Positionspapier zu den EU-Wahlen 2014
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Einleitung Die Wahlen des EU-Parlaments finden dieses Jahr am 25. Mai in den EU-Mitgliedsstaaten statt. Wahlberechtigt sind in Österreich alle Personen ab 16, in den anderen Mitgliedsstaaten alle ab 18. Sie bestimmen was für eine Ausrichtung die EU-Politik die nächsten fünf Jahre hat. Obwohl die EU keinen direkten Einfluss auf die Bildungspolitik der Mitgliedsstaaten hat, vermittelt sie jedoch eine bestimmte politische Richtung. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die EU-Bürger_innen ihre Stimme nutzen, um für eine progressive europäische Bildungspolitik zu stimmen.
Bildung als Menschenrecht Sich zu bilden ist ein Grundrecht eines jeden Menschen. Bildung wird heutzutage oft mit Ausbildung für den Arbeitsmarkt gleichgesetzt. Schüler_innen sollen möglichst gut „verwertbar“ sein, wenn sie die Schule abschließen. Dabei werden andere bildungspolitische Ziele, wie die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Befähigung zur kritischen Analyse gesellschaftspolitischer Zustände oft außer Acht gelassen. Es werden Hürden geschaffen, um höhere Bildung nur bestimmten Gesellschaftsschichten zugängig zu machen, zum Beispiel durch Aufnahmeprüfungen und Zugangsbeschränkungen auch an höheren Schulen. Der Schulbesuch ist oft mit versteckten Kosten für die Familie verbunden, die es vielen unmöglich macht, lange im Bildungssystem zu bestehen. Zusätzlich entstehen immer mehr private Bildungseinrichtungen, die das Bildungssystem und die Gesellschaft auseinander treiben. In diesen wird Bildung Schüler_innen verkauft und daraus Profit gemacht, Bildung wird als Ware gehandelt. In den letzten Jahren sind außerdem häufig staatliche Bildungsbudgets gekürzt worden, was den Bürger_innen als notwendige Sparmaßnahme im Rahmen der Finanzkrise erklärt worden ist. Dass dadurch viele Schulkosten in die Höhe geschossen sind, die Schuldemokratie geschwächt und Schüler_innen mit schwächerem sozio-ökonomischem Hintergrund der Schulbesuch schwerer gemacht wurde, verschweigen Regierungen oftmals. Die AKS fordert daher auf europäischer Ebene: ►► Keine Privatisierung von Bildung ►► Barrierefreier Zugang zu Bildung für alle ►► Flächendeckend kostenfreie Bildung ►► Lebenslanges Lernen fördern ►► Staatliche Investitionen in Bildung von min. 6% des BIP
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1. Bildung als Schlüssel zu einer gerechteren Gesellschaft Bildung ist ein starkes Gut. Durch Bildung können Machtverhältnisse gestärkt, aber auch aufgebrochen werden. Bildung kann sozialen Aufstieg verhindern, aber auch ermöglichen. Durch Bildung können wir zu einer gerechten Gesellschaft gelangen. Alle müssen freien Zugang zu Bildung haben, um eine fortschrittliche Gesellschaft zu gestalten. In Schulen und anderen Bildungseinrichtungen müssen Menschen zu kritischem Denken befähigt werden, um somit gefährliche politische Tendenzen in unserer Gesellschaft erkennen und beeinflussen zu können. In staatlichen Bildungseinrichtungen muss das gemeinsame Lernen von Schüler_innen mit verschiedensten Hintergründen gefördert werden, um marginalisierten Gesellschaftsgruppen die Teilnahme an gesellschaftlichen Diskussionen und Prozessen zu ermöglichen und Grenzen zwischen verschiedenen Gruppen aufzuheben. Außerdem soll im Unterricht aktive Antidiskriminierungsarbeit stattfinden, um Schüler_ innen früh auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen und sie zu sensiblen, verantwortungsbewussten Bürger_innen heranwachsen zu lassen, die sich aktiv für eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Homo- und Transphobie, Rassismus, Faschismus, Sexismus und andere Formen von Diskriminierung dürfen keinen Platz mehr in Schule und Gesellschaft haben. Die AKS fordert auf europäischer Ebene: ►► Durch qualitätsvolle Bildung Chancengleichheit ermöglichen ►► Ganztätige Gesamtschulen in ganz Europa ausbauen ►► Kritisches Bewusstsein von Schüler_innen für herrschende gesellschaftliche Strukturen fördern ►► Antidiskriminierungsarbeit an Schulen in ganz Europa stärken
2. VET – Berufsbildende Ausbildung Österreich hat aus europäischer Sicht ein recht gut entwickeltes System von berufsbildenden Schulen, die 80% aller Schüler_innen als höhere Schullaufbahn wählen und besonders Schultypen wie die HAK (Handelsakademie) genießen hohes Ansehen. Jedoch werden hierzulande Berufsschulen oft als minderwertige Schultypen angesehen. Vor allem demokratische Defizite sind dort zu finden, weil ihnen nicht so viel Wert zugemessen wird, wie zum Beispiel Allgemein bildenden höheren Schulen (AHS). In vielen anderen Mitgliedsstaaten der EU leiden berufsbildende Schulen noch viel stärker unter mangelndem Ansehen und fehlenden staatlichen Geldern. Der private Markt nützt diese Schwachstellen besonders aus und versucht durch Investitionen, Einfluss in die Lehrpläne dieser Schulen zu nehmen, um die Schüler_innen später besser in ihren eigenen Betrieben einsetzen zu können. Dies führt oft zu einseitigen Ausbildungen und eingeschränkten individuellen Entfaltungsmöglichkeiten für Schüler_innen. Lehrlinge haben es auch in vielen EU-Mitgliedsstaaten besonders schwer, da sie durch mangelnde Regelungen den Betrieben oft ziemlich ausgeliefert sind. (Inwiefern ausgeliefert?) Darauf sollte europaweit verstärkt ein Augenmerk gelegt werden, um Jugendlichen qualitätsvolle Ausbildungen zu ermöglichen.
