AL Magazine «Made in China»

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auf die linke Seite, alle Chinesen auf die rechte!». Dann gab es Verhandlungen mit dem Clubbesitzer, danach mussten alle westlichen Gäste nach draussen und die Chinesen wurden gefilzt. Solche Dinge sind einige Male geschehen.

Digitale Postkarten von Ralf Eberle

21.10.2010/ 18:30–20:30 Architekturfilmreihe im TaKino Luis Barragan – Die stille Revolution TaKino Schaan

20.10.2010/ 18:00 Buchpräsentation «Architektur Liechtenstein 2010» Das Jahrbuch des Institutes für Architektur und Raumentwicklung Nur an diesem Abend: Sonderpreis für Studierende CHF 15 Atelier Hochschule Liechtenstein

13.10.2010/ 18:00–19:30 Vortrag Ma Yansong (MAD Ltd.) Rising East – New Chinese Architecture 2000–2010 Auditorium Hochschule Liechtenstein

15.12.2010/ 18:00–19:30 Vortrag Gion Caminada Auditorium Hochschule Liechtenstein

02.12.2010/ 18:30–20:30 Architekturfilmreihe im TaKino Kenwin – Borderline TaKino Schaan

24.–26.11.2010/ 9:00–18:00 Zwischenpräsentation Entwurfsstudios und Thesis Atelier Foyer Auditorium Hochschule Liechtenstein

18.11.2010/ 18:30–20:30 Architekturfilmreihe im TaKino Richard Serra – Thinking on your feet TaKino Schaan

25.01.10 /  Eine dicke Schicht aus Smog schwebt über Schanghai, der Swiss Pilot erklärt um 8:03 Uhr, dass der Anflug nach Schanghai Pudong unmöglich sei. Als ich am Abend völlig erschöpft nach 23 Stunden im Flugzeug endlich in Schanghai in der Studentenunterkunft ankam, liess ich mich ins Bett fallen. Binnen Millisekunden stand ich wieder neben der Pritsche, ich traute meinem Nervensystem nicht mehr. Ich nahm die Decke weg und sah einen ungehobelten Lattenrost mit Nägeln, welche ein bis zwei Zentimeter herausstanden. Welcome to Schanghai!  26.02.10 /  Die Uni ist riesig, zu vergleichen mit der Fläche von Buchs SG. Es sind insgesamt 70 000 Studierende immatrikuliert.

12.–21.10.2010/ 9:00–18:00 Ausstellung Rising East – New Chinese Architecture 2000–2010 Foyer Hochschule Liechtenstein

Man durchbricht die Wand mit Türen und Fenster, damit ein Haus entstehe: Auf dem Nichts daran beruht des Hauses Brauchbarkeit.

Darum: Das Sein gibt Besitz, das Nichtsein Brauchbarkeit.

Laotse

Übersetzt und erläutert von Richard Wilhelm Tsingtau, 1910 Man bildet Ton und macht daraus Gefässe: Auf dem Nichts daran beruht des Gefässes Brauchbarkeit. Dreissig Speichen treffen sich in einer Nabe: Auf dem Nichts daran (dem leeren Raum) beruht des Wagens Brauchbarkeit.

Ein unglaubliches Durcheinander! Aber für mich sehr spannend, denn ich bin mich gewohnt, mit 200 Studenten zu studieren.  23.03.10 /  Die Gebäude schiessen hier aus dem Boden wie Pilze. Die Menschen sind zur Rush-hour wie Tiere. Vögel höre ich nicht. Um Grün zu sehen, fahre ich eine Stunde mit der U-Bahn. Gemessene Lautstärke der Stadt 24 h / 47–52 dB (ab 63 dB bleibender Gehörschaden). Normale (Smog-) Sichtweite 2 bis 1 km. Heute nur 300 bis 400 m. Vermisse den Käse, die Luft, das Wasser, Vollkornbrot, Anstand, Messer, Löffel und Gabel, Stille, Kaffee, alles was nichts mit Reis zu tun hat, und natürlich die Unterhaltungen mit EUCH!!!  27.04.10 /  Beeindruckend ist das Gesundheitsbewusstsein der Chinesen, da sind sie uns 100 Jahre voraus. Ich habe in meinem Leben noch nie so vitale 80- oder 90-jährige Menschen gesehen. Die joggen mal 2 oder 3 km am Morgen, gehen rückwärts, um ihr

