Zwischentöne - Ausgabe 43

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Nummer 43 Februar 2020

ZWISCHENTÖNE Das Generationen-Magazin


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2 Editorial Wissenschaft & Forschung 4 Alleinleben im Alter Gedichte 3 Ich hätte so gerne ein Hollandrad 27 trotzputz 33 Die Sterne 36 Der Gorilla 36 In meinem Kopf 37 Eine Träne 37 Schwarzbuch Kultur : Bildung : Leben 12 Halbinsel Wittow auf Rügen 28 Gutmunda – Ein emanzipatorisches Märchen Zeit 14 Zum 20jährigen Bestehen des Generationenmagazins ZwischenTöne 18 Riesen der Lüfte im Rheinland 24 Als Teenager in den 50er Jahren 30 Dann müssen eben die Steine reden – Weltkriegsende vor 75 Jahren 34 Eine Nacht in Hamburg. Oder: Wie ich den Mauerfall erlebte Raum 38 Nauru – Das verwüstete Paradies Mundart 44 In Memoriam Rudolf Hermann Sous 46 Wenktermorrejje – Szene für Instrumente und Sprechstimme 48

impressum

Inhalt

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Liebe Leserin, lieber Leser! „Feiern wir einfach durch bis 2021?!“ schreibt der WDR auf seiner Internetseite zum Beginn des neuen Jahrzehnts.

Das Thema Alleinleben im Alter wurde bereits als Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Allein, aber nicht einsam!?“ vorgestellt.

Denn mit dem Beginn der 2020er Jahre brach gleich eine Diskussion los, wann denn nun das Jahrzehnt wirklich vollendet ist. Umgangssprachlich, so der WDR, beginnen die neuen Jahrzehnte bereits bei 0, 10, 20 usw., auch wenn es nie in unserer Zeitrechnung ein Jahr Null gab. Also hat für uns eigentlich alles seine Richtigkeit, wir dürfen das beginnende Jahr 2020 als Start ins Neue Jahrzehnt bezeichnen. Im Prinzip könnten Sie aber zweimal den Beginn des neuen Jahrzehntes feiern, jetzt und einmal Anfang 2021.

Die Vortragsreihe im Wintersemester 2019/2020 wurde regelmäßig von 150 Teilnehmenden besucht. Die Resonanz war herausragend! Die Auseinandersetzung mit dem Thema Einsamkeit und Alleinsein hat noch einmal aufgezeigt, welche Risiko- und Schutzfaktoren zu beachten sind, um nicht selbst im Laufe des Lebens von Einsamkeit betroffen zu sein. Der Mensch als soziales Wesen braucht die Gemeinschaft, um gesund zu bleiben.

Wie dem auch sei, wir wünschen Ihnen allen ein gesundes, zufriedenes und glückliches weiteres Neues Jahr und Jahrzehnt. Für das Generationen-Magazin ZwischenTöne ist ebenso ein neues Jahrzehnt abgeschlossen, wir werden in diesem Jahr 20 Jahre alt! Aus gegebenem Anlass hat Prof. Dr. Engelbert Kerkhoff, der seinerzeit unser Magazin begründet hat, einen Beitrag zur Entstehungsgeschichte geschrieben. Lesen Sie also nach, wie alles begann! In der vorliegenden Ausgabe 43 finden Sie wieder Beiträge zu den Themen Kultur, Bildung und Leben, biografische und historische Erzählungen und Gedichte vom Redaktionsteam und externen Autoren sowie einen wissenschaftlichen Beitrag über das Alleinleben im Alter.

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Editorial

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele interessante und wohltuende Begegnungen im Jahr 2020 und in Ihrem weiteren Leben und eine entspannte Zeit mit der Lektüre des Generationen-Magazins ZwischenTöne.

