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vorwort
D
as wird ein gutes Heft.“ So die Äußerung ei-
Interessierten dazu auszutauschen und nicht zuletzt
folgenden Artikeln dieses Unsichtbare ein kleines
nes Kollegen während unserer letzten gemein-
auch ein kleines bisschen stolz darauf sein.Wenn
bisschen sichtbarer werden zu lassen, dann schlie-
es denn gut war.
ße ich mich der Meinung meines anfangs zitierten
samen Redaktionskonferenz zu dieser neuen Ausgabe. Die Arbeit daran ist damit allerdings längst
Wie aber können wir es schaffen, auch dieses
Kollegen gerne an.
nicht abgeschlossen. Jeder, der schon einmal die
Heft „gut“ werden zu lassen? Eine Frage, die aus
Gelegenheit hatte, bei solch einer Unternehmung
meiner Sicht in hohem Maße nicht alleine von der
nun ihr eigenes Bild zu machen. Allen, die damit
mitwirken zu dürfen weiß, dass es noch sehr viel
Farbigkeit, den künstlerischen und wissenschaft-
Lust bekommen auf mehr, empfehle ich einen per-
zu tun gibt, bis es wirklich gut ist. Bilder werden
lichen Inhalten der Beiträge und den grafischen
sönlichen Besuch unseres Atelierhauses in Alfter.
hin und her geschoben, Seiten ausgetauscht, Texte
Qualitäten abhängt, sondern mindestens ebenso
Sie sind herzlich willkommen!
überarbeitet und korrigiert, das Abwägen, der
viel von dem, was dahinter steckt, was nicht so
Feinschliff und der unwiderruflich näher rücken-
ohne Weiteres abbildbar ist. Was das sein könnte?
wird gut ohne fleißige Helfer, die bis zum Schluss
de Redaktionsschluss fordern noch einmal vollen
Die Leidenschaft vielleicht, mit der sowohl die
dabei sind. Stellvertretend für den ganzen Fachbe-
Einsatz und große Konzentration aller Beteilig-
Studierenden, wie auch die Kollegen ans Werk
reich möchte ich mich bei allen Machern und flei-
ten. Es geht darum, mit dieser Dokumentation
gehen, das Spielerische, zugleich aber auch der
ßigen Helfern, allen voran den Studierenden Nola
einen Einblick in die Projekte und Aktionen des
Ernst, mit dem die Fragestellungen unterschiedlich-
Bally, Dominique Buchmaier, Claudius Bäuml
vergangenen Studienjahres zu gewähren. Zum
ster Aufgaben behandelt werden. Der gegenseitige
und Elias Schley bedanken! Ohne sie hätten Sie
einen richten wir uns damit an die Gäste, Freunde
Respekt, das Interesse an der anderen Meinung,
jetzt nicht das Heft in der Hand …
und Förderer unseres Fachbereichs, zum anderen
das sogenannte „Fachübergreifende“, der Geist
können aber auch wir selbst diese Gelegenheit
oder die geistige Haltung, die unserem Schaffen
nutzen, das Getane zu reflektieren, uns mit allen
zugrunde liegt. Wenn es uns gelungen ist, mit den
Die geschätzten Leser möchte ich einladen, sich
Bevor es losgeht aber noch ein Dank: Nichts
Prof. Benedikt Stahl - Fachbereichsleiter
1
Vorwort
2
Inhaltsverzeichnis
3
infos - Fachbereich
4
Bachelor + Master of Arts – Studieninhalte und -aufbau
7
Bachelor - Projekte
8
Erste, Zweite, Dritte Haut – Bildhauer + Architekten
12
Raumstationen – Einführung in das Entwerfen
18
Kindertagesstätte in Bonn-Dransdorf – Baukonstruktion und Baustoffe
24
Vertiefung Innenraum
30
Fiftyfifty+ Wohnen für alle Lebensphasen – Gebäudelehre
35
Das Mobile Klassenzimmer – Konstruktives Entwerfen
41
Wie kommt das Neue in die Welt? – Gebäudetypologie
46
Städtebau – Eine Annäherung in drei Projekten
59
Wie gewohnt – Vertiefung Stadtraum
60
Haus auf Zeit – Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen
64
Wie wäre ein Leben in Freiheit? – Bachelorarbeit
66
Aula – Carl-Humann-Gymnasium – Bachelorarbeit
71
Master - Projekte
72
Gemeinschaftliches Wohnen
74
Gründerzeit 2.0 – Problemimmobilien befragen, bewerten … und dokumentieren
77
Kistenweise, Paderborn – Offene Werkstatt
78
Weggestaltung als Werkgestaltung – Masterthesis
82
Perspektive Kerkeler – Masterthesis
86
Erkunden, Reden, Diskutieren – und Machen – Forschungsforen
89
Masterfeier 2013
91
Diplom - Projekte
92
Das Gebäude als Akteur: "Ein schöpferischer Haus …" – Diplomarbeit
97
Drumherum - Weit Und Breit
98
Über den Raum – Architekturtheorie
101
Freihandzeichnen – Raum in der Wahrnehmung
102
Raum in Bewegung – Bewegung im Raum – Formenlehre und Eurythmie
104
Sonotopia 2013 – Raum im Kontext
105
Dem Rot sind Newton und Goethe egal – Farbenlehre
106
Innen ist Außen ist Innen – Symposium
109
Eine Annäherung an das Nichts – Werkbundakademie 2013
111
Exkursionen - Nah und Fern
112
Reise nach Tinos, Griechenland – Exkursion
114
LAURIN – Sommeruniversität Lausitzer Dörfer
116
Communities – Ressources – Development – Exkursion des Masters nach London
119
Menschen - hin und weg
120
Drei Interviews – Alumni
126
Das Wahre muss man sich erobern – Interview mit Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Meisenheimer
130
Studierende und Mitarbeiter im FB Architektur
132
Impressum
Infos Fachbereich
BACHELOR OF ARTS ARCHITEKTUR UND STADTRAUM P
rofil Der Studiengang Bachelor of Arts „Architektur und
Studiendauer Die Regelstudienzeit beträgt 8
Stadtraum“ stellt eine anwendungsorientierte und breit gefä-
Semester (240 ECTS).
cherte Grundausbildung dar. Er befähigt die Studierenden zur selbständigen Orientierung in komplexen Sachverhalten sowie zur
Abschluss Das Studium wird mit der Bachelor-
schöpferischen Ausgestaltung von Bauaufgaben im gesellschaft-
arbeit abgeschlossen. Bei erfolgreichem Abschluss
lichen Kontext. Die Kernthemen Innenraum, Architektur, Stadt-
wird der akademische Titel Bachelor of Arts (B.A.)
planung und Ingenieurswissenschaften sind dabei eingebettet in
verliehen. Der Abschluss führt zur Berufsreife und
künstlerische und kulturwissenschaftliche Lernlinien. Es werden
eröffnet den Zugang zur Architektenkammer
neben den fachlichen und übergeordneten Kenntnisse künstlerische
sowie zu Masterstudiengängen. Der Bachelorstudiengang „Architektur und
Fähigkeiten erworben, die in den Entwurfsprojekten von Anfang an verknüpft und in der Bachelorarbeit zur Synthese gebracht werden.
Stadtraum“ ist durch die Europäische Kommission
Das Studium versteht sich somit als eine umfassende Ausbildung:
notifiziert. Die im Architekturstudium der Alanus
Verfolgt wird das Ziel, Lebenszusammenhänge erkennen und
Hochschule erworbene Berufsqualifikation ist
gestalten zu lernen.
damit ab sofort in allen EU-Staaten anerkannt.
Studienform
Weitere Infos unter
• Projektorientiertes Arbeiten, um eine Verknüpfung des Erarbeiteten
www.alanus.edu/architektur.html
in ganzheitliche Zusammenhänge zu ermöglichen • Praxisorientierte Integration von Wissenschaft und Technik • Intensive Betreuung in kleinen Studiengruppen • Atelierarbeit in Hochschulräumen • Präsentation und Ausstellung der Projekte jeweils zum Abschluss
3. JAhr
Baubetrieb
Musik Kompositionslehre Installation Landart
Moderation und Präsentation
Schauspiel
Grafikdesign Modellbau
Farbenlehre Farbgestaltung
bAchelor Arbeit
ProJeKt 7 ressourcenoptimiertes Planen Technischer Ausbau
2. JAhr 1. JAhr 4
Darstellende Geometrie
Baukonstruktion Baustoffe
ArchiteKturdArstelluNG 5 22 lP
Architekturtheorie
Kunstwissenschaft
Bau- und Stadtbaugeschichte
Philosophie Erkenntnistheorie
Vertiefung Innenraum
ProJeKt 2 Einführung in das Entwerfen
ProJeKt 1 Einführung in das Bauen
Soziologie Anthropologie
Vertiefung Typologie ProJeKt 4 Gebäudelehre
Bauaufnahme CAD
Baurecht Bauökonomie
Mensch und Architektur
iNGeNieurWisseNschAFteN uNd bAuKuNst 5 158 lP
bAuKultur 5 18 lP
studiuM GeNerAle 5 18 lP
Studieninhalte und -aufbau Bachelor Architektur
GruNdlehre KüNste 5 24 lP
Vertiefung Stadtraum
ProJeKt 5 konstruktives Entwerfen
ProJeKt 3 Baukonstruktion und Baustoffe Gymnastik Freihandzeichnen Wahrnehmungslehre
Ethik Bildungswissenschaft
ProJeKt 6 Entwurfslehre Stadtplanung
Tragwerkslehre Eurythmie Formenlehre
Raumplanung
Modulübersicht
4. JAhr
der Semester
MASTER OF ARTS PROZESSARCHITEKTUR P
rofil Der gesellschaftliche, ökonomische
Masterarbeit Im vierten Semester wird
Planung und Steuerung von Planungsprozessen in
und ökologische Wandel stellt Planerinnen
ausschließlich die Abschlussarbeit erstellt. Die
allen Projektphasen von frühen Formierungspro-
und Planer vor neue Herausforderungen: Was
Themen der Masterarbeit sind frei wählbar und
zessen bis zur Baurealisierung
heißt es, zukunftsfähig zu bauen? Wie lassen sich
sollen das im Studium Erlernte aufgreifen und in
• Berufsbegleitend in Teilzeit studieren bei
Ressourcen bereits im Planungsprozess effizient
einer neuen Fragestellung vertiefen.
erforderlicher Anwesenheit von i.d.R. zwei Tagen
und nachhaltig einsetzen? Wie können Projek-
Abschluss: Das Studium schließt mit dem aka-
in der Woche
te gemeinschaftsorientiert entwickelt werden?
demischen Titel Master of Arts (M.A.) ab. Der
• Austausch auf Augenhöhe: Konzeptionierung
Wie können die immer komplexer werdenden
Abschluss eröffnet die Möglichkeit zur Promo-
des Unterrichts als Dialog unter Experten
Planungs- und Bauprozesse zielgerichtet und
tion nach Maßgabe der jeweiligen Promoti-
• Projektorientiertes Arbeiten mit frei wählbaren
strukturiert gesteuert werden? Welche Möglich-
onsordnung. Der Zugang zu berufsständischen
Themen
keiten gibt es, die stets größer werdende Vielfalt
Kammern hängt von den Maßgaben der jeweils
• Interdisziplinäres Dozententeam
von Akteuren zu moderieren?
geltenden Landesregelungen sowie der Ausbil-
• Beste Studienbedingungen: Individuelle Betreu-
dungsbiographie der Studierenden ab.
ung, kleine Studiengruppen, eigener Arbeitsplatz
Der Masterstudiengang Prozessarchitektur
in Hochschulräumen
richtet sich an Architekten, Landschaftsarchitekten, Stadt- und Regionalplaner sowie Bauin-
Studienform
genieure. Er bereitet Sie auf diese anstehenden
• Objekt- und Prozesskompetenz: Kenntnisse,
Weitere Infos unter
Aufgaben vor. Sie werden in die Lage versetzt,
Methoden und Fähigkeiten zur Initiierung,
www.alanus.edu/architektur.html
nachhaltige Entwurfs- und Gestaltungsprozesse zu initiieren, zu gestalten und umzusetzen. Sie lernen flexible, ergebnisoffene Prozesse zu moderieren und im Team zukunftsorientierte Lösungen zu entwickeln. Schwerpunkte des Studiums sind die Lehrgebiete gemeinschaftsorientierte Projektentwicklung, Projektmanagement sowie ressour-
MODULÜBERSICHT
Studieninhalte und -aufbau Master Architektur
cenoptimierte Architektur und Stadtplanung, die in eigenständigen Studienprojekten zusammenge-
zwei Grundlagensemestern, einem weiterfüh-
PROJEKTSTUDIUM UND FORSCHUNGSFORUM
Grundlagensemester Im ersten Semester werden – anknüpfend an die Vorbildung der Studierenden – fachliche Grundlagen vermittelt
3. SEMESTER
Masterarbeit im vierten Semester zusammen.
Projektentwicklung
renden Vertiefungssemester im dritten sowie der
sowie vorhandenes Wissen vertieft und erwei-
VERTIEFUNGSSEMESTER
Semester (60 ECTS). Das Studium setzt sich aus
MASTERARBEIT
Ressourcenoptimierte Architektur
Studium angelegt, die Studiendauer beträgt 4
Projektmanagement
Studienaufbau Der Masterstudiengang Prozessarchitektur ist als berufsbegleitendes Teilzeit-
4. SEMESTER
führt werden und praxisnah Anwendung finden.
Projektmanagement
Ressourcenoptimierte Architektur
Ökonomie
Projektmanagement
Ressourcenoptimierte Architektur
Ökonomie
die Studierenden durch Seminare der Lehrgebiete Projektentwicklung, Projektmanagement sowie Vertiefungssemester Im dritten Semester steht die Fortsetzung der Arbeit am selbstgewählten Studienprojekt im Vordergrund. Mit der Wahl einer der Vertiefungsrichtungen „Gemeinschafts-
1. SEMESTER
Ressourcen und Architektur.
GRUNDLAGENSEMESTER
Projektentwicklung
eigenständigen Studienarbeit. Begleitet werden
Projektentwicklung
Im zweiten Semester beginnt die Erarbeitung der
Recht
denen praxisnah und teambasiert gearbeitet wird.
Recht
Fallstudien und Übungen zur Anwendung, in
2. SEMESTER
tert. Als Lehrformen kommen Vorlesungen,
orientierte Projektentwicklung“ oder „Ressourcenoptimierte Architektur“ erfolgt eine inhaltliche Fokussierung, die durch das zugehörige Seminar unterstützt wird.
a+ Studium Belegung ausgewählter Module aus dem Bachelor-Studiengang „Architektur und Stadtraum“ (Für Absolventen eines sechs- oder siebensemestrigen Bachelors)
5
Bachelor Projekte
Erste, Zweite, Dritte Haut – Bildhauer + Architekten Text: Prof. Benedikt Stahl // Ba. 1.1 Einführung in das Bauen // Prof. Benedikt Stahl, Ramona Wassong, Prof. Andreas Kienlin + Johannes Hess // 1. Semester // Herbstsemester 2013
Z
u Beginn des Studiums an der Alanus Hoch-
persönliches Bild. Der Mensch und die Persön-
schule begegnen sich die Studienanfänger
lichkeit im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit.
der Architektur und Bildhauerei in einem ersten
Der nächste Schritt widmet sich der sogenannten
Projekt. Man lernt dabei nicht nur die anderen,
„zweiten Haut“. Gemeint ist damit der Entwurf
sondern vielleicht auch sich selbst ein bisschen
eines Kleidungsstücks. Ein Prozess, der ähnlich
besser kennen. Gespräche über die Studienmoti-
dem des Entwerfens von Architektur verläuft, nur
vation, über persönliche Interessen und die Neu-
eben „hautnaher“. Die dabei entstandenen Krea-
gier auf das Neue begleiten die Aufmaßarbeiten am
tionen können sich wirklich sehen lassen. Für
eigenen Körper. Ganz im Sinne der großen Meister
einen Abend wird das Foyer der Hochschule zum
Leonardo, Vitruv, Dürer oder auch Le Corbusier
Laufsteg und die Newcomer stellen ihre Schöpfun-
werden die Messergebnisse und Beobachtungen
gen selbst vor. Was für ein festlicher Augenblick!
im Maßstab 1 : 1 mit Kohle und Kreide auf große
Wer nicht dabei sein konnte, hat die Gelegenheit
Packpapierblätter übertragen. Ein jeder findet
all dies in einem eindrucksvoll zusammengestell-
dabei seine eigene Methode, entwirft sein ganz
ten Film nachzuerleben. ■
8
Die erste Haut – Der Körper Text: Sebastian Münch
M
it der ersten Haut hat das Gemeinschaftsprojekt von Bildhauern und Architekten begon-
nen. Diese Teilaufgabe war der Anfang des Studiums, was bedeutete, dass sich sowohl die Gruppe der Architekten, als auch die der Bildhauer erst einmal kennenlernen mussten. Je ein Bildhauer bildete mit einem Architekten eine Zweiergruppe. Dies passte zur eigentlichen Aufgabe der ersten Haut. Das Thema war der bloße Körper beziehungsweise das Ich. Setze dich mit deinem Körper auseinander und projiziere deine Erkenntnisse auf eine Leinwand. Versuche dabei in deinem Werk einen Zusammenhang zu finden, der Dich und Deinen Partner widerspiegelt. Einige nahmen dies wörtlich und fingen sofort an aus Packpapier eine passende Leinwand für den Körper zu bauen, andere überlegten erst, planten und experimentierten. Selbst die Pose mit der man sich auf der Leinwand verewigen wollte, war inspiriert von Le Corbusiers Modulor oder da Vincis vitruvianischen Menschen. Es ist erstaunlich, wie diese Aufgabenstellung von jedem einzelnen unterschiedlich interpretiert und wiedergegeben wurde. ■
9
Die zweite Haut – die Kleidung Text: Vivica Tschirner
D
ie zweite Arbeitsphase dieses Projektes bestand im Wesentlichen darin, Kleidung zu entwerfen.
Ein besonderes Augenmerk wurde hierbei auf die Wahl und die Bearbeitung des Materials gelegt. Ziel dieser Aufgabe war es, ein Bewusstsein für das verwendete Material zu entwickeln und uns in jeglicher Hinsicht mit selbigem auseinanderzusetzen. Es war uns freigestellt, jeglichen Werkstoff zu verwenden, lediglich Stoff war nicht erlaubt. Am Ende haben wir unsere Arbeiten im Rahmen einer öffentlichen Modenschau präsentiert. Auch bei der Umsetzung auf dem Laufsteg waren uns keine Grenzen gesetzt, was das Vorstellen unserer Ergebnisse betraf. Ein sehr unterhaltsamer und facettenreicher Abend war das Resultat dieses Arbeitsschrittes. Die Bilder zeigen die einzelnen Arbeiten. ■
10
Die dritte Haut – der Raum Text: Max Besuch
D
Aufgabe: Baue einen Raum für beispielsweise
schon ein Raum, wenn ich auf eine grüne Wiese
zwei Hände. Oder einen Kopf. Oder für zwei
ein Stück Wand stellen würde? Dann gäbe es auf
Knie und einen Fuß. Oder für ein Gesäß. Dabei
einmal ein „Hier“ und ein „Dort“. Wäre dann der
sollen die Hände denken und nicht der Kopf.
große Raum in zwei kleinere Räume unterschie-
So sollen keine analytischen, sondern intuitive
den?
Werke entstehen. Die Streifenform der Pappe, die
er Raum ist das, was zwischen Boden, Wänden und Decke ist. Oder? Entstünde vielleicht
Der Raum ist, was uns vor dem Wetter beschützt.
Ein Nachmittag, ein Berg Pappstreifen und eine
zunächst eine Einschränkung war – leider haben
Oder? Gibt er uns auch ein Gefühl des Wohlseins?
wir nichts anderes bekommen … – entwickelte
Erfüllt er auch unsere Sehnsucht nach dem Schö-
sich für viele zur größten Inspirationsquelle, weil
nen? Repräsentiert er uns auch? Erfüllt er auch
sie Anlass gab, Räume in einer anderen Art zu
seine spezielle Funktion? Bringt er auch etwas
formen. Nämlich in der Art, wie es die schmale,
zum Ausdruck?
biegsame Form ermöglichte. Geschwungen, gewo-
Ein Raum wird durch Wände begrenzt. Oder?
ben, gerollt, aneinandergereiht, überlappt … was
Machen auch Öffnungen einen Raum? Wie offen
da entstand, waren Raumhüllen jenseits unserer
kann eine Raumbegrenzung sein, um den Raum
Raumgewohnheiten. Das machte Freude – und
noch zu begrenzen? Bilden vielleicht schon drei
brachte uns eine Menge erstaunlicher Raumin-
Säulen einen Raum? Oder nur zwei? Vielleicht
stallationen, die wir hier vorstellen möchten. ■
sogar nur eine?
11
Raumstationen Text: Prof. Benedikt Stahl // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester // FrühjahrSsemester 2013 Entwurf kleiner Häuser für ganz
Wiesen unterhalb des Johannishofes ein kleines
verschiedene Nutzungen, Begegnun-
„Rasthaus“ mit schöner Aussicht, weiter unten ein
gen und Auszeiten auf dem Weg zwi-
„Minimuseum“, auf dem Hertersplatz ein neues
schen Campus II und Johannishof.
„Freilufttheater“, am Bähnchen eine „Wurstbude“
I
mmer wieder einmal gibt es den Wunsch oder Überlegungen dazu, wie sich die beiden Hoch-
12
und am Campus II mit umgenutzten alten Telefonzellen neue „Kommunikationsorte“. Für die Einsteiger in das Planerhandwerk
schulstandorte – auf gut rheinländisch „owwe
allemal ausreichend viele Gelegenheiten ihrer un-
oder unge“ – besser miteinander verbinden lassen.
befangenen Phantasie freien Lauf zu lassen und an
Wie wäre es zum Beispiel mit einer Reihe kleiner
einem kleinen aber feinen Objekt erste Gehversu-
Gebäude oder Pavillons, die wie eine Art Wegesta-
che zu machen und die gefundenen Lösungen in
tionen den Pfad säumen und verschieden nutzbar
klassischer Form mit den dazugehörigen Plänen
sind? Vielleicht entand dann irgendwo in den
und Modellen zu präsentieren. ■
Das Mädchen und die Muschel Elisabeth feinen // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen //
Lageplan - Johannishof
Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester Ein Märchen
E
tern. Oben angekommen, konnte es seinen Augen nicht trauen. Das Licht der Sonne fiel durch die
s war einmal ein junges Mädchen, das las für
Schale der Muschel, und lies auch sie in allen Far-
sein Leben gerne. Sein Traum war es, eine
ben des Regenbogens schimmern. Das Licht fiel
riesige Bibliothek zu besitzen, die Bücher aus der
auf eine kleine Schatulle, die noch kleinere Bücher
ganzen Welt beherbergen sollte.
enthielt. Alle Bücher erzählten Märchen und Sagen
Eines Tages ging das Mädchen im Wald spa-
aus fernen Ländern. Es ließ sich auf den Boden der
zieren und stieß auf einen See, den es noch nie
Muschel nieder und begann zu lesen. Plötzlich
gesehen hatte, obwohl es jeden Tag hier spazieren
hörte es in der Ferne den Ruf eines Kuckucks und
ging. Um den See standen viele große Bäume, die
in dem Moment erwachte es aus seinem Traum.
ihren Schatten auf den See warfen. In den Wur-
In heller Aufregung sprang es auf, dabei glitt ihr
zeln des größten Baumes fand das Mädchen eine
die Muschel aus der Hand, fiel in den See und war
Muschel. Diese Muschel besaß die vollkommenste
verschwunden. Traurig machte es sich auf den
Form, die das Mädchen je gesehen hatte und hielt
Heimweg. Doch unterwegs fand es in der Tasche
man die Muschel ins Licht, so schimmerte sie
seines Kleides, ein kleines Büchlein. Es war eines
in allen Farben des Regenbogens. Das Mädchen
der Bücher aus der Schatulle seines Traumes, wel-
beschloss, die Muschel mit nach Hause zu ihrer
chem es keine große Aufmerksamkeit geschenkt
kranken Mutter zu nehmen. Jedoch konnte sich
hatte. Beim genaueren hinsehen jedoch, sah das
das Mädchen, solange es die Muschel in Händen
Mädchen, dass das Büchlein das liebste Märchen
hielt, nicht weiter bewegen.
seiner Mutter enthielt. Freudig lief es nach Hause
Es versuchte es mit aller Kraft. Doch es war, als
und schenkte seiner Mutter das kleine Buch. Seine
würden unsichtbare Hände es an Ort und Stelle
Mutter freute sich sehr und befand sich schnell
fest halten. Traurig und erschöpft lies das Mäd-
wieder auf dem Weg der Genesung.
chen sich auf den Waldboden nieder und lehnte
Der See jedoch war spurlos verschwunden. So
sich an den Stamm des großen Baumes. Schnell
oft das Mädchen auch im Wald nach ihm suchte,
schlief es ein, die Muschel in der ausgestreckten
es fand den Ort mit dem großen Baum nie wieder.
Hand liegend. Es fiel in einen tiefen Schlaf und
Modellfoto
Als es jedoch heranwuchs, erlernte es den
träumte die Muschel hinge riesengroß über ihr, in
Beruf, welcher ihm erlaubte die Träume der Men-
der Krone des Baumes. Es dachte, wie wunderbar
schen zu bauen. So lernte es auch, seine eigenen
es wäre, hoch in die Muschel zu klettern, um sie
Träume Wirklichkeit werden zu lassen und baute
von innen bestaunen zu können. In dem Moment
sich die Märchenmuschel aus seinem Kindheits-
fiel eine Leiter herab und es konnte hinauf klet-
traum. ■
Grundriss
13
Mini-museum Jana Franke // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester
S
tudenten der Alanus Hochschule produzieren jedes Semester einen Wust an Kunst, jedoch versinken viele Werke in der Ver-
senkung, da einfach keine Möglichkeit besteht, diese auszustellen. Hierfür wurde ein MiniMuseum – kurz MIMU – entworfen,
Modellfotos
sodass beispielsweise kleine Skulpturen, Arbeitsmodelle, Gemälde oder Fotos einen Platz zur Ausstellung finden können. Gleichzeitig soll das MIMU auch zur Inspiration und zum Austausch zwischen verschiedenen Studenten oder auch für andere dienen. Das Design des Mosaiks für das MIMU wurde bewusst gewählt, um die Vielfältigkeit der Alanus Hochschule darzustellen. Die Form entsand aus dem Bedürfniss möglichst viele Wände für Ausstellungen zur Verfügung stellen zu können. Ursprünglich bestand die Bauform aus einem Viereck und entwickelte sich hin zu einem Sechseck bis zu der finalen Form des Pentagondodekaeders. Als Konstruktionsgrundlage wurde eine Stahlkonstruktion mit zweischaliger Holzabdeckung auf Gehrung geschnitten gewählt. Das MIMU befindet sich zwischen der Olsdorfer Heide und dem Johannishof, weil es dort eine große ungenutzte Grünfläche gibt,
Ansicht
die lediglich von manchen Studenten als Abkürzung zum oberen Campus genutzt wird. Zwischen zwei Bäumen angeordnet steht das Museum mit einem Tisch und mehreren Stühlen, welche zum Verweilen einladen. Es könnte jedoch an jedem beliebigen Ort stehen. Das MIMU ist nicht begehbar, bietet jedoch einige Gucklöcher, durch die die ausgestellten Werke betrachtet werden können. Mit einer Gesamthöhe von 2,10 m ist das MIMU an die menschlichen Körpermaße angepasst, welches etwa der Größe des Durchschnittsmenschen mit ausgestreckten Armen gleichkommt. Es bietet Platz für zehn Werke der maximalen Größe von 100 x 60cm. Die Alanus Hochschule steht für Kunst und Gesellschaft. Mit dem MIMU wurde ein Raum geschaffen, der für mein Verständnniss der Hochschule voll und ganz gerecht wird. ■
14
Schnitt
Ansichten und Schnitte
Raumstation A2 Lars Pohlman + Walter castillo // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester
U
verschiedenen, zueinander versetzten Volumen.
geöffneten Terrassenfenster sowie die verglaste
Hochschule. Deshalb wollten wir etwas für die
Dieses Thema behielten wir über den gesamten
Außentreppe erzeugen einen hellen Innenraum.
Alanus-Studenten entwerfen. Zunächst kam uns
Arbeitsprozess bei. Das Haus stellt einen Kubus
Ein großes Highlight des Entwurfs ist die Terrasse,
die Idee, eine Übernachtungsgelegenheit zu schaf-
dar, aus dem mehrere Elemente hervortreten. Auf
die einen schönen Blick auf den See bietet. Für die
fen. Diese entwickelte sich weiter und nun wollten
der Süd-West-Seite ragt die obere Ecke heraus
perfekte Einbindung in die Umgebung besteht die
wir ein Wohnhaus für zwei Personen planen. Die
und bildet im Inneren einen Schlafraum. Auf der
Fassade aus Lerchenholz und Glas. Die großen
Schwierigkeit bestand darin auf möglichst engem
gegenüberliegenden Seite ragt die obere Ecke nach
Glasfassaden sind dafür da, einen Übergang von
Raum, maximalen Komfort zu erzielen.
oben und bildet die zweite Schlafmöglichkeit.
Innen und Außen zu schaffen. Das Haus bietet
Außerdem beschäftigten wir uns ausführlich mit
den zwei Bewohnern ein schönes Naturerlebnis in
am Campus II, denn hier bietet sich ein schönes
dem Thema Licht. Im Inneren befindet sich eine
moderner Architektur. ■
Naturerlebnis, bei direkter Anbindung an die
Galerie, die von oben durch ein Dachfenster stark
Hochschule.
belichtet ist und Großzügigkeit ausstrahlt. Ver-
nserer Meinung nach sind die Studenten das Verbindung schaffende Element der Alanus
Als Standort wählten wir das Nordufer des Sees
Modellfoto
Schon in ersten Ideenskizzen spielten wir mit
Grundriss EG
schiedene Fensteröffnungen, wie die nach Süden
Grundriss OG
15
Zellen-kommunikation Alanus Leonard Palm // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester
D
von Kommunikation und wie sie sich über die
Modul arbeitete, galt es kaum konstruktiv tätig
Jahre verändert hat. Sie war vor Jahrzehnten nicht
zu werden. Nur im Rahmen der „Semantischen
aus unseren Städten weg zu denken und stand
Wiederbelebung“ wurde das Telefonmodul der
wie kaum ein anderer Gegenstand für techni-
Zelle gegen eine Funktionsrückwand zur Strom-
schen Fortschritt. Die Telefonzelle war die erste
versorgung mit Solarzellen getauscht und der
technische Errungenschaft, die es einer breiten
Innenraum gemäß des Nutzens eingerichtet. Die
Masse ermöglichte, über weite Strecken hinweg
Reduktion auf eine konzeptionelle Arbeit ermög-
Gespräche zu führen.
lichte mir, dass ich ein enges Netz von Kommu-
ie Telefonzelle erzählt uns eine Geschichte
Ich finde es sehr spannend, mit einem Raum
Dadurch, dass ich mit einem „vorgefertigten“
nikationsmöglichkeiten spinnen konnte, welches
zu arbeiten der diese symbolische Korrespon-
sich in meiner Arbeit in den Ort Alfter einwebt
denz hat, aber gleichzeitig auch funktional ideal
und hier für spannende Begegnungsstätten sorgt.
in mein Konzept passt. Zudem ist die Telefon-
Diese Vernetzung geschieht in drei Schritten.
zelle ein semantisch verbrauchter Gegenstand.
Als erster Schritt ist eine sogenannte „Blick-Zelle“
Das heißt sie hat ihren ursprünglichen Nutzen
vorgesehen. Diese fungiert als erster visueller
verloren, lange bevor ihre Werk- und Baustoffe
Kontaktpunkt zwischen Campus I und Campus
versagen. Die Telefonzelle ist also ein vollkommen
II. Ein nächster Schritt ist eine „Austausch-Zelle“,
funktionstüchtiges Raummodul, welches durch
hier können in Schriftform Ideen und Anregun-
die zunehmende Verbreitung von Festnetzan-
gen, aber auch Fragen und Probleme über die
schlüssen und Handys seinen ursprünglichen
Campus-Grenzen hinweg mit Mitstudierenden
Nutzen verloren hat. Ich will mit meinem Projekt
am jeweils anderen Campus geteilt werden. In
„Zellen-Kommunikation Alanus“ die Möglich-
einem dritten und letzten Schritt trifft man sich in
keiten dieses speziellen und doch recht einge-
einer „Gesprächs-Zelle“. Diese ist in der Mitte zwi-
schränkten Raummoduls für unsere Aufgabe
schen beiden Campus, am Hertersplatz zu finden.
nutzen.