12.11.2010/ 19:00–2:00 Hochschulball Hochschulball meets Studio 54 Ballenlager Spörry Fabrik

Ich liebte das Autobahnkreuz mitten in Schanghai. Da schweben sechs Fahrbahnen übereinander. In der Nacht sind die Untersichten violett-blau beleuchtet. Es ist eine gewaltige Kathedrale.

Eindrücklich

China verändert sich sehr schnell und stark. Ich denke, dass die Typologie der gestapelten Wohnungen in dieser Dimension sozial für die Stadt schwierig wird. Ein Gemeinschaftssinn, wie er noch bei alten Lilongs anzutreffen war, wird nicht gefördert.

Kritisch

Mitten in Schanghai ist der People Square. Am Samstag treffen sich hier Omas und Opas zum Heiratsmarkt. Aufgrund von Anzeigen (jeweils ohne Bild) wird der passende Partner für den Enkel oder die Enkelin gesucht.

Erstaunlich

Gleichgewicht zu trainieren. Schinieren tut 10 Mal am Tag an einem Baum ein- und was das Rezept sei, um alt zu werden. Er vergessen offen zu sein und zu bleiben. Das

Welches sind die Gründe für solche Durchsuchungen? Die Schwulenszene ist berühmt für ihren Drogenkonsum, zumindest ist dies die Begründung der Polizei für solche Durchsuchungen. Die Realität ist anders. Die Polizei versucht schlichtweg, die Alternativszene zu diskriminieren und zu schikanieren. Die chinesische Gesellschaft achtet auf den Ruf und den Status der Bürger, und wenn es natürlich publik wird, dass man sich in solchen Kreisen bewegt und dass vielleicht sogar dein Name in einem Polizeiprotokoll auftaucht, dann kann das drastische Konsequenzen haben. Als europäischer Bürger wurde ich da privilegiert behandelt.

Du trägst einen chinesischen Anhänger um den Hals, gibt es hierzu vielleicht auch noch eine Geschichte? Der Anhänger stammt aus Tibet und die Inschrift sagt, dass die Menschheit sich mit der Natur vereinen soll.

Und wie lebst du dieses Motto hier? Viel Fahrradfahren! (lacht) Ich brauche das Auto bewusst weniger. In Schanghai habe ich stets das Fahrrad benützt. Es machte mir auch nichts aus, 45 Minuten damit unterwegs zu sein. Und wenn man sich überlegt, wie weit man hier kommt in dieser Zeit… Wie auch zu Fuss; in einer Grossstadt ist man einfach viel mehr zu Fuss unterwegs. Das habe ich hierher mitgenommen.

11.10.2010/ 19:00–20:30 Vernissage Rising East – New Chinese Architecture 2000–2010 Vortrag  Fang Zhenning Foyer Auditorium Hochschule Liechtenstein

spontan entschieden. Hier brauche ich ein Auto, muss mich mit Freunden koordinieren und das ist schon einiges komplizierter. Es ist irgendwie wie in einem Altersheim.

sich dabei niemand. Morgens gehen alle Chinesen kopfkratzend durch die Strassen. Ich mittlerweile auch schon, denn tatsächlich werde auch ich so ohne Kaffee wach! ausatmen und danach in die Hände klatschen hilft, sich mit der Muttererde zu verbinden – anscheinend.  01.08.10 /  Letzthin habe ich einen 87-jährigen Mann gefragt, schmunzelte und sagte; man solle im Leben alles sehr locker nehmen, sehr viel lachen, Tee trinken, sich bewegen und das Leben in vollen Zügen geniessen. Man solle nie Teetrinken werde ich mir merken.

11.11.2010/ 18:30–20:30 Architekturfilmreihe im TaKino The Films of Charles and Ray Eames TaKino Schaan

finden, vielleicht nicht in Schanghai aber vielleicht in Beijing, Xian oder Nanjing. Und gerade dort, in einer der ältesten Städte Chinas, ist von den alten Strukturen nur noch die Stadtmauer vorhanden, sonst nichts.

