄT STATT QUANTITÄT
Die Kulturen mit den geringsten Erträgen leiden Scherzer zufolge am meisten unter der Inflation und Kaufkraftsenkung. „Die Rede ist beispielsweise von Paprika oder Snacktomaten. Bei solchen Kulturen wird die Preisdifferenz zur Importware dann zu groß, was letztendlich auch dazu führt, dass wir uns zwangsläufig über die Qualität behaupten müssen. Das spiegelt sich wiederum in unserer Sortenstrategie wider: Denn der Fokus liegt nicht so sehr auf der Quantität, sprich dem Ertrag pro Hektar, sondern vielmehr auf der Qualität und dem Geschmack der jeweiligen Sorte. Speziell bei Tomaten ist das Jordanvirus nach wie vor ein wichtiges Thema. Noch befinden wir uns in der Umstellung und es werden laufend hochresistente (HR) Sorten getestet. Ich gehe schließlich auch davon aus, dass es mittel- bis langfristig gar keine regulären Sorten mehr geben wird.“ Zudem wachsen auf rund drei Hektar Tomaten unter Beleuchtung. „Die Kapazität ist in den vergangenen Jahren nahezu konstant geblieben. Der Markt ist
zwar da, die Frage ist aber, wie wir das in Zukunft kostentechnisch darstellen können.“
HART UMKÄMPFTER PAPRIKA- UND AUBERGINENMARKT
Neben Gurken und Tomaten widmet sich Scherzer ebenfalls dem Anbau von Block- und Spitzpaprikas. Die rote Paprika repräsentiert dabei insgesamt rund 60 Prozent der Produktion. Die restlichen 40 Prozent entfallen auf gelb und orange (jeweils ca. 20 Prozent). Mit circa zehn Produktionsstandorten in ganz Deutschland sei der heimische Paprikaanbau relativ begrenzt, bestätigt Scherzer. „Es sind in den letzten Jahren keine neuen Paprika-Erzeuger dazugekommen, was bedingt durch den großen Preisunterschied zur Importware auch nicht verwunderlich ist. Insofern ist der Paprikamarkt – verglichen mit den Tomaten – sehr hart umkämpft.“
Gleiches gelte für die Auberginen, die Scherzer auf aktuell rund 2,5 Hektar anbaut. „Der Markt hat sich im vergangenen Jahrzehnt recht gut entwickelt. Dennoch müssen wir schauen, dass wir die regionalen Auberginen preislich weiterhin vernünftig produzieren können. Wenn wir preislich mit der Importware gleichgesetzt werden, wird sich der regionale Auberginenanbau zwangsläufig
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reduzieren. Momentan ist es so, dass die Preise im August vielleicht zwei Wochen gut sind, wenn es wenig niederländische Auberginen gibt. Das reicht uns aber nicht. Ich finde es schade, da die Aubergine ein tolles Produkt ist und wir in der Lage sind, durchgängig qualitativ gute und frische Ware zu liefern.“ Die Peperoni hat Scherzer bereits aus dem Sortiment herausgenommen, da sich der Anbau nicht mehr rentiert habe.
SELBSTVERSORGUNG BEIM FRUCHTGEMÜSE VONNÖTEN
Alles in allem blickt Scherzer der Zukunft zuversichtlich entgegen. „Die Herausforderungen nehmen in jeglicher Hinsicht zu. Die Anforderungen an die Erzeugerbetriebe werden nur noch mehr, insbesondere was die Bürokratie angeht. Jedes Jahr kommt etwas Neues dazu und wir werden mehr oder weniger gezwungen diese Anforderungen in der Pra-
xis umzusetzen. Nichtsdestotrotz haben wir nach wie vor unsere Daseinsberechtigung als regionaler Erzeuger. Die benötigten Absatzmärkte sind auf jeden Fall vorhanden. Nun gilt es, den Handel davon zu überzeugen, dass wir als deutsche Gemüsegärtner auch eine gewisse Unabhängigkeit gewährleisten. Würde es uns nicht mehr geben, wäre man zu 100 Prozent von Importware abhängig. Vergleichsweise benötigen wir im Schnitt etwas mehr Geld, was aber auf die etwas anderen Rahmenbedingungen in Deutschland zurückzuführen ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn die deutsche Produktion gar nicht da wäre, auch die Importware zwangsläufig teurer wäre. Insofern brauchen wir eine gewisse Selbstversorgung in Deutschland, und diese muss auch entsprechend gewährleistet werden“, heißt es abschließend.
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Thema Gewächshausgemüse 50 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
John Grootscholten, Daily Fresh Radish:
„Im Winter bauen wir auf doppelter Fläche an, um die deutsche Nachfrage zu decken“
Als wir in der zweiten Aprilwoche mit John Grootscholten von Daily Fresh Radish sprechen, blickt er auf ein gutes Frühjahr für Radieschen zurück. “Wir hatten eine sehr arbeitsintensive Zeit im März, und zwar bis Ostern. Zu dieser Zeit haben wir aufgrund des milden Frühlings einen enormen Wachstumsschub erlebt, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als die Nachfrage auch bei unseren östlichen Nachbarn da war.”
Daily Fresh Radish berücksichtigt bei seiner Anbauplanung in hohem Maße die Nachfrage aus Deutschland. Im Sommer baut das Unternehmen Radieschen auf einer Fläche von etwa elf Hektar an, im Winter verdoppelt sich diese Fläche auf fast 20 Hektar, um die Nachfrage der deutschen Kunden zu decken. “Wir säen extra dafür aus, aber man kann nie genau planen, wie die Natur sich verhält. Dieses Jahr hat die Planung jedoch perfekt funktioniert. Unsere Angebotsspitze und ihre Nachfrage fielen genau zusammen, denn gerade als die Radieschen schnell wuchsen, war die Nachfrage groß.”
DEUTSCHE STEIGEN JETZT AUF EINHEIMISCHES PRODUKT UM Im Winter sind die Deutschen große Abnehmer von niederländischen, aber auch italienischen Radieschen, während
sie im Sommer vor allem auf die eigene Freilandproduktion zurückgreifen, die hauptsächlich in der Pfalz angebaut wird. „Inzwischen sind die Deutschen auf heimische Ware umgestiegen, aber wir sind froh, dass wir sie vor Ostern noch mit großen Mengen Radieschen versorgen konnten. Am Mittwoch nach Ostern war unser Gewächshaus leer und am Donnerstag haben wir die letzten Radieschen für die deutschen Kunden verladen.“
Hinzu kommt, dass der Anbau gerade in der letzten Periode der Wintervertragspreise am rentabelsten ist. „Während die ersten Wochen einer solchen Periode relativ günstig im Anbau sind, ist die Mitte des Winters die längste Anbauphase mit dem höchsten Energiebedarf. In dieser Zeit ist der Anbau nicht kostendeckend. In den letzten Wochen dieser
Periode ist der Anbau dagegen günstiger, daher waren wir mit der hohen Produktion und der guten Nachfrage zufrieden.“
„Die Produktion in Deutschland nimmt eher ab als zu. Das liegt vor allem am Arbeitskräftemangel. Längst nicht jeder hat Lust, Radieschen auf dem Feld manuell zu ernten. Da haben wir es leichter, denn wir ernten weitgehend maschinell. Nur für wenige Kunden, die es ausdrücklich wünschen, ernten wir die Radieschen von Hand“, sagt John. Laut John ist der Radieschenanbau im Gewächshaus in Deutschland eine kleine Kultur. „Ich sehe da auch keine großen Veränderungen.“
NIEDERLÄNDISCHE MITARBEITER Einzigartig für niederländische Verhältnisse ist, dass Daily Fresh Radish hauptsächlich mit einem festen Team von Niederländern arbeitet. „Viele andere Gemüseproduzenten arbeiten hauptsächlich mit osteuropäischen Mitarbeitern. Bei uns wird Niederländisch gesprochen. Diese Geselligkeit gefällt den Leuten, und so stößt von Zeit zu Zeit noch jemand zu uns, obwohl es auch für uns eine Herausforderung ist, genügend Mitarbeiter zu halten.“
51 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
„Wir sind jetzt in der Übergangszeit zum Sommer und es ist etwas ruhiger auf dem Radieschenmarkt. Das ist jedes Jahr so, die Sommerkunden müssen sich dann noch ein bisschen auf das Sommerfeeling einstellen. Jetzt ist es eigentlich ein bisschen zu ruhig, aber wir werden bald sehen, dass die niederländischen, belgischen und skandinavischen Kunden wieder auf den Markt kommen“, sagt John. Das Verhältnis von Radieschen im Bund zu losen Radieschen ist nach Angaben des Erzeugers relativ stabil. „Wenn man sich die letzten zehn Jahre ansieht, haben lose Radieschen jedes Jahr ein Prozent Anteil gegenüber den Radieschen im Bund gewonnen, das sind also keine überraschenden Verschiebungen.“
SPEZIALITÄTEN
„Wir sind auf jeden Fall zufrieden mit dem bisher schönen Frühjahr. Wir stellen jedoch fest, dass der Verkauf der Specialties etwas schwächer ist, auch zu Ostern war die Nachfrage nicht sehr groß. Aber für uns ist es wichtiger, dass der Verkauf der roten Radieschen gut läuft, denn sie machen 98 Prozent unseres Absatzes aus.
Natürlich hofft man, dass auch die Specialties gut laufen, aber besser so als umgekehrt.“
Der größte Teil der Radieschen wird von Daily Fresh Radish über Exporteure an Supermärkte verkauft. „Man sieht, dass sie den Großteil abnehmen. Wir beliefern auch kleinere Kunden, aber das sind dann eher 20 Colli auf einmal, während die Supermärkte 20 Paletten auf einmal bekommen“, sagt John. Schneidebetriebe beliefert das Unternehmen aus Naaldwijk nicht. „Wir bekommen regelmäßig Anfragen nach einem Saisonpreis, aber da das Produkt geschnitten wird – und das Endprodukt daher weniger wichtig ist – sieht man, dass diese Art von Unternehmen immer nach den allerbilligsten Radieschen fragt. Da machen wir nicht mit. Auf dem Markt gibt es immer eine Partie, die noch billiger ist.“
STEIGENDE NACHFRAGE NACH
BIOLOGISCH ABBAUBARER FOLIE
Ein eindeutiger Trend der letzten Jahre ist die steigende Nachfrage nach biologisch abbaubaren Verpackungen. „Jeden
Tag werden Radieschenpartien in biologisch abbaubaren Verpackungen geliefert. Das hat man früher nicht gesehen. Besonders die Kunden in Frankreich und Luxemburg sind sehr daran interessiert. Ich persönlich hoffe, dass die Qualität dieser Folien in Zukunft besser wird, denn im Moment ist es immer noch ein großer Unterschied zur normalen Flowpack-Folie, vor allem, wenn die Radieschen eine Woche lang im Kühllager gelegen haben.“
Was den Radieschenkonsum angeht, äußert sich der Anbauer positiv. „Gesunde Ernährung ist im Kommen, was auch von zahlreichen Ärzten und Institutionen gefördert wird. Das kommt den Radieschen sehr zugute. Wir sehen, dass auch in unserem eigenen Land immer mehr Radieschen gegessen werden. In fast jeder Kochsendung sieht man ein Bund Radieschen auf der Küchenzeile, vor allem in dieser Jahreszeit.“
John@dailyfreshradish.nl
Hoge Geest 25
2671 LK Naaldwijk, Niederlande
Tel. John: 0031 (0)6 51 59 28 38
Tel. Dennis: 0031 (0)6 54 24 44 14 info@dailyfreshradish.nl
Für Verkauf:
Tel: Rik Hofland 0031 (0)6 41 62 42 11 orders@dailyfreshradish.nl www.dailyfreshradish.nl
Thema Gewächshausgemüse 52 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
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Konsolidierung bei Paprika:
„Wir wollen zu den Überlebenden gehören“
Die Gärtnereien De Wieringermeer, Andijk, Het Westland und Powergrow haben sich kürzlich zu einem Unternehmen zusammengeschlossen: Rainbow Growers Group. Durch die Fusion entsteht ein einziger Paprikaanbaubetrieb mit einer Fläche von fast 100 Hektar. Die Fusion kommt nicht ganz überraschend. Die Gartenbaubranche konsolidiert sich, und das wirkt sich auch auf den Paprikamarkt aus. Im Fall der Rainbow Growers Group wurde das Fundament für den jüngsten Schritt jedoch bereits 1997 gelegt.
Ende der 90er-Jahre verließ Wim Grootscholten die Versteigerung und gründete seinen eigenen Anbauverband, die Rainbow Growers Group. Das war zukunftsweisend. Die Kette musste kürzer werden, und die Erzeuger bekamen einen direkteren Draht zu den Kunden. Mehrere Paprikaanbauer schlossen sich an. Von der Herenwerf 18 in Maasland aus sortierten sie die Paprika zentral und verkauften ihr Produkt selbst.
27 Jahre später sitzen wir in dem Raum, von dem aus damals die ersten Verkäufe getätigt wurden. An der Wand hängen Luftaufnahmen der Gärtnereien, die im Laufe der Jahre stark gewachsen sind.
Wir sitzen hier Anfang April mit Arco Vreugdenhil und Peter Steentjes, zwei der fünf Vorstandsmitglieder des neuen fusionierten Unternehmens. Das Büro befindet sich in der Gärtnerei Growin. Interessanterweise ist genau diese Gärtnerei nicht Teil der Fusion. Sie steht jedoch stellvertretend für die bemerkenswerte Wachstumsgeschichte von Rainbow seit 1997, bei der sich eine eng verbundene Gruppe von Anteilseignern fest im Paprikaanbau etabliert hat.
„WIE EIN SCHNELLBOOT AUF DEM MARKT“
Mit einer eigenen zentralen Sortierung aller Paprikafarben und einem eigenen
Vertrieb gelang es Rainbow gleich nach dem Start 1997, schnell zu wachsen. Kurz nach der Gründung wurde auch Rainbow Kleinpak gegründet. Der Anbauverband organisiert selbst den Anbau und die Sortierung sowie jetzt auch die Verpackung und den Verkauf, und zwar nicht nur an niederländische Kunden. Die gesamte Kette steht unter ihrer Kontrolle. Die eigenen Paprika aus Westland können flexibel und schnell an Supermarktketten geliefert werden. Arco: „Wir waren das Schnellboot auf dem Markt.“
Als Anton Hiemstra von Nordholland aus bei den Westland-Erzeugern anfragte, ob sie Interesse an Parzellen im Agriport A7-Gewächshausgartenbaugebiet haben, das in Wieringermeer entstehen soll, waren Daaf Steentjes und Patrick Grootscholten sofort dabei. Daaf hat den bekannten grünen Daumen und Patrick ist organisatorisch und technisch stark. Die Erzeuger wollten wachsen und holten schon bald John van Marrewijk ins Boot, um sich einen Überblick über das Geschäft zu verschaffen. Gemeinsam kauften sie achtzig Hektar Land. In vier Phasen entstanden die Gärtnerei de Wie-
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Thema Gewächshausgemüse
Gärtnereien De Wieringermeer
ringermeer, 40 Hektar der Gärtnerei de Wieringermeer und zehn Hektar Rainbow Middenmeer. Insgesamt also fünfzig Hektar.
Fast gleichzeitig setzten sieben weitere Erzeuger in De Kwakel Wachstumsschritte. Dort erweiterten sie die Gärtnerei Powergrow auf zwölf Hektar. Das war auch die Zeit, in der Arco selbst der Rainbow Growers Group beitrat. „Ich war als Schüler bei Daaf und Patrick in Westland und habe während meines Studiums finanzielle Kenntnisse erworben, die mir sehr nützlich waren.“ Das Ergebnis ist ein vierköpfiges Managementteam, zu dem neben Arco auch die bereits aktiven Vorstandsmitglieder Daaf, Patrick und John gehören. In den Jahren 2006 bis 2008 wuchs die Rainbow Growers Group durch zahlreiche Neubauprojekte schnell.
„NACH DER KRISE GING ES SCHNELL“
Kurz darauf brach die Finanzkrise aus. In der Zeitleiste auf der kürzlich überarbeiteten Website, durch die Arco und Peter während unseres Gesprächs scrollen, ist das kein besonderer Schwerpunkt. Arco weist jedoch darauf hin, dass es eine Zeit war, in der die Erzeuger ihr Wachstum
für eine Weile auf Eis legten. Kurz vor der Krise, im Jahr 2007, feierten sie das zehnjährige Bestehen des Anbauverbands. Anfang April lachen die Männer, als sie
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einen weiteren Fehler in der Zeitleiste entdecken. „Siehst du, da steht 2007, also war die Gründung doch 1997“, sagen sie.
55 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Fünfköpfiger Vorstand, hier im Jahr 2018: Arco Vreugdenhil, Patrick Grootscholten, Peter Steentjes, Daaf Steentjes und John van Marrewijk
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Viele (Paprika-)Gärtnereien hatten es in den Jahren nach der Finanzkrise schwer, dazu kam die EHEC-Krise. In Andijk kostete das einem großen Paprikabetrieb den Kopf. Die Erzeuger von Rainbow interessierten sich daraufhin für die Anbauflächen. „2013 haben wir die Gärtnerei gekauft.“ Für den Kauf wurde erstmals die Hilfe eines externen Kapitalgebers in Anspruch genommen, erinnert sich Arco. „Außerdem haben alle Anteilseigner Geld beigesteuert.“
Gemeinsame Investitionen in Gartenbauprojekte waren den Paprika-Unternehmern nicht fremd. Auch an einem britischen Projekt, Thanet Earth, hatten sie sich seinerzeit gemeinsam beteiligt. „Und wir waren auch schon zusammen in der Genossenschaft. Für uns war das eine schöne Art der Zusammenarbeit. Man
braucht immer eine Idee, Geld und Leute, die etwas umsetzen. Bei der Gärtnerei Andijk kam das alles gut zusammen.“ Nach dem Kauf der Gärtnerei Andijk – „auf dem Tiefpunkt gekauft“ – ging es schnell voran. „Wir haben neun und sechs Hektar dazugewonnen.“ 2019 waren es 25 Hektar Gewächshausfläche in Andijk.
GANZ PLÖTZLICH KAM SPITZPAPRIKA DAZU
Bis dahin ging es bei Rainbow nur um Blockpaprika, doch 2012 brachte Wim Grootscholten eine neue Idee ein. „Wim schlug einen Garten in Wateringen vor“, erinnert sich Arco. Er wirft einen Blick auf die Uhr und kann sich in die damalige Zeit zurückversetzen. „Wim gab uns eine Dreiviertelstunde Zeit, um uns zu entscheiden. Wir beschlossen, es zu tun und in diesem neuen Garten neben Blockpa-
prika erstmals auch Spitzpaprika anzubauen.“ Die Gärtnerei Het Westland war geboren. John, Arco und Thimo bildeten bald die Leitung der Gärtnerei, die damals noch außerhalb von Rainbow lag, obwohl es sich bei allen um Rainbow-Mitarbeiter handelte, die im Anbau tätig waren. Das Unternehmen wuchs. „Wir kauften und mieteten Gewächshäuser und tauschten im Gegenzug ältere Gewächshäuser dagegen ein.“ Die Gärtnerei Het Westland wuchs auf 6,5 Hektar an.
Als während der Corona-Zeit die Anteilseigner von Powergrow, sieben Männer zwischen 50 und 60 Jahren, kurz davor standen, einen Teil des Unternehmens zu verkaufen, entschloss sich Rainbow zu einem weiteren Schritt. „Der Kauf von zwölf Hektar war ein ziemlich großer Schritt, also haben wir uns für eine
Thema Gewächshausgemüse 56 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Thimo van Marrewijk
Marc Brekelmans
Bob Wever
Arco Vreugdenhil, Daaf Steentjes, Patrick Grootscholten und Peter Steentjes
Youri Barendse
Übernahme und Fusion entschieden“, erklärt Arco. „Die Anteilseigner der Gärtnerei Het Westland stiegen ein, und auch die vier verbleibenden Anteilseigner von Powergrow beteiligten sich.“ Zu diesem Zeitpunkt war man sich bei Rainbow darüber im Klaren, dass ein weiteres Wachstum von Spitzpaprika möglich war. „Für uns war die wichtigste Frage, wo wir dieses Wachstum realisieren wollten.“ Der Standort von Powergrow erwies sich dafür als gut geeignet. Die Hälfte der Blockpaprika in De Kwakel wurde durch Spitzpaprika ersetzt. „Der Übernahmeprozess verlief reibungslos und war erfolgreich. Im Grunde sind wir auf einen fahrenden Zug aufgesprungen.“
ALLE WIEDER AUF DEM ‚FAMILIENFOTO‘
Peter Steentjes hat Rainbow seit 1997 schnell wachsen sehen. Seit 2018 ist er Mitglied des Vorstands. „Daaf hat mich gefragt, ob ich mitmachen möchte, als klar war, dass John als kaufmännischer Direktor der Gärtnerei de Wieringermeer und als Anteilseigner von Rainbow zurücktreten würde“, sagt er. Der Name Rainbow war damals noch sehr bekannt
auf dem Markt, aber weniger aktiv in der täglichen Gartenbaupraxis, da der Anbauverband in Harvest House aufgegangen war. Bis jetzt, denn die vier genannten Gärtnereien haben fusioniert. „Im Laufe des Wachstumsprozesses entstanden nach und nach lose Verbindungen mit immer denselben Leuten“, stellt Peter fest. Ihm fällt ein passender Vergleich ein: „Wir waren Geschwister, aber jetzt sind wir alle wieder auf einem Familienfoto.“
Durch den Zusammenschluss hat Rainbow einen Bereich geschaffen, dem sich in Zukunft auch andere Gärtnereien anschließen können. „Wir haben eine Plattform geschaffen, auf der wir von einer achtzigprozentigen Zusammenarbeit in den letzten Jahren zu einer hundertprozentigen Zusammenarbeit übergegangen sind, mit einer einzigen Personalabteilung und auch einem zentralen Energieeinkauf“, erklärt Arco. Anbau, Technik und Arbeit bleiben pro Standort unabhängig, aber mit einem zentralen Personalbereich. Darüber steht ein Managementteam, bestehend aus Patrick Grootscholten, Thimo van Marre-
wijk, Peter Steentjes, Daaf Steentjes und Arco Vreugdenhil. Peter: „Wir bringen das zusammen, was wir ‚oberhalb von Amsterdam‘ und ‚unterhalb von Amsterdam‘ nennen.“
YOUNG RAINBOW
Wenn man die Hektar nach der Fusion zusammenzählt, kommt man auf über neunzig Hektar. In diesem Jahr baut die Rainbow Growers Group sogar noch etwas mehr an. Die Gärtnerei De Wieringermeer bepflanzt die letzte Parzelle und fügt den 50 Hektar bei Agriport weitere fünf Hektar hinzu. Die Gärtnerei Andijk hat ebenfalls 25 Hektar, Powergrow zwölf Hektar und die Gärtnerei Het Westland 6,5 Hektar. Mit anderen Worten: fast 100 Hektar. Konkrete Pläne für weiteres Wachstum gibt es derzeit nicht. „Unser Ziel ist es, bei der Konsolidierung im Paprikaanbau zu den Überlebenden zu gehören“, betont Arco.
Für die Zukunft ist den Paprikaanbauern der Nachwuchs wichtig. Der Start von Young Rainbow wird das sicherstellen, betont Peter. „Mit Marc Brekelmans, Bob Wever und Youri Barendse wurden drei
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junge Unternehmer ausgewählt, deren Unternehmergeist wir fördern.“ Jung ist auch Thimo van Marrewijk. Er ist bereits Vorstandsmitglied. „Wenn alle erfolgreich sind, sind wir für die nächsten Jahre gut aufgestellt“, sagt er. Die Idee ist, dass nach dem Entwicklungsprozess für die jungen Leute auch sie an der Rainbow Growers Group teilhaben können.
STRATEGISCHE ÜBERLEGUNGEN
Wer sich heute mit Gewächshausunternehmern an einen Tisch setzt, kommt nicht umhin, sich Gedanken über die Zukunft des Gartenbaus in den Niederlanden zu machen. Bei der Rainbow Growers Group ist man realistisch. Die Anbaufläche in den Niederlanden wird eher schrumpfen als wachsen. „Das Westland und Ostland sind randvoll“, weiß auch Arco. „Hier zu wachsen, ist nicht einfach.“ Peter hat wieder einen passenden Vergleich. „Man fährt auch nicht mit einem Öltanker durch einen Kanalgraben.“ Die Paprikaanbauer schätzen sich glücklich, viel Fläche in „zwei guten Gartenbaugebieten“ zu haben. „Und auch in De Kwakel wird die Entwicklung alternativer Wärmequellen vorangetrieben.“
Bereits um das Jahr 2012 herum habe die Rainbow Growers Group erste Schritte weg vom Gas unternommen, betont Arco. „Schon damals wollten wir unabhängiger von unseren Blockheizkraftwerken werden und haben in Nordholland und im Maasland einen ersten Schritt mit Geothermie gemacht.“
Der Schwerpunkt der Paprikaanbauer liegt auf dem heimischen Anbau. Das Ziel der Erzeuger ist jedoch in einem englischen Slogan verpackt: „Feeding the world with healthy food“. Interessanterweise hat sich die Rainbow Growers Group, während sie in den Niederlanden wächst, gerade von ihren Anteilen an Thanet Earth, dem britischen Anbauprojekt, bis Ende 2023 getrennt. „Und wir haben auch begonnen, über das Projekt in Tunesien nachzudenken, nachdem die niederländischen Anteilseigner Thanet Earth verlassen haben“, erklärt Arco. „Das sind strategische Überlegungen. Wir sind keine Tomatenanbauer.“ Der Anbau von Paprika in Tunesien erwies sich als große Herausforderung, ebenso wie die ganzjährige Vermarktung des Produkts. An einen ganzjährigen Anbau in den Nie-
derlanden mit einer belichteten Winterkultur haben die Erzeuger schon vor Jahren nicht mehr gedacht. „Das war weder damals noch heute kalkulatorisch machbar“, weiß Arco. „In der Gärtnerei De Wieringermeer und auch in der Gärtnerei Andijk wurde es ausprobiert. Die Erträge waren zu gering und die Qualität nicht gut genug.“
In Tunesien wurde in der Coronazeit die zehn Hektar große Anbaufläche von Blockpaprika auf Snacktomaten umgestellt. „Es ist geplant, dieses Projekt an einen Tomatenanbauer zu übertragen“, kündigen Arco und Peter an. Reisen ins Ausland gehören (vorerst) der Vergangenheit an. „Wir haben jetzt mit der Fusion einige große Schritte gemacht, werden aber auf jeden Fall wieder Schritte unternehmen, wenn wir uns in unserer Haut wieder wohlfühlen.“ Gibt es besondere Schwerpunkte? „Das Wachstum von Spitzpaprika, das Wachstum der Organisation und die Verbesserung der Nachhaltigkeit unseres Fußabdrucks. Unsere CO₂-Emissionen sind in den letzten zehn Jahren bereits um siebzig Prozent gesunken.“ Ein neuer Schritt in Richtung
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Thema Gewächshausgemüse 58 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Nachhaltigkeit ist der Beginn der Zusammenarbeit mit Source Irrigation Control. Dabei handelt es sich um eine intelligente, KI-basierte Software, die den Erzeugern einen Co-Piloten zur Seite stellt, der die Bewässerung autonom steuert. „Mit der Gärtnerei De Wieringermeer sind wir der einzige Paprikaanbauer mit 50 Hektar, der bereits damit arbeitet.“ Das sind neue Entwicklungen, ebenso wie die Fusion, die auch die älteren Anteileigner der Rainbow Growers Group gerade erleben. Arco: „Einer von ihnen rief mich kürzlich an und sagte, er sei froh, dass er noch nicht aufgehört habe. Er fände es schade, wenn er es nicht noch erlebt hätte.“ Die
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Zehn Jahre Anbau und Verpackung von Kirschtomaten:
„In den ersten
Jahren war
alles möglich“
Weniger Kilos, aber höhere Erträge? Die Bank konnte es nicht glauben, als Ferry und Marcel Adegeest vor zehn Jahren bei ihr an die Tür klopften. Die Tomatenanbauer waren auf der Suche nach einer Finanzierung, um von losen Tomaten zum Anbau und zur Verpackung von Snacktomaten zu wechseln. Mittlerweile tun sie dies in Bleiswijk seit zehn Jahren.
“In
unserem ersten Jahr haben wir alles falsch gemacht, was wir falsch machen konnten”, blickt Ferry Adegeest Anfang April zurück, während er mit seinem Bruder Marcel im Besprechungsraum des Hauptstandorts am Groendalseweg sitzt. Kurz zuvor sind sie auf ‘ihr’ Jubiläum der Snacktomaten aufmerksam gemacht worden. “Wir waren selbst noch nicht so weit”, geben sie zu. Weit in die Zukunft blicken wollen die Männer deshalb nicht. “Langfristige Planung ist nicht unser Ding. In kurzer Zeit können sich so viele Dinge ändern …”
Es war 2014, als die Tomatenanbauer von losen Tomaten auf Snacktomaten umstiegen. „2010 war ein sehr gutes Jahr, 2011 war das Jahr der Ehec-Krise, 2012
war schlecht und 2013 war nach einem schwierigen Start doch noch gut“, erinnert sich Marcel entspannt. Bei den losen Tomaten wurde es für die Erzeuger, die ihre Produkte nach Großbritannien verkauften, immer schwieriger. Kurz vor den schwierigen Jahren hatten sie gerade ein neues Gewächshaus gekauft. Außerdem hatten ihre Eltern das Geschäft aufgegeben.
Ein Informationsabend über die Snacktomate beim damaligen Anbauverband Van Nature brachte die Männer, die schon damals über den Anbau einer anderen Kultur nachdachten, zum Handeln. „Nach diesem Abend war unser Interesse schnell geweckt. Es stellte sich heraus, dass wir die einzigen Anbauer waren, die
sich meldeten.“ Van Nature, das mit Mark Versluis einen echten Fürsprecher für das noch relativ neue Produkt hatte, sah Wachstumschancen.
Auch Ferry und Marcel sahen Chancen, vor allem in der Kombination von Anbau und Verpackung. „Mit der Verpackung kann man einen Mehrwert schaffen, und das wollten wir“, sagen sie. Snacktomaten waren nicht ihre erste Wahl. „Wir haben auch überlegt, lose Tomaten zu verpacken, und grobe Pflaumentomaten fanden wir auch gut. Das passte gut zu den Maschinen, die wir bereits im Einsatz hatten.“ Als klar wurde, dass TVA Growers der einzige Betrieb innerhalb des Verbandes war, der in das Geschäft mit Snacktomaten einsteigen wollte, stellte sich die Frage, mit wie viel Hektar die Männer anfangen wollten. „Wir wollten mit einem Garten anfangen, aber wir haben dann gleich mit zweien angefangen. 7,5 Hektar, das ist gut machbar, haben wir gehört.“
PLAN FÜR DIE TONNE
Weil der Umstieg auf Snacktomaten Geld kostet, wandten sich die Anbauer an die
Thema Gewächshausgemüse 60 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Marcel und Ferry zwischen den Tomaten in einem ihrer drei Gewächshäuser
Bank. Die wollte zunächst nicht so recht an die ungewöhnliche Geschichte glauben, dass der Anbau eines Produkts mit weniger Kiloertrag trotzdem mehr Ertrag abwerfen soll. „Ferrys enthusiastische, überzeugende Geschichte hat die Bank schließlich überzeugt“, erinnert sich Marcel. Das Geld wurde unter anderem für neue Maschinen gebraucht. Ferry: „Die Snacktomate war noch ein relativ neues Produkt. Es gab nicht viel aus zweiter Hand zu kaufen. Nur die Tommies waren schon etwas bekannt.“
Hätten auf den damaligen Informationsabend mehr Erzeuger den Schritt gewagt, wäre die Geschichte vielleicht ganz anders verlaufen. Ferry und Marcel fanden in ihren Erzeugerverband zunächst eine gute Nische, aber Liebe auf den ersten Blick war es nicht. „Im ersten Jahr haben wir alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte“, lacht Ferry zehn Jahre später. „Der Plan auf dem Papier war schon im Mai für die Tonne“, ergänzt Marcel. Auf dem Papier sollten die Anbauer ‘mühelos’ 55 Kilo pro Stunde pflücken können. Ferry: „In der Praxis haben wir nicht mehr als 45 Kilo geerntet.“ Die 55 Kilogramm ließen sich zwar erzielen, aber „nicht jede Woche“. Marcel: „Vor allem nicht, wenn man im Laufe der Saison anfing, zwei, drei oder vier Sträuche zu viel zu pflücken.“
Der Anbau von Snacktomaten war für die Tomatenanbauer eben etwas Neues. Ferry: „Das war wirklich Pionierarbeit. Viel Wissen wurde nicht weitergegeben. Es war und ist ein ziemlich geschlossener Markt.“ Bis zur Ernte unterscheidet sich der Anbau nicht wesentlich von anderen Tomatensorten, aber danach „Der Anbau von Snacktomaten ist sehr arbeitsintensiv. Man braucht viele Leu-
te. Wir haben auch mit der Verpackung begonnen.“
VERPACKEN ERFORDERT INVESTITIONEN
In der Verpackungshalle von TVA Growers sind die Maschinen für lose Tomaten neuen Maschinen für Snacktomaten gewichen. „Zuerst dachten wir, wir bräuchten keine so große Halle mehr, aber da haben wir uns getäuscht. Als wir dann loslegten, stellten wir fest, wie viele Leute wir brauchten und mit wie vielen Verpackungsarten wir arbeiten mussten.“ Es begann mit einer Schüttellinie und einer Linie für dreieckige Schalen, aber bald kamen Eimer, Schalen, Beutel und Flowpacking als Optionen hinzu.
Mit den entsprechenden Maschinen. Marcel: „In einer guten Woche braucht man nur eine Art von Verpackung, aber in weniger guten Wochen braucht man
Vollautomatische Bereitstellung
Vision-Technologie für exakte Positionierung
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Einfache Reinigung
Einstellbarer Bohrerdurchmesser
In Hälften oder Viertel schneiden
maximale Flexibilität bei der Verpackung, und dann auch noch sehr viele.“ Heute verpacken sie bei TVA Growers wieder ausschließlich rote Snacktomaten, die sie selbst auf über elf Hektar an drei Standorten anbauen. In der Vergangenheit haben sich die Männer an Farbmischungen gewagt. „Mit einem Großkunden lief das gut. Das war und ist einfach zu bewerkstelligen. Aber das macht es auch noch komplizierter. Ohne einen großen Abnehmer für die Mischung war es auch mit dem Verpacken von Farbmischungen vorbei.“
Die Erzeugergemeinschaft Oxin Growers (die 2020 aus der Fusion von Van Nature und Best of Four hervorging) hat in diesem Jahr bei TVA Growers eine Maschine installiert, die mithilfe von Bildverarbeitungstechnologie beim Sortieren minderwertige Snacktomaten auswirft. „Genau wie bei Sprossen“, weiß Marcel.
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N E U : A U T O N O M E P F E F F E R V E R A R B E I T U N G
TVA Growers hat sich darauf spezialisiert, seine Produkte ‘supermarkttauglich’ zu machen
„Wir versuchen natürlich immer, unsere Qualität zu verbessern. Mit dieser Maschine können wir auch den Arbeitsaufwand reduzieren.“
ARBEIT IST EINE HERAUSFORDERUNG
Das Thema Arbeit beim Anbau von Snacktomaten ist ein heikles Thema. „Jedes Jahr kommt ein Euro pro Stunde hinzu“, rechnet Marcel vor. Das hat dazu geführt, dass die Anbaufläche für Kirschtomaten nach einem rasanten Wachstum in den Anfangsjahren in den vergangenen Jahren sogar zurückgegangen ist. Die Konkurrenz aus den nordafrikanischen Ländern, wo die Arbeitskräfte billiger sind, ist groß. Auffallend ist, dass in den Niederlanden die Anbaufläche für Snacktomaten in diesem Jahr wieder leicht zugenommen hat. Darauf hat der kaufmännische Direktor von Oxin Growers, Ruud den Boer, kürzlich hingewiesen. Das Wachstum findet nicht bei TVA Growers statt, aber die Anbauer wissen, woher das von Ruud erwähnte Wachstum kommt. „Letztes Jahr konnten die internationalen Erzeuger schwieriger liefern. Deshalb haben einige niederländische Anbauer hier etwas mehr angebaut.“
Im Laufe der Jahre hat TVA Growers begonnen, ertragreichere Sorten anzubauen. „Wir bauen jetzt Duelle an. Mit dieser Sorte kann ein guter Pflücker 60 Kilogramm pro Stunde bei einem guten Fruchtgewicht von zwölf Gramm pro Stück ernten. Damit hat man das große Los gezogen“, weiß Marcel. „Die Sorten von 2014 können heute nicht mehr angebaut werden, wie wir finden.“ TVA Growers hat sich darauf spezialisiert, das Produkt ‘supermarkttauglich’ zu machen – heute vor allem unter Handelsmar-
ken, aber anfangs auch häufig unter der Eigenmarke der Erzeugergemeinschaft: Candiezz. Marcel: „Candiezz kam anfangs bei den internationalen Kunden sehr gut an. In jenen Jahren war sozusagen ‘alles’ möglich. Jetzt merkt man, dass der Einzelhandel eigentlich das ganze Jahr über das gleiche, wiedererkennbare Produkt haben will und sich deshalb für die Eigenmarke entscheidet.“
Der ganzjährige Anbau von Snacktomaten in den Niederlanden ist heutzutage (fast) unmöglich. TVA Growers hat es
selbst nie gemacht, aber darüber nachgedacht. Ferry: „Wir wollten es zwar, haben aber nie wirklich belichtet angebaut. Es hat sich für uns nicht gerechnet. Die Erträge sind im Winter zu niedrig und die ausländische Konkurrenz ist groß.“ Selbst im Ausland anzubauen, war für Ferry und Marcel nie eine Option. „Dafür sind wir zu sehr mit unserem Dorf verbunden“, sagen sie. Um trotzdem möglichst lange auf dem Markt zu sein, haben sie in den ersten Jahren bis Anfang Dezember angebaut. „Aber das haben wir inzwischen aufgegeben“, sagt
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Die Entwicklung bei der Verpackung von Snacktomaten ist rasant, und dafür benötigt man auch die entsprechenden Maschinen
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Marcel. „Heute sind wir immer um den 10. November herum fertig.“
Ihr Snacktomaten-Jubiläum bei TVA Growers Anfang April haben sie nicht groß gefeiert. Es gab keine Torte und auch in den sozialen Medien wurde nicht darüber berichtet. Die Männer lachen. Ferry: „Wir sind nicht so gut, was die sozialen Medien betrifft. Wenn ich jedes Jahr ein Bild von der ersten Ernte poste, bekomme ich oft amüsierte Reaktionen zurück, wie ‘schau mal einer an, da ist Ferrys jährlicher Social Post’.“ Die Männer wissen, wie wichtig Werbung ist, auch im Interesse der gesamten Branche. Marcel: „Wir sind oft viel zu bescheiden.“ Dann fällt ihm etwas ein. „Wir suchen noch drei neue Mitarbeiter. In unserer Verpackungshalle gehen bald einige erfahrene Mitarbeiter in Rente. Können Sie das nicht ausschreiben? Man weiß ja nie.“
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Langfristige Planungen liegen den Männern also nicht so, aber sie sind begeistert und voller Tatendrang, wie sich im Gespräch herausstellt. Mit den Snackto-
maten liegen sie ihrer Meinung nach richtig. „Gesunde Snacks haben Zukunft, und wir glauben auch an die kleineren Tomatensorten“, sagt Marcel. In den Niederlanden ist der Reiz des Neuen bei den Kirschtomaten inzwischen verflogen. „Ich glaube, in Osteuropa gibt es noch viel zu gewinnen“, sagt er.
Im eigenen Land sind die Männer dabei, die Nischenposition zurückzugewinnen, die sie in ihrer Anfangszeit mit den Snacktomaten hatten, denn die Anbauflächen in den Niederlanden schrumpfen. „Wir bieten Sicherheit mit unserem Hightech-Anbau von Snacktomaten.“ Und Flexibilität, wie Marcel seine eigenen Worte ergänzt. „Unsere Kommunikationswege sind kurz, auch innerhalb des Unternehmens, sodass wir Arbeitsspitzen gut abfangen können, indem wir bei Bedarf Mitarbeiter aus dem Gewächshaus vorübergehend in der Verpackung einsetzen. Das ist ein bisschen anders als bei einem großen Verpackungsunternehmen. Das Verpacken ist wirklich eine Kunst für sich. Wenn wir damit aufhören würden, würde uns das sehr fehlen.“
Genauso wie den Tomatenanbauern sicher die Hektik fehlen würde, wenn sie die Snacktomaten aufgeben würden. In den letzten zehn Jahren war dieser Zeitpunkt schon ein paar Mal sehr nahe. „Vor zwei Jahren haben wir darüber nachgedacht“, gibt Ferry zu. „Dann fängt man doch mal an, über Alternativen nachzudenken. Aber wir wissen auch, dass viele Kulturen, die als Alternative zu Snacktomaten infrage kommen, ebenfalls sehr arbeitsintensiv sind“, fügt Marcel hinzu. „Wir schauen von Jahr zu Jahr, aber ich gehe nicht davon aus, dass wir in den nächsten Jahren etwas anderes als Snacktomaten anbauen werden.“ Innovationen zur Einsparung von Arbeitskräften können den Anbauern helfen. Bei TVA Growers ist man davon überzeugt, dass die derzeitige Arbeitsproblematik Innovationen beschleunigt. Bei der Verpackung wird dies immer deutlicher. Jetzt kommt der Anbau hinzu. „Dort ist es noch nicht so einfach. Das haben wir schließlich gesehen, als wir Roboter in unseren Gewächshäusern getestet haben.“
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Peter Fes, StC International:
„Gurkenpreise in den ersten Wochen der Saison halb so hoch wie im Vorjahr“
Die niederländische Gewächshausgemüse-Saison bei StC International kommt in Schwung. Vor allem bei den Gurken war der Start preislich nicht so gut, stellt Einkaufsleiter Peter Fes fest. “Die Mengen sind ähnlich wie im letzten Jahr, aber die Preise sind bisher nur halb so hoch wie im letzten Jahr.”
Aber die Saison hat gerade erst begonnen, und Peter Fes hofft auf einen guten weiteren Verlauf. “Im vergangenen Jahr hat man gesehen, dass die Preise ab der 15. Woche eingebrochen sind. Wenn dieser Rückgang jetzt ausbleibt, könnte das viel ausgleichen. Die Gurkenproduktion ist nicht so stark gestiegen und die Pflanztermine liegen etwas weiter ausei-
nander. Ich hoffe, dass die Höhen und Tiefen dadurch ein wenig gedämpft werden. Die ersten Gurkenerzeuger haben jetzt schon (am 10. April) ihren Anbauwechsel. Das wird hoffentlich zu einem etwas konstanteren Angebot führen. Für diese Jahreszeit sind die Preise einfach zu niedrig, aber wenn wir sie bis zum Sommer
halten können, kann es immer noch ein recht gutes Gurkenjahr werden.”
DIREKTER HANDEL MIT DER QUELLE
„Die Lieferung von Paprika hat gerade erst begonnen, daher kann man dazu noch nicht viel sagen – obwohl die ersten Preise auf einem guten Niveau sind, genau wie bei den Auberginen. Bei den Tomaten sehen wir jetzt einen leichten Anstieg des Angebots und einen Rückgang der Preise, obwohl sie zu Beginn der Saison meiner Meinung nach nicht ganz enttäuschend waren. Ab der 16. Woche werden wir auch mit den ersten Minigurken beginnen“, sagt Peter. StC steht für Source To Consumer, also den Han-
Thema Gewächshausgemüse 64 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Team StC
del direkt von der Quelle. So arbeitet das Unternehmen mit der Gärtnerei RedKes zusammen, die auf mehr als sieben Hektar Strauchtomaten anbaut, und über die Genossenschaft Oxin Growers auch mit Arthur van Geest, wo auf über acht Hektar Gurken angebaut werden. Das Unternehmen mit Sitz in Honselersdijk kauft auch bei einer Reihe von Erzeugern und Genossenschaften ein.
„Unser Absatz konzentriert sich hauptsächlich auf Osteuropa, Frankreich und den skandinavischen Markt. In geringerem Umfang haben wir auch britische Kunden, und es gibt einige Vertriebslinien zum Einzelhandel in Deutschland. Mit unserem Gemüse bedienen wir neben dem Einzelhandel alle Facetten des Handels, nur im deutschen Tageshandel sind wir weniger aktiv“, sagt Peter. Gewächshausgemüse macht den Großteil des Sortiments von StC aus. Im Winter ist das Unternehmen beispielsweise ein großer Importeur von marokkanischen Tomaten. „Vor der Saison schien das Angebot begrenzt zu sein, aber die Mengen stiegen ziemlich schnell an, und letztlich war es gar keine schlechte Saison. Aber es ist wichtig, feste Lieferanten zu haben. In Kombination mit starken Marken kann man sich dann etwas aufbauen.“
INTERESSE AN POLNISCHER PAPRIKA, WENN DIE NIEDERLÄNDISCHEN
PREISE IN DIE HÖHE SCHNELLEN
StC hat eine feste Verbindung zu einem polnischen Paprikaanbauer. Die polnische Paprikasaison beginnt traditionell Mitte Juni mit den ersten grünen Paprikaschoten, gelbe und rote Paprika folgen gut einen Monat später. „Wir verkaufen polnische Paprika in ganz Europa, vor allem außerhalb der Niederlande. Interessant wird dieser Handel aber erst, wenn die Preise für niederländische Paprika auf einem höheren Niveau liegen. Dann kann man sie im Tageshandel sehr gut verkaufen, aber es muss einen Preisunterschied zwischen niederländischen und polnischen Paprika geben.“
StC schreckt auch nicht vor sogenannten Specialties zurück, obwohl Peter sagt, dass dies ein Risiko darstellt. „Wenn es einen Hektar zu viel von einem bestimmten Produkt gibt, kann der Preis komplett in die andere Richtung ausschlagen. Letztes Jahr haben wir das zum Beispiel im Segment der kleinen Tomaten gesehen. Nach einigen guten Jahren war der Absatz im vergangenen Jahr wirklich dramatisch schlecht, selbst in der spanischen und marokkanischen Saison lagen die Preise unter dem Niveau. Ich gehe
davon aus, dass sich dies in der kommenden Wintersaison auf die Anbauflächen auswirken wird.“
Die Verpackungswünsche des Handels ändern sich. Jumbo hat in diesem Jahr angekündigt, lose rote Paprika und Gurken aus den Niederlanden nur noch unverpackt anzubieten. „Auch Frankreich will keine Folie mehr um die Gurken. Auf der anderen Seite sieht man, dass Albert Heijn das teilweise zurückgenommen hat, weil es auch einen großen Einfluss auf die Ausfallquote hatte. Die Frage ist also, was schwerer wiegt, weniger Plastik und mehr Abfall oder immer noch das Plastik um die Gurken“, sagt Peter.
Obwohl die niederländische Gewächshausbranche in letzter Zeit von den Politikern nicht immer mit Lob bedacht wurde, ist der Händler zuversichtlich, was die Zukunft des Gewächshausgemüse-
baus angeht. „Manchmal gibt es so viel Geschrei, dass man sich fragt, ob die Leute sich nicht erst mal mit einem Thema beschäftigen können. Die Bevölkerung wächst weiter, und wir haben mit unseren hochwertigen Kulturen eine Lösung dafür. Ich bin überzeugt, dass die Nachfrage nach den von uns produzierten gesunden Lebensmitteln weiterhin bestehen wird.“
p.fes@stcint.eu
65 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Peter Fes (rechts) mit Gurkenzüchter Arthur van Geest
Der marokkanische Frühgemüsesektor übersteht eine facettenreiche Krise
Seit dem Ausbruch des Coronavirus hat der Frühgemüsesektor in Marokko mit einer Reihe von Schwierigkeiten zu kämpfen, die das Wachstum jedoch nicht gebremst haben. Die Ursachen der Krise sind vielfältig und voneinander abhängig: Klimawandel, Dürre, Inflation, Pflanzenschutzprobleme, aggressive Konkurrenz, Unterbrechungen der Lieferkette, Exportbeschränkungen, weltweite geopolitische Spannungen und vieles mehr. Die Saison 2023/2024, die für die meisten Sorten soeben zu Ende gegangen ist, steht unter den gleichen Vorzeichen und war von den gleichen Herausforderungen geprägt. Sie hat auch einige Überraschungen gebracht - schlechte, aber auch gute. Diese Saison hat wieder einmal das marokkanische Paradox bewiesen, dass die Branche in einem unvorhersehbaren Umfeld zerbrechlich und empfindlich ist, aber auch widerstandsfähig und auf seltsame Weise anpassungsfähig. Branchenkenner analysieren und analysieren wieder und wieder, aber letztlich danken sie “Baraka”, dem Segen, der der landwirtschaftlichen Produktion in Marokko eigen ist.
Um den Beginn der Saison zu skizzieren: Die von der Regierung 2023 verhängten Exportbeschränkungen setzten der vorangegangenen Saison ein abruptes Ende und riefen den Zorn der Erzeuger hervor, die über ihre Verbände erklärten, dass diese Maßnahmen “die marokkanische Agrarindustrie gefährden”. Im August wurde das Land von einer noch nie dagewesenen Hitzewelle heimgesucht, die in der Region Souss Massa - der Hochburg des Frühgemüse-
sektors - am schlimmsten war. Große Flächen an Tomaten und Paprika gingen verloren. Die Saatgutknappheit verzögerte den Beginn der Saison um mindestens einen Monat. Das ToBRFV-Virus hat bei Tomaten verheerende Schäden angerichtet, ebenso wie TSW und PMMV bei Paprika. Die Dürre dauert nun schon das sechste Jahr in Folge an, und das Wasser ist knapper denn je. Die Saison hat in einer besorgten Stimmung begonnen.