Herzlichst Sigrid Verleysdonk-Simons und das Redaktionsteam ZwischenTöne


ich hättE so gErnE Ein hollanDraD Von JoSÉE hüMPEL-LAnGEn

ich hätte so gerne ein hollandrad ein hollandrad mit rosen darauf sitzt man so bequem so leicht und wenn ein prinz kommt steige ich ab

GEDIcHTE

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allEinlEBEn iM altEr PotEnZiALE, RiSiKEn UnD GEStALtUnGSoPtionEn VON ARTHUR DREWNIOK Die Lebenserwartung der Menschen in Deutschland steigt seit Jahren kontinuierlich. Prozentual betrachtet waren im Jahr 2014 21% der Bevölkerung in Deutschland 65 Jahre und älter (Bundesamt, 2016). Für das Jahr 2060 wird ein Anstieg auf über 22 Millionen Menschen in dieser Altersgruppe prognostiziert. Bei konstanter demografischer Entwicklung werden dann 33% der deutschen Bevölkerung 65 Jahre und älter sein (Statistisches Bundesamt 2015). Laut Vorausberechnungen ist in der Bevölkerungsgruppe der Personen im Alter von 80 Jahren und älter ein besonders starkes Wachstum zu erwarten. So wird sich die Zahl der Menschen in dieser Altersgruppe von ca. 4,5 Millionen (ca. 6%) im Jahr 2014 mit ca. 9 Millionen (13%) im Jahr 2060 verdoppeln (Statistisches Bundesamt 2015).

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WISSENScHAFT & FORScHUNG


1 Einleitung Der Gewinn an Lebensjahren ist eine Der Alterssurvey grundsätzlich positive und wünschensist eine repräsenwerte Entwicklung. Nach aktuellen tative Befragung Ergebnissen des Alterssurveys weist des Deutschen die Mehrheit der älteren Menschen (zwiZentrums für schen 55 und 85 Jahre) in Deutschland Altersfragen eine gute oder mittlere subjektive Ge(DZA), die seit 1996 regelmäßig sundheit und hohe Lebenszufriedenheit durchgeführt wird. auf (Wolff et al., 2017). Im Vergleich zu Befunden aus älteren Befragungswellen des Alterssurveys zeigt sich diesbezüglich ein leicht positiver Trend. Dies wird durch Ergebnisse weiterer Querschnitt- und Längsschnittuntersuchungen bestätigt (Abu Sin et al., 2015). Die höhere Lebenserwartung und die durchschnittlich gute Gesundheit und Lebensqualität der älteren Menschen eröffnen Gestaltungsräume auf individueller und gesellschaftlicher Ebene. Es ergeben sich individuelle und politischstrukturelle Verantwortlichkeiten. Nicht zuletzt müssen sich die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten auch mit einer weiteren Seite des Alters näher beschäftigen. Denn mit dem steigenden Alter (vor allem ab dem 80. Lebensjahr) erhöht sich auch sukzessive die Inzidenz und Prävalenz von chronischen Erkrankungen, Gebrechlichkeit (Frailty), Stürzen und funktionalen Einschränkungen im Alltag, die in der Folge zu Unterstützungs- und schließlich Pflegebedarf führen können (Abu Sin et al., 2015). Der Lebensabschnitt Alter ist aktuell auch durch eine immer größer werdende Differenzierung und Individualisierung der Lebenswelten geprägt. Zu den wesentlichen Faktoren gehören neben Alters-, Gesundheits-, Einkommens- und Bildungsaspekten auch der Familienstand, der Migrationshintergrund oder auch die sexuelle Orientierung. Die Erwartungen an Rollen und Rollenträger erweitern sich, werden hinterfragt und in vielen Bereichen neu ausgehandelt und definiert (Amrhein, 2008). In diesem Beitrag soll der Blick auf die Gruppe der älteren Menschen gerichtet werden, die allein durch die Lebensphase Alter gehen. Zunächst werden die unterschiedlichen Gruppen unter den alleinlebenden Älteren definiert und die wesentlichen empirischen Erkenntnisse zusammengetragen, um schließlich auf förderliche und hemmende Aspekte in der Gestaltung der Lebensphase Alter in dieser Zielgruppe einzugehen. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Bereich der Hilfsbedürftigkeit aufgrund von chronischer Krankheit oder funktionalen Einschränkungen.