02.11.2010/ 18:00–20:30 Symposium Vision Liechtenstein 2020 Grenzenlos saubere Energie, selbsterzeugt? Auditorium Hochschule Liechtenstein

Das Tragische dabei war, dass mir nach einem Monat genau gleichviel im Alltag hilfreich war wie am Anfang, sodass ich entschieden habe, es mir mit Hilfe meiner Mitbewohner selbst beizubringen. Und die verbotene Stadt in Peking? Dort hat es hauptsächlich viele Leute, Tourismus pur. Natürlich ist die Weitläufigkeit der Anlage beeindruckend, doch die Art und Weise, wie dieser Ort von der Regierung vermarktet wird und die Besucher gesteuert werden, ist gewöhnungsbedürftig. Die Regierung bezahlt auch eine Anzahl Besucher, damit sie überhaupt kommen. So sieht das Ganze wichtiger aus. Genau so spielt es sich übrigens auch bei der Expo Schanghai 2010 ab.

haben mich gar nicht gereizt. Für 20 Franken Eintritt gilt dann: «open bar». Man trinkt billigen Wodka und Gin bis man umfällt. Die Chinesinnen lachen sich westliche Touristen an, beklauen diese auch manchmal. Einen westlichen Partner zu haben ist dort auch noch eine Prestigesache. Ich habe aber herausgefunden, wo die Alternativszene ist, habe mich vor allem in der Schwulenszene aufgehalten. Die existiert und ist sehr stark, war auch schon während Zeiten der Todesstrafe auf Homosexualität präsent. Die Schwulenszene war bis vor wenigen Jahren unterdrückt wie bei uns vor 100 Jahren. Das Schöne an ihr ist, dass sie sich wie eine grosse Familie verhält. Im Alltag ist die Szene aber weiterhin unterdrückt und vielleicht ist es auch deshalb, dass sie einfach kreativer ist als andere Bewegungen. Der rücksichtsvolle Umgang untereinander und eine Offenheit gegenüber der westlichen Kultur sind weitere Merkmale der Szene. In anderen Clubs herrscht weniger Respekt; wenn wer durch will, dann rammt er dir gerne seinen Ellbogen in die Rippen.

28.10.2010/ 18:30–20:30 Architekturfilmreihe im TaKino Die Reisen des Santiago Calatrava TaKino Schaan

RALF EBERLE Studium an der Hochschule Liechtenstein? Ich war völlig überfordert mit der enormen Anzahl Studierender. Wenn bei uns auf dem Kampus der Hochschule 70 000 Studierende wären, dann würde wohl die Post abgehen. Dort aber ist alles unter Kontrolle. Man merkt auch, dass Tongji eine staatliche Institution ist, alles ist sehr strikt organisiert. Der Campus selbst ist wie eine Oase in der Grossstadt. Das Vogelgezwitscher kommt aus den Lautsprechern und das soll einen zur Ruhe bringen! Woher kamen deine Freunde? Am Anfang habe ich mich sehr auf westliche Studierende fixiert. Irgendwie braucht man dann noch den Rückhalt der eigenen Kultur. Ich habe dannzumal auch noch Brot gegessen, habe lange Fahrten auf mich genommen, um ein Brot zu kaufen. Psychologisch ist das ganz wichtig. Irgendwann aber beginnt man, die Chinesen zu verstehen und schätzen zu lernen. Gegen Ende meines Aufenthaltes habe ich mich dann fast ausschliesslich mit chinesischen Freunden meist aus einfachem Haus getroffen.

Wieso wie ein Altersheim? Man hat hier ganz andere Prioritäten. In Schanghai prallen Welten aufeinander. Totenstille und lauter Lärm. Hektik und Langeweile. Armut begegnet extremem Reichtum, welcher auch gerne gezeigt wird. Schanghai ist die Stadt mit den meisten Louis-VuittonGeschäften. Man kann auch in einem SchikkimikkiRestaurant zu Abend essen und dann wird der Abfall mit all seinen Gerüchen direkt durch den Raum gezogen. Es wird natürlich auch noch hemmungslos auf den Boden gespuckt. Für die Expo 2010 haben sie versucht, dies zu unterbinden und in den touristischen Gegenden funktioniert es auch mehr oder weniger. In meinem Quartier, eine typische chinesische Kommune, war das Spucken omnipräsent.