Thema Gewächshausgemüse 66 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
EIN IM GROSSEN UND GANZEN POSITIVES ERGEBNIS FÜR DIE SAISON 2023/2024
Wer konnte schon vorhersagen, dass die Saison mit einem Höhepunkt enden würde und die Mengen die der vorherigen Saison übertreffen würden? Doch genau das bestätigt Oussama Machi, ein Obstund Gemüseerzeuger aus Agadir. Machi erklärt: „Trotz eines schwierigen Starts in die Saison ist das Gesamtbild positiv. Ich würde sogar sagen, dass es eine Verbesserung gegenüber der vorherigen Saison gegeben hat. Wir hätten besser abschneiden können, aber die Branche hat trotzdem eine hervorragende Leistung erbracht, und sei es nur, weil sie sich trotz schwieriger Bedingungen wacker geschlagen hat.“
Der Produzent erklärt: „Weltweit gesehen ist dieses Jahr milder als das vorherige. Die vergangene Saison (2022-2023) ist eine Fortsetzung der Krisenserie von Covid-19. Der übermäßige Konsum führte zu Exportbeschränkungen und einer weltweiten Inflation, die sich im Agrarund Ernährungssektor noch verstärkte. In dieser Saison stellen wir fest, dass sich die Inflation stabilisiert und in den europäischen Ländern durchschnittlich 2,6 Prozent beträgt, was nahe an den Zielsetzungen der Europäischen Zentralbank liegt. Unter diesem Gesichtspunkt geht es unseren Märkten in Europa in dieser Saison besser.“
Was die Produktionsbedingungen in Marokko betrifft, konnten die Erzeuger trotz der Verluste aufgrund der Hitzewelle im August 2023 und des daraus resultierenden Saatgutmangels bereits nach einem Monat wieder die gleiche Anbaufläche wie in der vorherigen Saison bewirtschaften: „Die Mengen stiegen im weiteren Verlauf der Saison sogar spektakulär an, dank des außergewöhnlichen Wetters im gesamten Mittelmeerraum.“
Der psychologische Effekt der Hitzewelle übersteigt den direkten Schaden bei Weitem, glaubt Machi. „Im August 2023, als die Hitzewelle kam, waren noch nicht alle Gewächshäuser bepflanzt. Die Erzeuger hatten bereits eine abwartende Haltung eingenommen und die Pflanzung von einem Tag auf den anderen verschoben, um zu sehen, wie sich die Situation im Pflanzenschutzbereich entwickelt. Aber angesichts der Rekordtemperaturen hatten die Erzeuger noch mehr Gründe, mit der Aussaat zu warten. Was dann geschah, ist bekannt. Als alles gesät war und das Klima wärmer wurde, hatten wir viel höhere Mengen als in der Saison zuvor und sinkende Preise.“
MENGE ERHOLT SICH, ABER PREISE FALLEN
Der Anstieg der Produktionsmengen und auch der Exportmengen wird nach Schätzungen von Machi in dieser Saison durch einen Rückgang der Exportpreise beeinträchtigt. „Die Preise sind im Durchschnitt um 30 Prozent gesunken, und damit sind auch die Einnahmen zurückgegangen. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Preise in den ersten drei Monaten der Saison, von September bis November, sehr gut waren. Die Produzenten, die in diesem Zeitraum Produkte zur Verfügung hatten, erzielten Gewinne, die über denen der restlichen Saison lagen. Vom 15. Dezember bis Anfang April sind die Preise dann gefallen.“
„Ich muss sagen, dass diese Zahlen auf meinen persönlichen und geschäftlichen Beobachtungen des Marktes beruhen“, sagt Machi. „Ich appelliere an die beteiligten Parteien, den Erzeugern zu helfen, unter diesen unvorhersehbaren Bedingungen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wenn wir zum Zeitpunkt der Hitzewelle im August und das ganze Jahr über Daten und Statistiken gehabt hätten, hätten wir das Überangebot und den Preisverfall vermeiden können. Derzeit arbeiten wir auf der Grundlage von Mund-zu-Mund-Informationen, was für einen Sektor, dessen Exportumsatz allein eine Milliarde USD pro Jahr übersteigen, ineffizient ist.“
Insgesamt berichtet Machi von „stabilen Marktanteilen für marokkanische Exporteure in Europa und einem stetigen Wachstum der Exportmengen“. Er fügt hinzu: „Es gab keine ungewöhnlichen Zuwächse oder Verluste. Die Mengenkontingente entwickeln sich langsam. Die Verteilung der europäischen Märkte auf die verschiedenen Herkunftsländer von
67 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Frühgemüse ist ebenfalls stabil geblieben, wobei sich Marokko auf den französischen, britischen und niederländischen Markt spezialisiert hat.“
WICHTIGE ENTWICKLUNG DER
SAISON: TOBRFV WIRD SCHWÄCHER Zu einer produktspezifischen Einschätzung sagt der Erzeuger: „Die Tomaten waren eindeutig die größten Opfer. Die Preise haben nicht den Erwartungen entsprochen. Paprika und Peperoni haben sich preislich besser entwickelt als Tomaten. Die Überraschung in dieser Saison war jedoch die Leistung von Gurken und Bohnen, die gute Preise erzielten und dank der höheren Temperaturen auch eine höhere Produktivität pro Hektar verzeichneten.“
Allerdings hat die Saison auch eine wichtige Entwicklung gebracht, sagt der Erzeuger. „Wir haben beobachtet, dass der ToBRFV deutlich schwächer geworden ist. Während der Schaden in der vergangenen Saison bei etwa 40 Prozent lag, betrug er in dieser Saison durchschnittlich fünf Prozent, wobei es je nach Ort und Erzeuger Unterschiede gibt. Offenbar, und das hoffe ich, ist es der Beginn der Eindämmung des Virus, das den Erzeugern bislang ein Dorn im Auge war. Es muss gesagt werden, dass das
Virus durch seine eigene Entwicklung geschwächt wurde und nicht dank der neuen sogenannten resistenten Sorten, die sich als unwirksam erwiesen haben.“
ERNEUTE FEINDSELIGKEITEN IN EUROPA
In dieser Saison kam es wieder zu Anfeindungen und Angriffen auf marokkanische Lieferungen nach Europa, die in den vergangenen Jahren ausgeblieben waren. Die Proteste der Landwirte nahmen in vielen Ländern dramatische Ausmaße an, mit Gewaltakten und der Zerstörung marokkanischer Ernten, vor allem in Frankreich und Spanien. Da es keine offiziellen Zahlen gab, versuchte Machi, Informationen von anderen Exporteuren einzuholen: „Der direkte Schaden durch die zerstörten Ernten entspricht mindestens einem Tag Arbeit, d. h. dem Äquivalent der an einem Tag geernteten Mengen, plus dem Wert eines Tages Arbeit in der gesamten Wertschöpfungskette, einschließlich der Packstationen. Der Schaden spiegelt sich indirekt im Verlust von einem Drittel des Umsatzes während der drei Wochen wider, was der Verschlechterung der Qualität und der Haltbarkeit sowie den durch die Straßensperren verursachten Verspätungszuschlägen entspricht.“
Machi: „Erzeuger in Europa genießen große Sympathie in der Öffentlichkeit, und die Regierungen sind besorgt über Wahlsanktionen, wenn sie auf Proteste reagieren. Außerdem verfügen die Landwirte über große Ressourcen wie Traktoren und schwere Maschinen, mit denen sie die Wirtschaft lahmlegen können. Sie nehmen diese Situation als eine Art Immunität, um diese Taten zu begehen. Aber abgesehen von den Protesten dürfen wir nicht vergessen, dass das europäische Agrarmodell bei den Grunderzeugnissen nicht wettbewerbsfähig ist und nur dank der PAC-Subventionen überlebt. Selbst wenn die Regierungen morgen die unrealistischen Forderungen der Landwirte akzeptieren, wird dies nicht im Interesse der Verbraucher sein und die Probleme der Erzeuger, die durch mangelnde Modernisierung verursacht werden, nicht lösen. Nur die Niederlande machen eine Ausnahme, da sie große Anstrengungen unternehmen, um ihr Agrarmodell zu modernisieren.“
AUSSICHTEN FÜR DIE NÄCHSTE
SAISON
Wie sieht es mit der Modernisierung des marokkanischen Modells aus, insbesondere angesichts des Klimawandels, der das Land hart trifft? „Wir befinden uns nicht in einer katastrophalen Situation
Thema Gewächshausgemüse 68 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
und radikale Veränderungen sind nicht sofort notwendig“, sagt Machi. „Bei den Produktionsmitteln findet zum Beispiel ein Übergang zu moderneren Gewächshäusern statt, aber wir brauchen keine Hightech-Gewächshäuser, und außerdem sind Investitionen in solche Gewächshäuser wirtschaftlich nicht sinnvoll. Wir werden in den kommenden Jahren den Einsatz modernerer Gewächshäuser sehen, die einen ganzjährigen Anbau ermöglichen.“
Der Erzeuger gibt seine Prognose für die nächste Saison ab: „Die Veränderungen werden andere Formen annehmen. Zum Beispiel wird es eine Rückkehr zu den Frühkulturen geben, die in dieser Saison profitabel waren. Die Saison wird also früher beginnen als in diesem Jahr. Die Abschwächung des ToBRFV kündigt auch eine höhere Tomatenproduktion an. Allerdings wird es zu einer Umverteilung der produzierten Sorten kommen. In den vergangenen Jahren hat die Produktion von segmentierten Tomatensorten stark zugenommen, aber in dieser Saison hat der Markt für diese Sorten einen gewissen Grad der Sättigung erreicht.
Daher wird in der nächsten Saison das Interesse an runden Tomaten wieder zunehmen. Schließlich kündigt der kommerzielle Erfolg von Gurken und Bohnen eine Ausweitung ihrer Anbaufläche in der nächsten Saison an.“
Was die Märkte betrifft, so erwartet Machi, dass es in der nächsten Saison nur minimale Veränderungen geben wird: „Der Export nach Deutschland und in die osteuropäischen Länder kann noch gesteigert werden, aber ansonsten bleiben die Trends stabil. In dieser Saison sind wir nicht von Exportbeschränkungen betroffen. Es gibt immer noch Beschränkungen für den Export bestimmter Produkte nach Westafrika, aber das betrifft nicht das Frühgemüse. In diesem Jahr haben wir Tomaten in den Senegal exportiert, der ein Umschlagplatz für Gambia und andere benachbarte Länder ist. Es muss gesagt werden, dass die Exportbeschrän-
kungen eine große Sorge für die Erzeuger sind, und wenn diese Maßnahme Frühgemüse betrifft, auch auf dem westafrikanischem Markt, schließe ich nicht aus, mein Geschäft nach Mauretanien zu verlagern.“
oussama.machi@gmail.com
69 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
die Benelux-Lander
Tägliche Sammelgut Transporte in
und nach Deutschland
Sophie Thill, Les Paysans de Rougeline:
„Wir setzen uns für den französischen Anbau ein, um gesunde, verantwortungsbewusste und lokale Lebensmittel anzubieten“
Angesichts der beispiellosen Proteste und Demonstrationen im Agrarsektor ist die Frage der Lebensmittelunabhängigkeit aktueller denn je. Trotz der düsteren wirtschaftlichen Lage nimmt der Trend zum lokalen Konsum weiter zu, und das landwirtschaftliche Potenzial Frankreichs wird immer noch weitgehend ungenutzt gelassen. Heute wird fast die Hälfte des konsumierten Obsts und Gemüses in Frankreich importiert.
Um dieser großen Herausforderung entgegenzutreten, hat sich Les Paysans de Rougeline, eine Genossenschaft mit Sitz in Südfrankreich, seit ihrer Grün-
dung vor über 30 Jahren zu 100 Prozent der französischen Produktion verpflichtet. In diesem Sinne ist der Großteil des Obsts und Gemüses für den heimischen
Markt bestimmt. Jedes Jahr produziert
Les Paysans de Rougeline 90.000 Tonnen Obst und Gemüse, darunter 80.000 Tonnen Tomaten. “Die französische Leben-
Thema Gewächshausgemüse 70 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
smittelunabhängigkeit ist ein Thema, das uns am Herzen liegt. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, den Menschen in Frankreich die französische Produktion zugänglich zu machen, damit alle von den Produkten profitieren können, die aus guten landwirtschaftlichen Praktiken und einem ökologisch verantwortungsvollen Ansatz stammen. Die Segmentierung unseres Sortiments ermöglicht es uns, sowohl Produkte mit hohem Mehrwert, wie die Label Rouge-Tomaten, als auch Produkte des mittleren Segments anzubieten. Im Durchschnitt verkaufen wir ein Kilo Obst oder Gemüse für weniger als 2,50 EUR/kg, was immer noch ein erschwinglicher Preis für eine gesunde Ernährung ist”, berichtet Sophie Thill, Marketing- und Kommunikationsmanagerin bei Paysans de Rougeline.
ANPASSUNGSFÄHIGKEIT AN DIE SICH STÄNDIG ÄNDERNDE NACHFRAGE
Das Ziel der Genossenschaft ist eindeutig: Sie will dafür sorgen, dass „die Erzeuger beruhigt von ihrem Beruf leben und sich entwickeln können“ und dass „die Verbraucher sich ausgewogen ernähren können“, während sie gleichzeitig den
heutigen ökologischen Herausforderungen gerecht wird. „Wir haben uns immer dafür eingesetzt, zugänglich zu sein und gleichzeitig die Rentabilität der Erzeuger zu gewährleisten. Um dieses Ziel zu erreichen, passen sich die Erzeuger ständig an, indem sie zum Beispiel Unternehmen gründen, um die Kosten zu bündeln und die Effizienz in der gesamten Kette zu verbessern. Wir setzen uns auch für grundlegende Themen wie die ökologische Verantwortung ein. In den vergangenen zehn Jahren haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Verwendung von Plastik in unseren Verpackungen zu eliminieren. In ähnlicher Weise und um den Verbrau-
chern ein Produkt ohne Rückstände von Pflanzenschutzmitteln zu garantieren, haben wir das Label Zéro Résidu de Pesticides geschaffen.“
Angesichts der aggressiven ausländischen Konkurrenz und trotz der höheren Produktionskosten in Frankreich hat Les Paysans de Rougeline ein erfolgreiches kollektives Konzept zur Erobe-
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rung von Regalplätzen neben den Produkten der Konkurrenz entwickelt, wobei die französische Qualität garantiert wird. „Vor allem bei Kirschtomaten gibt es viele importierte und preisgünstige Produkte. Seit einigen Jahren arbeiten wir mit Schalen zu einem Preis von 0,99 EUR und können so ein französisches Produkt zu einem sehr günstigen Preis anbieten. Unsere Erzeuger haben ihre Produktion so weit wie möglich optimiert, um die Versorgung sicherzustellen und sich so einen Platz in den Regalen der ersten Preisklasse zu sichern, wobei sie vor allem die marokkanische Herkunft
herausfordern. In Zusammenarbeit mit unseren Kunden gelingt es uns, unsere Präsenz in den Supermärkten zu erhöhen, insbesondere in der Hochsaison. Jedes Glied in der Kette muss sich bemühen, um faire Preise für die Erzeuger und eine gute Zugänglichkeit für die Verbraucher, die lokale Produkte suchen, zu erreichen.“
JUNGE PRODUZENTEN ERMUTIGEN
Mit Blick auf die Lebensmittelunabhängigkeit ist es umso wichtiger, die französische Produktion zu erhalten. „Heute gibt es immer weniger Erzeuger. Junge Produzenten benötigen Sicherheit, bevor
sie sich engagieren. Wir müssen sie dazu bringen, sich zu engagieren, indem wir ihnen Garantien bieten. Das kann zum Beispiel durch vertragliche Vereinbarungen mit Händlern geschehen.“
„Die Produktion unter Glas ist ein unverzichtbarer Vorteil, der es uns ermöglicht, eine hohe Produktionskapazität auf einer kleineren Fläche und in einer kontrollierten Umgebung zu erreichen, um sichere und umweltfreundliche Produkte zu erzeugen. Durch die Einführung der biologischen Schädlingsbekämpfung können wir beispielsweise Obst und Gemüse
Thema Gewächshausgemüse 72 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
ohne jegliche Pflanzenschutzmittelrückstände garantieren und anbieten, was den Verbrauchern zugutekommt und letztlich den Obst- und Gemüsekonsum erhöht.“
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„Es gibt Platz für alle französischen Unternehmen, die den französischen Markt mit
Obst und Gemüse aus eigenem Anbau versorgen wollen. Wir arbeiten alle auf ein gemeinsames Ziel hin: Das französische Angebot zu erhöhen, um den heimischen Markt zu versorgen, und der Ernährungssouveränität immer näherzukommen. Um dies zu ermöglichen, müssen wir gemeinsam den Wert überdenken, den wir Lebensmitteln verleihen. Gut zu essen bedeutet, sich um unsere Gesundheit, aber auch um unseren Pla-
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neten zu kümmern. Das bedeutet, dass wir die Arbeit der Erzeuger unterstützen müssen, die uns tagtäglich ernähren, und deshalb bereit sein, einen angemessenen Preis zu zahlen.“
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Mit heimischen Gewächshaustomaten gegen Importe ankämpfen
Der tschechische Markt für Tomaten ist noch relativ klein, da der größte Teil der Nachfrage durch Importe aus Marokko und Spanien gedeckt wird. Doch das wachsende Bewusstsein der Verbraucher für die Herkunft der Produkte in Verbindung mit der Sorge um die Umwelt hat einige dazu veranlasst, Alternativen zu finden. Farma Bezdinek ist ein tschechischer Gewächshaus-Tomatenproduzent, der sich seit seiner Gründung über die positive Aufnahme seiner Produkte, die er als „rückstandsfreie Tomaten” vermarktet, auf dem Markt freut.
TOMATEN UND DIE TSCHECHISCHE REPUBLIK
Die Tschechische Republik hat etwa zehn Millionen Einwohner, was bedeutet, dass der Markt im Vergleich zu anderen bevölkerungsreicheren Ländern viel kleiner ist. Derzeit gibt es im Land etwa 65–70 Hektar Gewächshäuser, die haupt-
sächlich dem Tomatenanbau gewidmet sind. Ist das ein Zeichen für die Abneigung der Kunden gegenüber Produkten aus dem Gewächshausanbau? Ganz und gar nicht, meint Jan Fucik, Gewächshausmanager bei Farma Bezdinek. „Die Resonanz der Kunden war bisher fantastisch. Die Konkurrenz aus Spanien und Marok-
ko ist ziemlich groß zur üblichen saisonalen Hochphase. Aber wir verkaufen nur an den lokalen Markt, was es uns ermöglicht, die Preise sehr wettbewerbsfähig zu halten, und die Zufriedenheit der Kunden beweist, dass es hier eine Nachfrage gibt.“
Farma Bezdinek baut Tomaten in einem 15 ha großen Gewächshaus an, einen Teil davon mit Cherrytomaten (Sorte Sweetelle), den anderen Teil mit Strauchtomaten (TOV) der Sorte Ronvine. „Das ist eine brandneue Sorte, die sich durch eine Resistenz gegen das Rugose-Virus auszeichnet“, erklärt Jan. Daneben verfügt das Unternehmen jetzt auch über ein kleines Gewächshaus von 0,8 ha, in dem es Cocktailtomaten anbaut.
Thema Gewächshausgemüse 74 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
Während die meisten Tomaten aus den Niederlanden, Spanien und Marokko kommen, ist Farma Bezdinek in der Lage, dem mit einer kürzeren Lieferkette zu begegnen, wodurch ihre Tomaten länger haltbar und insgesamt einfach leckerer sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Unternehmen nicht auch einige Herausforderungen zu bewältigen hat-
te. Schließlich ist der Markt in Tschechien klein, und für manche Unternehmen kann es schwierig sein, einen nennenswerten Gewinn zu erzielen.
ALLES SCHÖN UND GUT, BIS DIE RECHNUNG KOMMT
Das Hightech-Gewächshaus von Farma Bezdinek wurde vor fünf Jahren gebaut.
„Es ist ein Hybridgewächshaus, der Venlo-Typ“, sagt Jan. „Wir arbeiten mit Verdunkelungs- und Energieschirmen, ausschließlich biologischem Pflanzenschutz und einer Menge Automatisierung, um den Arbeitsdruck zu verringern und es unseren Erzeugern im Gewächshaus zu ermöglichen, sich ganz auf den Anbau der besten Tomaten zu konzentrieren.“
Leider hat die Energiekrise mit ihren explodierenden Strom- und Gaspreisen vielen Erzeugern einen Strich durch die Rechnung gemacht, so auch Farma Bezdinek. „Am Anfang haben wir mit künstlichem Licht angebaut“, erzählt Jan. „HPS, um genau zu sein.“ HPS können in der Tat ziemliche Energiefresser sein, und es sollte nicht überraschen, dass Jan und Farma Bezdinek sie nicht weiter verwenden konnten, wenn sie die Verbraucher weiterhin mit ihren frischen Produkten versorgen wollen. „Während der Energiekrise stiegen die Preise um das Drei- bis Vierfache, und wir kamen zu dem Schluss, dass wir mit unserer ursprünglichen Strategie nicht weiter wachsen konnten. Der Plan war, das ganze Jahr über anzubauen, aber das war nicht mehr machbar. Also begannen wir mit dem Sommeranbau und verkürzten die Saison, allgemein gesprochen. Zum Beispiel pflanzen wir jetzt große Tomaten in den Wochen 2–3 im Januar, kleine Tomaten Ende Dezember, und dann, Ende Oktober/Hälfte November, leeren wir das Gewächshaus, führen eine gründliche Reinigung und Hygiene durch und fangen ein paar Monate später wieder an.“ Auf diese Weise muss das Unternehmen nicht unbedingt mit besonders niedrigen Temperaturen oder einem generellen Mangel an Sonnenlicht zurechtkommen, der es dazu zwingen würde, auf eine künstliche Beleuchtung zurückzugreifen. „Von Ende November bis Ende März haben wir im Grunde keine Produktion.“
Ein Grund, warum sie den Anbau im Winter eingestellt haben, als die Energiepreise durch die Decke gingen, war auch, dass sowohl die Einzelhändler als auch die Endverbraucher niemals den „zusätzlichen“ Cent für Tomaten bezahlt hätten. Vor allem, wenn der fragliche Cent definitiv mehr als nur ein Cent gewesen wäre. „In dieser Saison kosten die Tomaten bei uns 6 EUR pro Kilo“, erklärt Jan. „Aber während der Krise hätten wir unsere Tomaten für 13–15 EUR pro Kilo verkaufen müssen, was natürlich nicht infrage kam.“
75 AGF Primeur • Gewächshausgemüse • 2024
GUTE VORBEREITUNG IST DIE HALBE
MIETE
Heute sieht die Lage jedoch ganz anders aus, und das Unternehmen investiert in Lösungen, um im Falle einer neuen Energiekrise gerüstet zu sein. „Wir haben in zwei Co-Gen-Anlagen investiert, und in einigen Monaten werden wir in der Lage sein, Wärme zu erzeugen. Dadurch werden wir am Ende des Monats eine niedrigere Rechnung erhalten, und das macht uns insgesamt zukunftssicherer als früher.“
Auch wenn die tschechischen Verbraucher mit Produkten aus dem Gewächshausanbau nicht besonders vertraut sind, hat Farma Bezdinek einen Weg gefunden, ihre Anbaumethode zu vermarkten, der mehr Verbraucher auf ihre in Tschechien angebauten Tomaten aufmerksam gemacht hat. „Wir verkaufen unsere Tomaten als rückstandsfreie Tomaten, das macht unser Produkt einzigartig“, sagt Jan. „Wir versuchen, den höchstmöglichen Zuckergehalt zu erreichen. Im Sommer können wir zum Beispiel mit Kirschtomaten sogar zwölf Brix errei-
chen. Jetzt, wo es nicht mehr Sommer ist, erreichen wir 9,5 Brix. Das ist einer der Gründe, warum die Kunden unsere Tomaten immer wieder kaufen.“
Da Farma Bezdinek nur lokal anbaut und vermarktet, sagt Jan, dass die Frische und Haltbarkeit ihrer Tomaten nicht mit importierten Tomaten aus Spanien vergleichbar ist. „Kürzlich haben wir sogar damit begonnen, selbst zu verpacken, sodass wir Supermärkte direkt beliefern können, ohne einen Zwischenhändler einschalten zu müssen. Das scheint der richtige Weg für uns zu sein, da wir aufgrund der kürzeren Lieferkette einen besseren Durchschnittspreis sowie eine bessere Frische und Haltbarkeit der Produkte erzielen können.“
Das Unternehmen hat versucht, bessere Hightech einzusetzen, um seine Nachhaltigkeit zu verbessern, den Arbeitsdruck zu verringern und sogar die Qualität seiner Tomaten zu erhöhen. Jan erzählt, dass sie versucht haben, einige autonome Anbausysteme einzusetzen, aber seiner Meinung nach liegt noch ein weiter Weg vor ihnen. „Die Genauigkeit dieser Systeme ist noch nicht da, wo sie sein sollte, und ich wünschte, sie wäre es. Gleichzeitig ist sich unser Eigentümer sehr bewusst, dass dies die Zukunft des Gartenbaus ist, und er setzt sich sehr dafür ein, der Entwicklung so weit wie möglich voraus zu sein.“
Obwohl der Markt in Tschechien noch relativ klein ist, glaubt Jan, dass der Gewächshausanbau noch ausbaufähig ist. „Es gibt immer noch sehr viele Importe im Vergleich zur lokalen Produktion. Wenn der Trend, dass die Kunden lokale Produkte kaufen, zunimmt, wird es mehr Platz für uns geben, auch wenn wir ein neues Gewächshaus bauen wollen. Um es ganz offen zu sagen: Ich glaube, dass es für die lokalen Erzeuger in Tschechien in Zukunft noch viel zu holen gibt.“
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Qualität von Spinat im Supermarkt
Der Vormarsch des Babyleaf-Spinats in den Regalen ist bemerkenswert. Man findet ihn in Einzelverpackungen, in Salatmischungen, aber auch in verzehrfertigen Salaten. Mittlerweile sind es Produkte, von denen die Verbraucher erwarten, dass sie das ganze Jahr über in den Geschäften zu finden sind. Aber das geht natürlich nur, wenn Spinat auch ganzjährig beim Anbau erhältlich ist. Und das stellt uns vor einige Herausforderungen. Pop Vriend Seeds stellt sich dieser Herausforderung mit seinem Spinach 365®-Konzept.
„Das Thema ist in diesem April sehr aktuell”, sagt René van Meijel, Global Customer Team Lead - Babyleaf bei dieser Tochtergesellschaft von KWS Vegetable Seeds. „Da wir einen Überblick über die Lieferkette in Europa haben, konnten wir bereits Ende Februar feststellen, dass sich in der zweiten Aprilhälfte und Anfang Mai ein europaweiter Versorgungsengpass abzeichnete. Aufgrund der Witterungsbedingungen in Westeuropa und insbesondere in Großbritannien ist die Kette für Babyleaf-Spinat in diesem Frühjahr etwas aus dem Gleichgewicht geraten.”
NACH DEN USA NUN AUCH IN EUROPA Als Saatgutunternehmen, das sich auf Frischmarkt-Spinat spezialisiert hat, möchte Pop Vriend Seeds dazu beitragen, die Kette das ganze Jahr über im Gleichgewicht zu halten und so leere Regale im Einzelhandel zu vermeiden. Zu diesem Zweck wird mit der Organisation des Customer Team auf mehreren Ebenen gearbeitet, wobei die Information der Erzeuger, die Transparenz der Saatgutverfügbarkeit und die konstante Versorgung von qualitativ hochwertigen Sorten mit Mehrfachresistenzen, Blattform und dem richtigen ‚Biss‘ die Säulen bilden. Konsistenz ist hier das Schlüsselwort und das Spinach 365®-Konzept die Lösung.
Das Spinach 365®-Konzept wurde zunächst in den USA entwickelt, wo der Pro-Kopf-Verbrauch von frischem Spinat nach Angaben des USDA und des GroentenFruit Huis immer noch 43 Prozent höher ist als in der EU (1 kg gegenüber 0,7 kg). Inzwischen hat Pop Vriend Seeds das Sortiment auch für die wichtigsten europäischen Anbaugebiete vervollständigt und will dazu beitragen, dieser Kategorie einen großen Schub zu geben.
Es gibt mehrere Faktoren, die die Spinatentwicklung begünstigen, sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. „Erstens ist die Nachfrage ganzjährig. Spinat wird nicht mehr nur einzeln verpackt, sondern es gibt eine Differenzierung in neue Verwendungen wie Mahlzeitensalate (Mittagessen), Smoo-
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Saatzucht
thies und Mealkits (Abendessen). Folglich wird Spinat zunehmend in Salatmischungen und Salatkits verwendet. Letztere haben im Sommer Hochkonjunktur, während Einzelbeutel im Winter beliebter sind. Außerdem kann Spinat maschinell geerntet werden, was ihm in Zeiten des Arbeitskräftemangels einen Vorteil gegenüber anderen Blattgemüsen wie Eisbergsalat verschafft. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Spinat weniger Bewässerung benötigt als Eisbergsa-
lat, was in einem Anbauland wie Spanien nicht unwichtig ist.“
DIE DREI GROSSEN
Spanien und Italien sind die größten Anbauer von Babyleaf-Spinat im Winter, im Sommer ist Großbritannien führend. „Auch in den Niederlanden wird er von Anfang Mai bis Mitte Oktober angebaut. Die kürzeste Wachstumsperiode von Babyleaf-Spinat beträgt etwa 25 Tage, die längste – im Winter – 55 Tage. Auch hier hat dieses Produkt einen Vorteil gegenüber anderen Blattgemüsen. Denn beim Eisbergsalat müssen Sie die Pflanzen erst einmal anbauen. Neben den Niederlanden gibt es auch in Polen, Deutschland und Frankreich, den ‚großen Drei‘, einen bedeutenden Anbau. Aber überall mit den Wurzeln in der Erde. Im Gegensatz zu einigen anderen Blattgemüsen eignet sich Spinat nur bedingt für die Hydrokultur.“
ALLES BEGINNT MIT EINSICHT
Laut René besteht der Mehrwert der Customer Team-Organisation bei Pop Vriend Seeds darin, dass sie einen detaillierten Einblick in die Spinatkette auf europäischer Ebene hat. „Als wir Ende Februar sahen, dass es ab der zweiten Aprilhälfte zu Engpässen kommen würde, begannen wir mit Erzeugern in Italien und Spanien zu sprechen. Wir haben sie informiert, was passieren wird und gefragt, ob sie eine Möglichkeit sehen, zu reagieren. Wir informieren rechtzeitig, der Erzeuger trifft die Entscheidung.“
Das Customer Team nennt folgende Gründe für die derzeitige Angebotsverknappung bei Babyleaf-Spinat: „Spanien hatte eine sehr gute Saison, die aber irgendwann endete, weil das Wasser knapp wurde und viele Erzeuger andere Ernten planten. Italien kann noch etwas länger weitermachen, aber wegen des nassen Winters in Nordwesteuropa sind die Aussaatpläne in Großbritannien und – in etwas geringerem Maße – in den Niederlanden und Deutschland fast drei bis vier Wochen im Rückstand.“
VERLÄSSLICHE
ANBAUPLÄNE
Auch wenn die Einzelhändler seit Covid hinnehmen, dass ein Produkt manchmal einfach nicht verfügbar ist – in der Vergangenheit mussten die Erzeuger oft eine Strafe zahlen, wenn sie nicht liefern konnten – ist eine verlässliche Lieferung unerlässlich, um die Verbraucher zu hal-
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Rene van Meijel - Global Teamlead Babyleaf - über die Herausforderung, eine konstante Versorgung mit hochwertigem Spinat zu gewährleisten
Das größte Spinat-Demofeld der Welt befindet sich in Andijk
ten, was im Handelsjargon auch als Customer retention bezeichnet wird. „Während eine consistency of supply für den Einzelhandel wichtig ist, stellen wir fest, dass die Rentabilität der Spinatkette aufgrund der gestiegenen Anbaukosten unter Druck steht und die Risiken aufgrund der zunehmenden Wahrscheinlichkeit extremer klimatischer Bedingungen wachsen. Die Erzeuger suchen nach zuverlässigen Anbaustandorten und Anbauplänen. Das kann durch eine genetische Komponente, aber auch durch die Integration von Anbaugebieten erreicht werden. Die Erzeuger gehen zunehmend Partnerschaften über nationale Grenzen hinweg ein, und wir können mit unserem Customer Team und unserem Wissen über die Kette zukünftige Bedürfnisse leicht erkennen und Anbaugebiete aufeinander abstimmen“, erklärt René.
ANTWORTEN AUF DIE BEDÜRFNISSE DER ERZEUGER UND VERPACKER Pop Vriend Seeds hat sich um diese Kette herum organisiert, um Kunden in ganz Europa mit Informationen und einem Sortenportfolio zu versorgen, das auf einen konsistenten Anbau zu minimalen Kosten ausgerichtet ist. Mit Kundenbetreuern in den wichtigsten Anbauländern hat Pop Vriend Seeds in den letzten Jahren die Wertschöpfungskette von Babyle-
af-Spinat erfasst, um Saatgutprogramme nach dem Spinach 365®-Konzept zu entwickeln, die einen Anbau an 365 Tagen im Jahr gewährleisten. „Wir sind ständig auf der Suche nach Saatgutprogrammen, um die richtigen Sorten zur richtigen Zeit und in der richtigen Qualität zur Verfügung zu haben“, sagt der Global Customer Team Leader und betont, dass Pop Vriend Seeds als führender Spinatspezialist in der Lage ist, diese Programme adäquat zu erfüllen.
„Diese Programme konzentrieren sich nicht immer auf den Erzeuger, sondern können auch auf die Bedürfnisse des Verpackers ausgerichtet sein. So fällt die Wahl vielleicht irgendwann nicht mehr auf die Sorte, die für den Anbauer am interessantesten ist, sondern auf eine Sorte, die aufgrund ihrer Haltbarkeit, Verarbeitbarkeit oder ihres ‚Bisses‘ bevorzugt wird. Wir glauben, dass wir mit diesem Konzept letztlich ein besserer Partner für die Kette sind. Das ist auch die Basis für unser Geschäftsmodell, denn mit der richtigen Beratung und dem richtigen Portfolio werden sich die Verkaufszahlen zweifellos anpassen.“
MÖGLICHST BREITES
RESISTENZPAKET
Die Stärke der Sorten von Pop Vriend Seeds liegt seit jeher in der breiten Resis-
tenz gegen die vorkommenden Mehltauarten. „Aufgrund der hohen Anbauintensität stellen wir jedoch fest, dass es immer wieder neue Durchbrüche beim Mehltau gibt. Derzeit sind nur sehr wenige Sorten in Europa vollständig resistent gegen diesen Pilz. Außerdem ist es aufgrund der großen Vielfalt der vorhandenen (lokalen) Pilzarten nicht mehr immer sicher, dass eine Sorte mit den Resistenzen 1 bis 19 frei von Mehltau bleibt. Spinach 365® ist daher auch ein Portfolio von Sorten mit unterschiedlichen genetischen Hintergründen, damit sich die Erzeuger auf eine möglichst breite Resistenz gegen diese Pilzkrankheit und andere Pathogene verlassen können“, sagt René abschließend.
mkors@popvriendseeds.nl
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Carsten Gogoll von der Bivano GmbH/Böhmer Frische GmbH zum Ausbau des Beerenprogramms:
„Der
Erdbeerabsatz
hat sich letztlich ebenfalls
zugunsten Griechenlands entwickelt“
Als namhafter Partner des deutschen Lebensmitteleinzelhandels widmet sich die Böhmer-Gruppe der Beschaffung, Vermarktung und logistischen Dienstleistung rundum Kartoffeln und Zwiebeln sowie über ihre Tochtergesellschaften auch für Obst und Gemüse. Zum breit gefächerten Angebotsspektrum zählen sowohl konventionelle als auch biologische Erzeugnisse aus nah und fern. In den vergangenen Jahren konnte insbesondere das Volumen an Beerenobst aus eigenem Vertragsanbau stark ausgeweitet werden, berichtet Carsten Gogoll, Geschäftsführer der Böhmer Frische GmbH und Prokurist des auf Bio-Erzeugnissen spezialisierten Tochterunternehmens Bivano GmbH.
ERDBEEREN: ÄGYPTEN VERLIERT AN BEDEUTUNG, GRIECHENLAND LEGT KRÄFTIG ZU
In fast keiner anderen Produktkategorie prägen die klimatischen Einflüsse den Markt so stark wie bei Beerenfrüchten, so Gogoll. „Wir befinden uns in einer Phase, in der hauptsächlich Spanien sowie Marokko den Markt bedienen sollten. Aufgrund der klimatischen Bedingungen kam es allerdings in letzter Zeit immer wieder zu Problemen in der Warenversorgung. Unsere konventionelle Erdbeersaison begann bereits im November,
hauptsächlich mit Ägypten sowie ergänzenden Kleinstmengen an griechischen Früherdbeeren. Speziell in der Beschaffung ägyptischer Erdbeeren stellen wir fest, dass unsere LEH-Kunden zunehmend auf Flugware verzichten wollen. Unsere ausgesuchten Partner in Ägypten verfügen zwar bereits über das heutzutage erforderliche Spring-Wasserzertifikat, das ändert jedoch nichts an der genannten Beschaffungsthematik. Im Sinne der Nachhaltigkeit versuchen unsere Kunden, ihren CO₂-Fußabdruck entsprechend zu
verringern, was auch verständlich ist. Das stellt uns aber wiederum vor große vertriebliche Herausforderungen. Es gab zwar mehrere Versuche, die ägyptischen Erdbeeren zu verschiffen, die richtigen Linien haben wir aber noch nicht gefunden. Wenn die Schiffe beispielsweise nur ein- bis zweimal die Woche ankommen, müssen wir bei einer empfindlichen Frucht wie die Erdbeere ein zu großes Risiko hinsichtlich der Vermarktungszeit eingehen. Das Thema Schiffsware für ägyptische Erdbeeren wird nicht nur für unsere Kooperationspartner eine Herausforderung, wenn man den deutschen Markt weiterhin bedienen möchte.“
Um den erwähnten Herausforderungen in der Beschaffungsthematik entsprechend vorzubeugen, habe man die Bemühungen im griechischen Erdbeeranbau bereits frühzeitig intensiviert, fährt Gogoll fort. „Wir haben in den vergangenen Jahren mehrere Erzeuger für uns gewinnen und unser Importvolumen an griechischen Erdbeeren, hauptsächlich der Sorten Fortuna und Victory, damit vervielfachen können. In der diesjährigen Saison hatten wir allerdings einen insgesamt zu warmen Winter, gefolgt von Wochen mit viel Niederschlag. Das hat wiederum zu erhöhtem Krankheitsdruck beigetragen. Erst seit Ende März sind wir nun in einer klimatisch besseren Position, sodass wir die Mengen, die nun im spanischen Huelva wetter- und somit qualitätsbedingt wegfallen, entsprechend auffangen und somit im größeren Umfang zur Marktabdeckung beitragen können. Im Allgemeinen hat sich der Absatz aktuell zugunsten Griechenlands entwickelt.“ Dennoch spiele der Klimawandel Gogoll zufolge auch in Griechenland eine wichtige Rolle. „Ähnlich wie in Spanien sind auch in Griechenland bereits mehrere Regionen als Wasserrisikogebiet tituliert worden. Hierin sehen wir aber keine Probleme für die nächste Erntesaison, da wir mit den Betrieben bereits Maßnahmen besprochen haben, um den ressourcenschonenden Wasserverbrauch entsprechend zertifizieren zu lassen.“
80 AGF Primeur 4 • 2024 Beeren
Carsten Gogoll und Sven Schmitt beim Wareneingang der Bio-Heidelbeeren
Dank der Erweiterung des Lieferantennetzwerks könne man den deutschen LEH nun bis in den Juni hinein mit griechischen Erdbeeren bedienen. „Trotz der Zurückhaltung bei ägyptischen Erdbeeren konnten wir in den vergangenen Jahren ein stetiges Absatzplus im Erdbeergeschäft verzeichnen“, bestätigt Gogoll, der allerdings auf den teils harten Preiswettbewerb verweist. „Jeder möchte gerne sowohl spanische als auch griechische Erdbeeren aus einer Hand geliefert bekommen. Da wir ausschließlich griechische Erdbeeren liefern, war es zum Teil schwierig, preislich mit Spanien mitzuhalten. Das ist uns auch nicht jede Woche gelungen.“ Insgesamt seien die Erdbeerpreise im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen. Aufgrund der limitierten Verfügbarkeiten und Preisthematik sei der Umstieg auf 500g-Einheiten ebenfalls erst um die KW 6 herum erfolgt. „Die teils alarmierenden Informationen im Vorfeld zur neuen Saison haben erheblich zur Verunsicherung seitens der LEHEinkäufer beigetragen. Demzufolge hat man sich bereits frühzeitig mit Alternativen zu Spanien auseinandersetzt, die
man dann aber auch zum gleichen Preis haben wollte.“
Gleichzeitig nimmt ab Mitte/Ende April auch die Präsenz deutscher Erdbeeren, zunächst aus geschütztem Anbau, allmählich zu. Gogoll: „Bei den meisten Ketten wird die deutsche, regionale Ware als Wiegeartikel parallel zu südeuropäischen Erdbeeren als Mitnahmeartikel in der 500 Gramm-Schale vermarktet. Die Importware bedient dabei das Preiseinstiegssegment. Es ist nicht atypisch, dass griechische Ware bis in den Juni hinein verfügbar ist. Ob sie dann auch entsprechend im deutschen LEH zu erwerben ist, hängt durchaus stark von der Angebotsmenge aus heimischer Erzeugung und dem konkurrierenden Angebot aus Spanien ab.“ Gogoll weist zudem darauf hin, dass die klassischen Ernte- und Vermarktungsfenster, die es immer gab, nicht mehr genau planbar seien, was wiederum auch dem Klimawandel geschuldet sei.
ERFREULICHER ZUWACHS BEI BIOHEIDELBEEREN
Parallel zum Erdbeergeschäft verantwortet die Bivano GmbH, als Bio-Sparte der Böhmer Gruppe, ebenfalls die ganzjährige Beschaffung und Vermarktung von Bio-Heidelbeeren. Ab Mitte März erfolgt der alljährliche Saisonwechsel von der südlichen zur nördlichen Hemisphäre. „Wir blicken auf eine qualitativ sehr starke Bio-Saison in Peru zurück, während sich die chilenische Ware hingegen etwas schwächer präsentiert hat. Die spanische Ernte stößt derweil sukzessive auf den Markt und liegt preislich leicht über Vorjahresniveau. Ende April werden wir das Portfolio um portugiesische Heidelbeeren ergänzen. Ab KW 22 erwarten wir dann die ersten Mengen aus rumänischem Anbau, gefolgt von der Ware aus unserer niederländischen Anlage voraussichtlich ab Ende KW 23. Zwei bis drei Wochen später erwarten wir dann den Start der polnischen und deutschen Ernte. Konkretisieren wird sich das nun in der zweiten Aprilhälfte.“
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Ähnlich wie bei den Erdbeeren seien auch im Heidelbeerbereich die einst klassische Abfolge der Saisonübergänge und damit auch die entsprechenden Werbeaktionen schwieriger im Voraus planbar. „In der Saison 2022 zum Beispiel war die Balkan-Ware erheblich verspätet, während die osteuropäischen Erzeugnisse gleichzeitig mit den deutschen und niederländischen Erträgen auf den Markt trafen, weshalb wir eine Flut an konventionellen Heidelbeeren hatten, die aufgrund fehlender Kühlkapazitäten nicht gelagert werden konnte. Das hat wiederum zu einer abrupten Preissenkung im konventionellen Bereich geführt, wodurch es wiederum schwierig war, das notwendig höhere Preisniveau für Bio-Heidelbeeren aufrecht zuhalten“, schildert Gogoll.
AUSBAU DER BEERENPRODUKTION IN DEN NIEDERLANDEN UND POLEN
In den vergangenen Jahren hat sich die Böhmer-Gruppe in mehreren Anbauprojekten im benachbarten Ausland engagiert, beispielsweise in den Niederlanden. Gogoll: „Wir leisten Erntevorfinanzierung sowie Investitionen in technische Ausstattungen wie Frostberegnung und automatische Erntetechnik und nehmen im Gegenzug exklusiv den gesamten Ertrag des Erzeugers ab. Der neueste Schritt ist die Umstellung dieses Betriebs auf Naturland, die wir hoffentlich noch vor Saisonstart abschließen können. Des
Weiteren haben wir einen Produktionsstandort in Zentral-Polen, von dem wir neben den bereits etablierten Bio-Heidelbeeren nun auch fürs dritte Jahr in Folge Bio-Himbeeren (insgesamt drei Hektar) beziehen. In diesem Jahr wird dieser Erzeuger nun auch erstmalig Bio-Brombeeren sowie -Johannisbeeren auf jeweils 0,5 Hektar anbauen, die wir dann in Kombination mit den Heidel- und Himbeeren geliefert bekommen. Je nachdem wie sich diese neuen Kulturen etablieren, könnten wir uns künftig auch Mixverpackungen vorstellen. Insgesamt stellen wir fest, dass der Beerenabsatz im deutschen LEH nach wie vor steigt, wobei neben den Erdbeeren die Heidel- und Himbeeren durchaus Pulsgeber sind.“
Die Böhmer-Gruppe hat das Potenzial der osteuropäischen und Balkan-Länder in der Warenbeschaffung bereits vor Jah-
ren für sich erkannt. „Unsere Strategie ist es, die Marktposition für ausgesuchte Produkte und in enger Kooperation mit den dortigen Erzeugern weiter nach vorne zu bringen. Sinn und Zweck ist es, dort Alternativen zu finden, die auch klimatisch geeignet sind, um die Saisonübergänge entsprechend abzubilden und eventuelle Angebotslücken, etwa in Spanien, aufzufangen. Man darf schließlich auch nicht vergessen, dass die BalkanLänder im Laufe der Jahre sehr viel Knowhow aufgebaut haben. Neue Farmen, die dort entstehen, entsprechen in puncto soziale Verantwortung und Zertifizierungen auch den modernsten Standards und sind zum Teil besser unterwegs als viele Betriebe in den bereits etablierten Anbauländern“, heißt es abschließend.
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82 AGF Primeur 4 • 2024 Beeren
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Neue lila Süßkartoffelsorte könnte US-Export nach Europa anheizen
Es gibt nicht viele Produkte, die ihren Weg von den Vereinigten Staaten auf den europäischen Kontinent finden. Süßkartoffeln sind jedoch eine Ausnahme. Zwischen 2007 und 2017 ist der Export von Süßkartoffeln aus den USA in rasantem Tempo gestiegen, von 50 Millionen Kilo auf über 200 Millionen Kilo jährlich. Der Großteil davon ging nach Europa und die hohe Nachfrage veranlasste die USErzeuger, ihre Anbauflächen weiter zu vergrößern. Infolgedessen ist die Produktion von 650 Millionen Kilo zu Beginn dieses Jahrhunderts auf 1,5 Milliarden Kilo im Jahr 2015 gestiegen. Das Geschäft mit Süßkartoffeln in den USA boomte.
Doch im Jahr 2018 wendete sich das Blatt und der Export ging zurück. Der anfängliche Rückgang wurde durch den Hurrikan Florence ausgelöst, der im Herbst 2018 erhebliche Schäden an der Süßkartoffelernte in North Carolina verursachte. North Carolina ist der größte Süßkartoffelanbaustaat der Nation und die Auswirkungen auf die Erträge und Produktionsmengen waren erheblich. Das niedrige Produktionsniveau ließ die Exportpreise steigen und veranlasste große europäische Importländer wie das Vereinigte Königreich und die Niederlande, US-Importe durch billigere Importe
aus kostengünstigeren Erzeugerländern wie Ägypten zu ersetzen. So begann der Verlust von Marktanteilen der USA an andere exportierende Länder. Der US-Export nahm weiter ab, als mehr und mehr europäische Länder begannen, selbst Süßkartoffeln anzubauen. Was dem Exportmarkt ebenfalls nicht half, waren ein starker US-Dollar und hohe Seefrachtraten. Darüber hinaus verhängte die EU von November 2020 bis März 2021 einen vorübergehenden Zoll von 25 Prozent auf US-Süßkartoffeln. All dieser Gegenwind führte dazu, dass die US-Erzeuger ihre
Anbauflächen verringerten, wodurch die Gesamtproduktion weiter zurückging.
WIE SICH DIE US-SÜSSKARTOFFELN UNTERSCHEIDEN
Etwa sechs Jahre nach den ersten Anzeichen für einen Rückgang des US-Süßkartoffelexports scheint es jedoch nicht mehr so einfach zu sein, in Europa ein hochwertiges Süßkartoffelprodukt anzubauen. Die Verfügbarkeit von Wasser und das Zögern, in Lagertechnik zu investieren, begrenzen das Wachstum in Portugal. Die Produktionsmengen in Spanien scheinen relativ stabil zu sein und einige andere Länder wie Frankreich bauen für einen Nischenmarkt an. Außerhalb Europas verfügt Ägypten nicht über die Lagerkapazitäten, um Süßkartoffeln ganzjährig zu liefern. Bietet all das neue Möglichkeiten für die USA?
„Wir konnten unser Exportniveau in den vergangenen Jahren halten, und ich bin überzeugt, dass dies auf die Qualität unseres Produkts zurückzuführen ist“, sagt Jacy Barnes Clapp von Farm Pak in North Carolina. „Wir haben unsere Vertriebspartner in Europa über die hervorragende Qualität, den Geschmack und die
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Haltbarkeit unserer Süßkartoffeln aufgeklärt. Das sind die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale, die unsere Kunden dazu bringen, immer wieder bei uns einzukaufen.“ Barnes Clapp fügt hinzu, dass die guten Beziehungen zu den Kunden auch dazu beigetragen haben, das Exportniveau zu halten. Ein weiterer Vorteil für North Carolina ist die relative Nähe zum europäischen Kontinent. „Der Versand von der amerikanischen Ostküste nach Europa ist sehr zuverlässig, was unsere Kunden zu schätzen wissen.“
LILA SÜSSKARTOFFEL
Etwa 40 Prozent der Gesamtproduktion von Farm Pak wird exportiert. Zu den wichtigsten Bestimmungsländern gehören das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Deutschland und Spanien. Der Export in diese Märkte ist stabil und es scheint sogar ein neues Interesse an amerikanischen Süßkartoffeln zu geben, da eine neue lila Sorte auf dem Markt ist. „North Carolina ist für die orangefarbene Sorte Covington bekannt“, kommentiert Barnes Clapp. „Sie ist die begehrteste Süßkartoffelsorte.“ Allerdings werden violettfarbene Süßkartoffeln immer beliebter. „Wir haben in der Vergangenheit einige lila Sorten ausprobiert, aber die North Carolina State University hat eine neue lila Sorte mit einem besseren Geschmacksprofil entwickelt.“ Sie heißt Purple Splendor und wurde 2023 zum ersten Mal kommerziell geerntet. Die Universität hat 15 Jahre lang an der Entwicklung dieser Sorte gearbeitet. Da sie patentiert ist, können Erzeuger eine Lizenz erwerben, die ihnen den Anbau von Purple Splendor ermöglicht.
BLAUE ZONEN
auf die Netflix-Dokumentation „Live to 100: Secrets of the Blue Zones“ zurückzuführen ist. In einigen wenigen Gemeinden auf der ganzen Welt leben die Menschen ein langes und gesundes Leben, bis zu einem Alter von 100 Jahren und darüber hinaus. Die Bewohner dieser blauen Zonen haben ein gemeinsames Umfeld und einen gemeinsamen Lebensstil, von dem Wissenschaftler glauben, dass sie zu ihrer Langlebigkeit beitragen. Lila Süßkartoffeln gelten als ein wichtiges Grundnahrungsmittel für die Menschen in der Blauen Zone von Okinawa. Auf dieser japanischen Insel bestehen 70 Prozent der Ernährung der Bevölkerung aus lila Süßkartoffeln. Obwohl Purple Splendor eine andere Sorte ist als die, die in Japan verzehrt wird, sind die gesundheitlichen Vorteile dieselben und sie hat ein noch besseres Geschmacksprofil.
einigten Staaten als auch auf dem europäischen Markt. „Wir haben die Sorte in dieser Saison zum ersten Mal exportiert und sind auf großes Interesse gestoßen, hauptsächlich in Großbritannien.“ Barfoots of Botley und Marks & Spencer warben intensiv für Purple Splendor und erklärten stolz, dass sie der einzige britische Einzelhändler sind, der diese Sorte anbietet.
ARBEITSKOSTEN
Purple Splendor hat in diesem Jahr viel Aufmerksamkeit erregt, was zum Teil
Die Beliebtheit des Netflix-Dokumentarfilms und das wachsende Bewusstsein der Menschen für die blauen Zonen haben zu einem großen Interesse an Purple Splendor geführt, sowohl in den Ver-
Obwohl das eine vielversprechende Entwicklung ist, ist die Süßkartoffelindustrie in den USA bisher nicht über den Berg. Eine der größten Sorgen sind die Arbeitskosten. „In North Carolina haben sich die Arbeitskosten in den zurückliegenden fünf Jahren verdoppelt und der Lohnsatz für ausländische Arbeitskräfte (H-2A) liegt im Jahr 2024 bei 15,81 USD/Stunde (14,75 EUR). Wenn man jedoch alle anderen Gebühren und Kosten einbezieht, liegt der Satz bei weit über 20 USD/Stunde (18,66 EUR)“, teilte Barnes Clapp mit. Die Arbeitskosten fallen in der Süßkartoffelindustrie stark ins Gewicht, da die gesamte Ernte in North Carolina immer noch von Hand erfolgt. „Unsere Produktionsverfahren lassen keine maschinelle Ernte zu, da sie die Schale beschädigen könnte.“ Dennoch hofft Barnes Clapp, dass die Süßkartoffeln eines Tages maschinell geerntet werden können. „Es wäre toll, das Beste von beidem zu haben.“ Die hohen Arbeitskosten haben verheerende Auswirkungen. Sie haben einige Erzeuger gezwungen, auf andere Kulturen umzusteigen, und einige haben ihr Geschäft ganz aufgegeben. In der Branche ist der Preis für Süßkartoffeln einfach nicht in dem Maße gestiegen wie die Produktionskosten.
jacy@farmpak.com
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Mike Parr, PLM Seafrigo:
„Im Grunde handelt es sich um eine weitere Unternehmenssteuer, mit der die Regierung die in den Aufbau der staatlich betriebenen
BCP-Einrichtungen investierten Gelder wieder hereinholen will“
Die Importeure im Vereinigten Königreich stehen vor einer neuen Herausforderung, denn am 30. April tritt die Common User Charge (CUC) in Kraft. Die Gebühr gilt für Waren, die über das EurotunnelSchienensystem im Hafen von Dover und Folkestone ankommen.