Sie dient wie ihr Name schon vermuten lässt, dazu einen Raum für Gespräche zu bieten. ■
Schnitt
Blick-Zelle am Campus I
16
Austausch-Zelle am Campus II
Grundriss
Offene Bühne für den Hertersplatz Nola Bally // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester
A
uf der Suche nach interessanten Orten in
Einfachheit des Entwurfs nicht zu verlieren. Bei einem beweglichen
Alfter entstand die Idee, eine offene Bühne für
Element, wie einem ausziehbaren Dach, hätten sich auch viele Her-
den Hertersplatz zu entwerfen. Bei der Ausarbeitung dieses Projekts ging es mir einerseits darum,
ausforderungen beim Gebrauch und Unterhalt ergeben. Bei der Materialwahl war es mir wichtig, Bezug zur Umgebung zu
diesen zentralen Park im Dorf aufzuwerten und
nehmen. So war es früh klar, dass ich die regionale Bautradition auf-
andererseits einen Begegnungsort zu schaffen,
greifen und Klinker für die Mauer verwenden wollte. Aus Konstruk-
an dem organisierte und spontane Aufführungen
tionsgründen ergab sich die Dicke der Mauer von 1,2 Metern.
stattfinden können. Durch die Fotos der Arbeitsmodelle wird der Prozess der Formentwicklung sichtbar. Die Idee der Mauer entstand ganz zu Anfang der Entwurfs-
Für die eigentliche Bühne wurden Lärchenplanken verwendet. Und die Zuschauer fanden auf den vorhandenen Graswällen auf dem Platz geeignete Sitzmöglichkeiten. Während den Überlegungen für ein Lichtkonzept der Bühne,
arbeit. Sie ist gleichzeitig Kulisse und Lärmschutz
stieß ich auf die Skulptur „Monolith“ von Simon Ungers: Ein
zur Straße hin. Durch die Türe und Nischen sowie
hinterleuchteter Kubus aus Plexiglas. Diese Idee inspirierte mich,
die Stufen der Plattform ist die Bühne vielseitig
die Offene Bühne ebenfalls von innen zu beleuchten. So bietet diese
bespielbar. An einer möglichen Überdachung
Bühne vor allem abends ein Schauspiel, auch wenn gerade keine
der Bühne wurde auch gearbeitet. Doch zum
Aufführung stattfindet. ■
Ende hin wurde diese wieder verworfen, um die
Modellfotos
Arbeitsmodelle
17
Kindertagesstätte in Bonn-Dransdorf Text: Annett Hillebrand // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester // Herbstsemester 2013
D
as Thema der Semesterarbeit im Modul BA
Mit einem Wandel der Kindertageseinrichtungen (weitere Öffnung
4.3 Baukonstruktion und Baustoffe war die
für Familien nach dem Konzept der Familienzentren, Verzahnung
Entwicklung eines Gebäudekonzeptes für eine
von Kindertageseinrichtung und Grundschule etc.) werden zuneh-
neue viergruppige Kindertageseinrichtung der
mend Räume für Begegnungen und Kooperationen sowie therapeu-
Gruppenform II (jeweils 10 Kinder von 4 Mona-
tische Angebote benötigt.
ten bis 3 Jahren) in Bonn Dransdorf. Dieses sollte
tektur, unter der Leitung von Prof. Marek Nowak und Dipl.-Ing.
aber auch landschaftlichen Bedürfnissen einer
Annett Hillebrand, erarbeiteten, teilweise im Team, ganz unter-
Kita gerecht werden.
schiedliche Ideen und Konzepte zur Gestaltung der Kindertages-
Ziel dieser Semesteraufgabe war es auch, eine
stätte. Neben den grundlegenden Gedanken zur architektonischen
verstärkte Auseinandersetzung mit der Wechsel-
Gestaltung und Formfindung, integrierten die Studierenden in
wirkung zwischen Entwurf, Funktion und Gestalt
ihren Entwürfen auch gesellschaftliche Fragestellungen und disku-
gebender Konstruktion zu führen. Es galt die
tierten im interdisziplinären Austausch mit den Studierenden der
Prägung und den Charakter des Orts zu erkennen,
Kindheitspädagogik unterschiedliche pädagogische Ansätze, um so
um diese in den Entwurf einzubeziehen.
kindgerechte und nutzerspezifisch angemessene, sinnvolle Entwürfe
Neben der Standortfrage waren aber auch die pädagogischen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
18
Die Studierenden des 2. Jahres im Bachelor Studiengang Archi-
den inhaltlichen, funktionellen, architektonischen
auszuarbeiten. ■
Ansichten Süden
Norden
GSEducationalVersion
KiTA Dransdorf Julia Brügmann, Elisabeth Feinen + Sarah Ribeiro // BA 4.3 baukonstruktion und 18 17 16 15
baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester 13 14
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
offen und frei gestalteten Fassade nach Süden in den Gartenbereich,
schaffen, der das Kind in seiner motorischen,
um so das natürliche Sonnenlicht einfangen zu können, während Die Fläche gliedert sich durch zwei kleine Hügel in einen vorderen Bereich für die 0–3-Jährigen und einen hinteren Bereich für die
instabilisierend auf das Kind wirkt, haben wir uns
3–6-Jährigen.
Verkehrsflächen
18 17 16 15
Baukonstruktion, Material und Farben Der Kindergarten entsteht
19 x 28 x 16
Der Entwurf Der erste Entwurfsgedanke war,
Erschließung
13 14
Gruppen zu ersetzen.
19 x 28 x 16
personen in den ersten sieben Lebensjahren entschieden zwei der vier U3-Gruppen durch Ü3-
18 17 16 15
sich die Schlafräume vom Garten weg orientieren. 13 14
unterstützt. Da ein häufiger Wechsel der Bezugs-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
sprachlichen und emotionalen Entwicklung
19 x 28 x 16
A
nalyse Wir wollen einen Kindergarten
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
in einer Mischbauweise aus Holzskelettbau und rostrot verputztem
GSEducationalVersion
Betonbau. Während das Holz im Außenbereich seine natürliche Farbe behalten soll, ist für den Innenausbau eine Mischung aus Holz
geben, die die Wärme und Nähe der mütterlichen
und verputzten Wänden angedacht. ■
18 17 16 15
den kleinen Kindern eine schützende Hülle zu
13 14
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
19 x 28 x 16
Umarmung nachempfindet. Aus der abgewandel-
Nutzungskonzept, Verteilung und Ausrichtung Funktionsriegel
ten umhüllenden Form des Kreises entwickelten
Kinderbereich
S B-B
wir eine Wabenstruktur, welche die Räumlichkeiten der Kinder charakterisiert. Um die Räume, zu denen die Kinder keinen
GSEducationalVersion
eigenen Zutritt haben sollen, wie etwa den Haus9
anschlussraum, aber auch Personalraum und Leitung, vom Reich der Kinder abzusetzen, entschie-
11
den wir uns für eine ganz andere Formensprache beider Bereiche. Zwischen diese beiden Bereiche
16
8
10
3b
18
S A-A
legt sich als erschließendes Element der Flur. 3a
Die Gruppeneinheiten bestehen jeweils aus einem Hauptgruppenraum, um den sich je ein
17a
5
4b
1b
S A-A
2b
1a
Neben- Schlaf- und Sanitärraum gliedert, wobei
7
15
4a
sich die U3-Gruppen im Erdgeschoss und die Ü3Gruppen im Obergeschoss des zweistöckigen Ge-
2a
bäudes befinden. Zwischen die Gruppeneinheiten legt sich im Erdgeschoss der große Mehrzweck-
S B-B
GSEducationalVersion
N
raum. Die Gruppenräume öffnen sich mit ihrer
Grundriss EG 3,28 m 5 Mehrzweckraum mit Abstellraum: 61 m2 6 Therapieraum
35 m
4,95 m 1 Hauptgruppenraum 1a und 1c: 50 m2 1b und 1d: 48 m2
19
33,175
3,02
3,015
3,98
10 5
11 22
9 2
19
15 9
8
1
19 3
5 22,40
2 3 1
Kita Lemniskate
Grundriss EG
Magdalena Zöllner + Helena Deifuhs // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester
I
m Rahmen der Semesterarbeit Projekt 3 – „Kita
qualitäten erschließt. Es entstehen zwei Atrien,
raum getrennt, sondern durch ein „Krabbelregal“,
in Bonn-Dransdorf “ haben wir ein Gebäude-
die zum einen Licht in das Gebäudeinnere lassen
durch welches die Kinder auf spielerische Art den
konzept basierend auf den Anforderungen für
und zum anderen als zusätzliche Spielfläche und
Raum betreten können.
eine Kindertageseinrichtung mit vier Gruppen
als Verweilraum für die Eltern in der Eingewöh-
der Gruppenform II (jeweils 10 Kinder von 4
nungsphase genutzt werden können. Die zweite
gestaltet werden, deshalb wird die Holzkonst-
Monaten bis 3 Jahren) entworfen.
Besonderheit des Entwurfes ist der Mehrzweck-
ruktion von innen und außen vertikal mit Holz
raum, der sich in der Mitte des Gebäudes befindet.
verkleidet. Die dafür verwendeten Hölzer sollen
der Kinder und der Betreuungspersonen haben
Er ist mit mobilen Wänden versehen und bietet
eine natürliche Verschiedenfarbigkeit aufwei-
wir einen kompakten und flexiblen Baukörper
somit verschiedene Nutzungsmöglichkeiten.
sen, sodass die Fassade, sowie die Innenräume
Nach eingehender Studie der Bedürfnisse
entwickelt. Das zweistöckige Gebäude liegt im
Der Nebenraum stellt innerhalb jedes Gruppen-
Der Kindergarten soll so naturnah wie möglich
aufgelockert werden. Im Innenraum wird auch
nördlichen Teil des Grundstücks, sodass der im
komplexes ein kleines Highlight dar. Während
die Konstruktion nicht versteckt, sondern schöne
Süden liegende Außenspielbereich das Spielen im
der größere Hauptgruppenraum Platz bietet für
Holzbalken zeigen den Kindern wie ihr Kinder-
sonnigen und hellen Gartenbereich ermöglicht.
Tische zum Malen und Basteln und freie Boden-
garten getragen wird.
Der Garten beinhaltet eine Vielfalt an naturnahen
bereiche zum Spielen mit Bauklötzen etc., befindet
Spielmöglichkeiten wie dem großen Hügel, der
sich im Nebenraum eine dreistufige Empore,
Empore, welche in jeder Gruppe mit einem anders
Sandgrube, einem Kiesbecken, Weidenhütten und
welche in einem großen Fenster mit einer „Sitz-
lasierten Farbverlauf gestaltet wird, sodass den
Wasserläufen, um den Kindern eine sinnliche
fensterbank“ mündet. Die Ebenen der Empore
Gruppen Farben zugeordnet werden können.
Begegnung mit der Natur zu bieten.
fördern das Bewusstsein der Kinder mit Höhen-
Die Farbenlasuren sollen auf Pflanzenbasis sein
unterschieden umzugehen und durch das große
um ein sorgenfreies und gesundes Spielen zu
Lemniskate (liegende Acht), da wir diese Form
Fenster wird ihnen eine eingehende Beobachtung
ermöglichen. ■
als eine in sich ruhende und gleichzeitig fließende
der Außenwelt ermöglicht. Der Nebenraum wird
Bewegung erkennen, welche besondere Raum-
nicht durch eine feste Wand vom Hauptgruppen-
Das Gebäude orientiert sich am Typus der
In den Gruppennebenräumen gibt es eine
Ansicht Süd
Modellfoto
20
Schnitt
Innenperspektive
Ansichten - Nord und Süd
Kita Minnie + mickey Jana Franke + Mona Razum // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester
B
ei der Entwurfsfindung legten wir Wert auf
Höhe bestehend aus drei unterschiedlich großen Kreisen, die vari-
eine klare Unterteilung der Gruppen und
abel genutzt werden können. Umgeben ist das Podest von runden
übersichtliche, rechtwinklige Räume. Wichtig
Säulen, die nicht nur der Konstruktion wegen notwendig sind,
dabei war die Ausrichtung nach Süden, sodass
sondern den Kleinen auch ein interessantes Raumerlebnis bieten
die Kinder in ihren Räumen durch großzügige
sollen. Im Obergeschoss liegt diese Form auf gleicher Fläche frei
Fensterfronten viel Tageslicht bekommen.
und wird von einem Geländer begrenzt. Um die Winterspielwiese
Des Weiteren war uns vor allem eine hohe Transparenz, Überschaubarkeit und ein Flurbe-
mit so viel Tageslicht wie möglich zu durchfluten, gibt es im Dach eine runde Glaskuppel.
reich, der effektiv genutzt werden kann wichtig. Aufgrund des gegebenen und benötigten Raumes einzelner Gruppen ergab es sich, dass sich jeweils zwei Gruppen im Erdgeschoss und zwei im Obergeschoss einfinden. Somit können sich alle vier Gruppenmodule nach Süden ausrichten. Die Gruppenräume sind als Module aufgebaut – über den Hauptgruppenraum lassen sich Nebenraum, Abstellraum, Schlafen und Sanitärbereich erschließen. Durch diese Ausrichtung der Gruppenmodule ergab sich im nördlichen Teil ein weiteres Modul aus verschiedenen Funktionsräumen wie der Mehrzweckraum oder die Küche. Um die Erschließungsflächen sinnvoll zu nutzen, haben wir uns für eine „Winterspielwiese“ entschieden. So ist den Kindern auch bei schlechtem Wetter ein geräumiger Ort zum gemeinsamen spielen gegeben. Die Mickey-Mouse-Form darin und somit auch unser Projekttitel sind durch die Raumerschließung entstanden und bilden ein zum Boden höher gelegenes Podest von 17 cm
Grundriss
21
Ansichten
Kindertagestätte Simon Koolmann + Nola Bally // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester
G
RuNDRiSS- uND iNNENGEStAltuNG Zentral für diesen Entwurf ist das großzügige Foyer, in dem eine geschwungene Treppe zum
Obergeschoss führt. Hier unterstützt das Gebäude dabei die Eltern in die Kita einzubeziehen. Die geschwungene Form im Grundriss ermöglicht unterschiedliche Raumerfahrungen in den Haupträumen der jeweiligen Gruppen. Trotzdem bleibt die Raumanordnung übersichtlich, da der Grundriss weitgehend symmetrisch aufgebaut ist. Die Schlafund Nebengruppenräumen liegen zum jeweiligen Gebäuderand hin, die Sanitärräume im Zentrum, angeschlossen am zentralen Flur der zum Garten führt. Die Zugänge der Sanitärbereiche ganz im Süden ermöglichen, dass sie durch direkte Zugänge über die Fensterfronten auch von Außen erreicht werden können, ohne die Gruppenräume zu durchqueren. Dadurch können die Kinder auch während des Spieles im Freien ohne großen Aufwand für die Betreuerinnen und
Innenperspektive - Foyer
Betreuer auf das WC begleitet werden. ScHuBlADENSyStEM Zwischen dem Sanitärbereich und dem zentralen Erschließungsraum gibt es ein Schubladensystem für den Austausch von Wäsche und Pflegeprodukten. Die Betreuerinnen und Betreuer können im Sanitärbereich schmutzige Kleidung direkt in einer dem jeweiligen Kind zugeordneten Schublade unterbringen. Mütter und Väter können dann beim Abholen und Bringen die schmutzige Kleidung ersetzen und gegebenenfalls neue Windeln hinzufügen. Durch dieses Schubladensystem ist eine schnelle und einfache Übergabe möglich, ohne das z.B. Stoffbeutel jedes Mal persönlich übergeben werden müssen. Schubladensystem
Fassade Die Fassade besteht aus vertikal angeordneten Holzdielen. Ausgehend von den Stützen des Laubengangs an der Südseite des Gebäudes entstand die Idee, die Stützen nicht regelmäßig zu verteilen, sondern mit unterschiedlichen Abständen zu spielen. Dieses Spiel wird auch auf den anderen Ansichten weitergeführt. Die Holzlatten der Fassade werden teilweise über die Fenster weitergezogen. Dies ermöglicht das regelmäßige Raster der durchgehenden Fensterbreite von 110cm wieder aufzulösen und Zimmer mit weniModellfoto
22
ger Lichtbedarf (wie z.B. die Schlafräume) zu verschatten. ■
Projekt – KiTA Dransdorf Tom Walther + Lars Pohlman //
Lageplan
BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester
U
nsere Entwurfsidee basiert auf einem abge-
rent gestaltetes Treppenhaus geprägt, wodurch viel Licht in den
schlossenen Modul für jede Gruppe, welches
Flurbereich gelangt, welcher als zusätzlicher Spiel- und Aufenthalts-
die Anforderungen einer Kindertagesstätte
bereich dient Dadurch entsteht ein lebendiger Ort des Zusammen-
möglichst gut berücksichtigt. Die Formenspra-
seins.
che der Kita entwickelt sich durch Spiegeln und
Die Erschließung inklusive Parkmöglichkeiten erfolgt über den
Verschieben dieser Module. Um einen kompakten
nördlichen Teil des Grundstückes. Durch die grüne Holzfassade
Baukörper zu entwickeln, richten sich die Außen-
am hervorstehenden Kubus, die den Nutzer nach innen begleitet,
wände der Funktionsräume im Erdgeschoss nach
entsteht ein markantes Erscheinungsbild, welches durch kleine
den tragenden Wänden des Obergeschosses.
Holzmodule wieder aufgegriffen wird. Insgesamt entsteht dadurch
Der Eingangsbereich wird durch ein transpa-
eine klare Haltung des Gebäudes mit Südausrichtung. ■
Ansicht - Ost
Schnitt B-B
Grundriss EG
Modellfoto
23
Vertiefung Innenraum Text: Prof. Benedikt Stahl // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester // Herbstsemeser 2013
I
n diesem Modul geht es vor allem darum, die
also die offene Aufgabenstellung, war in diesem
Sprache der Innenarchitektur besser kennen
Projekt eine besondere Herausforderung. Mit
zu lernen. Dieses Ansinnen soll und kann ein
zahlreichen Skizzen und Arbeitsmodellen ent-
Innenarchitekturstudium natürlich nicht ersetzen.
standen in gemeinschaftlicher Arbeit mit den Fir-
Vielmehr sollen die angehenden Architekten mit
menvertretern aus dem Siegerland schließlich eine
praktischen Übungen dafür sensibilisiert werden,
Reihe von Projektideen, die dazu beitrugen, die
welche Aufgaben dieses Themenfeld mit sich
Ziele der Bauherren zu entwickeln und neu zu de-
bringt, um damit das Repertoire der Planerspra-
finieren. Ungewöhnliche Einfälle mit besonderen
che zu erweitern und die Zusammenarbeit mit
Möbeln und Einbauten aber auch konzeptionelle
den Innenraumspezialisten vorzubereiten. Neben
Ideen und Gedanken zur ressourcensparenden
einem konkreten Projekt gibt es daher immer
Optimierung der neuen Räume, oder der Einsatz
wieder auch den Austausch mit der Schule für In-
von „möglichst viel Grün“, überzeugten sowohl
nenarchitektur in Detmold. Gegenseitige Besuche
den jungen Geschäftsführer Mark Georg wie auch
und Gespräche der Studierenden und Kollegen
den Geschäftsbereichsleiter Thomas Kleb davon,
bringen einander näher und machen neugierig auf
mit diesen Plänen einen mehr als inspirierenden
die jeweils andere Arbeitsweise.
Fundus an guten Einfällen an der Hand zu haben,
In diesem Semester hatten wir die Gelegenheit,
24
mit dem sich die Zukunft gestalten lässt. Am Ende
Pläne für die Maschinenbaufirma Georg in Kreuz-
der Präsentation in unserem Atelierhaus war die
tal zu erarbeiten. Dort sollen für ein leer stehendes
Stimmung prächtig und Herr Georg stimmte gut
Bürogebäude neue Nutzungskonzepte gefunden
gelaunt sogar noch ein Liedchen auf unserem
werden, die es möglich machen, die gewünschte
Hauspiano an. Unser Dank gilt an dieser Stelle
Vernetzung und Firmenentwicklung mit jungen
in besonderem Maße seiner Firma und allen
Berufseinsteigern zu fördern. Alles – oder sagen
Projektbeteiligten für ihre Unterstützung des
wir mal „beinahe alles“ – war erlaubt. Gerade das,
Fachbereichs! ■
Innenperspektiven und Entwürfe für Lampenschirme
Grün Jana Franke, Leonard Palm + Tom Walther // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester
U
nser Konzept beschränkt sich auf das erste Obergeschoss des Gebäudes, bei welchem
Kommunikation und Austausch im Mittelpunkt stehen. Für dieses Geschoss haben wir ein Farbkonzept ausgearbeitet, welches sich mit der Farbe Grün auseinander setzt. Das Geschoss teilt sich in drei Schwerpunkte ein: Wohnen, Essen und Kochen. Hier entsteht der soziale Treffpunkt der Firma, bei welchem Angestellte, Azubis und Studenten in einer familiären Atmosphäre aufeinander treffen. Im unteren Teil der Etage sind kleine Räume, die in unseren Augen einen geeigneten Entspannungsraum bieten. Im oberen Teil befinden sich Koch- und Essbereich. Insgesamt möchten wir die Etage in einer eher schlichten Materialität gestalten. Die Wände wer-
den bis auf die Wohnzimmer im unteren Teil weiß gehalten und erzeugen somit einen angenehmen Kontrast zu dem Eichenfußboden. Dieser verleiht dem Raum zusätzlich Wärme und Geborgenheit. Aufgelockert wird dieses Erscheinungsbild durch verspielte Lampen und verschiedene grüne Akzente. ■
Grundriss
25
Asiatisches Teezimmer im Weltenhaus Elisabeth Feinen + Sarah Ribeiro // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester
D
as Weltenhaus richtet sich vor allem an die Partnerunternehmen der Firma Georg, welche
sich in der ganzen Welt befinden. Hier sollen Arbeitsplätze entstehen, in welchen
Unser Schwerpunkt liegt in der Caféteria. Dieser Bereich wird durch die Tee-Tradition dem asiatischen Kontinent zugeordnet. Die Caféteria ist in drei verschiedene Areale
direkte Mitarbeiter der Firma und Externe zu-
aufgeteilt. Ein Snack-Bereich dient dazu, eine
sammen, mit und für Firma Georg arbeiten, neue
kleine Pause einlegen zu können. Hier entsteht
Ideen entwickeln und umsetzen.
ein schnelllebiger Bereich, welcher teilweise als
Wir entwickelten ein Konzept, in welchem die
Ansicht
Erschließungsfläche dient. Die Stehtische, die hier
Idee des Netzes, das die Firma Georg mit seinen
zu finden sind, geben diese bewegte Funktion
Partner-Unternehmen, die über die ganze Welt
gut wieder. Ein Essbereich bietet den Menschen
angesiedelt sind, gespannt hat, aufgegriffen wird.
Platz ihre Mittagspause gemütlich verbringen zu
Die verschiedenen Kulturen haben wir, gemäß
können. Der Raum ist mit langen Tafeln bestückt,
ihren Traditionen, den verschiedenen Raumfunk-
damit man in einer beliebig großen Gruppe
tionen (z.B. verschiedene Bürobereiche, Caféteria,
zusammensitzen kann. Der dritte Bereich ist das
interaktives Museum usw) des Bürogebäudes
Herzstück des Caféteria-Bereichs und weist am
zugeordnet.
deutlichsten die Verbindung zur asiatischen TeeKultur auf. Hier findet man kleine, bodennahe Tische, die es einem ermöglichen, seinen Tee auf dem Boden sitzend zu genießen. Zwei Wände trennen diese drei Areale voneinander ab. Sie sind durch ein rechteckiges Raster aus dunklem Holz charakterisiert. Dadurch, dass die Wände des Teezimmers geschlossen sind, während die anderen durchlässig sind, wird dieser Bereich zusätzlich von den anderen beiden Räumen abgetrennt. In verschiedenen Rechtecken, welche als Regale oder Schubläden ausgebildet sind, findet man das
Modellfoto
26
notige Zubehör zur Teezubereitung. ■
Grundriss
Firma Georg – Vorausdenken für Generationen Helena Deifuhs // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt stahl + Ramona Wassong // 3. Semester
B
ei meinem Entwurf für die Firma Georg soll
schaffen. Im Erdgeschoss sind nur wenige Eingriffe und ein neues
Leerstand des Gebäudes vermieden und eine
Interieur geplant. Das Vordach soll rückgebaut werden um den
Neuinszenierung des zukünftigen „Ideenhau-
ursprünglichen Ausdruck wieder zu gewinnen. Der Empfang soll
ses“ herbei geführt werden. Ich stelle mir diesen
geräumiger und offener werden. Des Weiteren wird eine neue
Prozess so vor, dass das ehemalige Bürogebäude
Theke, die selben Sitzmöbel wie im ersten Obergeschoss und das
freigelegt wird bis auf die innersten Strukturen,
Lager-Fix-Regal dort Platz finden. Im Obergeschoss soll im rechten
um Raum für Neues zu bieten. „Freie Denk-
Teil eine Bibliothek mit Arbeitsatmosphäre entstehen. Um mehr
räume“ sollen Einzug halten in das neue alte
Privatsphäre zu gewährleisten, befindet sich dort die Trennwand
Herzstück der Firma Georg. Der Fokus meiner
LesBAR. Im linken Bereich, in dem sich gegenwärtig die Küche
Projektarbeit liegt auf dem 1.Obergeschoss und
befindet, soll auch weiterhin der Caféteria-Bereich differenziert
dem Weg dorthin und damit zusammenhängend
in Café Lounge, Mensa und Steh-Imbiss sein. Diese Bereiche sind
auf dem Thema Recycling. Um eine kostengüns-
durch die EssBAR voneinander getrennt. Alle neuen Möbel werden
tige und ressourcenschonende Umstrukturierung
aus den alten Büromöbeln recycelt. Somit würde mit wenig Kosten-
durchführen zu können, orientierte ich mich an
aufwand eine neue Atmosphäre im alten Bürogebäude entstehen.
dem Slogan „Reduce, Reuse, Recycle“. Dieses
Dies könnte man dann mittags mit „Lunch Beat“ in dem großräu-
Motto passte gut zu diesem Projekt, da ich Abfall
migen Caféteria-Bereich feiern. ■
Lager-Fix als Früchteschale
vermeiden wollte und eine direkte Weiterverwendung von Materialien anstrebte. Das Image der Firma, welches auf einem hohen Maß an Qualität und Nachhaltigkeit basiert, soll durch Umweltbewusstsein und Vorausdenken für Generationen unterstrichen werden. Das Leitthema wird sich in Struktur, Einrichtung und Details zeigen. Es sind sich wiederholende Elemente vorgesehen, welche einen Wiedererkennungswert mit sich bringen, zum Beispiel sind die Lager-Fix Behälter mal Regal, Schubladen oder auch Obstschalen – alltägliche Gegenstände der Mitarbeiter, die eine aufgelockerte und zugleich bekannte Atmosphäre
Essbar - Modellfoto
27
Teilschnitt - Lichthof mit Grünem Vorhang
Gewächshaus für Ideen Julia Brüggman, Nola Bally + Magdalena Zöllner // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt stahl + Ramona Wassong // 3. Semester
U
nser Ansatz zur Umnutzung des alten Büro-
befinden sich die Werkebene mit einer Experimentierwerkstatt und
gebäudes der Firma Georg entwickelte sich
den Azubiräumen, die Begegnungsebene mit Mensa und Caféteria
als Antwort auf die erdrückende Atmosphäre
in gemütlicher Atmosphäre, die Kommunikationsebene mit variab-
der engen und dunklen Räume, die wir bei der
len Arbeitsplätzen und offenem Grundriss sowie die Ruheebene mit
Besichtigung erlebten. Der Gedanke war schnell
den bestehenden Einzelbüros und einer Bibliothek.
gefasst: Dieses Gebäude braucht Licht, Luft und
Die Pflanzen als Leitmotiv finden sich als Vorhang im Lichthof
viele Pflanzen! Was, wenn man das gesamte Ge-
sowie als grüne Wände in weiteren Gebäudeteilen. Dabei wird die
bäude entkernen und in ein riesiges Gewächshaus
ästhetische Wirkung des Grüns durch die ansonsten in schwarz,
für Pflanzen und Ideen verwandeln würde? Von
weiß und grau gehaltenen Materialien betont. Einzig die rote Couch,
dieser radikalen Idee verblieben Licht, Luft und
sowie einige rote Sitzkissen innerhalb des Lichthofes setzen einen
Pflanzen als Leitmotiv unseres Entwurfes und wir
Komplementärkontrast.
entwickelten die Idee eines überdachten Lichthofs in der Mitte des Gebäudes, in dem Pflanzen über
Ein gezieltes Beleuchtungskonzept unterstreicht dezent die verschiedenen Nutzungsbereiche. ■
mehrere Etagen ranken. Um den Lichthof herum
Innenperspektive - Wohnzimmerecke
28
Innenperspektive - Mensa
Innenperspektive - Kommunikationsebene mit Green Cube
Kunst trifft Technik Vivica Tschirner // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum //
Perspektive - Bürogebäude
Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester
D
as in Zukunft leer stehende Bürogebäude der
Obergeschoss wird die Chronik der Firma Georg
Traditionsfirma Georg in Kreuztal braucht
den Besuchern näher gebracht. Man kann sich
eine neue, sinnvolle Nutzung. Die Firma befindet
mittels der Plakate und Bilder über die Geschichte
sich im siegerländischen Kreuztal und existiert
informieren, außerdem wird es Raum geben, um
seit 1948. Ich habe ein grobes Konzept für das
Modelle oder Maschinen ausstellen zu können.
ganze Gebäude entwickelt und mich auf die Ebene,
Von dort erreicht man über ein Rampensystem
bestehend aus dem ersten OG und dem halb
den zweiten Bereich, wo eine Kunstausstellung
darüber liegenden Geschoss, konzentriert. Hier
angesiedelt sein wird. Wiederkehrendes und
wird die neue repräsentative Etage des Gebäudes
raumbildendes Merkmal dieser Ebene sind die ge-
entstehen. Der Ausstellungsbereich ist als Rund-
schwungenen Glaswände, die ein intuitives Leiten
gang geplant, so dass die Besucher alle Bereiche
der Besucher begünstigen. ■
bequem und intuitiv begehen können. Im ersten
Grundrisse 1. OG und darüberliegendes Halbgeschoss
Modellfoto - Ausstellungsbereich
Schnitt - Neues Erschließungssystem
29
FiftyFifty+ Wohnen für alle Lebensphasen Text: Annett hillebrand // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus von Kaisenberg und Dipl.-Ing. Annett Hillebrand // 4. Semester // Frühjahrssemester 2013
» Mit einer Wohnung kann man einen Menschen wie mit einer Axt erschlagen «
Wohn- und Eigentumsformen. Die Studierenden des 2. Jahres im Bachelor Studiengang Architektur, unter der Leitung von Prof. Nikolaus von Kaisenberg und Dipl.-Ing. Annett Hillebrand, entwarfen darauf bezugnehmend
Heinrich Zille, Grafiker, Maler und
tragfähige Konzepte für eine generationenüber-
Fotograf (1858 – 1929)
greifende Wohnbebauung auf dem Grundstück im
W
ohnungsbau zählt zu Aufgaben für Meister, so heißt es, weil so viele und gegensätzliche
Dreieck der Viktoriabrücke, der Bahntrasse sowie der Endenicher Straße in Bonn. Besonderes Augenmerk legten die Studieren-
Anforderungen auf begrenzter Fläche bildnerisch
den hierbei auf ein stimmiges städtebauliches
zur Einheit zu führen sind.
Gesamtgefüge, das auf die besondere Lage des
Gleichzeitig fügt das Wohnen unterschiedliche
Grundstückes reflektiert und somit die Generie-
Lebensabschnitte zusammen und verschiedene
rung eines gemeinschaftsfördernden, qualitativ
Formen der Beziehung zwischen dem Einzelnen
vielfältigen Lebensraumes für Jung und Alt in der
und der Gemeinschaft. Selbstbestimmt und ge-
Stadt ermöglicht.
meinschaftlich zu wohnen steht ganz oben auf der
Das Semesterprojekt beinhaltete einen analy-
Liste erfüllender Lebensziele. Wo dies gelingt, sind
tisch-wissenschaftlichen und einen synthetisch-
körperliches, seelisches und soziales Wohlbefin-
künstlerischen Teil: die Gebäudeanatomie, die uns
den gesellschaftlich nachhaltig angelegt. Darum
die funktionalen Bestandteile von Bauten lehrt
bedarf dieses Arbeitsfeld neuer Erkundung und
– und das Entwerfen, das die Einzelteile wieder
Gestaltung. Und darum ist die hier gewählte Auf-
zum Zusammenwirken einer mehrschichtigen
gabe einer Wohngemeinschaft für fortgeschrittene
Gesamtheit führt. ■
Biografien im Mehrgenerationenumfeld angelegt
30
und damit im Kontext zukunftsorientierter
Ansicht
Wohnen und Arbeiten an einem Ort Uwe Hugendick // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus v. Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. Semester
D
ieses Projekt schafft inmitten der Hektik und
der Bahnlinie zu sehen. Im Erdgeschoss ist die
Wohnen in Gemeinschaft Damit gemein-
des Lärms der Stadt hochwertige Wohnungen,
Servicezentrale für die Bewohner. Hier können
schaftliches Wohnen auch mehrerer Generati-
die ein gutes Leben, alleine oder in Gemeinschaft,
Post und Pakete abgeholt oder abgegeben werden,
onen funktioniert, bedarf es sowohl attraktiver
ermöglichen. Eine Stadtoase in der Lärm- und
es gibt eine Wäscheannahme und einen zentralen
Gemeinschaftsräume als auch der Möglichkeit des
Asphaltwüste der Stadt.
Hausmeisterservice.
Rückzugs in einen großzügigen privaten Bereich.
Die Gebäude sind an einer Anliegerstraße ent-
Ein Café stellt die Verbindung zwischen Außen
Sowohl das Leben mit als auch ohne Gruppe muss
lang der Nord- und Westgrenze des Grundstücks
und Innen her. Der Gemeinschaftsraum mit
aufgereiht. Sie schirmen mit ihren „Rücken“
Küche kann für verschiedenste Veranstaltungen
Die Form des Terrassenhauses mit zentralen
Bahn und Viktoriabrücke ab und öffnen sich
genutzt werden. Darüber gibt es Platz für Praxen
Gemeinschaftsflächen ermöglicht diese zwei Pole
zum zentralen Park und Grünland. An allen drei
und Büros. Selbstständige können so Wohnung
in idealer Weise. Gestaffelte Balkone erlauben
Seiten befinden sich Zugänge zum Grundstück
und Büro komfortabel trennen. Für Besucher gibt
Kommunikation und Privatheit und ein Höchst-
und Einfahrten zur Tiefgarage. Ein vierter Zugang
es B&B-Zimmer im dritten Geschoss. Das Restau-
maß an Sonne für alle Etagen und Wohnungen.
wird über einen Fußgängersteg von der Viktori-
rant im vierten Geschoss bietet einen tollen Blick
Jeweils zwei Wohnungen können zusammen-
abrücke zum Gebäude an der Spitze ermöglicht.
über Bonn. Mittagessen und Frühstück wird auch
gelegt und für Familien mit Kindern genutzt
Schallschutzwände schließen die Lücken zwischen
von den Mitarbeitern der Firmen in der direkten
werden. Über eine Galerie ist auch das OG mit
den Häusern und bilden die Tore zum Park. Sie
Umgebung gerne hier gegessen. Über die kurze
dem Gemeinschaftsraum verbunden. Auf jeder
markieren den Übergang zwischen öffentlicher
Fußgängerbrücke kommt man von der Viktoria-
Etage ist ein behindertengerechtes Gäste-WC und
Anliegerstraße und halböffentlichem Raum.
brücke direkt in das Haus. Das verkürzt den Weg
ein Hauswirtschaftsraum. Dadurch kann in den
aus der Nordstadt und schafft einen barrierefreien
Wohnungen darauf verzichtet werden, ohne den
Zugang zur Brücke.