2 Das Merkmal „Allein …“ in der statistischen Betrachtung In welchen Lebensformen leben ältere Menschen heute in Deutschland? Schaut man sich die Altersklasse zwischen 60 und 69 Jahren an, stellt man fest, dass die meisten Menschen verheiratet sind. Das trifft auf mehr als drei Viertel der Männer und gut zwei Drittel der Frauen zu. Mit steigendem Alter nimmt der Anteil der Personen, die in einer Ehebeziehung leben, kontinuierlich ab. Bei Männern ist die Abnahme aber deutlich geringer ausgeprägt als bei Frauen. So sind immer noch 61% der Männer im Alter von 80 Jahren und mehr verheiratet, während dies auf nur 22% der gleichaltrigen Frauen zutrifft (Nowossadeck und Engstler, 2013). Warum sind Frauen so viel häufiger als Männer im Alter ohne Partner(in)? Und wie gestaltet sich das Leben für die älteren Menschen ohne Partner(in)? Um sich dem Phänomen zu nähern, ist man auf möglichst verlässliche empirische Daten angewiesen. Eine gute Datengrundlage liefert der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes. Dabei können die unterschiedlichen Lebensformen älterer Menschen in Deutschland relativ genau beschrieben werden.

Der Mikrozensus ist eine 1-Prozentige Befragung der deutschen Bevölkerung. Die Auswahl der mehr als 800.000 Menschen wird nach einem Schich­ tungsmuster vorgenommen, das möglichst genau an die repräsentative Verteilung bestimmter Merkmale (Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, etc.) innerhalb der Gesamtbevölkerung heranreicht. Die Ergebnisse der Befragung werden anschließend auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. (Statistisches Bundesamt, 2017).

Der Mikrozensus differenziert in Bezug auf die Lebensform die Merkmalsausprägungen: alleinstehend, alleinlebend, ledig, verwitwet und geschieden (Statistisches Bundesamt, 2017). Diese sollen nun auch mit einem Fokus auf den zeitlichen Entwicklungstrend näher betrachtet werden.

2.1 Die Alleinstehenden Als Alleinstehende werden im Mikrozensus alle Personen bezeichnet, die ohne Partner bzw. Partnerin und ohne lediges Kind in einem Haushalt leben, unabhängig vom Familienstand. Alleinstehende können also als ledige, getrennt lebende, geschiedene oder verwitwete Personen in Einpersonen- oder Mehrpersonenhaushalten wohnen (Statistisches Bundesamt, 2017). Sie können sich damit den Haushalt mit nichtverwandten Personen teilen, beispielhaft in einer Wohngemeinschaft. Wenn alleinstehende Personen in einem Mehrpersonenhaushalt wohnen, dann meist mit ihren erwachsenen, nicht mehr ledigen Kindern (Statistisches Bundesamt, 2012).

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2.2 Die Alleinlebenden Die Alleinlebenden sind laut Mikrozensus Menschen, die in Einpersonenhaushalten wohnen. Sie stellen den größten Anteil der Alleinstehenden dar. Das Merkmal Zugehörigkeit zu einem Einpersonenhaushalt sagt wiederum lediglich aus, dass eine Person allein wohnt. Sie kann ledig sein, also nicht in einer Partnerschaft, sie kann verheiratet oder in einer partnerschaftlichen Beziehung sein, aber dennoch in einem getrennten Haushalt wohnen, sie kann geschieden oder verwitwet sein (Statistisches Bundesamt, 2017). Das statistische Merkmal alleinlebend ist also differenzierter zu betrachten. Im Jahr 2017 lebten insgesamt 5,9 Millionen Menschen über 64 Jahre allein. Dies entspricht einem Drittel der Bevölkerung in dieser Altersgruppe. Dabei sind Frauen (mit ca. 45%) deutlich häufiger alleinlebend als Männer (ca. 20%). Mit dem Altersgang steigt der Anteil der alleinlebenden Personen und es zeigt sich auch hier eine zunehmende Differenz zwischen den Geschlechtern. Mit 80 Jahren wohnen ca. 58% der Frauen und ca. 22% der Männer allein (Statistisches Bundesamt, 2017). In der längsschnittlichen Betrachtung wird ebenfalls ein geschlechtsspezifischer Trend erkennbar. Waren in den 1970er Jahren ältere Frauen in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen noch viermal so häufig alleinlebend als Männer (30% vs. 7,5%), so hat sich die Verteilung mittlerweile stark angeglichen (22% bis 18%). Der Anteil alleinlebender Männer nimmt in dieser Kohorte stetig zu, bei Frauen ist eine entgegengesetzte Entwicklung sichtbar. In den höheren Alterskohorten ist dieser Trend nicht ganz so deutlich, am schwächsten ist er bei den hochaltrigen Personen. Der große Anteil alleinlebender Frauen in den 1970er, 80er und 90er Jahren ist durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges erklärbar (in den betroffenen Jahrgängen sind viele Männer im Krieg gefallen) (Nowossadeck und Engstler, 2013). Der Anteil alleinlebender Personen (bezogen auf alle Altersklassen) steigt mit der Größe des Wohnortes. So liegt dieser in Gemeinden mit einer Einwohnerzahl unter 5000 Menschen, durchschnittlich bei 14%. In Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern liegt der Wert bei durchschnittlich 29% (Statistisches Bundesamt, 2012).