Sie gilt für tierische und pflanzliche Erzeugnisse zur gewerblichen Nutzung. Es gibt unterschiedliche Gebühren für die verschiedenen Risikostufen, wobei die Gebühren auf £145 (168,14 EUR) pro Sendung begrenzt sind. Zu den pflanzlichen Erzeugnissen, die unter die CUC fallen, gehören Obst, Gemüse und Kräuter.
Einige Gemüsesorten, die als risikoarm gelten, sind von den Gebühren befreit. Brokkoli, Blumenkohl und Hülsenfrüchte müssen in einem inländischen Kontrollzentrum und nicht an einer Grenzkontrollstelle kontrolliert werden. Leidtragende sind nicht nur die Importeure von Frischwaren, sondern auch Baumschulbesitzer, die auf importierte Pflanzen angewiesen sind.
„Die CUC wird für britische Unternehmen gelten, die eine Warensendung einführen, die über den Hafen von Dover oder
den Eurotunnel nach oder durch Großbritannien gelangt. Die Waren können bei einer staatlichen Grenzkontrollstelle in England einer gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Kontrolle (SPS) unterzogen werden, wobei die Gebühr auch dann erhoben wird, wenn die Waren nicht für eine SPS-Kontrolle ausgewählt wurden“, erklärt Mike Parr, Direktor bei PLM Seafrigo.
„Sie ist praktisch eine weitere Unternehmenssteuer und wird erhoben, um der Regierung die Möglichkeit zu geben, die in den Bau der von der Regierung betriebenen BCP-Einrichtungen, wie beispielsweise in Sevington, investierten Gelder wieder hereinzuholen. Die CUC gilt nicht für Teilnehmer des Pilotprojekts ‘Authorised Operator Status’ (AOS) - wie PML Seafrigo -, bei denen die SPS-Kontrollen an einer nichtstaatlichen Binnenkontrollstelle stattfinden, wie der von PML Seafrigo an seinem Standort in Lympne,
Kent, betriebenen. Die Gebühren werden nur in Dover und Folkestone erhoben, da sie dazu dienen, die Investitionen in die staatliche Grenzkontrollstelle Sevington in Kent zu amortisieren.“
Die von der Regierung betriebene Grenzkontrollstelle in Sevington ist bereits jetzt überlastet und leidet unter Personalmangel, sodass Verzögerungen an der Tagesordnung sind. Wieder einmal wird
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Mike Parr
der Verbraucher den Preis dafür zahlen, nicht nur durch die überhöhten Kosten für diese Waren, sondern auch durch eine geringere Verfügbarkeit bestimmter Lebensmittel. Nach dem Brexit gibt es eine wachsende Zurückhaltung beim Export von Frischwaren in das Vereinigte Königreich, da das nun mit bürokratischen Maßnahmen verbunden ist, und diese jüngsten zusätzlichen Kosten sind nur weitere Munition für dieses Argument.
Auch die Lebensmitteldienstleister werden höchstwahrscheinlich die Auswirkungen dieser neuen Gebühren zu spüren bekommen, die die ohnehin fragile Lieferkette weiter beeinträchtigen und die Beschaffung wichtiger Lebensmittel
pne, der näher an Dover liegt als Sevington, ermöglichen es jedoch, weiterhin zu exportieren, ohne dass diese zusätzlichen Kosten anfallen. Bei der Anlage von PML Seafrigo handelt es sich außerdem um ein spezielles Transport- und Logistikzentrum, das im Gegensatz zu Sevington, das ein allgemeiner BCP ist, auf die Bedürfnisse temperaturempfindlicher Fracht ausgerichtet ist. PML Seafrigo führt Inspektionen von 7.00 bis 19.00 Uhr durch, was zu einer schnelleren Abfertigung der Waren führt“, so Mike.
PML Seafrigo ist bereits seit einiger Zeit als Grenzkontrollstelle im Inland tätig und war eines der ersten Unternehmen, das sich für den Status eines zugelassenen Betreibers registriert hat. Das Unter
wir wussten, dass diese Änderungen irgendwann kommen würden, wird die formelle Ankündigung eines Ansturms weiterer Gebühren mit weniger als einem Monat Vorlauf zweifellos eine Menge Stress verursachen.“
Die Regierung sagte: „Die Gebühr soll die Kosten für den Betrieb unserer erstklassigen Grenzanlagen decken, in denen wichtige Biosicherheitskontrollen unsere Lebensmittelversorgung, Landwirte und die Umwelt vor kostspieligen Krankheitsausbrüchen schützen, die über die kurze Meerenge nach Großbritannien gelangen.“
„Die Gebühren sind das Ergebnis einer umfassenden Konsultation der Indust
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Fusion von Smits Uien und Mol Fresh Food
„Aufgrund der Kapazitätserweiterung werden die Chancen auf den ausländischen Absatzmärkten steigen“
Smits Uien und Mol Fresh Food haben Anfang März ihre Fusion beschlossen. Eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Konkurrenten mag nicht für alle verständlich gewesen sein, ist aber nach Ansicht der Unternehmen eine ideale Lösung, um gemeinsam weiterzuwachsen. “Wir sind zwei Familienunternehmen, die immer alles auf ihre Weise gemacht haben, aber während der Gespräche wurde klar, dass wir uns sehr gut ergänzen. Wir hatten zwar unabhängig voneinander eine gesunde Basis, aber um relevant zu bleiben, muss man mehr auf Innovation setzen können. Wir haben gesehen, dass wir das gemeinsam besser schaffen können”, so Johan Otto von Smits Uien.
Die Nachricht kam ziemlich unerwartet, doch die Ankündigung erfolgte nach einer langen Vorbereitung. “Ich sollte im Auftrag der Familie Smit prüfen, wie wir das Unternehmen weiter voranbringen können”, erklärt Johan. “Grundlage war dabei immer, dass wir als eigenstän-
diges Unternehmen überleben können. Das gilt natürlich für mehrere Unternehmen und somit auch für Mol Fresh Food, aber in den letzten beiden Jahren sind in der Zwiebelbranche viele Herausforderungen hinzugekommen. Kostensteigerungen und Klimaveränderungen sind
Probleme, die nicht von heute auf morgen gelöst werden können. Das hat uns vor etwa 18 Monaten dazu gebracht, bei Mol Fresh Food vorstellig zu werden, um eine Lanze zu brechen. Bald schienen beide Parteien einen Nutzen darin zu sehen, und so begannen die Gespräche. Das war schon spannend, weil man merkte, dass jeder die Karten möglichst lange verdeckt hielt, falls etwas schiefgeht. Mit der Zeit stellte sich jedoch heraus, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben sowie eine Vision, wie das Unternehmen geführt werden soll und wie wir die Entwicklungen der Produkte und der Zwiebelmärkte sehen. Auf der Grundlage dieser Beobachtung konnten wir dann weiter vorankommen.”
Es zeigte sich auch, dass sich die beiden Unternehmen gegenseitig ergänzen, dennoch werden sie vorerst unter ihrer eigenen Flagge weiterarbeiten, so Johan. „Wir sprechen auch nicht umsonst von einer
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Zwiebeln
Remon Smit, Hoi Ming, Anthonie Mol, Emiel Smit, Rene Mol und Johan Otto
Fusion. Es handelt sich nicht um eine Übernahme, sondern beide Unternehmen werden vorerst weiter eigenständig operieren. Auf diese Weise können wir in aller Ruhe sehen, wo wir voneinander lernen, einander stärken und wie wir die Dinge vielleicht anders machen können. Es wird mit der Verknüpfung von Finanzdaten begonnen. Wie laufen die beiden Betriebe und warum läuft der eine vielleicht besser als der andere? Wir treten jetzt in diese Phase ein und können daraus Lehren ziehen. Wenn sich im Laufe der Zeit herausstellt, dass wir vielleicht besser unter einem Namen weitermachen sollten, könnten wir das eines Tages tun. Das ist aber sicher keine Notwendigkeit. Beide Unternehmen haben ein gesundes Fundament, sodass wir uns in aller Ruhe Zeit nehmen können, um solche Dinge eventuell in der Zukunft zu prüfen.“
Das sei im Moment also noch kein Thema, aber genauso könne man ein Komplettanbieter für seine Kunden werden, meint er. „Wir haben beide unsere Spezialitäten. Sie sind vor allem sehr stark bei den
gereinigten Zwiebeln, die sie zu 80 Prozent an die Industrie liefern. Wir sind es bei geschnittenen Zwiebeln, die wir zu 90 Prozent an Cateringbetriebe liefern. Hier können wir einander verstärken. Es gibt viele Abnehmer, die sowohl geschälte als auch gereinigte Zwiebeln wollen und es vorziehen, sich nicht an mehrere Lieferanten wenden zu müssen. Das wollen wir anbieten können. In den Niederlanden hat das vielleicht weniger Auswirkungen, aber im Ausland gibt es dafür viele Möglichkeiten.“
PRODUKTIONSKAPAZITÄT
ERWEITERT
Der Geschäftsführer von Smits Uien sieht daher Potenzial auf neuen Absatzmärkten. „Mol war bisher hauptsächlich auf die Niederlande ausgerichtet, aber wir als Smits beliefern bereits Kunden in Deutschland, Belgien und den skandinavischen Ländern. Außerdem arbeiten wir an Pilotprojekten in Frankreich und England. Durch die Beteiligung von Mol an diesen Projekten erweitern sich auch unsere Möglichkeiten. Unsere Produkti-
onskapazität wird beispielsweise um 40 Prozent erhöht. Zusätzlich können wir dank der beiden Standorte eine weitere Expansion ins Auge fassen. Mol hat an seinem Standort in Putten Platz für weiteres Wachstum und wir haben das Netzwerk, um auch davon zu profitieren. Das ergibt sich eine schöne Synergie.“
„Also kommt auch hier die Innovation ins Spiel“, so Johan weiter. „Dann darf man nicht nur an materielle Dinge wie Maschinen denken, sondern auch daran, inwieweit wir in der Lage sind, etwa Restströme oder andersartige Zwiebelprodukte zu vermarkten. Das ist etwas, womit wir uns beide im Moment noch nicht wirklich beschäftigen, aber wenn wir gemeinsam mehr Volumina verkaufen und mehr Leute zur Verfügung haben, können wir anfangen, darüber nachzudenken. Schließlich haben wir heute auch eine andere Rolle gegenüber unseren Erzeugern. Wir haben die Verantwortung, das, was wir von unseren Kunden bekommen, an unsere Erzeuger weiterzugeben. Das ganze Konzept der Nachhaltigkeit und des verantwortungsvollen Anbaus zum Beispiel ist etwas, bei dem wir sie unterstützen wollen. Das sind Dinge, die uns als Einzelunternehmen eher im Nachhinein aufgefallen sind, aber mit dem größeren Mantel können wir uns für solche wichtigen Nachhaltigkeitsthemen in der Branche einsetzen.“
CONVENIENCE WIRD NICHT VERSCHWINDEN
Auf diese Weise sehen die beiden Unternehmen trotz der wachsenden Herausforderungen in der Zwiebelbranche eine gute Zukunft vor sich. „Die klimatischen Bedingungen und die Bodenmüdigkeit wirken sich auf die niederländische Zwiebelernte aus. In den letzten beiden Jahren war die Ernte sowohl qualitativ als auch quantitativ eher dürftig. Hier wird es zu Verschiebungen kommen, aber wir glau-
90 AGF Primeur 4 • 2024 Zwiebeln
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ben, dass wir uns gemeinsam auch darauf letztlich stärker konzentrieren können. Nachdem wir diesen Schritt nun offiziell gegangen sind, hat sich auch die Dynamik der Gespräche verändert. Wir können jetzt ganz offen sein und das Wissen des anderen nutzen, um diese Herausforderungen anzugehen. Das werden wir jetzt angehen.“
Auch auf der Absatzseite macht sich Johan wenig Sorgen für die kommenden Jahre. „Der Convenience-Markt wächst weiter, nicht nur in den Niederlanden, sondern auch im Ausland. Er wird auch nicht abrupt zusammenbrechen. Die Leute werden nicht plötzlich ab nächster Woche wieder massenhaft selbst Kartoffeln und Zwiebeln schälen und schneiden. Dieses Wachstum wird sich fortsetzen. Natürlich gibt es kein Zurück zu den bizar-
ren Jahren während und kurz nach Corona. Damals ist es geradezu explodiert, aber jetzt hat sich alles wieder normalisiert. Man sieht, dass der Verkauf von geschnittenen Zwiebeln bei den Haushalten stabil ist, und im Gaststättengewerbe wird der Personalmangel immer drückender. Das ist sehr ärgerlich für sie, aber die Folge davon ist, dass es keine Leute mehr gibt, die sich um das Mise en Place kümmern. Jemanden zum Zwiebelschneiden einzustellen ist keine Option mehr, daher ist und bleibt unser Produkt sehr wichtig. Es bietet eine gute Ausgangssituation für die kommenden Jahre, in denen wir gemeinsam noch einige schöne Schritte gehen wollen.“
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Entwicklungen im Bereich der vertikalen Landwirtschaft weltweit und in Berlin
Kürzlich besuchten wir eine vertikale Farm in den Außenbezirken von Ost-Berlin. Das von der Greenman Group unterstützte Start-upUnternehmen produziert in einer ehemaligen Autowerkstatt, die jetzt zu einer vertikalen Farm umgebaut wurde.
“Wir sind derzeit damit beschäftigt, unsere tägliche Produktion zu sichern, da es sehr wichtig ist, ein Gleichgewicht zwischen Wachstum und Markenidentität herzustellen. Obwohl wir zunächst hauptsächlich auf B2B-Kanäle abzielen, sind wir offen für zukünftige B2C-Partnerschaften, wobei wir das umfangreiche Netzwerk der Greenman Group nutzen können”, sagt Bo Repplinger, Farm Manager bei Potager Farm.
Bisher hat Potager einen „Wachstumsturm“ eingesetzt, in dem Blattgemüse, essbare Blumen, Früchte und Kräuter angebaut werden können. Die ersten Versuche des Teams erbrachten einen Ertrag von 1,67 kg/m² Wasserspinat in 18 Tagen (Saat bis Ernte). Die vertikale Anbaume-
thode kann die Wachstumszyklen der Pflanzen um bis zu 53 Prozent beschleunigen (abhängig von der Art der Kultur). Auf der Potager Farm werden derzeit frische Kräuter, Salat und essbare Blumen für die Berliner Bevölkerung angebaut. Bald werden drei weitere Anbautürme hinzukommen, um die volle Produktion und Nachfrage der Kunden zu decken.
„Die Planung der Anlage hat über ein Jahr gedauert“, sagt Bo und betont, wie viel Engagement und Liebe zum Detail in das Projekt investiert wurden, wobei die Bauphase sechs Monate dauerte. Als Vorbereitung auf den offiziellen Verkaufsstart blickt Bo recht optimistisch in die Zukunft. „Wir haben Beziehungen aufgebaut, örtliche Unternehmen besucht und
Köchen, Restaurants und der Gemeinde kostenlose Proben zur Verfügung gestellt“, berichtet er über den Weg vom Konzept zur Realität. Zurzeit beliefern sie regelmäßig eine Handvoll lokaler Restaurants und Hotels und sind in Gesprächen über weitere Geschäftsmöglichkeiten.
AUFKLÄRUNG DER LOKALEN VERBRAUCHER
Das Ethos der Potager Farm dreht sich um Transparenz und Engagement für die Gemeinschaft. Bo erklärt: „Es ist ganz normal, dass jeder Produkte importiert und exportiert, aber während Covid-19 wurde uns klar, wie fragil unsere Lieferketten sind.“ Von Anfang an hat sich Potager für lokale Unternehmen eingesetzt und versucht, eine Verbindung zwischen den Verbrauchern vor Ort und dem Hof herzustellen.
„Wir möchten mit gutem Beispiel vorangehen und die nächste Generation von umweltbewussten Verbrauchern erzie-
92 AGF Primeur 4 • 2024 Vertikale Landwirtsschaft
hen und inspirieren. Die Potager Farm möchte das Einzugsgebiet von Berlin bedienen und bevorzugt Partnerschaften mit Restaurants und Hotels eingehen, die mit ihren Werten übereinstimmen“, betont Bo.
GLOBALE PROJEKTE UND TRENDS
Während der Markt langsam wieder an Fahrt aufnimmt, tauchen überall auf der Welt neue Projekte auf. Auf einigen Märkten ist Südostasien mit mehreren im Bau befindlichen neuen Farmen führend. Der ‘Hot Pot’ der CEA ist derzeit mit ziemlich großen Projekten in der Entwicklung und/oder neuen Projekten im Bau.
Die europäischen vertikalen Farmen sind ständig in Betrieb, aber es wurden nicht viele neue Projekte angekündigt. Das Vereinigte Königreich ist mit großen vertikalen Farmen führend auf dem Markt und unternimmt große Anstrengungen für diese neue Anbaumethode. Die Landwirte lassen häufig verlauten, dass sie mit wachsenden Problemen beim Expor-
tieren und bei der Produktqualität konfrontiert sind.
HYBRIDE ANBAUMETHODEN
Ein wachsender Trend sind Hybridbetriebe, die immer häufiger aufzutauchen scheinen. Eine Hybridfarm ist die Kombination einer Gewächshausstruktur mit einem mehrstufigen vertikalen Anbausystem und vertikal gestapelten Regalen, um die Produktion zu maximieren und letztlich Betriebskosten zu sparen und einen hohen Energieverbrauch zu vermeiden.
EINZELHANDEL
Wir wollen nicht zu viele Worte darüber verlieren, aber glücklicherweise wird die Landwirtschaft unter kontrollierten Bedingungen für die Verbraucher immer relevanter, da immer mehr äußere Faktoren dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung machen. Vor allem in Nordamerika haben die Einzelhändler festgestellt, dass sie an der Tatsache nicht vorbeikommen, dass Gewächshausbetreiber
und große vertikale Farmen erstklassige, konsistente und großvolumige Qualitätsprodukte liefern können. Dennoch haben die europäischen vertikalen Farmen nicht wirklich viele bedeutende Geschäfte im Einzelhandel abgeschlossen, weil sie oft nicht die Kapazität haben, um die erforderlichen großen Liefermengen zu erfüllen.
VERMEHRUNG IN VERTIKALEN FARMEN
Vor allem in den Benelux-Ländern und in ganz Europa werden vertikale Farmen zunehmend für die Vermehrung von Setzlingen oder Jungpflanzen genutzt. Vor allem in den Niederlanden schwören die Gewächshausproduzenten auf die Vermehrung ihrer Pflanzen in diesen Anlagen, da sie robuster für die spätere Anzucht im Innen- oder Außenbereich sind und somit ein besseres Endprodukt liefern.
93 AGF Primeur 4 • 2024
Auf Madeira, einer Insel, nicht einmal doppelt so groß wie Sylt, werden jährlich 25.000 Tonnen Bananen geerntet. Rund 85 % werden am portugiesischen Inlandsmarkt vermarktet. 25.000 Tonnen entspricht genau der Menge, die der europäische Markt täglich verbraucht. Die Kanarischen Inseln sind um ein Vielfaches größer und produzieren pro Jahr rund 400.000 Tonnen Bananen.
Manuel Laborde von Uniban:
„Sechs Cent mehr pro Kilo würden den Bananenanbau nachhaltig machen“
„Bananen gelten als billiges und jederzeit verfügbares Nahrungsmittel. Aber die Anforderungen an Zertifizierungen, reduzierten Pflanzenschutz und existenzsichernde Löhne sind die gleichen wie bei Avocados, die 4–5 USD pro Kilo kosten. Bei Bananen geht es nicht um Geld pro Kilo. Hier müssen wir ansetzen”, sagt Manuel Laborde, CEO von Uniban, über die seiner Meinung nach größte Herausforderung in dieser Branche.
Uniban, Kolumbiens größter Bananenvermarkter und Exportgenossenschaft, warnt vor der Gefahr, die Einhaltung einer immer längeren Liste von Menschenrechts- und Umweltauflagen zu fordern und gleichzeitig den Preis zu senken. „Man spricht von Ernährungssicherheit und möchte sicherstellen, dass immer Bananen von guter Qualität verfügbar sind. Aus regulatorischer Sicht gibt es jedoch immer weniger Instrumente, die zum Schutz vor Krankheiten notwendig sind. Zusätzliche Zertifizierungen und die Einhaltung eines existenzsichernden Lohns sind ebenfalls erfor-
derlich. Es wird schwierig sein, diese Ziele zu dem gewünschten niedrigeren Preis zu erreichen.”
NIEDRIGERER PREIS
„Es hat uns überrascht, dass die Einzelhändler, nachdem wir so hart für existenzsichernde Löhne, Zertifizierungen und weniger Mittel zur Krankheitsbekämpfung gearbeitet haben, in den Verhandlungen auf einen niedrigeren Preis drängen.“ Die Folgen dieser Entwicklung sieht er auf den kolumbianischen Bananenplantagen: Die Erzeuger treffen zunehmend eine andere Wahl. „Auf die-
se Weise haben wir 1.000 Hektar Anbaufläche verloren.“ Der CEO weist darauf hin, dass der Bananenanbau in der Regel arbeitsintensiver ist als etwa die Viehzucht, sodass das Thema auch enorme soziale Auswirkungen hat.
„Die Gewerkschaften werden sagen: Helft uns, unsere Arbeitsplätze zu schützen. Sie sind die bestbezahlten Bananenarbeiter der Welt. Wir sind damit zufrieden, solange die Erzeuger als Eigentümer der Plantage überleben können, aber wir sehen, dass die Erzeuger beginnen, auf andere Kulturen umzusteigen, und das ist ein großes Problem. Wir sind der Kette verpflichtet, aber einige sind es nicht, und wenn sie sich für etwas anderes entscheiden oder die Möglichkeit haben, das Land zu verkaufen, dann wollen wir das verhindern.“ Manuel stellt fest, dass dadurch bereits 50.000 Hektar mit Avocados bepflanzt wurden, während die Bananenfläche seit 1995 mit 35.000 Hektar gleich geblieben ist.
96 AGF Primeur 4 • 2024 Bananen
VERBRAUCHER MERKEN SICH DEN PREIS NICHT
Der CEO von Uniban hält die Umstellung von Bananen auf andere Kulturen angesichts des Marktpotenzials, das Uniban zusammen mit Fyffes in den USA und Europa untersucht hat, jedoch für unnötig. „Wir haben die Verbraucher gefragt, ob sie sich daran erinnern, wie viel sie für eine Banane bezahlt haben. Das tun sie nicht, das wird nicht registriert.“ Daraus zieht er den Schluss, dass die billigen Bananen, die am Eingang der Supermärkte angeboten werden, um die Verbraucher anzulocken, nicht notwendig sind. „Das ist völlig unnötig. Bananen könnten in den Läden auch für drei Cent mehr pro Pfund, alsomsechs Cent mehr pro Kilo, angeboten werden, und die Verbraucher würden den Unterschied nicht bemerken. Bei sechs Cent mehr pro Kilo würde eine 18-Kilo-Kiste 1,08 USD mehr einbringen. Für die Erzeuger ist das viel Geld. Sechs Cent pro Kilo sorgen für Nachhaltigkeit, und für die meisten Verbraucher ist es ein kleiner Betrag.“
Obwohl sie ein nützliches Instrument sind, glaubt Manuel nicht, dass Fair-Trade-Bananen das Problem lösen können. „Es geht nicht nur um die Fair-Trade-Zertifizierung. Das bringt einen zusätzlichen Dollar mehr pro Kiste, und das hilft. Aber in den Supermärkten werden nicht genug Fair-Trade-Bananen verkauft, weil einige Verbraucher immer noch die billigere Banane wählen.“
ERWEITERUNG
Uniban sieht zwar das Marktpotenzial, aber die Realität sieht anders aus und
rückt die Ausweitung der Aktivitäten in den Vordergrund. „Unsere Anteilseigner sind unsere Erzeuger, also müssen wir als Handelsunternehmen nachhaltig und profitabel sein.“ Deswegen hat Uniban begonnen, Avocados zu vermarkten. „Von den 50.000 Hektar Avocadoplantagen, die vor Kurzem angelegt wurden, sind derzeit nur 25.000 Hektar in Produktion. In den nächsten vier Jahren wird also eine riesige Menge an Avocados zur Verfügung stehen. Wir wollen vielen mittelgroßen und kleinen Avocadoanbauern den Zugang zum Markt ermöglichen, indem wir all alle unsere Fähigkeiten und unser Wissen, das wir uns in den 60 Jahren unseres Bestehens angeeignet haben, einsetzen.“
Dazu gehört auch der neue Hafen, der derzeit gebaut wird und bis 2025 in Betrieb gehen soll. „Wir werden über PanamaxKapazitäten und einen 600 Meter langen Kai verfügen, sodass wir fast jedes Schiff abfertigen und schnellere Routen nach Europa und Asien anbieten können.“ Manuel geht davon aus, dass der neue Hafen auch Chancen für europäische Erzeuger bietet. „Von den 800 Kühlcontainern, die wir jede Woche verschiffen, kommen 500 leer aus Europa zurück. Das heißt, wir könnten problemlos europäische Äpfel, Pfirsiche, Zitrusfrüchte und auch Kartoffeln zurückbringen. Neben dem Export verkaufen wir Bananen auch in Kolumbien selbst, einem Land mit 50 Millionen Einwohnern und einer beachtlichen Mittelschicht. Das würde auch europäischen Erzeugern den Zugang zu dieser Infrastruktur ermöglichen.“
Eine nachhaltige und langfristige Beziehung
Das ist ein Beispiel für die wünschenswerte wechselseitige Beziehung zwischen Kolumbien und Europa, denn die nordeuropäischen Märkte sind die wichtigsten Exportmärkte von Uniban. Trotz der Probleme sieht Manuel auch Chancen auf diesem Markt. „Es ist ein Unternehmen, es muss überleben. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Maschine am Laufen halten. Und das geht am besten mit Menschen, denen ein existenzsichernder Lohn wichtig ist. Eine starke Partnerschaft mit Europa mit einer kohärenten Wertschöpfungsstruktur in der gesamten Kette ist wichtig. Die nordeuropäischen Märkte sind unsere Schlüsselmärkte, und wir erwarten, dass wir mit ihren Marken weiter wachsen werden, wobei den Arbeitsbedingungen besondere Bedeutung zukommt. Was die soziale Verantwortung angeht, können wir ein sehr guter Partner für ganz Europa und Großbritannien sein. Wir wollen nur sicherstellen, dass wir diese Punkte sorgfältig abstimmen, um eine nachhaltige und langfristige Beziehung aufzubauen.“
mlaborde@uniban.com.co
97 AGF Primeur 4 • 2024
José Hidalgo von AEBE:
„Bisher haben nur zwei europäische Supermärkte die Fair-Trade-Methode als Maßstab für den Preis übernommen.“
Existenzsichernde Löhne sind auch für José Hidalgo, CEO von AEBE, ein wichtiges Thema, insbesondere im Hinblick auf das deutsche Gesetz zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette, das seit Januar 2023 in Kraft ist, und die kommende europäische Gesetzgebung zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen. Diese Gesetze verpflichten die Unternehmen, die Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt in der gesamten Lieferkette zu untersuchen. Der existenzsichernde Lohn ist einer der Aspekte, die Käufer sorgfältig prüfen müssen, und es ist ein Faktor, den Ecuador erfüllen kann, bemerkt José.
DerVerband der Bananenexporteure Ecuadors (AEBE) teilt mit, dass in Ecuador die Einhaltung des existenzsichernden Lohns durch verfassungsmäßige Rechte und nationale Vorschriften gewährleistet wird. „Die Global Living Wage Coalition hat 2013 anhand einer Benchmark-Methode den existenzsichernden Lohn für Ecuador auf 489 US-Dollar pro Monat festgelegt. Der von der Regierung festgelegte nationale Lohn beträgt 562,50 USD (450 + 13. 37,50 + 14. 37,50 + Reservefonds 37,50). Das ist also mehr als der von der Global Living Wage Coalition festgelegte Betrag.”
BEVORZUGUNG EINER BESTIMMTEN METHODE
Während in Ecuador der existenzsichernde Lohn in der Verfassung und in den nationalen Bestimmungen verankert ist, können andere Länder andere Methoden anwenden wie Verhandlungslösungen, sagt José. Aber unabhängig davon, wie der existenzsichernde Lohn erreicht wird, ist es wichtig, dass er in gerechte Bananenpreise integriert wird, und er sieht die Fair-Trade-Methode als ein nützliches Instrument. „Um gerechte Preise zu erreichen, haben wir in den letzten zwei Jahren darauf bestanden, dass es
bereits eine transparente Methode gibt. Diese Methode legt die nationale Kostenstruktur offen und bezieht die verschiedenen Interessengruppen in jedem Land mit ein.“
José stellt fest, dass bisher nur zwei europäische Supermärkte, Aldi Süd und Sainsbury‘s, die Fair-Trade-Methodeals Benchmark für den Preis verwendet haben. „Kein anderer Supermarkt hat dieses Thema aufgegriffen. Andere Einzelhändler haben andere Initiativen für einen verantwortungsvollen Einkauf gestartet. Es wird Zeit und viele Diskussionen benötigen, aber es gibt bereits eine geeignete Methode und zwei Fälle, in denen sie angewandt wurde. Wir brauchen also mehr Einzelhändler, die sich zu den bereits bestehenden Möglichkeiten bekennen und den Ausgleich beschleunigen, indem sie auf die Anliegen der Erzeuger eingehen.“
ÜBERSCHNEIDUNGEN BEI DER ZERTIFIZIERUNG
Eine weitere Herausforderung, der sich die europäischen Einzelhändler stel-
98 AGF Primeur 4 • 2024 Bananen
len müssen, sind die Überschneidungen bei der Zertifizierung, wie José betont. Er stellt fest, dass es viele verschiedene gibt, und wenn ein Exporteur mehrere Kunden in der EU hat, sind alle diese Zertifikate erforderlich. „Wir haben all diese Zertifizierungsstandards in Bezug
auf die Kontrolle des Anbaus, die Rückverfolgbarkeit, soziale und ökologische Aspekte analysiert. Das deckt fast 70 Prozent aller Standards ab, wovon sich 60 Prozent überschneiden – was bis zu 29 Audittage ergibt, wenn wir die Zertifizierungsstandards zusammenzählen.“
Sorge um die Sicherheit der ecuadorianischen Arbeiter
Für Angel Rivero, den Vorsitzenden von Fenacle, einer der ecuadorianischen Gewerkschaften, die mehr als 25.000 selbstständige Erzeuger und Arbeiter vertritt, stehen die Lebensbedingungen der Arbeiter und ihrer Familien immer an erster Stelle der Aktivitäten. Und er sieht, dass sich das auszahlt. „Die Arbeitsbedingungen haben sich dank der kontinuierlichen Bemühungen der Gewerkschaften und der Arbeitnehmer in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert.“
So konnte beispielsweise die Kinderarbeit seit 2007 sehr reduziert werden. Nach Angaben der Vereinten Nationen gehen heute 98 Prozent aller ecuadorianischen Kinder zur Schule. „Das ist für ein lateinamerikanisches Land ein großartiges Ergebnis“, sagt er. Zu den weiteren Verbesserungen gehören die Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden bei der Gesetzgebung zur Lebensmittelsicherheit, Richt-
linien für nachhaltigere Praktiken und die Ausarbeitung von Richtlinien zur Sicherheit am Arbeitsplatz in Zusammenarbeit mit der FAO.
Eines der aktuellen Themen, die Fenacle beschäftigen, ist die Sicherheit in Ecuador, wie Angel betont. „Arbeitnehmer und Unternehmen erhalten Morddrohungen von kriminellen Organisationen und Drogenhändlern. Kürzlich wurde sogar ein Mitarbeiter eines großen Unternehmens ermordet, um zu unterstreichen, dass man es ernst meint. Auf diese Weise wollen Kriminelle Angst verbreiten. Das ist ein großes Problem für Unternehmen und Arbeitnehmer, beide sind Opfer dieser Situation.“
Angel sagt, dass Fenacle die Behörden auf das Problem aufmerksam macht, und er ist froh, dass die Regierung unter dem neuen Präsidenten nach den Wahlen Schritte zur Verbesserung der Situation unternimmt.
Der CEO sieht darin ein Hindernis für effiziente und wettbewerbsfähige Verfahren für Bananenproduzenten im Exportsektor und spricht sich für die Bildung eines technischen Ausschusses aus, der an einem Harmonisierungsprozess arbeiten soll.
José hofft, dass das Problem auf dem Weltbananenforum, das noch in diesem Jahr in Rom stattfindet, gelöst werden kann, um den administrativen Aufwand für Erzeuger und Exporteure deutlich zu reduzieren. „Wir erfüllen alle Anforderungen des Einzelhandels und der Zertifizierungsstellen, aber wenn man sich mit Überzertifizierungen und sich überschneidenden Prozessen auseinandersetzen muss, ist das mühsam und zu teuer.“
Dennoch ist Ecuador sehr daran interessiert, das Problem zu lösen, denn Europa ist ein großer Exportmarkt. „Mit über 29 Prozent ist es unser wichtigster Markt. Für uns ist der Zugang zur Europäischen Union eines der wichtigsten Ziele. Natürlich innerhalb des Rahmens, den ich skizziert habe. Wir brauchen Anerkennung“, so José abschließend.
ahidalgo@aebe.com.ec
„Jetzt sieht man, dass die Regierung entschlossener dagegen vorgeht, und das zeigt Wirkung. Sowohl bei der Beschlagnahmung von Drogen als auch bei der Verhaftung von Kriminellen“, so Angel abschließend.
gelarrivero@yahoo.com.ar
99 AGF Primeur 4 • 2024
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Yelloway - eine Partnerschaft von Chiquita, KeyGene, MusaRadix und WUR:
„Die Zukunft der Banane liegt in der genetischen Vielfalt“
“Ich halte den Begriff der Permakrise für ausgezeichnet. Er beschreibt genau die Welt, in der wir uns seit 2020 befinden”, sagte Peter Stedman, Direktor für Nachhaltigkeit bei Chiquita, als einer der Redner auf der letzten Fruit Logistica im Rahmen eines Vortrags mit dem Titel ‘Wie können die Bananenlieferketten die Permakrise überleben?’ Mit dieser Beschreibung bezog er sich auf die vielen Herausforderungen, vor denen die Bananenbranche aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels und einer sich verändernden Welt steht. Peter sieht den Ausweg darin, mit weniger Ressourcen mehr Wert zu schaffen. “Es kommt darauf an, effizienter zu werden, mit weniger Abfall und einem verringerten CO₂-Fußabdruck. Wir müssen weniger Wasser und Stickstoff verbrauchen. Nur mit dieser Kombination können wir unseren Beitrag dazu leisten, die schlimmsten Folgen des Klimawandels und der anhaltenden Permakrise einzudämmen.”
Einer der Kernpunkte in diesem Prozess ist die Verschwendung von Lebensmitteln, so Peter. “Wenn wir die auf unsere Aktivitäten zurückzuführen-
de Lebensmittelverschwendung durch Einzelhändler und Verbraucher halbieren würden, ließen sich die CO₂-Emissionen allein in der Chiquita-Lieferkette um
etwa 125.000 Tonnen reduzieren. Das ist eine sehr hohe Menge. Die von uns verursachte Verschwendung liegt bei etwa einem Prozent, aber wir wollen nicht eine einzige Banane verschwenden. Im Einzelhandel wird etwa sechsmal so viel verschwendet, und die Verschwendung bei den Verbrauchern liegt sogar noch höher.”
101 AGF Primeur 4 • 2024
Bananen
Peter Stedman, Chiquita
DEKARBONISIERUNG
Ein weiterer Aspekt ist die Dekarbonisierung, für die Chiquita seine 30by30-Ziele ins Leben gerufen hat: die Reduktion von 30 Prozent der Scope 1 und 2 CO₂Emissionen bis 2030. Dazu gehört auch die Logistik, wobei der Einsatz von Containern eine wichtige Rolle spielt, sagt Stefano di Paolo, Präsident von Great White Fleet, der Logistiksparte von Chi-
Fusarium-Pilzes, der eine Plantage zerstören kann und jahrelang im Boden aktiv bleibt. „Das ist definitiv eines der Hauptprobleme, das den Kern unseres Unternehmens in den kommenden zehn bis 15 Jahren betreffen wird.“ Ihm zufolge wurde das Vorhandensein von TR4 in drei lateinamerikanischen Ländern bestätigt. „In den ersten zwei Jahren nach der Infektion ist er jedoch nicht nach-
lar jährlich für den Schutz vor Black Sigatoka aus.“ Auch für Gert Kema, Professor für Phytopathologie an der Universität Wageningen, ist das ein ernstes Problem. „Black Sigatoka ist sehr vielseitig, kann sich leicht anpassen und wird resistent gegen Pflanzenschutzmittel. In einigen Ländern werden 60- bis 70-mal pro Jahr Fungizide eingesetzt, um den Pilz einzudämmen. Das ist mehr als einmal
quita. „Derzeit sind wir das einzige Bananenunternehmen, das vollständig mit Containern arbeitet.“ Ein wichtiger Faktor, denn Containerschiffe können mehr Volumen transportieren als Reeferschiffe. „Unsere Container können entsprechend dem Alter die geringstmöglichen Emissionen garantieren. Das bedeutet, dass wir unseren Energieverbrauch um etwa 35 Prozent gesenkt haben.“
SCHIMMEL
Peter erwähnte ein weiteres großes Problem, die Anfälligkeit der CavendishBanane für den Blattschimmel Black Sigatoka und für TR4, einen Stamm des
weisbar.“ Der Direktor für Nachhaltigkeit geht davon aus, dass TR4 die Versorgung in den kommenden Jahrzehnten erheblich beeinträchtigen wird. „Es gibt keine wirtschaftlich vertretbare Behandlung dagegen, und das Vorhandensein von TR4 bedeutet – außer wenn es möglich ist, die Krankheit einzudämmen – dass die Plantage die Produktion einstellen muss.“
GELDVERSCHWENDUNG
Andrew Biles, Mitglied des Vorstands von Chiquita und ehemaliger CEO, fügte hinzu, dass Black Sigatoka schon heute große Auswirkungen hat. „Wir geben wahrscheinlich etwa 90 Millionen Dol-
pro Woche. Aber der Pilz passt sich an die verwendeten Mittel an. Wie oft man auch sprüht, irgendwann bekommt man die Krankheit nicht mehr in den Griff.“
Das Auftreten dieser wichtigen Bananenkrankheiten veranlasste Andrew zu der Schlussfolgerung, dass diese Fragen in der Bananenbranche, wo sonst viele kurzfristige Entscheidungen getroffen werden, einen langfristigen Ansatz benötigen. „Die Erforschung ist nicht kurzfristig, sondern langfristig angelegt.“ Aus diesem Grund hat Chiquita seine Kräfte gebündelt. Das Unternehmen bildet eine langfristige Partnerschaft mit KeyGene,
102 AGF Primeur 4 • 2024 Bananen
Stefano Di Paolo, Great White Fleet
Gert Kema, WUR
MusaRadix und der Wageningen University and Research (WUR) namens Yelloway. „Wir nehmen an diesem zehnjährigen Programm teil, um neue Bananen zu entwickeln, die gegen TR4 und Black Sigatoka resistent sind.“ Peter: „Das gibt uns die größte Hoffnung, diese Krankheiten zu bekämpfen, aber auch, um uns an den Klimawandel und andere Umweltrisiken auf den von uns derzeit bewirtschafteten Flächen anzupassen.“
STRATEGISCHE DIVERSIFIZIERUNG
Genetische Diversifizierung ist die Antwort auf diese Fragen, meint Gert. „Egal welche andere landwirtschaftliche Produktionskette man sich anschaut, es gibt dort bei den meisten Pflanzen eine Sortenvielfalt. Bei Bananen ist das nicht der Fall. Cavendish wird nicht veredelt, sondern ist ein Klon, der vor 100 Jahren in einem tropischen Wald selektiert und wahrscheinlich vor Tausenden Jahren domestiziert wurde. Wir essen im Grunde wilde Klone, und auch der Exportmarkt besteht zu 95 Prozent aus einer Reihe von Klonen der gleichen Sorte.“
Auch deshalb hat Chiquita seine Kräfte gebündelt und sich für eine strategische Diversifizierung entschieden. „Die Banane ist eine Kulturpflanze, die bisher kaum in den Blick von Veredelern geraten ist. Es lohnt sich aber, mit der Veredlung zu beginnen und die Technologie auf diese Kulturpflanze anzuwenden. Wir können Bananen nämlich veredeln.“ Cavendish ist eine triploide Sorte, d. h. eine sterile Pflanze. „Das erschwert es. Aber die wilden Sorten sind absolut fruchtbar. Man kann sie einkreuzen und Populationen erzeugen. Die Zukunft der Banane liegt also in der genetischen Vielfalt.“
Gert erläuterte, dass eine Genom-Datenbank eingerichtet wurde, aus der die Bausteine der Cavendish-Banane ersichtlich sind. „Aufgrund all dieser Informationen
und weil wir die Struktur des CavendishGenoms kennen, können wir Kreuzungen entwickeln, die der Cavendish sehr nahe kommen oder sie sogar übertreffen, indem sie produktiver, geschmackvoller und krankheitsresistenter sind.“ Das Ziel sei jedoch nicht, die Cavendish auszubessern und eine Resistenz gegen Fusarium oder Sigatoka einzukreuzen. „Wir wollen verschiedene Materialien züchten und entwickeln, die die Cavendish übertreffen.“
Die Feldforschung mit den Elternlinien begann im vergangenen Jahr, die Versuche werden bis zum Ende dieses Jahres mit den ersten Ergebnissen des Veredelungsprogramms fortgesetzt, sagt Gert. „Wir liegen wirklich gut in der Zeit, unseren Prognosen sind wir um ein Jahr voraus. Die erste Sorte aus dem YellowayProgramm wird voraussichtlich im Jahr 2028 freigegeben werden.“
103 AGF Primeur 4 • 2024
Andrew Biles, Chiquita
Karlsson Port, Port International, über die Nachfrage nach Bananen:
„Der Absatz ist immer noch in Bewegung, obwohl es Mitte April und das Wetter inzwischen wärmer ist“
“Es ist recht turbulent. Wir haben schon seit einigen Monaten große Verspätungen bei den Reedereien. Einige Schiffe verspäten sich sogar um mehr als eine Woche. Die Zeit um Februar und März ist die typische Zeit für schlechtes Wetter auf den Ozeanen, aber die Auswirkungen waren wegen des Panamakanals noch größer, der natürlich größere Einschränkungen mit sich bringt. Die beiden Faktoren zusammen haben zu einigen ernsthaften Verzögerungen geführt. Das wiederum führte zu einem Unterangebot hier in Europa, was typischerweise auch höhere Preise auf dem Spotmarkt zur Folge hat”, interpretiert Karlsson Port, Geschäftsführer von Port International Bananas & Organics, das sich auf den Import von Obst und Gemüse spezialisiert hat, den Bananenmarkt Mitte April.
Wo die Spotpreise höher sind, sieht Karlsson, dass das auch für die Nachfrage gilt. „Der Absatz ist immer noch in Bewegung, obwohl es Mitte April und das Wetter wärmer ist.” Der Geschäftsführer stellt fest, dass die Hochsaison für die Bananennachfrage normalerweise im Januar und Februar liegt, was in diesem Jahr nicht der Fall war. „Es war recht merkwürdig, dass die Preise in dieser Zeit auf einem niedrigen Niveau blieben. Das hat sich ein wenig in den März und April verlagert. Jetzt haben wir die Preise, die wir normalerweise im Januar sehen, im Februar. Das ist die Folge der Verzögerungen, die wir hatten, aber auch des insgesamt guten Konsums von Bananen in den vergangenen Wochen,
nicht nur im konventionellen, sondern auch im Bio-Fairtrade-Bereich.”
BIO- UND FAIRTRADE-BANANEN
WIEDER IM TREND
Karlsson stellt fest, dass Bio-Bananen wieder gefragt sind. „Das liegt zum Teil daran, dass die Preise interessanter geworden sind. Das vorige Jahr war aufgrund der Inflation und der hohen Verkaufspreise ein schwieriges Jahr für Biound Fairtrade-Bananen. In diesem Jahr sind die Bio- und Fairtrade-Preise gesunken, sodass diese Bananen mehr konsumiert werden als im vergangenen Jahr, was natürlich den Absatz ankurbelt.“
Obwohl Karlsson bemerkt, dass die Verzögerungen mehr und mehr zur Routine werden, sieht er den Panamakanal, genau wie die zunehmenden Wetterextreme, immer noch als eine der größten Herausforderungen an. „Mit möglichen Störungen durch den Panamakanal bleibt die Schifffahrt ein hohes Risiko, das uns das ganze Jahr über herausfordern wird.“
POLITISCHE LAGE IN ECUADOR STABILER
Aufgrund der heiklen Sicherheitslage waren die Bananenlieferungen aus Ecuador eine Herausforderung, sagt Karlsson. „Die Problematik der Sicherheitslage wird besser, es ist nicht mehr so schlimm wie im Vorjahr. Die Maßnahmen, die die Regierung ergriffen hat, scheinen zu funktionieren. Die Situation ist offenbar besser unter Kontrolle als früher, was auch bedeutet, dass der Verkehr und der Import von ecuadorianischen Bananen stabiler sind. Das ist natürlich gut für die Versorgungslage, aber vor allem für die Erzeuger und die Menschen, die dort leben.“
All die Herausforderungen in der Bananenlieferkette veranlassen Port International dazu, das Portfolio zu überdenken. „Die Chance, die sich uns für die Zukunft bietet, ist die Diversifizierung in Bezug auf die Herkunft, sodass wir, wenn wir Probleme mit einem Ursprung haben,
105 AGF Primeur 4 • 2024
Bananen
Port International stellt fest, dass die Preise für Bio-Bananen gesunken sind und der Absatz gestiegen ist
bereits einen anderen als Ersatz haben. Wir haben ein gutes Portfolio an Bananenländern, um die Kunden rechtzeitig mit Bananen guter Qualität beliefern zu können. Die Diversifizierung ist generell eine große Chance für uns und ermöglicht es uns, die Einführung möglicher Risiken in der Lieferkette zu begrenzen.“
BINDUNG VON ERZEUGERN IM EXCLUSIVE PARTNER FARMING PROGRAMM
Deswegen richtet Port International seinen Fokus auf die Entwicklung langfristiger Beziehungen zu den Erzeugern. „Das Ziel unseres neuen Exclusive Partner Farming Programms ist es, die Erzeuger - ob Bananen oder andere Produkte - in einer langfristigen strategischen Partnerschaft an uns zu binden. Wir vermarkten ihre Produkte und geben ihnen eine genaue Vorstellung von den Mengen, die wir benötigen. Außerdem stärken wir die Partnerschaft, um die wichtigen Maßnahmen weiterzuentwickeln, die wir in der Lieferkette in Bezug auf soziale Verantwortung, existenzsichernde Löhne und Umweltprojekte ergreifen müssen, was für uns ein wichtiger Punkt auf der
Tagesordnung ist. Es ist eine Win-winSituation: Wir sind die Einzigen, die die Produkte erhalten, und der Produzent ist in der Lage, gemeinsam mit uns Projekte zu entwickeln, die für den Kunden und den Endverbraucher attraktiv sind - und davon profitieren letztlich auch unse-
re Kunden. Bislang haben wir mehr als zehn exklusive Partner in Deutschland, Südamerika, Spanien, Ungarn, Österreich usw. gefunden.“
Karlsson@port-international.com
Mit dem Exclusive Partner Farm Programm verpflichtet sich Port International zur Entwicklung langfristiger Beziehungen mit den Erzeugern
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Vakuumkühler bringt Gewürze von Taste Up in die ganze Welt
„Für unsere asiatischen Kunden ist die Qualitätsgarantie äußerst wichtig“
Kräuter und essbare Blüten erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Köche und Hobbyköche greifen gern auf sie zu und verleihen den Gerichten eine weitere Dimension. Für das flämische Anbau- und Handelsunternehmen Taste Up bedeutet dies nicht nur eine größere Nachfrage in seinem Heimatland Belgien, auch der Export hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Dies brachte das junge flämische Unternehmen aus Groot-Bijgaarden dazu, in einen neuen Vakuumkühler zu investieren. “Beim Export in ferne Länder wie den Nahen Osten und Asien kann viel passieren, aber so können wir die Qualität während des Transports garantieren”, sagt Jorne Leemans von Taste Up.
Was zunächst als Gärtnerei mit offenen Feldern und einer Reihe eher lokaler Gemüsesorten wie Petersilie, Karotten und Sellerie begann, hat sich
vor etwa sieben Jahren zu einem Handelsunternehmen entwickelt, das sich auf frische Kräuter, Salatsorten und essbare Blumen konzentriert. Taste Up
liefert diese über seine Eigenmarke an Catering-Unternehmen, Spezialgeschäfte sowie den Groß- und Einzelhandel. “Damit wollen wir uns als junges und vitales Unternehmen über die Frische profilieren. Sicherlich ein nicht unbedeutendes Segment, in dem wir uns immer weiter entwickeln wollen”, ergänzt Jolien Vanden Berghe.
Das Angebot stammt sowohl aus eigenem Anbau, wird aber auch importiert. „Gartenkresse und Kerbel aus eigenem Anbau können wir das ganze Jahr über anbieten, die anderen Kräuter und essbaren Blumen sind dann in den Sommermonaten aus eigenem Anbau erhältlich. Außerhalb dieser Monate ergänzen wir sie mit Produkten aus unserer Zusammenarbeit mit Anbauern innerhalb und außerhalb Euro-
107 AGF Primeur 4 • 2024
Frische Kräuter
pas.“ Damit hat Taste Up in den letzten Jahren seinen Marktanteil auf dem heimischen Markt ausgebaut, aber auch der Exportmarkt wird für das junge Unternehmen immer wichtiger.