Komfort einzuschränken. ■
Drei Terrassenhäuser ermöglichen komfortables Wohnen mit einem Höchstmaß an Sonnenlicht
möglich sein.
für alle Wohnungen. Ein zentrales Gebäude an der Nord-West-Spitze, das „Bughaus“ ist Landmarke und Verbindungsglied zur Stadt. Ein vierstöckiges, schmales Haus mit Laubengängen schafft Wohnraum für Studenten und Singles und bildet den Übergang zur Blockrandbebauung. Das Haus an der Südspitze ist ganz auf studentisches Wohnen ausgerichtet. Die Erschließung erfolgt über breite Laubengänge auf der Westseite. Sie sind Balkon und Treffpunkt in einem. Die drei Terrassenhäuser ermöglichen gemeinsames Wohnen für bis zu zwölf Parteien. Zum gemeinsamen Park haben alle Wohnungen große Fensterflächen und Balkone. Alle Häuser haben einen direkten Zugang zur Tiefgarage mit Stellplätzen und Kellerräumen. Das Bughaus an der Nordwestecke ist der zentrale Knotenpunkt der Stadtoase. Mit seinen vier Stockwerken ist es auch von der anderen Seite
Lageplan
31
Wohnen im Viktoriabogen Peter Baumgardt + Ruben Sommer // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus v. Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. Semester
D
er Entwurf setzt sich aus mehreren Kom-
Die Lärmschutzwand wird von drei Baukörpern
für zwei, vier beziehungsweise fünf Bewohner.
ponenten zusammen. Nach Westen hin
durchbrochen. Im Gebäudekopf befinden sich
Die Individualräume sind nach Möglichkeit in
abgeschlossen wird das Grundstück durch eine
nach Westen hin die Treppenhäuser. Der östliche
Richtung Süden ausgerichtet, die Gemeinschafts-
Lärmschutzwand auf der Grundstücksgrenze, die
Teil der Gebäude hinter der Lärmschutzwand be-
bereiche zum Innenhof hin.
gleichzeitig als Laubengangerschließung dient.
steht aus Wohnungen für die Nutzergruppe 50+,
Am nördlichen Ende des Laubenganges beginnt der halbrunde Bau, der die Studentenwohnungen beherbergt. Es gibt Wohnungen für einen, zwei, vier, oder sechs Nutzer, Die 1–2-ZimmerWohnungen nahe der Brücke werden über die Fortführung des Laubenganges erschlossen, um einen ausreichenden Lärm- und Sichtschutz für die Individualräume zu gewährleisten. Die Gemeinschaftsräume der großen WGs im nördlichen Gebäudeteil weisen dagegen nach Nordwesten, die Erschließung erfolgt durch die Wohnung selbst. Alle Individualräume liegen am lärmgeschützten Innenhof. Die Bebauungszeile nach Norden hin besteht aus 1-, 2- und 3-stöckigen Reihenhäusern für Singles, Alleinerziehende und Familien. Nach Norden befinden sich Bäder und Treppenhäuser. Nach Süden hin die Individual- und Gemein-
Perspektive
schaftsräume. ■
Ansicht
32
Floreus VITA Vivica Tschirner // BA 4.4 Gebäudelehre //
Lageplan
Prof. Nikolaus von Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. Semester
Z
iel des Projektes ist es, eine Wohnanlage zu schaffen, die trotz verschiedenster Lebensentwürfe der Bewohner alle Erwartungen
an ein angenehmes Zusammenleben erfüllt. Hier wird aus „nebeneinander wohnen“ „miteinander wohnen“. Großzügige Grünflächen und ein Gemeinschaftshaus fördern den Austausch und die Identifikation. Die unterschiedlichen Generationen sollen sich vermischen und voneinander profitieren. Meine Architektur nimmt die Fluchten der Viktoriabrücke und die der Bahntrasse im Norden auf. Dadurch entsteht, trotz der Unterbrechung der strikten Bauweise, ein Bezug zur Umgebung. Den Lärm, der von der vielbefahrenen Brücke ausgeht schirme ich mit einer Glaswand ab, die an der Brücke entlangführt. ■
Nachtperspektive
Piktogramme
Grundriss
33
Wohnen am Viktoriadreieck Schnitt
Georg Kreuer + Julia Schloesser // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus v. Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. SemesteR
D
ieser Entwurf bietet im maximal auf fünf Etagen, terrassiert ansteigenden, barrierefrei-
en Hauptgebäude neben klassischen Familienwohnungen auch Singlewohnungen, 50+ -WGs, Gemeinschafts- sowie Geschäftsräumen Platz. In den vier kleinen 2–3-stöckigen Gebäuden sind Studenten-WGs untergebracht. Insgesamt finden 108 Menschen hier ein Zuhause. Die Balkone und Loggien, welche jeder Wohnungsform nach Osten oder Süden hin vorgelagert sind, bieten eine hochwertige Wohnraumerweiterung unter freiem Himmel. West- und Nordseiten sind, bei raumhohem Lichteinfall, weitestgehend geschlossen gestaltet, um dem Verkehrslärm zu begegnen. Weißer Putz und Holz bestimmen die Erscheinung des Gebäudes. Die Dächer sind begrünt. In der Mitte des Geländes liegt der gemeinschaftliche Außenbereich mit kleinem See,
Lageplan
welcher sich in verschiedene Zonen gliedert und ein Angebot an halbprivaten und öffentlichgemeinschaftlichen Bereichen anbietet. Hier findet jeder ein geborgenes Plätzchen oder aber das Glück in der Gemeinschaft zu wohnen. ■
Perspektive
34
Das Mobile Klassenzimmer Text: Prof. Dr. Mathias Wirths // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester // Herbstsemester 2013 Ausgangssituation Herbeigeführt durch Naturkatastrophen oder
eines sinnvollen Tragsystems. Es ist zu überlegen,
durch Menschen verursachte Unglücke werden immer wieder
ob das Klassenzimmer komplett oder teilweise
Menschen gezwungen, zu flüchten und in hastig errichteten Camps
vorgefertigt werden soll (evtl. Bauen mit lokalen
Zuflucht zu suchen. Hier ist es zwar zunächst vorrangig Wohnraum
Materialien). Die Kon-struktion muss aber bis zur
für die vielen Menschen zu schaffen, doch die Flüchtlingslager
kompletten Fertigstellung durchdacht sein.
müssen meist eine längere Zeit betrieben werden. Dadurch wird
Lehrkonzept Die Arbeit am Entwurfsprojekt
es erforderlich, Gebäude für die Infrastruktur wie Verwaltung,
wird mit Vorlesungen zu verschiedenen Tragsys-
Gesundheit und Schulen zu errichten.
temen, welche auf die Grundlagen des Moduls 3.2
Neben der Notwendigkeit Flüchtlingscamps mit Schulen zu bestücken, gibt es in zahlreichen Entwicklungsländern Programme für
(Tragwerkplanung) aufbauen, begleitet. Das didaktische Ziel der Aufgabenstellung ist,
einfache und kostengünstige Gebäude, um informelle Siedlungen
die konstruktiv sinnvolle und kreativ gestaltende
abzubauen und die Grundbedürfnisse der Menschen an Wohnraum
Konzeption von Architektur zu trainieren. Die
und Infrastruktur zu verbessern. Auch hier kann der Einsatz von
Entwurfsaufgabe ist bewusst einfach gehal-
„mobilen Klassenzimmern“, die aber so beständig sind, so dass sie
ten, damit Raum, besser gesagt, Zeit bleibt die
auch längerfristig nutzbar sind, sinnvoll sein.
Ausbildung der konstruktiven Details soweit zu
Aufgabe Es sind mobile Raummodule von ca. 60qm stützenfreier
durchdringen, dass den Entwerfenden die Wech-
Grundfläche zu entwickeln. Die Räume sollen untereinander kom-
selbeziehung von Raum und Detail deutlich wird.
binierbar sein. Eventuell kann dies die Entwicklung von Zusatzmo-
Es wird angestrebt, nach dem Entwickeln einer
dulen als verbindendes Element oder für weitere Funktionen (z.B.
Entwurfsidee und nach der Lösung konstruktiver
WC) erfordern. Es ist darauf zu achten, möglichst kostengünstige
Detailausbildungen, eine Rückkopplung herbei-
und leicht zu transportierende Konstruktionen zu entwickeln. Der
zuführen, die die Bedeutung der Konstruktion für
Aufbau muss weitestgehend händisch möglich sein. Der Klassen-
das Raumempfinden wie auch die Darstellung der
raum soll Schutz vor Regen, Hitze oder Kälte bieten. Eine Aussage
architektonischen Entwurfsidee erkennbar werden
zur Energieversorgung ist wünschenswert. Das Gebäude sollte
lässt. ■
demontierbar sein. Schwerpunkt des Entwurfes ist die Entwicklung
35
Schnitt
Moving School
Flächenelemente
Uwe Hugendick // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester Flüchtlingslager und Slums Weltweit leben
davor schützen um den Nutzern temporär ein
gieversorgung. Die Flächenelemente und Stollen
mehrere Millionen Menschen in provisorischen
Gefühl von Sicherheit zu geben.
werden mit Schrauben verbunden. Sie können
Camps und illegalen Siedlungen am Rande der
Das Konzept der „Moving School“ Das kleinste
daher jederzeit demontiert und an einen anderen Ort verbracht werden.
großen Städte. Oft verbringen sie ihr ganzes Leben
Modul der Moving School ist ein sechseckiger
dort. Um ihnen eine Chance auf Entwicklung und
Raum mit einem Pyramidendach. Sie kann mit
eine Zukunft zu geben, ist die Vermittlung von
wenigen Bauelementen errichtet werden und ist
einsetzbar. Die offenen Elemente werden vor
Bildung eine der dringendsten Aufgaben.
statisch sehr effizient. Nach der Kreisform ist es
Ort mit geeignetem Material gedämmt und mit
die Form mit dem geringsten Materialeinsatz.
Deckplatten verschlossen. Mit verschiedenen Ma-
Mit schnell und kostengünstig aufbaubaren
Die Moving School ist in allen Klimaregionen
Das Basismodul besteht aus nur drei verschie-
terialien für die Deckplatten können die Gebäude
werden. Konstruktion und Material müssen den
denen Flächenelementen und drei verschiedenen
der Moving School an unterschiedliche Standort-
Anforderungen vor Ort angepasst sein. Krieg und
Stollenformen (große Profile). Weitere Elemente
anforderungen angepasst werden.
Naturgewalten sind oftmals der Grund für die
ergeben sich durch den Einbau von Türen und
Flucht von Menschen. Die neue Gebäude müssen
Fenstern oder Sanitärkomponenten und Ener-
Schulen kann hier nachhaltig Hilfe geleistet
36
Durch einfache Maßnahmen werden die Gebäude erdbeben- und sturmsicher. ■
EDU container Georg kreuer // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester
W
eltweit leben etwa 40 Millionen Menschen in
Die gefälzten Boden- und Wandelemente, werden
geschützt und liegt auf drei T-Stahlprofilen und
Flüchtlingslagern. Aufgrund von anhalten-
beim Aufbau nacheinander in die vorgesehe-
den Seitenwänden auf. Das gesamte Gebäude ruht
den Kriegszuständen, vermehrten Naturkatastro-
nen Profile gelegt/gestellt und verschraubt. Die
auf 13 Drehfundamenten.
phen oder um der Armut zu entfliehen, verlassen
Wände sind aus Verbundelementen, bestehend
viele Menschen ihr zu Hause und ziehen in mehr
aus einem umweltverträglichen Wellpappekern,
milchigen Hohlkammerscheiben gelangt reichlich
oder weniger provisorische Camps. Teilweise lei-
verpresst und verklebt mit zwei abschließenden
Licht in den Raum, ohne dass optische Ablenkung
der für viele Jahre. Millionen Kinder folgen ihren
Schichtholzplatten. Das Dach ist aus Polyurethan-
durch Vorgänge außerhalb des Klassenraums die
Eltern in solche Lager, in denen es oft neben dem
elementen, nach außen hin durch ein Profilblech
Konzentration beeinträchtigt. ■
Durch die kindgerecht angeordneten, leicht
Nötigsten auch an Bildungseinrichtungen fehlt, und an Räumen, die Kindern und Lehrern einen geregelten Unterricht überhaupt erst ermöglichen sowie Schutz vor Wind und Wetter bieten. „EDUContainer“ ist ein simples „BaukastenKonzept“, welches genau diese Nachfrage bedienen kann: Komplett vorgefertigte Bauteile, die in einem leicht modifizierten 20 Fuß High Cube Seecontainer verpackt global innerhalb kürzester Zeit verfügbar sind und an ihrem Bestimmungsort schnell, unkompliziert und weitgehend händisch,
Schnitt
auch von Laien, aufgebaut und zu einem robusten Gebäude zusammengefügt werden können. So entsteht ein wärmegedämmter, stützenfreier Raum von ca. 60qm Fläche. Der Container, bei welchem die Seitenwände entfernt sind, dient dabei nicht nur als Transporthülle (beim Transport dienen dann zwei der drei Bodenelemente als Containerwände), sondern wird selbst Teil des Gebäudes. Ausgeschäumte Stahlprofile bilden das „Grundgerüst“ des Hauses.
Innenperspektive
Modellfoto
Ansicht
37
Aufbauisometrie
Schule in Kombinationen Hanna Kosche // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester
E
s soll eine Schule für Notunterkünfte entstehen, die aus unterschiedlichen Modulen zu-
sammengesetzt werden kann. Sie kann auf - und wieder abgebaut werden. Ich habe versucht eine Form und Gestaltung zu finden, die den Ansprüchen des einfachen Aufbauens, der Möglichkeit der Wiederabbaubarkeit, des leichten Transports und der kostengünstigen Materialien entsprach und zudem Schutz vor
Schnitt
Ansicht
Kälte, Hitze und Regen bot. Die Qualitäten von Leichtigkeit, lebendigem Erscheinungsbild und lebenswerter Umgebung, die eine gewisse Geborgenheit für die Kinder schaffen sollen, standen dabei im Vordergrund. Auf Grund des Material sparenden Aspekts entschied ich mich für einen rechteckigen Grundriss. Natürliche Materialien sollen Qualitäten erzeugen. Es soll ein Raum entstehen mit einem einseitig geneigten Dach, um Oberlicht in den Raum zu bekommen. Um dieses zu gewährleisten bedarf es des zusätzlichen Einsatzes von Polycarbonat als transluzentes Material, welches dennoch leicht ist und somit den Anforderungen des einfachen Transports und Selbstbaus entspricht. ■
38
Modellfoto
Modellfoto
Sattelkammer Claudius Bäuml // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester Form und Material Hyperbolisches Paraboloid
Der Entwurf gliedert die Bauteile nach ihrer
können problemlos durch Einfügen eines Riegels
und Bambus waren die bestimmenden Parameter
Funktion. Konstruktion, Wärmeschutz, Wetter-
und einer Schwelle hergestellt werden. Fenster
des Entwurfs. Deren Kombination hielt ich für
schutz. 22 Bambusstäbe kreuzweise miteinander
und Türen erhalten einen Bambusrahmen, dieser
eine angemessene und attraktive Hülle für eine
zu einem Rost verbunden, ergeben den Boden
dient so als rudimentäres Fenster oder Türpro-
temporäre pädagogische Einrichtung.
eines Moduls. Von diesem aufgehend werden
fil, das eine Polycarbonat-Platte aufnehmen
Rahmen ausgebildet deren Riegel durch verkippen
kann. Die Wände werden innen und außen mit
die das Quadrat zur Grundlage haben, realisiert
die Sattelfläche des hyperbolischen Paraboloids
doppelwandigem Flechtwerk aus Bambusleisten
werden. Dabei muss jedoch die spezielle Gebäu-
herstellen. Die Verbindungen werden schlicht
beplankt. Den Wetterschutz übernimmt eine
degeometrie in der Vertikalen berücksichtigt, der
gebunden. Den Wärmeschutz gewährleistet eine
EPDM-Kautschukfolie. ■
entstehende Innenraum stets mitgedacht werden.
Dämmschicht aus Schafwolle. Wandöffnungen
Als städtebauliche Figuren können alle Formen,
Modellfoto
Schnitt
Innenperspektive
Außenperspektive
39
Schulraum 60 Export
Perspektive
Peter Baumgardt // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester
D
er Entwurf basiert auf dem Konstruktions-
• Dämmung kann in die entstehenden Freiräume
prinzip der Rauten-Lamellen-Konstruktion
(Rauten) zwischen den Lamellen eingebracht
nach Friedrich Zollinger. Es hat folgende Vorteile:
werden (Plattendämmstoffe).
• Einfache maschinelle Vorfabrizierbarkeit der
• Als Wand- und Dachhaut genügt eine einfache
Bauteile, da für das komplette Dach nur zwei
Plane.
unterschiedliche Lamellentypen benutzt werden.
• Die Front- und Rückwand in Holzrahmenbau-
• Händischer Aufbau durch einfache Schraubver-
weise können einfach eingestellt und befestigt
bindungen möglich.
werden, sie haben keine statische Funktion.
• Einfacher Transport durch geringe Abmessun-
• Trotz Vorfertigung und „Baukastenprinzip“
gen und Gewicht der einzelnen Bauteile (kein Teil
entsteht eine räumlich interessante, homogene
ist länger als 2m).
Gesamtstruktur. ■
• Umweltfreundlich, da die Tragkonstruktion aus Holz (Kerto Furnierschichholz) besteht. • Die bogenförmige Konstruktion bildet Dach und Wand gleichzeitig, es sind keine unterschiedlichen Konstruktionen notwendig.
Grundriss
40
Axonometrie
Wie kommt das Neue in die Welt? Text: Prof. Nikolaus v. Kaisenberg // BA 5.3 Vertiefung: Gebäudetypologie // 5. Semester // Herbstsemester 2013 Teil 2 Vom Wesen der Typologie: Typologie für Projektentwicklung und Prozessarchitektur (angekündigte Fortsetzung des Artikels im mag März 2013)
» Jedes Kunstwerk hat Gesetze, die nur für dieses eine Kunstwerk gelten. Die Gesetze für das zu erschaffende Kunstwerk ergeben sich erst durch das Schaffen des Kunstwerkes. « (Alber Steffen, Reisetagebuch Seite 38)
W
„fortschrittlich“ in Bezug auf Planungstheorie und Planungsmethode?“ Und sucht Wege zur Demokratisierung gesellschaftlich relevanter Bauvorhaben. Hier setzt die Idee der Prozesstypologie an. Sie wendet den Blick vom Objektdesign auf die Prozessgestaltung, wechselt von Gebäudegliederung zur Projektgliederung und wagt den Schritt von der Kausalität des bisher Erlernten zur Gestaltung aus dem zu Erlernenden. Der Prozessarchitekt wird nicht mehr die Aufgabe haben, das Unbekannte in der Anbahnung eines Projektes zu fürchten und es mittels einer geschlossenen Theorie als Risiko zu eliminieren, bevor es auftritt. Diese Auffassung hat er seit der Renaissance als Chef-Gestalter in Kooperation
as jetzt kommt ist richtig gut – sagt sich ein erfahrener Musi-
mit einem Chef-Auftraggeber kultiviert und damit
ker in Vorfreude auf seinen Auftritt, denn er kennt jeden Takt
Architektur zum Inbegriff Bildender Kunst bzw.
und beherrscht jede Passage im vorgegebenen Ablauf des Konzerts.
zum Produkt der Ingenieurwissenschaft gemacht.
Ebenso sicher fühlt sich ein Architekt, der für eine fixierte Aufgabe
Die Wende am Ende der Neuzeit, wo ingenieur-
die Planung und Erstellung eines Gebäudes übernommen hat.
technisch alles bekannt und geregelt ist, zeigt sich
Zusammen mit anderen Entscheidern sucht er zwischen gegebenen
als Kultur des Unbekannten und damit auch als
Grenzen den richtigen Entwurf für ein Objekt, dessen Herleitung
Entdeckerreise auf einer Weltkarte unbekannter
auf folgerichtigen Argumenten beruht. Diese entnimmt er den Er-
Kontinente.
fahrungen der Vergangenheit, die er im Sinne der Logik fortschreibt
Die erste Unterscheidung der Prozesse trennt
in die Zukunft, die damit schon bekannt ist, bevor sie eintritt. Wenn
also Abläufe des mechanisch-kausalen Denkens,
es gut geht, ergibt der schöpferische Prozess ein Gebäude, das
das sich in der Passform vorgefertigter Puzzle-
insgesamt mehr darstellt als die bloße Addition der einzelnen Teile.
Stückchen symbolisiert, von Prozessen lebendiger
Wir freuen uns dann, wenn Formgebung zu einer neuen Erschei-
Kontur. Der Begriff des Prozesses setzt Leben-
nung geführt hat. Dabei übergehen wir oft die Frage, ob auch etwas
digkeit als Wesensmerkmal voraus, ohne dies
Neues in Erscheinung tritt. Zeigt ein neues Krankenhaus eine neue
ist er einfach ein vorbestimmter Ablauf. Wie bei
Auffassung von Heilung? Ermöglicht ein elegantes Schulhaus eine
der Gebäudetypologie auch, geht es hier um die
neue Entfaltungswelt für junge Menschen? Oder projizieren wir
Anbindung an die Kräfte des schaffenden Logos
unterbewusst altes Denken in neue Projekte?
„oben“, um nach „unten“ immer neue Erschei-
ARCH+, das „Studienheft für Planungspraxis und Planungstheorie“ fragt in seiner 15. Ausgabe vom Januar 1972: „Was heißt
nungsformen von Gebäuden oder von schöpferischen Arbeitsprozessen zu ermöglichen.
41
Vision Gruppe Struktur Ressourcen
Gruppe bilden
Weg
was ist, was sein soll
abwägen auswählen
verbinden realisieren
Werk Skizze 2
Skizze 1
Vier Merkmale für lebendige Prozesse
Trennung von Subjekt und Objekt sich in dem
sind; andererseits stellen sie auch Aggregats-
all-einen Bewusstsein auflöst (Das Wahre, Schöne,
übergänge des Projektverlaufes dar, die wie beim
Lebendige Prozesse sind zugleich transzen-
Gute, Geist und Kultur im 3. Jahrtausend, 1997).
Wasser in Gasform nach allen Seiten beweglich
dierend und emergierend. Der Mensch als
Allerdings benennt er auch die „Dominanz der
sind (aber auch schnell verdampfen) oder als feste
Kletterer schaut auf den oberen Sprossen der Lei-
Absteiger“ (Eine kurze Geschichte des Kosmos,
Eisform starr in einer Form beharren, so dass
ter zwischen schaffender und geschaffener Welt,
1996). Das entspricht einer gängigen Fehlin-
manchmal eine Erwärmung des Prozesses seiner
wie die unteren gestaltet sein möchten. In Anleh-
terprätation der Bedürfnispyramide von A. A.
vorzeitigen Abkühlung entgegenwirken muss, um
nung an die Bedürfnispyramide von A. A. Maslow
Maslow: die breite Basis auf der materiellen Ebene
neue Formbarkeit zu ermöglichen.
(Toward a Psychology of Being, 1968) definierte
täuscht über ihr wahres Fundament, mit dem sie
die Weltgesundheitsorganisation schon Mitte des
nach oben im all-einen Bewusst-Sein wurzelt.
tigkeitsfaktor. Demokratische Projektentwicklung
20. Jahrhunderts das Haus als „Ort des körper-
Diese Spannung zwischen der Erscheinungswelt,
heißt heute, Beteiligung aller Betroffenen. Wie
lichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens“
in der an einer Stelle nur das eine oder das andere
geht das? Wie bildet sich eine Initiativgruppe, was
und bezeichnet damit grob die Schichtungen der
Ding sein kann, und dem gehaltvollen Nichts, aus
unterscheidet eine Projektgruppe von einer Stu-
Sprossenleiter. Körperliche Gestaltungsmaßnah-
dem sich alles manifestieren kann, sucht ihren
diengruppe? Bernard C. J. Lievegoed (Soziale Ge-
men für ein Gebäude suchen ihre Orientierung
methodischen Ausdruck zur schichtenorientierten
staltungen, 1970) macht uns darauf aufmerksam,
auf den Bewusstseinsebenen der seelischen oder
Qualitätsentwicklung in der Projektarbeit.
dass die reflektierte Gruppen- oder Teambildung
1
sozialen Funktionsanforderungen: Die Möblierung eines Klassenzimmers konfiguriert sich nach der altersstufengerechten Entwicklungspsy-
2
Gemeinschaftlichkeit ist der führende Nachhal-
grundlegend für weitere Arbeitsschritte ist (eine
Gemeinschaftlichkeit ist Merkmal lebendiger
Projektgruppe ist etwas anderes als eine Studien-
Erneuerungs- und Gestaltungsprozesse.Wie
gruppe). Die gewählte Form der Gemeinschaft-
chologie des Kindes und an der pädagogischen
kontrolliere ich ein Projekt, das in einen offenen
lichkeit bestimmt den Entwicklungsraum, dessen
Widmung des Raumes bzw. des Unterrichtes. Die
Prozess geführt werden soll - das ist die Sorge
Beibehaltung und stetige Teilnahme verbindlich
Wirkungsrichtung erfolgt allerdings auch umge-
des Prozessarchitekten. Die Antwort heißt: keine
ist. Aus dem Kontakt gehen, Fluktuation und an-
kehrt im Sinne einer Psychosomatik der Schule:
Kontrolle. Die Steuerung begrenzt sich darauf, die
dere Vermeidungsformen stören den selbst-regu-
Motorische Einschränkungen durch Möblierung
Betroffenen zu beteiligen, ihre Sachkenntnis, ihre
lierenden Anreicherungs- und Klärungsprozess.
schränken auch den psychosozialen Begegnungs-
Lebensfreude und ihre Urteilskraft zum Funda-
rahmen ein (z.B. Elternabend auf Schulbänken,
ment eines konsensfähigen Projektes zu machen,
tragfähige Entwicklungsarbeit hervorbringen.
die in frontaler Anordnung verschraubt sind).
das sich nach dem immerwährenden Festsetzen
Gerade die Andersartigkeit der Teilnehmer im
Winston Churchill: „First we shape our buildings,
der geistigen Anreicherung und der strukturellen
Persönlichen und Fachlichen ermöglicht originelle
than they shape us.“ Übersetzt auf Prozessarchi-
Einschränkung materiell manifestiert. Alles was
Anreicherungsperspektiven und deren entspann-
tektur: So wie das Werkzeug ist, so wird auch das
zu tun ist, leitet sich ab aus der Sprossenleiter,
ten Ausgleich: Die Summe des Speziellen ergibt
Werkstück werden. Die Betrachtung der aufstei-
die Veränderungen der geschaffenen Welt, die
ein Ganzes. Sich individuell einbringen zu können
genden und die absteigenden Wirkungsrichtung
selber unsichtbar ist. Daher sind die Membranen
und doch auch mitgetragen zu fühlen sind Merk-
tritt immer wieder im Werk von Ken Wilber
zwischen den Stufungen zu beachten, die wie die
male einer reflektierten Schwarmintelligenz.
auf. Er zeigt dass mit aufsteigender Tendenz die
Grenzen zwischen den Naturreichen durchlässig
42
Heterogene Projektgruppen können besonders
Ressourcen Vorstellungen
Struktur
Emotionen Absichten
Vision Team
Bewusstsein Skizze 3
3
Skizze 4
Gemeinschaftsprozesse laufen in Phasen ab.
von Einzelheiten. Diese bedürfen der Unterschei-
desto mehr Energie enthält sie zur Neuordnung
Modelle für die Abfolge von Arbeitsphasen
dung, der Zuordnung und der Abwägung im
der manifestierten Welt. Dieser Weg, den jeder
spiegeln die hierarchische Ordnung der Arbeits-
Hinblick auf die Projektintention. Was soll noch
Einzelne von uns gehen kann, wird nun auch von
ebenen. So beginnt die Zukunftswerkstatt von
dazu kommen, was kann weggelassen werden?
Projektgruppen begangen. Weil er die schrittweise
Robert Jungk (Zukunftswerkstätten, 2000) mit
Fachliche Projektarbeit neigt hier zu anhaltender
Entblößung von allen Vorstellungen, Emotionen
einer Phase der Bestandsaufnahme im Sinne einer
Gliederung und zu Argumentationsketten. Die
und Absichten mit sich bringt, wird er auch als
Defizitanalyse: Was gefällt mir nicht am bestehen-
Arbeit in Gruppen sucht die gemeinsame Schau
Weg durchs Nadelöhr beschrieben, das sich am
den Status? Dann erlaubt sie eine Visionsphase, in
zur Fügung der Projektteile, in dem ein Ganzes
unteren Nullpunkt eines U-förmigen Verlaufes
der tabulos alle Wünsche und Träume ausgespro-
erfasst wird. Teamintelligenz ist ein emergentes
des Abstieges und des Aufstieges befindet. Je
chen und nebeneinander gestellt werden dürfen.
Phänomen. Die Autorität des Ganzen, das „oben“
tiefer sich der Weg von außen in den inneren
Erst im dritten Schritt werden die Chancen und
aufgesucht wird, regelt selber Einzelaspekte,
Brunnen der Reinigung beugt, desto höher wird
Grenzen der Machbarkeit aufgesucht und das
die „unten“ einzugliedern sind. Unsicherheit
der Ort sein, von wo im gleichen Augenblick
Vorhaben in Raum und Zeit neu verortet. Der
im Detail sucht ihre transzendente Rückkopp-
ein energischer Ideenimpuls zu empfangen sein
Übergang von einer Phase zur anderen wird wie
lung im lebendigen Leitbild. Im Moment der
wird (Vergl. Glasl, Friedrich, Das Unternehmen
der Wechsel der Arbeitsebenen vom Reifungsgrad
Entscheidung ist für die Teilnehmer nur Schauen,
Zukunft, 1994 oder Scharmer, C. Otto, Theorie U.
der Arbeitsphase her bestimmt. Im Ablaufmodell
nur Bewusstsein für das Ganze und seine Teile,
Von der Zukunft her führen, 2009). Dieser Erfolg
von Bernard Lievegoed bedarf die „Bildgestal-
ungetrübt von Gedanken. Ein Teilnehmer hat also
erfährt anschließend einen Upload, kann und
tung“ als gemeinschaftliche Aufbereitung und
nicht nur Teil an der Gruppe, er partizipiert mit
wird dadurch für weitere Teilnehmer morphoge-
Wahrnehmung aller Gegebenheiten und Bedürf-
ihr gleichzeitig an der Ideensphäre. Auf dieses
netisch nutzbar.
nisse ausreichender Zeit, damit sich die Schwar-
Erleben bauen Einsicht der Einzelmeinung und
mintelligenz einfinden kann, in der Phantasie,
Konsens der Gruppe. Rupert Sheldrake, Biologe
einfach von welcher Ebene ein Prozess ausgeht
Einsicht und Konsensbereitschaft wachsen.
und Verhaltensforscher, beschreibt diesen Vor-
und wie weit er andere Ebenen mit einbezieht um
gang in „Die Seele ist ein Feld“ (1998) als Down-
eine Neuordnung zu bewirken. Die hierarchische
Gemischte Projektgruppen sind oft schöp-
load höherer Gestaltungskräfte, die uns umgeben
Sprossenleiter kann dazu auch als Wirkungs-
ferischer als reine Teams erfahrener Fach-
(„morphogenetische Felder“). Der Download
kreis betrachtet werden, der in jedem Segment
leute. Warum? Es geht hier um die Entwicklung
gelingt auf einem vorbereiteten Arbeitsfeld und
zugängig ist und von dort weiter führt (Grund-
von Konzepten wie Bildungs- und Gesundheits-
in einem Augenblick, wo alle Absicht schweigt.
stück sucht Investoren, Betreiber und Nutzungs-
einrichtungen oder von Wohnanlagen und Han-
Dann stellen sich überraschende und stimmige
ideen, oder Vision sucht Team, Ressourcen und
delszentren. Und es geht um deren Abbildungen
Lösungen ein. Im Augenblick reinen Bewusstseins
Grundstück).
in bauliche Anlagen. Damit geht es um komplexe
ordnen sich die Dinge selbst – darauf baut Frank
Lebenszusammenhänge, die neu erfasst und neu
Kinslow die Formulierung der Quantenheilung
Prozessarchitekt beim Start einer Projektinitiative
gestaltet werden sollen. Schon die unbefangene,
als Spiegel der Naturgesetze von Energie und
sagen können: Was jetzt kommt, weiß ich noch
sichtbare Aufbereitung der Gegebenheiten und
Ordnung (Quantenheilung, 2008). Je höher die
nicht, aber es wird richtig gut, denn es kommt
Ziele führt zu einem breiten Wahrnehmungsbild
Schöpfungsebene ist, an die wir Anschluss suchen,
frisch vom Fass. ■
4
Eine Typologie unterschiedlicher Prozesse zeigt
Auf jeden Fall wird in Zukunft auch der geübte
43
Rotes c Peter Baumgardt + Claudius Bäuml // BA 5.3 Vertiefung: Gebäudetypologie // Prof. Nikolaus von Kaisenberg // 5. Semester Was ist eigentlich ein Gewerbegebiet?
zogen und in der Dreifelder-Wirtschaft betrieben
Und welche primären Ziele werden
und in wechselnder Fruchtfolge bepflanzt. Auf
bei der Ausschreibung eines solchen
einer Art Erlebnispfad kann der Besucher sich
verfolgt? Geht es um Wirtschaft-
ein Bild von Wachstum und Ernte machen. Die
lichkeit? Und gibt es weitere Kri-
Gewerbefläche soll zur Gänze den Nutzungen
terien, die hier angesetzt werden
der Veredelung, Aufbereitung, Vermarktung und
können?
Forschung von landwirtschaftlichen Produkten zur Verfügung gestellt werden. Im Sinne einer
I
n der Begründung des FNP der Gemeinde
offenen Werkstatt sollen dem Besucher auch hier
Alfter aus dem Jahr 2009 finden sich in der
Einblicke in Betriebsabläufe gewährt werden.
Vorbemerkung folgende Angaben: Über das reine
Sich mit einem solchen Konzept in der links-
Flächenangebot hinaus müssen jedoch Strukturen
rheinischen Gewerbelandschaft zu positionieren,
und Profile entwickelt werden, die die Standor-
kann ein Alleinstellungsmerkmal der Gemeinde
tentscheidungen der Unternehmen für Alfter
werden und den Standort sowohl für Gewerbe-
unterstützen und begründen. Die sollen für das
treibende als auch für Besucher attraktivieren.
Gebiet des Landwirtschafts Parks Alfter Nord
Die städtebauliche Figur ergibt sich, wie oben
durch Bildung eines Clusters im Bereich Land-
beschrieben, sowohl aus den städtebaulichen
wirtschaftsprodukte – Aufbereitung, Vermark-
Rahmenbedingungen, als auch aus der inneren
tung, Veredelung und Forschung – erfolgen.