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Besonders weiterführende Bildung sollte vermehrt bei Schüler_innen von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und Berufsschulen gefördert werden, um zu gewährleisten, dass allen lebenslanges Lernen ermöglicht werden kann. Die AKS fordert daher auf europäischer Ebene: ►► Angemessene Bezahlung von Lehrlingen verankern ►► Qualitätsvolle Berufsausbildung in ganz Europa ausbauen ►► Weiterführende Bildung mit Abschlüssen von Berufsbildenden Schulen ermöglichen ►► Einflussnahme des privaten Marktes in berufsbildende Schulen verhindern
3. Partizipation und Demokratie Schüler_innen wird als größter Gruppe im Schulsystem oft kaum Beachtung geschenkt. Entscheidungsprozesse finden meist hinter verschlossenen Türen unter Erwachsenen statt, obwohl sie Schüler_innen direkt betreffen. Schüler_innenvertretungen sind in vielen EU-Mitgliedsländern noch lange nicht in allen Schulen anzutreffen und die demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten dieser sind selten gesetzlich verankert. Dadurch wird den Schulen ein willkürlicher Umgang mit Schuldemokratie ermöglicht. Doch wo, wenn nicht in der Schule soll Demokratie und das Verständnis für politische Partizipation gelernt werden? Schüler_innen, die in der Schule keine echte Demokratie kennenlernen oder gar Missbrauch demokratischer Strukturen und Mittel erleben, werden als Wahlberechtigte auf allen Ebenen wenig Verständnis für ihre individuelle Anteilnahme an demokratischen Mitentscheidungsmöglichkeiten haben und dessen Wichtigkeit nicht erkennen können. Mitbestimmung muss als ein wichtiges Gut vermittelt und angewendet werden. Dazu braucht es aber auch politische Bildung an allen Schulen, um ein grundlegendes Verständnis von politischen Prozessen, aber auch die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen zu fördern. Doch nicht nur in der Schule sollten Schüler_innen einbezogen werden, sondern auch auf allgemeinpolitischer Ebene sollten Partizipationsmöglichkeiten geschaffen werden. Dabei ist vor allem die Senkung des Wahlalters auf 16 ein wichtiger Schritt, um Jugendlichen eine stärkere Stimme im politischen Diskurs zu geben. Zusätzlich von fehlenden Mitbestimmungsmöglichkeiten wird den nationalen Schüler_innenorganisationen oft wenig Beachtung geschenkt und die finanziellen Unterstützungsmittel werden absichtlich klein gehalten. Eine stärkere Vernetzung von Schüler_innen auf nationaler, aber auch internationaler Ebene wird eher kritisch betrachtet und kaum gefördert. Schüler_innen müssen zusammenhalten, um laut zu sein und gehört zu werden! Die AKS fordert daher auf europäischer Ebene: ►► Mitbestimmungsmöglichkeiten für Schüler_innen als fixer Bestandteil aller Schulen in Europa ►► Einbeziehung von Schüler_innen in bildungspolitische Entscheidungsprozesse auf nationaler und europäischer Ebene ►► Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche auch außerhalb der Schule fördern ►► Politische Bildung in allen europäischen Unterrichtsplänen verankern ►► Wählen ab 16 in allen Mitgliedsstaaten der EU
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4. Bildungsevaluation Der internationale Trend zur Bildungsevaluation ist kaum zu übersehen. Standardisierte Tests werden innerhalb von Schulen, Nationalstaaten, aber auch international abgehalten. Evaluation ist nicht grundsätzlich schlecht, wenn sie jedoch sinnvoll durchgeführt und nachbesprochen wird. Dies ist bei Studien wie PISA oft nicht der Fall, bei der durch verschiedene Tests die Fähigkeiten der Schüler_innen gemessen werden wollen. Dabei werden Äpfel mit Birnen verglichen und auf die Umstände der Testungen nicht eingegangen. Es wird keine Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden genommen und die Zahlen werden als aussagekräftige Informationen über die jeweiligen Bildungssysteme bewertet. Anstatt innerhalb von Schulen gemeinsames Lernen zu fördern, werden Klassen, Lehrpersonen und einzelne Schüler_innen gegeneinander ausgespielt. Auch die Konkurrenz zwischen einzelnen Staaten wird dadurch gefördert, anstatt eine Zusammenarbeit zu stärken. Die AKS fordert daher auf europäischer Ebene: ►► Bildungsevaluationen wie PISA nicht als einziger Maßstab für gute Bildungspolitik nehmen ►► Mehr Qualität als Quantität in der europäischer Bildungspolitik stärken
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