VAKUUMKÜHLER
Und dieser Teil des Handels, so Jorne, muss unbedingt richtig angegangen werden. „Das Kräutersegment ist eine Welt, in der die Frische äußerst wichtig ist. Man arbeitet mit sehr empfindlichen Produkten, wodurch es eine besonders große Herausforderung ist, alles in einwandfreiem Zustand zu den Kunden zu bringen. Wichtige Märkte für uns sind der Nahe Osten und der asiatische Einzelhandel. Man arbeitet daher mit Luftfracht, bei der es zu vielen Temperaturschwankungen kommen kann. Es ist
wichtig, sich dagegen abzusichern und so gut wie möglich auf eventuelle Rückschläge beim Transport zu reagieren.“
Deshalb hat das Unternehmen jetzt in einen neuen Vakuumkühler investiert. Dieser ermöglicht es, frische Produkte innerhalb von 15 Minuten von der Feldtemperatur auf etwa 2 °C abzukühlen. „Das sichert nicht nur die Qualität, sondern ermöglicht auch ein schnelles logistisches Handhaben von großen Produktmengen“, erklärt Jorne. Der Vakuumkühler ist besonders für Kräuter, essbare Blumen und Blattgemüse geeignet. Für größere Pflanzen ist er nicht geeignet, daher ist er ideal für Taste Up. „Wir haben nämlich gesehen, dass bei der Qualität noch Probleme auftreten können. Die Außenseite einer Palette mag
zwar die richtige Temperatur haben, aber wenn die Kerntemperatur eines Produkts nicht entsprechend gekühlt ist, kann es zu Problemen kommen. Das ist schlecht für uns, aber auch für den Kunden. Inzwischen ist der Vakuumkühler voll einsatzfähig, und obwohl wir noch einen Lernprozess durchmachen, stellen wir fest, dass unser Detailkonzept für diese Behandlung perfekt geeignet ist.“
MASSGESCHNEIDERT
Taste Up will sich nämlich durch seinen maßgeschneiderten Ansatz auszeichnen. „Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung als Gärtner haben wir ein sehr großes Sortiment, mit dem nur wenige unserer Mitbewerber mithalten können. Wir konzentrieren uns jedoch nicht auf Massenlieferungen, sondern haben uns aufgrund unserer Präsenz auf dem belgischen Markt, der traditionell etwas kleiner ist als z. B. der niederländische, auf maßgeschneiderte Lieferungen für die Kunden konzentriert. So kann ein Mix aus verschiedenen Produkten zusammen auf einer Palette geliefert werden, was unsere Kunden in Belgien sehr zu schätzen wissen. Wir sehen auch, dass diese Vorgehensweise auf dem asiatischen Markt Anklang findet. Daher hat sich dieser Markt im Laufe der Jahre auch für uns zu einem interessanten Markt entwickelt.“
Ein Markt, auf den sich das Unternehmen nun auch immer mehr ausrichten will. „Natürlich bleibt der heimische Markt weiterhin sehr wichtig für uns. Auch dort expandieren wir weiter, aber wir sehen, dass der asiatische Einzelhandel ein schönes Potenzial für uns bietet. Dort schätzt man die von uns garantierte belgische Qualität, und für uns ist das eine gute Risikostreuung. Denken Sie zum Beispiel an die Corona-Zeit, als viele Märkte plötzlich wegbrachen und andere sehr schwierig wurden. Dann muss man umstellen können. Mit dem neuen Vakuumkühler können wir uns hierauf noch besser einstellen.“
108 AGF Primeur 4 • 2024 Frische Kräuter
KLIMATISCHE HERAUSFORDERUNGEN
Um die Nachfrage zu beurteilen, müsse man sich vor allem die Jahreszeiten ansehen, erklärt Jolien. „Ich denke, wir können uns in der Qualität hervorheben, weshalb die Leute auch bereit sind, für diese Kräuter, Blumen oder Blattgemüse einen höheren Preis zu zahlen. Natürlich gibt es auch andere Produkte, wie die marokkanische Minze, die saisonbedingt auf diesen Märkten nachgefragt werden. Allerdings unterliegen wir alle den klimatischen Bedingungen. Dann gibt es manchmal Situationen, in denen die Pflanze Temperaturschwankungen in einem frühen Stadium erfährt, was dann zu verminderten Aromen oder begrenzter Haltbarkeit führt. Mit dem Vakuumkühler lässt sich dieser Prozess jedoch verlangsamen, sodass die Kräuter über einen längeren Zeitraum in perfektem Zustand gelagert werden können.“
„Und das ist wichtig für unsere Partner in Asien“, fügt Jorne hinzu. „Der Einzelhandel möchte das gesamte Sortiment ganzjährig anbieten können. Man erwartet heute einfach diese Kontinuität, und das vermitteln sie ihren Kunden auch. Mit diesem Schritt können wir das garantieren. Alles wird nach Qualität ausgewählt, egal ob es importiert oder selbst angebaut wird. Und wir können den gesamten Prozess im Auge behalten, weil wir selbst anbauen, importieren, verpacken und versenden. Auf diese Weise möchten wir unsere Beziehungen weiter ausbauen.“
Deshalb blickt Taste Up im Moment mit einem positiven Gefühl in die Zukunft. „Wir haben ein arbeitsreiches Jahresende hinter uns, wobei die Klassiker immer noch am gefragtesten sind. Dann kommen der Frühling und die sonnigen Tage, an denen Köche und Hobbyköche Lust haben, etwas Neues auszuprobieren. Im
Moment hat beispielsweise Bärlauch Saison, der sich einer großen Nachfrage erfreut. Auf diese Weise finden mittlerweile alle Produkte ihren Weg zu den verschiedenen Kunden.“ Ob eine Expansion ansteht, wagen die beiden vorerst nicht zu sagen. „Wir haben in den letzten Jahren alle Maschinen auf den neuesten Stand gebracht, neue Linien eingerichtet und in Innovationen investiert. Das alles haben wir nun endlich hinter uns und alles läuft. Das gibt uns die Möglichkeit, uns in den kommenden Sommermonaten
ganz auf unseren eigenen Anbau zu konzentrieren. Jetzt werden wir erst einmal weitermachen und uns auf den Ausbau unserer Beziehungen zum Einzelhandel, zum Großhandel und zu den frühen Märkten konzentrieren. Wir sind wieder bereit für eine schöne Frühlings- und Sommersaison.“
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109 AGF Primeur 4 • 2024
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A.P. Moller - Maersk:
Neues Kühlhaus in Rotterdam ist nächster Schritt in der Kühlkettenintegration
“Da Maersk jetzt ernsthaft in die Lieferkette einsteigt und über die gesamte Kette hinweg expandiert, ist es natürlich logisch, auch nach einer Lösung für Kühltransporte zu suchen”, sagt Dave Hamelink, Produktentwicklungsmanager für Kühllagerung bei Maersk, über das neue Kühlhaus, das auf der Maasvlakte in Rotterdam gebaut wird. “Hinsichtlich der Kühlketten haben wir viele Standorte auf der ganzen Welt untersucht, an denen es wirklich interessant ist, eine Verbindung zwischen Seefracht und Kühllagerung herzustellen, und da können wir Rotterdam natürlich nicht ausklammern.”
DieEntwicklung ist Teil der integrierten Strategie des Logistikdienstleisters mit einem zunehmenden Fokus auf Mehrwertdienste. So hat Maersk beispielsweise Kühllager in Polen, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kapstadt, eine Reihe von Valueadded-Einrichtungen in Lateinamerika und
kürzlich Precooling-Einrichtungen in Südafrika eröffnet, wie Dave betont. “Das sind wirklich wichtige Standorte für alles, was mit Obst und Gemüse zu tun hat. So können wir ein Netzwerk ausbauen, das Ursprung und Ziel verbindet und flexible Lösungen für Importeure und Spediteure bietet.”
NUTZUNG DES NETZWERKS
Dave macht deutlich, dass der Aufbau eines Netzwerks das eigentliche Ziel der integrierten Strategie ist. Er erklärt, dass ein Teil dieser Strategie die Zusammenarbeit zwischen Maersk und Hapag ist, die unter dem Namen Gemini Cooperation im Februar 2025 beginnen wird. „Rotterdam wird ein wichtiger Knotenpunkt im Gemini-Netzwerk in Nordeuropa sein. Das ist für uns von Vorteil und wird es uns ermöglichen, das Netzwerk noch besser zu nutzen. Es gibt viele Störungen in den Lieferketten. Mit derartigen Einrichtungen sowohl im Herkunfts- als auch im Zielland kann man sich das natürlich zunutze machen und viel zusätzlichen Wert und Belastbarkeit schaffen.“
Eines der wichtigsten Elemente des neuen Gebäudes ist Dave zufolge seine Lage direkt neben dem APM-Terminal. „Das wirkt sich auf die Kosten aus. Wo Container sonst erst vom Terminal zu einem Kühlhaus im Hinterland oder in einem anderen Land transportiert werden müssten, können wir jetzt 85 Prozent dieses Transportweges und den damit verbundenen CO₂-Fußabdruck einsparen.“ Der Produktentwicklungsmanager betont, dass Unternehmen ihre Produkte auf diese Weise auch schneller auf den Markt bringen können.
KOSTENVORTEIL
Dave sieht, dass der Service für die Kunden der wichtigste Faktor ist, aber die Kosten sind natürlich auch ein wichtiger Aspekt. „Letztlich geht es um Logistik, und wir erledigen alles für unsere Kunden. Insofern ist unsere Preisgestaltung marktgerecht. Da wir aber im Terminal sitzen, können wir unseren Kunden einen Kostenvorteil verschaffen, den die Konkurrenz aus unserer Sicht nicht bieten kann, weil sie den Seefrachtteil der Transportkette nicht so wie wir kontrollieren.“
Die Nähe der verschiedenen Einrichtungen ermöglicht auch eine stärkere Konsolidierung, so der Produktentwicklungsmanager. „Die Kühllagerung in Rotterdam ermöglicht uns auch die Konsolidierung von Fruchtströmen, die derzeit für verschiedene Häfen in Nordeuro-
111 AGF Primeur 4 • 2024
Logistik
“Dieses gesamte Maasvlakte-Gebiet wird von Maersk betrieben und gehört Maersk. Es ist ein praktisches Vorzeigemodell für unsere integrierte Strategie – die Vereinfachung und Beschleunigung der Lieferketten unserer Kunden durch mehr Belastbarkeit, Flexibilität und Effizienz.”
pa bestimmt sind. Wir können das jetzt in Rotterdam konsolidieren und so zu einer viel effizienteren Lösung mit weniger Umschlag kommen, wodurch wir ein Produkt auf der mittleren Meile für den Transport per Lkw bis zum Vertriebszentrum des Kunden anbieten können. Die Konsolidierung ist dabei ganz wichtig.“
CONTAINER-DEPOT
Neben dem Kühlhaus wird auch ein Container-Depot gebaut. „Das bedeutet, dass die im Kühlhaus geleerten Container bereits 300 Meter entfernt wieder zurückgebracht werden können.“ Dave geht davon aus, dass so das Risiko zusätzlicher Kosten verringert wird. „Covid hat uns gelehrt, dass Störungen nie lange auf
sich warten lassen. Wenn es zu Materialengpässen kommt, kann das auch helfen.“
Das neue Maersk-Kühlhaus in Rotterdam soll im vierten Quartal 2024 in Betrieb genommen werden. „Der Bau ist in vollem Gange und liegt im Zeitplan. Wir bemühen uns intensiv um Kunden, im vierten Quartal können sie mit uns starten. Unser Hauptziel sind Frischwaren. Wir konzentrieren uns auf alles von Zitrusfrüchten und Trauben bis zu Äpfeln, Birnen, Avocados und Mangos“, so Dave abschließend.
Das Kühlhaus auf einen Blick
Fläche: 35.000 m²
Voraussichtlicher jährlicher Durchsatz: 86.000 TEU
Betriebsbereit ab: Viertes Quartal 2024
Nachhaltigkeit: BREEAM ExcellentZertifizierung und erneuerbare Energie durch Sonnenkollektoren, Netto-NullGebäude
Güter: Obst, Tiefkühlfisch und -proteine sowie Pharmazeutika
Zertifizierungen für Lebensmittelsicherheit: IFS und BRC
Zoll: Zolllager
Inspektion: Interne Veterinärkontrollstelle
112 AGF Primeur 4 • 2024 Logistik
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Paul Heemels, Heemels-Agro:
„Durch grenzüberschreitenden Anbau versorgen wir Deutschland mit lokalem Knollensellerie“
In diesem Jahr war die Knollensellerie-Ernte eine Herausforderung, aber Heemels Agro hat zu Beginn des Jahres alle Knollen ins Trockene gebracht. “Auch bei uns hat es ein paar Mal geregnet, aber letztlich konnten wir alles gut ernten. Wir haben eine gewisse Überkapazität einkalkuliert, damit wir das Produkt nicht durchgehend einbringen müssen”, sagt Paul Heemels aus Herkenbosch in Limburg. HeemelsAgro kombiniert den Anbau von Knollensellerie mit dem Anbau von grünen Bohnen. “Für uns ist das eine ideale Kombination. Im Sommer werden Knollen kaum gehandelt, wir sind dann vor allem mit Bohnen aktiv. Den Rest des Jahres gibt es in den Niederlanden keine grünen Bohnen, dann ist Zeit für Knollen.”
Heemels baut Knollensellerie auf einer Fläche von 50 Hektar selbst an und bezieht die Knollen auch von Erzeugerkollegen. Dieser Anbau findet übrigens nicht in Limburg statt, sondern hauptsächlich auf deutscher Seite in Nordrhein-Westfalen. “In Deutschland gibt es mehr Platz. Außerdem setzen wir dort viel ab, und die deutschen Kunden bevorzugen einheimische Produkte. Außer nach Deutschland exportieren wir Knollensellerie auch in Länder wie Polen, Ungarn und Rumänien.”
„Von Oktober bis Anfang Juni wird das Produkt mit unserer innovativen Verarbeitungslinie verarbeitet. So können wir große Mengen Knollensellerie schnell verarbeiten und ihn gewaschen und poliert vor Ort an den Kunden liefern. Die
Knollen haben ein schönes, glattes Aussehen, das macht sie zu einem attraktiven Produkt mit vielen Anwendungsmöglichkeiten“, sagt Paul.
KAHLE KNOLLEN
Das Limburger Unternehmen hat sich auf kahle Knollen spezialisiert. „Wir verkaufen gar keine Knollen mit Blättern, aber die werden auf dem Markt ohnehin fast nicht mehr verkauft. Das Laub gibt ihnen anfangs ein frisches Aussehen, das aber nicht lange anhält. Wenn die Knollen nämlich erst einmal drei Tage im Laden liegen, sehen sie nicht mehr so gut aus“, sagt Paul.
Beim Sortenpaket gab es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Veränderungen, so der Erzeuger. „Die Veredler haben
sich sehr um Knollen bemüht, die sich gut lagern lassen und eine etwas rundere Form haben. Das sind oftmals Sorten mit einer etwas glatteren Oberfläche und einem kleineren Wurzelansatz, was ideal bei der Ernte und beim Waschen ist, da so am wenigsten Erde haften bleibt.“
ANBAU WÄCHST MIT ABSATZ
Der Erzeuger ist mit der Nachfrage nach Knollensellerie sehr zufrieden. „Als Unternehmen sehen wir eine steigende Nachfrage und bedienen einen breiten Absatzkreis von Supermärkten, Großhändlern und verarbeitender Industrie. Im Laufe der Jahre ist unser Anbau zusammen mit dem Absatz gewachsen. Indem wir den Anbau, die Produktverarbeitung und den Maschinenpark bei uns behalten, können wir eine gute Qualität garantieren und immer nach der passenden Lösung für die Lieferung eines Produkts suchen. Man muss flexibel sein und natürlich marktgerechte Preise einhalten.“
Paul zufolge besteht die größte Herausforderung darin, die Gesundheit der Pflanze zu erhalten und einen angemessenen Preis zu erzielen. „In dieser Saison sind wir mit den Preisen zufrieden, aber bei gestiegenen Kosten müssen wir aufpassen, dass der Anbau rentabel bleibt. In dieser Saison läuft der Verkauf einigermaßen gut. Ich erwarte, dass die Preise weiter steigen werden. Sobald die Ernte eingeholt ist, nimmt der Verkaufsdruck ab und der Markt wird oft stabiler. Es sei denn, die Qualität ist nicht gut, aber sonst kann man auf bessere Preise warten.“
paul.heemels@heemels-agro.nl
113 AGF Primeur 4 • 2024
Freilandgemüse
Raphaël Martinez, AOP Pêches et Abricots de France
Wie sieht die nächste Steinobstkampagne aus?
Bei der Vorbereitung der nächsten Steinobstkampagne blickt Raphaël Martinez auf die Höhepunkte des Jahres 2023 zurück und gibt einen Überblick über die Trends zu Beginn der neuen Saison. Wie jedes Jahr werden die Ernteprognosen während der medFEL-Veranstaltung vorgestellt, aber der Direktor der AOP Pêches et Abricots de France (geschützte Herkunftsbezeichnung für Pfirsiche und Aprikosen) hat sich bereit erklärt, uns einen Einblick in die neuesten Entwicklungen und Herausforderungen für 2024 zu geben.
Im Jahr 2023 war die Pfirsich-/Nektarinenproduktion ähnlich hoch wie im Jahr 2022. Zufriedenstellende Sonneneinstrahlung in der zweiten Saisonhälfte (August) sorgte für eine optimale und gleichbleibende Qualität, “sodass der Markt, der in der ersten Saisonhälfte angespannt war, anspruchsvoller wurde. In einem schwierigen Umfeld waren die Ergebnisse gut. Die Aprikosenmenge ist im Vergleich zu 2022 um 20 Prozent gestiegen, aber die Produktion war schwierig. Regen- und Hagelfälle im ersten Teil der Kampagne hatten Auswirkungen auf die Qualität. Der Produktionshöhepunkt Ende Juni, zu einer Zeit, in der der Verbrauch niedrig war, führte zu einer Verstopfung des Marktes in der ersten Julihälfte. Das Ende der Saison war besser, und das Gesamtergebnis war sehr durchschnittlich.”
ABWECHSLUNG UND FEHLENDE KÄLTE IM JAHR 2024: WIE SIEHT ES MIT APRIKOSEN AUS?
Für Prognosen ist es zwar noch zu früh, aber der Trend zeigt, dass die Mengen an Pfirsichen und Nektarinen auf dem Niveau von 2023 liegen dürften. Bei Aprikosen hingegen wird die Produktion aufgrund des Phänomens der Abwechslung, des Mangels an Kälte und Regen zur Blütezeit, wahrscheinlich geringer ausfallen. „Nach dem hohen Ertrag im Jahr 2023 wird die diesjährige Menge logischerweise geringer ausfallen“, erklärt Martinez. „Der heiße und trockene Herbst hat die Bäume daran gehindert, vor dem Winter Reserven anzulegen, und die Kälteperiode wird, außer in der Region RhôneAlpes, nicht überall ausreichend gewesen sein. Die reichlichen Niederschläge haben die Trockenheit in Grenzen gehalten, außer vielleicht im Roussillon, wo der
Wassermangel erneut Anlass zur Sorge geben könnte. Die Kehrseite der Medaille ist, dass die Regenfälle die Blüte, die Bestäubung und den Fruchtansatz behindert haben, sodass es in der Folge zum Fruchtfall gekommen ist.“
Ähnliche Tendenzen sind in diesem Jahr bei unseren spanischen, italienischen und griechischen Nachbarn zu beobachten, mit „einer akzeptablen Ernte für Pfirsiche/Nektarinen, aber einer geringeren für Aprikosen.“
EIN FAST IDENTISCHER SOZIALER UND WIRTSCHAFTLICHER KONTEXT WIE 2023
Auf der Marktseite wird das Kaufverhalten der Franzosen wieder vom Geldbeutel bestimmt, wobei ein starker Preisdruck zu erwarten ist. „Die Verbraucher haben die gleichen Prioritäten wie im letzten Jahr, sodass die Einzelhändler auch in diesem Jahr wieder Druck auf die Preise ausüben werden.“ Dieser Druck findet vor dem Hintergrund des Werbekriegs
Die Olympischen Spiele, die diesen Sommer in Paris stattfinden, könnten die Handelslandschaft beeinflussen, da fast 16 Millionen Besucher in Frankreich erwartet werden und ebenso viele potenzielle Verbraucher.
114 AGF Primeur 4 • 2024 Steinobst
statt, den die französischen Einzelhändler seit mehreren Monaten führen, wobei die Erzeuger oft die Konsequenzen tragen. „Die Preise sinken, manchmal sogar unter die Produktionskosten.“ Ein weiterer entscheidender Faktor ist das Wetter. „Wie wir im letzten Jahr gesehen haben, ist es die Anpassungsvariable, ohne die die Saison selten zufriedenstellend verläuft.“
Martinez fährt fort: „Wir müssen auch berücksichtigen, dass der Bekanntheitsgrad des Konzepts ‘Vergers écoresponsables’ (ökologisch verantwortliche Obstbaubetriebe) erheblich gestiegen ist. In diesem Jahr kommen vier weitere Unternehmen hinzu, die sich an dem Prozess beteiligen, um die Arbeit der Baumpfleger und die Marke aufzuwerten.“ Eine hochverdiente Belohnung nach 15 Jahren der Bemühungen und Investitionen der Branche. Dank eines umfassenden Benchmarkings mit anderen in der Branche verwendeten Spezifikationen wird die „Vergers chart“ in Bezug auf Inhalt und Form sowie die Kontrollverfahren weiter verbessert.
Auch in diesem Jahr wird die AOP Pêches et Abricots de France wieder auf die Gefahr des Ursprungsbetrugs achten. Nahezu 180 Proben von Nektarinen-Pfirsichen werden derzeit in einer Datenbank erfasst, und die
PÊCHES ET ABRICOTS AOP DE FRANCE
GEHT ONLINE UND STÄRKT SEINE PRÄSENZ IN DEN VERKAUFSSTELLEN Ebenfalls neu für 2024 ist die Digitalisierung der Pêches et Abricots AOP de France! „Wir werden mit einer maßgeschneiderten Verbraucherkommunikation auf Facebook und Instagram experimentieren. Wir werden in der Lage sein, die Botschaften je nach Bedarf zu modulieren, mit größerer Flexibilität als bei einer TV-Kampagne.“ Die Kommunikation wird an das Zielpublikum angepasst (sozioökonomisch, Alter, Wohnort, Kaufgewohnheiten usw.).
Sie wird auch an den Verkaufsstellen präsent sein: Nicht weniger als 1.000 Geschäfte werden wöchentlich besucht und überwacht, „um festzustellen, in welchen Bereichen wir die Präsenz der ‘Vergers écoresponsables’-Produkte anpassen und verstärken müssen. In
Arbeit an den Aprikosen wird beginnen. “Diese soliden Analysen werden es uns ermöglichen, im Falle von Zweifeln bestimmte Kontrollen durchzuführen und die Ergebnisse an die Kontrollbehörden weiterzuleiten.”
Zusammenarbeit mit Saveurs Commerce (dem nationalen Verband der Obstund Gemüsehändler) wird außerdem eine Werbekampagne für Gemüsehändler sowie eine Kampagne für die Gastronomie in Zusammenarbeit mit den auf diesen Sektor spezialisierten Großhändlern vorbereitet. Alle diese Aktionen zielen darauf ab, die Verbraucher über die Ankunft unserer Produkte zu informieren“, denn, wie Martinez erinnert, ist einer der Schlüsselmomente der Kampagne der Wechsel zwischen spanischer und französischer Herkunft. „Wir müssen die Marke weiter fördern, um sie auf diesem Qualitäts- und Vertrauensniveau zu halten.“
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115 AGF Primeur 4 • 2024
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Ann Celen, Special Fruit:
„Für alle Produktgruppen, in denen wir tätig sind, sehen wir ein großes Wachstumspotenzial“
Ann Celen ist seit letztem Sommer Geschäftsführerin bei Special Fruit. Neben dem Handelsunternehmen ist sie auch für das neue Unternehmen Fruit Service Collective verantwortlich, für das derzeit eine neue, hochmoderne Reifungs- und Verpackungsanlage gebaut wird. Sie hat die Stelle in einem schwierigen Jahr mit extremen Engpässen auf dem Markt angetreten, blickt aber zuversichtlich auf die kommenden Jahre. “Letztlich kommt es auf unsere Wertschöpfung in der Kette an. Hier müssen wir uns abheben und auszeichnen, um für die Zukunft gerüstet zu sein.”
FP: Was ist Ihr Hintergrund?
AC: Ich habe eine Ausbildung zur Ingenieurin gemacht, war dann aber immer in kaufmännischen Positionen tätig. Angefangen habe ich in der Marketingabteilung von Unilever und dann meine ganze Karriere in der Lebensmittelindustrie verbracht, bei Unternehmen wie Douwe Egberts, Mondelez, Chiquita, Capespan und Milcobel. Ich habe in Belgien gearbeitet, aber auch viele Orte auf der gan-
zen Welt gesehen. Nachdem ich für verschiedene multinationale Unternehmen gearbeitet habe, war ich vor dieser Stelle bei der Molkereigenossenschaft Milcobel tätig. Alles in allem waren es verschiedene Unternehmen und Branchen, aber immer mit Lebensmitteln als rotem Faden. Special Fruit ist das erste Familienunternehmen, für das ich arbeite.
Wie unterscheidet sich die Arbeit in einem Familienunternehmen von Ihren bisherigen Tätigkeiten?
Jedes Unternehmen hat seine eigene Dynamik. Wenn man für große multinationale Unternehmen arbeitet, gibt es immer einige Dinge, die einem völlig fremd sind. Hier ist einem nichts fremd. Einige Kollegen sind von Anfang an dabei und haben das Unternehmen von seinen Anfängen bis zu seiner heutigen Größe mit 180 Festangestellten miterlebt. Das Engagement der Mitarbeitenden und der Familie für das Unternehmen ist also sehr hoch. Hier handelt es sich noch um ein relativ junges Familienunternehmen, in dem sowohl die erste als auch die zweite Generation tätig sind. Dabei wird darauf geachtet, dass die richtigen Leute an den richtigen Stellen eingesetzt werden. Nicht der Nachname entscheidet über die Position, sondern das Können.
Wie sind Sie zu Special Fruit gekommen und was sind Ihre ersten Eindrücke von diesem Obst- und GemüseUnternehmen?
Ich bin durch einen Headhunter vermittelt worden und dieser Kontakt wurde dann vom Vorstand aufgegriffen. Meine Erfahrungen in den ersten Monaten sind positiv und ich lerne immer noch viel dazu. Es gibt hier unglaublich viel Fachwissen und Leidenschaft für die Produkte. Ich habe das Unternehmen als sehr kundenorientiert und flexibel kennengelernt. Special Fruit hat ein tolles Kundenportfolio und mit einigen Kunden besteht eine langfristige Beziehung und Zusammenarbeit. Das Gleiche gilt für die Erzeuger. Gleichzeitig bedeutet diese Flexibilität gegenüber den Kunden auch viel Komplexität für uns selbst. Ich erlebe jeden Tag Menschen, die zusammenarbeiten, um Krisen zu bewältigen, und davon gibt es im Frischebereich eine ganze Menge. Mal hat es viel geregnet, mal haben wir die Auswirkungen von El Niño, der Klimawandel ist deutlich spürbar. Alles in allem ist der Obst- und Gemüsehandel eine besondere Welt, in der viel passiert und die sehr komplex und risikoreich ist. Normalerweise würde man sagen, dass bei einem hohen Risikoprofil die Gewinnspannen hoch sind, aber in unserer Branche sind sie erstaunlich niedrig. Deshalb kann man sich nur weni-
116 AGF Primeur 4 • 2024 Vision
ge Fehler leisten, auch wenn man darauf wenig oder gar keinen Einfluss darauf hat. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass wir in unserem Bereich Werte schaffen, ohne uns unter Druck setzen zu lassen, und das Unternehmen angesichts der Marktentwicklungen zukunftssicher zu machen. Die Konsolidierung in der Branche ist in vollem Gange. Im Laufe der Jahre haben Exporteure aus Übersee eigene Vertriebsbüros eröffnet, und auch in unserer Branche ist eine vertikale Integration zu beobachten. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Position in der Kette klar ist, damit der Kunde sieht, welchen Mehrwert wir bieten.
Wie sieht Ihr Sortiment und Ihr Kundenstamm aus?
Unsere Produktpalette ist deutlich kleiner als früher. Da haben wir entsprechende Weichenstellungen vorgenommen. Es gibt drei Bereiche, in denen wir stark sind. Erstens in der gesamten Beerenka-
tegorie, wo wir das gesamte Sortiment an Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, roten und blauen Beeren anbieten. Zweitens sind wir stark mit unserem Readyto-Eat-Programm, das Mangos und Avocados umfasst, und drittens sind wir ein wichtiger Spieler bei grünem Spargel. Das sind Produkte, bei denen wir eine bedeutende Marktposition haben. Darüber hinaus haben wir eine Reihe von Produkten vor allem im Segment der tropischen Früchte, darunter Granatäpfel und Passionsfrüchte, die ein abgestimmtes Sortiment bilden. Unsere Strategie ist sicherlich nicht die, mit Nischenprodukten und Spezialitäten neue Kunden zu gewinnen, sondern wir suchen die Synergie mit einem Sortiment, das zu unseren Kunden passt und wollen mit diesem Gesamtsortiment neue Kunden gewinnen. Das Schöne ist, dass alle unsere Produktgruppen eher von der jüngeren als von der älteren Generation konsumiert werden, sodass wir mit den Verbrauchern wachsen kön-
nen und in unseren bestehenden Produkten noch viel Wachstumspotenzial sehen. Es wird auch noch viele Innovationen geben, insbesondere bei Beeren, wo es etliche Wachstumsmöglichkeiten durch Innovationen auf Sortenebene gibt. Viele unserer Kunden sind Stammkunden, aber gleichzeitig hat sich seit der Gründung des Unternehmens einiges verändert. Special Fruit wurde seinerzeit gegründet, um Bäckereien mit Erdbeeren zu beliefern. Heute machen der Einzelhandel und die Systemgastronomie einen großen Teil unseres Kundenportfolios aus. Wir haben traditionell eine starke Position auf dem skandinavischen Markt und in den Benelux-Ländern, sind ansonsten in ganz Europa aktiv und haben noch große Wachstumsambitionen.
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Sie führen für den Obst- und Gemüsehandel relativ teure Obstsorten. Wie stark hat sich die Inflation ausgewirkt?
Das hängt sehr stark vom Markt ab. Wenn ich ein Land hervorheben kann, dann ist es Schweden, wo neben der Inflation auch die steigenden Zinssätze einen großen Einfluss auf die Kaufkraft hatten. Dort ist der Wohnungsmarkt so strukturiert, dass die Zinsen für die Kredite monatlich oder vierteljährlich angepasst werden. Weil die Zinsen so stark gestiegen sind, blieb weniger Einkommen für den Kauf von Lebensmitteln übrig. Infolgedessen kam es zu einer deutlichen Verschiebung hin zu billigeren Grundnahrungsmitteln und auch zu ungesunden Snacks. Das haben wir stark gespürt, und das hat zu einem Druck auf die Preise geführt, aber auch zu einer Nachfrage nach anderen Produkten. Aber man kann nicht alle Länder über einen Kamm scheren, in Ländern mit Lohnindexierung zum Beispiel waren die Auswirkungen viel geringer.
Welche Bedeutung hat das BioSortiment für Sie?
Wir bieten Bio als Teil des Sortiments an, sehen aber keine explodierende Nachfrage und haben auch nicht den Ehrgeiz, ein reines Bio-Unternehmen zu werden.
Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Produkten aus der Ferne scheint sich zugunsten heimischer Produkte zu verschieben. Ist das für Sie keine Bedrohung?
Wir sind uns der veränderten Stimmung auf dem Markt bewusst. Gerade bei der Luftfracht von Obst und Gemüse hat sich im letzten Jahr viel getan. Gleichzeitig gibt es zu jedem Trend oft auch einen Gegentrend. So sehen wir zum Beispiel neben dem Wunsch nach ‘local-forlocal’ auch, dass die Menschen Exoten kennenlernen und internationale Rezepte ausprobieren wollen. Für uns als Special Fruit steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Das deckt sich aber nicht immer mit der Wahrnehmung der Verbraucher. Sei es die Verpackung aus recyceltem Plastik statt Karton oder die Zahl der Kilometer, die ein Produkt zurückgelegt hat. Manchmal ist es auch schwierig, in der Debatte zu differenzieren und das Gesamtbild im Auge zu behalten. Deshalb soll sich unsere Strategie an den Fakten orientieren und die tatsächlichen ESG-Auswirkungen im Blick haben. Natürlich müssen wir die Sichtweise der Kunden berücksichtigen, aber wir sehen es als unsere Aufgabe an, das differenzierte Bild in den Vordergrund zu stellen. Außerdem sollten wir nicht
vergessen, dass wir mit unserem großen Angebot an gesunden Lebensmitteln die Menschen dazu ermutigen, sich gesund zu ernähren. Wer kann schon all den saftigen Früchten und dem leckeren Gemüse widerstehen?
Ermöglicht der Klimawandel den Anbau von mehr Produkten vor Ort?
Es gibt definitiv Verschiebungen in den Anbaugebieten, und es werden mehr werden. Das Klima hat einen großen Einfluss, und in einigen Gebieten machen Wasserknappheit, starke Regenfälle oder extreme Temperaturen den Anbau in der bisherigen Form fast unmöglich. Das führt zu Verschiebungen bei Sorten, Produkten und manchmal auch bei den Anbaugebieten. Nicht immer ist die Nähe zum eigenen Land entscheidend, aber wir sehen auf jeden Fall Verschiebungen.
Wollen Sie Lieferant oder Erzeuger sein?
Wir haben nicht den Ehrgeiz, ein Erzeuger zu sein, aber wir wollen nah am Erzeuger sein. Deshalb arbeiten wir in enger Partnerschaft mit den Erzeugern. Mit einigen Erzeugern arbeiten wir schon seit vielen Jahren intensiv zusammen. Wir haben auch ein Büro in Spanien, das den Anbau in Spanien, Portugal und
118 AGF Primeur 4 • 2024 Vision
Marokko genau überwacht, und wir sind Anteilseigner an einem Unternehmen in Peru, das die gleiche Aufgabe hat. Früher waren wir als Unternehmen im Anbau tätig, aber wir haben daraus gelernt, dass dies ein eigenständiger Bereich ist, den wir nicht weiter ausbauen wollen. Wir wollen innovativ sein und haben ein eigenes Versuchsfeld zur Evaluierung neuer Sorten, dies jedoch in enger Zusammenarbeit mit den Erzeugern, die nach wie vor die Anbauspezialisten sind. Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Haben Sie noch eine Funktion im Handel oder sind Sie ein reiner Dienstleister für Kunden?
Special Fruit kauft Obst und Gemüse ein, meistens über strategische Vereinbarungen mit Erzeugern, wählt aus, verpackt (und reift) und liefert an eine breite Palette von Kunden im Einzelhandel und Catering-Bereich. Die Holding hat jedoch die strategische Entscheidung getroffen, mit Fruit Service Collective ein unabhängiges Unternehmen zu gründen, über das wir auch Reifungs-, Verpackungs- und andere Logistikdienstleistungen für Dritte anbieten. Früher haben wir nur für uns selbst gereift, mit dieser spezialisierten Einheit werden wir diese Dienstleistungen auch für Dritte erbringen, mit Special Fruit als einem der Kunden.
Wie läuft der Bau des neuen Reifungszentrums?
Das neue Gebäude liegt voll im Zeitplan und wir nähern uns der Testphase. Im April hoffen wir, die erforderlichen internen Tests durchführen zu können, und wir gehen davon aus, dass wir im Juni voll betriebsbereit sein werden. Das neue Gebäude ist State-of-the-Art,und es wurden die neuesten Technologien verwendet. Special Fruit hat in der Vergangenheit Pionierarbeit bei der Reifung von Avocados und Mangos geleistet, und wir haben im Laufe der Jahre viel Know-how in diesem Bereich aufgebaut. Wir sehen durchaus das Potenzial, auch andere Produkte wie Kiwis und Ananas zu reifen, Tests haben hier gute Ergebnisse gezeigt. Aber wir werden mit Avocados und Mangos beginnen und die Kapazität von dort aus erweitern. In Kombination mit der neuesten KI-basierten Technologie haben wir ein starkes Angebot in einer nagelneuen Anlage. Wer möchte nicht eine Avocado, die so schmeckt wie in ihrem Herkunftsland? Wir gehen offen gesagt davon aus, dass wir schnell ausgelastet sein werden. Wer also Interesse hat, sollte sich schnell melden. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Was erwarten Sie zum Beispiel von Coatings, um die Haltbarkeit von Früchten zu verlängern?
Wir arbeiten nicht mit Coatings, aber wir setzen zahlreiche neue Technologien ein. Die Verlängerung der Haltbarkeit ist ein Teil davon, aber vielleicht noch wichtiger ist die Effizienz in der gesamten Lieferkette. Denken Sie zum Beispiel an die Nutzung von Daten, um Effizienz und Vorhersagbarkeit zu schaffen und so eine optimale Qualität zu erreichen.
Woran liegt es, dass die Qualität von Mangos und Avocados von einem Einkauf zum nächsten so stark schwanken kann?
Das hängt vor allem davon ab, wo man die Produkte kauft. Da es in unserer Branche kaum Marken gibt, ist es auch nicht immer klar, welche Produkte unverwechselbar sind. Und wenn die Basis eines Produkts schlecht ist, kann man auch nicht mehr das Beste aus ihm herausholen. Wir richten zum Beispiel die Reifung einer Avocado nach der Art und Weise, wie die Frucht angebaut wird und passen den gesamten Prozess entsprechend an. Das Ergebnis ist viel gleichmäßiger und schmackhafter, als wenn man mit dem Produkt, das in die Reifungszelle kommt, immer das Gleiche macht, und es ist auch länger haltbar. Andererseits kann man aus einer Ente keinen Rolls-Royce machen. Es ist nach wie vor wichtig, mit qualitativ hochwertigem Obst anzufangen.
Wie schwierig ist es für Sie, Mitarbeiter zu finden?
Es ist nach wie vor eine Herausforderung, genügend qualifizierte Mitarbeitende zu finden, aber das ist eigentlich in jedem Unternehmen so. Die Arbeitnehmer haben auf dem Arbeitsmarkt die
besseren Karten. Deshalb muss man als Arbeitgeber in vielerlei Hinsicht interessant sein. Wir sind an einem Standort tätig, der für Ortsansässige sehr attraktiv ist, aber wir befinden uns nicht in der am dichtesten besiedelten Region, sodass wir auch in Belgien und den Niederlanden nach Mitarbeitenden suchen müssen. Unsere schöne Produktpalette und unser Engagement für Nachhaltigkeit sind Pluspunkte, die für die Mitarbeitenden wichtig sind.
Abschließend: Wie stehen Sie zu einem Investor oder einer interessierten Private-Equity-Partei?
Da müssten Sie eigentlich die Anteilseigner fragen, aber ich sehe vor allem eine Familie, die sich sehr engagiert, um dem Unternehmen verbunden zu bleiben. Wir glauben aber, dass es in Zukunft mehr Kooperationen geben wird. Kooperationen und Partnerschaften stehen daher definitiv auf der Tagesordnung. Dort, wo es sinnvoll ist und sich ergänzt, sind wir sicherlich offen dafür, aber es hängt kein ‘Zu verkaufen’-Schild an der Tür.
www.specialfruit.com www.fruitservicecollective.eu
119 AGF Primeur 4 • 2024
Sismatec bietet die aktuelle Endof-Line Lösungen für Ihre Obst- und Gemüseproduktion
Sismatec bietet End-of-LineLösungen für Ihre Obst- und Gemüseproduktion mit einem Case Packer von Proseal an. Zusätzlich zu diesem Standardangebot können wir unseren Kunden durch die Kombination von Sismatec und Sismation maßgeschneiderte Lösungen mit intelligenten Automatisierungsoptionen anbieten.
Proseal Case Packer
Der Proseal Case Packer ist ein sehr schnelles, vollautomatisches System zum Befüllen von Kisten und Kartons mit Geschwindigkeiten von bis zu 160 Packungen pro Minute, abhängig vom Maschinentyp, der zu
verarbeitenden Packungsgröße und dem Modell.
Der Case Packer kann eine Vielzahl von Verpackungsformaten aus unterschiedlichen Materialien verarbeiten. Hinzu kommt, dass die Maschine dank des benutzerfreundlichen Bedienfelds für den Bediener sehr einfach zu bedienen ist. Wenn das Produkt gewechselt werden muss, kann dies schnell und automatisch durch die Auswahl eines anderen Programms auf dem Bedienfeld erfolgen. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Case Packer mit jeder TraysealerMaschine zusammenarbeiten kann, um dem Kunden eine komplette Verpackungslösung zu bieten. Die Maschine lässt sich auch mit
Kartonaufrichtern, bestehenden Fördersystemen, Etikettierern und Kodierern kombinieren. Selbstverständlich kann der Case Packer auch in bestehende Kistensysteme integriert werden.
Vorteile der Anschaffung Aufgrund der Veränderungen auf dem Markt sind viele Unternehmen derzeit auf der Suche nach einer Lösung für ihren Verpackungsprozess. Die Unternehmen haben die Wahl: in Maschinen oder in Arbeitskräfte zu investieren. Das Packen von Kisten oder Kartons ist eine arbeitsintensive Tätigkeit, und Produktionsmitarbeiter sind schwer zu finden. Wenn dieser
Teil des Verpackungsprozesses automatisiert wird, entfällt diese ‘Sorge’. Arbeitskosten werden eingespart.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der automatischen oder manuellen Zuführung von Kisten und Kartons sowie ein hohes Maß an Flexibilität bei der Verarbeitung unterschiedlicher Verpackungen mit kurzen Umrüstzeiten. Schließlich lässt sich der Case Packer leicht in Ihre (bestehende) Verpackungslinie(n) integrieren.
Sismatec & Sismation: Intelligente Automatisierungslösungen
Die Automatisierung spielt in den heutigen Produktions- und Verpackungsprozessen eine wichtige Rolle. Auch hier ist Sismatec Ihr Partner. Mit der Automatisierungssparte ‘Sismation’ bieten wir eine zusätzliche Marke unter demselben vertrauten Dach, um unseren Kunden maßgeschneiderte Lösungen anbieten zu können.
Smart Handling in 4 Hauptbereichen:
- Product handling-Systeme
- Case Packer
- Palettierer
- Material handling-Systeme
Wie wir arbeiten
Wir kommen gerne zu Ihnen und schauen uns die aktuellen Prozesse an. Wir erfassen die Wünsche und Anforderungen und beziehen möglichst viele Aspekte in die Planung ein. Die Ingenieure und das Projektmanagementteam arbeiten dann ein oder mehrere Konzepte aus. Dabei achten wir natürlich auf Effizienz, Bedienungsfreundlichkeit und Kontinuität des Prozesses. Diese Konzepte besprechen wir mit dem Kunden. Wenn eines der Konzepte angenommen wird, erstellen wir eine detaillierte Zeichnung. Während dieses Prozesses geben die Projektleiter häufig Feedback, so dass wir gemeinsam mit dem Kunden zu einem optimalen Entwurf
gelangen. Wir machen das gesamte Engineering, die Software und die Montage selbst, bis die Anlage für einen Factory Acceptance Test bereit ist.
Sismatec hat also alles im Haus: vom ersten Konzept bis zur Gesamtlösung, vom Layout bis zur Programmierung. Wir übernehmen die Installation und die Schulung der Mitarbeiter. Unsere Projektleiter arbeiten den gesamten Prozess bis ins kleinste Detail aus, damit alles reibungslos abläuft. Nach der Lieferung ist die Serviceabteilung von Sismatec für den After-Salesund Service-Support zuständig. „Möchten Sie mehr über unsere End-of-Line-Lösungen erfahren oder interessieren Sie sich für die Möglichkeiten der Automatisierung bestehender oder neuer Prozesse? Dann wenden Sie sich bitte an unser Vertriebsteam unter den unten angegebenen Kontaktdaten.“
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Leo Klaassen, Limax:
„Auch in Deutschland gibt es Chancen für unser Beerenobst“
„Wir sehen Chancen für einen größeren Absatz von Beerenobst”, sagt Leo Klaassen, Geschäftsführer der Limax-Niederlassung in Polen. Während Limax in den Niederlanden Champignons anbaut und vermarktet, baut die polnische Niederlassung auch Beerenobst an und vermarktet es. „Es gibt noch einen sehr großen Markt in unserer Nachbarschaft: Deutschland. Wir machen dort noch sehr wenig; es gibt also noch Möglichkeiten.”
Weitere Exportmärkte sind Dänemark, Schweden, Finnland, Tschechien und die baltischen Staaten. Neben der ganzjährigen Belieferung gibt es laut Leo auch einen festen Kundenstamm während der lokalen Anbausaison, auch wenn eine Vorliebe für lokal angebautes Beerenobst besteht. „Oft ist die lokale Beerenobstfläche klein, die Anbausaison nur kurz oder die Einzelhändler wollen ein breiteres und preisgünstigeres Sortiment als das lokale Produkt anbieten”, erklärt er die Nachfrage nach Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren.
WENIGER ENTWICKELTE NACHFRAGE
AUF DEM POLNISCHEN MARKT
Obwohl das sicherlich nicht der Hauptmarkt für Limax ist, stellt Leo fest, dass
die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Beerenobst auch auf dem lokalen polnischen Markt zu wachsen beginnt. Allerdings sieht er noch einige Hürden, die es zu überwinden gilt. So erklärt er, dass die polnischen Verbraucher an traditionelles heimisches Beerenobst gewöhnt sind, bei dem weniger Wert auf optimale Anbauund Lagerbedingungen gelegt wird.
„Wir bauen für ein höherwertiges Segment an, und die Nachfrage nach Premium-Beerenobst ist in Polen noch weniger entwickelt als in den meisten anderen europäischen Ländern. Das gilt besonders während der polnischen Saison. Aber in den letzten Jahren sehen wir neben unserer Position in der Importsaison, dass wir mit unserem eigenen Anbau auch hier in Polen besser Fuß fassen.“
ANBAU TEURER, RISIKEN NEHMEN ZU Leo rechnet damit, dass sich das Bewusstsein der polnischen Verbraucher in dieser Hinsicht ändern wird, was dem zunehmenden Interesse am Frischmarkt entspricht. Vor allem bei Himbeeren und Erdbeeren erwartet er einen Rückgang des Freilandanbaus und eine Zunahme des überdachten Anbaus. „Es wird immer schwieriger, den Freilandanbau gut zu betreiben. Die Risiken nehmen zu und der Anbau wird teurer.“
Ein weiterer Vorteil des überdachten Anbaus ist, dass er auf Stellagen erfolgt. Leo weist darauf hin, dass das bei der auch in Polen schwierigen Arbeitsmarktsituation eine Rolle spielt. „Die Mitarbeiter pflücken lieber im Stehen als auf den Knien – was auch effizienter ist.“
GLEICHMÄSSIGE VERTEILUNG DER ARBEIT
Leo weist darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit in Polen niedrig ist und im Westen des Landes, wo sich Limax befindet, praktisch bei null liegt. Das erschwert es, Mitarbeiter für den Anbau und die Ernte zu finden. „Wir stellen fest, dass die polnische Wirtschaft, wie andere Volkswirtschaften auch, leicht rückläufig ist,
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Beeren
sodass es theoretisch etwas einfacher sein sollte, Mitarbeiter zu finden, auch wenn wir das in der Praxis noch nicht feststellen.“
Deshalb setzt Limax auf eine gleichmäßigere Verteilung der Arbeit, um so mehr Menschen dauerhaft beschäftigen zu können. „Arbeitsspitzen wird es immer geben, aber wir versuchen, diese so weit wie möglich zu vermeiden, indem wir eine gleichmäßigere Verteilung der Arbeit anstreben.“
AUSWAHL DER SORTEN
Neben der versetzten Pflanzung von Beerenobst ist die sorgfältige Auswahl der Beerenobstsorten ein Aspekt, der dazu beiträgt, Arbeitsspitzen bei der Ernte zu vermeiden, erklärt Leo. „Ab nächstem Jahr pflanzen wir zum Beispiel keine Elsanta-Erdbeeren mehr für die Durchkultur, sondern nur noch Immertragende. So vermeiden wir die Arbeitsspitzen Anfang Juni und Mitte August.“
Ein weiterer Schwerpunkt bei der Sortenwahl ist die Qualität, betont Leo. „Wir
wählen die Sorten nicht nur wegen ihres hohen Ertrages und des damit verbundenen niedrigeren Selbstkostenpreises aus, auch Aspekte wie Haltbarkeit und Qualität spielen eine Rolle. Die Transportzeit zu vielen unserer Kunden ist etwas länger, deshalb müssen wir vor allem ein gutes Produkt anbauen und die Früchte sorgfältig behandeln. Wir berücksichtigen auch die Wünsche unserer Kunden. Die Auswahl der Sorten hängt sehr stark von den Märkten ab, die wir bedienen.“
MAXIMALE GRÖSSE
Der angespannte Arbeitsmarkt ist auch einer der Gründe, warum Limax an seinem jetzigen Standort für den Beerenobstanbau nicht weiter expandieren will. „Jeder Anbaubetrieb hat eine maximale Größe, sonst ist es an einem Ort nicht mehr zu schaffen“, sagt er. Was übrigens nicht heißt, dass Limax nicht offen für einen weiteren neuen Anbaustandort in Polen wäre. „Ich denke, es gibt dafür Möglichkeiten.“
Außerdem will Limax durch Partnerschaften mit polnischen Erzeugern wach-
sen und die neue Packstelle, die seit 2022 in Betrieb ist und noch erweitert werden kann, optimal nutzen. „Das ist eine weitere Option, denn nicht alle Erzeuger haben den Vertrieb oder die notwendigen Verpackungsmaschinen.“
Und auch hier sieht Leo, dass die Besetzung von Arbeitsplätzen eine Rolle spielt. „Für einen modernen Verpackungsbetrieb reicht es nicht aus, nur etwa acht Wochen in der Saison zu arbeiten. Weil das alles technisch ziemlich kompliziert ist, braucht man geschultes Personal, und das bekommt man nur, wenn man das ganze Jahr über arbeitet. Außerdem rechnet es sich nicht, die Verpackungsanlagen nur zwei Monate im Jahr zu betreiben, die Abschreibung läuft einfach weiter“, sagt Leo abschließend.
Leo.Klaassen@limax.pl
124 AGF Primeur 4 • 2024 Beeren
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Die Erdbeere wird zunehmend im Gewächshaus erzeugt. In den letzten Jahren ist eine Verlagerung des Erdbeeranbaus vom Freilandanbau zum geschützten Anbau zu beobachten. Genauso wie Tomaten, Paprika und Gurken gilt die Erdbeere inzwischen ebenfalls als vollwertige Gewächshauskultur.
Erwähnenswert sind dabei die Neubauprojekte mit HightechGewächshäusern, was allerdings nicht immer möglich ist. Der Bau eines Foliengewächshauses könnte in dem Fall eine alternative Lösung sein.
Die Familie Lambrechts hat sich in diesem Jahr für eine Erweiterung mit einem, ebenfalls hochmodernen Foliengewächshaus entschieden.
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The Greenery ist stolz darauf, die in den Niederlanden angebaute Erdbeersorte Inspire auf den europäischen Markt zu bringen. Diese starke Sorte bietet nicht nur ein unvergleichliches Geschmackserlebnis, sondern auch eine deutliche Qualitätsverbesserung mit längerer Haltbarkeit.
Die Sorte hat eine hohe Produktivität ohne Ertragsspitzen. Außerdem hat sie einen außergewöhnlich hohen Pflückertrag. Diese überzeugenden Produkteigenschaften führen zu weniger Verschnitt und einer stabileren Verfügbarkeit für die Kunden!
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The
Greenery über die Erdbeersorte Inspire:
„Neue Sorte Arbeitsspitzengleicht aus“
„Für die kommende Saison erwarten wir, dass wir mehr auf dem Nachfrage- als auf dem Angebotsmarkt aktiv sein werden”, bewertete Pieter van Pelt, Manager Sales & Sourcing bei The Greenery, die Erdbeersaison Ende März. Und das hat unter anderem mit den Wetterveränderungen zu tun. „Diese werden von Jahr zu Jahr schwieriger und verursachen mehr Täler als Spitzen, wodurch die Ernten in ganz Europa zurückgehen und die Nachfrage steigt.”
Inzwischen hat The Greenery auch den unbelichteten Anbau ab Woche 10 wieder aufgenommen, verrät Pieter. „Während andere Erdbeersorten erst in der 13./15. Woche in die Produktion gehen, beginnt unsere neue Sorte Inspire, für die wir in den Benelux-Ländern Lizenznehmer sind, bereits in Woche 10 mit den ersten Volumina, was uns einen nahtlosen Übergang vom belichteten Anbau ermöglicht. So können wir das ganze Jahr über niederländische Erdbeeren liefern und sorgen dafür, dass zu Beginn der Saison mehr niederländische Erdbeeren in den Regalen liegen.” Er sieht, dass die Nachfrage groß ist. „Der niederländische Einzelhandel bevorzugt im Allgemeinen niederländische Produkte gegenüber Importprodukten. Dort ist man sehr daran interessiert, einheimische Erdbeeren ins Sortiment aufzunehmen.”
„Inspire ist nicht nur die früheste Sorte im unbelichteten Anbau, sondern auch die Sorte, die im Unterglasanbau am längsten produzieren kann“, sagt Klaas de Jager, Agronom bei The Greenery. „Während die meisten Erdbeeren unter Glas im April starten und bis Juni tragen, liefert Inspire bis in den Juli hinein Früchte, beginnt also mehr als einen Monat früher und trägt mehr als einen Monat
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Klaas de Jager
Beeren
länger.“ Durch Beeinflussung der Tageslänge soll die Produktionszeit noch weiter verlängert werden, so Klaas. „Es ist eine Sorte für kurze Tage, und sobald die Tage im April länger werden, hört die Blütenproduktion auf. Aber im April können wir mit Verdunkelungsschirmen die Tage absichtlich etwas kürzer halten, damit die Blütenproduktion weitergeht.“
SPITZEN VERMEIDEN
Klaas weist im Übrigen darauf hin, dass die neue Erdbeersorte von Natur aus keine immertragende Sorte ist, sondern durch Anbautechniken immertragend gemacht wird. Ein wichtiger Aspekt, denn so lassen sich Produktionsspitzen vermeiden – und damit auch Arbeitsspitzen. Für den Agronomen ist klar, dass der Einsatz von Arbeitskräften neben dem Faktor Energie die größte Herausforderung im Anbau darstellt. „Arbeit entscheidet heute darüber, was man machen kann und was nicht. Deshalb suchen die Erzeuger nach genetischen Merkmalen, die weniger Spitzen verursachen und den Arbeitseinsatz gleichmäßiger machen.“ Er geht davon aus, dass Inspire eine Lösung für die Erzeuger in Bezug auf den Arbeitsaufwand bieten kann und gleichzeitig weitere Vorteile für den Anbau mit sich bringt. „Das Pflücken fällt leichter, weil die Erdbeeren gut verteilt sind, die Fruchtgröße ist gut, die Haltbarkeit ist aufgrund der festen Fruchthülle länger und der Ertrag hat einen hohen Anteil an Erdbeeren der Klasse I.“
Die Arbeit ist übrigens nicht die einzige Herausforderung, wie Pieter betont. „Die Probleme beim Anbau von hochwertigen und gesunden Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen werden immer größer. Es gibt eine Reihe von Herausforderungen, unter anderem aufgrund von Gesetzen und Vorschriften.“ Der Manager
stellt fest, dass dies immer häufiger ein begrenzender Faktor bei der Flächenausweitung ist. Klaas geht daher davon aus, dass die Gesamtfläche der im Freiland angebauten Erdbeeren voraussichtlich in etwa stabil bleiben wird.