2.3 Die Verwitweten Die größte Gruppe unter den alleinlebenden Personen im Alter sind die Verwitweten, nämlich etwas mehr als 70%. Alleinlebende Frauen sind häufiger verwitwet als alleinlebende Männer (76% vs. 53%) (ebd.). In der Längsschnittbetrachtung nimmt der Anteil der verwitweten Personen in allen Altersklassen und auch in beiden Geschlechtern ab. Von allen Männern in der Altersgruppe der

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60- bis 69-Jährigen waren im Jahr 1991 6% und von allen Frauen 16,5% verwitwet. Im Jahr 2011 lagen die Werte bei 3,5% und 13,3%. In der Altersgruppe der 80-Jährigen und älteren waren im Jahr 1991 38,9% der Männer und 77,7% der Frauen verwitwet, während dies im Jahr 2011 auf jeweils 29,6% und 63,9% zutraf (Nowossadeck und Engstler, 2013).

2.4 Die Geschiedenen Der Anteil der Scheidungen bei älteren Menschen an allen Ehelösungen (Ehelösungen werden vor allem durch das Ableben des Ehepartners/der Ehepartnerin, also Verwitwung, mit 65% hervorgerufen) liegt aktuell bei ca. 35%. Zwar ist der prozentuale Anteil älterer Geschiedener an allen geschiedenen Personen mit ca. 7% Männern und 4% Frauen eher gering (höchster Anteil liegt sowohl bei Männern als auch Frauen in der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen mit ca. 40%), dennoch gewinnt er an Bedeutung, da die Anzahl der Scheidungen nach mehr als 20 Jahren Ehe seit längerer Zeit kontinuierlich steigt. Im Vergleich zum Jahr 1991 hat sich die Zahl knapp verdoppelt (Nowossadeck und Engstler, 2013).

2.5 Die Ledigen Auch die Zahl der ledigen Personen nimmt im Zeitvergleich zu. Heute sind mehr ältere Personen ledig als noch 1991. In Bezug auf die geschlechtliche Verteilung ist eine ähnliche Entwicklung, wie bereits bei Alleinlebenden geschildert, erkennbar. Im Vergleich zu 1991 ist in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen Männer eine Zunahme von ca. 151% feststellbar. Die gleichaltrigen Frauen sind seltener ledig als 1991. Hier ist eine Abnahme von 35% festzustellen. Der größte Anstieg ist bei den 70- bis 79-Jährigen Männern mit 316% zu beobachten, während bei Frauen wiederum eine Abnahme um 17% vorliegt. Auch bei den Männern, die 80 Jahre oder älter sind, kann eine deutliche Steigerung von 131% konstatiert werden (Frauen: Zunahme von 21%) (Nowossadeck und Engstler, 2013). Betrachtet man die absoluten Zahlen, wird es noch etwas deutlicher. Im Jahr 1991 waren 139 Tsd. Männer im Alter von 60-69 Jahren ledig. In der gleichen Altersgruppe der Frauen lag die Zahl bei 370 Tsd. Im Jahr 2011 stieg die Zahl der ledigen Männer in dieser Altersgruppe auf 360 Tsd., während sie bei den Frauen auf 240 Tsd. fiel (ebd.). Wie schon unter dem Unterpunkt „Alleinlebende“ erwähnt, ist eine geschlechtsspezifische Kehrtwende, sowohl bei den geschiedenen als auch ledigen Personen, festzustellen. Es scheint damit sehr wahrscheinlich, dass der Anteil der alleinlebenden (ledigen und geschiedenen) älteren Männer zukünftig sogar noch weiter steigen wird.