27.10.2010/ 18:00–19:30 Vortrag Hermann Kaufmann Hörsaal 1 Hochschule Liechtenstein

der Hochschule Liechtenstein die Ausstellung Rising East — New Chinese Architecture 2000—2010 statt. Sie wird von Fang Zhenning kuratiert und ist Teil von Culturescapes China (www.culturescapes.ch). Gezeigt wird zeitgenössische Architektur in China, darunter gebaute und ungebaute Projekte von Rem Koolhaas (OMA), Ma Yansong (MAD architects) und neun weiteren Architekten. Die Ausstellung wird mit der Vernissage und einem Vortrag von Fang Zhenning am 11. Oktober 2010 um 19 Uhr eröffnet (Foyer, Auditorium — in Chinesisch mit englischer Übersetzung). Des Weiteren hält Ma Yansong am Mittwoch, 13. Oktober 2010 um 18 Uhr einen öffentlichen Vortrag (Auditorium — in Englisch).

Das Institut für Architektur und Raumentwicklung hat für den virtuellen Pavillon Liechtensteins an der Weltausstellung 2010 in Schanghai Ideen zum Ausstellungsthema «Better City, Better Life» entwickelt. Alle Beiträge der Studierenden findet ihr unter www.expo2010.li, darunter Projekte für eine chinesische Botschaft in Vaduz, Tourismuskonzepte für Tschiertschen oder radikale Thermen am Walensee. In diesem Zusammenhang reisten auch Studierende und Dozierende von drei Entwurfsstudios im letzten Mai für eine Studienreise nach China.

www.expo2010.li

«Made in China» — produziert in Liechtenstein.  Diese Ausgabe steht ganz im Zeichen des Austausches zwischen China und dem Institut für Architektur und Raumentwicklung der Hochschule Liechtenstein. Studierende und Dozierende malen durch Erlebnisberichte, Mitbringsel und Eindrücke von mehreren Reisen und Studienaufenthalten ein faszinierendes Bild Chinas, welches euch hoffentlich zu einem Besuch im Land des Lächelns anregt. Ní hˇ ao! Die Redaktion.

Rising East – New Chinese Architecture 2000–2010  Vom 12. bis 21. Oktober 2010 findet im Foyer

IN SCHANGHAI Ralf Eberle studiert seit 4 Semestern Architektur an der Hochschule Liechtenstein und verbrachte sein Austauschsemester an der Tongji Universität in Schanghai, China.

Wie lange hat es gedauert, bis du vom Touristen zum Lokalen geworden bist? Zwei Monate. Nach zwei Monaten fühlte ich mich zu Hause, obwohl ich mich noch nicht ganz wohl fühlte und noch nicht alles akzeptiert hatte. Nach vier Monaten habe ich dann Chinesisch gesprochen und die Strassen in meinem Quartier in- und auswendig gekannt. Dann konnte ich mich auch mit dem Lebensstil identifizieren. Ich habe das Leben dann wieder genossen und schätzen gelernt, das Westliche habe ich nicht mehr gesucht. Am Schluss habe ich nichts mehr vermisst.

Impressum  Redaktion  Peter Staub (Leitung) und Cornelia Faisst, Hochschule Liechtenstein, Vaduz  Konzept und Gestaltung  Anna Hilti /  www.annahilti.com  und Cornelia Wolf /  www.up-consulting.li  Mit freundlicher Unterstützung von  Wolf Druck AG, Schaan/ www.wolf-druck.li  Disclaimer  Aussagen von Befragten und namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. Die Hochschule Liechtenstein übernimmt weiterhin keine Gewähr für den Inhalt von Homepages auf die im Text hingewiesen wird. /  © 2010, Hochschule Liechtenstein  Kontakt  AL Magazine, Institut für Architektur und Raumentwicklung Hochschule Liechtenstein, Vaduz/  www.hochschule.li/al   al@hochschule.li  AL auf Facebook/  www.facebook.com/almagazine