WENIGER ENERGIE
„Die Ausweitung der Anbauflächen wird durch Gesetze und Verordnungen stark gebremst. Expansionsmöglichkeiten gibt es noch im Gewächshausbereich, zum Beispiel im Fruchtgemüse- oder Blumenanbau. Die Landwirte können bei der Auswahl der Kulturen wechseln. Potenzial besteht für den Anbau von Beerenobst, insbesondere Erdbeeren. Das ist eine Kultur, die grundsätzlich weniger Energie benötigt als einige andere Kulturen. Die Möglichkeit, Kulturen mit weni-
ger Energie anzubauen, ist ein Aspekt, den die Branche mit Nachdruck verfolgt.“
Es gibt auch Bedenken in Bezug auf Nachhaltigkeit und Pflanzenschutz, so Klaas. Er sieht eine wachsende Bedeutung von grünen Pflanzenschutzmitteln, aber wenn Sorten anfällig für bestimmte Krankheiten sind, reicht das nicht immer aus. „Ohne die unterstützende Genetik wird es schwierig, eine Kultur nur mit grünen Mitteln zu schützen. Inspire ist tolerant gegenüber Mehltau und Phytophthora. Für die Landwirte ist es eine Erleichterung, wenn sie auf robustere Sorten umsteigen können, sodass sie sich zunächst auf grüne Mittel verlassen können und nur dann auf chemische Mittel zurückgreifen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.“
AUSWEITUNG
„Während wir letztes Jahr mit dem Anbau von Inspire-Erdbeeren mit einer ausgewählten Gruppe von Anbaubetrieben begonnen haben, haben wir in diesem Jahr die Anzahl der Erzeuger und die Fläche erheblich erweitert“, erklärt Pieter. Das Ziel ist es, den Anbau sowohl mit bestehenden als auch mit neuen Erzeugern weiter auszuweiten. „Wir sehen positive Rückmeldungen von Erzeugern, Einzelhandel und Verbrauchern und erwarten, dass der Anteil von Inspire in den kommenden Jahren weiter steigen wird“, sagt Pieter abschließend.
P.vanPelt@thegreenery.com
K.deJager@thegreenery.com
130 AGF Primeur 4 • 2024 Beeren
Inspire reduziert Ernte- und Arbeitsspitzen
Die aus Samen gezogene Erdbeere ist nicht nur lecker, sondern auch viel nachhaltiger
Roland Sweijen, Limgroup, über die Anzucht von Erdbeeren aus Samen:
„Wir werden dem Markt und den Erzeugern zeigen, dass es tatsächlich möglich ist“
“Wir stehen am Vorabend eines Wandels in der Erdbeerbranche; es sind spannende Zeiten”, sagt Roland Sweijen, Product Lead Strawberry bei Limgroup, das sich auf die Züchtung von Erdbeeren und Spargel spezialisiert hat. Damit meint er die Anzucht von Erdbeerpflanzen aus Samen. Er geht davon aus, dass diese Entwicklung die Stecklingsvermehrung verdrängen wird und erwartet, dass in zehn Jahren die überwiegende Mehrheit der Erdbeeren für Stellagen und Gewächshäuser aus Samen gezogen wird.
Mit der kommerziellen Einführung
der F1-Hybride Limore One ist dieser Übergang einen Schritt näher gerückt. “Damit legen wir den Grundstein für den Übergang mit unserer ersten immertra-
genden Erdbeere aus Saatgut, der für die Erzeuger interessant ist: gute Qualität und hoher Ertrag. Die neue Immertragende kann mit den ertragsstärksten Klonsorten locker mithalten. Diese Basis müs-
sen wir nun in die Praxis umsetzen. Wir müssen dem Markt und den Landwirten zeigen, dass es tatsächlich möglich ist.”
FÜR GEWÄCHSHÄUSER UND STELLAGEN
Roland weist darauf hin, dass die Sorte speziell für den Substratanbau im nordwesteuropäischen Klima entwickelt wurde. Er geht davon aus, dass die Entwicklung einer spezifischen Genetik für bestimmte Märkte und Anbausysteme, wie sie unter anderem bei Fruchtgemüse seit vielen Jahren praktiziert wird, noch viele Vorteile bringen wird. „Heute wird zum Beispiel oft die ursprünglich für den Freilandanbau entwickelte Sorte Elsanta verwendet. Diese Sorte wird mittlerweile
131 AGF Primeur 4 • 2024
in allen Anbausystemen verwendet, und wir haben jetzt Hightech-Gewächshäuser, aber wir verwenden immer noch die gleiche Genetik. Mit Hybridsorten kann man ganz gezielt die Genetik entwickeln, die das größte Potenzial für das HightechGewächshaus oder für den Anbau in Stellagen hat.“
Während die herkömmliche Vermehrung klonaler Sorten zwei Jahre dauert, benötigt die Vermehrung aus Samen nur vier Monate. „Auf diese Weise hat man eine viel nachhaltigere Erdbeerpflanze zur Verfügung. Man benötigt dann nämlich viel weniger Arbeit, Energie, Land, Chemie und Wasser, um eine Pflanze zu erzeugen. Das bedeutet natürlich auch, dass die Kosten nicht steigen, denn Gewinne können überall dort erzielt werden, wo Einsparungen gemacht werden.“
FLEXIBILITÄT
Roland weist auch darauf hin, dass die Aufzucht aus Saatgut dem Erzeuger viel mehr Flexibilität bietet. „Während die Erzeuger bei der klonalen Vermehrung darauf angewiesen sind, wann die Mutterpflanzen Stecklinge bilden, können aus Samen gezogene Erdbeeren jederzeit gesät werden. Vier Monate später hat der Anbauer dann eine Pflanze.“ Er räumt ein, dass dies auch eine gewisse Umstellung für den Erzeuger bedeutet, da die jetzige Kultur an Systeme gewöhnt ist, die auf der Verfügbarkeit von Stecklingen basieren. „Wenn die Pflanze nun vier Monate lang herangewachsen ist, kann der
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Erzeuger den Anbau an jedem beliebigen Tag mit einer frischen Pflanze beginnen.“
Flexibilität spielt auch bei der Veredelung eine Rolle, wie Roland betont. „Wir entwickeln die Elternlinien selbst und können vom Saatgut aus die Einkreuzung von Merkmalen in eine Sorte sehr gezielt steuern. Der Prozess dauert dann zwar immer noch mehrere Jahre, ist aber viel schneller und flexibler als bei der klonalen Veredelung, die sich kaum steuern lässt.“ Ganz oben auf der Liste der gewünschten Eigenschaften stehen Resistenzen gegen Mehltau und Botrytis. „Diese Sorten gibt es noch nicht, Resisten-
zen gegen diese Krankheiten sind noch nicht verfügbar. Das wird sicher noch ein paar Jahre dauern. Aber es gibt Sorten, die weniger anfällig für diese Krankheiten sind, und das ist momentan von Vorteil.“
BEDARF AN RESISTENZEN
Dabei spielt auch der Wegfall eines zunehmenden Teils des Pflanzenschutzmittelpakets eine Rolle. „Daran wird sich in den nächsten Jahren nichts ändern. Wie allgemein zu beobachten ist, werden auch im Erdbeeranbau immer mehr Mittel wegfallen, was den Bedarf an Resistenzen erhöht. Das Klima lässt sich teilweise
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132 AGF Primeur 4 • 2024 Beeren
Der Anbau von Erdbeeren aus Samen dauert vier Monate, die Vermehrung durch Stecklinge zwei Jahre
Limgroup erwartet, dass der Anbau von Erdbeeren aus Saatgut eine Umstellung des Anbaus bewirken wird
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kontrollieren und man kann vorbeugende Maßnahmen ergreifen, aber Resistenzen werden wirklich einen großen Mehrwert bringen“, unterstreicht Roland die Bedeutung von Resistenzen.
„Ein Vorteil von Pflanzen, die aus Saatgut gezogen werden, ist, dass es sich um Hybride handelt, also um genau dieselben Pflanzen“, so Roland. „Daher sind sie auch genau gleich alt, sodass jede Pflan-
ze zur gleichen Zeit in Produktion geht. Die Stecklinge werden von verschiedenen Teilen der Pflanze entnommen und befinden sich daher in unterschiedlichen Wachstumsstadien. Erdbeeren aus Samen sehen dagegen sehr einheitlich aus.“
SCHRITT FÜR SCHRITT
Im Januar wurde Limore One zum ersten Mal kommerziell im Gewächshaus
und Ende März auch im Stellagenanbau angepflanzt. „In diesem Jahr wird Limore unter die Lupe genommen, diese Erdbeere aus Samen muss sich beweisen.“ Roland betont, wie wichtig es ist, in diesem Prozess Schritt für Schritt vorzugehen, um zu verstehen und zu steuern, was in der Praxis passiert. „Dann erleben wir keine Überraschungen. Wir wollen sicher sein, dass es eine gute Basis für Erdbeeren aus Samen gibt, bevor wir den Anbau ausweiten.“
Bei der Vermarktung ist Fruitmasters mit im Boot, wie Roland betont. „Fruitmasters glaubt, dass Erdbeeren aus Samen die Zukunft sind und entwickelt eine eigene Marke für diese Erdbeeren.“ Er erwartet, dass vor allem die nachhaltigere Anbaumethode die Verbraucher überzeugen wird. „Die Verbraucher bekommen nach wie vor eine schmackhafte Erdbeere, aber durch den Anbau aus Samen ist sie viel nachhaltiger.“ rsweijen@limgroup.eu
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134 AGF Primeur 4 • 2024 Beeren
ß t e h a f tn g ! p o - s
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Simon Schumacher vom Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e.V.:
„Auch der Handel ist aufgerufen, die Margen am Anfang nicht übermäßig hochzusetzen, sondern moderat anzufangen“
Aufgrund der guten Wetterbedingungen in der zweiten Jahreshälfte 2023 sei die Vegetation auf den deutschen Spargelfeldern insgesamt recht erfreulich gewesen. Dies habe wiederum zu einem guten Saisonauftakt geführt. “Es gab sowohl wenig Laubkrankheiten als auch Schädlingsdruck, weshalb die Pflanzen sehr viel Energie einlagern konnten. Das führt wiederum dazu, dass einerseits das Aroma und andererseits auch die Erträge und Stangenstärken sehr gut sind. Das sind alles wichtige Qualitätskriterien. Ähnlich war es in der Saison 22/23, in der sogar ältere Landwirte vom Jahrhundertspargel gesprochen haben. Jetzt hoffen wir, dass sich dies auch in diesem Jahr abzeichnen wird”, zieht VSSE-Vorstandssprecher Simon Schumacher eine erste Zwischenbilanz zur diesjährigen Spargelernte.
In vielen Anbaugebieten Deutschlands sei der Spargel bei den milden Temperaturen schon etwas gewachsen, was sich vielerorts in einem frühen Saisonauftakt, jedoch mit überschaubaren Mengen widerspiegelt habe. Schumacher: “Dank guten Sorten, effizienter Folientechnik und der höheren Dämme können wir auch längere Stangen ernten und vermarkten. Die UNECE-Norm, sprich die zulässige Höchstmenge, wurde auch entsprechend von 22 auf 24 cm erhöht. Das ist ein wichtiger und auch nachhaltiger Gamechanger, denn so können wir weiterhin ein wertvolles Lebensmittel auf den Markt bringen, während die Anbaufläche tendenziell reduziert wird.”
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Spargel
VERBESSERTE VERMARKTUNGSLAGE
„Die Kaufzurückhaltung ist etwas zurückgegangen, was wir an den Zahlen der Reiseanbieter (TUI usw.) festmachen. Es werden wieder rege Reisen gebucht und erfahrungsgemäß handelt es sich um eine ähnliche Zielgruppe bei Auslandreisenden und Spargelfans. Insofern sind wir guter Dinge. Die Situation rundum Arbeitskräfte hat sich auch wieder etwas normalisiert.“ Die momenta-
ne Preissituation sei Schumacher zufolge für alle Beteiligten zufriedenstellend:
„Unsere Argumentation ist, dass wir nicht über 20 EUR pro Kilogramm für erstklassigen Spargel einsteigen sollten. Auch der Handel ist dabei aufgerufen, die Margen am Anfang nicht übermäßig hochzusetzen, sondern etwas moderater anzufangen und die Preise während der Hochsaison stabiler zu halten, sodass am Ende ein zügiger Mengenabfluss vorliegt. Den-
noch ist der erste Frühspargel aufgrund dreifacher Folienabdeckung, dem Mehraufwand und der geringeren Ernteleistung automatisch hochpreisiger.“
RÜCKGANG DER FLÄCHE UND BETRIEBE
Deutschlandweit gab es einen Rückgang der Spargelbetriebe um knapp 25 Prozent seit 2015 und um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zudem ist die Anbaufläche seit 2015 um circa sieben Prozent zurückgegangen. Auch interessant ist die Entwicklung der Junganlagen, der seit 2015 um fast ein Drittel zurückgegangen ist. „Der Handel steht also zunehmend vor der Aufgabe, nicht den günstigsten Spargel, sondern überhaupt deutschen Spargel in ausreichender Menge über die gesamte Saison zu beziehen“, betont Schumacher des Weiteren.
Die ebenfalls rückläufige Anzahl der Spargelhöfe sei dem Marktexperten zufolge mehreren Faktoren geschuldet, allen voran der Kosten-Erlös-Situation. „Beim Spargel gibt es einen Lohnkostenanteil um 40-50 Prozent. Das heißt, jeder Cent, der dazukommt, beeinflusst die wirtschaftliche Situation der Anbau-
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betriebe erheblich. Erschwerend hinzu kommt auch die politische Unsicherheit. Ferner gibt es vor allem in NRW und im Südwesten viele kleinere bis mittelständische Spargelbetriebe, die derzeit vor dem Generationswechsel stehen. Wir sehen, dass diese potenziellen Hofnachfolger auch in der Industrie geschätzt werden. Gleichzeitig ist die Attraktivität dieser Berufe durch die gute Bezahlung und minimalen Risiken besonders hoch. Das führt letztendlich dazu, dass viele junge, potenzielle Landwirte andere Wege gehen. Das heißt nicht zwangsläufig, dass der Spargelanbau ausstirbt, sondern es findet ein Strukturwandel statt, indem die kleineren Höfe ihre Fläche an die Größeren übergeben“, gibt Schumacher zu bedenken.
GRÜNSPARGEL LIEGT IM TREND
Auch innerhalb der Spargelproduktion seien Schumacher zufolge interessante Trends zu beobachten. „Der Handel fragt
heutzutage gezielt nach deutschem Grünspargel, während dieser Bereich lange Zeit von Spanien dominiert wurde. Grün-
Günter Hugenberg von der Bejo Samen GmbH
spargel erfreut sich auch beim Verbraucher steigender Beliebtheit: Zuletzt entfielen rund 17 Prozent der gesamten
“Vor allem die jüngeren Verbraucher sind scharf auf farbigen Spargel”
Mit einer breiten Sortenpalette deckt der international agierende Saatgutlieferant Bejo Samen sowohl das frühe als auch das späte Spargelsegment ab. Die jüngste Sorteninnovation Sirius für den späten Bereich wurde im vergangenen Jahr gelauncht und die ersten Anlagen werden nun entsprechend bepflanzt, bestätigt Produktmanager Günter Hugenberg auf Anfrage. “Dennoch hat der spätere Bereich in den vergangenen Jahren tendenziell an Bedeutung verloren. Das Geld wird eher in der ersten Saisonhälfte gemacht. Der letzte Monat der Spargelsaison repräsentiert zumindest hier in Deutschland zuletzt einen leicht rückläufigen Marktanteil.”
Grünspargel: Wachsende Nachfrage, fehlende Produktivität Im Schatten des marktüblichen Bleichspargels habe auch der Grünspargel aus heimischer Erzeugung interessante Zuwächse verzeichnet, beobachtet Hugenberg, der im Grünspargelbereich hauptsächlich die Sorte Bacchus anbietet. “Hier sehe ich zweifelsohne weiteres Wachstumspotenzial, zumal insbesondere die jüngeren Verbraucher eindeutig zu Grünspargel tendieren. Die Spargelbranche muss sich diesem sich ändernden Verbraucherwunsch natürlich auch stellen. Hinsichtlich Produktivität ist der Grünspargel allerdings bei Weitem noch nicht auf dem Niveau wie der Bleichspargel. Das liegt zum einen am Anbauverfahren, zum anderen aber auch an den Produktvorgaben. Beim Grünspargel verlangt der Markt in der Regel dünnere Stangen mit einem Durchmesser zwischen 16 und maximal 23 Millimeter, während beim
Bleichspargel vor allem die Sortierung über 20 Millimeter guten Anklang findet. Das heißt unter dem Strich mehr Aufwand und Stangen und weniger Kilos. Dieser Mehraufwand wird leider bisher nicht über den Preis honoriert. Da gibt es meines Erachtens noch Handlungsbedarf.”
Abgerundet wird das Sortenspektrum der Bejo Samen GmbH mit der violetten Sorte Erasmus. Hugenberg: “Dieses Nischensegment hat sich auf niedrigem Niveau etabliert und repräsentiert einen sehr kleinen Marktanteil. Der Markt ist aber im Grunde eindeutig neugierig: Wie bereits erwähnt sind vor allem die jüngeren Verbraucher scharf auf farbigen Spargel und wir sehen auch Zuwächse beim violetten Spargel.”
Angespannte Stimmung
Zu Beginn der neuen, deutschen Spargelernte sei die Stimmung in der Branche Hugenberg zufolge weiterhin gedämpft. “Man hat zuletzt nicht nur eine sinkende Nachfrage verzeichnet für ein naturgemäß wertvolles und damit hochpreisiges Produkt, sondern hatte sich auch vielen weiteren Herausforderungen zu stellen. Auch wenn die Stimmung eher etwas getrübt ist, muss man Innovationen in jeder Hinsicht, ob Sorten oder Anbautechnik, nicht scheuen.” Nicht jeder Spargelhof sei aber in der Lage oder bereit, sich entsprechend mitzubewegen. “Es werden in den kommenden Jahren wohl
weitere Spargelhöfe aufhören, insbesondere Betriebe, die in den vergangenen Jahren nicht investiert haben oder keine Nachfolgelösung haben. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass der Spargelanbau zurückgeht. Denn es gibt auch viele zukunftsorientieret Betriebe mit einer guten Produktions– und Vermarktungsstruktur. Das ist einfach der Wandel der Zeit, in dem wir uns befinden.” guenter.hugenberg@bejosamen.de
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Günter Hugenberg im Versuchsfeld der neuen Sorte Sirius
Spargelkäufe auf Grünspargel, Tendenz steigend. Auch die Landwirte und Züchter reagieren auf diese Entwicklung. Man darf aber nicht vergessen, dass der Anbauprozess nicht vergleichbar ist mit dem des Bleichspargels. Erstens hat man dünnere Stangen und einen höheren Schädlingsdruck, andererseits entfallen beim Grünspargel das aufwendige und kostenanfällige Folienmanagement sowie die hohen Spargeldämme. Über die gesamte Kampa-
gne hinweg sind die Grünspargelpreise vergleichsweise etwas höher, was im Hinblick auf die Mehrkosten auch erforderlich ist.“
Zudem liegt der geschälte Spargel weiterhin im Trend, was auch vonseiten der Maschinenzulieferer mit entsprechenden Schälverfahren Rechnung getragen wird. „Mit To Go-Konzepten und SB-Anlagen am POS versucht man, den Spargeleinkauf als Erlebnis zu gestalten. Ich sehe diese Konzepte nicht so sehr als Konkurrenz für die Hofläden, sondern vielmehr als Ergänzung. Denn man erreicht damit nicht nur die jüngeren Verbraucher, die sich seltener die Zeit nehmen den Spargel zu schälen, sondern entlastet auch zum Teil den Markt, in dem die starke Konzentration der Spargelkäufe aufs Wochenende ein wenig aufgebrochen wird. Dies wird wie-
der zum Teil an den Trend zu Grünspargel anknüpfen, da hier lediglich das untere Ende abgeschnitten werden muss, um das Produkt zubereiten zu können.“
HOHER SELBSTVERSORGUNGSGRAD UND SPARGELTAG
Insgesamt blickt Schumacher der Zukunft zuversichtlich entgegen. „Der Selbstversorgungsgrad beim Spargel liegt bereits seit Jahren stabil bei über 80 Prozent. Wir sprechen hier vom höchsten Selbstversorgungsgrad im Gemüsebereich überhaupt.“ Nun gelte es nicht nur den Handel, sondern auch den Verbraucher weiterhin für die Themen Regionalität und Saisonalität zu sensibilisieren. „Hierzu haben wir im vergangenen Jahr als Zusammenschluss von mehreren Verbänden den Tag des deutschen Spargels ins Leben gerufen, der dieses Jahr am 3. Mai stattfinden wird, um die genannten Themen noch prägnanter in den Vordergrund zu rücken.“
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Will Teeuwen, Teboza:
„Rückläufige europäische Spargelanbauflächen erzeugen im Allgemeinen mehr Nachfrage als Angebot“
“Die Saison hat planmäßig begonnen”, sagt Will Teeuwen von Teboza. “Der erste Spargel kam Mitte Januar aus dem Gewächshaus, und auch die erwärmte Kultur kam früh. Da der Frühling etwas eher einsetzte, konnten wir noch ein paar Kilos für dieses frühe Osterfest ernten. Im vergangenen Jahr lag Ostern eine Woche später, aber die Mengen, Verkäufe und Preise sind ungefähr so wie im letzten Jahr”, beschreibt Will die Lage auf dem Spargelmarkt Anfang April.
Für weißen Spargel – der nur in Nordwesteuropa gegessen wird – sieht
Will eine relativ stabile bis leicht steigende Nachfrage. Bei grünem Spargel stellt er eine ganzjährig steigende Nachfrage fest. Dabei bemerkt Will, dass nachhaltige europäische Ware immer mehr Raum einnimmt. “Sowohl der Einzelhandel als
auch die Verbraucher tendieren dazu, und dieser Trend wird sich fortsetzen.”
Kampf gegen die Elemente
Während die Vermarktung also gut läuft, sieht es bei der Versorgung ganz anders aus, stellt Will fest. „Wir hatten fünf
Monate lang Regen, und Anfang April regnet es immer noch. Das war bisher die größte Herausforderung. Wir mussten jeden Moment nutzen, um die Felder vorzubereiten – und das unter nicht gerade optimalen Bedingungen. Wir konnten noch nicht überall Folie verlegen.“ Will weist darauf hin, dass die Vorbereitung der Beete auf den Feldern normalerweise Ende Oktober beginnt, jetzt aber erst
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Spargel
Will Teeuwen
nach und nach im Januar. „Wir kämpfen seit fünf Monaten gegen die Elemente. Wir können zwar viel planen und haben gute Maschinen und Leute, aber das Wetter ist immer noch der entscheidende Faktor.“
Er geht zwar davon aus, dass einige Parzellen noch rechtzeitig angelegt werden können, aber nicht alle, sodass das Gesamtvolumen in dieser Saison voraussichtlich geringer ausfallen wird. Will geht jedoch davon aus, dass es zu einer Verschiebung bei der Ernte kommen wird. „Die Parzellen, die später angelegt werden, werden auch später in die Produktion gehen. Der Spargel, der Mitte April geerntet werden sollte, wird jetzt wahrscheinlich zwei Wochen später in die Produktion gehen.“
VERLAGERUNG ANS ENDE DER SAISON
Obwohl sich die Ernte dadurch mehr zum Ende der Saison hin verlagert, ist das nach Ansicht des Spargelanbauers nicht unbedingt ein Problem. „Gegen Ende der Saison ist die Nachfrage nicht schlecht, aber die späte Ernte – von der dritten Maiwoche bis zum Ende der Saison – ist etwas, worauf sich die Branche in den letzten Jahren weniger konzentriert hat. Das könnte sich in diesem Jahr ändern.“
Aufgrund dieser Umstände erwartet Will, dass das Angebot hinter der Nachfrage zurückbleiben wird. Dies ist übrigens eine strukturelle Entwicklung, die sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen werde, wie er betont. „Wir haben es in ganz Europa mit rückläufigen Anbauflächen zu tun, das heißt, das Angebot
ist – abgesehen von einer möglichen Erntespitze aufgrund des warmen Wetters – strukturell rückläufig und hat auch in diesem Jahr nicht zugenommen. Insgesamt erwarte ich eine gute Preisentwicklung und eher mehr Nachfrage als Angebot.“
ANBAU WIRD IMMER SPANNENDER
Den Rückgang der Anbaufläche führt der Spargelanbauer auf die wachsenden Herausforderungen im Spargelanbau zurück. „Der Anbau wird immer spannender und anspruchsvoller. Neben dem Wetter gibt es Herausforderungen in Bezug auf Gesetze und Vorschriften, die Launen der Behörden, die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und die steigenden Kosten. Für Kleinunternehmer, die alles selbst machen müssen, wird das immer schwieriger. Für eine kleinere Organisation werden die Herausforderungen immer mehr
zu einer Belastung, was auch bedeutet, dass die Freude am Anbau verloren geht. Diese Entwicklung beobachten wir nicht nur hier, sondern in allen europäischen Spargelanbauländern.“
Will sieht, dass der Spargelanbau in diesen schwierigen Zeiten eine professionelle Organisation erfordert. „Bei einem Betrieb einer gewissen Größe kann man die richtigen Leute mit der entsprechenden Ausbildung und Erfahrung an der richtigen Stelle einsetzen, um die Herausforderungen anzugehen. Es geht vor allem darum, organisatorisch und finanziell schlagkräftig genug zu sein, um die Herausforderungen zu meistern. Um ein Unternehmen zukunftsfähig zu machen, sind heute enorme Investitionen notwendig, und man muss in der Lage sein, diese verantwortungsvoll zu tätigen.“
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Dennoch blickt Will optimistisch in die Zukunft. „Die Bedingungen sind sehr schwierig, aber oft sind die schwierigsten Jahre nicht die finanziell schlechtesten Jahre.“ Einen Vorteil sieht er auch in dem zunehmenden Trend, Partnerschaften in der Kette einzugehen. „Wenn man dann Investitionen tätigt, weiß man, dass Kunden die Produkte auch kaufen. Die Zeiten, in denen man nur produziert und darauf wartet, dass das Produkt seinen Weg auf den Markt findet, sind vorbei. Wer mit dieser Einstellung auf den Markt geht, wird Probleme bekommen, sowohl auf der Erzeuger- als auch auf der Abnehmerseite. Schließlich wollen auch die Einzelhändler ein gefülltes Regal haben, und das ist keine Selbstverständlichkeit mehr.“
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Trotz eines gewissen Rückgangs der Anbauflächen ist Spargel in Italien
nach wie vor das wichtigste Erzeugnis
Auch die Exporte nehmen zu, obwohl die nationale Produktion den Inlandsverbrauch nicht deckt. Der Anbau wird in zwei Arten unterteilt: weißer Spargel in Norditalien und grüner Spargel in Mittelund Süditalien. Der Rückgang der Spargelanbaufläche in Italien scheint eine Fortsetzung des Trends des letzten Jahres zu sein. Die Gesamtanbaufläche wird für die laufende Saison auf etwa 8.100 Hektar geschätzt, was einem Rückgang von vier Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht. (Quelle: CSO Italien).
“Starke
Regenfälle in den Wintermonaten”, erklärt CSO Italien, “haben die Feldarbeiten behindert und verzögert, und im März gab es viele Wetter- und Temperaturschwankungen. Ein Großteil des bis Mitte März verfügbaren italienischen Erzeugnisses stammte aus Kulturen, die unter Dach angebaut wurden, vor allem in Kampanien, das ausgezeichnete Fortschritte macht, und in geringerem
Maße in Venetien und Latium. Danach begann die Produktion im Freiland.”
Die Preise waren bis Ostern sehr gut und sind seither auf einem guten Niveau geblieben. Der größte Teil des in Italien geernteten Spargels wird normalerweise auf dem heimischen Markt verkauft. Die Importe lagen im vergangenen Jahr mit weniger als 4.000 Tonnen leicht unter
dem Durchschnitt der Vorjahre und finden in der Regel zwischen März und Mai statt, wobei der Schwerpunkt im April liegt.
Paolo Brotto, Erzeuger aus der Region Venetien: „Die Produktion in Norditalien war dieses Jahr nicht sehr gut. Bis zum 8. April waren die Mengen eher gering und die Preise sehr hoch. Der weiße Spargel mit der g.U. Bassano, dessen Vorsitzender des Konsortiums ich bin, ist ein historisches Produkt, dessen erste Aufzeichnungen auf die Republik Venedig bis Mitte des 15. Jahrhunderts zurückgehen. Die Großhandelspreise lagen von Mitte März bis zum 8. April bei 13-14 EUR pro Kilo. Es handelt sich um einen sehr charakteristischen, weißen Spargel. Wenn die Mengen steigen, werden wir auch Absatzkanäle im Ausland haben, und das
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Land, in dem wir am meisten verkaufen, ist Japan.“
„Trotz des starken Absatzes auf dem heimischen Markt“, so CSO Italien, „sind die italienischen Spargelexporte über die Jahre hinweg gut gewachsen, wobei die Mengen im Jahr 2021 und zuletzt im Jahr 2023 10.000 Tonnen übersteigen werden. Vor etwa zehn Jahren lagen die Gesamtexporte bei etwa 6.000 Tonnen.“
„Obwohl Deutschland der führende Produzent und Importeur in Europa ist, ist es traditionell der erste Markt für italienische Exporte. Auch in den Nachbarländern wie Österreich und der Schweiz ist der Spargel gut platziert. In den letzten Jahren entfielen 70 Prozent des grenzüberschreitenden Absatzes auf diese drei Destinationen. Im Jahr 2023 wurden gute Mengen nach Kroatien und Slowenien, in die skandinavischen Länder und einige osteuropäische Länder exportiert.“
„Betrachtet man den deutschen Markt“, so CSO Italien, „so liegen die Spargelimporte aus Italien nach Deutschland bei 20-25.000 Tonnen. Allerdings übertreffen die Lieferungen aus Spanien die aus
Griechenland, und zusammen machen sie etwa 60 Prozent der jährlichen deutschen Importe aus. Dahinter folgen die Niederlande und Italien, die kürzlich einen Anteil von 20 Prozent erreicht haben. Unter den anderen Lieferanten, die mehr als 30 Länder umfassen, gewinnt Mexiko auf Kosten von Peru an Boden.“ Die Schweiz importiert fast 10.000 Tonnen Spargel pro Jahr. Auch hier sind spanische Produkte mit fast 50 Prozent des Jahresvolumens marktführend. Im Laufe der Jahre hat sich Italien allmählich etabliert und erreichte in den letzten Saisons einen Anteil von zehn bis 15 Prozent der Gesamtmenge.
Österreichs Spargelimporte sind mit rund 2.500 Tonnen wesentlich geringer, was zum Teil auf die begrenzte Zahl der Lieferanten zurückzuführen ist. Italien ist seit jeher der Hauptlieferant, mit einem jährlichen Volumen von annähernd oder in manchen Saisons sogar über 40 Prozent der Gesamtmenge.
ITALIENISCHE REGIONEN
Was die Anbaufläche betrifft, so verfügt Apulien (die flächenmäßig größte italienische Region) über etwa 3.000 Hek-
tar, was einen Rückgang um zehn Prozent gegenüber dem Jahr 2023 bedeutet. Im Gegensatz dazu wird Kampanien seine Anbaufläche voraussichtlich um mehr als 800 Hektar (+10 Prozent) ausweiten. In Mittelitalien hat Latium für das Jahr 2023 knapp 700 Hektar vorgesehen. Die benachbarte Region Toskana hat eine viel kleinere Fläche (rund 200 Hektar). Auch die Fläche auf Sardinien ist mit über 300 Hektar unverändert.
Im Norden scheint der Anbau stabil zu sein. Venetien dominiert und liegt mit mehr als 1.800 Hektar im Jahr 2024 auf nationaler Ebene an zweiter Stelle nach Apulien. Friaul-Julisch-Venetien und Trentino-Südtirol sind kleinere Anbaugebiete mit jeweils 250 und 100 Hektar. Die Erzeuger im Nordosten bevorzugen traditionell weißen Spargel gegenüber grünem Spargel. Ebenfalls im Norden liegen die Emilia-Romagna, wo die Anbaufläche sehr leicht zurückgegangen ist (ca. 600 Hektar), und das Piemont, wo die Anbaufläche ebenfalls weiter abnimmt (ca. 250 Hektar).
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Rick Mengers, ZON:
„Aufgrund des nassen Wetters verzögert sich der Spargelanbau um einen Monat“
“Die Ernte in den beheizten Gewächshäusern und im Freiland auf den höher gelegenen Parzellen, die weniger vom hohen Grundwasserspiegel betroffen sind, kommt in Gang”, erklärt Rick Mengers von Zon das bescheidene Spargelangebot Anfang April. Der viele Regen in den letzten Monaten hat nach Ricks Einschätzung dazu geführt, dass viele traditionelle Erzeuger noch nicht mit dem Anlegen der Dämme begonnen haben, was sich natürlich auf die Menge auswirkt. “Diese Produktion wird erst gegen Ende April beginnen, was eine Verzögerung von etwa einem Monat bedeutet. Ich rechne jedoch damit, dass die Produktion aus den letzten Minitunneln das Angebot in den kommenden Wochen etwas erhöhen wird.”
Insgesamt geht Rick davon aus, dass die Ernteverzögerung den meisten Landwirten eine lange Saison bescheren wird, in der es keine großen Spitzen geben
wird – es sei denn, das Wetter wechselt schnell zu sommerlichen Temperaturen. “Das wäre ähnlich wie in der Saison des Vorjahres. Eine lange Saison ist norma-
lerweise keine schlechte Saison, und wenn die Preise gut sind, sind die Landwirte durchaus bereit, länger zu arbeiten. Irgendwann werden diese Kilos also kommen.”
Eine weitere Folge des Wetters ist Rick zufolge, dass die einjährigen Pflanzen in dieser Saison nicht gestochen werden. „Das hat mit den vielen Niederschlägen und der Qualität zu tun. Da Spargel im ersten Jahr nur ein oder zwei Wochen lang gestochen wird, macht das für die Gesamterntemenge keinen großen Unterschied.“
NOCH KEIN SPARGELWETTER Während sich das Angebot aufgrund des Wetters etwas verzögert hat, stellt Rick fest, dass dies auch für die Nachfrage gilt. „Die Nachfrage zu Ostern war durchwach-
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sen und nicht ganz so, wie wir erwartet hatten, aber insgesamt sind wir mit dem Ostergeschäft zufrieden. Die Nachfrage des Einzelhandels ist zwar sehr gut, aber wir brauchen noch etwas besseres Wetter, um die Nachfrage der Handelskunden zu steigern. Es ist noch nicht wirklich sonniges Spargelwetter.“
Rick bemerkt, dass der Spargelanbau zunehmend automatisiert wird, unter anderem, um den Wegfall der Zulassung verschiedener Pflanzenschutzmittel zu kompensieren. „Die Zahl der zugelassenen Pflanzenschutzmittel nimmt ab, vor allem gegen Unkräuter gibt es nur noch wenige gute Mittel auf dem Markt. Deshalb der Schritt zur Mechanisierung.“
ERNTEMASCHINE IN FÜNF JAHREN?
Auch die maschinelle Spargelernte befindet sich in der Erprobung. „Diese Versuche laufen seit etwa vier Jahren, und jedes Jahr gibt es einige Neuerungen. Die Entwicklung wird vorangetrieben durch die Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung und die hohen Lohnkosten für die
Erzeuger. Spargelstechen ist kein beliebter Beruf. In den letzten Jahren ist es der Branche einigermaßen gelungen, die erfahrenen Arbeitskräfte der letzten Jahre zu halten, aber sobald auch diese ausfallen, wird es ziemlich schwierig, den Spargel zu einem normalen Selbstkostenpreis aus dem Boden zu holen.“ Rick rechnet daher mit einem verstärkten Einsatz von Erntemaschinen und geht davon aus, dass sich diese in etwa fünf Jahren durchsetzen werden.
In vielen europäischen Ländern – mit Ausnahme von Frankreich und Italien – ist die Spargelanbaufläche rückläufig, so auch in den Niederlanden. „Durch die Überalterung geht sie jedes Jahr zurück. Glücklicherweise taucht hin und wieder ein Hoffnungsträger auf, der sich noch an den Spargelanbau heranwagt. Diese Leute brauchen wir dringend, um in den Niederlanden noch eine akzeptable Anbaufläche zu haben. Mit diesen jungen Erzeugern sehe ich eine gewisse Ausweitung der Anbaufläche, ob das allerdings die Anbaufläche der alternden Erzeu-
ger ausgleichen kann, bleibt abzuwarten.“ Das ändert aber nichts daran, dass Rick noch viele Möglichkeiten für dieses saisonale Produkt sieht. „Wenn der Kostenpreis nicht zu sehr steigt, ist es immer noch ein sehr gutes Produkt in Bezug auf den Ertrag.“
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Mirko Tiemann von der Kirchdorfer Spargel & Beerenfrüchte GmbH & Co. KG:
„Wir streben aus Effizienz- und Kostengründen eine weitere Mechanisierung unserer Spargelproduktion an“
Kurz vor Ostern konnten auf den verfrühten Anlagen der Erzeuger der Firma Kirchdorfer Spargel & Beerenfrüchte in Niedersachsen sowie Brandenburg erste Mengen an Bleichspargel gestochen werden. In der ersten Aprilwoche waren etwa zehn bis 15 Prozent des gesamten Spargelareals bereit für die Ernte, so Mirko Tiemann, Vertriebsleiter beim Unternehmen. Trotz überflüssigen Niederschlägen und Staunässe auf einigen Feldern sei die diesjährige Spargelernte recht gut angelaufen, sagt er. “Bedingt durch den Regen und die fehlende Sonne kommt die Saison etwas später in Schwung. Sowohl das Angebot als auch die Nachfrage im Handel ist aktuell noch relativ verhalten und es werden noch keine richtigen Mengen gezogen.”
“Wir befinden uns derzeit in den ersten Zügen, deshalb können wir genaue Prognosen zu den Mengen und Qualitäten noch nicht abgeben”, fährt Tiemann fort. “Dennoch haben wir bisher einen hohen Anteil an Klasse I-Ware der Standardsortierung 22-28 ernten können. Für die Jumbo-Sortierung (>28) sowie größere Mengen an Klasse II-Stangen ist es allerdings noch zu früh.”
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Die Kirchdorfer Spargel & Beerenfrüchte GmbH & Co. KG ist eines von mehreren
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Geschäftsführer Heinrich Thiermann von Kirchdorfer
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Vermarktungsunternehmen der Erzeugerorganisation Spargel & Beerenfrüchte GmbH Brandenburg. Sie vermarktet Spargel und Beerenfrüchte von Erzeugern vornehmlich in Niedersachsen und Brandenburg. Die Kirchdorfer Spargel & Beerenfrüchte GmbH & Co. KG handelt insbesondere in Nord- und Westdeutschland und teilweise auch im Großraum Berlin, wo sie alle namhaften Discounter, den Lebensmitteleinzelhandel und spezialisierte Großhandels- und Cateringbetriebe beliefert. Das Unternehmen führt ein breites Sortenspektrum, bestehend aus Neuem sowie Altbewährtem. „Eine neue, vielversprechende Sorte in unserem Portfolio ist die Sorte Prius, die wir bereits in marktrelevanten Mengen ernten können. Wir sind auch entsprechend bemüht, die Anbaufläche in den kommenden Jahren zu erweitern. Auch die Sorte Rakete haben wir nun im Versuchsanbau und werden sie kommerziell anpflanzen. Außerdem bauen wir mehrere, bereits etablierte Sorten aus dem Hause Limgroup an. Bis auf ein, zwei Sorten, die sich nicht wirklich durchsetzen konnten, haben wir bislang auf Sortenebene noch keine große Enttäuschung verschmerzen müssen.“ Preislich sieht Tiemann nur minimale Preisdifferenzen zwischen den einzelnen Sorten im Handel.
Insgesamt liege der Preis etwa auf dem Niveau vom letzten Jahr, fährt Tiemann fort. „Die großen Baustellen sind nach wie vor der Mindestlohn gepaart mit den hohen Logistikkosten und der Mauterhöhung. Gleichzeitig können wir unsere Preise natürlich nicht unbegrenzt anziehen, weshalb wir gezwungen sind, die Effizienz im Anbau zu steigern. Das heißt in der Praxis beispielsweise, dass wir gewisse Anlagen, die für den Spargelan-
bau weniger geeignet sind, mit anderen Kulturen bepflanzen. Wir haben dabei den Vorteil, dass wir auch Ackerbau betreiben.“
GRÜNSPARGEL EINDEUTIG IM TREND Neben Bleichspargel widmet sich das Unternehmen ebenfalls dem Anbau des Grünspargels, der in der Regel ebenfalls bis Johannistag vermarktet wird. Die Grünspargelsorte Xenolim könne zurzeit bereits geerntet werden. Tiemann: „Noch ist der Grünspargelanbau ein relativ kleiner Bereich und repräsentiert circa zehn bis 15 Prozent unserer gesamten Spargelproduktion. Wir stellen aber fest, dass der Grünspargel von Jahr zu Jahr an Bedeutung gewinnt. Man muss allerdings dazu sagen, dass die regionale Herkunft im Verhältnis zum Bleichspargel eher eine kleinere Rolle spielt. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass während der deutschen Saison noch viel Ware aus Übersee und Spanien gehandelt wird. Des Weiteren stellen wir fest, dass der Artikel vor allem bei der jüngeren Generation sehr begehrt ist, vermutlich aufgrund der einfachen Zubereitung. Dementsprechend werden wir versuchen, unsere Grünspargelproduktion in den kommenden Jahren weiter auszubauen.“
Zusätzlich zu den ganzen Stangen bietet man ebenfalls geschälten und Convenience-Spargel an. Letzterer Artikel habe sich Tiemann zufolge eher als Nischenprodukt etabliert. „Mit unserem Pfannenspargel, sprich verzehrfertigen weißen und grünen Spargelstücken, sind wir gut aufgestellt und wollen den sich ändernden Essgewohnheiten gerecht werden. Währenddessen sehen wir einen steigenden Bedarf an geschältem Spargel, der überwiegend in 400 oder 500 Gramm-Ein-
heiten angeboten wird. Bei ungeschältem Spargel sind zusätzlich 1 und 1,5 kg Großgebinde vorzufinden. Speziell für die Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung bieten wir zudem auch noch 5 kg-Einheiten an.“
Insgesamt blickt der Anbau- und Handelsbetrieb der Zukunft zuversichtlich entgegen. „Wir schätzen, dass der Grünspargel weiter zulegen wird. Derweil ist es unsere Aufgabe, auch den Bleichspargel weiterhin attraktiv zu bewerben, sodass er nicht zu sehr an Relevanz einbüßt. Auf Produktionsebene streben wir aus Effizienz- und Kostengründen eine weitere Mechanisierung unserer Arbeitsabläufe an. Obwohl wir im Anbau die Spargel Spinne bereits im großen Stil einsetzen, ist es verhältnismäßig in der Nacherntephase, sprich in der Aufbereitung und Verpackung, einfacher, neue Technik in die Tat umzusetzen. Hier sind wir im regen Austausch mit den Branchenzulieferern. Gravierende Neuheiten oder Veränderungen gab es in letzter Zeit nicht. Wir haben vorrangig Investitionen in kleinere Optimierungen an den Anlagen, zum Beispiel an unseren Schälmaschinen, getätigt“, heißt es abschließend.
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Die Biopioniere: Packnatur® eröffnet vierte Produktionshalle für die Erzeugung von holzbasierten Netzverpackungen
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Mit der Inbetriebnahme der vierten Produktionshalle für die Erzeugung von holzbasierten Netzverpackungen im österreichischen Werk in Neudau baut Packnatur® seine internationale Qualitäts- und Marktführerschaft weiter aus. Packnatur® Cellulosenetzschläuche sind eine kompostierbare Alternative zu Plastik, die 1:1 auf bestehenden Abpackmaschinen einsetzbar ist.
Die Idee geht auf Firmengründer Helmut Meininger zurück, der sich seit mehr als 30 Jahren der Entwicklung von biogenen Verpackungsalternativen gewidmet hat und für diese Idee 2018 in Australien mit dem WorldStar Packaging Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde. In nur wenigen Jahren wurde diese Verpackungsinnovation „State of the Art“ in der internationalen Verpackungsbranche.
Manfred Kern, Geschäftsführer von Packnatur® Neudau, zeichnet für den Aufbau der industriellen Produktion verantwortlich. Modernste Maschinen, erweitert um Versuchsmaschinen für Neuentwicklungen, erzeugen rund 20 mio Verpackungseinheiten pro Monat, v.a. für die Verpackung von frischem Obst und Gemüse wie z.B. Kartoffeln oder Zitrusfrüchten.
Mengenanforderungen großer Handelsketten erfüllen Herr Ing.Kern, was hat Sie an der Idee fasziniert und Sie dazu bewogen, mit Herrn Meininger zusammenzuarbeiten? Wie behält eine europäische Produktion die Nase vorne?
M.Kern: „Vor ca. 20 Jahren ist Hr. Meininger an mich, zu dieser Zeit CEO einer großen Spinnerei, herangetreten. Er suchte für ein neues
Packnatur® Cellulosenetzschläuche und Griffschutznetze, Foto: Marija Kanižaj
Produkt ein Viskosegarn und wollte damit Plastikverpackung substituieren. Die Idee begeisterte mich und gemeinsam mit der Firma Lenzing, einem der weltweit größten Faserproduzen, entwickelten wir von der Faser bis zum Garn das richtige, für Lebensmittel korrekt zertifizierte Produkt, aus „Lenzing Modal Color“. Nachdem das biologisch abbaubare Netz erfolgreich am Markt aufgenommen wurde, war die Produktionskapazität für die Erzeugung der Netzschläuche jedoch sehr limitiert. So wurde die Entscheidung getroffen, eine eigene Produktion am Standort hier in Neudau aufzubauen. Zwischenzeitlich konnte bereits die vierte Ausbaustufe abgeschlossen werden, somit wir nun in der Lage sind, die Mengenanforderungen großer Handelsketten erfüllen zu können. Kontrollierte höchste Qualität, verbunden mit optimalem Lieferservice rechtfertigen einen europäischen Produktionsstandort. Es wird hier eine neue Symbiose zwischen zwei Grundelementen - Lebensmittel und Textil - erreicht.“
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Markus Kainer ist geschäftsführend für den internationalen Vertrieb der Packnatur® Cellulose- Netzschläuche verantwortlich, die nicht nur in ganz Europa nachgefragt werden, sondern beispielsweise auch erfolgreich in den USA und Neuseeland in den Markt eingeführt werden konnten. Am 6.2.2024 konnte Packnatur® zusammen mit seinem US-Vertriebspartner Jac Vandenberg beim internationalen PAC Award in New York den „Best in Class“ Sustainable Package Design Award“ entgegennehmen.
Herr Kainer, die Idee ist eine Rückbesinnung auf ein „altes“ Verfahren, wie es früher zur Erzeugung von Verbandmaterialien eingesetzt wurde. Innerhalb von nur zehn Jahren hat sich das Produkt international erfolgreich durchsetzen können. Worin liegt der große Unterschied zu Plastik, was kann die biogene Verpackung alles und wie profitiert die Umwelt davon?
150 AGF Primeur 4 • 2024 Advertorial
Manfred Kern und Markus Kainer, Foto: Marija Kanižaj
M.Kainer: „Als Pionier in der holzbasierten Netzverpackung haben wir in jahrelanger Arbeit die Basis gelegt, von der nun eine gesamte Industrie und vor allem Endkonsument*innen quer über den Globus profitieren können. Von Forschung und Entwicklung, über die ersten rudimentären Testprodukte, bis hin zu einer serienreifen Produktion, sowie mit, vor allem zu Beginn, intensiver Überzeugungsund Marketingarbeit bei Supermarktketten und Abpackbetrieben, konnte ein langer und intensiver Prozess als massenfähiger Standard etabliert werden. Als Markt- und Qualitätsführer geht es uns vor allem auch darum, unseren Partner*innen und Kund*innen den höchsten Level an Servicebereitschaft, Liefersicherheit und Preiswürdigkeit zu bieten. Die Marke Packnatur® steht für den höchsten ökologischen Standard. Durchforstungsholz aus FSC® oder PEFC zertifizierten mitteleuropäischen Buchenwäldern wird von der österreichischen Lenzing AG, Marktführer ökologischer Cellulosefaserproduktion, zu spinngefärbten Fasern weiterverarbeitet. Buchenwälder sind Primärwälder die sich selbst regenerieren. Gegenüber konventioneller, nachträglicher Färbung werden in der Spinnfärbung nur 20% Farbpigmente benötigt. Diese Technologie punktet auch mit hohen Einsparungen während des gesamten Prozesses: 64% weniger Wasserverbrauch, 90% geringerer Chemikalieneinsatz, 20% Energieeinsparung, 62% geringerer Heizungsaufwand und 64% weniger Abwasser. Durch die 100%ige Integration der Farbpigmente in die Faser ist die Lebensmittelechtheit der Netze garantiert. Das Netz kann in Form von schmalen und weiten Manschetten oder als Rollenware angeboten werden. Damit kann Packnatur® Neudau so gut wie jedem Abpackbetrieb weltweit die geeignete Netzlösung aus Cellulose anbieten, ohne dass große Umstellungen an den Abpackmaschinen notwendig wären. Die Cellulose Faser ist innerhalb von 12 Wochen biologisch abbaubar und sogar im Kompost zu Hause kompostierbar. Sie ist vollständig rückstands- und petrochemiefrei. Selbstverständlich enthält sie kein Mikroplastik und sollte sie tatsächlich einmal im Meerwasser landen, wird sie auch dort kompostiert. Zudem hält das natürliche Netz die darin verpack-
te Ware 2-3 Tage länger frisch. In unserem Kompetenzzentrum für textile Verpackungen werden Produktdiversifikationen entwickelt, die noch mehr Kund*innen aus verschiedensten Einsatzbereichen ermöglichen, ihre Produkte in Cellulose-Netz ökologisch zu verpacken. Immer mehr Kund*innen entdecken das Netz als extrem materialsparende, ökologische Verpackungslösung auch für andere Einsatzbereiche und steigen von Plastik auf Holz um. Nicht nur Obst & Gemüse, auch Süßwaren, Meeresfrüchte, Tierfutter oder Kosmetik- und Wellnessprodukte sehen gut darin aus. Mit unserem Mehrweg-Sortiment „The Wood One“ können wir unseren Kund*innen zusätzlich attraktive Designlösungen für Beutel und Tragtaschen anbieten.“
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Packnatur® Mehrwegbeutel und Tragtaschen, Foto: Marija Kanižaj
Ocean Harvest Bag™ powered by Packnatur®, Foto: Ocean Farm Supply, USAPhoto: Ocean Farm Supply, USA
Innovative Industrie: Holzfaser ersetzt Plastiknetz, Foto: Marija Kanižaj
Experience Fruit Quality und OneThird
Big Data und AI zur Bestimmung des Reifegrads von Avocados, auch auf Verbraucherebene
Die Avocado ist eine der am schwersten zu durchschauenden Früchte, was den Reifegrad betrifft. Auch die Verbraucher tun sich schwer damit. Wie oft endet das Aufschneiden zu Hause mit einer Enttäuschung: zu hart, zu weich, eine faule Stelle? Will die Branche ihren Absatz halten, muss sie darauf eine Antwort finden. Gelingt ihr das, gibt es einen weiteren Vorteil: weniger Lebensmittelabfälle.
