Tiger-Tourismus in Indien: Wirksamer Schutz vor der Ausrottung?

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Foto: Martin Harvey, WWF Canon

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Integra 2/08

Tiger sind die einzigen Katzen, die gern schwimmen

Tiger-Tourismus in Indien: Wirksamer Schutz vor der Ausrottung? Kann das verstärkte Interesse von Touristen/innen den bengalischen Tiger vor der Ausrottung bewahren? Von Marcus Bauer

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er Königstiger hat schon bessere Zeiten erlebt. Laut der letzten amtlichen Erhebung gibt es in Indien noch knapp über 1.400 Exemplare. Zehntausende sollen es noch vor einem Jahrhundert gewesen sein. Der Tiger war so gegenwärtig, dass er als Symbol von Würde, Ausdauer und enormer Stärke zum Nationaltier von Indien ernannt wurde. Beliebt war er vor allem bei den Reichen und Mächtigen, für die die Trophäenjagd ein beliebtes Freizeitvergnügen darstellte. Von den „einfachen Leuten“ in den indischen Dörfern wurde der Tiger als Nachbar respektiert und verehrt, aber auch gemieden und gefürchtet. Eine Begegnung zwischen Menschen und der Großkatze hatte jedenfalls in den meisten Fällen einen tödlichen Ausgang – für die eine oder die andere Seite. Die Jagd auf den Tiger ist mittlerweile international geächtet. Die Spezies steht auf der Liste der bedrohten Arten, und der Handel mit Tiger-Teilen wie Fell oder Zähnen ist verboten. Viele der einstigen Jagdgebiete wurden

zu Schutzreservaten erklärt, um dem schrumpfenden Bestand an Wildtieren einen Rückzugsort in ihrer natürlichen Umgebung zu erhalten.

29 Reservate In Indien wurde die Rettung des Tigers 1973 durch die Errichtung des „Project Tiger“ auf höchster staatlicher Ebene angesiedelt, um eine existenzfähige Tigerpopulation für wissenschaftliche, wirtschaftliche, ästhetische, kulturelle und ökologische Zwecke sicherzustellen. Weiterhin sollten für alle Zeiten Gebiete von biologischer Bedeutung als Naturerbe zum Nutzen, zur Bildung und zur Freude der Menschen bewahrt bleiben. 2006 umfassten die 29 Tiger-Reservate Indiens eine Fläche von 38.620 Quadratkilometern – etwas mehr als ein Prozent der Gesamtfläche Indiens (und etwa 90 Prozent der Fläche der Schweiz oder der Niederlande). Und im Januar 2008 wurde gemeldet, dass für den Tigerschutz bis 2013 sechs Milliarden Indische Rupien aufgewendet werden sollen. Trotz dieser beachtlichen

Maßnahmen stellen die rasante wirtschaftliche Entwicklung des Landes, der explosionsartige Bevölkerungszuwachs und soziale Disparitäten Herausforderungen für einen effektiven Artenschutz dar. Während sich eine steigende Anzahl von indischen Bürgern/innen aus der städtischen Mittelschicht einen Freizeitbesuch in einem Tiger-Reservat leisten kann, sind immer noch viele Menschen auf die natürlichen Ressourcen in den Schutzgebieten als Lebensgrundlage angewiesen.

Tourismus hat Ausgleichsfunktion In dieser Situation verspricht man sich vom Tourismus eine Ausgleichsfunktion. Von Besuchern/innen eingenommenes Geld soll das Parkmanagement beim Naturschutz unterstützen und den Anwohnern/innen des Parks zu alternativen Einkommen verhelfen. Durch so genannte „Eco-Development Commitees“ wird in den Dörfern im Umfeld des Parks die Bevölkerung ausgebildet und gefördert. Anwoh-


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