Welches waren deine schönsten Erlebnisse? Ganz klar das Reisen. Am Schluss meines Aufenthaltes bin ich bis nach Tibet gelangt, davor natürlich Peking besucht, auch die Satellitenstädte Schanghais, Nanjing, Hauptstadt der Republik China, Suzhou, Hangzhou, Ningbo, bin aber auch in abgelegene Dörfer gelangt, in welche man eigentlich nicht reisen sollte. Ich wollte einfach das richtige China entdecken. Lanzhou habe ich gesehen, welches von der grossen Flut betroffen war. Für mich am eindrücklichsten war sowohl aus positiver als auch negativer Sicht eindeutig Tibet.

die sind dann selbstverständlich von heute auf morgen elektrisch. Jetzt schon sind ca. 80 % aller Roller elektrisch – und diese Massnahme wurde erst vor 18 Monaten initiiert! Das würden wir hier nicht einmal in 10 Jahren schaffen. Sie haben bereits begonnen ganze Städte für die Produktion der Elektroautos aus dem Boden zu stampfen. In diesem Bereich geben sie sprichwörtlich «Vollgas». Darin ist der Kommunismus sehr stark und sehr interessant. Im Gegensatz dazu herrscht natürlich keinerlei Meinungsfreiheit. Man wird auch einfach nicht informiert. Ein Beispiel: 20 bis 30 km von unserer Wohnung entfernt hat ein Gaswerk gebrannt. Man sah die 50 m hohe Stichflamme aus der Ferne. Es hat uns niemand informiert, was da passiert ist oder wie man sich verhalten soll. Das Gaswerk hat eine Woche lang gebrannt. Wir haben die Fenster natürlich geschlossen gehalten, die Dämpfe waren hochgiftig. Es gab keine News im Internet oder in den Zeitungen. Wenn du wen fragst, weiss niemand von nichts und alles ist immer Bestens, es sei nicht gefährlich und man muss sich keine Sorgen machen.

EIN MITBRINGSEL VON MARTIN BÜHLER

Wie zeigt sich der Kommunismus in der Architekturausbildung? Gerade bei den Architekten ist es ein Problem, dass durch Mao die Kreativität zerstört wurde. Das zeigt sich weiterhin. Das freie Denken wird als sehr anstrengend empfunden. Das Individuum hat in der 5 000-jährigen Geschichte Chinas einfach keinen Platz gehabt. Und gerade in der Architektur ist das schwierig für sie, denn sie müssen die Kreativität erlernen.

DIE WIRKSAMKEIT DES NEGATIVEN

Und wann hast du angefangen, auf den Boden zu spucken? (lacht) Nach etwa vier Monaten. Man kann einfach nicht anders, so viel Schleim und Abgaspartikel stecken dir da im Hals fest. Zivilisiertes Spucken heisst; in den Abfalleimer! Eigentlich ist das Spucken völlig natürlich, und es stört irgendwann auch nicht mehr. Auch nicht, dass die Kinder in die Schachtdeckel der Strasse pinkeln.

Kannst du einen Austausch nach Schanghai weiterempfehlen? Auf jeden Fall, eine Riesenerfahrung.

Willkommen zurück und danke fürs Gespräch!

Mehr Informationen zu den Terminen auf www.hochschule.li/architektur

Welche waren deine Erwartungen, gerade in Bezug auf die Schwulenszene in Schanghai? Anfänglich habe ich mich auf ein halbes Jahr Keuschheit eingestellt (lacht). Die Untergrundszene trifft sich aber immer noch in Clubs unter anderem in alten. In diesen finden dann auch Kunstausstellungen statt, deren Inhalt eigentlich verboten wäre. Es gab auch Momente, in welchen die Polizei in den Club gekommen ist. Das war krass, denn dann hiess es: «alle westlichen Personen