Marco de Jong, Gründer von Experience Data (Muttergesellschaft Experience Fruit Quality), einem Unternehmen, das mit Daten, maschinellem Lernen und KI arbeitet, um unter anderem Logistikdienstleister, Maschinenbauer und Versicherer bei ihrer Arbeit zu unterstützen, warf vor etwa fünf Jahren einen Blick auf diese Obstsorte, die ihre innersten Geheimnisse nicht so leicht preisgibt. „Ich komme aus dem Westland, die Obst- und Gemüsewelt ist mir also nicht fremd. Ich habe Geschichten darüber gehört, wie schwierig es ist, genau zu wissen, was in einer Avocado steckt. Man kann nicht immer von außen sehen, was in ihrem
Inneren vor sich geht. Dieses Problem wollte ich mithilfe von Vision Technology und Daten lösen”, sagt Marco.
DATENGESTEUERT
Generell sammelt Experience Fruit Quality (EFQ), ein Dienstleister für die Obstund Gemüsebranche, eine Vielzahl von Daten zu verschiedenen Zeitpunkten in der Kette und verknüpft sie miteinander, um letztlich die Qualität und den Reifegrad einer bestimmten Partie Avocados (oder Mangos, oder Bananen) für die folgenden Tage vorherzusagen. Das datengestützte Arbeiten bietet an verschiedenen Stellen der Kette Vorteile: Wann ist
der optimale Zeitpunkt, um die Reifung zu stoppen? Soll die Partie sortiert werden oder ist das nicht notwendig?
EFQ hat bereits wertvolle Erkenntnisse für die Avocado-Branche gesammelt und dabei verschiedene Parameter berücksichtigt, die die Entwicklung der Frucht beeinflussen, wie Sorte, Anbaugebiet, Erntezeitpunkt und Lagerbedingungen. „Es braucht Zeit, diese Daten zu erstellen“, weiß Marco, „und das vergessen wir oft, wenn wir über KI sprechen. Wenn ich mir den Markt ansehe, gibt es nur sehr wenige Unternehmen, die sich dessen bewusst sind und jetzt auch gezielt in die Datenerfassung investieren.“
QC-SOFTWARE EYE ON FRUIT Zu diesem Zweck hat EFQ eine eigene Software-Plattform entwickelt: EYE on Fruit. „Oft gibt es genügend Informationen, aber sie sind an verschiedenen Stellen verstreut: Qualität in System A, logistische Bewegungen in System B,
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Transportbedingungen in System C, und dann gibt es noch Daten über den Sortierprozess, den Verkauf, den Kunden, den Lieferanten, die Reifezelle und so weiter. EYE on Fruit verknüpft all diese Daten miteinander, einschließlich der oft übersehenen Kontextinformationen. Das Ergebnis ist eine vollständige Rückverfolgbarkeit jeder einzelnen Partie.“
Neben den qualitativen Verbesserungen setzt EYE on Fruit auch auf eine Effizienzsteigerung der QC-Prozesse. „Durch das Einlesen von Packlisten, das Scannen von Etiketten und die Fotoerkennung minimieren wir zum Beispiel den Zeitaufwand des QCPersonals für die Erfassung, sodass mehr Zeit für die richtigen Entscheidungen im Kernprozess bleibt.“
Wenn jedes Mal die richtigen Entscheidungen getroffen werden, kann der Verbraucher zu Hause eine Avocado genießen, die seinen Erwartungen entspricht. „Das Problem des Verderbs in den Haushalten ist ziemlich unsichtbar, da nur wenige Verbraucher mit einer verdorbenen Avocado in den Supermarkt zurückkehren. Aber wir wissen nun einmal, dass viele Avocados im Müll landen. Wenn wir die Qualität verbessern, gibt es weniger
Lebensmittelverschwendung und mehr Wiederholungskäufe. Mit anderen Worten: Das Potenzial des Avocado-Marktes ist immer noch sehr groß, vielleicht in der Größenordnung von 30 Prozent.“
Wenn sich der Verbrauch nicht ändert, wird es außerdem bald eine Überproduktion von Avocados geben, sagt Marco. „In Australien haben Untersuchungen gezeigt, dass Avocados weniger gedrückt werden, wenn man die Verbraucher besser informiert und tatsächlich das Versprochene liefert, die Verschwendung beim Verbraucher zu Hause deutlich zurückgeht und dass die Supermärkte bis zu 30 Prozent mehr Avocados verkaufen. Wir müssen die Unternehmen mit unserem Beitrag dazu bringen, an diese positive Geschichte zu glauben.“
VERFOLGUNG VON OBST IM VERLAUF
Die QC-Software von EFQ ist ein operatives Qualitätssystem mit intelligenten Integrationsmöglichkeiten für alle Obstsorten. „Das Einzigartige an EYE on Fruit ist die Möglichkeit, Obst im Verlauf zu verfolgen, was einer Obstorganisation intern bei verschiedenen Prozessschritten oder zuvor extern in der Lieferkette helfen kann.“
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Marco de Jong, Experience Fruit Quality
Für die eigentliche Qualitätskontrolle von Avocados, Kiwis und Kernobst hat EFQ das AVOS mini entwickelt: ein intelligentes Gerät, mit dem Obstinspektoren den Reifegrad und die Qualität von Avocados in nur vier Sekunden beurteilen können.
Es misst Farbe, Festigkeit, Gewicht und Qualität ohne Beschädigung der Frucht. Darüber hinaus liefert das Gerät wertvolle Daten über den Reifegrad und die Qualität an das umfassende Managementsystem von EFQ.
ONETHIRD
Auch OneThird hat ein praktisches Gerät zur nicht-invasiven Bestimmung des Reifegrads von Avocados. Das Unternehmen aus Enschede hat sich zum Ziel gesetzt, die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren. Das macht schon der Name des Technologieanbieters deutlich. „Ein Drittel der produzierten Lebensmittel wird jedes Jahr verschwendet. 40 Prozent davon sind Obst und Gemüse“, weiß Marco Snikkers.
„Auch in den Haushalten werden viele Lebensmittel weggeworfen. Wenn wir die Verbraucher besser über den Reifegrad der Avocados informieren können, die sie mit nach Hause nehmen, sind wir schon ein gutes Stück weiter. Auf Basis der Infrarotspektroskopie haben wir ein handliches Gerät entwickelt, mit dem der Verbraucher im Supermarkt jede Avocado einzeln scannen kann und auf dem Display sofort sieht, ob die Frucht readyto-eat weich (gut für Guacamole), readyto-eat fest (verwendbar für Salate oder Guacamole), hart (sollte noch ein paar Tage liegen) oder weich (sollte noch heute gegessen werden) ist“, erklärt Marco.
ZWEI BIS DREI ZENTIMETER TIEF
Der Scanner steht mittlerweile in mehr als zehn Jumbo-Supermärkten, darunter auch in zwei Filialen in Belgien. Die Infrarotstrahlung dringt bis zum Kern der Avocado vor, etwa zwei bis drei Zentimeter tief. Es wird ein molekularer Fingerabdruck der in der Frucht enthaltenen Stoffe wie Wasser, Zucker, Öle und Stärke erstellt. Mithilfe von KI-Algorithmen, die die Verhältnisse dieser Moleküle auswerten, sowie einer umfangreichen, über Jahre aufgebauten Datenbank kann der Reifegrad der Avocado unter dem Scanner in kürzester Zeit bestimmt werden.
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Die Avocado-Scanner stehen in zehn Jumbo-Supermärkten.
Auch verpackte Avocados können gescannt werden, da die Infrarotstrahlung direkt durch die Verpackung dringt. Mit einer Genauigkeit von 90 bis 95 Prozent lässt sich auf den Tag genau vorhersagen, wie lange die Avocado noch gut sein wird, sagt Marco. „Die schlechten Avocados werden liegen bleiben, aber wir sehen anhand der Daten, dass diese Verschwendung abnimmt, weil die Kunden im Gegensatz zu früher mehr verzehrfertige Avocados kaufen“, erklärt Marco.
„JEDE
AVOCADO IST EINZIGARTIG“
Da die Scanner mit der Cloud von OneThird verbunden sind, liefern sie dem Technologieunternehmen wertvolle Informationen. „Es stellt sich zum Beispiel heraus, dass oft alle vier Kategorien im Regal liegen. Obwohl die Reifung in der Reifekammer ziemlich präzise erfolgt, ist eine aus einer Reiferei kommende Partie leider nicht immer einheitlich. Jede Avocado ist immer noch einzigartig. Das spiegelt sich auch in den Daten wider. Man kann das aber auch als Vorteil sehen: So hat der Verbraucher die freie Wahl.“
Dennoch ist es das Ziel, die Unterschiede so gering wie möglich zu halten. „Die
meisten unserer Systeme zur Vorhersage der Haltbarkeit befinden sich innerhalb der Kette: beim Erzeuger oder in den Vertriebszentren, zum Beispiel für Tomaten oder Erdbeeren, oder bei den Importeuren, zum Beispiel für Avocados. Auch Einzelhändler nutzen sie. Bei Erdbeeren verhindern die beschädigungsfreien Messsysteme rund ein Viertel der Verluste, bei Avocados werden mengenmäßig rund zehn Prozent mehr verkauft. Die Hälfte der Verluste bei Avocados kann auch im Laden selbst vermieden werden, obwohl der Anteil der Verluste im Laden relativ gering ist, wenn man die gesamte Kette betrachtet.“
TRANSPARENZ IN DER KETTE
In der Avocadokette sind die meisten Kunden von OneThird Reifereien. „Avocados kommen ungereift in Europa an und werden oft halbiert, um den Reifegrad zu bestimmen und das Reifungsprogramm entsprechend anzupassen. Jetzt kann das auch nicht-destruktiv gemacht werden. Die Anwendung im Laden ist eigentlich von unserem System auf der Ebene des Betriebszentrums abgeleitet“, so Marco.
Der Algorithmus erkennt die verschiedenen Sorten und behandelt sie unterschiedlich. „Aber in der Reiferei oder im Betriebszentrum geben wir natürlich die Sorte und das Herkunftsland ein. Auf Ladenebene ist diese Funktion nützlich, denn man kann nicht vom Verbraucher verlangen, dass er beim Scannen der Avocado zuerst den Namen der Sorte eingibt.“
Das ultimative Ziel, so Marco, ist es, diese Daten für alle Beteiligten in der Kette transparent zu machen. „Das System liefert auch dem Einzelhändler aussagekräftige Informationen, da es Einblicke zur Beantwortung verschiedener Fragen liefert: Kaufen wir richtig ein? Ist der Vertrieb richtig? Sollten wir weniger reife oder reifere Früchte kaufen?“ schließt Marco und fügt hinzu, dass die Scan-Lösung auch für weniger große Importeure interessant sein kann, da der Lizenzpreis mMengenabhängig ist.
marco@experiencefruitquality.nl
marco@onethird.io
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Lazy Foods testet Avocadolinien-Roboter von Kronen und Synergy
„Bei der Wettbewerbsfähigkeit kann Robotertechnik den Ausschlag geben“
Arbeitskräfte zu finden, wird immer schwieriger. Insbesondere für sich wiederholende Aufgaben steht Personal nicht mehr unbedingt jederzeit zur Verfügung. Das ist einer der Gründe für Lazy Foods, mit dem Avocadolinien-Roboter zu arbeiten, der von Kronen entwickelt und von Synergy Systems - dem exklusiven Vertriebspartner der Kronen-Maschinen in den Benelux-Ländern - geliefert wird. “Es wird immer schwieriger, wettbewerbsfähig zu bleiben, und deshalb muss man nach Wegen suchen, um zukunftssicher zu bleiben. Drei Elemente sind dabei sehr wichtig: höhere Effizienz, niedrigere Betriebskosten und höhere Produktionskapazität. Mit dem Roboter hoffen wir, durch eine Kombination dieser Elemente den Ausschlag zu geben, um in einem immer stärker umkämpften Markt wettbewerbsfähig zu bleiben”, sagt Ron van der Vloed von Lazy Foods.
Lazy Foods stellt frische Guacamole her, die täglich an ihrem Produktionsstandort in Ridderkerk produziert wird. Der Vertrieb erfolgt unter anderem an den Einzelhandel und an Catering-Unternehmen, sowohl unter deren
Eigenmarken als auch unter der eigenen Marke ‘Lazy’. “Wir beobachten jedoch auf dem Markt eine große Konkurrenz durch Tiefkühl-Guacamole-Hersteller, die mit hoher Intensität produzieren können. Als Frischverarbeitungsunternehmen müs-
sen wir da mithalten können, selbst wenn das aufgetaute Tiefkühlprodukt qualitativ nicht mit unserem frisch hergestellten Produkt vergleichbar ist. Deshalb halten wir immer die Augen offen für interessante Innovationen”, so Ron weiter.
Als Menno Jongsma von Synergy Systems schließlich an das Unternehmen herantrat und fragte, ob man einen neuen Avocado-Roboter testen wolle, war die Entscheidung schnell getroffen. „Der Kontakt zwischen Synergy und Lazy Foods besteht nun schon seit etwa zwei Jahren. Wir hatten nämlich auch schon eine Avocado-Vorbereitungslinie bei ihnen bestellt“, erklärt Menno. Ron fügt hinzu: „Wenn man eine solche Anlage neu hat, bleibt man auch in Kontakt miteinander, wenn es etwas Neues in Sachen Robotisierung zu berichten gibt. Deshalb fiel Menno der Vorschlag für die Testphase mit diesem neuen Roboter ein. Wir hatten ihn bereits vor zwei Jahren in einem Testaufbau bei Kronen gesehen und das
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Robotisierung
Interesse war eigentlich schon damals geweckt.“
Der von Kronen entwickelte Roboter übernimmt das Halbieren, Entkernen und Auslöffeln der Avocados. „In Bezug auf die Qualität des Endprodukts und die hohe Ausbeute ist der Avocado-Roboter vergleichbar mit dem handbedienten Reinigungstisch und der vollständig manuellen Verarbeitung. Eine derart automatisierte Avocadoverarbeitung wurde bisher noch nicht auf den Markt gebracht“, sagt Benjamin Keske, Projektleiter bei der Kronen GmbH. „Der Hauptvorteil des Avocado-Roboters aus Sicht des Anwenders ist der hohe Automatisierungsgrad bei gleichbleibender Qualität und einem hohen Ausbeuteanteil aufgrund der Vermessung jeder einzelnen Frucht. Darüber hinaus ist die Anlage mit einem vom Partner DIL (Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik) speziell für Avocados entwickelten Greifer ausgestattet, der sich an die Form und Größe der Frucht anpasst. Ein weiterer Vorteil ist, dass die verwendbare Frucht von Schale und Kern getrennt wird, wobei der Avocadokern ganz bleibt und somit auch wiederverwendet werden kann.“
Während der Fruit Logistica war das Interesse der Messebesucher an der innovativen Technologie groß. Sie fragten vor allem nach den Unterschieden zwischen den Robotersystemen mit jeweils einem, zwei und drei Robotern, wie Keske versichert: „Bei der Standardversion mit einem Roboter wird die Avocado in einen kleinen Einsatz gelegt und automatisch in den sicheren Roboterbereich gefahren. Dort wird die Avocado von einem Roboter entnommen und in eine Halbier- und Entkernungsstation gelegt, wo die erste Hälfte entkernt wird. Diese Hälfte wird dann in einer Schälstation geschält. Die zweite Hälfte der Avocado wird dann entkernt und geschält, worauf sich dieser Vorgang wiederholt. In einem System mit zwei Robotern geschieht dieser Ablauf jedoch parallel. Bei einer Anlage mit drei Robotern entnimmt der erste Roboter die Avocado aus der Einlegevorrichtung und füllt die Halbier- und Entkernungsstati-
on. Der zweite und der dritte Roboter entkernen die beiden Avocadohälften und schälen sie parallel. Währenddessen wird die Entkernungsstation vom ersten Roboter wieder befüllt.“ Die unterschiedlichen Möglichkeiten spiegeln sich auch in der Stundenleistung wider. Die Anlage mit zwei Robotern kann bis zu 800 Avocados pro Stunde verarbeiten, etwa doppelt so viele wie die Anlage mit einem Roboter. Eine Anlage mit drei Robotern kann sogar bis zu 1.000 Avocados pro Stunde verarbeiten, erklärt Keske. „Die Anlage kann um eine Bildverarbeitung ergänzt werden, bei der die Früchte automatisch von einem Zuführband entnommen und nach der Verarbeitung vor der Weiterverarbeitung kontrolliert werden“, so der Maschinenexperte weiter. „Zudem kann das System auch an andere Obstsorten angepasst werden.“
Maschine störungsfrei laufen? Aber auch: Kann das Personal gut mit der Maschine umgehen und kann es alles aus einer solchen Maschine herausholen? Das ist nicht nur für uns interessant, sondern auch Lazy Foods sitzt damit in der ersten Reihe und kann sehen, inwieweit sie damit zufrieden sind oder nicht.“
DAS BESTE AUS DER MASCHINE HERAUSHOLEN
Und so wird dieser Roboter bei Lazy Foods ungefähr ab Ende März in die Testphase gehen. „Das wird kein monatelanger Test sein, sondern ist eine Möglichkeit für uns und Kronen, in einer intensiven Produktionsumgebung zu sehen, wie sich die Maschine bewährt“, so Menno. „Schließlich gibt es immer einen Business Case, der beschreibt, wie die Maschine funktionieren wird. Aber dieser Case muss natürlich durch einen Praxistest untermauert werden. Es handelt sich nicht um ein Proof of Concept. Wir haben bereits nachgewiesen, dass das Konzept funktioniert, aber jetzt wollen wir auf diese Weise sehen, wie die Maschine in der Praxis funktioniert. Inwieweit ist man tatsächlich in der Lage, die geschätzten Mengen zu erreichen? Oder kann man sie vielleicht sogar übertreffen? Wird die
Neben der Zusammenarbeit mit Kronen ist Synergy Systems auch der exklusive Benelux-Vertriebspartner von Astra. Dieser japanische Maschinenhersteller hat sich unter anderem auf Schälmaschinen für frisches Obst und Gemüse spezialisiert. “Wir sind bereits seit zwei Jahren der Vertriebspartner”, sagt Menno. “Die Maschinen von Astra passen perfekt in unser Maschinenportfolio. Das ist wirklich Schälen auf eine andere Art und Weise.” Dabei weist er darauf hin, dass es nicht die ideale Lösung für Kunden ist, die eine billigere Option wünschen. “Die Astra-Maschinen sind etwas teurer, liefern aber ein sehr
„Da Lazy Foods selbst importiert, haben sie diese Aspekte im Griff“, so Menno weiter. „Der Rahmen, in dem gearbeitet werden muss, ist nicht sehr klein, aber er ist vorhanden. Die Greifer müssen auf die Größe der Avocados abgestimmt sein, und auch die Instrumente, mit denen man das Fruchtfleisch aus der Schale löst, müssen auf die richtige Größe eingestellt sein. Wenn man selbst die richtige Qualität und Größe der Avocados auswählen kann, wird es viel weniger Störungen geben. Jedenfalls werden wir das jetzt testen. Ist der Vorgang dann störungsfrei und hat Ron wenig Zeitverlust? Auch Benjamin von Kronen wird hierbei sehr eng in die Platzierung, den Support und das Feedback eingebunden.“
ARBEITSKRÄFTEMANGEL
Wenn das tatsächlich so ist, kann Lazy Foods viele Vorteile daraus ziehen, versichert Ron. „Arbeitskräftemangel ist etwas, mit dem wir und eigentlich die gesamte Lebensmittelindustrie zu kämpfen haben. Dann kann die Robotisierung immer einen Mehrwert erbringen, vor allem bei repetitiven Arbeitsschritten
gutes Endergebnis.” Synergy hat die Maschinen bereits bei einigen Kunden in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg installiert. “Wir versuchen, so oft wie möglich die größeren Serien zu übernehmen und Ersatzteile auf Lager zu haben, sodass wir auch für diese High-End-Schällösungen immer einen schnellen Service bieten können. Mittlerweile laufen die Maschinen bei sechs Kunden zur vollen Zufriedenheit. Die Partnerschaft gefällt uns sehr gut und wir werden sie in den nächsten Jahren sicher ausbauen.”
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Robot avocado line operation
in einem Produktionsprozess. Die Herstellung der Guacamole oder die Zubereitung der frischen Avocados bleibt zwar manuelle Arbeit, die auch weiterhin von Mitarbeitern ausgeführt werden muss, aber wir haben auch etwa 15 Leute an der Linie, die jeden Tag die Avocados aus der Schale entnehmen. Wenn man das maschinell erledigt, lassen sich diese Leute für andere Aufgaben einsetzen.“
„Außerdem weiß niemand, wie das Angebot an Produktionskräften in Zukunft aussehen wird. Wir greifen häufig auf eine Zeitarbeitsfirma zurück, über die wir vor Jahren auch viele polnische Arbeitskräfte beschäftigt haben. Allerdings kann man sehen, dass das Niveau der von der Agentur bereitgestellten Arbeitskräfte nachlässt. Wenn man sich das dann durch eine gute Maschine erspart, ist schon viel gewonnen. Man verzichtet dann zwar auf ausführende Mitarbeiter, aber die Leute, die man braucht, müssen das Niveau haben, mit einer solchen Maschine zu arbeiten. Das werden wir jetzt ausgiebig testen. Wenn es gelingt, können wir eine Win-win-Situation für alle Seiten schaffen.“
FORTSCHRITTE MACHEN
„Im Endeffekt werden wir auf diese Weise herausfinden, ob sich die Investition lohnt“, lacht Ron. „Wir setzen natürlich große Hoffnungen darauf, aber letztlich geht es dann doch darum, wie viel Kilo pro Stunde die Maschine verarbeiten kann. Nach der Testphase können wir berechnen, was wir an Arbeitskosten einsparen können, und so eine bessere Vorstellung davon bekommen, was wir investieren können und wollen. Für die von uns wöchentlich verarbeiteten Mengen wird eine Anlage nämlich nicht ausreichen. Außerdem wollen wir irgendwann zu einem dreiarmigen Roboter übergehen, der die Avocado greift, sie
auslöffelt und dann das Halbfertigprodukt an diejenigen weiterreicht, die es zu den von uns angebotenen Produkten verarbeiten. Wenn der Roboter diese sich wiederholenden und arbeitsintensiven Schritte ergänzend zu unserem Prozess ausführen kann, können wir Fortschritte erzielen.“
Nach der Anuga beginnt die Testphase, die zeigen soll, ob der Roboter die hohen Erwartungen erfüllen kann, wovon die beiden aber überzeugt sind. „Die Robotik wird in der heutigen Umgebung ja immer wichtiger. Bei Pick-and-Place-Aufgaben wird er bereits häufig eingesetzt, aber ich denke, bei der Verarbeitung von frischem Obst und Gemüse haben wir damit etwas
Einzigartiges. Das Verfahren deckt die menschliche Handhabung ab. Nach einer positiven Testphase können wir zusammen mit Kronen auch andere Anwendungen ins Auge fassen. Diese Maschine ist speziell für Avocados, aber die Technologie könnte für viele andere Anwendungen interessant sein, beispielsweise für das automatische Beschicken von Stanzmaschinen oder zum Schälen von Mangos. Es gibt viele Möglichkeiten, die wir sehr kreativ umsetzen können“, so Menno abschließend.
m.jongsma@synergy-systems.nl ron@lazyfoods.eu benjamin.keske@kronen.eu
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Wie geht es Ton Janssen?
Geschichten an die nächste Generation weitergeben
Der Abschied vom Betrieb im Gewächshaus ist Ton Janssen nicht schwergefallen, aber die Förderung des Gewächshausgartenbaus bleibt seine große Leidenschaft. Seit er sich 1990 für den niederländischen Tomatenanbau einsetzte, wurde ihm klar, wo sein Talent liegt. Sein Engagement brachte ihm große Anerkennung ein. Auch nach seiner Pensionierung bleibt er – seine Nachfolger lassen sich an einer Hand abzählen – als Förderer des Gewächshausgartenbaus aktiv. Derzeit mit Grundschulkindern, denen er mitunter zweimal pro Woche Geschichten über niederländische Gewächshäuser erzählt.
EINSATZ IN DEUTSCHLAND
Seit drei Generationen fließt in den Adern der Familie Janssen das gärtnerische Blut. Nach der Gartenbauschule lernte Ton aus Limburg den Tomatenanbau in Westland kennen. Zusammen mit seinem Vater war Ton 1976 der erste Fleischtomatenanbauer in den Niederlanden. Als Anfang der Neunzigerjahre der Geschmack der niederländischen Tomate in die Kritik geriet (Wasserbombenkrise), verteidigte Ton diese im deutschen Fernsehen und entdeckte sein Talent für Öffentlichkeitsarbeit.
Im Jahr 1993 gründete er zusammen mit anderen Tomatenanbauern TastyTom. Von da an konzentrierte er sich mehr auf Marken-Promotion und Unternehmertum. Sein Name wurde so bekannt, dass bei der Erwähnung seiner 2,6 Hektar großen Anbaufläche für Strauchtomaten diese mit einer Telefonzelle verglichen wurde. Eine Anekdote, die bei TastyTom immer noch für ein Lachen sorgt.
Im Jahr 2018 stellte Ton den Anbau ein, blieb aber in der Öffentlichkeitsarbeit aktiv, wobei er in den vergangenen Jahren durch die Viren Covid-19 und dann ToBRFV ausgebremst wurde. Ton: „Wenn ich nicht mehr ins Gewächshaus kann, dann hört es ja irgendwie auf. Das Büro ist nicht mein Ding.“
NICHT ANBAUEN, GÄRTNERN
Hobbyanbau ist Tons Sache nicht. „Ich gärtnere wirklich gerne, aber ich baue kein Gemüse an. Dann ärgere ich mich nur über Raupenfraß am Blumenkohl oder an anderen Tieren, die sich an meine Tomatenpflanzen heranmachen. Im Gewächshaus könnte ich es noch ein bisschen steuern, aber draußen ist man auf Mutter Natur angewiesen.“
Ein tolles Hobby ist dagegen das Laufen. Zweimal in der Woche werden die Laufschuhe angezogen, um eine 10-km-Runde zu drehen, die letzten Wochen als zusätzliches Training für den Halbmarathon Venloop, bei dem Ton seit Jahren zu den 30.000 Teilnehmern gehört. „Ich bin zum 12. Mal dabei und das Ziel ist immer, weniger als eine Stunde zu benötigen“, sagt er.
160 AGF Primeur 4 • 2024 Tomatenzüchter
Herzblut findet immer seinen Weg. Ton arbeitet jetzt als Freiwilliger für Kokkerelli, eine „Universität“ für und von Kindern mit dem Schwerpunkt auf gesunder Ernährung. Im Brightlands Venlo, dem ehemaligen Gelände der Gartenbauausstellung Floriade, organisiert Kokkerelli wöchentliche Kochkurse für die Klassen 5, 6, 7 und 8 der Grundschulen. Die Kinder lernen dort zu kochen, aber vorher besuchen sie einen Gärtner, bei dem sie beispielsweise Spargel stechen, Erdbeeren pflücken oder Karotten ziehen. Dann gehen sie in die Villa Flora, wo sie mit den vom Gärtner erhaltenen Produkten arbeiten. Diese Kombination ist Gold wert. Ton: „Es fällt auf, dass selbst Kinder, die normalerweise keinen Spargel mögen, ihn zumindest probieren, wenn sie ihn selbst gestochen und geputzt haben.“
KINDERUNIVERSITÄT
Selbst wenn Kinder aufgrund von ToBRFV kein Tomatengewächshaus mehr besuchen dürfen, kann Ton sie mit Geschichten über den Gewächshausanbau begeistern. Er erzählt Geschichten über alle Arten von Tomaten (übrigens mithil-
fe von TastyTom und den Honigtomaten), Paprika und Gurken. Er erzählt von den Bemühungen des Gewächshausanbaus, ohne Pestizide anzubauen, und bedient sich dabei lebendiger Vorbilder (Hummeln, Schlupfwespen und Raubmilben der Firma Koppert), die wiederum von der Firma Mertens geliefert werden. Mit Kindern hat er mindestens genauso viel Erfolg wie mit Erwachsenen. Ton: „Wenn sie mich nicht stoppen, hören mir die Kinder bis zu zwei Stunden lang zu. Die Lehrer loben mich dann wegen meiner Leidenschaft und meiner fesselnden Geschichten und Witze immer wieder in den Himmel.“ Doch nichts geht über die Anerkennung, die Ton von seinen Enkelkindern erhält. Ton: „Was alle immer sagen, kann ich nur bestätigen. Es gibt nichts Schöneres, als wenn sie dir mit offenen Armen entgegenrennen.“
In seinem mit Auszeichnungen gefüllten Pokalschrank finden sich viele Auszeichnungen für das, was Ton für die Branche geleistet hat. Ton: „Das ist großartig, ich wurde zum Unternehmer des Jahres ernannt und erhielt 2017 in Berlin den
Lifetime Achievement Award. Und was das Beste ist: Ich wurde zum Offizier im Orden von Oranien-Nassau ernannt, so wie Berühmtheiten wie Johan Cruijff und André van Duin. Die Tatsache, dass ich das anscheinend verdient habe, macht mich etwas nachdenklich“, sagt Ton abschließend.
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Für Importe und regionale Erzeuger sind Großmärkte wesentlich, in Krisenzeiten ein Ort der Lebensmittelsicherheit
„Großmärkte sind Teil der Lösung und nicht des Problems“
Seit Jahrtausenden galten Märkte als Orte, an denen man sich versammelt, gehandelt und Informationen ausgetauscht hat. Diese Märkte haben sich weiterentwickelt, der industrialisierten Landwirtschaft angepasst und waren als Großhandelsmärkte nach dem Zweiten Weltkrieg essenziell, um die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen. Im Rahmen der Fruit Logistica sprachen Stéphane Layani, Weltverband der Großhandelsmärkte, Fabio Massimo Pallottini, Vorsitzender von Italmercati, Ioannis Triantafyllis von der Zentralen Markt- und Fischereiorganisation SA (OOKA) und Eliane Steinmeyer, Geschäftsführerin Großmarkt Hamburg, über die Bedeutung von Großmärkten heutzutage in Deutschland und europaweit.
Stéphane Layani vom Weltverband der Großhandelsmärkte betonte zu Beginn den Nutzen von Großmärkten. “Sie fördern die Entwicklung und den
internationalen Austausch von Fachwissen, erleichtern Innovationen im Frischbereich, tauschen Best Practices aus, gewinnen neue Erkenntnisse und – was
noch wichtiger ist – fördern die Lieferkette und die Logistik. Sie spielen auch eine entscheidende Rolle für eine stabile und erschwingliche Versorgung mit Lebensmitteln in der modernen Stadt, die tatsächliche Qualität der Produkte und unterstützen die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Landwirtschaft.” Insbesondere angesichts der Proteste der Landwirte in Europa gegen die EU und die nationalen Regierungen gab er zu bedenken, dass “es wichtig ist, sich vor Augen zu halten, dass die Großmärkte Teil der Lösung und nicht des Problems sind.”
DIE BEDEUTUNG DER GROSSMÄRKTE IN DEUTSCHLAND
Täglich werden 200 Millionen Tonnen Frischwaren über Großmärkte gehandelt – ein großer Teil davon Obst und Gemüse. In Deutschland schlagen Groß-
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Deutsche Großmärkte
Großmarkt Hannover
Eliane Steinmeyer, Chefin des Hamburger Großmarkts
märkte acht Millionen Tonnen Waren um. „Das ist nicht wenig, aber im Vergleich zu dem, was in den Supermärkten läuft, natürlich nicht der ganz große Anteil“, gab Eliane Steinmeyer, Geschäftsführerin Großmarkt Hamburg, zu bedenken. „Wir haben in Deutschland viele ganz große Supermarktketten, die einen großen Anteil unter sich ausmachen, aber wir haben auch noch 16 große deutsche Großmärkte. Deutschland hat einen relativ geringen Selbstversorgungsgrad. Anders als viele europäische Länder
haben wir lediglich 20 Prozent Selbstversorgungsrate bei Obst und 36 Prozent bei Gemüse. Das ist nicht wirklich viel. Das heißt, wir sind auf Importe angewiesen. Mit regionalen Produkten, bei dem, was im Moment produziert wird, werden wir so weit nicht kommen und gerade für die Importe sind Großmärkte ein ganz wichtiger Bestandteil.“
Aber auch regional spielen Großmärkte in Deutschland eine wichtige Rolle. „Großmärkte sind eine ganz wesent-
Der Spezialist im verpackten weißen und roten Chicorée
liche Absatzplattform für die regionalen Erzeuger. Es gibt eine Menge Hofläden, es gibt Handelsgenossenschaften, aber für eine ganz große Anzahl von Erzeugern sind die Großmärkte die Hauptabsatzplattform. Fast alle Großmärkte haben eigene Bereiche, in denen regionale Erzeuger ihre Ware anbieten. Die Ware wird von dort nicht nur weiterverkauft an die Einkäufer auf Großmärkten, sie wird auch an andere Großhandelsunternehmen verteilt und so relativ breit gestreut. Diese Vermarktungsplattform
Händler in Obst und Gemüse. Unendliche Möglichkeiten mit Klasse 1 und 2!
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Tel. 06 30038482 | patrick@stoffelsfoods.nl | www.stoffelsfoods.nl 0288236.pdf 1 20-7-2023 17:21:38
Großmarkt München
für regionale Erzeuger ist ohne Großmärkte nicht möglich. Großmärkte sind auch der Einkaufsort für Wochenmärkte und ein wesentlicher Einkaufsort für die Gastronomie, Caterer, Kantinen und Großküchen.“
FRISCHETRANSPORT AUF DER LETZTEN MEILE
Ioannis Triantafyllis erwähnte in seiner Rede die Debatte über „Last Mile“-Lieferungen, bei denen die Waren zu einem zentralen Lager gebracht und dann in der
Stadt ausgeliefert werden. Seiner Meinung nach sei das eine zentrale Funktion von Großmärkten. Steinmeyer sah das in ihrer Rede ähnlich: „Wir reden heute über Last Mile, über Dekarbonisierung von Transportwegen. Großmärkte sind ganz elementar für kurze Transportwege und weniger Verkehr. Es hat vor vielen Jahren eine sehr beachtliche Studie in London gegeben. Da hat man untersucht, was es eigentlich für den Verkehr bedeuten würde in der Stadt, wenn man den Markt außerhalb legen würde. Man ist
schnell zu dem Ergebnis gekommen, dass das verkehrlich für London keine besonders gute Idee wäre.“
Ebenso würden Großmärkte beschuldigt, Verkehr zu verursachen und Abfall zu produzieren, fuhr Triantafyllis fort. „Die Stadtverwaltung und die Bevölkerung sehen das nicht gerne; sie halten sie für Brutstätten des illegalen Handels und der Schwarzarbeit. Großmärkte seien unnötig.“ Großmärkte spielten stattdessen wirtschaftlich für den Standort
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165 AGF Primeur 4 • 2024
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eine wichtige Rolle, betonten Fabio Massimo Pallottini, Vorsitzender von Italmercati, und auch Steinmeyer. „Sie sind ein Mehrwert für die in der Region agierenden Unternehmen, weil sie eine Vielzahl von Mitarbeitern beschäftigen. Das muss man auch mal positiv herausstellen. Wir leisten einen wesentlichen Beitrag zur Integration und kulturellen Vielfalt. Wir haben viele Möglichkeiten für Personen ohne abgeschlossenes Hochschulstudium. Solche Jobs braucht man auch“, so Steinmeyer.
DIE GROSSMÄRKTE IN DER PANDEMIE Und nicht nur das. Laut Pallottini gibt es in Italien große Investitionen unter anderem in die Digitalisierung und Triantafyllis wies darauf hin, dass einige Großmärkte renoviert wurden, indem etwa ein Teil ihres Grundstücks für Wohnzwecke zur Verfügung gestellt wurde. „Großmärkte produzieren Abfälle, aber einige haben eine Recyclingquote von mehr als 95 Prozent. Sie geben Produkten ein zweites Leben oder erzeugen Energie. Großmärkte waren früher physische Märkte, aber sie entwickeln sich jetzt zu Logistikzentren für frische Lebensmittel.“ Während der Pandemie waren die Großmärkte ein Ort der Lebensmittelsicherheit. „Stellen Sie sich vor, was ohne sie hätte passieren
können“, forderte er die Anwesenden auf. Auch Layani hob hervor, dass Großmärkte eine entscheidende Rolle bei der stabilen und erschwinglichen Versorgung mit Lebensmitteln in modernen Städten spielen würden, bei der Qualität der Produkte und der Unterstützung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Landwirtschaft.
Die Pandemie habe gerade in Deutschland gezeigt, warum Großmärkte so wichtig sind, griff Steinmeyer das Thema auf. „Großmärkte sind ein Garant für die sichere Versorgung der Bevölkerung. Wir haben es während der Coronakrise erlebt. Plötzlich waren die Grenzen dicht. Wo kommt die Ware her? In Deutschland haben wir eine große Krise erlebt, als auf einmal die Regale mit dem Toilettenpapier leer waren. Was wäre passiert, wenn die Regale mit Obst und Gemüse leer gewesen wären? Darüber möchte ich gar nicht nachdenken.“
„Großmärkte hatten die Möglichkeit, die Ware umzuswitchen. Ware, die für Gastronomie vorgesehen war, für Kantinen, die plötzlich geschlossen waren, konnten auf die Wochenmärkte gehen. Auch die Supermärkte haben auf einmal bei uns zugekauft. Auf den Großmärkten wird
auch untereinander gehandelt, dadurch konnte man die jeweiligen Kunden versorgen. Das hat die Versorgung sichergestellt. Ein Punkt, der gerne übergangen wird. Großmärkte sind wesentlich für eine sichere Versorgung der Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln“, unterstrich Steinmeyer.
„Vor 15 bis 20 Jahren waren die Großhandelsmärkte vom Aussterben bedroht“, so Triantafyllis. Eine Tatsache, die auch in diesem Jahr noch spürbar ist, wie das Schicksal der Großmärkte Düsseldorf und Köln deutlich zeigt. Laut Triantafyllis hätten Großmärkte aber „neue Wege gefunden, um unseren Nutzen zu beweisen“. Die Großhandelsmärkte würden sich an eine neue Ära anpassen, eine Zukunft mit „restriktiven Rechtsvorschriften und neuen Technologien“.
166 AGF Primeur 4 • 2024 Deutsche Großmärkte
Einblick in die Berliner Großmarkthalle
Obstveredeler Zouk will neuen Jonagold entwickeln
„Nur mit einem neuen Commodity-Apfel können wir den Verbrauch steigern und die Branche voranbringen“
Wer heute in einen Supermarkt geht, findet eine große Auswahl an Äpfeln und Birnen. Immer wieder werden neue Sorten eingeführt, und die Supermärkte bieten ihre eigenen exklusiven Sorten an. Je größer die Auswahl, desto eher ist für alle etwas dabei, könnte man meinen. Doch der Verbrauch von Kernobst nimmt rapide ab. Ein Trend, dem der Obstveredeler Zouk mit der Einführung eines neuen, frei zugänglichen Commodity-Apfels entgegenwirken will. „Es kommen wunderbare neue Sorten auf den Markt, aber die Chancen, dass sie alle Verbraucher erreichen, sind gering. Wir glauben, dass wir den Verbrauch fördern können, indem wir gute neue Apfelsorten für alle zugänglich machen. Mit Qualität und Produktion einer Premiumsorte, aber weithin zugänglich”, sagt Vincent Nicolai vom Familienunternehmen.
Zouk hat seinen Ursprung in der Familie von Johan Nicolaï, die zwei Unternehmen in der Branche besitzt. Zum einen die Baumschule Johan Nicolai, die vor 40 Jahren von Vincents Vater gegründet wurde. „Die Baumschule ist nach meinem Vater Johan benannt, wir sind jetzt ein Familienunternehmen in der dritten Generation”, erklärt Vincent. „Mein Großvater, Jozef Nicolaï, war schon immer sehr innovativ in der Obstbranche. Er war zum Beispiel mitverantwortlich für die Einführung und Entwicklung von Jonagold im Jahr 1969. Mein Vater entschied sich dann, nach seinem Studium in das Unternehmen einzusteigen und einen Teil der Aktivitäten meines Großvaters
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Äpfel
zu übernehmen. Er kam jedoch bald zu dem Schluss, dass das Kernobst innovative Impulse brauchte. Diese gab es zwar schon, aber sie kamen meist aus Neuseeland oder Südeuropa. Es handelte sich dabei um Sorten, die für den Anbau in Nordeuropa entweder nicht zugänglich oder nicht wirklich geeignet waren. Daher beschloss er, mit der eigenen Veredelung zu beginnen.”
„Sein Studium an der Universität führte zu einer Zusammenarbeit mit der KU Leuven. Daraus entstand Better3Fruit, das im Laufe der Jahre Sorten wie Kanzi und Greenstar entwickelte“, fährt er fort. „Aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen beschloss Johan 2005, seine Anteile zu verkaufen und die Veredelung
Jahre später unter dem neuen Unternehmen Zouk selbstständig weiterzuführen. In den folgenden Jahren stiegen dann meine ältere Schwester Laura, mein jüngerer Bruder Michiel und ich selbst unabhängig voneinander in das Unternehmen ein. Mit Zouk konzentrieren wir uns jetzt speziell auf die Obstveredelung von Äpfeln und Birnen. Ich denke, dass wir uns hier dadurch auszeichnen, dass die Baumschule von denselben Personen geführt wird und wir unsere Fühler in den internationalen Obstanbau und -handel ausstrecken. Diese Kontakte ermöglichen eine Veredelung, die sich an den mittelfristigen Bedürfnissen hinsichtlich Produktivität, Krankheitstoleranz, Klimaanpassung und sich ändernden
Geschmacksprofilen orientiert. Damit sind wir weltweit aktiv.“
RÜCKLÄUFIGER VERBRAUCH
Die größte Herausforderung für die Obstbranche besteht darin, den rückläufigen Obstverbrauch umzukehren. „Jahr für Jahr lässt sich feststellen, dass der Verbrauch von Kernobst fast genauso stark zurückgeht wie beispielsweise der von Fleisch. Dadurch entsteht ein immer größeres Spannungsfeld, in dem jede neue Sorte mit einem immer kleiner werdenden Absatzmarkt zurechtkommen muss. Das hat uns zu der Erkenntnis gebracht, dass wir nach anderen Wegen der Absatzförderung suchen und eine branchenweite Lösung für dieses Problem finden müssen.“
168 AGF Primeur 4 • 2024 Äpfel
„Man muss es so sehen: In den USA wurden in den letzten Jahrzehnten sehr viele neue Premiumsorten eingeführt und großflächig angebaut. Nicht vier oder fünf, sondern Dutzende auf einmal. Nur haben sie damit auch ein Problem. Der Verbrauch ist rückläufig und der Markt kann die wachsenden Mengen nicht sofort aufnehmen. Für Dutzende verschiedene rote (Premium-)Sorten ist kein Platz im Regal. Dann bricht auch das Premium-Modell zusammen, weil eine neue Sorte mit gutem Branding auf den Markt kommt, die auch qualitativ ein ausgezeichneter Apfel ist. Nur ist es bei Weitem nicht mehr so, dass man dann automatisch auch die Premiumpreise oder den Absatz bekommt. Denn dieser Apfel kommt nur dann ins Regal, wenn er einen
anderen verdrängt. Eine Zersplitterung des Angebots kehrt den rückläufigen Obstverbrauch nicht um.“
MIT DEM TREND BRECHEN
Vielmehr sieht das Obstveredelungsunternehmen den Ausweg in frei zugänglichen Commodity-Äpfeln mit allen positiven Eigenschaften der Premiumsorten. „Neben der Existenz qualitativ hochwertiger und exklusiver Premium-Äpfel sieht Zouk das Ziel solcher Äpfel in der Maximierung der Verbraucherreichweite bei zugleich ökologischem und ökonomischem Anbau. Dazu selektieren wir nach Sorten mit breiter Krankheitstoleranz und hohem Pack-out.“
„Neue Sorten werden heute meist auf zwei Wegen auf den Markt gebracht. Wir haben unter anderem zwei Schwergewichte in unserem Sortiment neuer Sorten, die auf sehr unterschiedliche Weise auf den Markt gebracht werden. Zum einen ist das der Coryphée®. Das ist ein Apfel, der unter anderem exklusiv für Colruyt in Belgien ausliegt. Ein sehr guter, schorftoleranter Apfel, der genauso viel Ertrag bringt wie der Jonagold. Ein sehr interessanter, ertragreicher Baum für die Erzeuger. Ein gutes Konzept: Wir stellen fest, dass der Verbrauch dieser Sorte bei Colruyt zunimmt. Dieses Konzept wird in ähnlicher Weise auch in anderen Ländern, wie Österreich oder Frankreich, entwickelt. Das Problem ist nur, dass man damit nicht den gesamten Markt erreicht,
169 AGF Primeur 4 • 2024
Rubis Gold
Ziola
sondern nur ein Segment, weil ein anderer Einzelhändler eine andere Sorte exklusiv anbietet. Denken Sie an Sprank bei Albert Heijn in den Niederlanden.“
„Auf der anderen Seite haben wir den Rubis Gold®, der eher dem traditionellen Clubmodell entspricht: Es gibt eine Zusammenarbeit und ein Pooling für Marketing und Branding, um die Premiumsorte zu vermarkten. Diese Sorte kann in allen Supermärkten angeboten werden, aber der Anbau bleibt selektiv. Diese beiden Beispiele sind also in unserem Fall spezifisch, aber man sieht das eigentlich bei allen neuen Sorten, die eingeführt werden. Sie werden entweder durch die jeweiligen Einzelhändler oder durch das Clubsystem eingeschränkt.“
NEUE COMMODITY
Zouk ist deshalb überzeugt, dass es einen dritten Weg gibt, der einen breiten Marktzugang mit einem breiten Zugang zum Verbrauch verbindet: einen neuen Commodity-Apfel. „Eine neue Sorte, die ökologisch angebaut werden kann und wirtschaftlich ist, eine Kombination aus hohen Erträgen, hohem Pack-out, breiter Krankheitstoleranz und zugänglich für alle Erzeuger, Erzeugerverbände und alle, die sich für den Anbau interessieren.“
„Das ist es, womit wir uns beschäftigen und worauf wir jetzt setzen. Wir wollen einen neuen Commodity-Apfel vermarkten. Schließlich gibt es heute auch mehr Anforderungen. Ein Erzeuger muss mindestens 90 Prozent Klasse I Pack-out haben, die Farbe muss optimal sein, der Apfel muss das wärmere Klima gut vertragen und tolerant gegenüber Schorf und anderen Krankheiten sein.“
„Außerdem gibt es ein Fenster für den Verkaufspreis, das nur schwer zu erweitern
ist. Nur, wenn man konstant einen sehr guten Apfel liefert. Wenn man 60 Tonnen pro Hektar produziert, 90 Prozent Klasse I hat und die Lagerung problemlos ist, dann sollte man als Erzeuger davon leben können. Dann kann man die Verbraucher mit einem konstant hochwertigen Spitzenapfel überzeugen, für den alle bereit sind, einen normalen, guten Preis zu zahlen. Wir glauben, dass darin die Zukunft liegt. Wir sind nach wie vor vom Konzept der Premiumsorten überzeugt, aber eine neue Commodity muss den Konsum ankurbeln. Ein Apfel, der überall erhältlich ist.“
TESTPHASE
Das mag nach Zukunftsmusik klingen, aber Vincent versichert, dass sie bereits an einer solchen Entwicklung arbeiten und sie recht bald anbieten wollen. „Zuerst werden wir einen Sommerapfel (Ziola™-Zouk55 cov) auf den Markt bringen, der in der letzten Juliwoche geerntet werden wird, also vier oder fünf Wochen vor dem Gala oder der Conference. Dieser färbt sich sowohl in Belgien als auch in Spanien gleich rot, schmeckt sehr gut und bietet unserer Meinung nach als Apfel einen echten Mehrwert. Er hat eine begrenzte Haltbarkeit, weil er wirklich ein Sommerapfel ist.“
„Des Weiteren arbeiten wir auch mit einem Apfel, dessen Pflückzeitpunkt zwischen Gala und Golden liegt und der alle positiven Eigenschaften der Produktion aufweist. Er färbt leicht, ist groß, homogen, bleibt vier Wochen am Baum und bildet keinen Fettfilm. In technischer Hinsicht ist er top und wir gehen mit ihm in die zweite Testphase. In dieser Saison sind bereits Bäume ausgegeben worden; denken Sie an je fünf Bäume in verschiedenen Testzentren. In der nächsten Saison werden wir so viele Bäume wie mög-
lich ausliefern, um zu sehen, ob er überall erfolgreich ist. Wir werden diese Tests verfolgen und dann sehen, inwieweit und in welchem Zeitrahmen wir ihn in immer größerem Maßstab weiterentwickeln können.“
„Im Moment wird er noch nicht verkauft, aber wir glauben, dass wir die Branche voranbringen können, indem wir diese Eigenschaften eines neuen Apfels jedem zugänglich machen. Das wird uns davon überzeugen, dass wir einen neuen Jonagold, Gala oder Golden vor uns haben“, so Vincent abschließend.
vincent@nicolai.be
170 AGF Primeur 4 • 2024 Äpfel
Xavier Meijers, Eussifruit:
„Verlagerung vom ‘schmutzigen’ zum gesäuberten Produkt“
“Aufgrund des Personalmangels in der Gastronomie und in Produktionsbetrieben werden immer mehr vorverarbeitete Produkte verlangt”, sagt Xavier Meijers, Inhaber von Eussifruit, wo man sich neben dem Obst- und Gemüsehandel auch mit geschnittenem Obst und Gemüse befasst. Xavier merkt, dass dieser wachsende Markt die Aktivitäten innerhalb seines Unternehmens verschiebt. “Die Kunden verzichten zunehmend auf das ungewaschene Produkt und entscheiden sich für die gesäuberte, behandelte oder vorgeschnittene Variante.”
Außerdem sieht Xavier in der Hinwendung zu einer pflanzlicheren Ernährung Chancen für den Absatz von Obst und Gemüse. Dennoch fragt er sich, ob es sich um einen Trend handelt oder um eine langfristige Entwicklung. Obwohl der Großhändler erkennt, dass pflanzliche Lebensmittel als gesünder gelten, ist er davon überzeugt, dass für einen gesunden Lebensstil alle Nahrungsbausteine benötigt werden, in begrenztem Umfang auch tierische. Dabei sieht Xavier Ausgewogenheit und Abwechslung als einen wichtigen Ansatzpunkt. “Auf diese Weise bleibt ohnehin mehr Platz für Obst und Gemüse.”
WENIG BEWEGUNG IM SORTIMENT
Der größte Teil der vorverarbeiteten Produkte von Eussifruit wird an die Gastronomie geliefert. Hierbei fällt Xavier auf, dass in Bezug auf das Sortiment vieles beim Alten bleibt. „Für die Köche gibt es wenig Spielraum für Innovationen. Das führt dazu, dass sie meist das bekannte Programm ablaufen lassen und vor allem die bekannten Produkte verlangen. Neue Ideen gibt es kaum. Bei gemischtem Gemüse, zum Beispiel für Wok- oder Pfannengerichte oder Mischsalat, ändert sich gelegentlich die Zusammenstellung, aber im Allgemeinen bleibt das Sortiment gleich.“
Der Auslöser für eine Änderung der Mischung kann neben dem Wunsch des Kunden auch die Verfügbarkeit oder der Preis einer der Bestandteile sein, erklärt Xavier. „Wenn eine Komponente sehr teuer wird, teilen wir den Kunden mit, dass wir entweder den Preis erhöhen oder ein anderes Produkt verwenden müssen, aber das tun wir nur in Ausnahmefällen.“
EFFIZIENZ
Das ist einer der Gründe, warum Effizienz beim Schneiden von Gemüse ein wichtiger Aspekt ist, wie Xavier betont. „Die Aufgabe besteht darin, das Gemüse so effizient und mit so wenig Abfall und Schnittverlusten wie möglich zu schneiden. Eine Möglichkeit, das zu erreichen, besteht darin, die Aufträge so weit wie möglich zu bündeln, damit beim Schneiden eines Produkts möglichst wenige Chargen benötigt werden.“ Ein weiterer Aspekt, der seiner Meinung nach eine Rolle spielt, ist der Reifegrad der zu verarbeitenden Produkte. „Ein zu reifes Produkt lässt sich nicht schneiden und hat eine kürzere Haltbarkeit, während ein unreifes Produkt nicht gut schmeckt. Das ist also ein Faktor, den wir beim Einkaufen genau im Auge behalten.“
Außerdem kann Xavier zufolge die Innovation zu einer noch höheren Effizienz beitragen. „Es gibt noch viele Innovationen, gerade für Unternehmen wie unseres, die flexibel sein müssen, um in kurzer Zeit viele kleinere Chargen verarbeiten zu können.“ Der Großhändler betont diese Flexibilität für Eussifruit als regional tätiges Unternehmen. Das Unternehmen mit Sitz in Kerkrade ist in einem Umkreis von 100 Kilometern aktiv und beliefert neben den niederländischen auch belgische und deutsche Kunden. Xavier weist darauf hin, dass die Kunden in jedem Land ihre speziellen Bedürfnisse haben, weshalb eine schnelle Umstellung bei der Verarbeitung von Obst und Gemüse wichtig ist. „Durch Flexibilität in der Produktion können wir unseren regionalen Kunden die passende Lösung anbieten.“
info@eussifruit.eu
171 AGF Primeur 4 • 2024
Äpfel
Chantal und Xavier Meijers von Eussifruit
Carmelo Salguero von Granada La Palma:
„Dank der bedeutenden und breiten
Segmentierung im Tomatensektor sind einige Spezialitäten nicht von der Dynamik des Jahresanfangs betroffen“
In den spanischen Provinzen Granada und Almeria geht die Gemüsekampagne zu Ende, eine Saison, die in zwei unterschiedliche Abschnitte unterteilt ist mit dem Januar als Wendepunkt. “Rückblickend hatten wir bereits zwei Jahre lang Produktionsengpässe zwischen Januar und März aufgrund von Kälteeinbrüchen, und in diesem Jahr ist es von Januar bis März anders gelaufen, in einer Lücke, die alle schließen wollten”, sagt Carmelo Salguero von Granada La Palma.