3 Wege in das Alleinleben, seine Potenziale und Risiken 3.1 „Alleinleben lernen“ braucht Zeit und Freiwilligkeit Die Wege in das Alleinleben sind sehr unterschiedlich. Zum Teil wird die Entscheidung für das Alleinleben von einem komplexen Bündel von Ereignissen und Entscheidungen beeinflusst (Baas et al., 2008; Engel et al., 1996). Es lässt sich in diesen Fällen nicht eindeutig feststellen, was die wesentliche Einflussgröße darstellt. Vor allem im Alter spielt die Verwitwung als Grund für das Alleinleben eine wichtige Rolle. Der Tod des Ehepartners ist ein einschneidendes, für die meisten betroffenen Personen sogar kritisches Ereignis, das ihre Lebenswelt ins Wanken bringen kann. Auch Scheidungen sind zunehmend für das Alleinleben im Alter ursächlich (Baas et al., 2008). Grundsätzlich unterscheidet man zwischen so genannten Push- und Pull-Faktoren. Die Pull-Faktoren sind durch ein Moment der Freiwilligkeit geprägt. So kann z.B. das Leben in einer Ehe eine Engführung und Belastung darstellen, die das Alleinleben als eine gängigere Option erscheinen lässt. Die Menschen möchten allein leben und sie treffen diese Entscheidung sehr bewusst (ebd.). Zu den Push-Faktoren gehören Ereignisse, die betroffene Personen in das Alleinleben drängen. Als Beispiel können Ehescheidungen genannt werden, die von einem Ehepartner nicht gewollt bzw. nicht vorhersehbar waren (Baas et al., 2008). Gesamtgesellschaftliche Veränderungen bedingen die Entscheidung für den Verzicht auf ein Leben in einer Ehe bzw. einer festen Partnerschaft. Der soziale Druck, (möglichst früh) in eine Ehe einzutreten, nimmt stetig ab. Die fortschreitende Emanzipation der Frau, ihre steigende Partizipation am Berufsleben, aber auch das gestiegene Wohlstandsniveau, eine immer größer werdende Mobilität, das verbesserte Wohnangebot und ein deutlicher Lebensstilwandel mit einer Differenzierung und Individualisierung von „Geschmäckern“ und Lebensplanungen können als förderliche Faktoren wirken (Wilken et al., 1993; Baas et al., 2008; Bachmann, 1992). Bereits 1992 konstatierte Bachmann „So gelten Singles etwa als Epiphänomen der Pluralisierung familialer Lebenswelten, in der ein Bindungsverzicht als ein Ausdruck spezifischer gesellschaftlicher, historisch verordneter Verhältnisse er­ scheint, wie sie in den Erfahrungsraum des Einzelnen eingreifen und psycho-soziale Bewältigungsweisen herausfordern“ (Bachmann, 1992). Viele Männer und Frauen erleben das Alleinleben (im mittleren Erwachsenenalter) eher positiv und beschreiben es als einen persönlichen Reifungsprozess (ebd.). Dennoch

ist dieser Prozess oft auch von einer Ambivalenz begleitet, wobei die Personen zwischen dem Wunsch nach einem Leben in einer Paarbeziehung und dem Alleinsein hin- und herschwanken. Die Ambivalenz kann durch das Treffen einer abschließenden Entscheidung beendet werden, kann aber ebenso dauerhaft bleiben (ebd.). Die vorliegenden Forschungsergebnisse zeigen auf, dass Menschen, die seit einer langen Zeit allein leben (z.B. ledige Personen bzw. Personen, die bereits lange geschieden oder verwitwet sind) effektive Strategien aufgebaut haben und sich positiv mit der Realität des Alleinseins arrangiert haben. So haben sie häufig genauso viele bzw. sogar mehr soziale Kontakte als verheiratete Menschen, führen ein erfülltes gesellschaftliches Leben und treffen selbstbestimmt und nachhaltig wichtige Entscheidungen, die ihr Leben betreffen (Wilken et al., 1993).