Notwendigkeit des Konzeptes.
Ein skizzenhaftes Gestaltungsmotiv für einen
Dabei soll eine Abstufung im Maßstab der ein-
Landwirtschaftspark Alfter Nord zu entwickeln,
zelnen Gebäude eine weitere Gliederung bringen
ist das Anliegen dieser Arbeit.
und damit auch Nutzungen räumlich bündeln.
Alfter blickt historisch auf einen großen
Während im nördlichen Teil bauliche Groß-
Zeitraum landwirtschaftlicher Nutzung zurück.
strukturen wie Logistiker angesiedelt werden,
An diese Wurzeln zu erinnern und die moderne
verfeinert sich der Maßstab entlang des roten Cs
landwirtschaftliche Produktionskette in moderner
nach Süden über Handwerksbetriebe bis hin zu
Form aufzugreifen, soll hier versucht werden. Als
Bürogebäuden.
Gegenpart zum Grünen C, das die Naturland-
Eine Erprobung in Varianten zeigt, dass eine
schaft bündelt, reflektiert die städtebauliche Figur
eher tangentiale Ordnung der Gebäude um das
in ihrer markanten Ausprägung den geschlos-
C dem Städtebau den größten Ausdruck und
senen Kreislauf landwirtschaftlicher Produkti-
Markanz verleiht.
onsprozesse und vereint als „rotes C“ ein Stück Kulturlandschaft in sich. Um der heute verbreiteten Entfremdung des Konsumenten im Bezug auf die Produkte
Nach Möglichkeit ist im Bereich der landwirtschaftlichen Produktionskette ein breiter Nutzungsmix anzustreben. Es sollen sich Betriebe ansiedeln vom Betriebs-
entgegenzuwirken, möchten wir die Bezeichnung
mittelhersteller (Saatgut, Landtechnik, Stallausrüs-
„Park“ ernst nehmen und den Besucher einladen,
tung, Futtermittel …) über Ernährungsindustrie
mittels eines Besucherpfades durch den Gewer-
(Schlachterei, Mühle, Teig- Backwarenherstellung,
bepark sich der Herkunft der Produkte und deren
Obst-/Gemüseproduktion, …) und Ernährungs-
Herstellung bewusst zu werden.
handwerk (Bäcker, Konditor, Metzger) bis hin
Aber nicht nur aus dem eigenen Konzept des
zum Lebensmittelgroßhandel.
roten Cs begründet sich die städtebauliche Figur
Um den Standort auch als Forschungsstelle zu
sondern auch in der großmaßstäblichen Aufgabe,
etablieren, ordnen sich verschiedene wissenschaft-
Klarheit zu schaffen zwischen kleinstruktureller,
liche Einrichtungen entsprechenden Betrieben
dörflicher Wohnbebauung in Alfter und Roisdorf,
zu. Nicht zuletzt kann hier an einen „Forschungs-
landwirtschaftlich genutztem Niemandsland, am
bauernhof “ gedacht werden. Kooperationen mit
Reißbrett geplanter Siedlungsstruktur in Bonn
der Universität Bonn aber auch mit der Alanus
Tannenbusch und anscheinend in ausnehmender
Hochschule können hier eingegangen und so eine
Beliebigkeit erstellten Gewerbestrukturen im
Vernetzung im Akademischen Kontext erreicht
Gewerbegebiet Bornheim.
werden. Ebenfalls denkbar ist eine Berufsschule
Um die landwirtschaftliche Produktionskette exemplarisch zu durchlaufen, werden die angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen herange-
44
mit landwirtschaftsbezogenem Profil, die mit den ansässigen Unternehmen kooperiert. ■ gerastert
chaotisch
radial
tangential
45
Städtebau eine annäherung in drei Projekten Text: Prof. Benedikt Stahl // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester // Frühjahrssemester 2013
J
etzt weiSS ich wirklich was Städtebau sein
dieser Idee, dem LVR-Landesmuseum Bonn
„Gestaltung von Freiflächen“, „Schaffung neuer
kann...“ so der Kommentar eines Studenten der
führten zu besonderen Erfahrungen. Begriffe wie
Stadträume“, „Unterbringung von ruhendem
in diesem Modul dabei war und bereits Erfahrun-
„Ortsbildung“, „Erlebbare Geschichte“, „Wegefüh-
Verkehr (weniger vornehm: „Parkplatzsorgen“),
gen mit diesem Fach an einer anderen Hochschule
rung“, „Erlebnisqualität“, oder auch „Vernetzung“
und „Stadtbildergänzungen“ gehörten zum Ge-
machen konnte. Ein besseres Kompliment kann
führten zu unterschiedlichsten Entwurfsansätzen.
genstand unserer Gespräche mit Lehrern, Eltern
man sich als Lehrender in der Evaluationsrunde
Brüsseler Platz – Köln Im zweiten Projekt war
und Schülern. Heraus gekommen sind dabei viele
zum Abschluss des Semesters kaum wünschen
es vor allem der „Interessenskonflikt“ und die
ungewöhnliche und hoffentlich auch hilfreiche
– auch wenn das vielleicht ein bisschen über-
„Verantwortung für Stadträume“ (wem gehört die
Ideen und Konzeptüberlegungen, die der Schul-
trieben ist. Ich selbst habe aus meinem Studium
Stadt?), die das ungewöhnliche Städtebauprojekt
gemeinschaft dabei helfen können, ihre Zukunft
Städtebauprojekte in Erinnerung, bei denen es vor
begleiteten. Hier galt es, innerhalb kürzester Zeit
zu gestalten.
allem darum ging, brachliegende Freiflächen zu
ein kleines Ausschank-Gebäude zu entwerfen und
überplanen und Konzepte für Stadtentwicklungen
vor Ort gemeinsam zu bauen. In Abstimmung
kann“ gehört natürlich weitaus mehr als wir in
in größerem Maßstab zu entwickeln. Ähnliche
mit den „Kölner Bauherren“ wurde das richtige
diesen drei Aufgabenstellungen in der Lage waren
Erfahrungen brachte wohl auch der oben genann-
Modell dafür gefunden, den Vertretern aus Politik
zu bearbeiten. Ich denke jedoch, dass es allen
te „Wechselstudent“ mit und wurde dann damit
und Anwohnergruppen präsentiert und dann
Beteiligten sehr viel Freude gemacht hat und dass
überrascht, dass es zunächst einmal nicht nur ein
nach einigen kleineren Modifikationen und mit
es sehr aufschlussreich war, sich mit lebendigen
großes, sondern drei kleine Projekte zu bearbeiten
der Unterstützung von Sponsoren und Helfern in
Fragestellungen solcher Art zu beschäftigen. Im
gab. Hintereinander und mit jeweils anderem
„kostenverträglichem Rahmen“ umgesetzt. Heraus
regelmäßigen Austausch und mit gegenseitiger
Schwerpunkt. Immer aber mit Bezug zu einem
gekommen ist die „Lattenbude“. Ein bis über die
Wertschätzung gelingen eben nicht nur kleine
besonderen städtebaulichen Thema.
Grenzen der Stadt hinaus bekannt gewordenes
Stadtbausteine.
Fundort am Rabenlay – Oberkassel Zu Beginn des Semesters mit dem „Fundort am Rabenlay“.
Bauwerk für einen Kölner Sommer. Ganz so, wie bei den großen Projekten.
Zum „Wissen was Städtebau wirklich sein
Herzlichen Dank allen Förderern und Unterstützern dieser Projekte, insbesondere dem
Waldorfschule – Sankt Augustin Mit der
LVR-Landesmuseum Bonn, den Initiatoren der
der Wiederentdeckung und Gestaltung verges-
Umgestaltung und baulichen Ergänzung der
Lattenbude am Brüsseler Platz in Köln und der
sener Orte beschäftigt. Vor allem der direkte
Waldorfschule in Sankt Augustin gab es ein drittes
Freien Waldorfschule in Sankt Augustin! ■
Kontakt zu den Auftraggebern und Initiatoren
Projekt. Themen wie „Einbindung in die Stadt“,
Eine Entwurfswerkstatt, die sich mit dem Thema
46
Lageplan
Auf den Spuren der Oberkasseler Menschen Moritz Kasulke // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester Kunst- und Lehrpfad an der Fundstelle am Rabenlay
M
nur allein mit Hilfe der alten Medien, sondern soll auch interaktiv mit neuen Medien erfasst werden können. So ist es zum Beispiel
it einem traumhaften Blick über das Rheintal lädt die Aus-
denkbar, dass für Jung und Alt eine spannende Wissenschafts-Rallye
sichtsplattform am Gipfel des alten Basaltsteinbruches zum
inszeniert wird, welche via Smartphone die interessanten Fakten des
Verweilen ein. Direkt am wunderschönen Rheinstieg gelegen, gibt der alte Steinbruch seine 14'000 jährige Geschichte preis. Kaum ein
Gebietes vermittelt. Um den momentan verwahrlosten Platz wieder zum Leben zu
Wanderer weiß so wirklich, an welcher geschichtlich bedeutenden
erwecken, sollen Künstler nach dem Vorbild des Kunstpfades am
Stelle er sich gerade befindet.
Neandertal-Museum bei Düsseldorf den Steinbruch am Rabenlay
Die jetzige Gestaltung des Wanderwegs ist eher trostlos und die
noch spannender gestalten. Mit inhaltlich passenden künstlerischen
dazu gehörigen Informationstafeln in die Jahre gekommen. Der
Beiträgen an der Fundstelle und entlang des Felsenweges, kann
Platz der Ausgrabung wird kaum gewürdigt. Ein neues Konzept soll
der Besucher die Geschichte nicht nur informativ erlesen, sondern
dies nun ändern.
auch bildlich und sinnlich erfassen. Auf diese Weise zieht der neue
Entlang des Felsenweges sollen mit für den Steinbruch typi-
Kunst- und Lehrpfad nicht nur Wanderer und Spaziergänger an,
schen grauen Basalt einladende und repräsentative Orte geschaffen
sondern bietet auch Familien einen spannenden Ausflugsort, um
werden, die Besucher zum Verweilen einladen sollen. Neugestaltete
der Geschichte des Oberkasseler Menschen und damit einem Teil
Informationstafeln klären über die Geschichte des Oberkasseler
der eigenen Herkunft dicht auf den Fersen zu sein. ■
Menschen, sowie die Geologie der Region auf. Dies geschieht nicht
47
Lageplan
Fundstelle am Rabenlay Elias Schley Cores // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester Strukturierung der Landschaft durch natur-
Ausdruck zu verbinden. Die Wichtigkeit des Fundortes kann erst
belassene Basaltsteinmauern
dann begriffen werden, wenn man versteht wieso diese Lage schon vor etwa 14'000 Jahren besonders war.
D
er Entwurf zur Gestaltung des Fundortes des Oberkassler Pär-
Im Moment besteht ein Felsweg, der den unteren Bereich an der
chens, versucht der vernachlässigten Landschaft eine sichtbare
Felswand mit dem oberen verbindet und die Besucher auf Tafeln
Struktur zu geben. Auch wenn dieses Gebiet um den Rabenlay ak-
über Geologie und Geschichte informiert. Sowohl die ungefähre
tuell unter Naturschutz steht, macht die Landschaft einen verkomme-
Fundstelle (nähe Windenbunker), auch der aktuelle Platz, der über
nen Eindruck. Aus diesem Grund geht es in diesem Entwurf primär
die Geschichte des Fundes informiert, werden Teil dieses Weges.
nicht darum, wie Informationstafeln angebracht werden können,
Somit hat man nicht nur Blick auf die anmutige Felswand, sondern
sondern wie dieses Gebiet wieder zu einem für Besucher attraktiven
von oben auch einen besonderen Blick über die Rheinebene.
Ort wird. Sowohl das Naturschutzgebiet, der industrielle Eingriff
Die Architektur strukturiert diesen Felsenweg neu, indem
durch den Basaltabbau, als auch der Fundort des Oberkassler Pär-
schlängelnde Basaltmauern den Weg markieren. Diese Mauern sind
chens ergeben eine gemeinsame Geschichte. Der Entwurf reagiert
aber nicht starr, sondern bauen sich an manchen Stellen auf und an
somit nicht nur auf eines dieser Ereignisse, sondern betrachtet ihre
anderen wieder bis auf den Boden ab. An manchen wiederum, wie
Gemeinsamkeit und versucht diese in einem architektonischen
an dem vorhandenen Platz, formt sich die Mauer zur Sitzgelegenheit. Sie werden aus dem am Ort vorhandenen Basalt gebaut, indem die einzelnen Steine übereinander gelegt werden. Es benötigt keine extra Haftung durch Zement oder Mörtel, sondern die Steine werden in ihrer natürlichen Form in einer neuen Ordnung zusammengesetzt. Ein Beispiel hierfür (Foto links) sind die Arbeiten von Andy Goldsworthy. Die Mauern zeigen sinnbildlich die Geschichte dieses Ortes, auf der einen Seite die Naturlandschaft und auf der anderen den kulturellen Eingriff. Ein weiterer landschaftsarchitektonischer Eingriff ist das Pflanzen von Bäumen entlang des Weges. An besonderen Stellen können Eichen oder Buchen gepflanzt werden. Somit verschönert sich die vernachlässigte Landschaft und es entstehen besondere einzelne Orte, die nicht nur für die nächsten Jahrzehnte stehen, sondern
Quelle: Andy Goldsworthy (Foto: www.greenskydesign.com)
48
auch für die nächsten Jahrhunderte. ■
Ideenskizzen
Platzgestaltung
49
Ideenskizzen
leer-gut Hanna Kosche // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester
D
ie ursprünglichen Weihnachtsbuden am
dass auch abends ein interessantes Licht und Far-
Brüssler Platz sollen durch eine vorgestellte
benspiel entsteht und der Pavillon ein Tag - und
Glasfassade aus Altglasflaschen zu einem Pavillon
ein Nachtgesicht erhält. Zwischen den einzelnen
werden. Mit dem neuen Gebäude entsteht ein
Wandabschnitten werden Holzbalken stehen um
Blickfang und Hinweis darauf, dass es sich lohnt,
das Ganze zu befestigen. Es ist möglich, die Wand
das Altglas sinnvoll wiederzuverwerten und etwas
massiv zu mauern, oder aber einzelne Module
ganz anderes daraus zu machen. Die Glaswand
zu entwickeln, die zusammengesetzt werden und
wird von innen mit Baustrahlern beleuchtet, so
somit auch wieder abgebaut werden können. ■
Modellfotos
50
EVA + ADAM Avila Dietrich + Elias Schley // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester
E
ine entspanntere Atmosphäre am Brüsseler Platz in Köln in den Sommernächten und trotzdem einen Mehrwert für den Ort zu
ermöglichen, war Ziel der Aufgabenstellung. Atmosphäre durch verschiedenfarbiges Licht aus einer städtischen Struktur zu schaffen war unser Ansatzpunkt. Ein Häuschen, das am Tag zurückhaltender ist und in der Dunkelheit farbig leuchtend den Ort markiert. Die alten Holzbuden werden so wie sie sind von innen und außen Grundriss
mit komplementären Farben gestaltet. Zur Stärkung der städtischen Wirkung werden ein bzw. zwei einfache Haushüllen aus Folie und Gerüststangen über die bestehenden Buden gestülpt. Der Zwischenraum wird farbig beleuchtet. Die neue Konstruktion bietet mehr Variabilität, zusätzliche Lagerflächen, unkompliziertere Arbeitsabläufe und eine angenehmere Luft im Innenraum, da auf das alte Dach der Buden verzichtet werden kann. Für die Besucher und auch die Bewohner entsteht ein passender Ort, indem das ohnehin vernachlässigte Beet auf dem die Bude ihren Platz hat als Holzpodest umgebaut wird. So kann am Tag für Familien und Anwohner und am Abend für
Modellfoto
alle Besucher des Platzes ein schöner Stadtraum entstehen. ■
51
Modellfotos
die Lattenbude Moritz Kasulke // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester
A
ktion statt Reaktion Dieses Motto möchte ich dem Projekt „Lat-
und Lust am Bauen findet. Durch diese Aktion entsteht eine sehr
tenbude“ voranstellen. Bereits seit einigen Jahren sind aufgrund
ungewöhnliche gemeinsam errichtete Raumskulptur, die es schaffen
steigender Popularität des Brüsseler Platzes die Konflikte zwischen Anwohnern und Gästen vor allem in den Sommermonaten ein
kann, Menschen zusammenzuführen. Die bestehenden ausgedienten Weihnachtsbuden werden mit den
immer wiederkehrendes und nur schwer lösbares Thema. Daran
Latten nestartig eingepackt. Der Ausschank bleibt offen und ge-
wird wohl auch die neu zu gestaltende kleine Gastronomiebude
schützt. Das im Atelier entstandene Modell eignet sich sehr gut als
nicht sehr viel ändern können. Vielleicht gelingt es aber, mit diesem
Entwurfsvorgabe und wird in dreitägiger Bauzeit vor Ort umgesetzt.
Projekt dazu beizutragen, Brücken zu bauen.
Dabei können wir noch auf die örtlichen Bedingungen reagieren,
Das Rezept ist denkbar einfach: Man nehme einige hundert
einen großen Baum mit einbeziehen und die Funktionsabläufe
Dachlatten, viele Schrauben und einen Akkubohrer zur Hand und
optimieren. Bei Einbruch der Dunkelheit wird das neue Haus
schon kann es losgehen. Alle, die mitmachen wollen sind eingela-
eindrucksvoll beleuchtet und wir feiern gemeinsam das Gelingen
den. Groß und Klein, Anwohner, Gäste und vielleicht gibt es ja auch
unseres Bauwerks! ■
den ein oder anderen Skeptiker, der sich schließlich hinzugesellt
52
53
Mensa erweiterung
Lageplan
Ido de baat + Max Wester // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester
D
ie Freie Waldorfschule Sankt Augustin wurde 1991 gegründet und liegt mitten in der Ge-
meinde Hangelar. Die Mensa der Schule hatte Ihre Kapazitäten erreicht und war nicht mehr in der Lage eine noch größerer Anzahl Schüler zu versorgen. Die Lösung eines Problems ist nicht immer, etwas Neues hinzuzufügen, sondern Bestehendes neu zu Denken. Bei unserem Konzept kamen zwei Ideen zusammen. Es sollte der Bestand an den Stellen „aktiviert“ werden, an denen er kaum „aktiv“ genutzt wird. Zum anderen sollte
Grundriss OG
Café
Grundriss EG
Perspektive - Schulgelände
der Entwurf sich an die alten „Trail-Towns“ in Amerika anlehnen, die ebenfalls mit ähnlichen Infrastrukturen umgeben waren. Hierbei lag der Fokus auf dem „Weg-“ und „Ortraum-Prinzip“. Die Mensa sollte nicht am Rand sondern in der Mitte der Schule sein. Weitere ungenutzte Räume wurden neu möbliert und als dezentrale Sitzplätze behandelt. Zusätzlich suchten wir nach neuen, alternativen Räumlichkeiten für die Küche und fanden das Foyer bei der Aula. Bei der Außenfläche hatten wir eine neue Pergola-Konstruktion in die zurückversetzte Hauswand eingebaut und einen neuen Raum geschaffen. Durch in den Boden eingelassene Holzpaneele sollte eine Wegund Ortraum-Trennung erfolgen. Sie schafft es neue Aufenthaltsqualitäten zu etablieren und Verbindungen zu schaffen. ■
54
Schnitt
Schuldorf Hanna Kosche // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester
Isometrie - Schuldorf
E
s soll ein Ort des Lernens entstehen. Ein Dorf der Gemeinschaft,
raten Raum für die Offene Ganztagsschule und eine Dachterrasse
in dem alle voneinander lernen und neue Lernmethoden gelebt,
geschaffen. Die Räume der bisherigen Mensa sind zu klein für die
entwickelt und ausprobiert werden können. Es ist ein Bereich mit
Bedürfnisse der Schule und sollen einen neuen Platz finden. Somit
vielen unterschiedlichen Möglichkeiten des Zusammenlebens und
sind diese Räumlichkeiten frei für neue Nutzungsmöglichkeiten. Es bietet sich an, für die Offene Ganztagsschule, die sich in den
gemeinsamen Lernens. Das Essen soll eine angenehme Pause für die Schüler und
Räumen darüber befindet, eine kleine Werkstatt, eine Leseecke,
Lehrer sein. Eine Auszeit in Gemeinschaft mit einem anderen
eine kleine Küche und im Außenbereich Sitzpätze und um eine
Blick, frischer Luft und am liebsten Sonne sind eine willkommene
Kletterwand zu gestalten. Durch die neu entstandenen Stufen, auf
Abwechslung nach dem Unterricht. Über den Werkstätten können
denen man ebenfalls sitzen kann und wodurch man mehr Licht in
die Dächer ausgebaut, beziehungsweise erweitert und aufgestockt
die unteren Räume bekommt, entsteht eine angenehme Aufenthalts-
werden. Damit wird Raum für Küche, zwei Speiseäume, einen sepa-
möglichkeit für die Pausen und die Offene Ganztagesschule. ■
Ansicht
Schnitt
Grundriss
Isometrie
55
Schullandschaft Avila Dietrich + Elias Schley Cores // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester
M
Stadtplatz zugleich) vor der Schule entsteht, halten wir es für not-
aber auch an Orten die Eltern und Menschen von außerhalb zum
wendig die bisherige Sporthalle abzureißen und auf der gegenüber-
Verweilen einladen. Dem architektonisch sehr introvertierten Schul-
liegenden Seite, an die Stelle des Spielplatzes, ein Gebäude zu bauen,
bau fehlt es an Platz und Grünfläche. Mehr Freifläche könnte dazu
welches eine Doppel-Turnhalle, weitere Klassenräume und einen
beitragen, den geschlossenen Hof zu öffnen und die Orientierung
großzügigen Dach- und Schulgarten beinhaltet.
it der Untersuchung des Bestandes hat sich gezeigt, dass es dem Schulgefüge an kommunikativen Orten für die Schüler fehlt,
Turnhalle Damit eine großzügige Platzsituation (Schul- und
der Einrichtung auch nach außen, zur städtischen Umgebung hin
Bio- und Secondhandladen Im dritten Schritt wird das Feuer-
auszurichten, um so ein Stück Lebendigkeit in der Korrespondenz
wehrhaus mit einbezogen und als Bio- und Second-Hand-Laden
mit dem Umfeld zu gewinnen. Mit unserem Entwurf schlagen wir
umgenutzt. Der Bioladen bietet die Möglichkeit, die Mensa und
ein ganzheitliches Entwicklungskonzept vor, welches in verschiede-
Familien der Umgebung mit Lebensmitteln zu versorgen und ist
nen Abschnitten über mehrere Jahre entstehen kann. Damit fördern
Ort der Begegnung und des Austauschs. Der Second-Hand-Laden
und unterstützen wir den allgemeinen Leitgedanken der Schule:
ist eine gute Möglichkeit die Kleidung der Kinder unkompliziert an
„Für's Leben lernen. Ein Leben lang.“
andere weiterzugeben. Zudem ist es eine gute Einkaufsgelegenheit
Mensa + Verkehr Im Ersten Schritt wird der Bau der Mensa umgesetzt und das Verkehrsproblem gelöst. Hierfür ist ein gläserner Anbau an die bestehende Mensa angedacht, welcher das Licht in
für Familien mit geringem Einkommen. Der Second-Hand-Laden könnte als Elterninitiative zur Förderung der Schule betrieben werden. Schulpark und Werkhäuser Mit dem vierten und letzten
die Mensa lässt, genug Raum für die Schüler und Lehrer beim
Szenarium schlagen wir vor, die anliegende Wohnbebauung der
Mittagessen bietet und sich als Gebäude zur Straße, dem Geschehen
Annastraße schrittweise zu erwerben. Die Häuser werden Teil der
außerhalb der Schule zuwendet. Durch die Erweiterung besteht
Schule und könnten z.B. als Werkstätten und Ateliers der verschie-
auch für Menschen von außen die Möglichkeit dort mittags zu
denen Handwerke und Künste genutzt werden. Der Raum zwischen
essen. Die Straße wird umfunktioniert zu einem „Shared Space“. Ein
der bestehenden Schulbebauung und den neu hinzugekommenen
„gemeinsam genutzter Ort“, an dem sich Verkehrsteilnehmer jeder
Häusern wird als Park gestaltet, um so, in Kombination mit dem
Art gleichberechtigt bewegen können. So ist die Straße nicht mehr
Platz, einen vielfältigen und großzügigen Außenraum entstehen zu
nur Durchfahrt sondern wird auch begehbarer Außenraum.
lassen. ■
56
Perspektive
Lageplan
Innenperspektive - Mensa
Schnitt - Mensa
Lageplan
Gel채ndeschnitt
Grundriss - Mensa
57
Workshop - Teilnehmer
58
Wie Gewohnt Text: Annett Hillebrand // Kooperationsprojekt mit dem BDA Bonn/Rhein-Sieg // Prof. Benedikt Stahl + Prof. dr. Florian Kluge // Frühjahrssemester 2013 Perspektiven für den Wohnungsbau
terfragt. Diese Betreuungs- und Gesprächskultur
Zusammenarbeit mit der Akademie für Interna-
entlang der Bahnstrecke in Bonn
wurde von den Studierenden als sehr inspirierend
tionale Bildung wurden wertvolle Impulse für die
aufgenommen und in die eigene Entwurfsarbeit
Gestaltung des Freiraums und der Stadtstruktur
integriert.
erarbeitet.
I
m Rahmen der BDA Landesveranstaltung „Wohnen“ vom 16.09 – 29.09.13 untersuchten
In einer Art „Marathon Stegreif “, in dem das
Den Abschluss der Veranstaltung krönte die
Studierende des Fachbereichs Architektur der
Skizzieren von Ideen und Visionen im Vorder-
Vernissage zur Ausstellung der studentischen
Alanus Hochschule in Kooperation mit dem
grund stand wurden alternative Möglichkeiten
Arbeiten im Kunstmuseum in Bonn. In der im
BDA Bonn-Rhein-Sieg in einem mehrtägigen
zur Schaffung lebenswerter Urbanität aufgezeigt.
Anschluss stattfindenden Podiumsdiskussion un-
Workshop mögliche Perspektiven für den Woh-
Hierbei wurde nicht nur die besondere Lage an
ter Leitung von Prof. Brigitte Scholz diskutierten
nungsbau entlang der Bahnstrecke in Bonn und
der Bahn berücksichtigt, sondern auch die vor-
Workshopteilnehmer und regionale Vertreter aus
entwickelten dabei vielfältige Nutzungskonzepte
handenen Qualitäten des Plangebiets untersucht,
Politik, Kultur und Wirtschaft die skizzierten Er-
für das westlich der Museumsmeile gelegene
sowie mögliche Verknüpfungen zu dem östlich
gebnisse mit den zahlreich erschienenen Gästen.
Plangebiet in Bonn-Kessenich.
der Bahn gelegenen Stadtgebiet (Museumsmeile)
Als Fazit dieses Stegreif-Projektes bleibt der
durch neue Querungen der Bahnlinie, angedacht.
sehr angeregte und anregende Austausch aller
Unterstützt wurden die Studierenden an zwei
Beteiligten in Erinnerung. Die Lust daran, ge-
Betreut wurden die Studierenden von Professor Benedikt Stahl und Professor Florian Kluge sowie von Architekten des BDA Bonn-Rhein-Sieg. In
Tagen von den amerikanischen Gaststudenten der
meinsam auf der Suche zu sein und neue bewohn-
den gemeinsamen Gesprächen und allabendlich
Penn State University (Fachrichtungen Land-
bare Räume zu entdecken, wurde zum Antrieb
stattfindenden Foren wurde diskutiert, erörtert,
schaftsarchitektur sowie Stadtplanung). In der für
kreativer Entwurfsideen. ■
entworfen und verworfen, entwickelt und hin-
den Fachbereich Architektur schon traditionellen
59
HAUS AUF ZEIT Text: Sonja Tinney // BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // 6. Semester // Frühjahrssemester 2013 EIN TEMPORÄRES STUDENTENWOHNHEIM AUS FRACHTCONTAINERN
I
frühzeitigen Integration in den Entwurfsprozess. In diesem Modul stand deshalb die Vermittlung erster architektonischer, bauphysikalischer und
alle erforderlichen Grundeinrichtungen zum Wohnen auf Zeit für einen Studierenden beherbergt. Per LKW/Bahn/Schiff können diese Grund-
n der Architektur sind längst auch das Klima
gebäudetechnischer Grundlagen im Mittelpunkt,
module wie Container transportiert und mit
und die Ressourcen den Entwurf beeinflussende
um die den Energiebedarf von Gebäuden beein-
deren Fügungstechniken aufgebaut und montiert
Faktoren geworden. Denn wenn diese nicht von
flussenden Faktoren erkennen und beurteilen zu
werden.
Anfang an einbezogen werden und Form und Ty-
können. Im Zuge der Auseinandersetzung mit
pologie mitbestimmen, muss nachträglich im oder
den Themen Ressource Baumaterial, Energie,
liche Kombinationsmöglichkeiten für ein Haus
am Gebäude mit technischen Mitteln kompen-
Material und Hülle, Wärme, Wasser, installierte
zu zeigen und eines auch in Grundrissen und
siert werden. Inzwischen umfasst der technische
Räume, Strom und Luft wurden unter anderem
Schnitten vertiefend zu bearbeiten. Dabei sollten
Ausbau je nach Bauaufgabe bereits 25–50% der
grundsätzliche Fragestellungen der Gewinnung,
Treppen, Rampen oder Stege zur Erschließung,
Herstellungskosten eines Gebäudes und nur durch
Verwendung, Planung, technischer Möglichkeiten
ein Hausanschlussraum und/oder Technikraum
intelligente Entwürfe kann dieser Anteil gering
sowie normative und konstruktive Anforderungen
und zentrale Installationsschächte für die Ver-
gehalten und der Energieverbrauch und CO² –
erläutert.
und Entsorgung eingeplant werden. Das Haus
Ausstoß im Sinne des Klimaschutzes nachhaltig
Um die aus den Vorlesungen gewonnenen
Aus etwa 20 Grundmodulen galt es unterschied-
sollte einfach wieder abgebaut und umgesetzt und
reduziert werden. Umso wichtiger ist es also,
Erkenntnisse besser zu verstehen und deren
die Module dabei einzeln oder in neuer Konfi-
dass Architekten in der Lage sind, die komplexen
praktische Anwendung zu erlernen, wurde die
guration mit wenig Aufwand wieder aufgebaut
Zusammenhänge zwischen äußeren klimatischen
Vorlesungsreihe von einem Kurzentwurf begleitet.
werden und sich so den verschiedenen Orten
Einflüssen, der Bauphysik der Gebäudehülle und
In diesem wurden Schritt für Schritt die einzelnen
anpassen können.
dem Einsatz effizienter Gebäudetechnik zu verste-
Aspekte der Gebäudehülle und des technischen
hen und eigene Vorstellungen zum technischen
Ausbaus umgesetzt.
Ausbau entwickeln zu können. Denn nur das Wis-
Auf der Basis eines 20-Fuß-Containers von etwa
Im Laufe des Semesters wurden von den Studierenden am konkreten Entwurf die Gebäudehülle konstruiert, die Qualität der Bauteile ermittelt, die
sen um das energetische Gebäudeverhalten und
2,45m x 6,10m und einer Höhe von 2,60m sollte
Entwässerung geplant, die Sanitärzelle detailliert
die technischen Möglichkeiten befähigen zu einer
eine minimale Wohneinheit entwickelt werden, die
und die Elektroinstallation vorgesehen. ■
60
STUDENTISCHES WOHNEN
Modellfotos
AVILA DIETRICH + HANNA KOSCHE // BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // Sonja Tinney // 6. Semester
A
uf der Basis eines Containers wurden zwei unterschiedliche minimale Wohneinheiten
mit flexiblen Nutzungsmöglichkeiten entwickelt, die sich paarweise auf vier Geschossen um einen offenen Treppenaufgang gruppieren. Auf engstem Raum beinhalten die Wohnmodule alle erforderlichen Bereiche zum Wohnen und Arbeiten: Neben einem kleinen Duschbad und einer Kochgelegenheit mit verschiebbarem Essplatz, lässt sich am Die gesamte Leitungsführung der
Abend beispielsweise der Schreibtisch nach oben
Elektroinstallation kann in der dafür
klappen und gibt einen großzügigen Schlafbereich
vorgesehenen Installationsebene der
frei.
Außenwände geführt werden. Neben der
Um die Containerstruktur außen ablesbar und
einfachen Installation, wird so auch der
die Module demontierbar zu erhalten, wurde für
Schutz der dahinterliegenden Dampfbrem-
die Außenbauteile Decke, Wand und Boden eine
se sichergestellt.
innenliegende Dämmung gewählt. ■
61
Perspektive
STUDENtEnWohnheim FRAUKE ALBRIG ZAHL // Modul BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // Sonja Tinney // 6. Semester Innenperspektive - Arbeitsplatz
D
ie Wohntürme bestehen aus minimalen
Wandaufbau
Wohneinheiten auf der Basis eines Containers
und werden über eine gemeinsame Treppenanlage und offene Plattformen erschlossen. Um den geringen Raum des Containers optimal auszunutzen, besteht die Ausstattung des Moduls aus beweglichen Rahmen, die mit Hilfe eines Schienensystems an der Decke ineinander geschoben werden können. So werden je nach Bedarf ein Ess- oder Arbeitsplatz, ein Schlafplatz oder ein Schrank bereitgestellt. Lediglich der hochinstallierte Sanitär- und Küchenbereich sind als feststehende Raumzelle vorgesehen. Die Container sind mit einer minimalen Dämmung auf der Innenseite ausgestattet und können bei Bedarf vor Ort zusätzlich von außen gedämmt werden. ■
Eine minimale Hinterlüftung der Containerhülle wirkt möglichen Feuchteschäden der Konstruktion entgegen. Zudem sorgt die innenliegende Hanfdämmung für eine gute FeuchtigkeitsregulieModul - Grundriss
62
rung, ein angenehmes Raumklima sowie eine hohe Schalldämmung.