Die Temperatur wirkt als Katalysator für die Produktion, und die Versorgungslage, die nach Angaben von Aemet von einer “extrem warmen” Periode im Januar und Februar und einer “sehr warmen” im März geprägt war, wirkte sich auf die Preise der meisten Gemüsearten aus. “Das Wetter ist ein Faktor, der sich zunehmend auf die Produktion
auswirkt und zu Anpassungen bei den Anbauflächen und den Zeitplänen der Kampagnen führt, und zwar nicht nur in ganz Europa, von Norden nach Süden, sondern auch in Nordafrika und der Türkei”, sagt Carmelo. “Und das wird Folgen haben, bis eine gewisse Stabilität erreicht ist, was aufgrund des Klimawandels, der sich zunehmend auf die landwirtschaftli-
che Produktion auswirkt, eine ziemliche Herausforderung sein wird.”
Tomaten gehören zu den Gemüsesorten, deren Preise seit Anfang 2024 von diesen Schwankungen betroffen sind, und Granada La Palma ist Spezialist für diese Kultur. „Normalerweise sind bei einem Überangebot eines Produkts, in diesem Fall an Tomaten, alle Sorten betroffen, aber dank der bedeutenden und breiten Segmentierung im Tomatensektor sind einige Spezialitäten nicht so stark betroffen.“
„Im Allgemeinen wurden die Anpflanzungen verschoben, um Schädlingsbefall so weit wie möglich zu vermeiden. Die für Juli und August geplanten Pflanzungen wurden im September durchgeführt. Die marokkanische Produktion wurde
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ebenfalls verschoben, nachdem das Land Temperaturen von über 50 Grad Celsius verzeichnet hatte, die die Gewächshausproduktion im Sommer verbrannten. Hinzu kommt, dass einige Parzellen in den Niederlanden, Belgien und Frankreich, die im letzten Jahr wegen der hohen Kosten nicht bepflanzt wurden, in die Produktion aufgenommen wurden. All dies hat dazu geführt, dass mehr produziert wurde, als der Markt aufnehmen konnte, was zu einem Preisverfall geführt hat.“
„In Granada La Palma konnten wir unsere Produktion jedoch während der Produktionsspitzen vermarkten, und der Durchschnitt, der berücksichtigt werden muss, war angemessen“, sagt Carmelo. „Außerdem hat unsere Strategie, sich auf Produkte und Marken zu konzentrieren, die einen Mehrwert bieten und von den Verbrauchern leicht als Synonym für Qualität erkannt werden, die Kunden dazu gebracht, sich weiterhin für unsere Produkte zu entscheiden.“
„Wir arbeiten mit Tomatenspezialitäten, die sich eine sehr interessante Nische auf dem Markt geschaffen haben, wie die Dulce Extra oder die Amela-Tomaten, die sich durch einen außergewöhnlichen Geschmack und eine nachhaltige Produktionsweise auszeichnen. Für die Produktion von einem Kilo Amela-Toma-
ten werden nur zehn Liter Wasser benötigt, während für eine normale Tomate 60 Liter benötigt werden.“
„Das Gleiche gilt für die Adora-Tomaten, die vor sieben Jahren eingeführt wurden. Sie benötigen nur 24 Liter Wasser, um ein Kilo zu produzieren, und ihr Brix-Wert bleibt dank unseres Selektionssystems
mit NIR-Technologie, das die Tomaten einzeln bewertet, garantiert über sieben Grad.“
„Es gibt auch die Primora, eine extra süße Tomate, und die Murice, eine violettfarbene Tomate, die wir vor drei Jahren eingeführt haben und die zu unserer funktionellen Tomatenlinie gehört, da sie viele
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Carmelo Salguero von Granada La Palma
Anthocyane enthält, die ein natürliches Antioxidans sind. Die Murice wurde von den europäischen Verbrauchern sehr positiv bewertet, was eine große Überraschung war.“
„Sie alle haben gemeinsam, dass wir sehr stabile Preise gewährleisten können, ohne das Auf und Ab, das man normalerweise auf dem Tomatenmarkt sieht.“
VON JAPAN NACH GRANADA: OBST UND GEMÜSE VON DER COSTA TROPICAL MIT ORIENTALISCHEM FLAIR
Im Frühjahr und Sommer wird Granada La Palma seine breite Palette an Kirschtomaten und Mini-Gemüse sowie weitere Spezialitäten wie kernlose Paprika, Padron-Paprika, „ein Produkt, das sich auf dem europäischen Markt sehr stark entwickelt“, Wabisabi-Tomaten oder japanische Auberginen anbieten.
Aus Japan stammt nämlich die AmelaTomate sowie die Irwin-Mango, eines der exotischen Produkte, die Granada La Palma in einigen Monaten zusammen mit der Pitahaya und der Fingerlimette auf den Markt bringen wird. „Wir waren in Japan,
um zu erfahren, wie die dortigen Erzeuger die Mango in Gewächshäusern anbauen, damit wir dann nach Granada zurückkehren und versuchen können, diese unvergleichlich aromatische und schmackhafte Mango auch in Spanien zu produzieren“, sagt Carmelo.
„Die ersten Irwins der Saison werden im Juli von den Gewächshäusern in Motril geliefert und stehen in direktem Wettbewerb mit den Mangos, die per Luftfracht aus Peru verschickt werden. Einige Supermärkte haben bereits großes Interesse an ihnen signalisiert.“
wir vor anderthalb Jahren beschlossen, dieses Projekt mit dem Ziel zu starten, sie das ganze Jahr über zu produzieren.“
Die japanische Kultur, die Kulturpflanzen und die methodischen Produktionssysteme des Landes waren Inspirationsquellen für Granada La Palma, dem es gelungen ist, mit der Produktion von Tayoo-Melonen in Granada eine Entfernung von mehr als 11.000 Kilometern (Luftlinie) zu überbrücken.
„In Japan haben wir einen geschmacksorientierten Markt entdeckt. Was die TayooMelonen anbelangt, wussten wir, dass viele im Horeca-Kanal diese Melonensorte auf dem Luftweg kaufen, und so haben
„Zurzeit führen wir Versuche mit verschiedenen Samen aus Japan durch, um festzustellen, welche Sorten für die jeweilige Jahreszeit am besten geeignet sind. Und wir haben bereits erfolgreiche Versuche mit der Ernte von Melonen im Dezember durchgeführt. Momentan befindet sich das Projekt noch in der Evaluierungsphase, aber es passt zu unseren geschmacksorientierten Spezialitäten, die einen Nischenmarkt bedienen und den Erzeugern einen schnellen Ertrag sichern sollen.“
174 AGF Primeur 4 • 2024 Spanien
#VegetablesPeopleLove www.nunhems.de
„Jeder Kettenpartner, bis hin zum Verbraucher, bekommt vom Veredeler die gleiche Aufmerksamkeit“
Die Veredelung von Obst und Gemüse ist immer eine Gratwanderung. Es werden mehrere Ziele verfolgt, wie zum Beispiel ein guter Durchschnittsertrag für den Erzeuger und ein hervorragender Geschmack für den Verbraucher. Wir haben uns bei BASF | Nunhems umgeschaut und Porree, Tomaten und Wassermelone ausgewählt, um bestimmte Veredelungsziele wie 'Reinigungsfähigkeit', ToBRFV und Convenience näher zu betrachten.
„Unser Lauch wird von Norwegen bis in den äußersten Süden Europas angebaut. Während Zwiebeln und Knoblauch, zwei weitere Mitglieder der Allium-Familie, weltweit angebaut und verzehrt werden, ist Porree ein regionales Produkt. Etwa 95 % der Anbauflächen befinden sich in Europa, daneben gibt es einen gewissen Anbau in den Vereinigten Staaten und Australien. Dies hat nichts mit den Anbaubedingungen zu tun, sondern ist rein kulturell bedingt. Am besten lässt sich Porree in Afrika und Asien
anbauen, aber dort ist das Gemüse kaum bekannt“, sagt Toon van Doormalen, Porree-Veredeler bei BASF | Nunhems.
EIN VIELSEITIGER APPETIZER, ABER JUNGE LEUTE MÜSSEN ÜBERZEUGT WERDEN
Als Appetitanreger ist Porree selten die Hauptzutat eines Gerichts, aber als Standard- und Volumenprodukt ist er ein wichtiger Artikel für Schneidereien und den Frischmarkt, sagt Guus van Bree, Sales Specialist bei BASF | Nun-
hems. „Im Supermarkt kann man ihn lose kaufen, und auch in den Frischpackungen findet man immer eine Stange ohne Blätter. In Großbritannien wird Porree kaum noch mit Blättern verkauft, was vor allem der Bequemlichkeit in der Küche zugute kommt, denn der Verbraucher hat dann weniger Abfall. Porree ist ein echter Appetitanreger und außerdem ein vielseitiges Produkt. Als Suppeneinlage ist er ein Klassiker, aber man kann ihn auch dünsten, braten und grillen. Diese Möglichkeiten werden noch viel zu wenig genutzt.“
In diesem Sinne bricht Toon eine Lanze dafür, vor allem jungen Menschen dieses unterschätzte Gemüse näher zu bringen: „Ältere Menschen wissen um den Wert, aber Porree als Produkt ist nicht sexy, das müssen wir zugeben. Nicht nur seine Vielseitigkeit wird unterschätzt, auch seine gesundheitlichen Vorzüge könnten etwas
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Veredeler
Mini-Wassermelone ohne Kerne, Sorte Takemi
mehr Beachtung finden. Man weiß viel über die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Knoblauch, aber Porree hat sie auch. Nur in geringerer Konzentration, obwohl man natürlich gewichtsmäßig mehr Porree als Knoblauch isst, das gleicht sich also aus.“
ETLICHE HERAUSFORDERUNGEN, DARUNTER 'REINIGUNGSFÄHIGKEIT'
Unter der Marke Nunhems bietet die BASF mehr als nur Gemüsesaatgut an. „Wir bieten Zusammenarbeit und kundenorientierte Lösungen für die gesamte Gemüsekette: Pflanzenzüchter, Anbauer, verarbeitende Industrie, Händler, Einzelhandel und Gastronomie. Da die Herausforderungen durch Klimawandel, Arbeitskräftemangels und Krankheitsdruck zunehmen, entwickeln wir ständig neue Sorten, von denen einige gegen bestimmte Krankheiten und Schädlinge resistent sind und andere unter schwierigen Bedingungen wie Trockenheit oder Hitze gedeihen.“
Bei Porree, wo BASF | Nunhems Marktführer ist, ist auch die 'Reinigungsfähigkeit' eine Herausforderung. „Der größte Kostenfaktor für einen Anbauer ist die Vorbereitung des geernteten Porrees für die Auktion. Und das ist Handarbeit, denn die verschmutzten und schlechten Blätter müssen entfernt werden. Die Ernte selbst leidet nicht unter dem Arbeitskräftemangel, da sie fast ausschließlich
maschinell erfolgt, in den meisten Fällen mit einer Erntemaschine, aber die Verarbeitung im Lager ist immer noch Handarbeit. Daher ist es wichtig, den Porree so sauber wie möglich zu ernten. Zu diesem Zweck haben wir eine Sorte entwickelt, die schneller zu reinigen ist und bei der sich die Blätter leichter entfernen lassen. Das spart dem Anbauer viele Arbeitsstunden“, erklärt Toon.
Ob die neue Veredelungstechnik CRISPRCas, sollte sie in naher Zukunft grünes Licht von der Europäischen Union erhalten, auch die Entwicklung von leichter zu reinigendem Porree vorantreiben kann, kann Toon noch nicht mit Bestimmtheit sagen: „CRISPR-Cas könnte ein Fortschritt für die Veredelung sein, vor allem, wenn in absehbarer Zeit das gesamte Genom des Porrees entschlüsselt sein wird, aber nicht so sehr für die Reinigungsfähigkeit, denn genetisch gesehen ist das wahrscheinlich eine sehr komplexe Eigenschaft, die über das Genom verteilt ist. Das alles mit CRISPR-Cas zusammenzubringen, wird keine Kleinigkeit sein und für eine so regionale Kulturpflanze auch ein unglaublich teures Unterfangen.“
TOBRFV, DER SCHRECKEN DER TOMATENANBAUER
Regional ist nicht unbedingt ein Wort, das auf Tomaten zutrifft, genauso wenig wie auf eine Bedrohung für diese Kultur-
pflanze, die auf den Namen ToBRFV hört, ein Virus, das erstmals 2015 in Jordanien entdeckt wurde und dann 2018 in Europa auftauchte. ToBRFV war in den letzten Jahren ein großes Problem für Tomatenanbauer in den Niederlanden, Spanien und anderen wichtigen Anbauregionen. Mittlerweile ist es weltweit verbreitet, mit Ausbrüchen unter anderem in China und den USA. „Aber“, so Erwin de Kok von BASF | Nunhems, „in den Niederlanden und Belgien sind inzwischen rund 80 Prozent der Tomatenanbaufläche mit resistenten Sorten bepflanzt. In Südeuropa werden die Zahlen wahrscheinlich ähnlich ausfallen.“
„Die schnelle Ausbreitung des Virus über verschiedene Anbauregionen mag manch einen überraschen, aber nach Corona wissen wir es natürlich besser. Der Export und Import von Tomaten ist ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung des Virus, aber auch Erntearbeiter aus anderen Ländern können Viruspartikel an ihrer Kleidung, Brille usw. tragen. Das Virus ist sehr hartnäckig, die Symptome treten erst nach mehreren Wochen auf, und um das Gewächshaus nach einer Infektion zu säubern, müssen die Anbauer sehr gründlich vorgehen“, sagt Erwin, der bei BASF | Nunhems Sales specialist für Tomaten im Hightech-Anbau ist.
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Vitalion Tomate
Lauchfeld Flexiton
BELICHTETER ANBAU FAST VOLLSTÄNDIG RESISTENT
Im belichteten Anbau wird laut Erwin inzwischen wahrscheinlich zu 90 bis 100 Prozent resistentes Material verwendet. „Wenn ein Anbauer eine nicht resistente Sorte verwendet, dann meist deshalb, weil es in diesem Segment noch keine resistente Alternative gibt. Da aber ein belichteter Anbau erhebliche Kosten verursacht, werden resistente Sorten gewählt. Das Pflanzmaterial ist zwar teurer, aber die Mehrkosten können als Versicherungspolice betrachtet werden. Wenn das Virus nämlich im Gewächshaus latent vorhanden ist, hat das keine Auswirkungen auf die Pflanzen.“
BASF | Nunhems startete das Resistenzprogramm mit den fünf kommerziell erfolgreichsten Sorten. „Seitdem haben wir die Resistenz in viele weitere Sorten eingebaut. Fast alle Sorten, die jetzt kommerziell eingeführt werden, sind mit Resistenzgenen gegen Viren angereichert. Statt der üblichen sechs Jahre, die die Entwicklung einer neuen Sorte dauert, konnten einige bestehende Sorten in drei Jahren angepasst werden. Das liegt daran, dass man von einer guten Basis ausgeht und etwa 98 Prozent der Genetik beibehält. Es geht um die Einführung von Resistenzen, aber im Großen und Ganzen weiß man, was zu erwarten ist“, erklärt Erwin.
DIE QUALITÄT BLEIBT ERHALTEN
Nach dem Veredelungsprozess werden die Sorten an einem externen, zertifi-
zierten Standort auf das Vorhandensein des Virus getestet. „Dort sehen wir, wie die Pflanzen und Früchte auf das Virus reagieren. Bei Erfolg setzen wir die Sorte auch in größerem Umfang an eigenen und externen Standorten aus, um genügend Daten zu erhalten, denn neben der Virusresistenz spielen natürlich auch Eigenschaften wie Durchschnittsertrag, Geschmack, Größensortierung und Haltbarkeit eine Rolle.“
Dabei stellt sich heraus, dass all diese Eigenschaften bei den resistenten Sorten recht gut erhalten sind. „Qualitativ zeigen sie keinerlei Einbußen. Wir stellten sogar fest, dass der Brix-Wert bei einigen Sorten höher ist als bei der ursprünglichen Sorte, und manchmal gibt es sogar echte Fortschritte bei der Farbe. Bei Vitalion, einer Premium-Kirschtomate für den Freilandanbau und den belichteten Anbau, die auf dem besten Wege ist, Marktführer in ihrem Segment zu werden, haben sich die Minuspunkte der Originalsorte entgegen unseren Erwartungen sogar in Pluspunkte verwandelt. Lediglich bei den größeren Sorten ist in einigen Fällen ein etwas geringeres Fruchtgewicht festzustellen. Bei den kleineren Sorten ist das nicht der Fall“, erklärt Erwin.
BASF | Nunhems entwickelt das Portfolio der ToBRFV-resistenten Sorten auch für den Anbau in Italien, Spanien, Marokko und der Türkei. „Diese Anbauländer sind genauso schnell wie wir hier in den Niederlanden. Es gibt bereits eine große Anzahl resistenter Sorten. Für Low-Tech-
Anbaubedingungen werden wir eine Unterlage namens DreamPower einführen. Die Erwartungen sind hoch, denn sie hat sich in der Praxis sehr gut bewährt“, sagt Pascal.
WASSERMELONE BEWEGT SICH AUF CONVENIENCE ZU
Auch in Spanien arbeitet BASF | Nunhems an der Entwicklung von WassermelonenSorten. Für Francisco Javier López Fernández ist die Ausgewogenheit das Prinzip, an dem alle Veredelungsbemühungen in diesem Segment gemessen werden. „Bei der Veredelung suchen wir immer nach einem Gleichgewicht zwischen verschiedenen Eigenschaften, von denen die wichtigsten Qualität, Haltbarkeit, Geschmack und Größe auf der Marktseite und Durchschnittsertrag, Stresstoleranz und Krankheitsresistenz auf der Anbauseite sind. Man muss sie alle im Auge behalten. Wenn man das nicht tut, läuft man früher oder später Gefahr, entweder vom Markt oder von den Anbauern abgestraft zu werden.“
Obwohl die kernlose Wassermelone in Japan erfunden wurde, findet man sie dort nicht sehr oft in den Regalen, sagt Francisco Javier. „Das ist natürlich etwas seltsam. In den ersten Jahren wurden sie vor allem von US-amerikanischen Unternehmen entwickelt, später sprangen auch einige europäische Veredeler auf den Zug auf. Erst Ende der 1990er Jahre ging es aufwärts, und das hatte viel mit Fortschritten in der Anbautechnik zu tun. Und während die Mini-Wassermelonen
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Erwin de Kok Verkaufsspezialist im Tomato Experience Center
erst seit Anfang der 2000er Jahre eine gute Qualität aufweisen, ist die kernlose Version der Minis immer noch auf dem Vormarsch.“
Nach Ansicht von Francisco Javier müssen einige Faktoren im Bereich des Anbaus noch optimiert werden. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die traditionellen großen Wassermelonen, die 15-KiloUngetüme, die man oft in Marokko oder im Nahen Osten findet, einen durchschnittlichen Ertrag von 100 Tonnen pro Hektar erzielen können, während sich die Minis mit der Hälfte begnügen müssen. Die großen kernlosen Wassermelonen und die mittelgroßen Wassermelonen ohne Kerne mit einem Gewicht von 7 bis 8 Kilo liegen mit 70 bis 80 Tonnen pro Hektar im Mittelfeld.“
MINIS MIT EXTREM KLEINEN KERNEN BASF | Nunhems hat aber eine Zwischenlösung: Mini-Wassermelonen mit extrem kleinen Kernen. „Die Qualität ist gut und sie sind in der Lage, die kernlosen Wassermelonen zu bestäuben. Das ist nicht unwichtig, denn ein Feld nur mit kernlosen Wassermelonen ist nicht möglich, man muss auch eine Sorte mit Samen zur Bestäubung anbauen. Statt der traditionellen großen Kugeln können die Anbauer nun auf einem Feld zum einen normale Kernlose und zum anderen Minis als Bestäuber anpflanzen. Das sind zwei Premium-Produkte, die den Erzeugern natürlich viel mehr Perspektiven bieten.“
Dass kernlose Wassermelonen einen niedrigeren Brix-Wert haben, wie manchmal behauptet wird, ist Francisco Javier zufolge ein Irrglaube. „In Wirklichkeit haben einige Länder gerade deshalb auf Kernlose umgestellt, weil sie qualitativ besser sind. Und auch die Tatsache, dass die Frucht umso süßer sein soll, je dunkler die Schale und das Rot des Fruchtfleisches ist, ist nur eine Frage der Wahrnehmung. Das ändert nichts daran, dass ein Fachmann anhand der Farbe der Schale erkennen kann, ob eine Wassermelone reif ist oder nicht, was natürlich von der Sorte abhängt.“
BEIMPFUNG IST ENTSCHEIDEND
Der Spezialist für Produktentwicklung erklärt, dass bei dem heute weniger stabilen Klima versucht wird, Veredelungslinien zu entwickeln, die die allgemeine Vitalität der Pflanzen erhöhen. „Um eine Pflanze zu stärken, braucht man unter anderem ein gutes Wurzelsystem. Die Beimpfung ist hier ein wichtiger Teil der Lösung. In Südeuropa werden alle Wassermelonenpflanzen beimpft. Ohne Beimpfung würde die spanische Anbaufläche auf ein Viertel schrumpfen, da die nicht beimpften Pflanzen nur auf jungfräulichem Boden wachsen würden.“
HOHER GESUNDHEITLICHER NUTZEN
Um die Kategorie in den Regalen zu entwickeln, sieht Francisco Javier neben einem konsistenten Angebot von guter Qualität, Geschmack und Haltbarkeit auch Convenience-Lösungen als Vorteil. „Denken Sie nicht nur an die Art der Was-
sermelone – die kernlose und die Minis –, sondern auch an verarbeitete Produkte wie vorgeschnittene Früchte in handlichen Verpackungen oder Saft. Das sind Produkte, die eine andere Art von Verbrauchern ansprechen können, zum Beispiel junge Leute, Sportler und Menschen, die sich gesund ernähren wollen. Diese gesundheitlichen Vorteile könnten noch besser kommuniziert werden, denn neben der Tatsache, dass die Wassermelone unter anderem eine Vitamin-C-Quelle ist, muss der Gehalt an dem starken Oxidationsmittel Lycopin stärker als bei jedem anderen Obst oder Gemüse hervorgehoben werden. Für Sportler wiederum ist der hohe Gehalt an Citrullin ein Pluspunkt, da diese Substanz dazu beiträgt, die Übersäuerung der Muskeln während und nach dem Training zu reduzieren“, so Francisco Javier abschließend. (PB/PDC)
kaya.schmitz@basf.com
179 AGF Primeur 4 • 2024
Guus van Bree Verkaufsspezialist im Bereich Lauch
ToBRFV resistente Tomatensorten
Unvorhersehbarkeit spielt die Hauptrolle im Kühltransport
Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Prognosebranche für Obst und Eiweiß stellt Thomas Eskesen von der im Bereich des Kühltransports tätigen Eskesen Advisory fest, dass der Handel immer schwieriger vorherzusagen ist, wobei sich die Situation weiter verschlechtert. Thomas bemerkt, dass das Wachstum des Handels mit Frischobst unter anderem durch Mutter Natur, Währungsrisiken und Handelshemmnisse beeinflusst wird, was zu großen Unterschieden in den globalen Handelsabläufen führt.
Erweist auch darauf hin, dass es früher eine Korrelation zwischen dem Bevölkerungswachstum und dem Anstieg der Nachfrage nach Lebensmitteln gab, die inzwischen aufgehoben ist. “Wir beobachten das nun schon das zweite Jahr in Folge. Im Jahr 2023 (bis November) haben wir einen Rückgang der globalen Mengen um ein Prozent erlebt. Aus der Perspektive von Obst und Gemüse gibt es etwas Hoffnung am Horizont: Wir haben einen starken Aufschwung gegen Ende 2023 mit bis zu zehn Prozent Wachstum bei weltweit gehandeltem Frischobst gesehen.”
NORMALISIERUNG
Thomas sieht einen großen Unterschied zum Vorjahr, als die Erzeuger noch viel Geld verloren. Thomas meint, dass es abgesehen von den steigenden Kosten
durch die Erhöhung der Frachtraten verursacht wurde. „Die Reedereien sind zu weit gegangen und haben die Tarife für den Transport von Obst und Gemüse zu stark angehoben, wodurch ein Teil des Marktes verloren ging. Deshalb, weil den Erzeugern das Geld fehlte, haben wir einen Volumenrückgang erlebt. Die gute Nachricht ist, dass die Reflation im Großen und Ganzen vorbei ist und die Frachttarife sich normalisieren.“
Eine weitere unvorhersehbare Situation ist die Krise im Roten Meer. Thomas weist darauf hin, dass die Umleitung um das Kap der Guten Hoffnung zusätzliche Zeit in Anspruch nimmt und weitere Container erfordert, sodass ein Kaskadeneffekt zu erwarten ist, der zu einer Verknappung des Materials führt. „Selbst wenn man Waren beispielsweise von
Indien nach Europa transportiert und davon ausgeht, dass es auf dieser Handelsroute keine Rolle spielt, spielt es doch eine Rolle.“ Anstatt sich hauptsächlich auf den Preis zu konzentrieren und bis zur letzten Minute auf das beste Angebot zu warten, rät er den Verladern daher, rechtzeitig mit der Planung zu beginnen. Er bezeichnet die Situation als höchst unvorhersehbar und rechnet damit, dass es selbst bei einer Lösung des Problems noch weitere sechs Monate dauern wird, bis sich die Situation normalisiert.
AUFTRAGSBUCH
Das wirkt sich auch auf die Tarife aus. „Die Tarife sind immer noch recht niedrig, aber höher als vor einem Jahr.“ Thomas stellt fest, dass viel gechartert wird. „Alle Schiffe, die man derzeit finden kann, werden gechartert. Alle suchen nach Tonnage, um die Suez-Krise auszugleichen. Es gibt nicht mehr viel Kapazität, aber die gute Nachricht ist, dass es genug Kapazität geben wird, sobald sich die Situation normalisiert. Diese Einschätzung wird durch die neu in Auftrag gegebenen Schiffe noch gestärkt. „Der aktuelle Auftragsbestand entspricht etwa 30 Prozent der aktuellen Kapazität. Das ist enorm.“ Obwohl Thomas der Meinung ist, dass diese Situation die Einkäufer von Transportdienstleistungen optimistisch
180 AGF Primeur 4 • 2024 Logistik
stimmt, warnt er vor der Verfügbarkeit der dazugehörigen Container. Das könnte schwieriger sein, denn er weist darauf hin, dass 2023 nur wenige Container neu hinzugekommen sind. „Während Covid, als der Bedarf an Containern größer war, wurde zu viel investiert. Die Container
wurden nur dann aus dem Verkehr gezogen, wenn es nötig war. Jetzt erleben wir wieder eine Normalisierung. Auch für das Jahr 2024 ist Thomas ebenfalls nicht sehr optimistisch. Es mag zwar Unterschiede zwischen den einzelnen Reedereien geben, aber er sieht keinen Grund, war-
um der Zuwachs an neuen Containern bei zehn Prozent liegen sollte, wenn die Nachfrage im Welthandel eher stagnieren wird.
VERLUSTE FÜR REEDEREIEN
Obwohl der Krieg viele Unsicherheiten mit sich bringt, sieht Thomas die Aussichten für die Reedereien nicht positiv. „Grundsätzlich werden die Reedereien in diesem und vielleicht sogar im nächsten Jahr im Seeverkehrsbereich Geld verlieren.“ Trotz der gesunkenen Frachtraten, die auf das Niveau vor Covid zurückgefallen sind, bezeichnet er dies auch als schlechte Nachricht für die Verlader. „Wenn ein Dienstleister Geld verliert, wird er nicht mehr so großzügig sein, wenn es um Kulanzfragen geht.“
Dennoch bleibt Thomas für die Verlader optimistisch, auch weil er aufgrund des Wetters mit einem begrenzten Obstangebot rechnet. „Wenn man also gutes Obst und einen guten Zugang zu Transportmöglichkeiten hat, ist man in einer ziemlich guten Position. Es gibt Grund, optimistischer zu sein als vor einem Jahr.“
Freilandspezialist
181 AGF Primeur 4 • 2024
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Partner für Industrie und Frischmarkt
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Thomas Eskesen, Eskesen Advisory
Stellt der zunehmende polnische Birnenanbau eine Bedrohung für die niederländische und belgische Branche dar?
Die polnische Birnenproduktion ist nach Angaben der WAPA in den vergangenen Jahren von 40.000 Tonnen im Jahr 2017 auf 100.000 Tonnen in diesem Jahr gestiegen. Das ist zwar gering im Vergleich zu den rund 4.000.000 Tonnen Äpfeln, die das Land jährlich produziert, aber das Wachstum in den vergangenen Jahren ist trotzdem deutlich. Muss sich die niederländische und belgische Kernobstbranche auf ein Szenario wie bei den Äpfeln einstellen?
Fruitconsult-Obstbauberater
Jos de Wit zufolge nimmt das Interesse am Birnenanbau in Polen deutlich zu. “Die Apfelbauern suchen nach Alternativen und würden gerne mit dem Birnenanbau
beginnen. Ich war 2006 selbst in Polen, bei frostigen 20 Grad minus und einem halben Meter Schnee. Damals sind viele Birnbäume erfroren, und das Klima wurde als Gefahr für eine gesunde Bewirt-
182 AGF Primeur 4 • 2024 Birnen
Jos de Wit
schaftung angesehen. Seitdem hat es aber nie wieder einen derartig strengen Frost gegeben.”
„Jetzt fällt auf, dass die polnischen Erzeuger wieder Interesse an der Anpflanzung von Conference-Bäumen haben. Die jetzigen Unterlagen sind relativ frostbeständig, wobei ein Risiko natürlich bleibt. Ein
Jahr mit starkem Frost reicht, um viele Bäume zu zerstören. Außerdem ist der Birnenanbau in Polen kein Zuckerschlecken. Die Niederlande und Belgien haben im Allgemeinen viel bessere Böden und Bedingungen in Bezug auf Temperatur, Wasser und Ernährung. Diese sind in Polen noch nicht optimal, weshalb etliche Anpflanzungen mit Wachstumsproblemen, Feuerbrand und Birnenblattsauger zu kämpfen haben. Die für Äpfel geeigneten Böden sind nicht automatisch auch für Birnen geeignet.“
„Darüber hinaus ist auch die Bewässerung ein Problem. In Polen habe ich eine Parzelle besucht, die partiell bewässert wurde. Aber nur der bewässerte Teil erbrachte Birnen, wo keine Bewässerung stattfand, war die Produktion gleich null. Alles in allem erwarte ich nicht, dass die polnische Birnenproduktion eine Bedrohung für die niederländischen und belgischen Erzeuger darstellen wird. Kürzlich habe ich in einem Vortrag auch gesagt: Birnenanbau ist Spitzensport. Das gilt für Polen, aber auch in Westeuropa. Auch hier in Zeeland zeigt sich bei extremer
Trockenheit, wie schwierig der Birnenanbau ist.“
Dennoch gelingt es professionellen polnischen Züchtern, eine gute Qualität anzubauen, wie Jos betont. „Die Conference-Birnen in Polen sind oft sogar noch glatter als unsere. Allerdings sind sie in der Regel etwas kleiner. Ich glaube auch, dass polnische Birnen eine Chance für den niederländischen Export bieten können. Noch werden sie in erster Linie für den heimischen Markt angebaut. Wenn
183 AGF Primeur 4 • 2024
Joris Wisse
Gerard van den Anker
die heimischen Birnen zur Neige gehen, können niederländische und belgische Birnen eine gute Ergänzung sein. Jahrelang gab es die Diskussion, dass der Birnenanbau so schnell expandiert, dass es nur zu einem Preisdruck führt, aber aufgrund der Probleme in den südeuropäischen Anbauregionen sind die Karten in den letzten Jahren dann doch neu gemischt worden.“
Das sieht auch der Obstanbauberater Joris Wisse so, der als Anbauspezialist für Baumobst bei der zentralen Beratungsstelle (Centrale Adviesdienst, CAV) arbeitet und selbst Obstbauer ist. „Im Moment sollten wir in den Niederlanden besonders froh über die Conference-Birnen sein, die in Polen in den Läden liegen. Polen wird immer schnell als Bedrohung gesehen, aber in den letzten Jahren haben wir in erster Linie davon profitiert, dass polnische Händler nach niederländischem Obst verlangten. So konnten die niederländischen Supermärkte den Preis erhöhen. Im vergangenen Jahr erwies es sich zum Beispiel als sehr positiv, als polnische Händler hierherkamen, um ihre Conference-Birnen zu kaufen.“
„Als der Birnenanbau jahrelang eher in der Flaute steckte, gelangten natürlich viele Bäume nach Polen. In der Vergangenheit erfroren viele Unterlagen und der Birnenanbau in Polen machte wenig Sinn. Aber seit der Einführung der Q-ElineUnterlage, die viel frostbeständiger ist, scheint der Birnenanbau durchaus möglich zu sein. Allerdings haben wir in den Niederlanden und Belgien immer noch
das beste Klima für den Birnenanbau“, sagt Joris.
„Vor allem der Nachtfrost bleibt eine Bedrohung für die polnischen Kulturen. Birnen blühen nun einmal früher als Äpfel. Deshalb werden Birnen in Polen noch nicht im großen Stil gepflanzt, obwohl man sehen kann, dass sich einige Betriebe professionell mit dem Anbau beschäftigen und es schaffen, Birnen von guter Qualität anzubauen. Daher sehe ich die polnische Birnenproduktion im Moment nicht als Bedrohung an. Solange sie genügend eigene Märkte neu erschließen, können wir sie mit den eigenen Birnen ergänzen. Kurzfristig sehe ich sie jedenfalls nicht als Konkurrenten auf unseren großen Exportmärkten. Auf dem Apfelmarkt gibt es viel mehr Wettbewerb, vor allem für die Industrie“, so Joris.
„Uns ist klar, dass in Polen reichlich Conference angebaut werden. Wir verfolgen das aufmerksam. Das polnische Festlandklima mit teilweise strengen Frösten macht den dortigen Birnen allerdings Probleme. Nicht umsonst gedeiht die Conference seit Jahren so gut in unserem gemäßigten maritimen Klima. Ein weiterer Faktor ist, dass Birnen nicht wie Äpfel maschinell verarbeitet werden können, sondern spezielle Handarbeit (sprich: Arbeitskraft) erforderlich ist. Arbeit, die auch in Polen nicht mehr billig ist“, bemerkt Joop Vernooij von Frupaks-Vernooij / Staay Food Group.
„Außerdem haben wir aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im Anbau und
bei der Lagerung von Birnen einen sehr großen Vorsprung. Wir sind also nicht akut beunruhigt, müssen aber wachsam bleiben. Längerfristig könnte die polnische Conference tatsächlich zu einem Konkurrenten werden. Unsere Herausforderung als niederländische Kernobstbranche liegt darin, aus dieser potenziellen Bedrohung eine Chance zu machen“, so Joop abschließend.
Auch Gerard van den Anker, ehemaliger Vorsitzender des niederländischen Obstbauverbands (Nederlandse Fruittelers Organisatie, NFO) und heute Geschäftsführer der Veiling Zaltbommel, sieht die Sache eher positiv. „Die Niederlande sind Weltmeister im Anbau von qualitativ hochwertigen Birnen, schließlich fliegen die niederländischen Anbauberater um die ganze Welt, um dieses Können zu vermitteln. Man sollte vor allem die Chancen und nicht die Gefahren sehen.“
„Wir als Veiling Zaltbommel sehen in diesem Jahr eine hohe Nachfrage nach guten Birnen, zum Beispiel aus Italien, wo die Birnenanbaufläche eigentlich schrumpft. Wir sehen auch, dass dort erfreuliche Preise erzielt werden können, denn für Qualität wird bezahlt. Schließlich kann der niederländische Erzeuger bei all dem Regulierungsdruck, den Kosten und den Nachhaltigkeitsambitionen mit dem Prinzip ‘immer am billigsten’ nicht existieren. Gute Qualität und Sicherung des Vertrauens, eine langfristig angestrebte Beziehung als zuverlässiger Lieferant und die erfolgreiche Suche nach Kooperationen im Verkauf zwecks Erzielung guter Ertragspreise sind der Schlüssel. Durch Bündelung erreicht man Stärke und Kontrolle.“
jos@fruitconsult.com jcwisse@caf.nl
184 AGF Primeur 4 • 2024 Birnen
Joop Vernooij
„Wir sind in der Lage, unseren unmittelbaren Nachbarn innerhalb von ein bis zwei Tagen zu beliefern“
Der polnische Obst- und Gemüsehandel ist eng mit dem deutschen Markt verbunden. Obwohl nicht alle Exporteure ihren Schwerpunkt in Deutschland haben, liefern die meisten von ihnen zumindest einen Teil ihrer Produkte an ihre Nachbarn. Laut Jan Nowakowski, Manager des polnischen Apfelexporteurs Genesis Fresh, ist es für ein Land ganz natürlich, die frischen Produkte in die nächstgelegenen Länder zu exportieren, da die meisten logistischen Herausforderungen beim Transport dieser kürzeren Entfernungen keine Bedrohung darstellen. Im Vergleich zu anderen Bestimmungsorten kommt die Ware relativ schnell am Zielort an, erklärt Nowakoski.
“Für ein Land wie Polen ist der Handel mit Deutschland ganz natürlich, denn Deutschland ist unser direkter Nachbar. So wie der skandinavische Markt für unsere frischen Produkte sehr wichtig ist, ist es auch der deutsche Markt. Es wird Sie nicht überraschen, dass der Handel zwischen Deutschland und Polen aus logistischer Sicht einfach sehr bequem ist. Wir sind in der Lage,
unser Nachbarland innerhalb von ein bis zwei Tagen zu beliefern. Wir liefern hauptsächlich volle Lkw-Ladungen nach Deutschland, können aber auch mit kleineren Lkw oder sogar im Sammelgutverkehr liefern. Märkte wie die in den Niederlanden haben eine bessere Lösung für den Lkw-Mix als Polen. Das liegt daran, dass die Niederländer eine viel größere Vielfalt an Frischprodukten liefern, nicht
nur aus eigenem Anbau, sondern auch aus dem, was sie auf den Überseemärkten erworben haben.”
Obwohl der Export nach Deutschland im Vergleich zu anderen Destinationen weniger logistische Herausforderungen mit sich bringt, bedeute das nicht, dass es überhaupt keine Schwierigkeiten beim Transport der Produkte nach Deutschland gibt, betont Nowakowski: „Die Belieferung des deutschen Marktes ist nicht ohne Herausforderungen. Es ist ein ziemlich großes Land, und die Lieferung in all diese verschiedenen Ecken des Landes kann eine echte Herausforderung sein. Die polnischen Unternehmen haben jedoch Vertrauen in ihre logistischen Fähigkeiten, sodass wir in der Lage sind, jede Stadt in Deutschland zu erreichen. Es gibt noch weitere Aspekte, die den Export auf den deutschen Markt im Vergleich zur Belieferung anderer europäischer Länder erschweren. Zum einen verlangt der deutsche Markt strengere
185 AGF Primeur 4 • 2024
Äpfel
MRL-Werte als die Europäische Union. Das schränkt einige der polnischen Produkte ein, aber wir sind in der Lage, die von den Einzelhändlern geforderten Spezifikationen zu erfüllen. Wir beliefern die deutschen Einzelhändler bereits seit einigen Jahren.“
Für Nowakowski ist es ein absolutes Muss, wenn jemand auf den deutschen Markt exportieren möchte, alle Zertifizierungen in Ordnung zu bringen, da die meisten deutschen Einzelhändler diese Zertifizierungen als Voraussetzung ansehen. „Unser Unternehmen handelt insbesondere mit polnischen Äpfeln, und um Äpfel nach Deutschland zu schicken, muss man den Vorteil haben, alle Zertifizierungen ordnungsgemäß zu erhalten. Zum Beispiel sind alle unsere Äpfel mit GlobalGAP, Grasp, IFS und CoC zertifiziert.“
Wie bei allen anderen Obst- und Gemüsesorten auch, ist es ein wichtiger Schritt, sicherzustellen, dass deutsche Verbraucher sowohl am Produkt als auch an der Sorte interessiert sind. So gibt es beispielsweise bestimmte Sorten, die auf dem deutschen Markt sehr gut ankommen, und Nowakowski erklärt, dass es glücklicherweise die Sorten sind, die auch in Polen angebaut werden: „Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, Äpfel zu exportieren, die deutsche Verbraucher erkennen können und in ihren Einkaufswagen legen möchten. Deutschland baut ähnliche Apfelsorten an wie wir in Polen. Das heißt, sie können in der Regel die meisten Äpfel von uns importieren. Die Sorten
wie Royal Gala, Idared, Golden Delicious, Jonagold oder Red Jonaprince sind dort sehr bekannt. Es gibt jedoch Grenzen für den Export von Äpfeln nach Deutschland. Die Deutschen bauen selbst eine ausreichende Menge an Äpfeln an, sodass sie weniger Mengen importieren. Allerdings können sie während der Saison, wenn sie nicht genügend Mengen zur Verfügung haben, große Mengen an Äpfeln aus Polen kaufen.“
Mit Blick auf die Zukunft ist Nowakowski der Meinung, dass sich die polnischen Apfelbauern auf die Sorten konzentrieren müssen, die die deutschen Verbraucher suchen. Vor allem auf die Clubsorten, die derzeit nicht auf polnischem Boden angebaut werden. „Die Trends bei den deutschen Verbrauchern ähneln denen in ganz Europa. Demnach bevorzugen die deutschen Verbraucher auch Clubsorten. Leider sind das genau die Sorten, die wir in Polen nicht anbauen. Noch nicht. Die Zeichen stehen jedoch günstig, und wenn wir den deutschen Markt auch in Zukunft beliefern wollen, müssen wir darüber nachdenken, ebenfalls Clubsorten anzubauen. Das wird künftig außerdem für unsere Apfelproduktion gut sein.“
Natürlich sind auch die deutschen Großhandelsmärkte eine gute Option für die Produkte aus Polen. Nowakowski meint jedoch, dass die niederländischen Exporteure von Frischprodukten einen Vorteil auf diesen Märkten haben. „Regionale Großmärkte sind ebenfalls sehr wichtig für polnische Produkte, aber die an diese Märkte gelieferten Mengen sind gerin-
ger. Diese Märkte bevorzugen lokale Produkte, und ihre enge Verbindung mit den Niederlanden ist ebenfalls ein Faktor. Die Niederländer verfügen über hervorragende Logistikrouten, die zu diesen deutschen Großhandelsmärkten führen.“
Insgesamt ist Nowakowski der Meinung, dass der polnische Frischwarensektor ein guter Partner für deutsche Importeure und Einzelhändler ist. „Außerhalb der Apfelindustrie hat Polen viel zu bieten. Wir haben ein solides Produktionsniveau für mehrere beliebte Produkte. Die Qualität der polnischen Produkte hat sich in den letzten Jahren verbessert und unsere Preise sind wettbewerbsfähig. Und nicht zuletzt halte ich unseren Service für sehr gut. Mit den richtigen Marketingstrategien und gezielten Werbemaßnahmen können wir auf dem deutschen Markt noch mehr Fuß fassen. Wir verfügen über alle Qualitätszertifikate, die den deutschen Anforderungen entsprechen. Die polnischen Anbau-, Ernte-, Lagerund Verpackungsstationen sind auf europäischem Spitzenniveau. Neben unseren Äpfeln liefern wir nach Deutschland Produkte wie Pflaumen, Süß- und Sauerkirschen, Erdbeeren und Heidelbeeren“, sagt er abschließend.
j.nowakowski@genesisfresh.com
186 AGF Primeur 4 • 2024 Äpfel
Steve Alaerts, Foodcareplus:
„Wir haben die Chance für eine grundlegende Revision nicht genutzt“
Es sind turbulente Zeiten für die den Logistikbereich. Eine Krise jagt die nächste. Wie kann die Logistikbranche darauf reagieren? „Mit Diversifizierung”, sagt Steve Alaerts, der nicht nur Partner und Direktor des Logistikdienstleisters Foodcareplus ist, sondern auch Vorstandsmitglied der International Fresh Produce Association (IFPA) und Vorsitzender ihres Supply Chain Council. Dabei plädiert er für eine vielfältigere Logistiklandschaft, in der sich die Unternehmen in der Kette um mehr gegenseitiges Verständnis und Respekt bemühen. Dann, da ist sich Steve sicher, hat die Obst- und Gemüsebranche eine glänzende Zukunft vor sich. „Ich glaube, wir stehen kurz davor, dass die Menschen in diesem Umfeld der ultra-verarbeiteten Lebensmittel erkennen werden, dass Obst und Gemüse einen viel besseren Platz verdienen. Dass wir ein bisschen weniger für das iPhone ausgeben und ein bisschen mehr für ein Produkt, das mit Herz und Seele angebaut wurde und zudem gesund ist. Das wird die ganze Branche zum Blühen bringen, wenn wir nur alle an einem Strang ziehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Zeit erst noch kommen wird.”
Die Welt der Logistik scheint von einer Krise in die nächste zu taumeln. Kaum haben sich die Auswirkungen eines Krieges einigermaßen stabilisiert, gibt es zu wenig Wasser im Panamakanal und der nächste Krieg zeigt seine zerstörerische Wirkung. Ist die Dauerkrise das neue Normal und wie kann die Branche mit so viel Unsicherheit umgehen?
Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir die Corona-Pandemie hinter uns gelassen haben. Damals war sich der Markt sehr bewusst, dass wir weniger abhängig sein sollten von ein und derselben Versorgungsquelle, von ein und derselben Infrastruktur, von ein und demselben Hafen. Unabhängigkeit war das neue Wort: diversifizieren, sich nicht zu sehr bestimmten Risiken aussetzen. Jetzt sind fast drei Jahre vergangen, und wir sind alle wieder in den alten Trott zurückgefallen. Das ist sehr menschlich, aber wir müssen mit Bedauern feststellen, dass wir die Chance nicht genutzt haben, um einige Dinge grundlegend zu überdenken. Die Ereignisse im Suezkanal, einer der wichtigsten Transitregionen für die Branche, haben uns das noch einmal sehr eindringlich vor Augen geführt. Jetzt, wo er von den Houthis in Beschlag genommen wurde, ist allen klar: Wir sitzen wieder im selben Boot. Ich denke, wir sollten trotzdem noch einmal die Chance nutzen, einige Dinge grundlegend zu überdenken, um zu lernen, nicht mehr nur den einzigen, wirtschaftlich optimalen Weg zu gehen –und das gilt sicherlich auch für Obst und Gemüse. Das ist logisch und nachvollziehbar. Der Obst- und Gemüsehandel ist ein Wettbewerbsmarkt mit hauchdünnen Margen für viele Akteure in der Kette. Das heißt aber nicht, dass wir nicht alle davon profitieren, wenn alle nach einer reicheren Logistiklandschaft streben. Denn es nützt niemandem, wenn zum Beispiel aus Ostafrika heute kein Obst mehr kommen kann. Wenn das eine oder andere Problem auftaucht, müssen wir lernen, damit umzugehen. Wie zum Beispiel die Auswirkungen, die der Brückeneinsturz in Baltimore nach der Kollision mit einem Schiff auf das gesamte Logistiksystem hat. Wenn der Hafen dadurch nicht mehr zur Verfügung steht, muss sich der Disponent etwas anderes suchen.
187 AGF Primeur 4 • 2024
Vision
Es ist wie beim Wasser, es sucht sich den kürzesten Weg. Dadurch werden andere Häfen mit zusätzlicher Fracht belastet, was zu höheren Kosten, Staus usw. führt.
Aber es geht nicht immer nur um die Infrastruktur. Wir wissen, dass es um das Klima nicht gut bestellt ist, und wir wissen, dass es geopolitische Spannungen gibt. Wir müssen also davon ausgehen, dass die gesamte Infrastruktur – die von externen Faktoren abhängt – irgendwann nicht mehr zur Verfügung steht, vielleicht vorübergehend oder für längere Zeit. Und wenn das passiert, muss man in der Lage sein, sich anzupassen, vor allem, wenn es um frische Produkte geht. Aber im Moment sind wir noch auf der Suche nach der optimalen Lösung. Wir müssen uns mehr auf die optimalen Lösungen konzentrieren und diese von Anfang an nutzen. Wenn die Umstellung in letzter Minute erfolgen muss, sind die Menschen, die Unternehmen und die Infrastruktur nicht gut vorbereitet.
Der Hafen von Kapstadt zum Beispiel leidet seit Jahren unter sehr starken Winden, die den Einsatz der Portalkräne verhindern, was zu Verzögerungen beim Be- und Entladen führt, was wiederum Verzögerungen bei den Fahrplänen zur Folge hat. In der letzten Traubensaison führte das schließlich dazu, dass eine große Menge an Obst das Land nicht verlassen konnte. Man begann, Windhoek in Namibia ins Auge zu fassen. Das ist natür-
lich nicht immer der logischste Weg, aber es ist ein Weg. Ab einem gewissen Punkt führte das dazu, dass viel zu viel Fracht nach Windhoek kam, was zu Problemen am Grenzübergang und auch dort zu Überlastungen führte. Das ist verständlich, weil die Kapazität nicht da ist. Wenn wir also das Thema nachhaltig angehen wollen, müssen wir eigentlich davon ausgehen, dass es Szenarien geben wird, in denen es – aufgrund des Wetters und anderer Umstände – zu Problemen mit den heute genutzten Infrastrukturen A und B kommen wird. Das erfordert von vornherein eine Diversifizierung. Wenn Sie zum Beispiel 10.000 Tonnen Trauben aus Südafrika auf den Weg bringen wollen, ist es unwirtschaftlich, die Hälfte davon nach Namibia zu schicken, wo der Kostenpreis dann vielleicht um 30 Prozent höher ist. Das werden Sie nicht tun, aber vielleicht können Sie zehn Prozent der Trauben über Windhoek verschiffen. Zugegebenermaßen zu einem höheren Selbstkostenpreis, aber verteilt auf 10.000 Tonnen sind das Peanuts, und Sie haben ein viel breiteres Portfolio an Logistiklösungen, weil Sie jederzeit bei Bedarf umschalten können. Natürlich nicht sofort von 1.000 auf 10.000 Tonnen. Aber man kann sicherstellen, dass es keinen totalen Schock gibt, weil man die Dinge abfedern kann.
Als weiteres Beispiel nennt Steve die Maasvlakte, auf die sich seiner Meinung nach einige Importeure beim Umschlag
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ihrer Container fast ausschließlich verlassen. „Ich verstehe natürlich, dass das kosteneffizient ist, aber was machen Sie, wenn eine Woche lang gestreikt wird? Sollen dann etwa plötzlich alle nach Antwerpen oder Vlissingen fahren? Das geht doch nicht, oder? Also muss man eine viel breitere Diversifizierung anstreben. Ich glaube, das ist die Lösung, aber das erfordert einen Paradigmenwechsel, einen grundlegenden Wandel, und das bedeutet, dass wir alle einen Beitrag leisten müssen. Wir werden dann aber viel weniger Störungen haben.“
Welche Rolle spielt die Luftfracht bei dieser Diversifizierung?