3.2 Das plötzliche bzw. unfreiwillige Alleinleben als kritisches Lebensereignis Ganz anders kann sich die Situation von Personen gestalten, die die Erfahrung des Alleinseins unfreiwillig und zusätzlich erst im höheren Alter durchleben. Für beide Geschlechter ist der Tod des Ehepartners ein solcher Grund. Hier durchleben die Menschen eine Phase der Trauer, die auch durch eine Umstrukturierung und Neuorganisation ihres Lebens geprägt ist. Die Set-Point-Theorie besagt, dass es einer spezifischen Zeit bedarf, damit eine verwitwete Person den Zustand ihres Wohlbefindens vor dem Tod des Ehepartners wieder erreicht. Diese dauert durchschnittlich ca. zwischen einem bis fünf Jahre, in denen die Menschen durch eine besondere gesundheitliche Vulnerabilität beeinträchtigt sein können. Ein Teil der verwitweten Personen behält diese Vulnerabilität zeitlebens. Starke Geschlechtsunterschiede sind hierbei nicht erkennbar (Höpflinger et al., 2013). Bezüglich des Geschlechts sind aber zwei weitere Aspekte auffällig, die eine Umorganisation des Alltags betreffen. Zum einen fällt auf, dass verwitwete Männer deutlich häufiger wieder in eine Ehebeziehung eintreten. Zum anderen ziehen sie sich stärker als Frauen in die Beziehung zu ihren Kernfamilien (Kindern) zurück. Ein Aufbau eines sozialen Netzwerkes und eine verstärkte Orientierung auf außerfamiliäre Kontakte unterbleiben häufiger als bei verwitweten Frauen (ebd.). Ähnliche Phänomene beobachtet man auch bei geschiedenen älteren Männern. Auch hier ist die Quote der Wiederverheiratungen deutlich höher als bei geschiedenen Frauen (Höpflinger et al., 2013; Nowossadeck und Engstler, 2013). Geschiedene (ältere) Männer haben zudem ein deutlich erhöhtes Risiko zu erkranken bzw. vorzeitig zu sterben als verheiratete Männer und Frauen sowie geschiedene Frauen (Abu Sin et al., 2015, RKI, 2014). Als Erklärungen für dieses Phänomen werden unterschiedliche Ursachen

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diskutiert. Ein Grund scheint die klassische Rollenverteilung in den Ehebeziehungen zu sein. Die Frau übernimmt die Kindererziehung und den Haushalt, kümmert sich um soziale Kontakte der Familie. Der Ehemann widmet sich der Erwerbstätigkeit. Stirbt die Partnerin oder lässt sich scheiden, ist der ältere Mann mit der Haushaltsführung und der Organisation des Alltags häufiger überfordert (RKI, 2014). Ein anderer Aspekt bezieht sich auf die existenziell hohe Bedeutung des Verheiratetseins per se für Männer (ebd.).

3.3 Alleinleben und das Risiko von Einsamkeit Der gesellschaftliche Diskurs geht häufig und aktuell verstärkt von der Annahme aus, dass das Alleinleben auch mit einer verstärkten Einsamkeit einhergeht. Hierzu gibt es z.T. unterschiedliche Befunde. Besonders wichtig dabei scheint die genaue Definition, was tatsächlich unter Einsamkeit verstanden wird, wie häufig diese auftritt und welche Zielgruppen in die Analyse einbezogen werden. Die Befunde zeigen, dass sich ca. 5-8% der Menschen im hohen Alter (78 Jahre und älter) häufig einsam fühlen (Böger et al., 2017; Luhmann, 2019). In der Auswertung des Deutschen Alterssurveys wurden auch die jüngeren Alterskohorten untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass die älteste Alterskohorte (78-83 Jahre) die niedrigsten Einsamkeitswerte aufwies, die höchsten dagegen konnten für die 55-59Jährigen konstatiert werden (Böger et al., 2017).