OKT/ NOV/ DEZ 2010

Was habt ihr im Ausgang so unternommen? Gibt es eine gute Partyszene in Schanghai? Die kommerziellen Clubs sind nicht spannend, die

KALENDER

Jetzt bist du wieder da, in der «heilen Welt». Wie empfindest du es? Tja, so glücklich bin ich nicht. Ich kann zum Beispiel nicht einfach auf die Strasse stehen und «Taxi!» rufen (lacht). Das Leben in einer Grossstadt hat schon viele schöne Seiten. Durch das grosse Angebot wird weniger geplant, man lebt mehr in den Tag hinein. Ich habe mir nie Gedanken darüber machen müssen, wo ich am Abend in den Ausgang gehe. Das wurde

ZUM RAUM

Ralf, du bist kürzlich von einem Austauschsemester in Schanghai zurückgekehrt. Welche Erkenntnisse und Erfahrungen hast du mitgebracht? Die Achtung vor dem Menschen, die Schnelllebigkeit und gleichzeitig aber auch die Ruhe. Was mich stark beeindruckt hat ist die non-verbale Kommunikation. Darauf legen sie grossen Wert und es ist nur ein Teil verschiedenster Gesellschaftswerte, welche sich stark von den unsrigen unterscheiden. Das finde ich äusserst spannend.

ISSUE 6 OCTOBER 2010

China hat eine lange und ereignisreiche Geschichte. Was ist davon noch zu erkennen und verspürt man in der Gesellschaft einen gewissen Stolz darauf? Nein, eigentlich nicht. Ich glaubte ursprünglich, ich käme nach China. Gefunden habe ich mich dann irgendwo in einem Verschnitt von Asien und Amerika. Das war schon sehr schräg. Ich hatte gehofft, alte Tempel oder Stadtstrukturen zu

Die Architekten Peter Sigrist, www.muellersigrist.ch und Martin Bühler , www.martinbuehler.ch sind Dozenten an der Hochschule Liechtenstein und waren im Frühling 2010 im Rahmen eines Dozentenaustausches für einen Monat an der Tongji Universität tätig. Für dieses Semester sind Studierende des Institutes für Architektur und Raumentwicklung für ein Auslandsemester in folgenden Städte gezogen: Amsterdam, Berlin, Brüssel, Budapest, Cairo, Cardiff, Las Palmas, Schanghai und Tokyo.

Und Materielles? Hm – drei massgeschneiderte Hemden (lacht)!

VON PETER SIGRIST

Und umgekehrt, was hat dir aus der Schweiz gefehlt, was hast du nach China mitgenommen? Schokolade! Zum selber essen versteht sich (lacht).

MADE IN CHINA

Gibt es vielleicht auch Komponenten, die dich ansprechen? Für mich war natürlich faszinierend zu sehen, wie schnell Entscheidungen aus Peking umgesetzt werden können. Wenn es heisst, China werde jetzt ökologisch nachhaltig, dann gibt es einfach kein Benzin mehr für alle Mopeds und Roller,

DREI IMPRESSIONEN

Wie hast du mit den lokalen Bewohnern kommuniziert? Mit Händen und Füssen! Die Chinesen geben dir nichts zu essen, wenn du mit ihnen Englisch sprichst. Man muss den Reis einfach auf Chinesisch bestellen, sonst bekommt man ihn nicht. Die würden dich glatt verhungern lassen! Das war echt krass. Ich habe natürlich auch nicht downtown Schanghai gewohnt, sondern ausserhalb. Und dort herrscht noch alte Schule, sodass mir nichts anderes übrigblieb, als Chinesisch zu lernen. Ich habe auch einen Chinesischkurs an der Uni belegt. Allerdings waren die Lehrmethoden dort sehr drastisch und so wollte ich nicht eine Sprache lernen: Totaler Frontalunterricht, die Lehrerin sagt «Ní hˇ ao» und die ganze Klasse repetiert es. Der Lerndruck und der Aufwand waren enorm.

ERSTAUNLICH EINDRÜCKLICH KRITISCH

Du hast an der Tongji University ein Semester lang Architektur studiert. Welches sind die wichtigsten Unterschiede zum

AL MAGAZINE


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