Als die Einzelhändler irgendwann anfingen, die Luftfracht abzulehnen und beschlossen, kein eingeflogenes Obst mehr zu verkaufen, haben sie sich selbst ein Bein gestellt. Man kann nicht von heute auf morgen einen Verkehrsträger ablehnen, der jahrelang eine wichtige Rolle gespielt hat. Auch die Luftfracht hat ihre Bedeutung. Und natürlich ist die Luftfrachtbranche ebenso wie die Schifffahrt verpflichtet, sich um nachhaltige Kraftstoffe und andere Möglichkeiten zu bemühen, um ihren ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Aber das ist etwas ganz anderes und bedeutet nicht, dass man diese Verkehrsträger von vornherein ablehnen sollte. Ich glaube, das ist das Gegenteil von dem, was eigentlich notwendig ist, nämlich
188 AGF Primeur 4 • 2024 Vision Leading in Allium, inspired by you.
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dass man sein Portfolio stärker diversifizieren muss.
Eine solche vielfältigere Logistiklandschaft erfordert wahrscheinlich auch den Blick über bestimmte nationale Grenzen hinaus. Bringt das Probleme mit sich? In Europa gibt es unterschiedliche Steuer- und Zollbestimmungen. Man kann nicht einfach davon ausgehen, dass es innerhalb der EU reibungslos funktioniert. Innerhalb der EU muss noch vieles geregelt werden: Die belgische FAVV ist nicht die niederländische NVWA oder die französische Lebensmittelbehörde. Angenommen, Sie haben irgendwann keine andere Wahl mehr, als Ihre Ladung in einem anderen Land abfertigen zu lassen, und Sie müssen plötzlich recherchieren und verstehen, wie es in einem anderen Land abläuft, dann sind Sie viel zu spät dran. Das kann sich der Obst- und Gemüsehandel nicht leisten. Man muss vorbereitet sein. Das ist auch eine Bereicherung für Unternehmen, die als Produktspezialisten arbeiten. Wenn man ein Produktspezialist ist, steht das Produkt an erster Stelle. Nehmen wir zum Beispiel die Zitrone. Dann liegt Ihre Kompetenz in der Zitrone und weniger darin, wie die Zitrone am besten zum Kunden kommt. Dann ist es nicht unbedingt eine Bereicherung für Ihr Unternehmen, wenn Sie es so machen, dass Sie einen bestimmten Kostenpreis erzielen.
Wenn man nicht immer auf den effizientesten Transport setzt, dann ergeben sich andere Kosten. Das ist in der Obst- und Gemüsebranche mit ihrem starken Wettbewerb und den geringen Gewinnspannen nicht drin. Was muss geschehen, damit sich etwas ändert?
Es ist ein grundlegender Wandel, und deshalb müssen wir alle gemeinsam dar-
an arbeiten. Das Problem ist, dass ein einzelner Akteur, der versucht, seine Rolle in der Wertschöpfungskette zu spielen und nur für sich selbst die Initiative ergreift, sehr stark sein muss. Denn wenn die anderen nicht sofort nachziehen, kann es am Anfang schmerzhaft sein. Aber ich glaube fest an die Suche nach dem ‚Blue Ocean‘, wie man so schön sagt. Der Begriff ‚Blue Ocean‘ bezieht sich auf eine Strategie, die darauf abzielt, neue, noch nicht erschlossene Märkte zu erschließen, anstatt auf bestehenden Märkten zu konkurrieren. Im Gegensatz dazu ist die Schifffahrtsbranche ein ‚Red Ocean‘ – wegen des mörderischen Preiswettbewerbs im gleichen Kanal. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum viele Obst- und Gemüseunternehmen über den Preis konkurrieren, weil alle den gleichen eintönigen Weg nehmen. Der Trick besteht darin, dieses Gemetzel hinter sich zu lassen und auf andere Weise Mehrwert zu schaffen. Diese Diversifizierung des Logistikportfolios ist zwar nicht der einzige, aber für mich einer der Schlüssel, um wirklich etwas zu bewegen.
Vor kurzem wurden Sie in den Vorstand der International Fresh Produce Association (IFPA) gewählt und sind für die nächsten drei Jahre Vorsitzender des Supply Chain Council. Was steht auf Ihrer Agenda und was benötigt die Obst- und Gemüse-Lieferkette in Bezug auf die Logistik?
Der Supply Chain Council hat das Projekt ‚Fresh Supply Chain of the Future‘ ins Leben gerufen. Eine vielfältigere Logistiklandschaft ist ein wichtiger Teil davon, aber noch wichtiger ist die Interoperabilität, um die Logistik erfolgreich zu diversifizieren. Wir werden uns sehr stark für die Interoperabilität einsetzen und die verschiedenen Marktteilnehmer wieder zusammenbringen. Logistik besteht aus einer Reihe von Bereichen, in denen
es Leute gibt, die sich zum Beispiel auf Container, auf den Landtransport oder auf den Zoll spezialisiert haben. Im Prinzip arbeiten diese Bereiche gut zusammen. Aber wenn es zu Störungen kommt, zieht sich jeder in seinen eigenen Bereich zurück, um zu überleben. Das schadet der Interoperabilität.
Corona hat einige Breschen in diese Kooperationsstruktur geschlagen, die jeweiligen Bereiche haben sich voneinander entfernt. Das müssen wir korrigieren. Es gab zum Beispiel wirklich hässliche Worte und Rechtsstreitigkeiten zwischen Verladern und Reedern, die zu einem bestimmten Zeitpunkt wirklich unverschämte Margen und Gewinne erzielt haben. Aber auch in anderen Bereichen sind Dinge passiert, die vielleicht wegen der Größe nicht so sehr an die Oberfläche gekommen sind. Es ist eine Art Wiederherstellung der Beziehungen erforderlich. Ich werde die ersten anderthalb Jahre meiner Präsidentschaft damit verbringen, all diese Parteien wieder zusammenzubringen.
Danach werden wir an der Interoperabilität arbeiten, dem Schmiermittel, das die verschiedenen Bereiche dazu bringt, miteinander zu reden und so effizient wie möglich zusammenzuarbeiten. Hier gibt es eine Reihe von technischen Aspekten. Wir arbeiten bereits mit künstlicher Intelligenz, aber es gibt zum Beispiel noch kein digitales Pflanzengesundheitszeugnis. Es gibt also Hunderte Dokumente und Prozesse, die eigentlich unnötig sind und am Ende die Gewinnspanne des Erzeugers schmälern. Die Fresh Supply Chain der Zukunft wird eine Antwort darauf geben und für ein Ökosystem sorgen, das nebenbei bemerkt über die IT hinausgeht. Es handelt sich um einen Modus Operandi, bei dem die Unternehmen das Geschäftsmodell des jeweils
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„Wir müssen davon ausgehen, dass die Infrastruktur, die von externen Faktoren abhängt, irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen wird, sei es vorübergehend oder für einen längeren Zeitraum“
anderen respektieren und einander verstehen. Zum Beispiel verstehen die Reedereien sehr wenig vom Obst- und Gemüsehandel. Dabei stammen mehr als 50 bis 60 Prozent ihrer Einnahmen aus dem Kühltransportgeschäft aus dem Obstund Gemüsebereich. Wie kann es also sein, dass es so wenig Verständnis für das Geschäft des anderen gibt? Das schlägt sich unter anderem in den Verträgen nieder, die nicht auf die speziellen Bedürfnisse der Branche zugeschnitten sind. In anderen Bereichen gibt es das schon.
Bildlich gesprochen: Wenn in der Automobilindustrie eine Schraube fehlt, steht dann eine Fabrik still, weil die Montage nicht stattfinden kann. In der Automobilindustrie gibt es logistische Arrangements, die dafür sorgen, dass, wenn das Schiff mit der Schraube nicht rechtzeitig ankommt, das benötigte Produkt eingeflogen wird. Ansonsten steht das Fließband still, und das darf nicht sein. Ich glaube, das ist auch die Zukunft für den Obst- und Gemüsehandel. Es muss diese Art von logistischen Vereinbarungen geben, wo es eine gemeinsame Verantwortung für den Erfolg der Vermarktung und des Transports des Produktes gibt. Aber dafür ist noch viel zu tun; das ist ein echter Paradigmenwechsel.
Einige Reedereien reagieren darauf, indem sie sich vertikal integrieren. Das ist ein Weg in diese Richtung, aber ich weiß nicht, ob das der einzige Weg ist. Wenn die Leute in einem bestimmten Bereich sehr gut sind, sich aber einem gemeinsamen Ziel verschrieben haben, kann man meiner Meinung nach viel weiter kommen, als wenn man alles selbst macht. Aber Interoperabilität, also gegenseitiger Respekt und Verständnis für das Geschäft der anderen, das ist der Schlüssel.
Störungen in der Logistik wirken sich beispielsweise auf Versicherungsprämien oder Containerpreise aus. Wie lassen sich in Krisenzeiten die Kosten kontrollieren?
Viele Unternehmen des Obst- und Gemüsehandels planen ihre Geschäfte zu kurzfristig und suchen verzweifelt nach dem besten Angebot. Das ist zwar verständlich, aber angesichts des Transaktionscharakters des Geschäfts liegen die Dinge aus betriebswirtschaftlicher Sicht anders. Wenn man besser planen oder das Geschäft strukturell für, sagen wir, zwei oder drei Jahre anlegen könnte, würde man die Dinge anders sehen. In diesen turbulenten Zeiten sind Solidität und Sicherheit gefragt. Die Unterneh-
men müssen den Mut haben, sich an einen Tisch zu setzen und langfristige Vereinbarungen zu treffen. Das schafft Sicherheit. Ich bin davon überzeugt, dass die Logistikbranche bereit ist, für diese Sicherheit einen Preis in Form von Rabatten zu zahlen. Natürlich wird es weiterhin ein Auf und Ab geben, aber es ist möglich, langfristige Vereinbarungen zu treffen, die zum Teil auch Schockeffekte oder Sondersituationen berücksichtigen. In unserem menschenbezogenen Geschäft muss es die Gewissheit geben, dass Mitarbeiter nach allen notwendigen Investitionen in Wissen und Ausbildung für eine Reihe von Jahren beschäftigt werden können. Aber auch das ist ein Paradigmenwechsel, weil wir das in unserer Branche nicht gewohnt sind. Das liegt zum Teil daran, dass es so viele Unsicherheiten bei der Belieferung gibt, was auch Unsicherheiten für das Transportunternehmen mit sich bringt. Deshalb ist es wichtig, dass die Unternehmen versuchen, einander zu verstehen und zu respektieren.
Wie verändern sich Ihrer Meinung nach die globalen Handelswege und wie kann die Logistikbranche darauf reagieren?
Langfristig ist eines sicher: Die Agrarwirtschaft in Europa steht unter großem
190 AGF Primeur 4 • 2024 Vision
Druck. Zugleich steigt der Verbrauch, und ich denke, dass wir dadurch in eine Situation kommen, in der wir noch stärker vom internationalen Handel abhängig sein werden. Auch das Klima spielt eine Rolle, denn die Wasserknappheit in Spanien wird sich nicht von selbst lösen. Es wird zu einer Verlagerung der Produktion kommen, wenn wir weiterhin Produkte wie beispielsweise Zitrusfrüchte konsumieren. Ich glaube, dass Afrika in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige Rolle bei der Versorgung mit Obst und Gemüse spielen wird. So wie Mexiko der Hinterhof Nordamerikas ist, wird Afrika meiner Meinung nach der Hinterhof Europas werden. Wir sehen das bereits bei Marokko. Auf den transatlantischen Ost-WestRouten wird es Verschiebungen geben, aber die Frage ist, wie Lateinamerika in Zukunft zu Afrika stehen wird. Denn auf dieser Route haben wir es mit einem der größten Engpässe zu tun: dem Panamakanal. Auf der Route von Westafrika gibt es keinen solchen Engpass. Ich sehe den Panamakanal als ein Problem an, und solange das so ist, wird Afrika für den Handel mit vielen Produkten eine Rolle spielen. Aber auf längere Sicht, denn um das alles zu erreichen, muss noch viel
passieren, was die Geopolitik und die Infrastruktur betrifft.
Die Emissionen des Verkehrs rücken immer mehr in den Fokus, gleichzeitig sind wir nicht auf die Elektrifizierung vorbereitet. Wie sehen Sie die Zukunft, wenn es um nachhaltige Kraftstoffe oder Transport geht?
Abgesehen von den Emissionen schafft zum Beispiel der internationale Handel mit Bohnen aus Kenia auch Chancen für die Entwicklung in den Herkunftsländern. Ich denke, das ist mindestens genauso viel wert. Wenn es gelänge, Bohnen zwischen Kenia und hier nachhaltig zu transportieren, würde das den internationalen Transport beschleunigen. Abgesehen von der Geopolitik liegt hier der Schlüssel zu einer stärkeren Internationalisierung, bei der sich jede Region auf die Dinge konzentrieren kann, in denen sie gut ist.
Was den Landverkehr in Europa betrifft, so besteht das Problem der Elektrifizierung darin, dass Europa nicht vorausschauend genug gehandelt hat. Deshalb müssen wir jetzt einen Gang zulegen, um sicherzustellen, dass wir die letzte Meile
so nachhaltig wie möglich gestalten. Aber auch hier gilt, dass viele Akteure bei der Diversifizierung der Versorgungswege eine Rolle spielen müssen. Warum sollte man zum Beispiel ein Produkt erst per Schiff nach Antwerpen bringen, dann per Lkw nach Barendrecht und anschließend per Lkw nach Kopenhagen? Das ist doch Unsinn! Manche Produkte können auf dem Seeweg viel näher an den endgültigen Bestimmungsort gebracht werden, wobei der Importeur weiterhin sein Fachwissen einbringen kann. Es geht nicht nur um die Güter, sondern auch um das Verhalten. Hier gibt es noch noch Raum für Verbesserungen. Hier kommt den Logistikakteuren eine wichtige Rolle zu. Unsere Branche muss hier noch etwas tun und investieren, um die Obst- und Gemüseunternehmen bei dieser Art von Lösung zu entlasten.
s.alaerts@foodcareplus.com
191 AGF Primeur 4 • 2024
Italienische Erdbeeren sind früher verfügbar als in der Vergangenheit
Italien verzeichnet einen allmählichen Rückgang der Importe ausländischer Erdbeeren. In den Wintermonaten haben Supermärkte und Verbraucher bereits eine Vorliebe für einheimische Produkte gezeigt. Gleichzeitig scheinen die italienischen Exporte in diesem Jahr stabiler zu sein als in den vorangegangenen Saisons.
Spanien war schon immer der Hauptkonkurrent, sowohl in Bezug auf die Exporte als auch auf die Produktion. In den letzten Monaten scheinen die nach Italien eingeführten Mengen jedoch geringer zu sein. Tatsächlich beendeten die spanischen Exporte die Saison 2023 mit einem Volumen von rund 247.700
Tonnen, was einem Rückgang von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, welches im Vergleich zur Vergangenheit bereits ein Minus aufwies. Betrachtet man die letzten fünf Jahre, so ist das Volumen der letzten spanischen Handelskampagne das niedrigste.
Wie in den vergangenen Jahren konzentrieren sich die italienischen Erdbeerexporte auf die Monate März bis Mai. Im Jahr 2023 entfielen auf dieses Quartal etwa 79 Prozent der Gesamtmenge. Allerdings wurden auch im Februar beträchtliche Mengen verschifft (sieben Prozent der Gesamtmenge), was eine frühe Saison bestätigt.
Nach einer Analyse von CSO Italien ist die italienische Anbaufläche für Erdbeerspezialitäten in der laufenden Saison um ein Prozent geringer als im letzten Jahr und beläuft sich auf etwa 4.070 Hektar. Insgesamt 84 Prozent der Fläche werden unter
192 AGF Primeur 4 • 2024 Erbeeren
Dach angebaut, die restlichen 16 Prozent im Freiland. Die Gewächshausflächen haben um einen Prozentpunkt zugenommen, während die Freilandflächen um sechs Prozent zurückgegangen sind.
In den süditalienischen Gebieten scheinen die Investitionen stabil zu sein, wobei die südlichen Regionen Basilikata und Kampanien mit einem Anteil von 52 Prozent an der gesamten in Italien investierten Fläche die ersten nationalen Produktionsgebiete sind. In der Basilicata scheinen die Investitionen im Vergleich zur letzten Kampagne konstant zu sein, mit einer Zunahme von etwa 1.030 Hektar. Die Investitionen in Kampanien werden auf +3 Prozent geschätzt; das sind etwa 28 Hektar mehr als in der letzten Saison, mit einem konstanten Anstieg über die letzten fünf Jahre, mit insgesamt 1.080 Hektar. Die Zunahme in Kampanien und die Stabilität in der Basilikata werden durch einen Verlust in den anderen südlichen Regionen ausgeglichen, deren Anteil an der nationalen Gesamtfläche mit fast 2.650 Hektar im Jahr 2024 konstant bei 65 Prozent bleibt. Auf Sizilien ist ein Rückgang von -6 Prozent im Vergleich zu 2023 zu verzeichnen, in Kalabrien von -10 Prozent. In den nördlichen Regionen wird die Anbaufläche im Vergleich zur vorherigen Saison um drei Prozentpunkte zurückgehen und wird nun auf insgesamt etwa 920 Hektar geschätzt. Die Anbaufläche in Norditalien macht im Durchschnitt 23 Prozent der italienischen Gesamtfläche aus (2019-2024).
Francesco Nicodemo, Verkaufsleiter bei Nicofruit, das über 100 Hektar eigene Anbauflächen und die seiner Erzeuger verfügt, sagt: „Obwohl Italien mit 80 Prozent des Volumens nach wie vor unser Hauptmarkt ist, verzeichnen wir in diesem Jahr ein zunehmendes Interesse von europäischen Kunden, in die wir in der Vergangenheit nur selten geliefert haben. Wir erhalten Anfragen aus Luxemburg, Deutschland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Rumänien, um sowohl Einzel- als auch Großhandelskanäle zu beliefern. Infolgedessen wird unser wöchentliches Versandprogramm häufiger europäische Ziele umfassen. Gegenwärtig gibt es keinen Markt, der attraktiver ist als ein anderer. Wir versenden dieselben Erdbeersorten an alle Abnehmer in Übersee, und es gibt keine nennenswerten Preisunterschiede. Abgesehen von den spezifischen Verpackungsanforderungen unterscheidet sich die Nachfrage daher nicht von einem Überseemarkt zum anderen. In Deutschland zum Beispiel bevorzugen die Marktteilnehmer Holzkörbe. Wir glauben, dass der Anstieg der Exporte italienischer Erdbeeren auf eine größere Wertschätzung und ein größeres Bewusstsein für die Qualität des Produkts zurückzuführen ist. Der Grund dafür liegt beispielsweise in der längeren Haltbarkeit und dem höheren Brix-Wert, aber auch in den geringeren Mengen, die während der Wintermonate aufgrund der klimatischen Probleme aus anderen ausländischen Anbaugebieten eintreffen. In der
Provinz Huelva, dem größten Anbaugebiet Spaniens, werden in der laufenden Kampagne fünf Prozent weniger Erdbeeren gepflanzt als im Vorjahr.“
Die Schwierigkeiten auf dem Feld machten jedoch auch vor den süditalienischen Gebieten nicht halt, wo aufgrund der Beschaffenheit der frischen Pflanze Probleme beim Umpflanzen und Absterben weitverbreitet waren, was zu einem ungleichmäßigen Pflanzenwachstum führte. Ansonsten wurden keine besonderen phytosanitären Probleme gemeldet. Der eher milde und trockene Herbst hat die Entwicklung von Insekten und Krankheiten nicht begünstigt.
„In den ersten Monaten des Jahres war die Ernte deutlich geringer als im Vorjahr. Ab März ging es dann aufwärts, und die Ernte lag fast auf dem Niveau des letzten Jahres. Dadurch konnten wir den Rückstand aufholen, was wiederum durch die milden Temperaturen begünstigt wurde“, sagt Nicodemo. „Die bisher geernteten Mengen liegen bei fast 400 Gramm pro Pflanze. Eine unserer Strategien war es, uns auf Sorten zu konzentrieren, die weniger produktiv sind, aber eine längere Haltbarkeit (sieben bis neun Tage), einen höheren Brix-Wert und ein stärkeres Aroma aufweisen.“
193 AGF Primeur 4 • 2024
Starkes und innovatives Produktangebot
Axia ist ein innovatives Züchtungsunternehmen, das sich auf die Züchtung von Gemüsesaatgut für geschützte Kulturen spezialisiert hat. Wir führen ein spezielles Zuchtprogramm für beheizte Gewächshäuser, mit oder ohne Kunstlicht.
Unser Züchtungsprogramm zeichnet sich durch einen starken Fokus auf Geschmack, gesunde Inhaltsstoffe und einen sehr hohen Ertrag aus.
Für weitere Informationen besuchen Sie unsere Website und folgen Sie uns in den sozialen Medien.
Created with Passion
Monnikenlaan 6b 2671 NE Naaldwijk The Netherlands +31 (0)174 255255 info@axiaseeds.com www.axiaseeds.com
Maurice Beurskens und der Obst- und Gemüsehandel im Ausland
„Das sind Erfahrungen, die deinen Horizont erweitern und dich herausfordern, anders zu denken“
Nachdem Maurice Beurskens in verschiedenen Unternehmen im entfernteren Ausland und in Osteuropa Berufserfahrung gesammelt hatte, ließ er sich schließlich in Österreich nieder, wo er das Tempo, den Freiraum und die Lebensart sehr schätzt.
In seiner Kindheit wurde er angeregt, über die Grenzen hinauszuschauen.
„Meine Eltern haben mir immer beigebracht, die Welt als mein Arbeitsfeld zu sehen. Sie sagten: ‚Sieh zu, dass du einen Beruf wählst, bei dem du die Bewegungsfreiheit hast.‘“ Während seines Management-Praktikums an der Hotelfachschule in Brunei erkannte er die vielen Möglichkeiten in Asien, die ihn schließlich für fünf Jahre nach Vietnam führten. „Neue Menschen kennenzulernen, sich an andere Kulturen anzupassen und neue Sprachen zu lernen ist einfach toll”, sagt Maurice. „Das sind Erfahrungen, die deinen Horizont erweitern und dich herausfordern, anders zu denken.”
In Vietnam begann er seine Karriere in einem kleinen Gastronomieunternehmen und Vertriebszentrum, um dann bald zu Metro Cash & Carry zu wechseln, wo er für den Lebensmittelimport und den operativen Betrieb zuständig war. Nach einigen Jahren bekam er die Gelegenheit, für ein Projekt zu Makro Cash & Carry Polen zu gehen, wo er für Verkauf und Marketing zuständig war. Später wechselte er in den Einkauf und konzentrierte sich auf ultrafrische Produkte inklusive der Obstund Gemüse-Kategorie. Nach zehn Jahren wurde ihm klar, dass es Zeit für etwas Neues war, da er die Dynamik und Bewegungsfreiheit, die er zuvor bei Metro und Makro erlebt hatte, zu vermissen begann. Er stieg bei der Marley Spoon AG in Berlin ein, damals noch ein Start-up-Unternehmen, und half ihm zwei Jahre lang, mit Projekten in Australien und Amerika international zu wachsen.
Während seiner Zeit in Warschau, Polen, lernte Maurice seine österreichische Partnerin kennen. Vor sechs Jahren beschlossen sie, sich in Österreich niederzulassen, wo Maurice auch an der Erziehung ihrer beiden Kinder beteiligt und
dafür sorgt, dass sie die niederländische Sprache gut beherrschen. „Zu Hause sprechen wir drei Sprachen“, erklärt er. „Ich spreche Niederländisch mit den Kindern, meine Frau spricht Österreichisch mit ihnen, und außerdem lernen sie auch Englisch. Sie wachsen also dreisprachig auf, was ihre Internationalität fördert.“
Die Lebensqualität in Österreich ist sehr gut. „Österreich ist flächenmäßig größer als die Niederlande, aber es leben dort wesentlich weniger Menschen, etwa acht Millionen, sodass es viel mehr Platz zum Leben gibt. Zudem ist das Tempo hier langsamer als in den Niederlanden, was mir sehr gut gefällt. Obendrein kann man hier die großartige Natur genießen und an den Wochenenden einfach zum Skifahren in die Berge fahren“, zählt Maurice auf.
Maurice arbeitet als Chief Business Development Officer für Frutura, einem ursprünglich auf Obst spezialisierten Unternehmen, das durch Investitionen in die Birnentrocknung europaweit bekannt wurde. Inzwischen wurden einige weitere Geschäftszweige hinzugefügt. „Frutura ist ein innovatives Familienunternehmen in zweiter Generation, das mittlerweile 35 Hektar eigenen Obstund Gemüseanbau betreibt, eine Importabteilung mit Abnehmern in der ganzen Welt hat und eine eigene Reiferei für Bananen, Mangos und Avocados besitzt. Das Unternehmen setzt auf Nachhaltigkeit, heizt seine Gewächshäuser mit Erdwärme und arbeitet möglichst CO₂neutral und plastikfrei. Meine Aufgabe ist es, die weitere Entwicklung und das Wachstum des Unternehmens zu fördern, indem ich neue Projekte auf den Weg
bringe und die abteilungsübergreifende Umsetzung leite“, sagt Maurice. „Frutura ist Teil der DOL-Gruppe, in der wir zusammenarbeiten, um neue Ideen zu entwickeln und neue Unternehmensinitiativen ins Leben zu rufen. Meine Aufgabe ist es, diese Ideen zu entwickeln, sie zu erweitern und in unsere Unternehmensstruktur zu integrieren. Eines unserer Projekte, ICH Plus, befasst sich beispielsweise mit der Belieferung von Büros und Unternehmen mit gesunden Lebensmittelpaketen, während ein anderes daran arbeitet, einen neuen Vertriebskanal für große Lieferungen einzurichten. Wir bedienen unterschiedliche Kundengruppen, von Verbrauchern, Unternehmen und Supermärkten hin zum Gastgewerbe. Ich arbeite also in einem dynamischen Umfeld mit verschiedenen Unternehmen, von denen jedes eine bestimmte Aufgabe innerhalb der Gruppe hat. Ich freue mich, dass ich in so unterschiedliche Bereiche involviert bin und jeden Tag neue Herausforderungen vorfinde“, sagt Maurice abschließend.
m.beurskens@frutura.com
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Österreich
Die Exporte von Gartenbauprodukten nach Deutschland stagnieren
„Das Jahr 2023 endete positiv, und wir werden erst am Ende des Jahres sehen, wie das Jahr 2024 aussehen wird“
„Deutschland ist nach wie vor das wichtigste Bestimmungsland für italienische Gartenbauprodukte, und wir sind bestrebt, die Standards beizubehalten, an die die deutschen Verbraucher gewöhnt sind”, sagt Massimo Pavan, ein italienischer Gartenbau-Agrarmanager.
„Die endgültige Bilanz wird Ende 2024 gezogen, trotz der Schwierigkeiten, die durch die Dürre, die steigenden Produktionskosten und den Arbeitskräftemangel verursacht wurden”, betont Pavan. „Die ersten beiden Monate des Jahres bestätigen jedoch die gleichen Daten wie der entsprechende Zeitraum im Jahr 2023. Wir sehen im Grunde den gleichen Trend, nämlich eine Abflachung, sowohl bei den Gewächshaustomaten als auch bei den Freilandkulturen wie
Möhren. Die Nachfrage nach Gemüse aus Deutschland war in den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 geringer, aber auch die Menge ging zurück. Frühe Möhren hingegen schafften es nicht rechtzeitig oder kaum über die Grenze, da die Produktion vollständig vom heimischen Markt absorbiert wurde.”
196 AGF Primeur 4 • 2024 Gemüse
BESORGNIS ÜBER TOBRFV. IST ES ENDGÜLTIG VORBEI?
„Sagen wir, das Tobamovirus ist nicht mehr so beängstigend wie früher“, antwortet der Experte. „Allerdings erfordert es viel Aufmerksamkeit, die wir gelernt haben, in unseren Betrieben anzuwenden, vom Umpflanzen bis zu den letzten logistischen Schritten. Neue agronomische Praktiken, unterstützt durch moderne Genetik, können das Phänomen stark eindämmen, aber sie erfordern einen erheblichen Aufwand im Gewächshaus. Man darf nicht vergessen, dass das Virus den Erzeugern in den letzten Jahren enorme Opfer abverlangt hat, mit unkalkulierbaren wirtschaftlichen Verlusten. In jüngster Zeit hat die Entdeckung des Tomato Fruit Blotch Virus (ToFBV - Blunervirus solani), einer Pflanzenkrankheit, die oft mit dem Tobamovirus verwechselt und fälschlicherweise als solches behandelt wird, Techniker und Anbauer in die Irre geführt. Die Dinge scheinen jedoch nicht komplizierter oder besorgniserregender zu werden.“
PREISINDEX FÜR KIRSCHTOMATEN AUS GEWÄCHSHAUSANBAU AUF DEM GROSSMARKT VON VITTORIA (QUELLE: ISMEA-DATEN)
Die Entwicklung der Preisindizes für den Ursprung und den Verbrauch von Gewächshaustomaten ist in der obigen Ismea-Grafik dargestellt. Das Schaubild ist wichtig, weil es die Entwicklung der Werte der beiden betrachteten Variablen zeigt, nicht die der Niveaus. Bei Gewächshaustomaten hängen die Preise (und damit die Berechnung des Index) von der Saisonalität der Ernte ab, was bedeutet, dass in einigen Monaten des Jahres keine Preise verzeichnet wurden. Ismea weist auch darauf hin, dass der Vergleich zwischen den verschiedenen Niveaus
(sowohl für die Indizes als auch für die absoluten Werte) durch die unterschiedlichen Produktreferenzen in Bezug auf die Sorte und den Herkunftsort des Produkts beeinträchtigt werden könnte.
Ismea weist darauf hin, dass in den Kosten nur die spezifischen Kosten und die Arbeitskosten (sowohl für Familienarbeitskräfte als auch für Angestellte) enthalten sind, nicht aber die Abschreibungen, Zinsen und Bodenkosten. Diese Daten werden derzeit aktualisiert, um neuen methodischen Ansätzen und neuen laufenden Erhebungen Rechnung zu tragen; sie können sich daher ändern.
KIRSCHTOMATEN
Nach den Daten von Fruitimprese schloss das Jahr 2023 mit einem Rekord beim Wert von frischem Obst und Gemüse, das aus Italien exportiert wurde, mit einem Anstieg von 9,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Daten von Istat, die auch im Fruitimprese-Bericht erwähnt werden, zeigen einen Exportwert von 5,78 Milliarden Euro, gegenüber knapp 5,3 Milliarden Euro im Jahr 2022. Die ausgeführte Menge ging dagegen um 0,9 Prozent zurück und erreichte 3,483 Millionen Tonnen.
FRISCH GEERNTETE MÖHREN
Die italienischen Importe von Obst und Gemüse stiegen mengenmäßig um 13,6 Prozent und wertmäßig um 15,7 Prozent, während sich die Handelsbilanz um 29,7 Prozent verschlechterte und etwas mehr als 543 Millionen Euro erreichte.
Der Unterschied in der Menge ist sehr auffällig. Im Jahr 2022 überstieg die importierte Menge die exportierte Menge um 700 Tonnen. Im Jahr 2023 vergrößerte
sich die Lücke auf über 500.000 Tonnen, was einen beeindruckenden Negativrekord darstellt.
Die Exporte von Knollen, Gemüse und Hülsenfrüchten stiegen mengenmäßig um +8,7 Prozent und wertmäßig um +18,4 Prozent. Auch Zitrusfrüchte entwickelten sich mit +9,9 Prozent im Volumen und +19,3 Prozent im Wert gut. Das Gleiche gilt für Frischobst, das von der Krise bei der Birnen- und Sommerfrucht-Produktion betroffen ist, mit einem mengenmäßigen Rückgang von sieben Prozent, aber einem interessanten wertmäßigen Ergebnis von mehr als drei Milliarden Euro, was einer Steigerung von 6,1 Prozent entspricht. Enttäuschend verlief der Export von Trockenfrüchten, der bei fast gleichem Volumen wertmäßig um 13,3 Prozent zurückging.
Die Exporte von tropischen Früchten, allen voran Avocados, zeigten dagegen eine gewisse Vitalität und stiegen sowohl mengen- als auch wertmäßig um mehr als 20 Prozent. Das spiegelt die zunehmende Rolle Italiens als Drehscheibe für den europäischen Markt wider, aber auch die Ausweitung der Avocado-Anbaugebiete in Süditalien.
Mit Blick auf die Zukunft gibt die zunehmend instabile internationale geopolitische Lage Anlass zur Sorge. Die Instabilität im Roten Meer behindert Italiens Fruchtexporte und verhindert die Versorgung mit Rohstoffen. Die Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung macht die logistischen Herausforderungen äußerst komplex und begünstigt aufstrebende Wettbewerber, allen voran die Türkei.
„Der erzielte Kompromiss schließt Plastik für die Verpackung von unverarbeitetem Frischobst und -gemüse mit einem Gewicht von weniger als 1,5 kg aus und überlässt es fatalerweise den einzelnen Staaten, welche Produkte sie von dem Verbot ausnehmen wollen. Der Versand von Obst und Gemüse nach Europa wird zu einem Albtraum. Wenn man bedenkt, dass Obst- und Gemüseverpackungen nur 1,5 Prozent des gesamten Verpackungsaufkommens in der Agrar- und Ernährungsindustrie ausmachen, fragen wir uns, warum unser Sektor nicht davon ausgenommen wurde, sich für rein ideologische Entscheidungen zu opfern.“
197 AGF Primeur 4 • 2024
Massimo Pavan
Nicolas Stevens, Better3Fruit, über die große Zunahme an neuen Apfelsorten:
„Sollte die Frage nicht lauten, ob einige einge
Mit Blick auf die Anforderungen im Hartobstbau in den kommenden 15 bis 20 Jahren arbeitet der Veredeler Better3Fruit an den Apfel- und Birnensorten der Zukunft. Der Klimawandel ist dabei ebenso ein Thema wie das rückläufige Angebot an Pflanzenschutzmitteln oder die Vorlieben der Verbraucher. Nicolas Stevens, CEO von Better3Fruit, äußert sich u. a. zu Konzept- und etablierten Sorten sowie zu den neuen Veredelungstechniken.
Es kommen immer mehr neue Apfelsorten auf den Markt, ob mit oder ohne Clubkonzept. Vielleicht zu viele?
„Es gibt in der Tat viele unterschiedliche neue Sorten, aber vielleicht sollte die Frage eher umgekehrt gestellt werden: Sollten nicht einige eingeführte Sorten wieder verschwinden? Welche Sorten haben die größten Vorteile, sowohl für die Verbraucher, für die Umwelt als auch für die Erzeuger? Das bleibt eine schwierige Frage. Ich glaube nicht, dass jedes Geschäft fünf oder zehn unterschiedliche Konzeptsorten im Regale haben sollte, aber es sollte sichergestellt sein, dass
ein bestimmtes Anbaugebiet und ein bestimmter Markt jeweils eine eigene Sorte haben kann. Vielleicht muss nicht jede Sorte weltweit auf exakt die gleiche Weise angebaut werden, aber lokal kann es sich sowohl für die Erzeuger als auch für die Verbraucher auszahlen, wenn sie entsprechend angepasst ist. Es hat zwar Vorteile, die Marketinginvestitionen auf ein möglichst großes Volumen zu verteilen, aber nicht jede Sorte eignet sich dafür.“
Immer mehr Supermärkte führen ausschließlich ihre eigenen
Apfelsorten. Wird sich dieser Trend fortsetzen?
„Der Grund dafür ist wahrscheinlich derselbe, weshalb es mehr Konzeptsorten gibt. In den Niederlanden führt das zu einer Fragmentierung zwischen den verschiedenen Einzelhändlern, wodurch sie sich mit verschiedenen Sorten aus dem Weg gehen und nicht miteinander konkurrieren müssen. Nicht jede Supermarktkette kann mit ihrer eigenen Sorte eine ausreichende Absatzgarantie bieten, wodurch es sich für den Erzeuger wirklich lohnt. Das ist auch gar nicht nötig. Auch ohne Bindung an einen Einzelhändler gibt es genug gute Äpfel auf dem Markt, um einen Wettbewerb zwischen den Sorten zu vermeiden. Einer der großen Vorteile der Konzeptsorten besteht darin, dass Vereinbarungen über die gesamte Kette hinweg getroffen werden können. Einerseits können die Erzeuger ein sehr gut aussehendes, sehr gut haltbares und stets hochwertiges Produkt gewährleisten, andererseits können sie
198 AGF Primeur 4 • 2024 Vision
führte Sorten wieder verschwinden müssen?“
dafür beim Einzelhandel einen höheren Preis verlangen. Darüber hinaus können Sie in der gesamten Kette Vereinbarungen mit Industriepartnern treffen, z. B. über verschiedene Marken für die Klassen I und II. Eine Konzeptsorte ist dafür sehr gut geeignet. Greenstar zum Beispiel ist für Schneidebetriebe sehr interessant, weil der Apfel sich nicht verfärbt. Diesen Partnern ist es dann egal, wenn ein Apfel einen Schaden an der Schale aufweist. Man hat dann aber einen zusätzlichen Vorteil zu bieten, um einen Mehrwert für die Erzeuger zu schaffen.“
Es scheint, als ob die etwas weicheren Kernobstsorten, die zunächst vor allem in Übersee verkauft werden konnten, in Nordeuropa gegenüber den traditionellen Sorten an Boden gewinnen. Verändert sich diesbezüglich der Geschmack der nordeuropäischen Verbraucher?
„Die Verbraucher sind zwar offen für Veränderungen, aber es ist nicht so, dass sich
der Geschmack wirklich ändert. Es ist eher eine Kombination des Angebots der richtigen Frucht zur richtigen Zeit. Die QTee-Birne zum Beispiel wird früh angeboten, nämlich dann, wenn sie perfekt ist. Sie ist im Oktober ausverkauft, wenn sie anfängt, weich zu werden. Bei bestimmten Sorten geht es darum, sie auf die richtige Weise und an der richtigen Stelle auf dem Markt zu platzieren und sich daranzuhalten. Mit einer ‘managed variety’ kann man das besser kontrollieren und sicherstellen, dass der Verbraucher ein viel besseres Produkt erhält.“
Wie sieht die Zukunft für etablierte Sorten wie Elstar und Conference aus? „Diese Sorten könnten durch künftige Vorschriften und den Klimawandel die größten Probleme bekommen. Wenn sich der Klimawandel weiter fortsetzt, werden meiner Meinung nach bestimmte Aspekte des Anbaus schwieriger. Das muss aber kein Problem sein, denn wir werden dann hoffentlich auch mit neu-
en Sorten aufwarten können. Ich denke, damit können wir die Veränderungen bewältigen. Dabei sollte sich meines Erachtens die gesamte Branche von dem Gedanken leiten lassen, dass neue Sorten gut für die Verbraucher sind und auch den Erzeugern helfen. Das alleinige Festhalten an einer nostalgischen Vorstellung kann nicht das Ziel sein.“
Nicolas erkennt dabei, dass die Einführung neuer Sorten Zeit benötigt. „Um eine Marke oder einen Namen aufzubauen, muss man sehr auf die Verbraucher zugehen. Wenn man den Verbrauchern jeden Tag vermitteln kann: ‘Wir sind da’, dauert es Jahre, bis der Name oder die Marke wirklich bekannt und anerkannt ist. Andererseits kann keine Apfelsorte vom ersten Tag an ganzjährig in den Regalen liegen. Während die Bekanntheit des Namens Kanzi zum Beispiel nach 20 Jahren vorhanden ist, schaffen es unsere Partner gerade eben ganzjährig in Europa liefern - wenn auch gewiss
199 AGF Primeur 4 • 2024
nicht in allen Supermärkten im Sichtbereich jedes Verbrauchers. Bei Äpfeln und Birnen geht es eben nur langsam voran. Die Namen Elstar, Jonagold oder Conference werden sicher auch in den nächsten Jahrzehnten relevant bleiben. Aber das gibt uns auch die Chance, zu veredeln und nachhaltig auf neue, leistungsfähigere Sorten umzustellen. Es muss nicht von heute auf morgen den Tod des einen und den Erfolg des anderen bedeuten. Es wird ein Übergang sein.“
Die europäische Politik drängt auf einen höheren Anteil des biologischen Anbaus. Wie sieht es mit biologischen Sorten aus?
„Biologische Sorten gibt es in dem Sinne nicht. Es sind die gleichen Sorten. Better3Fruit entwickelt auch nicht speziell für den ökologischen Anbau. Wir entwickeln neue Apfel- und Birnensorten, und diese müssen nicht nur nachhaltig angebaut werden, sondern auch widerstandsfähig und ertragreich sein. Alles muss diesem sehr hohen Anspruch genügen, und deshalb wissen wir auch, dass in Zukunft mit weniger Aufwand angebaut werden kann. Ob das nun ein biozertifizierter Erzeuger ist oder nicht, ist zweitrangig für uns. Wir möchten, dass in Zukunft alle unsere Sorten mit so wenig Input wie möglich anbauen können.“
Nicolas weist außerdem darauf hin, dass Resistenz nicht automatisch bedeutet, dass überhaupt keine Behandlungen gegen Krankheiten mehr nötig sind. „Sobald man eine resistente Sorte anbaut, werden diese Krankheiten nicht mehr behandelt. Aber dann haben andere Krankheiten, die bis dahin nicht behandelt wurden, die Chance, sich zu entwi-
ckeln – und sei es nur zufällig. Deshalb raten wir auch nie dazu, alle möglichen Behandlungen komplett einzustellen, weil eine Sorte resistent ist. Wir denken jedoch, dass man das besser in den Griff bekommt. Man muss nicht 20 Mal mit einer hohen Dosis spritzen. Aber in Phasen mit hohem Krankheitsdruck, zum Beispiel im Frühjahr, kann man vorbeugend eine biologische oder konventionelle Behandlung durchführen. Auf diese Weise lässt sich der Krankheitsdruck unter Kontrolle halten. Die Kompetenz der Erzeuger ist und bleibt hier unverzichtbar. Es wird eine Kultur mit Herausforderungen bleiben, aber wir können dafür sorgen, dass sie weiterhin möglich ist und mit weniger Aufwand mehr erreicht werden kann.“
Die Ernten von Kernobst und insbesondere von Birnen in Südeuropa sind seit Jahren durch den Klimawandel unter Druck geraten, was den Anbau dort zunehmend erschwert. Ist das ein Aspekt, der sich in Ihrer Veredelung widerspiegelt?
„Der Klimawandel an sich ist sehr komplex und umfasst viele verschiedene Parameter, wie starke Sonneneinstrahlung oder Trockenheit, aber auch andere Krankheiten und Insektenschäden. Für uns als Veredeler gibt es zu viele Probleme und Facetten, die unter dem Oberbegriff Klimawandel zusammenkommen, als dass wir hundertprozentige Antworten auf jeden dieser Parameter geben könnten. Wir können das Problem nicht allein durch Veredelung lösen, sondern nur durch eine Kombination aus den richtigen Anbaustandorten und einer Innovation im Anbaumanagement, bei den Sorten und den Unterlagen. Wir prüfen etwa
Sorten, die widerstandsfähiger gegen starke Sonneneinstrahlung sind. Außerdem suchen wir nach Resistenzen gegen bestimmte Infektionen, die vor allem in wärmeren Sommern auftreten – auch um einen Vorsprung bei Problemen zu haben, die heute vielleicht nur in Italien auftreten, die aber auch auf uns zukommen könnten. Aus der Komplexität des Klimawandels leiten wir eine Reihe von Problemen ab, die wir versuchen zu lösen. Aber es ist nicht so, dass wir eine einzige magische Lösung für all diese Probleme finden können.“
Ein heikles Thema beim Anbau ist der Wegfall der Zulassung von immer mehr Pflanzenschutzmitteln. Auf deren Risiken wird schon seit Jahren seitens des Anbaus hingewiesen. Wie sieht es mit Resistenzen bei Kernobst aus?
„Ich meine, wir sind ein Teil der Lösung. Als Veredelungsunternehmen arbeiten wir schon seit vielen Jahren an resistenten Sorten. Sowohl bei Äpfeln als auch bei Birnen versuchen wir, die Universitäten zur Grundlagenforschung zu motivieren, auf die wir dann aufbauen können. Dabei versuchen wir, uns nicht von Trends verleiten zu lassen. Das kann kurzfristig sehr reizvoll sein, aber wir versuchen, langfristige Trends zu erkennen; bei unserer Veredelung müssen wir 15 bis 20 Jahre in die Zukunft schauen. Ein solcher Trend – der sich schon seit vielen Jahren abzeichnet – ist der Pflanzenschutz. Die Rückstandhöchstgehalte werden gesenkt, und immer weniger Mittel sind erlaubt. Bei der Veredelung resistenter Sorten suchen wir vorrangig Antworten auf die Krankheiten oder Probleme mit den größten wirtschaftlichen Auswirkungen. Eine solche Aufgabe ist der Apfelschorf. Hier haben wir bereits sehr gute Qualitätssorten entwickelt, in die eine doppelte oder dreifache Resistenz eingebaut ist. Diese Sorten sind daher wirklich dauerhaft resistent. Dazu versuchen wir, mit verschiedenen Unternehmen zusammenzuarbeiten, um eine Win-win-Möglichkeit auszuloten und zu sehen, ob unsere resistenten Sorten gut genug sind in Konkurrenz zu den aktuellen Sorten. Das können wir ganz klar bejahen: Sie sind schön, färben sich gut, sind schmackhaft und lassen sich sehr gut lagern. Ich denke, wir haben wirklich gute Sorten in der Pipeline, die jetzt weltweit getestet werden. Die ersten Vorläufer dieser Sorten wurden bereits kommerziell genutzt. Wir machen wirklich große Fortschritte, aber eine Obstplantage hält sich 15 bis 20 Jahre. Wenn das Produkt also entwickelt und fertig ist, dauert es noch ein paar Jahre, bis es tatsächlich
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gepflanzt und angebaut und auf den Tellern der Verbraucher angelangt ist. Ich glaube, darin liegt auch ein Teil der Frustration der Landwirte begründet, die sich in den Protesten in verschiedenen Ländern widerspiegelt. Die Geschwindigkeit, mit der die Vorschriften verschärft werden, nimmt den Landwirten die Möglichkeit, sich anzupassen. Hinzu kommt, dass Vorschriften in einem theoretischen Rahmen erlassen werden, während die Praxis oft ein wenig komplizierter ist.“
Sind die Herausforderungen so groß, dass die Anbaumöglichkeiten bei der Sortenwahl den Ausschlag geben werden?
„Ich glaube im Moment nicht, dass dies der Fall ist. Die Verbraucher bleiben letztlich der entscheidende Faktor. Wenn die Verbraucher eine Obstsorte nicht möchten, kann sie nicht erfolgreich sein. In erster Linie kommt es auf Verbrauchereigenschaften wie Aussehen, Geschmack und Textur an. Daran führt kein Weg vorbei. Auch da müssen wir uns verbessern. Bei Äpfeln haben wir uns in den letzten sechs Jahren sehr auf die Textur des Fruchtfleisches konzentriert. Unsere Tests zeigen, dass die Textur sogar noch wichtiger
ist als der Geschmack. Der Geschmack ist natürlich wichtig, mit einem angenehmen Geschmack kann man eine Menge Leute überzeugen. Die Textur hingegen ist bei vielen Menschen ein ‘ja’ oder ‘nein’. Ein mehliger Apfel wird nicht angenommen, ein knackiger hingegen schon.“
Was versprechen Sie sich von den neuen Veredelungstechniken, denen sich die Europäische Union im letzten Sommer zaghaft geöffnet hat?
„Das kann auf jeden Fall einen Beitrag leisten. Wir stehen dem sehr positiv gegenüber, denn es ist ein zusätzliches Mittel in unserem Werkzeugkasten. Wir sprechen hier über bestimmte Techniken, von denen wir wissen, dass diese Dinge auch in der Natur vorkommen, nur können wir sie mit diesen Techniken kontrollieren. Dabei möchte ich betonen, dass wir keine transgenen Sorten entwickeln wollen, um beispielsweise bestimmte Pflanzenschutzmittel zu bevorzugen. Das lehnen wir ab.“
„Die neuen Techniken können die Veredelung nicht ersetzen, aber sie können eine Beschleunigung bewirken. Wenn man zwanzig Probleme hat, von denen man
zwei oder drei davon mit diesen Techniken lösen kann, wäre das sehr schön. Es ist nämlich sehr zeitaufwendig, ein Problem zu lösen. Um ein interessantes Gen eines bestimmten Wildtyps oder ein ganz spezielles genetisches Merkmal in eine kommerzielle Sorte einzufügen, benötigt man schon mal sieben bis acht Veredelungsgenerationen von jeweils sechs bis sieben Jahren. Die Veredelung hinsichtlich der Schorfresistenz zum Beispiel begann in den 1950er-Jahren an den Universitäten. Erst seit den 2000erJahren gibt es die ersten kommerziellen Ergebnisse. Und erst in den letzten fünf bis zehn Jahren gibt es wirklich Spitzensorten, die besser sind als jene, die keine Resistenz haben. So weit sind wir jetzt, aber es hat Jahrzehnte gedauert. Wenn ein Teil der Probleme mit den neuen Veredelungstechniken gelöst werden kann, verbleiben mehr Zeit und Ressourcen, um sich auf die anderen Probleme zu konzentrieren. Wenn ein Problem mit einem oder einzelnen Genen gelöst werden kann, dann können die neuen Techniken untersucht werden. Geht es aber beispielsweise um die Textur eines Apfels, so sind Tausende von genetischen Pathways beteiligt. Bis das vollständig entschlüs-
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202 AGF Primeur 4 • 2024 Vision
selt und mit den neuen Techniken verändert ist, sind 100 Jahre vergangen. Das ist genetisch gesehen so komplex, dass es keinen Sinn macht, mit den jetzt zur Verfügung stehenden Techniken zu arbeiten.“
„Bei der Schorfresistenz zum Beispiel gibt es eine Reihe von Genen, von denen wir wissen, dass sie einen sehr großen Einfluss haben. Hier könnte der Einsatz neuer Veredelungstechniken eine Möglichkeit sein. Wenn man zum Beispiel eine sehr gute Sorte hat, die nur über ein Gen resistent ist, das von der Krankheit überwunden werden kann, ist das keine nachhaltige Resistenz. Mit den neuen Veredelungstechniken könnte eine Zweifachresistenz hinzugefügt werden, um eine doppelte Barriere zu erhalten.“
Nicolas äußert die Hoffnung, dass die neuen Veredelungstechniken in Europa tatsächlich umgesetzt werden können. „Mir hat die Beschreibung in der Pressemitteilung der Europäischen Union gefallen, der zufolge wir die Dinge zulassen wollen, die auch in der Natur vorkommen können. Und was in der Natur nicht so leicht passiert, bleibt GMO. Vor allem wird es auch darauf ankommen, diese Beschreibung in ein Gesetz zu überführen, das für alle handhabbar ist und das sicherstellt, dass die Menschen damit arbeiten können. Meines Erachtens spricht wenig gegen einen solchen Ansatzpunkt. Zum Beispiel wird der Elstar oder Jonagold eigentlich nicht mehr gepflanzt. Es sind immer Mutanten. Die sind an irgendeinem Punkt in ihrer Genetik durch die Sonne oder
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welche Umstände auch immer mutiert und haben dadurch z. B. eine andere Farbe angenommen. Das ist für niemanden ein Problem. Das sind sehr geringe Unterschiede, was wir eigentlich mit diesen neuen Techniken auch machen wollen. Es ist genau dasselbe. Nur nicht bei etwas so Banalem wie der Farbe. Aber wir würden es gerne viel grundsätzlicher angehen und wirkliche Nachhaltigkeitsfragen aufgreifen, die für den Anbauer wirtschaftlich enorm wichtig sind.“ Als Beispiele nennt Nicolas hier Pflanzenschutzmittel
und Wasserbedarf. „Leider sieht es so aus, dass auch die Cisgenese nicht erlaubt sein wird, sondern nur das ‘Ausschalten’ eines Gens durch Gene Editing. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Damit hat man dann nämlich ein weiteres Werkzeug in der Hand, um Probleme zu lösen. Denn letztlich will man mit der Veredelung herauszufinden, was bei einer Sorte noch nicht gut läuft, um dann zu versuchen, dieses Problem zu lösen.“
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