3.4 Soziale Unterstützung und Reziprozität Als mögliche Erklärung der relativ niedrigen Einsamkeitswerte bei hochaltrigen Menschen könnte ein Phänomen diskutiert werden, das in der Gerontologie als „Paradoxon des Wohlbefindens“ beschrieben wird. Mit dem Altersgang steigt zwar nachweislich die Prävalenz von chronischen Erkrankungen und der damit einhergehenden Einschränkungen und kritischen Lebensereignissen (Tod von Ehepartner oder Freunden), gleichzeitig bleibt aber das Wohlbefinden relativ hoch (Staudinger, 2000). Dieser Prozess kann als eine Art Schutz betrachtet werden, der es den älteren Menschen erlaubt, ihre Lebenssituation trotz negativer Einflüsse dennoch relativ positiv zu bewerten. Ältere Menschen nehmen ihre sozialen Kontakte auch anders wahr. Es gilt Qualität vor Quantität. Das geht mit einer Fokussierung auf wenige von Vertrauen und emotionaler Tiefe geprägte Kontakte einher. Die Zeit, die in einem sozialen Kontext verbracht wird, ist dann unter Umständen kurz, hat aber für die älteren Menschen eine zufriedenstellende Wirkung. Das Alter spielt bei der Bewertung der Qualität der sozialen Kontakte im Vergleich mit dem Gesundheitszustand scheinbar eine nachrangige Stellung. Je schlechter der Gesundheitszustand, umso schlechter wird auch die Qualität der sozialen Kontakte eingeschätzt (Pinquart und Sorensen, 2001).

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Die Einbindung in soziale Kontakte geht auch mit der Wahrnehmung von sozialer Unterstützung z.B. bei Krankheit einher. Entsprechend den zuletzt erwähnten Befunden, zeigt sich, dass die soziale Unterstützung in der direkten Nachbarschaft mit dem Altersgang abnimmt. Die geringste Unterstützung in der Nachbarschaft geben aber mobilitätseingeschränkte Menschen (Nowossadeck und Mahne, 2017). Diewald (1993) untersuchte die soziale Unterstützung in informellen Netzwerken. In allen Aspekten der sozialen Unterstützung verfügen laut seinen Studienergebnissen alleinlebende ältere Menschen über weniger Ressourcen als verheiratete. Dies trifft insbesondere auf ältere Männer zu. Daraus wird geschlossen, dass ältere alleinlebende Frauen und insbesondere ältere Männer ein Risiko tragen, bei Bedarf auf wenig bis gar keine emotionale und praktische Hilfe aus dem informellen Netzwerk zurückgreifen zu können. Ein Auffangen von Hilfebedarfen im Alter durch Freunde wird damit in vielen Fällen nicht möglich sein. Den Daten nach haben ca. ein Drittel der alleinlebenden Älteren keine Freunde, also keine nahstehenden Personen. Andere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ledige ältere Menschen in eine mögliche zukünftige Hilfeleistung hauptsächlich von Nichten bzw. Neffen im Sinne einer Reziprozität (nach z.B. Adloff und Mau, 2005) investieren (Fooken, 1987). Die Realisierung der erwarteten Hilfestellung ist allerdings oft nicht im erwarteten Umfang möglich (Nestmann et al., 1996). Für die Planung einer bedarfsgerechten Unterstützungsbzw. Pflegesituation spielt das Vertrauen eine große Rolle (Wingenfeld, 2003). Ein großer Teil der alleinlebenden Menschen steht gerade aufgrund der fehlenden Vertrauenspersonen vor großen Herausforderungen, wenn es um die Aufstellung eines Unterstützungsarrangements geht. Ähnlich kann sich die Situation gestalten, wenn die eigenen Kinder in großer Entfernung wohnhaft sind (Heusinger, 2005; Schmutz und Hackmann, 2018). Der Anteil der Eltern, deren Kinder im gleichen Haus bzw. Wohnort leben, verringert sich im zeitlichen Verlauf. So lebten im Jahr 1996 38,4% der Eltern mit ihren erwachsenen Kindern im gleichen Haus bzw. im gleichen Wohnort. Im Jahr 2014 waren es dagegen 25,8%. Gleichzeitig stieg der Anteil der Eltern, deren Kinder weiter entfernt wohnen von 44,6% im Jahr 1996 auf 55,1% im Jahr 2014 (Mahne und Huxhold, 2016).