STUDENtEnWohnheim ELIAS SCHLEY + MORITZ KASULKE // Modul BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // Sonja Tinney // 6. Semester
U
m eine offene, zentrale Wendeltreppe gruppieren sich zwei unterschiedliche Wohn-
modultypen in den Obergeschossen. In den Containern des Erdgeschosses sind neben dem Hausanschlussraum und Technikflächen, vor allem ausreichend Abstellmöglichkeiten für die minimierten Wohneinheiten vorgesehen. Die aufwendigen Einschnitte in den Containern für Öffnungen wurden auf ein Minimum reduziert und die tragende Struktur des Containers dadurch kaum beeinträchtigt. So sorgen vor allem eine Verglasung der Stirnseite und zusätzliche runde Fensteröffnungen für die notwendige Belichtung. Die Container sind mit einer innenliegenden Dämmung ausgestattet und ermöglichen so den einfachen Auf- und Abbau der Module mit den
Ansicht
Schnitt
Modellfoto
Grundriss
standardisierten Containerverbindungstechniken. ■
Modellfoto - Innenraum
Für die Gebäudeentwässerung sind die Fallleitungen in die innenliegenden Gebäudeecken verlegt worden. Neben dem geringeren Materialeinsatz und der einfacheren Leitungsführung, ermöglicht dies vor allem einen besseren Zugang für die Wartung.
63
Wie wäre ein Leben in Freiheit? Bachelorarbeit Florian Komescher // Bachelorarbeit // Prof. Swen Geiss + Prof. Nikolaus von Kaisenberg // 8. Semester // FrühjahrsSemester 2013
A
uf insgesamt 55 Hektar Land am unteren Niederrhein liegt eine Siedlung. Hier lebt eine Gemeinschaft, die selbstverantwortlich
fähig ist, ihr Leben zu organisieren und bereit ist dieses genügsam zu führen. Ihre Mitglieder messen ein erfülltes Leben an der Möglichkeit, es mit Menschen zu teilen, die sich für dasselbe Ideal begeistern und für dieses gemeinsam arbeiten wollen. Dies ist ihre Vorstellung von einem Leben in Freiheit. Freiheit ist für sie ein bestimmter idealer Zustand, ihrem Willen entsprechend handeln zu können, frei von Unterdrückung. Ihre Freiheit ist es, für dieses Ziel eine Gemeinschaft zu gründen.
» Des Menschen Wille, das ist sein Glück. « Friedrich Schiller
Die 150 Siedler haben sich organisiert. Sie sind durch ihren Zusammenschluss in der Lage, eine Aufgabenteilung vorzunehmen. Alle Mitglieder sind ihren Qualitäten und Qualifikationen entsprechend in gebildeten Arbeitsgemeinschaften organisiert, welche bis zur Erfüllung der notwendigen Aufgaben bestehen, die das Leben mit sich bringt. So ergeben sich beispielsweise Arbeitsgemeinschaften für Landwirtschaft, Bau, Energieversorgung, Maschinenbau und andere, in denen zusammen gearbeitet wird. Zugegeben, dieser Ort wurde noch nicht geschaffen. Es liegt jedoch ein Entwurf für diesen vor. Er ist das Ergebnis der Bachelorarbeit „Freies Siedlungssystem – vom Gehalt zur Gestalt“ mit dessen Hilfe es möglich sein soll, eine solche Siedlung zu entwickeln. Am Beispiel von Fridorf hat das erarbeitete Siedlungssystem eine erste Planung erfahren; sie spiegelt den gewählten Ethos sowie den ästhetischen Willen des Formgebers als auch die ortsspezifische Problematik in seiner Gestalt wider.
64
Organigramm zum Siedlungsaufbau
» 150 ist die Anzahl an Menschen, mit denen eine Person eine auf Vertrauen und Verpflichtungen basierende Beziehung führen kann. « Prof. Robin Dunbar Institute of Cognitive and Evolutionary Anthropology University of Oxford
Im Verlauf der Bachelorarbeit wurde in acht unterschiedlichen Kapiteln ein System erarbeitet, das so beschaffen ist, dass es (ganz wie das Leben selbst) fähig ist, sich an verschiedenste Kontexte anzupassen. Diese Eigenschaft ist notwendig, da der Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie sowie das Vorkommen von Ressourcen je nach Ort variiert. Neben umfangreichen Voruntersuchungen der Teilgebiete von Gesellschaft, Ökologie und Ökonomie konnte eine Sozialraumanalyse in der intentionalen Gemeinschaft Schloss Tempelhof vorgenommen werden. In interdisziplinärer Kooperation konnte zudem aus wirtschaftlicher Perspektive eine ergänzende, umfangreiche Thesis über theoretische Ansätze für die Organisation innerhalb einer Siedlung wie Fridorf aufgestellt werden. Weiterhin konnte der Schlüsselbegriff der Suffizienz identifiziert, untersucht und den Planungsarbeiten zugrunde gelegt werden. Das Ergebnis dieser Arbeit ist das freie Siedlungssystem in Form eines Modells für die Siedlung Fridorf. Der Gehalt, aus dem die Gestalt entspringt, ist der entscheidende Punkt. Er stellt die Aufgabe, bildet die Gemeinschaft und durch ihn begründet sich infolge das Leben. Bevor man sich entscheidet, ein Leben in Gemeinschaft zu führen, muss sich jeder Mensch über seinen persönlichen Maßstab, der seinen Willen bestimmt, Klarheit verschaffen und diesen benennen. Dies spiegelt wohl eine der ältesten Fragen der Menschheit wider: Welchen Sinn hat mein Leben? Das Vorhaben, ein freies Leben mit diesem Siedlungssystem zu ermöglichen, hat begonnen. Es wird sich zeigen müssen, ob sich die Idee durch entschlossene Menschen verwirklicht. Gefordert sind die Bereitschaft und der Wille, einen neuen Weg zu gehen. Denn was bleibt, ist die Idee der Freiheit. ■
Modellfoto
65
Aula – Carl-humann-Gymnasium, essen-steele Bachelorarbeit Dominique BUchmaier // Bachelorarbeit // Prof. benedikt Stahl + Prof. swen geiss // 8. Semester
A
nlass Die Schuldirektorin des Carl-HumannGymnasiums in Essen-Steele wünscht sich
für ihre Schüler eine Aula. Die Schule verfügt momentan über keine Aula, beziehungsweise über einen Raum in entsprechender Größe. Die Aula wird für Konzerte, Theateraufführungen, Verlei-
Carl-Humann-Gymnasium 1904
Carl-Humann-Gymnasium 2013
hung der Zeugnisse sowie Ansprachen jeglicher Art benötigt. Aufgabe Der Bedarf einer Aula für das CarlHumann-Gymnasium ist offensichtlich. Einhergehend mit der Planung einer Aula, wird der Bestand umstrukturiert. In diesem Zuge werden verschiedene Möglichkeiten des baulichen Entwurfs und der baulichen Veränderungen entwickelt und geprüft. Die Aula sollte funktional, technisch und baukünstlerisch überzeugen, besonders im Zusammenspiel mit dem denkmalgeschützten Hauptteil und dem Anbau aus den 60er Jahren. Im Hinblick auf die zukünftige Nutzung soll eine Identifikation mit dem Gebäude und dem neu geschaffenen Ensemble entstehen.
66
Historisches Eingangsportal
Denkmalgeschützter Schulbau + Anbau aus den 60er Jahren
Essen-Steele Essen-Steele ist seit 1578 eine Stadt im Ruhrgebiet. Seit 1929 ist Steele ein Stadtteil im Osten von Essen. Im Süden grenzt Steele an die Ruhr. In den späten 60er, frühen 70er Jahren wurde in Steele eine der größten Umstrukturierungsmaßnahmen der Bundesrepublik Deutschland vollzogen. Das Carl-Humann-Gymnasium liegt westlich des Ortszentrums und geht auf die Gründung einer Lateinschule durch Vikar Leo Hertiger um das Jahr 1700 zurück. Im Jahr 1904 bezogen die Schüler das neu geplante Gymnasium von Architekt Otto Müller. In den 60er Jahren wurden der Flügel mit der Direktorenwohnung und die Turnhalle für die Erweiterung der Schule abgerissen. Das Carl-Humann-Gymnasium ist ein achtjähriges Gymnasium mit 900 Schülern und 70 Lehrern. Die Klassen fünf und sechs sind in einem eigenen Gebäude untergebracht, die weiteren Klassen werden im Hauptgebäude am Laurentiusweg unterrichtet.
Stadtteil Essen-Steele mit den zwei Standorten des Gymnasiums
Luftbild des Carl-Humann-Gymnasiums
Schulversammlung
Vorträge
Proben
Feste
Konzerte
Herz der Schule
Ausstellungen
Theateraufführungen
Verleihung der Abiturzeugnisse
Ort der Begegnung Eine Aula kann Mittelpunkt
Verbindung Das besondere Potenzial einer Aula stellt die mögliche
des Austauschs werden, an dem sich die ganze
Verschränkung von Öffentlichkeit und Unterrichtsbetrieb dar.
Schulgemeinde versammelt. Dieser Ort muss ganz
Die Schule kann als Teil einer Bildungslandschaft ihre räumlichen
unterschiedlichen Nutzergruppen, Veranstal-
Ressourcen in Teilen für das kommunale Umfeld öffnen. Zwischen
tungstypen und Anforderungen gerecht werden.
schulischen und außerschulischen Bildungsorten kann eine institu-
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den folgenden
tionalisierte Verbindung entstehen, wodurch eine zusätzliche Ein-
Punkten: Licht, Akkustik, Lager, Erschließung,
nahmequelle und die Einbindung der Schule in die Nachbarschaft
Bühne, Bestuhlung, Brandschutz, Fluchtwege,
entsteht. Dieser kulturelle und soziale Ort hat die Möglichkeit zu
Belüftung, Material, Verbindung zum Bestand.
einem integralen Teil der Stadt heranzuwachsen.
67
40,31 21,40 40 2,31
2,34
16
40 40 2,26
34
2,34
20,62 13,03
2,99
40 40
18,49 15,80
42
40 2,28 40
40
40
40
9
3,615
11,5
2 9,20
28,8
10,00
9,20
24 4,60 24 2,75 24
40
40
2,76
20,765
24 6,13
1,25
1,25 1,25
40 8
40
10,9
23
4,61
2,48
24
16,355
80
58,
2,24 40 4,30
8,78
6
6,0
1,20
60
3
2,56
24
11,2 0
0
3,0
6,9
00
30,
24
40
2,55
22
24 40
8
10,9
9
8
1,25
Grundriss EG
4,73
10,5
2,55
2,12
2,40
10,5
40 40
40 1,25
Grundriss OG
Ansicht Nord
Schnitt A-A
Ansicht S端d
Schnitt B-B
68
Turnhalle
aße Hertigerstr
Graffweg
Hain Aula rm
ntu
oh -, W
ul
Sch
Schulhof
Schulpark
Schulanbau
schütztes Denkmalge de Schulgebäu
Laurentiusweg
Lageplan
Bestand Die bestehenden Gebäude des Gymnasi-
und das benachbarte Grundstück erschlossen
ums formen ein U, das sich aus einem denkmalge-
werden. Das Nachbargrundstück liegt eine Ge-
schützen Bau, einem Erweiterungsanbau aus den
schossebene höher als das Schulhofniveau, wo ein
60er Jahren und einer Sporthalle zusammensetzt.
Platanendach die Verbindung zwischen den zwei
Die Schule hat das westliche Nachbargrundstück,
neu geplanten Gebäuden darstellt. Das rechteckige
das einen schönen Baumbestand aufweist, als
Gebäude, welches sich parallel zur Straße stellt, ist
zusätzlichen Schulhof gepachtet.
sieben Geschosse hoch. Diese außergewöhnliche
Entwurf Der zweite Standort des Gymnasiums
Geschossigkeit in einem Wohngebiet beruht auf
wird in diesem Entwurf aufgegeben, da ein Ort
dem bestehenden Bebauungsplan, der eine Acht-
der Identifikation für Schüler und Lehrer geschaf-
geschossigkeit auf diesem Grundstück aufweisst.
fen werden soll. Der bestehende Schulhof hatte
In diesem Turm befinden sich in den unteren vier
durch die offene Seite im Norden keinen Hofcha-
Geschossen acht Klassenräume und in den oberen
rakter. Mit dem Aulagebäude wird der Schulhof
Geschossen Wohnungen um einerseits an das
nördlich zur Straße hin geschlossen, wobei das
alte Bild der Direktorenwohnungen an Schulen
Gebäude im Bereich der Zuwegung aufgeständert
anzuknüpfen und andererseits um eine mögliche
ist und durch Hängematten bespielt wird. Im EG
Finanzierungstrategie aufzuzeigen.
befindet sich eine Mensa mit Café, von wo aus über Treppen das OG mit der Empore, die Aula
Die Arbeit wurde mit dem BDA Masters 2013 ausgezeichnet. ■
69
70
Master Projekte
Gemeinschaftlich Wohnen Text: Prof. Brigitte Scholz // MA 2.1 Gemeinschaftlich Wohnen // Herbstsemester 2013/14
G
emeinschaftlich Wohnen ist kein neues Phä-
Berlin-Oranienburg, in der Natur Heilung finden auf dem „Monte
nomen, aber eines, das sich ständig wandelt.
Verita“ oder eine Küche für alle als politisches Manifest zur Be-
Deshalb wollten wir in diesem Seminar genau
freiung der Frau von der Hausarbeit. Und diese Polarität zwischen
hinschauen: auf die Wurzeln des gemeinschaftli-
pragmatischen und Sehnsuchtsprojekten setzt sich bis heute fort:
chen Wohnens, auf die Rolle(n) der Architekten
Hier der Wunsch, preiswert gemeinsam Eigentum zu bilden, dort
und auf die Unterstützung durch die Kommunen,
der Wunsch nach einer autofreien Siedlung oder dem gemeinsamen
in denen diese Projekte realisiert werden; und
Leben von jung und alt.
natürlich auch auf die Architektur selbst. Zwei
Und so unterschiedlich wie die Motive sind auch die Rechtsfor-
Hausbesuche in Köln und Bonn gaben uns einen
men der Gemeinschaft. In Köln-Sülz haben wir das Modell einer
lebendigen Einblick in realisierte Projekte, und
Baugruppe kennengelernt, die als GbR geplant und gebaut hat und
bei dem Verein „Neues Wohnen im Alter“ in Köln
heute als Wohnungseigentümergemeinschaft lebt. Die Wahlver-
und der Kontaktstelle „Innovative Wohnformen“
wandschaften in Bonn haben sich als Verein organisiert und mit
der Stadt Bonn konnten wir die unterschiedlichen
einem Investor gebaut, bei dem sie heute in Eigentum und als
Aufgaben der Beratungsstellen kennenlernen. Ei-
Mieter leben. Das Modell der Genossenschaft findet sich im Projekt
nen anderen Blick hinter die Kulissen ermöglichte
Amaryllis bei Bonn. Die Rechtsform ist ein Bild der Gemeinschaft,
uns Pieter van der Ree, der gemeinschaftliche
ebenso wie das Gebäude selbst und hat – wie das Gebäude – Rück-
Wohnprojekte nicht nur geplant hat, sondern
wirkungen auf das Leben in der Gemeinschaft.
heute auch in einem lebt.
Für Architekten ist eine Baugruppe eine besondere Herausforde-
In der Geschichte finden sich verschiedene
rung: Nicht nur ein Bauherr mit seinen individuellen Ansprüchen,
Linien als Vorläufer der heutigen Projekte. Eine
sondern viele Bauherren mit unterschiedlichsten Vorstellungen
über hundertjährige Tradition hat das genossen-
wollen ihr persönliches „Paradies auf Erden“ realisieren und müssen
schaftliche Bauen. Hier löst sich das Gegenüber
unter ein Dach gebracht werden. Ist das Projektprofil definiert und
von Vermieter und Mieter auf: Die Mieter sind
hat sich eine Kerngruppe gefunden, muss auch noch das Grund-
dank ihrer Genossenschaftsanteile quasi ihr
stück zu den Vorstellungen und zum Geldbeutel passen. Neben
eigener Vermieter und können Wohnraum schnell
dem klassischen planenden und bauenden Architekten bedarf es
und günstig erstellen. Auch Utopien sind Treiber
eines Rechtsberaters, der sich in den juristischen Feinheiten der
gemeinschaftlicher Projekte: vegetarisch wirt-
Trägermodelle auskennt und einen Finanzberater, der individu-
schaften und leben in der Obstbaukolonie Eden in
ell die Finanzierungsmöglichkeiten prüft. Und es wird jemand
DER TÜBINGER WEG: STADTENTWICKLUNG VON UNTEN Baugemeinschaften als integraler Teil der Stadtentwicklung, ausgewählte Fallbeispiele aus dem Französischen Viertel (gestern), Mühlenviertel (heute) und Der Weberei (morgen) Dominique Buchmaier | MA 2.1 Grundlagen der Projektentwicklung | Prof. Brigitte Scholz
STRUKTURMODELL: WIE UNTERSTÜTZT DIE STADT BAUGEMEINSCHAFTEN?
kauft + entwickelt
PRIVATE GRUNDSTÜCKSENTWICKLER
POLITIK
FLÄCHEN + GEWERBE BRACHEN
3o % an BG Verhandlung
BAUGEMEIN SCHAFTEN
STADT TÜBINGEN
kauft + entwickelt
STADT / WIT PROJEKTENT WICKLUNG
führt Liste + informiert bei Entwicklung
Integration von Baugruppen
FLÄCHEN + GEWERBE BRACHEN
organisiert
BAUGRUPPEN INTERESSENTEN
STADTHAUS BÖRSE
BG 1 BG 2 BG 3
6 Monate Findungszeit
BG 1 BG 2 BG 3
Kauf zu Fixpreis
KAUF GRUNDSTÜCK €€€
Komission entscheidet nach Konzept
Praxis in Tübingen: Die Stadt spielt die Schüsselrolle in der Unterstützung von Baugemeinschaften (Grafik: Dominique Buchmaier).
72
Hausbesuch I bei den „Baufreunden“ auf dem ehemaligen Kinderheimgelände in Köln-Sülz, ausgezeichnet mit dem Landespreis für Architektur, Wohnungs- und Städtebau NRW 2012 (Architekten: office03, Köln).
benötigt, der die Wünsche der Gruppe moderiert
einen Baugemeinschafts-Boom erfahren hat, setzt man auf unab-
und zusammenführt – den Prozessarchitekten.
hängige Plattformen wie die „Experimentdays“ des id22 und weitere
Und weil dieser interne Abstimmungsprozess
Beratungsangebote außerhalb der Senatsverwaltung.
dauert, braucht es wiederum eine Option auf das
Schön und gut, überall anders, aber wie könnte ein Idealmodell
Grundstück, damit es auf umkämpften Immo-
zur Unterstützung von Baugemeinschaften aussehen? Im Semi-
bilienmärkten nicht von einem finanzkräftigen
nar gab es Skepsis gegenüber staatlich dominierten Modellen à la
Investor weggeschnappt wird.
Hamburg oder Tübingen. Besser wäre eine unabhängige Stiftung,
Spätestens hier kommen wir zu der Frage, wie
die stabil und neutral für die Interessen der Baugemeinschaften
Städte Baugemeinschaften – und damit ist das
eintritt und trotzdem eng an die Stadt angebunden ist, die über
gesamte Spektrum des gemeinschaftlichen Bauens
Liegenschaften und Planungsrecht wichtige Zügel in der Hand hält.
gemeint – unterstützen können. Die Studieren-
Vielleicht entspricht dies auch dem Wunsch nach einer aktiven
den untersuchten die Praxis in Berlin, Hamburg,
Bürgergesellschaft, die Unterstützung von oben erhält und doch ihr
München, Tübingen und Düsseldorf sowie die
eigener Herr bleibt.
Unterstützung durch das Land Nordrhein-West-
Und mit diesen Überlegungen im Gepäck geht es nun weiter im
falen. Bei der Grundstücksfrage hat Tübingen,
Thema „Gemeinschaftlich Wohnen“. In zwei Projektarbeiten sollen
ein Pionier der Baugruppen, strikte Regeln: Bei
für das Clouthgelände in Köln und die Neue Mitte Altona konkrete
städtischen Grundstücken gibt es Fixpreise für
Konzepte und Entwürfe entstehen. Mehr darüber im nächsten mag. ■
Baugemeinschaften, private Entwickler müssen 30 % der Bauflächen an Baugruppen vergeben (zum Vergleich: in Hamburg 20 %, in Köln kein festes Kontingent). Unterstützung finden Baugemeinschaften in Tübingen in der Projektentwicklungsabteilung im Stadtplanungsamt, die berät, eine Liste für Interessenten führt und die „Stadthausbörse“ für Baugruppen organisiert. Eine vergleichbare Kontakt- und Beratungsstelle hat die Stadt Hamburg 2003 mit der „Agentur für Baugemeinschaften“ in der Behörde für Stadtentwicklung und Umweltschutz gegründet. Darüber hinaus gibt es die Lawaetz-Stiftung und Statt-Bau GmbH, die für Baugemeinschaften aktiv sind sowie ein eigenes Förderprogramm zur Schaffung von genossenschaftlichem Eigentum. In Berlin wiederum, das seit der politischen Wende quasi
Hausbesuch II bei den Wahlverwandtschaften in Bonn: Ulla
Das Idealmodell für die Unterstützung von Baugemeinschaften
Sterzenbach und Gisa Kupferschmidt geben uns einen Einblick in
im Prozess.
ihre Vereinsarbeit – und später auch in ihre Wohnungen.
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Gründerzeit 2.0 – Problemimmobilien befragen, bewerten... und dokumentieren Text: Prof. Swen Geiss // MA 4.1 Architektur I // Prof. Swen Geiss // 1. Semester // Herbstsemester 2013
K
ontext Verschiedene gründerzeitliche Altbauquartiere in Wuppertal sind seit mehreren Jahren Gegenstand öffentlicher Förderprogramme (u.a. Stadtumbau
West, Soziale Stadt) und zugleich Ort vielfältiger, privater und bürgerschaftlicher Initiativen. In diesem Umfeld wurden mehrere Sanierungsgebiete ausgewiesen und darin zahlreiche Projekte zur Freiraumaufwertung, zur Hof- und Fassadenerneuerung, zum Leerstands-Management, zur Energieberatung sowie zur Bewohner-Aktivierung realisiert. Trotzdem kommt es in der vergleichsweise kleinteiligen, heterogenen Eigentumsstruktur eher selten zu substantiellen (baulichen) Investitionen. In diesem Kontext finden sich auch sogenannte „Problem-Immobilien“, d.h. Gebäude, die leer stehen und verwahrlosen. Zum Ende Ihrer Nutzungszeit weisen diese Immobilien häufig einen „negativen“ Wert mehr auf, d.h. die Abrisskosten übersteigen den Bodenwert. Projektentwickler als auch Wohnungsbaugesellschaften nehmen sich dieser kleinen Grundstücke nicht an, für private Bauherren erscheinen die damit verbunden Risiken oft nicht einschätzbar. Aufgabe + Methodik Das Modul MA 4.1 Gründerzeit 2.0 richtete den Blick auf kleinere und mittlere „Problemimmobilien“ (< 600m² NF) und zielte darauf ab, die Entwicklungspotentiale der Standorte aufzuzeigen. Dazu wurden insgesamt 14 Standorte an Hand einer gemeinsam entwickelten Systematik analysiert und dokumentiert. Aufbauend auf den darin erkennbaren Rahmenbedingungen, Einschränkungen und Begabungen der 14 Standorte erarbeiteten die Teilnehmer alternative Entwicklungsszenarien. Die im Seminar entwickelte Systematik erlaubt einen präziseren Blick auf das Phänomen „gründerzeitlicher Problemimmobilien“, andererseits einen vergleichenden Blick auf die einzelnen Standorte. In Ergänzung mit den freien, aus Standort / Kontext abgeleiteten Entwicklungsszenarien ergeben sich vorläufig folgende Erkenntnisse / Kernaussagen des Projekts inhaltlich-strategisch • Die betrachteten Standorte verfügen über unterschiedlichen „Begabungen“. Diese sind i.d.R. eine Mischung aus hard facts (z.B. Baurecht / (Micro-)Lage) und soft facts (z.B. Atmosphäre, Nachbarschaft) • Entwicklungsszenarien sollten diese unterschiedlichen „Begabungen“ nutzen. • Häufig erscheinen Straße / Nachbarschaft als der anzustrebende Projektentwicklungsraum. • Problemimmobilien könnten Projektionsfläche für neue Nutzungen in der Stadt sein, (fehlende Wohnungsangebote / nachbarschaftliche Einrichtungen / Projekte der Energiewende / Organisation des ruhenden Verkehrs) • Spezifische neue Nutzungen und deren bauliche Umsetzung können den Kontext anreichern / differenzieren. methodisch-planerisch • Eine Betrachtung über die einzelne Parzelle/ Grundstück hinaus erscheint dringend erforderlich. • Wechselwirkungen von Kontext und Projektentwicklung sind zu reflektieren und zu kultivieren. • Entwicklungsszenarien sind „ergebnisoffen“ zu erarbeiten und ggf. an mehreren Standorten zu prüfen. Sie sollten folgende Aspekte / Teilleistungen beinhalten: Beschreibung potentieller Nutzer(gruppen), Skizze einer „baulichen“ Lösung, Assoziationsbild / „Image“ des Szenarios, wirtschaftliche Abwägungen, Ansätze eines Träger- + Betreibermodells • Projektentwicklungen sind am Mehrwert für die Nachbarschaft zu messen / zu beurteilen ■
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75
76
kistenweise Text: Prof. Dr. Florian Kluge // ma 3.1 Projektstudium und Forschungsforum // Frühjahrssemester 2013 eine künstlerische Intervention im
zwischen historischer Bausubstanz der Innenstadt
gen und alle Phasen aktiv gestalten. Dies umfasste
öffentlichen Raum
und dem ungewohnten Baumaterial. Zunächst
nicht nur die eigenständige Entwicklung der Ent-
ergriffen die Kisten teppichartig Besitz vom Platz
würfe, sondern auch die Auswahl im Juryverfah-
16 Studierende und 2 Professoren des Fachbe-
und veränderten dadurch Wege, weckten Auf-
ren, die Genehmigungsphase, die detaillierte Pla-
reichs Architektur haben vom 23. bis 25. Mai mit
merksamkeit und ließen ein neues Raumgefüge
nung, die Realisierung, die Nutzung bis hin zum
Hilfe von 1.500 Bierkisten und 40.000 Kabelbin-
entstehen. In der Folge kumulierten die Kisten in
gemeinsamen Rückbau des Kubus. Damit wurden
dern auf dem Paderborner Franz-Stock-Platz eine
der Platzmitte und ließen die Skulptur langsam in
die zentralen Inhalte des Masterstudiengangs
dynamische, begehbare Skulptur entstehen lassen.
die Höhe wachsen. Zum Ende verdichtete sich die
Prozessarchitektur aufgegriffen, in dessen Fokus
Skulptur zu einem begehbaren, schwarzen Kubus,
die Themen des gesellschaftlichen, ökonomischen
Professor für Projektmanagement und Willem-Jan
dessen Architektur die Paderborner Bürger dazu
und ökologischen Wandels und die damit verbun-
Beeren, Professor für Architektur und Kunst im
einlud, sich mit ihm und seiner gebauten Umge-
denen (planerischen) Herausforderungen stehen.
Dialog entwickelten Studenten des Fachbereichs
bung auseinanderzusetzen.
Schwerpunkte des Studiums sind die Lehrgebiete
Unter der Leitung von Dr. Florian Kluge,
Architektur der Alanus Hochschule Ideen, die
Dank des immensen Einsatzes der Studieren-
gemeinschaftsorientierte Projektentwicklung,
das Thema Baukultur aufgriffen und baulich
den wurde die Aktion trotz des widrigen Wetters
Projektmanagement sowie ressourcenoptimierte
umsetzten. Im Wettbewerbsverfahren ausgewählt,
ein großer Erfolg. Es entstand nicht nur ein ein-
Architektur und Stadtplanung.
durchgearbeitet und schließlich realisiert wurde
drucksvolles Objekt, sondern es gelang auch, den
das Konzept der Studentin Christine Lang.
Dialog mit vielen Bürgern zu eröffnen. Obwohl
tiert und dokumentiert sowie vom WDR-Fernse-
Die Aktion wurde intensiv in der Presse disku-
Vor Ort zu beobachten war ein dynamischer
die Aktion abseits der stark frequentierten Berei-
hen begleitet. Sie wurde durchgeführt im Auftrag
Bauprozess, in dessen Verlauf 1.500 Bierkisten
che der Fußgängerzone realisiert werden musste,
der Stadt Paderborn im Rahmen des Projektes
über mehrere Etappen zu einem 4,50 m hohen
fanden zahlreiche Paderborner den Weg zum
„Baukultur in der Praxis“, gefördert durch das
schwarzen Kubus geformt wurden, der nachts
Franz-Stock-Platz und ließen sich das Werk und
Programm „Experimenteller Wohnungs- und
sogar illuminiert war.
seinen Bezug zum Thema Baukultur erläutern.
Städtebau (ExWoSt) des Bundesinstituts für Bau-,
Die künstlerische Intervention entstand in drei Phasen und thematisierte geschickt den Kontrast
Auch die Studierenden waren begeistert: Sie konnten das Projekt von der ersten Idee an verfol-
Stadt- und Raumforschung (BBSR) sowie mit Unterstützung der Paderborner Brauerei. ■
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Weggestaltung als Werkgestaltung Matthias Killge // Masterthesis // Prof. Nikolaus von Kaisenberg + Prof. HanNsjörg Ahrens
D
ie Masterthesis „Weggestaltung als Werkgestaltung“ befasst sich
Wahrnehmungen und Ideen bzw. Begriffe in Bezug auf Schönheit in
mit den Zusammenhängen von: Bauherren-Projektentwicklung
der Architektur vorhanden sind. Sehr wohl gibt es Begriffe und Ide-
(I. Hierarchieebene), Architektur, Städtebau und Baudurchfüh-
en für das Thema der Projektentwicklung, das Projektmanagement
rung (II. Hierarchieebene), den Anforderungen der Nutzung, den
und den rechtlichen Rahmenbedingungen, für Immobilienökono-
Bedürfnissen (III. Hierarchieebene) welche im Projektteam mit der
mie und Nutzerbedarfsanforderungen, für Ressourcenoptimierung,
Projektsteuerung (IV.) zum „Wesen eines Projektes” (V.) gebildet
jedoch muss man sich die Wahrnehmungen und Ideen, die einem
und geformt werden durch die Beteiligten im „sozialen Projektorga-
in dem Unbekannten der neuen Formen eines künstlerischen
nismus”. Es werden dabei die Wege beobachtet, auf denen ein Werk
Architekturentwurfs entgegentreten erst erlebbar machen. Ohne
entsteht durch die „Prozesse zwischen den Projektbeteiligten”, in
Wahrnehmung und Idee, welche im Erkenntnisprozess über den
den „Form-Bildeprozessen” der Architektur und in den „Erkennt-
Form-Bildungs-Prozess erarbeitet werden, haben Bauherren, Nutzer
nisprozessen” der individuellen Persönlichkeiten.
und Architekten, die einem „fertigen” Werk gegenüberstehen, ei-
Prolog: Rathaus PlaueN Im Ausgangspunkt wird am Beispiel eines
gentlich keine ausreichenden Grundlagen der Erfahrung, auf der sie
Wettbewerbs für den Neubau des Rathauses in Plauen gezeigt,
entscheiden können und sie wissen dann auch nicht, wofür sie sich
wie sich Bauherren und die Nutzer heute für eine Architektur mit
entscheiden wollen, wenn es um das Schöne in der Architektur geht.
ästhetischem „Null–Charakter” entscheiden weil eigentlich keine
78
Erkenntnistheoretische Grundlagen Auf der
werden Ideen wie Wahrnehmungen beobach-
• Triebfedern – im Projekt, sind Anforderungen
Grundlage der Erfahrung, durch Beobachtung
tet. Ich beobachte, wie mein Denken erlebt an,
und Bedürfnisse, welche ein dauerhaftes Ziel einer
und Denken und in der Beobachtung des Den-
zwischen und im Wesen der Idee. Ich habe einen
Handlung bestimmen. Im tatsächlichen Bedarf
kens gewinnt das tätige Selbst-Bewusstsein der
festen Standpunkt gewonnen in der Beobachtung
der Nutzung (im Nutzerbedarfsprogramm, den
individuellen Persönlichkeit seine Erkenntnisse.
des Denkens, weil ich es bin, der die denkende
rechtlichen Anforderungen, Herausforderungen
Die Wahrnehmungen treten durch die Beobach-
Tätigkeit erst selbst hervorbringen musste, sie
der Zeit, Material-Wesenseigenschaften) liegen
tung ins individuelle Bewusstsein als eine Hälfte
aber dafür voll und klar durchschauen kann, weil
treibende Kräfte eines Projektes, welche in der
der Wirklichkeit. Durch das Denken werden die
ich meine eigene Tätigkeit beobachte. Das Denken
Liebe zur Handlung und im Bewusstsein fremden
den Wahrnehmungen innewohnenden ideellen
taucht in die Wahrnehmungen ein (Intuition) und
Wollens ins Licht der Motive gehoben werden,
Gesetzmäßigkeiten als Begriff oder Ideenprinzip
wird in einem zweiten Schritt beobachtet. Für
durch Form-Bildekräfte.
hinzugefügt – die zweite Hälfte der Wirklichkeit.
das intuitive Denken ist die Wahrnehmung der
• Durch die charakterlogische Anlage – der im
In der Erkenntnis des tätigen Selbst-Bewusstseins
Idee eine Beobachtung und hat somit Wirklich-
Projekt beteiligten Persönlichkeiten werden in
schließen sich Wahrnehmung und Idee zur
keitscharakter, weil Wahrnehmung und Idee
individueller Weise diese oder jenen Ideen als
Wirklichkeit zusammen. Zwar besteht das Band
zusammen auftreten.
Motive bestimmt, diese oder jene Triebfedern
zwischen Wahrnehmung und dazugehöriger
In der Masterthesis wird mit den Ideen und Be-
werden auf individuelle Weise behandelt, was
Idee in der Natur immer, doch treten für unsere
griffen gearbeitet, welche in der Beobachtung von
dann zu den Entscheidungen, Entschlüssen und
menschliche Organisation Wahrnehmung und
Willens-Handlungs-Prozessen, der „Philosophie
Handlungen im Projekt führt. Auch die Formen
Idee getrennt in unser Bewusstsein ein. Unser
der Freiheit” von Rudolf Steiner gebildet wurden.
der Architektur werden durch die charakterlichen
Denken stellt dann den Zusammenhang her –
• Motiv – das sind Ideen, Begriffe oder Vor-
Anlagen im Projekt und bei den verantwortlichen
im Erkenntnisprozess! Nur Wahrnehmung hat
stellungen, welche das augenblickliche Ziel der
Persönlichkeiten geprägt, indem sie aus Vorlieben
keine Wirklichkeit, weil ihr die Gesetzmäßigkeit
Handlung bestimmen. Sie werden zunächst durch
oder Abneigungen, Interesse oder Desinteresse,
fehlt. Idee oder Begriff für sich haben auch keine
die Bauherren in der Projektentwicklung, im
persönlichen Fähigkeiten oder Unfähigkeiten für
Wirklichkeit, weil die beobachtbare Wahrneh-
Projektmanagement – rechtlichen Zielen, in der
oder gegen bestimmte Ideen / Form-Bildekräfte
mung nicht vorhanden ist. In der Beobachtung
Immobilien-Ökonomie, in der Ressourcenopti-
oder Form-Stile / Materialien und deren Behand-
des Denkens durch das tätige Selbst-Bewusstsein
mierung bestimmt, aus Freiheit.
lung entscheiden, aus ihrer moralischen Fantasie.
79
Architekturbegriffe in Bildform Ich habe versucht, Beobachtungen und Begriffe aus Prozessen der Projektentwicklung, der Nutzeranforderungen, der allgemeinen Architektur und der Leistungsphasen der HOAI in Bildform darzustellen. Die Bildtafeln sollen Bauherren, Nutzern und Architekten helfen, gemeinsame Bilder im Projekt zu entwickeln, aus der verwirrenden Vielfalt von Begriffen und Wahrnehmungen. Im Bild erhält jeder Begriff, jede Idee den entsprechenden Ort und Bedeutung im Verhältnis untereinander aber auch zum Ganzen. Die Idee wird als „Wahrnehmung” beobachtbar in einem imaginativen Bildzusammenhang. Das Projektteam Im Teil B der Masterthesis wurden Ideen zum Projektteam entwickelt, auf Grundlage meiner Erfahrungen als Architekt und mit den Begriffen des Studienganges „Prozessarchitektur” (Projektentwicklung / Projektmanagementrechtliche Grundlagen / Immobilienökonomie / Ressourcenoptimierung). Schließlich bildet sich jede Projektentwicklung nur durch die tatsächliche Zusammenarbeit der Akteure des sozialen Projekt Organismus. Mit der Zusammensetzung des Projektteams (Bauherr / Architekt / Nutzervertreter / Projektsteuerung), der Aufgabenbeschreibung und Rollenverteilungen im Team und unter der Berücksichtigung der individuellen charakterlichen Anlagen der Beteiligten versuche ich, Idee und Wirklichkeit des Projektteams zu formen. Wie eine Spiel- und Rollenbeschreibung zur Inszenierung eines Stückes ist die Beschreibung des Projektteams gehalten. Wichtig war mir die Idee des „Wesens eines Projektes” zu beschreiben. Dieses Wesen sollte bewusst und aktiv geschaffen, geformt und seinem Charakter nach geprüft werden durch die Verantwortlichen des Projektteams. Das Wesenhafte ist es, was einer chaotisch-wilden oder normativ-nüchternen Zusammenfügung von Ideen, Formen und Materialien einen individuellen und einheitlichen Charakter gibt. Jede Projektentwicklung, jede Architektur, jeder Gebäudebetrieb schafft sich ein „Image”, welches wahrgenommen und charakterisiert werden kann. Dieses Image bildet sich aus den Zusammenhängen, welche einem Projekt als Motive, Triebfedern und dem Charakter der Form-Bildkräfte nach innewohnen. Wird das Image nicht bewusst beobachtet, gedacht und geformt, entsteht es „irgendwie” und man muss am Ende mit dem leben, was man sich geschaffen hat. Workshop ProjektteaM Im Teil C wird ein Workshop entworfen, in dem Bauherren und Nutzer zusammen mit der Projektsteuerung (I.) die Ziel-Motive der Projektentwicklung erarbeiten, (II.) die charakterlichen Anlagen des Projekts und der verantwortlichen Persönlichkeiten herausfinden und (III.) die Anforderungen und das tatsächliche Nutzer-Bedarfsprogramm als die Triebfedern im Projekt ermitteln. Im Workshop konstituiert sich das Projektteam (IV.) aus Bauherren, Architekt, Nutzervertreter und Projektsteuerung. In der Zusammenarbeit des Projektteams entsteht und entwickelt sich das Wesen des Projekts (V.), was dann als „Image” des Projekts beobachtet und gedacht wird. Im Aufbau und der Struktur des Workshops werden die Themenfelder der Projektentwicklung in eine räumliche Aufstellung gebracht und so sichtbar gemacht. Dies hat zum Ziel, dass die Verantwortlichen und Beteiligten räumlich beobachten können, welche Themenfelder sie schon bearbeitet haben, wo Defizite vorliegen oder welche Themen noch überhaupt nicht bearbeitet wurden (und unter Umständen das Projekt einseitig wird). Gesetzmäßigkeiten zwischen Themenfeldern sind in der räumlichen Anordnung beobachtbar und können in ihren Beziehungen untereinander gedacht werden.
80
In einem zeitlich abgegrenzten und überschaubaren Rahmen, durch gezielt angeleitete und improvisierte Workshops durch sechs Arbeitsrunden mit konkreten Ergebniszielen soll mit Bauherren, Nutzern und der Projektsteuerung das Projekt gemeinschaftlich entwickelt werden. Bauherren und Nutzer sind wie die zwei Seiten einer Medaille, unendlich weit voneinander entfernt, sich nie sehend und doch Teil eines gemeinsamen Ganzen. Die Motive der Bauherren befinden sich in Abhängigkeit von den Anforderungen der Nutzer; die Bedürfnisse der Nutzung, der Mitarbeiter können nur durch die richtige Bestimmung der Ziel-Motive erreicht werden. In diesem Sinn können Bauherren und Nutzer auch gleich zu Beginn richtig miteinander zusammenarbeiten. Die Unkenntnis der Einen über tatsächliche Abläufe und Bedarf und erhöhte Forderungen bzw. Blockaden der Anderen gleichen sich somit schon am Anfang einander an. Arbeitsrunden: (1) Untersuchung der Grundlagen, (2) Analyse, (3) Eintauchen in mögliche Projektbausteine und Motive, (4) Szenarien entwickeln, (5) Wünsche, Vorurteile, Image, (6) Prüfung der Vorsätze. Durch das Zusammenziehen vom individuellen Detail-Fachwissen der Mitarbeiter als Nutzer, das gezielte Herbeiholen von sachkundigen und verantwortlichen Abteilungsleitern bzw. der punktuelle Einsatz von externen Fachleuten können in verhältnismäßig kurzer Zeit, wesentliche Ergebnisse der Projektentwicklung erzielt werden. Verschiedene Szenarien können mit einer größeren Anzahl von Beteiligten durchgespielt werden, was sonst Wochen oder Monate in Anspruch nehmen kann. Die Ergebnisse des Workshops werden dann in klaren Aussagen formuliert: a. Als entwickelte Ziele (Motive) und Anforderungen im Nutzerbedarfsprogramm (Triebfedern). Sie haben eine individualisierte und konkrete Projektentwicklung, z.B. mit Nutzer-Bedarfs-Programm für die nächste Projektphase: (II) Architektur-Städtebau und Baudurchführung b. In Aussagen über Teilleistungen, die noch erbracht werden müssen, damit sich das Projekt gut entwickeln kann. c. Mit Aussagen zu Modifikationen der Projektentwicklung, welche unter Umständen auch längere Zeiträume benötigen. d. In der Erkenntnis, dass sich das Projekt unter den gegebenen Umständen und den anvisierten Zielen nicht sinnvoll verwirklichen läßt. Architektur erlebeN Bauherren, Nutzer und Architekten entschließen sich im Projekt zu bestimmten Raum-Ideen, Formen-formalen Stilismen und Materialauswahl und Behandlung. Diese Entschlüsse werden dann zu den stilbildenden Faktoren, welche im sogenannten „Stil der Architektur” zusammenfließen. Der Stil der Architektur wird schließlich offen einsehbar und erlebbar für die Betrachter und Nutzer eines Gebäudes. In der Stilistik zeigt sich, was Bauherren, Architekten und Nutzer während des Form-Bildungs-Prozesses gedacht, gefühlt und gewollt haben. An der Architektur kann genau das erfahren werden, was vorher in sie hineingedacht, hineingebildet wurde, als Motive, als Triebfedern und angewendete Form-Bildekräfte durch die charakterliche Anlagen als Vorlieben und Abneigungen der Persönlichkeiten. Was der Architekt im Entwurfsprozess bei der Bildung der Architekturformen durchmacht und erlebt hat, soll gemeinsame Grundlage der Erfahrung mit Bauherren und Nutzern werden. ■
81
Perspektive Kerkeler Masterthesis Maren Brixius + Benjamin Bauske // Masterthesis // Prof. dr. Florian Kluge + Prof. swen geiss Entwicklungsstrategien für eine Einfamiliensiedlung im ländlichen raum
E
inleitung Das freistehende Einfamilienhaus auf dem Land galt bisweilen als der Inbegriff
des Traumes von Selbstverwirklichung und Wohnperspektive. Zugleich diente es seinem Eigentümer als krisensichere Wertanlage mit solider Verzinsung und Rücklage für die Altersvorsorge. Vom Nachkriegsboom bis in die Gegenwart verwirklichten sich Millionen Deutsche diese Vision. Inzwischen werden die Bewohner mit ihren Häusern gemeinsam älter. Immer deutlicher zeigen sich die Folgen des demographischen Wandels: „Deutschland schrumpft, wird älter und bunter“ (Faber, Oswalt (2013), S. 17). Hinzu kommt, dass sich die Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung und die vorherrschenden Strukturen von Wohnen und Freizeit verändert haben (vgl. Wüstenrot Stiftung (Hg.) (2012), S. 7). Regional drohende Vermarktungsprobleme und teils hoher Investitionsrückstand zwingen die Eigentümer zu einem radikalen Überdenken dieser tradierten Vorstellungen. Die Stadt Billerbeck im Kreis Coesfeld liegt im westlichen Münsterland. Mit einer kreisweiten Arbeitslosenquote von 4,2 % IT.NRW (2013), und einer jährlichen Kaufkraft von über 51.000 € pro Person IT.NRW (2013), ist der Kreis Coesfeld eine der wirtschaftlich stärksten Regionen der Bundesrepublik. Dennoch steht der Kreis Coesfeld im Allgemeinen und hier die Stadt Billerbeck im Speziellen vor den gleichen Herausforderungen der Folgen von Überalterung und Energiewende wie andere Teile des Landes. Eine Prognose beschreibt den bevorstehenden Wandel: Im Jahre 2030 wird die Anzahl der Personen über 80 Lebensjahre um über 80 % gegenüber dem Jahr 2008 angestiegen sein (Bertelsmann-Stiftung (2009)). Im Rahmen der Regionale 2016, einem Strukturförderungsprogramm des Landes NordrheinWestfalen, hat die Stadt Billerbeck auf den Projektaufruf INNENleben reagiert, der sich an ländliche Kommunen im westlichen Münsterland richtet. In diesem Projekt werden Städte und
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Gemeinden dazu aufgerufen, zusammen mit Eigenheimbesitzern neuartige Herangehensweisen und Planungs-/Steuerungsinstrumente im Umgang mit alternden Einfamilienhaussiedlungen zu entwickeln. Ziel der im Februar 2013 begonnenen Masterthesis im Studiengang Prozessarchitektur ist es, mit Hilfe eines konzeptionellen Baukastens und dessen Veranschaulichung in zwei Szenarien Wege aufzuzeigen, die auf die zukünftigen Herausforderungen reagieren, um Möglichkeiten zu schaffen, auch in Zukunft qualitätsvoll in der Siedlung Kerkeler in Billerbeck leben zu können. Darauf aufbauend soll die Arbeit den Grundstein für einen von der Stadt Billerbeck und der Regionale 2016 begleiteten partizipativen Quartiersentwicklungsprozess legen. Die Masterthesis gliedert sich in vier Schritte. Im ersten Schritt wurde eine Standortanalyse in verschiedenen Betrachtungstiefen durchgeführt. Parallel konnten qualitative Befragungen von lokalen Akteuren (Stadtplanungsamt, Immobilienwirtschaft, Bewohnern) durchgeführt werden und in die Analyse einfließen. Darauf aufbauend wurden im zweiten Schritt die identifizierten Probleme und Potentiale in zukünftige Handlungsfelder überführt. Diesen konnten Bausteine u.a. aus den Bereichen neue Mobilitätskonzepte, Finanzierungsmodelle, stadträumliche Veränderung und zukünftige Nahversorgungsmodelle zugeordnet werden, mit deren Hilfe auf die zukünftigen Probleme reagiert werden kann. Im nächsten Schritt wurden zwei Szenarien entwickelt werden, die Stagnations- bzw. Schrumpfungsprozesse im Kerkeler simulieren und mit einem gezielten Herausgreifen von Bausteinen mögliche zukünftige Entwicklungswege und entsprechende Handlungsoptionen aufzeigen. Die Thesis schließt mit einer Roadmap, die den erforderlichen Prozess im Hinblick auf die zu erwartenden Herausforderungen strukturiert, indem sie mögliche Phasen und notwendige Entwicklungsschritte der nächsten Jahre skizziert. Die Abgabe der Thesis erfolgte am 26.06.2013.
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Epilog Ländliche Städte und Kommunen stehen vor großen Herausforderungen. Die älter werdende Bevölkerung und der Klimawandel werden langsam spürbar und zeigen ihre Auswirkungen vornehmlich im ländlichen Raum. Während es in den planenden Disziplinen erst wenige Ansätze für Denkmodelle gibt, ist das Problembewusstsein in der Bürgerschaft noch nicht vorhanden. Bisher gibt es weder beispielhafte Vorgehensweisen noch erprobte Lösungen. Fünf Monate haben wir uns mit der Zukunft einer Einfamilienhaussiedlung im münsterländischen Billerbeck auseinandergesetzt. Und auch unsere Arbeit liefert kein Pauschalmodell. Sie wirft vielmehr neue Fragen auf und stellt ein Puzzlestück in einer komplexen Thematik dar. Aufbauend auf die im ersten Schritt erarbeitete Analyse beschreiben die Handlungsfelder und Bausteine Maßnahmen, mit denen zukünftige Aufgaben angegangen werden können. Die zwei anschließenden Szenarien zeigen alternative Entwicklungen bis 2033 auf, die einerseits fundierten Realitätsbezug haben, andererseits spekulativ und zum Teil überspitzt dargestellt sind. Für die Umsetzung bedarf es eines strukturierten Prozesses, dessen notwendige Schritte in der Roadmap verankert sind. Erste konkrete Maßnahmen wurden ebenso wie langfristige Aufgaben Akteuren zugeordnet und in eine chronologische Reihenfolge gebracht. Um auf zukünftige Entwicklungen reagieren zu können, müssen sämtliche Maßnahmen und Schritte jedoch kontinuierlich überprüft und angepasst werden. Die erste zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand und der zu involvierenden Fachplaner besteht darin, die Aufmerksamkeit der Bewohner zu wecken und Bewusstsein für die anstehenden Problematiken zu schaffen. Zudem bedarf es neu-
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er Mittel und Wege. Bestehende Fördertöpfe (wie z.B. Stadtumbau-Förderung) müssen aktualisiert und an die zukünftigen Themen des ländlichen Raums angepasst werden. Ehrenamtliche Tätigkeiten stellen hier eine zivilgesellschaftliche Säule dar, die freiwillige Arbeit und Identifikation mit dem Ort miteinander verbindet. Ein partizipativer Planungsprozess kann das Engagement fördern und die Mitbestimmung des Einzelnen integrieren. Um das Siedlungsgebiet Kerkeler zukunftsfähig zu machen, bedarf es weiterer, im Rahmen unserer Arbeit als wesentlich identifizierter, Handlungspunkte: • Imagewandel bewirken, um neue Zielgruppen für das Wohnen im Kerkeler zu begeistern. • Flächenmanagement betreiben, um Konkurrenz zwischen Landwirtschaft und Wohngebieten auszubalancieren und Brachen zu verhindern. • Nahversorgung unterstützen und Mobilität sichern, um die Siedlung durch gute Infrastruktur wieder attraktiv zu machen. • Lebensräume schaffen, um in gewohnter Umgebung alt werden zu können. • Stadtraum verändern, um qualitative, zukunftsfähige Voraussetzungen zu schaffen. • Sanierung anregen, um das Spektrum von kleinen Maßnahmen bis hin zum autarken Quartier zu fördern. In Billerbeck ist die Stadtverwaltung seit vielen Monaten aktiv und konnte die Regionale als wichtigen Akteur für die kommenden drei Jahre gewinnen. Mit der Vorstellung unserer Ergebnisse in Billerbeck möchten wir ein weiteres Puzzlestück zur Gestaltung des partizipativen Prozesses beitragen. Auch wenn die Entwicklungsschritte der nächsten Jahre langwierig, aufwändig und nicht ohne Hürden sein werden: Kerkeler hat eine Perspektive! ■
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Erkunden, diskutieren, reden, zeichnen – und machen TEXT: PROF. BRIGITTE SCHOLZ // Forschungsforum // PROF. SWEN GEISS, PROF. DR.-ING. FLORIAN KLUGE, PROF. BRIGITTE SCHOLZ + GÄSTE
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inmal im Monat treffen sich die Studierenden
Konturierung // Burkard Dewey, De-
und Lehrenden im Master Prozessarchitektur
wey Muller (Köln)
zum gemeinsamen Forschungsforum. Im Mittel-
Auf dem Weg von einer Vision zum konkreten
punkt steht die Arbeit an den Studienprojekten,
Projekt muss die Idee klare Konturen bekommen.
die von den Studierenden im 2. bzw. 3. Semester
Am Beispiel zweier Projekte (Schulbau und
bearbeitet werden und ganz unterschiedliche
Zentrum für alternative Heilmethoden) haben wir
Themen behandeln – von der Zwischennutzung
diesen Schritt der Bedarfsplanung mit tatkräfti-
einer Kaserne über die Projektentwicklung eines
ger Unterstützung von Burkard Dewey erprobt.
Wohnhochhauses bis zu Strategien für bezahlba-
Burkard Dewey ist mit seinem Architekturbüro in
ren Wohnraum. Trotz oder gerade wegen dieser
Köln und Luxemburg tätig und hat unter anderem
Unterschiedlichkeit ist der Austausch zwischen
das Bürgerbeteiligungsverfahren für das Helios-
den Studierenden untereinander und den anderen
Gelände in Köln konzipiert und durchgeführt.
Semestern wichtig, um neben dem Schmoren im eigenen Saft, neue Würze für die Arbeit zu
WörtchenWechsel // Zwischenpräsen-
bekommen. Dabei helfen Gäste aus Forschung
tation Projekte
und Praxis, die ihre Arbeit vorstellen und bei
Die Studierenden stellten die sechs Projektar-
der gemeinsamen Produktion von Ideen und
beiten in zwei Blöcken auf Campus I und Campus II
Lösungen unterstützen. Neugierige sind im „Fofo“
vor. Der Spaziergang zwischen den beiden Orten
immer herzlich willkommen!
regte Geist und Körper und auch den Austausch untereinander an. Die Schlussdiskussion führte
Frühjahrssemester 2013 Themen + Gäste Projektstrukturplan // Uta Schneider, Regionale 2016 (Velen) Ein Projektstrukturplan gliedert das Projekt in verschiedene Aufgaben und Arbeitspakete. Dieser Überblick soll die Studierenden in die Lage versetzen, den Überblick über ihr eigenes Studienprojekt zu erhalten und während der Bearbeitung auch zu behalten. Uta Schneider als Geschäftsführerin der Regionale 2016 brachte ihren reichen Erfahrungsschatz in die Erstellung der Projektstrukturpläne ein. Die Regionale-Agentur unterstützt Kommunen, Vereine und andere Initiativen dabei, zukunftsweisende Projekte für das Münsterland auf den Weg zu bringen. Bis 2016 haben Projekte die Chance sich zu qualifizieren, und finanzielle Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen zu erhalten. Unterstützt wird beispielsweise das „Leohaus“ in Olfen als Gemeinschaftshaus oder das Naturraummanagement im „2Stromland“ zwischen Lippe, Stever und Dortmund-Ems-Kanal.
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uns in die Tiefen des Kottenforstes und endete zum Semesterabschluss mit einem Picknick.
Herbstsemester 2013 Themen + Gäste
hat Matthias Fuchs in einem Forschungsverbund im Auftrag des
Situatives Entwerfen // Dr. Hille von Seggern, Stu-
derungen in Planungswettbewerben“ (kurz: SNAP) entwickelt und
dio urbane Landschaften (Hamburg)
im Rahmen unseres Forschungsforums vorgestellt. Anhand dieser
Entwerfen ist wie Erfinden – aber wie „geht“ erfinden? Ent-
Systematik diskutierten wir, welche Kriterien bestimmend für die
werfen ist ein analytischer, aber auch ein kreativ-schöpferischer
verschiedenen Projekte sind. Dazu zählen beispielsweise Erschlie-
Vorgang, der nicht nur Kopf und Verstand braucht, sondern ebenso
ßung und Barrierefreiheit, Fragen von Raumklima und Tageslicht
Gefühl und Eingebung. Und es ist ein iterativer, offener Prozess
oder der Endenergiebedarf und die Energiebedarfsdeckung des
mit (vermeintlichen) Sackgassen und (produktiven) Umwegen.
Gebäudes.
Bundesbauministeriums eine „Systematik für Nachhaltigkeitsanfor-
Entwerfen geht Hand in Hand mit dem Verstehen: Das Verstehen des Entwurfsgegenstandes ist der Schlüssel für die Entwicklung
Social Media für Architekten // Thomas Bünten,
einer eigenständigen Idee. Hille von Seggern tauchte mit uns in
timtomtext (Aachen)
ihr Entwurfsverständnis ein und arbeitete in unserer „Ideenbörse“
Welchen Wert hat die bunte Welt der Social Media für die Prozess-
mit, in der wir gemeinsam zu konkreten Entwurfsfragestellungen
architektur? Thomas Bünten und Falk Wagner stellten verschiede-
skizzierten.
ne soziale Netzwerke wie Facebook oder Xing und ihre Einsatzmöglichkeiten für die Projektarbeit und das eigene Architekturbüro vor.
Systematik für Nachhaltigkeitsanforderungen in
Viele Partizipationsprozesse sind ergänzend zu der eher statischen
Planungswettbewerben // Dr. Matthias Fuchs, ee
Homepage auf Facebook oder mit einem Blog präsent, und auch für
concept (Darmstadt)
Hochschule oder Büro ist dieses Dialogangebot interessant. Schnell
Je früher die komplexen Anforderungen von Nachhaltigkeit in
muss dabei nicht nur das Internet, sondern auch der Informations-
Bauprojekten berücksichtigt werden, umso besser. Deshalb
fluss sein, denn nichts ist langweiliger als der Tweet von vorgestern. ■
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Masterfeier 2013
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Diplom Projekte
Das Gebäude als Akteur: »Ein schöpferisches Haus …« Julian Meissner // Diplomarbeit // Prof. Benedikt stahl + Swen geiss // 10. Semester // HerbstSemester 2013 „Das Haus (...) als Krümmung des Feldes der zwischenmenschlichen Relationen“ » Das heile Haus mit Dach, Mauer, Fenster und Tür gibt es nur noch in Märchenbüchern. Materielle und immaterielle Kabel haben es wie einen Emmentaler durchlöchert: auf dem Dach die Antenne, durch die Mauer der Telefondraht, statt Fenster das Fernsehen, und statt Tür die Garage mit dem Auto. Das heile Haus wurde zur Ruine, durch deren Risse der Wind der Kommunikation bläst. Das ist ein schäbiges Flickwerk. Eine neue Architektur, ein neues Design ist vonnöten. « Durchlöchert wie ein Emmentaler – Vilém Flusser
E
in leerstehendes Bürogebäude aus den frühen 70er Jahren in Wachtberg soll zu einer Sied-
lung in gemeinschaftlicher Verwaltung umgebaut und ergänzt werden. Besonderes Augenmerk liegt
Lageplan - Bestand
auf der Gemeinschaftsbildung und der gemeinschaftlichen Organisation. Die zukünftigen Bewohner organisieren ihren Tagesablauf dynamisch und über gemeinschaftlich genutzte Flächen sollen Synergieeffekte begünstigt werden. Das Gebäude wird im ersten Schritt von einer professionellen Firma entkernt und eine neue Fassade wird angebracht, des Weiteren werden die ergänzenden Gebäude im Rohbau in Massivholzbauweise aufgestellt. Im zweiten Schritt bauen die
Piktogramme
zukünftigen Bewohner zusammen ihre Siedlung unter Anweisung ausgebildeter Handwerker zu Ende. ■
Ideenskizze
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Grundriss EG
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Ideenskizze - Schnitt
Perspektive
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Isometrie - Planung
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drumherum Weit und Breit
Über den Raum Text: Prof. Willem-Jan Beeren // BA 6.2 Architekturtheorie // Prof. Willem-Jan Beeren // 3. Semester // Herbstsemester 2013 Obwohl der Raum das zentrale Thema der Architektur ist, ist der Begriff des Raumes nicht leicht zu erfassen:
„Wer an Architektur denkt, versteht darunter zunächst immer die Bauglieder, die Fassaden, die Säulen, die Ornamente, und doch kommt das alles nur in zweiter Linie. Das Wirksamste ist nicht die Form, sondern ihre Umkehrung, der Raum, das Leere, das sich rhythmisch zwischen den Mauern ausbreitet, von ihnen begrenzt wird, aber dessen Lebendigkeit wichtiger ist als die Mauern.“ (August Endell)
I
m Seminar zur Architekturtheorie wurden zeitgenössische Positionen über den Raum diskutiert und die Relevanz für die eigene
Entwurfsarbeit herausgearbeitet. Neben der theoretischen Auseinandersetzung mit einer Denkposition in Form eines Referates bestand die Aufgabe darin, einen 50 x 50 x 35 großen „Kopfraum“ zu gestalten, der in freier Weise auf spezifische Motive der jeweiligen Position eingehen sollte. ■
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Auswahl an Positionen zum Raum Arnheim, Rudolf Die Dynamik der architektonischen Form. Gestützt auf die 1975 an der Cooper Union in New York gehaltenen 'Mary Duke Biddle Lectures'. Köln 1980 Böhme, Gernot Atmosphären. Aisthetik. Vorlesungen über Ästhetik als allgemeine Wahrnehmungslehre. München 2001 Eisenman, Peter Visions' Unfolding: Architecture in the Age of Electronic Media / Die Entfaltung des Sehens: Architektur im Zeitalter der elektronischen Medien. in: Domus. Nr. 734, 1992 Fechner, Gustav Theodor Der Raum hat vier Dimensionen. 1875 Flusser, Vilém Räume. In: Seblatnig, Heidemarie (Hrsg.): Außenräume, Innenräume. Der Wandel des Raumbegriffs im Zeitalter der elektronischen Medien. Wien 1991 Foucault, Michel Schriften in vier Bänden. Dits et écrits. Frankfurt/Main 2003 (1984) Giedion, Sigfried Raum, Zeit, Architektur : die Entstehung einer neuen Tradition. Basel 2000 (1941) Heidegger, Martin Die Kunst und der Raum. L'art et l'espace. St. Gallen 1983 (1969) Hermann, Max Das theatralische Raumerlebnis., in: Beilagenheft zur Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft. Nr. 25, 1931 Laan, Dom Hans van der Der architektonische Raum: Fünfzehn Lektionen über die Disposition der menschlichen Behausung. 1992 (1977) Lefebvre, Henri Dessein de l'ouvrage. Die Produktion des Raums. La production de l'espace. Paris 2000 (1974) Meiss, Pierre von Vom Objekt zum Raum zum Ort. Dimensionen der Architektur. Birkhäuser Verlag 1994 Schmarsow, August Das Wesen der architektoni schen Schöpfung. Antrittsvorlesung Universität Leipzig, 08.11.1893. Leipzig 1894 Schmarsow, August Der Werth der Dimensionen im menschlichen Raumgebilde. In: Hirzel (Hrsg.): Königlich-Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften. Philologisch-Historische Klasse: Berichte über die Verhandlung. Leipzig 1896 Schroer, Markus Räume, Orte, Grenzen. Auf dem Weg zu einer Soziologie des Raumes. Suhrkamp, 2006 Sörgel, Herman Architektur-Ästhetik. Theorie der Baukunst. Berlin 1998 (1921) Steiner, Rudolf Einleitungen zu Goethes naturwissenschaftlichen Schriften zugleich eine Grundlegung der Geisteswissenschaft (Anthroposophie). Dornach/Schweiz 1987 (1897) Uexküll, Jakob, von Gedanken über die Entstehung des Raumes. In: Bausteine zu einer biologischen Weltanschauung. Gesammelte Aufsätze. München 1913
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Freihandzeichnen Text: Prof. Benedikt Stahl // ba 1.1 Raum in der Wahrnehmung // Prof. Benedikt Stahl, Prof. Willem-Jan Beeren, Ramona Wassong, Hans Günter Hofmann + Konrad Geyer // Jahrgangsübergreifend // Herbstsemester 2013
N
eben der Hauptarbeit im Modul Freihand-
skizzen zu alternativen Lösungsansätzen fort und hatten dann die
zeichnen mit Frank-Rüdiger Hildebrandt, in
Gelegenheit den beiden Gästen weiter ins Projekt einzusteigen.
dem es um das denkende Erfassen, das fühlende
Hans Günter Hofmann ist emeritierter Professor für Freihandzeich-
Abwägen und den willentlichen Impuls geht,
nen an der PBSA in Düsseldorf. Seine überaus reiche Erfahrung
gibt es am Ende des Semesters noch einmal eine
und Kenntnis der Materie, machten den Tag für alle Beteiligten zu
Zeichenwoche mit Gästen. Auf diese Weise haben
einem reichen Lernerlebnis. Sowohl die Theorie wie auch Ideen und
die Studierenden die Gelegenheit andere Herange-
Vorschläge zur praktischen Anwendung räumlicher Entwurfsskiz-
hensweisen und Methoden kennen zu lernen und
zen halfen den angehenden Entwerfern die Darstellung ihrer Ideen
individuellen Ausdrucksweisen zu begegnen. In
lesbar zu machen. Konrad Geyer ist nicht nur Architekt sondern
diesem Jahr gab es dazu als Rahmenthema einen
auch „Vollblutmaler“ und so wurde die Zeit mit ihm besonders „ter-
Stegreifentwurf für einen kleinen Gastronomie-
pentinölhaltig“. Das rocht man beinahe bis zum Johannishof und
pavillon auf dem Brüsseler Platz in Köln. Damit
am Ende waren eine Menge wunderbare prächtige und kraftvolle
wollten wir an das Projekt „Lattenbude“ aus dem
Graphitbilder zu sehen. Der bunte Strauß an Ideen, die durch das
vergangenen Sommer anschließen und wieder
beinahe ununterbrochene Zeichnen und die experimentelle Arbeit
einmal dazu beitragen, dass es am alt bekannten
entstanden, machten es schwer, gemeinsam mit den Freunden vom
Platz wohnlicher wird. Wir begannen mit Skizzen
Brüsseler Platz das passende Modell zu finden. Am besten, wir
und Aufmaßarbeiten vor Ort, setzten am nächsten
treffen uns in diesem Sommer mal dort in Köln, um selbst zu sehen,
Tag die Arbeit im Atelier mit schnellen Entwurfs-
was daraus geworden ist. ■
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Raum in Bewegung – Bewegung im Raum Text: Prof. Willem-Jan Beeren // BA 1.2 Raum in bewegung // Paul Jonas Petry, Prof. Melaine MAcDonald + Prof. Willem-Jan Beeren // jahrgangsübergreifend // Herbstsemester 2013 Was macht die Alanus Hochschule immer wieder zu einem besonderen Studienort? Die Zusammenarbeit zwischen Dozenten unterschiedlicher Disziplinen und Studierenden zu zentralen Themen von Mensch und Gesellschaft.
W
enn ein Bildhauer, eine Eurythmistin und ein Architekt einen gemeinsamen Workshop
anbieten, dann spielt „Bewegung“ die zentrale Rolle: Innere und äußere, wahrgenommene und selbst ausgeführte, gebaute und vollbrachte Bewegung in den unterschiedlichsten Facetten wurden beleuchtet, erfahren und diskutiert. In mehreren Arbeitsphasen enstand eine großflächig bewegte Rauminstallation aus Dachlatten und Pappen, die zugleich als Kulisse und Dialogpartner für tänzerisch-eurythmische Grundlagenerfahrungen bespielt, umgangen, durchkreuzt, erlaufen und ertastet wurde. Die Korrespondenz von „Raum in Bewegung“ und „Bewegung im Raum“ verdichtete sich phasenweise zu einer Simultanität der Ereignisse: Das soeben im plastisch-architektonischen Objekt verankerte Bewegungsmotiv erfasst den sich bewegenden Menschen und veranlasst ihn anschließend, dem am eigenen Leib Erlebten wieder Form zu geben im Raumobjekt. Ein Tanz beginnt zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Form und Körper – in Bewegung … ■
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sonotopia 2013 Text: Prof. Willem-Jan Beeren // BA 1.4 Raum im Kontext // Prof. Willem-Jan Beeren + Prof. Christina Kubisch // jahrgangsübergreifend // Frühjahrssemester 2013
W
ie klingt der Rhein und wie klingt die Landschaft am Rand des großen Stromes? Was ist in der Rheinlandschaft in und um
Bonn zu sehen und zu hören? Wie verhalten sich das Akustische und das Visuelle zueinander? Diese und weitere Fragen stellten sich 2013 wiederum eine Gruppe von Architekturstudenten bei „sonotopia: Klanglandschaften in Bonn“ von bonn hoeren, einem Projekt der Beethovenstiftung für Kunst und Kultur der Bundesstadt Bonn. Wie schon 2012 arbeiteten die Studenten und ihr Dozent WillemJan Beeren, Professor für Architektur und Kunst im Dialog, mit dem Bonner „Stadtklangkünstler“ zusammen. Für 2013 wurde die international bekannte Klangkünstlerin Professor Christina Kubisch berufen. Ende August fand ein einwöchiger Intensiv-Workshop mit der Stadtklangkünstlerin statt, bei dem die Studenten gemeinsam mit Kubisch eine audiovisuelle Installation erarbeiteten. Sie verarbeiteten darin Ton- und Videomaterial, die sie auf ihren Streifzügen entlang des Rheines eingefangen hatten. Unter dem Titel sonotopia: Klanglandschaften in Bonn wurde das Werk bis Ende September 2013 in Bonn im Dialograum "Kreuzung an Sankt Helena", einer Kirche an der Bornheimer Straße, ausgestellt. Zu hören und zu sehen waren an insgesamt sechs Stationen Klänge, Bilder und Geschichten vom Rhein, vom Leben am und im Fluss, von Verkehrskreuzungen, Strassenbahnen und Autofähren, von Goldfischen und Ausflugsschiffen. ■
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Dem Rot sind Newton und Goethe egal – Farbenlehre Text: Ben Beyer // Ba 1.3 Raum und Ausdruck // Ben Beyer // Jahrgangsübergreifend // Frühjahrssemester
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arbenlehre, das klingt nach Goethe versus Newton, nach Far-
nach der Möglichkeit, daraus Regeln abzuleiten.
benkreis und Theorie. In der Vorbereitung auf den Workshop
Beginnend mit einfachen Farb-Konfrontationen
mit Architekturstudenten stellte ich mir die Frage, was für mich
gingen wir über zum Entwerfen von Farbfamilien
als Maler die „Lehre von der Farbe“ eigentlich bedeutet. Löst ein
und -Akkorden. Als Abschluss-Aufgabe stand
Farbkreis in mir etwas aus, wie es ein Gemälde von De Kooning
der anspruchsvolle Versuch im Raum, zu einem
oder Rothko kann?
selbstgewählten Musikstück Entsprechungen in
Das Erleben von Farbe ist das Einzige, was mir selbst bisher
der Welt der Farbe zu finden. Geradezu nebenbei
Zugang zu den Phänomenen verschafft hat, die unter „Farbenlehre“
tauchten dabei theoretische Fragen wie die nach
zusammengefasst sind, warum also sollte es für Architekturstuden-
der Primär-, Sekundär- oder Tertiärfarbe auf,
ten anders sein?
nach verschiedenen Arten des Farbkontrastes (z.B.
So stand der Workshop von Anfang an unter dem Vorzeichen des Erlebens, und auf dieser Basis war es dann erst möglich, sich mit den Fragen zu beschäftigen, die den Kern der Theorie bilden:
Komplementär, Simultan, Hell-Dunkel), oder nach Komposition und Farbauftrag. Unterstützend für unsere Erlebnisse und meine
• Was machen Farben miteinander?
Behauptungen zog ich Beispiele aus der Kunstge-
• Was machen Farben mit mir?
schichte herbei, wie zum Beispiel Mondrian, de
Wer sollte dem Dozenten glauben, wenn dieser einfach behaup-
Kooning, Rothko oder Cy Twombly.
tet, dass ein Komplementär-Kontrast eine magische Grenze hat?
Dass dabei der Workshop von der Lehre der
Oder dass ein Rot in der Lage ist, sein Nachbar-Grau in Aufruhr
Farbe zu einem regelrechten Malerei-Crashkurs
zu versetzen? Nur der Beweis in Farbe auf dem Papier schafft hier
geriet, liegt in der Natur der Sache. Jeder der Stu-
glaubwürdige Tatsachen.
denten entwickelte seine eigene Fragestellung, sei-
Anhand von Farb-Gegenüberstellungen, Kompositionen und Experimenten versuchten wir, dem Potential und den Geheimnissen von Farben auf die Spur zu kommen. Wir suchten nach den Schnittmengen unserer subjektiven Empfindung dazu und
ne eigene Art, das Feld zu beackern, und es kann behauptet werden, dass Malerei dabei entstand. Ich danke den Teilnehmer für den Vertrauensvorschuss, die Disziplin und die Spielfreude. ■
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Symposium - Innen ist auSSen ist innen Text: Prof. Dr. Gabriele Oberreuter // ARCH ba 7.2 / 7.3 Stuge - Blockseminar // Prof. dr. Gabriele Oberreuter + Prof. Willem-jan beeren // Frühjahrssemester 2013 Das mit 90 Teilnehmern vollbesetzte
Der zweite Tag wurde mit einem kunsttheoretischen Beitrag der
Studio bot am Wochenende vom
Kunstkritikerin und Ausstellungsmacherin Noemi Smolik eröffnet.
15. – 17. März 2013 den Zuhörenden und
Sie führte zwei wesentliche Raumbegriffe der Malerei vor – den für
Miterlebenden das, was die Alanus
uns seit der Renaissance vertrauten zentralperspektivischen Blick in
Hochschule in besonderer Weise
einen statischen Raum und den quasi dynamischen Raum, bei dem
auszeichnet und bereitzustellen
die bewegte Blickführung wesentliche Kategorie ist, wie er aus der
vermag: das Zusammengehen von
Ikonenmalerei bekannt ist und im östlichen Kulturraum gepflegt
Geisteswissenschaft, Kunst, Natur-
wird. Die zeitgenössische und insbesondere außereuropäische Kunst
wissenschaft und Technik. Für dieses
greift diese Haltung wieder auf.
anregende Ineinanderwirken unter-
Andrea Klaßens Beitrag, der sich mit körperlichen und leiblichen
schiedlicher Blickwinkel bot sich
Erfahrungen befasste, schloss sich perfekt an diese Ausführungen
das Thema „innen ist auSSen ist innen“
an. Sie sprach über Körper-Haben und Leib-Sein, unsere Wahrneh-
in ausgezeichneter Weise an.
mungen und Chancen der leiblichen Bewusstwerdung. Praktische Übungen, die auf Ansätzen der Feldenkrais-Methode beruhten,
G
abriele Oberreuter eröffnete mit Willem-Jan
lenkten den Blick auf inneres Erleben und intensivierten den
Beeren das gemeinsam erarbeitete Projekt. Sie
Vortrag. Die eindrucksvolle Performance „Körper“ von Sasha Waltz
führte in einem Bilderreigen durch Schwellenräume zwischen „Innen“ und „Außen“: Mittelalterli-
präsentierte sie als Video-Zusammenfassung. Benedikt Stahl reflektierte „die Schwelle“ als ein architektonisches
che Bauformen wie das „Paradies“, das Bildthema
Urphänomen und bereicherte die Thematik mit dem baukünst-
des hortus conclusus, der Blick in die Welt aus
lerischen Aspekt. Mit Bildern führte er sowohl in zurückliegende
Fenstern als Sujet der Kunst und Beispiele aus der
Epochen wie auch in komplexe Aufgaben und Experimente des
zeitgenössischen Kunst, die das „Innen“ als eige-
heutigen Architekten. Dabei gelang ihm wie immer, die gedankliche
nen seelischen Forschungsraum begreifen, gaben
Tiefe des Argumentationsganges, mit unterhaltsamer Leichtigkeit
dem Publikum erste Denk- und Sehimpulse.
des Vortrags zu kombinieren.
Es folgten zwei Beiträge, die es vermochten,
Was nun folgte glich für Uneingeweihte und mathematisch Unbe-
selbst seelische Innenräume zu öffnen. Petra von
darfte fast einer Zaubervorstellung: die Umstülpung des Pentagon
der Lohe (Germanistin, Alfter) ließ das Audito-
dodekaeders durch Paul Schatz. Doch Tobias Langscheid schaffte
rium teilhaben an ihrer Erfahrung der beson
es didaktisch klug und vor allem durch seine Begeisterung, die wie
deren transformativen Kraft von Lyrik in selbst
ein Funke auf das Publikum übersprang, anhand einer stattlichen
durchlebten existentiellen Grenzsituationen. Ihr
Anzahl faszinierender Modelle das Prinzip anschaulich zu machen.
ernster, reflektierter und sich selbst nicht schonen-
Die weitreichenden Anwendungen im technischen Bereich fanden
der Vortrag ließ Rilkes „Herzraum“ in besonderer
zum Schluss Erwähnung. Vera Koppehel führte als eindrückliche
Weise lebendig werden und berührte.
Ergänzung die Umstülpung als eurythmische Übung mit den Hän-
Suzanne Ziellenbach rezitierte anschließend Kafka – neben bekannteren Erzählungen hatte
den vor und lud zur Eigen-Erfahrung ein. Am Abend gab es noch ein Erlebnis der besonderen Art: Willem
sie kleine, wenig vertraute Texte mitgebracht,
Jan Beeren führte zusammen mit dem Dirigenten und Bonner
die – obgleich schon 100 Jahre alt – nichts an
Stellertretendem Musikdirektor Robin Engelen ein Werk Luigi
ihrer verblüffenden Aktualität eingebüßt haben.
Nonos vor, das am 29.9.1984 in Venedig uraufgeführt – und seitdem
Kafkas surreale Sprachbilder wurden in ihrer
nie wieder in dieser Form präsentiert wurde. Für die „Tragedia
Leidenschaft, enormen Kraft und Tiefe durch den
dell’ascolto“ hatte der mit Nono befreundete Architekt Renzo Piano
Vortrag erlebbar.
eine Holzstruktur in den Kirchenraum San Lorenzo in Venedig
Der erste Abend mündete in einer Konzert-
hineingebaut, in der sich Sänger, Orchester und Publikum auf
performance, zu der das Auditorium großzügig
mehreren Ebenen gegenübersaßen. Der musikalisch-philosophische
eingeladen worden war. Das zeitliche Zusam-
Wurf, der den Bogen von der antiken Prometheus-Sage zu Hölder-
mentreffen mit dem 9. Komponistensymposi-
lin, Rilke und Walter Benjamin schlägt, bot eine völlig neuartige
um machte es möglich. Michael Denhoff hatte
Klangraumerfahrung.
als Auftragswerk für die Alanus Hochschule
Am Flügel, per Film und Bild und mittels professionell präsen-
eine Folge von Klavierstücken komponiert, die
tierter Tonaufnahmen wurde mit großem technischem Aufwand
choreografisch von Eurythmiestudentinnen des
den Symposiums-Teilnehmern das erstaunliche Werk nun fast 30
vierten Studienjahres umgesetzt wurden, unter
Jahre später auf intensivste Weise nahegebracht.
der Leitung von Stefan Hasler. Diese Begegnung mit einem sensiblen musikalischen „Innenraum“ rundete den ersten Tag opulent ab.
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Den 3. Symposiumstag eröffnete Harald Schwaetzer mit dem Blick des Philosophen auf das Motiv der Schwelle – hier durchgespielt anhand von Goethes Faust und Beispielen aus der Vorsokratik, Beobachtungen aus der abendländischen Mysterientradition: „Ich trat in den Grenzbereich des Todes, ich setzte meinen Fuß auf die Schwelle“. Es gelang ihm überaus gekonnt, dem Publikum interpretatorische Zugänge zu einem nur vermeintlich bekannten und schwierigen Text zu vermitteln. Die Kunsthistorikerin Isabel Rith-Magni zeigte in ihrem differenzierten Gang durch die Kunstgeschichte, dass Atelierbilder den Künstlern seit jeher zur konzeptuellen Standortbestimmung dienten. Sie bot ihrer Hörerschaft mit reichen Bildbeispielen eine Vielzahl an Lesarten solcher Gemälde an, die den Entstehungsort von Kunst malerisch reflektieren: eine überaus wichtige Facette bei einem Symposium, das Kunst und Kunsttheorie im Spannungsfeld zwischen Innen und Außen zu verorten suchte. Die Künstlerin Christiane Lehmann schloss den multidisziplinären Kreis an Überlegungen hierzu, indem sie eine eigene Installation vorstellte, die sie zum Thema „innenistaußenistinnen“ im Tessin 2012 erarbeitet hatte und nun theoretisch reflektierte. Den Ausklang zu dieser, ohne falsche Bescheidenheit, rundum erfolgreich zu nennenden Veranstaltung übernahm Andrea Heidekorn: Mit allen Teilnehmern entwickelte sie einen wohltuend abrundenden Klangteppich. ■
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Eine Annäherung an das Nichts Text: Annett Hillebrand // Werkbundakademie 2013 // Jahrgangsübergreifend // Frühjahrssemester 2013
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m letzten Jahr lud der Deutsche Werkbund NW wieder zu seiner
InnenarchitektInnen mit eigenen Beiträgen zu
Akademie in das Schloss Gnadenthal bei Kleve ein: „Gibt es das
Wort. Leere Nussschalen auf einer Wiese, die
Nichts, die Leere, das Hohle?“ Innerhalb dieses zunächst außerge-
Leere zwischen den monotonen Wohnmaschi-
wöhnlich anmutenden Rahmenthemas diskutierten die Teilnehmer,
nen in Mega-Citys, philosophische Texte, die
interdisziplinär aufgestellt aus Kunst und Wissenschaft, diese uralte
scheinbar unbelebte Natur, aber auch das leere,
Menschheitsfrage nach dem „Nichts“.
unbeschriebene weiße Blatt wurden zu Symbolen
In zahlreichen Vorträgen wie zum Beispiel „Das edle Wenige. Reduzierte Ästhetik“ von Prof. Eva Filter, „Das Haus ohne Eigenschaf-
für das Nichts. Die von Uwe Hugendick, Student im 2. Jahr
ten. Architektur die nichts erzählt“ von Dipl.-Ing. Georg Ebbing
Bachelor Architektur, im Schlosspark initiierte
oder auch „Das Nichts im östlichen Denken. Schwerpunkt Japan“
Folien-Performance zeigte auf eindrucksvolle
von Prof. Thomas Schmaus wurde versucht, diesem Gedanken
Weise, dass das Nichts eigentlich nicht darstellbar
nachzugehen, Anregungen zu sammeln und sich einer möglichen
ist – oder etwa doch? Die an dünnen Drahtseilen
Antwort zu nähern.
befestigten Folien erzeugten einen diffusen Raum,
Wie in jedem Jahr war auch diesmal wieder Prof. Benedikt Stahl
der mit seinen Bewegungen und meeresgleich
mit einigen Studierenden des Fachbereichs zu Gast. In einem
rauschenden Geräuschen die neugierigen Teilneh-
gemeinsamen Podium mit Prof. Eva Filter und Studierenden aus
mer in eine Ahnung des Nichts entführte. ■
Alfter und Detmold kamen die angehenden ArchitektInnen und
109
110
Exkursionen Nah und Fern
111
Reise Nach Tinos Text: Prof. Benedikt Stahl // Exkursion
W
ie immer vor Beginn des Herbstsemesters:
Immer wieder und überall wurden wir herzlich empfangen. Vor
die Reisezeit. Eine oder mehrere Exkursio-
allem durch den unermüdlichen Einsatz der Wahlinsulanerin Uta
nen, die uns zu neuen Orten führen. Dafür muss
Bock konnte es gelingen, hoch oben in einem Kloster auf dem
man nicht unbedingt weit reisen, manchmal tut
Exomburgo unser Quartier zu finden. Spät abends erreichten wir
es auch ein Ausflug in die nähere Umgebung, um
dieses Ziel und erst am nächsten Morgen liess sich im Strahlen und
etwas mitzubekommen von anderen Kulturen,
Staunen der Gesichter ablesen, wie erhaben es ist, an solch einem
unbekannten Welten oder ungewohnten Gebräu-
Ort wach zu werden. Der grandiose Ausblick über die Insel auf
chen. Hauptsache, man ist reiselustig, neugierig
das Meer, das Leuchten der Morgensonne und der immerwähren-
und offen genug. Dann kann es wirklich gelingen,
de Wind, der Atem des Poseidon, hießen uns willkommen und
viele brauchbare Erfahrungen mit nach Hause zu
ein jeder nimmt diese Einladung mit Freude an. Das Programm
bringen.
der nächsten Tage bestand vor allem aus vielerlei Begegnungen,
In diesem Jahr besuchten wir die beiden Alanus-
Beobachtungen und unvergesslichen Erlebnissen. Natürlich wurde
Freunde Uta und Oskar Bock auf der Kykladenin-
unentwegt gezeichnet und fotografiert. Wir beschäftigten uns dabei
sel Tinos. Die Idee dazu entstand während eines
vorwiegend mit dem kleinen Dorf Ktikados und planten am Ende
Treffens hier in Alfter während der Blickwechsel-
der Woche in der alten verlassenen und baufälligen Schule eine
tage. Angeregt durch die lebendigen Schilderun-
Ausstellung unserer Beobachtungen zu machen. Tatsächlich gelang
gen der beiden Inselbewohner, ihren unwidersteh-
es Uta Bock, den Bürgermeister und die verantwortlichen Dorfbe-
lichen Geschichten, vor allem über das besondere
wohner für diese Idee zu begeistern und während wir durch den
Licht, vielleicht aber auch weil unsere Tage der of-
Ort streiften und fleißig skizzierten, rückte ein kleiner Bautrupp an
fenen Türen kurz vor der Osterzeit die Sehnsucht
und kümmerte sich um das Herrichten der Schule. Die Pausen und
nach wärmeren Orten nähren, fiel es uns nicht
Abende nutzten wir dazu, auch andere Teile der Insel kennenzuler-
schwer, diesen Entschluss zu fassen und in das
nen. Die Stadt Tinos, andere kleine Dörfer, beschauliche Badebuch-
Land der alten Götter zu reisen. Dazu gehört erst
ten und gerne auch mal die ein oder andere Taverne mit immer
einmal die Ankunft in Athen und der Besuch der
neuen Bekanntschaften liessen uns mit jedem Tag etwas mehr von
Akropolis, dem Geburtsort europäischer Kunst
diesem Teil der Welt in Erfahrung bringen und führten zu neuen
und Kultur. Von da aus mit der Fähre auf die Insel
Freundschaften.
die vor allem als Marien-Wallfahrtsstätte bekannt
Am Ende war es wirklich geschafft: Die alte Schule erstrahlt in
geworden ist. Die besondere Beziehung zur Religi-
neuem Glanz und wir haben eine stattliche Sammlung schöner Bil-
on und die lebendige Pflege traditioneller Bräuche
der erstellt, die nun mit einer feierlichen Vernissage hier ausgestellt
begleitete uns von Beginn an und bescherte uns
werden konnten. Bürgermeister Panajoti Krontiras, Pope Antonis
manch unvergessliche Begegnung.
sowie Pater Georgios, der Architekt und hilfreiche Übersetzer
112
Christos Papathanassiou, die zwei Tavernenwirte des Dorfes und alle, die sich trotz der Vorbereitungsarbeiten zum bevorstehenden Dorffest irgendwie frei machen konnten, waren mit dabei. Unsere gegenseitige Freude über dieses Ereignis war riesengroß und alle waren stolz auf das Erreichte. Vielleicht war das die Geburtsstunde eines neuen Inselmuseums. Man hörte diesen Begriff immer mal wieder durch … Am nächsten Tag gab es dann das große Kirchfest zu Ehren des Namenspatrons der katholischen Kirche, an dem das ganze Dorf und zahllos erscheinende Gäste teilnahmen. Messe und Prozession in strahlendem Licht. Alle hatten sich herausgeputzt und waren fröhlich. Die Türen der Häuser waren offen und jeder war auf das herzlichste eingeladen mitzufeiern, zu essen und zu trinken. Was für eine Gastfreundschaft! So etwas hat noch keiner von uns jemals erlebt und wir waren uns einig: Von dieser Gastfreundschaft können wir sehr viel lernen. Vielleicht aber – und das wäre natürlich das schönste Ergebnis einer solchen Reise – haben wir auch etwas voneinander gelernt, sehen wir unsere gewohnte Welt nun wieder ein klein wenig anders und schätzen diese neue Freundschaft. Der Bürgermeister hat uns jedenfalls eingeladen wieder zu kommen und Uta Bock erzählte mir neulich, dass unsere Ausstellung, die wir den Dorfbewohnern gerne überlassen haben, nun in den Häusern verteilt ist und damit diese Begegnung in Erinnerung bleiben wird. Nicht nur bei uns … ■
113
LAURIN - Sommeruniversität Lausitzer Dörfer Text: Prof. Brigitte Scholz // Exkursion Zukunftskonzepte für das Land Einmal quer
Fotografien und Filme sichtbar. In der Zwischen-
durch Deutschland gen Osten, dann ist man 600
präsentation fanden die unterschiedlichen und in
Kilometer später in der Lausitz. Der Landstrich
ihrem Zusammenspiel durchaus reibungsreichen
zwischen Dresden, Berlin und Breslau bietet
Zugänge zusammen und mündeten in gemeinsa-
viel und wenig zugleich: Dörfer mit 30 Einwoh-
me Konzepte. Im Dorf Jänschwalde soll beispiels-
nern und 80 Ziegen, verwunschene Wälder und
weise eine „Tauschwerkstatt“ den Zusammenhalt
verlassene Häuser, endlose Löcher des Braun-
stärken. Für Pusak, Zelz und Bahren an der Neiße
kohlenbergbaus und die Neiße, die als Grenz-
ist eine „lebendige Brücke“ nach Polen die Vision.
fluss Geschichte schrieb. Die jungen Menschen
In Kromlau stehen „offene Werkstätten“ als Syno-
verlassen die Region, die Städter entdecken sie
nym für neue Wertschöpfungsketten.
als Gegenentwurf zur lebendigen Metropole. Wie
Die Ergebnisse der Sommeruniversität liegen
wird die Zukunft der Region aussehen? Diese
in den Händen des EU-Projektes LAURIN, das
Frage erforschten rund 30 Studierende von zehn
für Regionale Identität und kulturelle Vielfalt als
Universitäten aus Deutschland, Österreich, der
Schlüssel einer zukunftsfähigen Regionalentwick-
Schweiz und Slowenien vom 6. bis 21. September
lung, Arbeitsmarktintegration und demokrati-
2013 in einer Sommeruniversität.
scher Teilhabe in der Lausitz steht. Das Team um
Die Alanus Hochschule nutzte die Sommer-
Martin Kuder hat die Sommeruniversität nicht
universität für eine Kooperation zwischen den
nur fantastisch organisiert, sondern begleitet die
Fachbereichen Architektur und Bildungswissen-
Dörfer auch weiter auf ihrem Weg in die Zukunft.
schaften: Studierende aus dem Bachelor Archi-
Im November 2013 gab Martin Kuder einen Zwi-
tektur mit Prof. Brigitte Scholz und dem Bachelor
schenbericht im offenen Forum „Gesellschaftliche
Kunst-Pädagogik-Therapie mit Prof. Gert Bendel
Teilhabe durch Kunst“ in Alanus. Die Studie-
brachten ihre Ideen in den zweiwöchigen Studi-
renden im Fachbereich Bildungswissenschaften
enaufenthalt ein. Nach einem Auftaktkolloquium
haben sich weiter mit dem Thema auseinanderge-
im IBA-Studierhaus arbeiteten die Studieren-
setzt und bereiten eine Ausstellung vor. ■
den in vier Dörfern direkt vor Ort, analysierten und erspürten die Potenziale, sprachen mit den
Studierende: Eva-Marie Bellebaum, Harald Hop-
Menschen und entwickelten daraus Ansätze für
pe, Melanie Kintzinger, Maya Knobloch, Florian
die Zukunft. Während die Planer und Architekten
Komescher, Felicitas Kuhl, Myrtha Reinhold,
sich analytisch näherten, Karten und Grafiken
Claudia Röhrle, Lena Skrabs, Ina Willemsen,
erstellten, Gespräche mit den Dorfbewohnern
Mona Wilsmann, Jan-Henning Eggers
auswerteten, tauchten die Künstler unmittelbar in die Orte ein und machten das Besondere durch
114
www.laurin-lausitz.de
115
communities – ressources – development Text: Falk Wagner // Master exkusion Master EXKURSION nach LONDON
V
om 31.10. – 04.11.2013 waren die Master Prozessarchitekten in London unterwegs, um
den Londoner Lebensalltag zu Fuß, per ÖPNV und Fahrrad zu erkunden. Dabei lernten die Master die Stadt mit ihren zahlreichen Orten, Räumen, Kulturen und in Ihren diversen Facetten und Wiedersprüchen kennen. Dank des LondonKenners Prof. Swen Geiss kamen die Master dabei an Orte, die sich wahrscheinlich in keinem Reiseführer finden. Themenschwerpunkte der Exkursion waren historische und jüngere Projekte der Architektur-, Quartiers- und Stadtentwicklung unter dem Oberthema „communities – ressources und developments“. Ziele waren unter anderem Central London, Covent und Southwark (u.a. Tate Modern und Southbank), Elephant und Castle (Heygate Estate und Aylesbury Estate), Peckham (Burgess Park und Peckham Library), East London (Broadway Market, Canary Wharf und Olympic Park).
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118
Menschen Hin und Weg
119
Interview mit Yohanna Vogt Studium im Fachbereich Architektur von 2005 – 2011, davon ein halbes Jahr Praktikum // Abschluss: Diplom // Das Interview führte Annett Hillebrand Was hast Du nach dem Studium
der Wettbewerbsabteilung gearbeitet. Die andere Zusage war von
gemacht, wo arbeitest Du jetzt und
Gerber Architekten, einem international tätigem Büro mit einer
wie leicht oder auch schwer war es,
Dependance in Berlin.
einen Job zu bekommen?
Ich habe mich dann für Gerber Architekten entschieden, weil ich
Yohanna Vogt Direkt nach dem Diplom bin ich
dort mehr Herausforderungen für mich sah. Wettbewerbe zu bear-
erst mal für fünf Wochen mit zwei Freundinnen
beiten war mir ja leicht gefallen und ich wollte jetzt eher was Neues
nach Südamerika geflogen. Das Diplom habe ich
ausprobieren. Das Vorstellungsgespräch dort war schon die erste
ja im Wintersemester gemacht und da brauchte
Herausforderung, das wurde nämlich in Englisch gehalten – zum
ich danach dringend die Sonne, Entspannung und
Glück war ich vorher in London gewesen.
die Leichtigkeit der südamerikanischen Lebensart. Danach wollte ich zwar dringend nach Berlin,
Das Team bei Gerber Architekten ist wirklich international besetzt, ich arbeite hier mit vielen Kollegen aus ganz unterschied-
hab mir aber erst mal einen Nebenjob in Köln
lichen Kulturkreisen zusammen, oft wird Englisch gesprochen, die
suchen wollen und bin dabei auf die Stellenan-
„offizielle Kommunikation“ ist eh in Englisch.
zeige von JSWD Architekten gestoßen. Da ich deren Projekte schon immer gut fand, habe ich sehr kurzfristig mein Portfolio fertig gestellt und mich beworben. Ich bin dann auch direkt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Eigentlich suchte das Büro jemanden für die Ausführungsplanung. Da ich aber lieber in das Wettbewerbsteam wollte, gab es dann noch ein zweites Gespräch mit dem Leiter der Wettbewerbsabteilung und die haben mich dann direkt genommen. Eine Woche später, im Mai 2011, habe ich dort angefangen. Ich durfte dann relativ schnell im Team eigenständig und verantwortlich Wettbewerbe bearbeiten, die Teamarbeit war wirklich richtig gut und sehr effektiv. Wir haben in dieser Zeit an ca. acht Wettbewerben zusammen gearbeitet. Bei den meisten waren wir erfolgreich und ein erster Preis wird zur Zeit auch gerade gebaut, das Center for Wind Power Drives (CWD) in Aachen auf dem neuen Campus. Ist schon ein sehr gutes Gefühl, wenn die geplanten Projekte dann auch tatsächlich Realität werden. Die Arbeit in der Wettbewerbsabteilung hat mir riesigen Spaß gemacht, war irgendwie wie im Studium. Bei JSWD Architekten war ich dann bis September 2012. Es war eine sehr intensive Zeit dort, leidenschaftliches Arbeiten fast ohne Freizeit aber ich habe es unendlich gern gemacht. Danach bin ich für drei Monate nach London gegangen, ich brauchte mal eine Auszeit, wollte was anderes sehen und mein Englisch auffrischen. Zurück in Deutschland habe ich mich dann initiativ bei verschiedenen Architekturbüros in Berlin beworben und auch zwei Zusagen bekommen: die eine im Büro Grüntuch Ernst Architekten BDA, dort hätte ich als Freelancer wieder in
120
» Wettbewerbe zu bearbeiten war mir ja leicht gefallen und ich wollte jetzt eher was Neues ausprobieren. «
Zur Zeit bearbeite ich dort ein Projekt in Saudi Arabien: die Olaya Metro Station in Riad. Gerber Architekten hatte im letzten Jahr den international ausgeschriebenen Wettbewerb dazu gewonnen. Wir erarbeiten und entwickeln jetzt für die Ausführungsplanung Konzepte in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekten und Verkehrsplanern. Die sich daraus ergebenden Schnittstellen sind für mich sehr spannend und ich lerne vor Quelle: Gerber Architekten, Dortmund
allem sehr viel dadurch. Genau die Herausforderung die ich gesucht hatte. Wenn keine Herausforderung und kein Lernen
was rätst Du den Studierenden? Yohanna Vogt Macht alles mit was angeboten wird, habt Spaß daran
mehr stattfindet, würde ich gehen und was Neues
in die Tiefe zu gehen. Alanus gibt Anreize von allen Seiten zu schau-
machen.
en. Diese Chance sollte man nutzen und alle Impulse mitnehmen.
wie war das Studium an der Alanus
sich daraus ergebenden Erkenntnisse, fordert die Stärke von Alanus
hochschule für Dich?
ein und lasst Euch ein auf die eigene Entwicklung und bezieht dazu
Yohanna Vogt Mein Studium an der Alanus
auch andere Disziplinen mit ein.
Fragt Euch immer nach der Bedeutung der Aufgabe, sammelt die
Hochschule hat mir viel gebracht, ich würde immer wieder dort studieren. Ich kann nicht genau
Bitte einen Satz zu ARCHITEKTUR+ALANUS
sagen, was mir geholfen hat, gut zu sein. Das
Yohanna Vogt Leidenschaft!! Architektur Alanus bietet Chancen,
Studium war sehr umfangreich und wir haben viel
den Beruf des Architekten als Berufung zu verstehen! ■
geforscht. Verschiedene Gesichtspunkte innerhalb
Quelle: JSWD Architekten, Köln
der Projekte zu betrachten und das selbstständige Arbeiten wurden sehr gefördert, das hat meinen Weitblick geschärft. Eine Fähigkeit, die ich in meiner jetzigen Arbeit sehr gut anwenden kann. Ich bin Alanus sehr dankbar, dass es möglich war, die Projekte immer in der notwendigen Tiefe zu betrachten. Auch das hilft mir sehr bei meiner Arbeit. rückblickend betrachtet: würdest Du etwas anders machen? Yohanna Vogt Ich würde es genauso wieder machen und natürlich auch wieder an der Alanus Hoschule.
121
Interview mit Bettina Schuhmacher Studium im Fachbereich Architektur von 2008 – 2012 // Abschluss: Bachelor // Interview führte Annett Hillebrand Was hast Du nach dem Studium
ich an der Werk- und Detailplanung mitgewirkt und musste auch
gemacht, wo arbeitest Du jetzt und
etwas Bauleitung machen. Die Arbeit war ganz ok dort, aber jetzt
wie leicht oder auch schwer war es,
nicht wirklich neu für mich. Insofern kam es mir dann gerade recht,
einen Job zu bekommen?
dass mich die Stadt Bonn, auf meine Bewerbung hin, zu einem
Bettina Schuhmacher Ich habe mich direkt bei
Vorstellungsgespräch einlud. Das Gespräch ist sehr gut gelaufen,
mehreren ausgeschriebenen Stellen beworben, in
die Stelle hat mich sehr interessiert und die angebotenen Konditi-
verschiedenen Architekturbüros, unter anderem
onen waren sehr gut, also habe ich gewechselt und bin jetzt beim
aber auch bei der Stadt Bonn. Den Zuschlag
SGB, dem städtischen Gebäudemanagement der Stadt Bonn, in der
bekam ich dann sehr schnell von einem Kölner
Bauunterhaltung tätig. Und das ist natürlich was ganz Anderes. Die
Architekturbüro. Da ich schon während meines
Arbeit ist sehr interessant, aber nicht wirklich die eines Architek-
Studiums Erfahrungen in verschiedenen Architek-
ten im klassischen Sinne. Meine Kollegen sind auch hauptsächlich
turbüros sammeln konnte und auch eine Bau-
Techniker oder Handwerksmeister, wir sind mehr Projektsteuerer
zeichnerlehre habe, war der Einstieg relativ leicht.
als Kreative. Unsere Hauptaufgabe ist die bautechnische Unter-
Ich habe einen bestehenden Entwurf für sechs
haltung von städtischen Gebäuden, hauptsächlich Schulen. Hier
Einfamilien-Reihenhäusern, bearbeitet, dazu
koordinieren, initiieren und terminieren wir ganz unterschiedliche
gehörte auch die Erstellung einer Kostenschät-
Sanierungsmaßnahmen. Mal ist es wirklich nur eine ganz winzige
zung. Für die Aufstockung eines Gebäudes habe
Maßnahme, es klemmt die Tür oder die Beleuchtung ist ausgefallen, sehr oft sind die Sanierungen aber komplexer: Das Dach ist undicht oder der Sporthallenboden muss saniert werden. Dazu erstellen wir dann die Ausschreibungen für die notwendigen Arbeiten zur Mängelbeseitigung, terminieren die Handwerker und überwachen die Ausführung der Arbeiten.
» Man wächst mit seinen Aufgaben. « Bevor das aber alles geschehen kann, müssen wir als erstes eine Genehmigung der Gelder für die Sanierungsmaßnahme beantragen. Hierzu braucht es eine detailliert ausgearbeitete Kostenschätzung. Erst wenn der zuständige Ausschuss der Stadt Bonn die Gelder freigegeben hat können wir aktiv werden. Bei sehr großen und komplexen Sanierungsmaßnahmen ziehen wir auch schon mal externe Fachingenieure oder Architekten hinzu. Zu meinen Aufgaben gehört aber auch, den Gebäudebestand zu inspizieren und eventu-
122
elle Mängel zu erkennen und dann die richtigen
haben zu meiner persönlichen Entwicklung bei-
Maßnahmen zu deren Beseitigung einzuleiten.
getragen und meinen Blick geweitet, das hat mir
Das fällt mir manchmal noch etwas schwer, da es
viel gebracht auch wenn ich am Anfang dachte:
ein sehr komplexes Thema ist. Aber man wächst
„Wofür braucht man das in einem Architektur-
ja mit seinen Aufgaben. Obwohl mir meine Arbeit
studium?“
zur Zeit viel Spaß macht, das Arbeitsklima und vor allem die Arbeitszeiten sehr gut sind, möchte
rückblickend betrachtet: würdest
ich nicht immer bei der Stadt beschäftigt bleiben.
Du etwas anders machen?
Ein bisschen fehlt mir jetzt schon das Kreative,
Bettina Schuhmacher Viel anders hätte ich mein
außerdem zeichne ich sehr gerne. Langfristig
Studium nicht gestalten wollen, ich würde viel-
gesehen möchte ich wieder in einem klassischen
leicht die ein oder andere gebotene Chance besser
Architekturbüro arbeiten.
nutzen.
wie war das Studium an der Alanus
was rätst Du den Studierenden?
Hochschule für Dich?
Bettina Schuhmacher Praktika in verschiedenen
Bettina Schuhmacher Das Studium hat wirklich
Büros machen, um zu erfahren, wie der Büroalltag
viel Spaß gemacht, es war sehr entspannt, ich hatte
so abläuft und um die Strukturen dort kennen-
keinen Stress weil ich meine Vorerfahrungen als
zulernen. Vielleicht sogar eine Bauzeichnerlehre
Bauzeichnerin und staatlich geprüfte Technikerin
vorher machen, das hilft ungemein.
im Hochbau einbringen konnte. Das hat mir sehr
Ich habe während des Studiums immer neben-
geholfen, so konnte ich mich auf die künstlerische
bei in einem Architekturbüro gearbeitet, das hat
Ausbildung konzentrieren. Manchmal hätte ich
mir auch für die Bearbeitung meiner studenti-
mir aber auch gewünscht, dass mehr technisches
schen Projekte geholfen.
Wissen vermittelt wird, dass man mehr auf Baustellen geht, um die Zusammenhänge zwischen
Bitte einen Satz zu
der Planung und dem Erstellen eines Bauwerks
ARCHITEKTUR+ALANUS
begreift.
Bettina Schuhmacher kreativ, außergewöhnlich
Das Studium Generale und die Wahlpflichtmodule wie Schauspiel, Feldenkrais, Eurythmie usw.
und manchmal etwas abgehoben. Ich würde aber jederzeit wieder hier studieren. ■
123
Interview mit Ole Küppers Studium im Fachbereich Architektur von 2004 – 2010 // Abschluss: Diplom // Interview führte Annett Hillebrand Was hast Du nach dem Studium
Mit dieser Organisation hatte ich dann tat-
gemacht, wo arbeitest Du jetzt und
sächlich die Möglichkeit, an einem Bauprojekt
wie leicht oder auch schwer war es,
in der Demokratischen Republik Kongo (Afrika)
einen Job zu bekommen?
mitzuwirken. Vor Ort haben wir (Freiwillige aus
Ole Küppers Direkt nach dem Studium bin ich
unterschiedlichen Ländern) mit den Einheimi-
erst mal für einen Monat auf Reisen gegangen.
schen angefangen, zwei Schulen zu bauen. Ich
Ich war zum Wandern in der Ukraine, habe viele
habe dabei so ziemlich alles gemacht, ich war
Freunde besucht und Entspannung gefunden.
eine Art Bauleiter, der die Arbeiten anleitet, habe
Nach meinem Urlaub habe ich in Zusammen-
Verhandlungen mit Behörden und politischen
arbeit mit Prof. Swen Geiss als Honorarauftrag
Vertretern geführt, Baumaterial beschafft, was
für die Hochschule eine sehr umfangreiche
sich aufgrund der fehlenden Infrastruktur als sehr
Dokumentation eines Studienprojektes aus dem
schwierig erwiesen hat und natürlich habe ich
Bachelor ausgearbeitet. Für Prof. Geiss war ich
auch selbst mitgebaut. Ich habe dort selbstständig
bereits während des Studiums als studentischer
arbeiten müssen (und natürlich auch wollen), mit
Mitarbeiter tätig, habe außerdem für team 51°5
und unter allen Bedingungen. Während dieser
zu meiner Freundin gezogen. Ich hatte vor, erst-
Architekten in Wuppertal an verschiedenen
Zeit hatte ich sehr viel Kontakt zu den Einheimi-
mal Praxiserfahrung im Bereich des Lehmbaus
Bauvorhaben mitgearbeitet. Im Anschluss an den
schen und konnte deren Leben vor Ort kennen-
zu sammeln. Das hat leider nicht geklappt, da es
Honorarauftrag bin ich, auf dessen Anfrage hin,
lernen – ein wirklich sehr einprägsames Erlebnis.
nur wenige reine Lehmbaubetriebe gibt und die so
in das Atelier Fritschi + Stahl – Architektur und
Leider mussten wir nach drei Monaten die Arbeit
klein sind, dass sie sich einen Angestellten nicht
Stadtraum in Düsseldorf gewechselt. Dort war ich
dort, aufgrund der sich nun doch schwierig gestal-
leisten können.
bis Februar 2012, zuerst als freier Mitarbeiter und
tenden politischen Ereignisse, abbrechen.
Zurück in Deutschland bin ich nach Frankfurt
Also bin ich ganz klassisch auf Jobsuche
später dann in Festanstellung. Hauptsächlich war
gegangen, habe mich vor allem initiativ, bei mir
ich mit Werk- und Detailplanungen u.a. für ein
interessant erscheinenden Architekturbüros be-
Kinder- und Jugendzentrum in Neuss beschäftigt. Für dieses Projekt hatte ich auch die künstlerische Oberleitung. Aber eigentlich wollte ich nach dem Studium in einem Projekt der Entwicklungszusammenarbeit tätig sein. Deshalb habe ich nach meiner Tätigkeit im Atelier Fritschi + Stahl eine Fortbildung zur Fachkraft für Lehmbau gemacht, um mich dann bei den Grünhelmen, einer Nichtregierungsorga-
» Aber eigentlich wollte ich nach dem Studium in einem Projekt der Entwicklungszusammenarbeit tätig sein. «
worben und dann auch sehr schnell, im November 2012, bei bb22 Architekten und Stadtplaner, einen Job gefunden. Klassisch waren dann auch meine Aufgaben dort: Ausführungsplanung für Einfamilienreihenhäuser, Bauantrag zu einem gemeinschaftlichen Wohnbauprojekt, Entwürfe und Ausarbeitungen bei Wettbewerben, zeitweise hatte ich auch für einige Projekte die künstlerische Oberleitung, d.h. ich war auf der Baustelle,
nisation mit Sitz in Troisdorf, die Bauprojekte in
um die Bauausführung hinsichtlich Entwurf und
Krisenregionen unterstützt, zu bewerben.
Gestaltung zu überwachen. Im September 2013 wollte ich mich noch einmal neu orientieren und bin über Competitionline auf das Büro Architekten Stein Hemmes Wirtz aufmerksam geworden. Dort habe ich mich beworben, bin zum Gespräch eingeladen und auch direkt angenommen worden. Im Moment bearbeite ich dort die Ausführungspläne für ein Mehrfamilienwohnhaus (Passivhausstandard) in Ludwigshafen. wie war das Studium an der Alanus Hochschule für Dich? Ole Küppers Das Studium war sehr vielfältig und abwechslungsreich für mich, es gab Hoch-Zeiten und Phasen, die mich manchmal auch frustriert haben. Insgesamt war es eine sehr spannende Zeit – vor allem auch weil ich die Entwicklung des Fachbereichs mitbekommen habe. Zu Beginn meines Studiums hatte der Fachbereich gerade mal drei Professoren und eine Handvoll Studie-
124
rende und unsere Ateliers waren im Schloss Alfter untergebracht.
als die geforderte Zeit dafür aufwenden. Nur wenn man längerfristig
Als ich dann mein Diplom gemacht habe, hatte sich der Fachbereich
in einem Büro tätig ist, kann man die Bürostrukturen und die oft
enorm vergrößert, der Bachelor Studiengang war etabliert und wir
sehr langwierigen Planungsprozesse durchschauen und begreifen.
hatten ein eigenes Atelierhaus. Wichtig war aber immer, dass das Studium mich angeregt hat, mich mit den Fragen rund um Archi-
Bitte einen Satz zu ARCHITEKTUR+ALANUS
tektur und Gesellschaft zu beschäftigen und die Planungsprozesse
Ole Küppers mag: mensch architektur gesellschaft – das trifft es,
immer im gesellschaftlichen Kontext zu sehen. Das beschäftigt mich
deshalb habe ich auch an dieser Hochschule studiert. ■
auch heute noch sehr, und obwohl ich viel Ausführungsplanung mache, sehe ich mich nicht ausschließlich als Techniker, sondern versuche gesellschaftliche und soziale Fragestellungen in meine Arbeit zu integrieren. Manchmal bin ich aber etwas ernüchtert, weil ich merke, dass solche Arbeitsansätze in der Realität nicht immer gefragt sind. rückblickend betrachtet: würdest Du etwas anders machen? Ole Küppers Ich würde es genauso wieder machen und natürlich auch wieder an der Alanus Hochschule. was rätst Du den Studierenden? Ole Küppers Auf jeden Fall Praxiserfahrungen sammeln und mehr
125
Das Wahre muss man sich erobern Interview mit Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Meisenheimer // das interview führten Annett Hillebrand + prof benedikt stahl
D
er Deutsche Werkbund Nordrhein-Westfalen,
Prof. Dr. Wolfgang Meisenheimer er-
Erinnerung einbezogen ist. Ich bin ja nicht zum
kurz DWB NW, ist einer von neun Landes-
läutert hier im Gespräch mit Annett
ersten mal hier. In welche die Zukunft einbezogen
bünden. Seine Aktivitäten umfassen Veranstaltun-
Hillebrand und Prof. Benedikt Stahl
ist. Ich komme ja mit einer gewissen Erwartung
gen, Veröffentlichungen, Projekte, sowie die vielen
ein paar Gedanken und Ansichten
wenn ich den Benedikt besuche und sie sind
Arbeiten und Werke seiner Mitglieder. Unter
zu möglichen Zusammenhängen
dabei, da faltet sich sozusagen die Zeit auseinan-
dem Motto „Einmischen und Mitgestalten“ ist der
zwischen Werkbundarbeit und der
der.Die Raumwahrnehmung ist sehr kompliziert.
Deutsche Werkbund NW in vielen Themenfeldern
Alanus Hochschule.
Man kann daran erkennen, dass das eine teilweise
des gestalteten Lebensraumes aktiv. Der hundert-
Wolfgang Meisenheimer Ich möchte mit dem
körperliche Angelegenheit ist und teilweise eine
jährige Geburtstag der großen Kölner Werkbund-
Wort Wahrnehmung anfangen. Sowohl der
geistige Angelegenheit, aber in beiden Fällen hat
Ausstellung von 1914 ist in diesem Jahr besonde-
Werkbund als auch die Alanus Hochschule, um
das mit dem Tun zu tun.
rer Anlass zu diversen Veranstaltungen. So wird es
das gleich beim Wickel zu packen, haben beide
in Köln eine Reihe von Ausstellungen und Festen
auf eine merkwürdige Weise zu tun mit einer
geben, an denen sich auch unser Fachbereich
besonderen Auffassung zur Wahrnehmung.
beteiligt. Auch die jährlich stattfindende Werk-
Aber was ist Wahrnehmung? In diesem
bund Akademie in Schloß Gnadenthal bei Kleve
Ausdruck, in diesem Wort, Wahrnehmung oder
widmet ihr Rahmenthema diesem Anlass.
wahrnehmen stecken ja zwei Wörter, nämlich da
Der Fachbereich Architektur pflegt seit gerau-
steckt: das Wahre und nehmen. Man muss also
» In „Wahrnehmung“ stecken zwei Wörter: Das Wahre und nehmen. «
mer Zeit eine kontinuierliche Zusammenarbeit
das Wahre nehmen. Das Interessante an dieser Art
mit dem Werkbund, der maßgeblich der Idee der
von Wortkombination ist doch, dass das Nehmen
Zusammenarbeit von Gestaltung, Handwerk und
eine Tätigkeit ist und das Wahre ein Seinssach-
Industrie verpflichtet ist; einer Idee, die auch in
verhalt. Das Wahre ist ein Phänomen oder ein
Bildungskonzepte wie dem des Bauhauses einge-
Ding, vielleicht sogar ein Sachverhalt oder ein
im positiven Sinne charakterisieren sollte, dann
flossen sind.
Ereignis, aber das Nehmen ist auf jeden Fall ein
ist das, was die hier machen von der Art, dass das
Handlungscharakter, hat Handlungscharakter.
Wahrnehmen wirklich als ein Nehmen trainiert
bundes NRW, Architekt, Künstler und Autor,
Nehmen ist eine Tätigkeit und ich will das deshalb
wird, wenn die Handlungen ins Spiel kommen.
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Meisenheimer ist zudem
zum Ausgangspunkt für unser Gespräch machen,
Hier geht es nicht nur darum, aus Lexika und Bü-
Mitglied im Kuratorium und langjähriger Weg-
diese Analyse des Wortes Wahrnehmung, weil der
chern die Sachverhalte der Welt kennenzulernen,
begleiter der Alanus Hochschule. So hat er unter
Witz dabei sofort erscheint, wenn man dass Wort,
die Vergangenheit und Gegenwart zur Kenntnis
anderem im Rahmen der staatlichen Anerken-
diesen Ausdruck, anfängt auseinanderzunehmen.
zu nehmen, hier muss man was tun. Das fängt mit
nung durch entsprechende Gutachtertätigkeiten
Das nämlich das Wahre nicht zu haben ist ohne
einfachen handwerklich, körperlichen Sachen an
die Vergleichbarkeit des Studienangebotes des
eine Handlung, ohne etwas zu tun, man muss
und geht dann bis in kompliziertere Arbeitssitu-
Fachbereich Architektur mit staatlichen Hoch-
etwas tun, zum Beispiel wenn man die Landschaft
ationen hinein. Dieser Zusammenhang zwischen
schulen bestätigt.
hier wahrnehmen will, dann muss man, ich sage
einem Interesse für Wahrheit, für das Wahre, was
mal, physiologisch aktiv werden, erst mal die
auch immer das jetzt ist, das verbunden wird mit
freut sich auch bei Studierenden und Dozenten der
Augen aufmachen, die Beine bewegen, spazie-
dem Training der Möglichkeiten des Nehmens.
Alanus Hochschule großer Beliebtheit, versucht er
ren gehen und vielleicht sogar mit Menschen
Das Wahre muss genommen werden. Aber man
doch, dort immer in einem interdisziplinären Set-
sprechen. Der ganze Körper ist beteiligt und
muss die Techniken des Nehmens, also der An-
ting bedeutenden Fragestellungen in Architektur
Wahrnehmung hat sehr viel zu tun mit einer ganz
eignung, trainieren um an diese Spielarten der
und Gesellschaft auf die Spur zu kommen.
komplexen Situation des Körpers in welche die
Wahrheit heranzukommen. Das ist der Schlüssel
Der stellvertretende Vorsitzende des Werk-
Die von ihm geleitete Werkbund Akademie er-
126
Mir scheint, wenn man diese Hochschule hier
wie man diese Hochschule ganz gut interpretieren
Werke schaffen, also beispielsweise Löffel und
„Nee, also mit einem Kunstwerk, also ich möchte
kann, und das trifft auch auf den Werkbund zu.
Häuser, vielleicht auch Städte. Wir wissen aber
einen Stuhl, haben auf dem ich sitzen kann, aber
nicht genau wie, wir müssen unsere Erfahrungen
nicht nur ich, sondern 4000 andere Leute auch,
licher Art, da ist nämlich das Werk, dass eine
austauschen. Man war vornehm genug davon
die wenig verdienen. Sie müssen einen anständi-
gewisse Rolle spielt, das kann z.B. ein Löffel sein,
auszugehen, dass diese Menschen in diesem Bund
gen Stuhl kriegen und der muss gut gemacht sein.
dieser Werkbund ist also ein Zusammenschluss
sehr verschieden voneinander sind. Wenn man
Außerdem muss das ein Serienprodukt sein, der
von Menschen, die sich mit diesem Werk abgeben
also drei an einem Tisch hat, dann hat man drei
muss mit Maschinen gemacht sein. Was heißt das
und da wird sichtbar, dass das eine gesellschaft-
ganz verschiedene Arten von Erfahrung, wenn
schon, Kunstwerk, also betonen wir das mit dem
liche Angelegenheit ist, also nicht nur einen
diese verschiedenen Menschen eine Empfehlung
Kunstwerk mal nicht so sehr, gehen wir lieber mal
einzelnen Menschen betrifft.
im Bezug auf Werkvorgänge geben, dann sind diese
von einer Massenproduktion aus, dann liegen wir
Empfehlungen sehr unterschiedlich, manchmal
auf einer besseren Linie.
Der Werkbund, selbst das Wort ist von ähn-
Eben hatte ich, als ich anfing über Wahrnehmung zu sprechen, mehr psychologisch interpretiert,
sogar widersprüchlich (und manchmal kriegen
Und an der Stelle waren diese beiden Leute ab-
indem ich also einen Menschen bei seiner Wahr-
die sich sogar in die Wolle). Aber sie waren be-
gründig voneinander verschieden: Der berühmte
nehmungsarbeit betrachte, bei dem Werkbund ist
freundet und wollten diese divergierenden Erfah-
Typenstreit in Köln, bei der großen Werkbund-
aber sofort die Gesellschaft dabei, der Werkbund
rungen austauschen. Da sagte zum Beispiel einer,
ausstellung 1914. Ich will aber jetzt nicht diese
ist ein Bund, das sind befreundete Leute die
den nenne ich jetzt mal Henry van der Velde:
Einzelheiten erwähnen, sondern ich will sagen,
diesen Bund bilden, sich ab und zu treffen um
„Jedes Ding, das ich anfasse wird, wenn ich lang
dass das Tun, das Werken, in dem Falle vom
Erfahrungen über Werkvorgänge auszutauschen.
genug daran tätig bin, ein Kunstwerk sein. Ob das
Werkbund und in der Besinnung auf diese Mach-
Wie macht man ein Werk? Wie machst du das,
jetzt ein Stuhl ist oder das Kleid einer schönen
vorgänge, die hier bei den Plastikern, den Malern,
wie macht der das? Wie kann man es anders ma-
Frau, ein Gebäude oder eine ganze Hochschule ...
den Architekten und den Tänzern eine Rolle
chen? Und so weiter. Der gegenseitige Austausch
am Ende wird es ein Kunstwerk sein, und muss
spielen, dass diese Machvorgänge studiert werden
im Bezug auf die Verfahren des Werkens, das ist
ein Kunstwerk sein und das soll die Zielvorstel-
um, wenn es gut geht, ein Werk zu erzeugen. Und
das Wesen des Werkbundes und das war auch der
lung sein, die gilt.“
so ist dieser Werkzusammenhang, sowohl hier
Ausgangspunkt für die Gründung des Werkbun-
Und dann kommt mit Sicherheit jemand an-
des. Diese Leute haben sich überlegt, wir müssen
ders, zum Beispiel Herr Muthesius der sagt dann:
an der Hochschule als auch bei den Grundüberlegungen des Werkbundes charakteristisch, da treffen sich diese beiden Einrichtungen tatsächlich auf eine besondere Art. Da werden zwei Ideen miteinander verbunden: Der eine Ideenstrang, der auf das Dinghafte zielt, das heißt es müssen schöne, gute vernünftige, brauchbare Dinge gemacht werden, das ist der Dingzusammenhang, den man benennen kann. Diese Etiketten kann man dann an die Dinge hängen, dann gibt es gute Stühle und schlechte Stühle. Oder ein Lehrer kann sagen, das war ein guter Entwurf für ein Wohnhaus und das war ein ganz miserabler, aus dem und dem Grund. Man führt sogenannte sachliche Gründe an, dann haben die Dinge die und die Eigenschaften und die kann man beim Namen nennen. Die andere Seite der Diskussion ist die des Werkens, des Herstellens, des Machens, der Vorgänge. Da muss also dieser Lehrer in der Hochschule nicht als erstes sagen, das ist ein schlechter Entwurf, sondern der muss sagen, da musst du anders rangehen. Du hast zum Beispiel gar nicht drüber nachgedacht, dass da mehrere Leute sind, die in
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diesem Haus leben wollen und die sind verschie-
Fakultät Architektur denken und man sagt: Die
gibt und muss selber erfahren. Das nennt man
denartig gebaut und so weiter. Du musst auf die
Architektur muss gültig sein, sie muss Bedeutung
auch lernen, das ist eine andere Art des Lernens.
Lebensverhältnisse gucken, von da aus musst Du
haben, sie muss wertvoll sein für Menschen.
mehr einsteigen, dann findest Du eine andere
Also muss man zuerst den Menschen studieren.
keit bei der Suche nach der Wahrheit denken.
Form, die dafür besser geeignet ist. Das heißt
Man muss etwas wissen über die Bewegungen
Zum Beispiel den Weg über die Literatur. Man
Du musst deine Methode umstellen, damit Du
des Körpers und man muss die Handlungen des
kann ganz wichtige Bücher lesen, die genau davon
am Ende ein besseres Ding, in diesem Fall, einen
Menschen studieren. Aber auch die Vorgänge
handeln. Man kann sogar von Thomas Bernhard
besseren Entwurf rausbringst. So wird also immer
gesellschaftlicher, kultureller, historischer Art
lernen wie man Architektur nicht machen darf
gespielt mit diesen beiden Momenten, mit diesem
spielen eine Rolle. Und das könnte der Einstieg
und solche Kuriositäten, oder von Rainer Maria
Dingmoment und mit dem Machmoment, mit
bei der Suche nach der Wahrheit sein: Das Leben
Rilke oder von Stefan George kann man lernen
dem Tun. Diese Wörter könnten sozusagen die
kennen lernen. Man sollte also den Studierenden
wie man ein Gebäude bauen sollte. Also, eine
Schlüssel sein, über die man in diese Themen
empfehlen zunächst mal alles das zu tun, Berliner
andere große Kunstform kann das Tor sein, in das
einsteigen kann.
Ballen zu essen, aufs Klo zu gehen, nach Italien
man eintreten muss, um die Wahrheit zu finden.
zu reisen, Fahrrad zu fahren. Alles das muss man
Es gibt mehrere Möglichkeiten durch diese Tore
tun, das Tun muss man an den Anfang stellen.
zu gehen, in der Hoffnung diese Landschaft zu
Und wenn man dann nach Hause kommt, dann
finden, die man die Wahrheit nennt oder das
hat man eine Portion Erfahrung gemacht, wie
Wahre oder das Gültige.
» Man muss zuerst den Menschen studieren. «
Ich könnte mir auch noch eine dritte Möglich-
man das so schön nennt, und dann hat man den Einstieg gefunden in dieses Tor, in die Werkstatt
Annett Hillebrand Ich gehe davon aus, dass Sie all
sozusagen. Dann kann man sich in die Werkstatt
diese Wege beschritten haben …
begeben, an den Tisch setzen und etwas zeichnen oder einen Vorschlag machen, der zu tun hat mit
Wolfgang Meisenheimer Ich habe immer kleine
Benedikt Stahl Was mir in diesem Zusammen-
Wahrheit, in dem Sinne, dass man hofft die Form
Spaziergänge gemacht, aber eine Menge davon!
hang sehr gut gefällt, ist auch der Begriff des
die man erzeugt, die wird, wenn es gut geht, etwas
Spiels, des Spielerischen, nicht in der Bedeutung
zu tun haben mit diesen Erfahrungen. Die Er-
von kindlicher Naivität, sondern eigentlich mehr
fahrung wird in dieser Form drin stecken. Wenn
in der Bedeutung von Offenheit für das, was noch
ich aus Italien zurückkehre oder ich komme aus
nicht da ist. Also Offenheit und Freiheit für das
Sifnos zurück und betrachte hier wieder Archi-
was noch nicht da ist, es gibt noch keine Regel
tektur und analysiere sie oder entwerfe sogar,
dafür, wie das Machen aussieht.
dann hat dieser Entwurf, das was ich hier baue, schon auch was mit Sifnos zu tun. Dann gibt es
Annett Hillebrand Ja, genau das, die Offenheit, ist
einen Gedankenfaden der die Vergangenheit mit
» Ich habe mich darin geübt Sachen gerne zu haben, die ich selbst nicht mache oder machen würde. «
ja die Grundvoraussetzung für das Wahrnehmen.
der Gegenwart verknüpft, der eine entfernte Land-
Beim Wahr-Nehmen stellt sich mir aber noch
schaft mit diesem Ort hier verbindet. Ich spinne
folgende Frage: Wie kommt man denn zu der
kulturelle Fäden. Die Suche nach der Wahrheit
Erkenntnis, was wahr ist? Wenn die Studierenden
hat also zu tun mit der Erfahrung, mit dem Leben
Annett Hillebrand Welche Architektur ist denn
wahrnehmen, das Wahre nehmen sollen, und
könnte man auch sagen.
für Sie wahr?
nicht nur einfach nehmen, was ihnen angebo-
Ein zweiter ganz andersartiger Einstieg bei der
ten wird, sondern die Impulse der Dozenten
Suche nach der Wahrheit, könnte ein akademi-
Wolfgang Meisenheimer Ich habe mich darin
auch reflektieren, wie können sie dann für sich
scher sein: das Lernen. Man geht in die Bibliothek.
geübt, auch als Lehrer in Düsseldorf, Sachen
entscheiden, was wahr ist? Welchen Erkenntnis-
Wenn man also einen Entwurf, zum Wohnungs-
gerne zu haben die ich selbst nicht mache oder
weg müssen die Studierenden gehen? Wenn wir,
bau oder zum Fabrikbau, machen muss, dann
machen würde. Ich habe sogar auch Entwürfe
um Ihr Beispiel von vorhin nochmal aufzuneh-
sucht man die Bücher raus, über Wohnungsbau
betreut und auch sehr gut bewertet, denen ich als
men, durch eine Landschaft gehen, ist es jetzt im
oder Fabrikbau, dann studiert man mal, wie das
Architekt nicht folgen würde, also die ich selbst
aufkommenden Frühling fast schon allgemein
in Skandinavien gemacht wird, damals oder jetzt
für mich nicht haben möchte, die ich nicht in
gültig, dass das schön ist, dass man sich freut und
in Frankreich oder anderswo auf der Welt. Man
mein Werk aufnehmen wollte. Aber das ist eine
jubiliert. Aber wann jubiliert Architektur, sodass
nimmt zur Kenntnis, was die kultivierte Welt denn
Frage der Noblesse eines Lehrers, dass er offen ist
wenn Menschen daran vorbei gehen, diese wirk-
so drauf hat, man sucht die Wahrheit, bei diesem
für die Kapriolen, die der Andere macht. Da gilt
lich berührt werden und wie vermittelt man den
zweiten andersartigen Anlauf, man sucht sie in der
es dann in Wirklichkeit demjenigen zu helfen,
Studierenden genau das? Wie vermittelt man die
bereits bestehenden Kultur. Ganz gleich, ob die
seine Kapriolen sauber hinzubekommen ohne
Wahrnehmung für das Wahre oder die Erkenntnis
jetzt literarischer Art ist, ob man ins Museum geht,
Genickbruch oder so. Das ist wie im Zirkus, man
für das Wahre?
ob man speziell dafür eine Reise macht um von
muss dem dann helfen, der darf nicht umkommen
einem Gebäude, das irgendwo steht, zu lernen. Be-
bei seiner Übung und man kennt so einige Tricks,
Wolfgang Meisenheimer Es gibt mehrere Mög-
stimmte Gebäude muss man natürlich im Original
Netze sozusagen, die man als Hilfsmaterialien zur
lichkeiten einen Einstieg zu riskieren in dieses
gesehen haben und zur Kenntnis nehmen. Dieser
Verfügung stellen kann. Aber das bedeutet noch
Gebirge „Wahrheit“. Ein Einstieg könnte folgen-
zweite Einstieg, der hat zu tun mit der kulturellen
lange nicht, dass man das jetzt selber mag was der
dermaßen funktionieren: wenn wir mal an die
Erfahrung, man muss wahrnehmen, was es schon
Andere macht oder empfiehlt.
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Annett Hillebrand Aber wenn der Andere es mit
wenn man im voraus alles sagen könnte, als wenn
ansetzen kann. Der Rest ist, Du sagtest es gerade,
Leidenschaft macht, wenn er genug geübt hat,
man jemanden sagen könnte wie man bauen soll-
offen, also spielerisch eben. Das heißt, da wird
sich in anderen Kulturen und Künsten gesucht
te, wo es lang geht, oder wenn einer einen Roman
getastet, da wird versucht, das ist ein gewaltiges
und gefunden hat, dann würden Sie es trotzdem
schreiben will, wie man das zu machen hat. Da
Experiment, jeder Entwurf, jede Herstellung eines
gut heißen, auch wenn Sie es selber nicht machen
muss ich sagen, von dieser Art von Prophetentum
Löffels oder eines Gebäudes ist in dem Sinne ein
würden?
wende ich mich vollkommen ab, das finde ich
Spielvorgang. Das bedeutet, da werden probeweise
auf ganz groteske Weise falsch. Wir wissen nichts
Situationen herbeigeführt, spielerisch, offen, man
vorher sicher. Was wir sicher haben können, das
weiß nicht ganz genau wohin es führt. Allerdings,
sind Informationen und Regeln die man rational
wie gesagt, man benutzt rationale Regeln dann
Annett Hillebrand Also geht es Ihnen immer um
formulieren kann, und zwar rational im Sinne der
doch, das sind einzelne rationale Regeln die man
die Haltung des Studierenden beim Tun?
Naturwissenschaften. Man kann zum Beispiel sa-
befolgen muss, aber das Ganze ist ein offenes
gen wenn, man einen Stift so und so macht, dann
Spiel. Deswegen glaube ich auch, wenn wir von
kann man damit Striche auf das Papier machen,
unserer gesamten Arbeit sprechen, diese im
das lässt sich beweisen, physikalisch und che-
Wesentlichen einen Spielcharakter hat. Aber in
misch und das lässt sich mechanisch ausführen.
diesem Spiel sind die Kapseln oder Felder der Ra-
Das heißt also, dass in dieser Naturwissenschaft,
tionalität untergebracht und an der Stelle geht es
besonders in der Physik und der Mathematik aber
nicht ohne die Schule, da muss man lernen, damit
auch in der Technik, sehr viel Rationalität steckt.
umzugehen. Wer meint er könnte ohne Training
Man muss beweisen, dass das so und so geht.
in den rationalen Feldern durchkommen, der irrt.
Wolfgang Meisenheimer Ja, natürlich, absolut!
» Leiden gehört unbedingt zur Liebe dazu, denn Leidenschaft ist nicht anderes als eine intensive Liebe. «
Man muss auch beweisen, dass ein Gebäude nicht zusammenfällt, weil die Statik stimmt. Oder man
Annett Hillebrand Also nur Spielen ist auch nicht
muss beweisen, dass man das in einem bestimm-
das Wahre.
ten finanziellen Rahmen hinkriegt, da muss man Wolfgang Meisenheimer Ja! Eben in dem Moment
eine Kostenschätzung machen. Ökonomie spielt
fange ich an, das sehr zu lieben, wo ich sehe, dass
auch eine Rolle. Das heißt, es gibt allerhand
das leidenschaftlich gemacht wird. Die Arbeit,
rationale Wege die wir benutzen müssen, aber das
das Werken muss mit Leidenschaft passieren, das
Ganze, der ganze Entwurf, also die ganze Tätigkeit
heißt, dass man sich besinnt auf das Reglement,
etwa eines Designers oder eines Architekten, auch
und man tut das jetzt, allerdings mit verve, wie
eines Künstlers natürlich, ist aber nicht charakte-
die Franzosen sagen würden, man muss da schon
risiert durch diese Rationalität. Sondern, in der
powern, wie die Engländer sagen würden oder
Arbeit des Designers und des Architekten stecken,
man muss ran, wie die Kölner sagen würden.
rationale Felder in denen man lernen kann, die
» Aber das Ganze ist anders, das Ganze muss man auf ahnende poetische Weise zusammentragen. «
man beherrschen muss. Man muss in die Schule Annett Hillebrand … ist das, das Leiden in der
gehen, Prüfungen machen, man muss auch an-
Leidenschaft?
deren Leuten beweisen, dass man das kann und
Wolfgang Meisenheimer Nein, natürlich nicht.
so weiter, das sind diese rationalen Felder. Aber
Man kann auch so ganz allgemein sagen, das Spie-
Wolfgang Meisenheimer Ja, das ist eine sehr posi-
das sind eigentlich nur Partikel in der Arbeit, also
len ohne Regeln zu akzeptieren gar nicht existierst
tive Interpretation von Leiden, das gefällt mir …
kleine Arbeitsfelder. Die haben rationalen Cha-
– das geht gar nicht.
rakter, da lässt sich beweisen dass etwas für uns so Annett Hillebrand Wir haben ja damit angefan-
sein muss, sonst geht es eben nicht.
Beim Spiel ist Offenheit charakteristisch, aber eingebettet im Spiel ist hier und da immer wieder
gen Wahrnehmen und Werkbund auseinander zu
ein Reglement, dann darf auch der Andere sagen:
nehmen, dann nehmen wir jetzt mal Leidenschaft
Halt, das darfst du nicht. Es handelt sich immer
auseinander. Wolfgang Meisenheimer Ja schön, das finde ich prima! Leiden gehört unbedingt zur Liebe dazu, denn Leidenschaft ist ja nicht anderes als eine intensive Liebe. Und das hat mit Feurigkeit zu tun, selbstverständlich, man geht aber auch ein bisschen kaputt daran, stimmt auch. Ich wollte dazu aber auch was zu Benedikts
» Jeder Entwurf, jede Herstellung eines Löffels oder eines Gebäudes ist ein gewaltiges Experiment. «
um große spielerische Vorgänge, aber bei diesen spielerischen Vorgängen stößt man immer wieder auf diese, ich nenne sie mal die Inseln der Rationalität, wo man Regeln befolgen und gelerntes Wissen reproduzieren muss. Aber das füllt nicht die ganze Kiste der Arbeit, sondern die ganze Kiste sollte eigentlich so sein wie ein Traum, also ein großes lustiges Spiel, ein lustvolles Spiel. Das Wahre muss man erobern!
eben erwähnter Spieltheorie sagen: Also ich Annett Hillebrand Herzlichen Dank für das
schließe mich dem an, dass das Spielen ein sehr interessantes Thema ist, ich würde dazu noch ger-
Aber das Ganze ist anders, das Ganze muss man
ne einen kleinen Beitrag liefern, also: So genannte
auf ahnende poetische Weise zusammentragen.
gebildete Leute, auch unter den Architekten und
Und dann wird man feststellen, dass man nur an
Planern, versuchen den Eindruck zu erwecken, als
bestimmten Stellen diese rationalen Momente
Gespräch Herr Meisenheimer. ■
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April 2014 ISSN 2190-3565
April 2014 ISSN 2190-3565