3.5 Alleinleben bei Vorliegen eines Pflegebedarfs Nach Ergebnissen einer im Jahr 2010 durchgeführten repräsentativen Befragung von Schneekloth und Schmidt (2011) ist der Anteil der alleinlebenden pflegebedürftigen Menschen in Privathaushalten im Vergleich zum Jahr 1998 von 22% auf 34% gestiegen. Im Altersgang ist eine deutliche Zunahme des prozentualen Anteils alleinlebender pflegebedürftiger


Menschen zu beobachten. Ca. 7% aller pflegebedürftigen Menschen in Privathaushalten haben keine private Pflegeperson. Dieser Wert ist im Vergleich zum Jahr 1998 um drei Prozentpunkte gestiegen. Diese Personen sind somit ausschließlich auf professionelle Unterstützung angewiesen. Ca. 40% der alleinlebenden Pflegebedürftigen nehmen ambulante Pflegedienste in Anspruch. Der Wert ist doppelt so hoch wie in Mehrpersonenhaushalten. Zudem haben alleinlebende pflegebedürftige Personen häufiger einen geringeren Pflegebedarf und weisen seltener psychische Veränderungen auf als Pflegebedürftige in Mehrpersonenhaushalten (ebd.). In einer Studie von Heusinger und Klünder (2005) wurde unter anderem die Situation der häuslichen Pflege von alleinlebenden Personen untersucht. Die Arrangements zeichneten sich zunächst dadurch aus, dass keine privaten Hauptpflegepersonen vorhanden waren. Der wesentliche Teil der Pflege wurde durch professionelle Kräfte ambulanter Pflegedienste übernommen. Insgesamt stellten die sozialen Netzwerke für die zu Pflegenden keine Ressource für weitere Hilfen dar. Gegen Bezahlung wurden dennoch kleinere Hilfeleistungen aus den informellen Netzwerken in Anspruch genommen. Bei diesen Personen zeigt sich, dass Bedürfnisse und Wünsche klar kommuniziert wurden. Im Vergleich zu nicht alleinlebenden Pflegebedürftigen war die Willensäußerung auch gegenüber professionell Pflegenden ausgeprägter. Das Erleben einer Unabhängigkeit, die durch die Bezahlung der vereinbarten Leistung bedingt ist, stellte für die alleinlebenden Pflegebedürftigen einen wesentlichen Vorteil gegenüber der Inanspruchnahme von Leistungen aus dem sozialen Netzwerk dar, wo die Definition eines reziproken Gegenwertes scheinbar ein Problem darstellte. Es handelt sich bei der Auswahl der Befragten um eine kleine spezifische Gruppe von alleinlebenden Personen. Die selbstbestimmte Gestaltung und Steuerung von eigenen Pflegearrangements ist für einen Teil der alleinlebenden Menschen nicht in dieser Form realisiert. Den Ergebnissen der Befragung von Schmutz und Hackmann (2018) folgend, kann die Koordination einer bedarfsgerechten Unterstützung für alleinlebende Menschen große Herausforderungen darstellen. Es fehlen wichtige Informationen, aber auch aktive Hilfestellungen, da häufig keine Angehörigen oder nahe Freunde oder Nachbarn zur Verfügung stehen.

3.6 Erwartungen und Einstellungen zu Pflege­ bedürftigkeit und -versorgung in der Allgemein­bevölkerung Kuhlmey et al. (2013) haben in einer empirischen Befragung Wünsche und Erwartungen in Bezug auf die eigene Pflegebedürftigkeit der Menschen erhoben. Dabei haben fast alle Befragten „Beibehaltung einer möglichst großen Eigenständigkeit“ (98%) und „den Wunsch in einer vertrauten Umgebung zu verbleiben“ als wichtig oder sehr wichtig angegeben. Die Bereitschaft, sich im konkreten Bedarfsfall durch einen ambulanten Pflegedienst bzw. eine hauswirtschaftliche Hilfe unterstützen zu lassen, geben 78 bzw. 72% der Befragten an. Bei dem Eintritt einer Pflegebedürftigkeit erwartet die Mehrheit der Befragten (60%) die Unterstützung von dem eigenen Partner bzw. den Kindern/ Schwiegerkindern. Ca. 24% der Personen erwarten, dass sich ausschließlich professionell Pflegende um sie kümmern werden. Die Hilfe von Freunden oder Bekannten erwarten nur ca. 3%. Der Großteil der Menschen wünscht sich eine pflegerische Versorgung in der eigenen Häuslichkeit. Einen Umzug in eine Einrichtung des „Betreuten Wohnens“ können sich 18% und in ein Pflegeheim nur ca. 8% vorstellen (Kuhlmey et al., 2010). Aus einer weiteren Untersuchung wird deutlich, dass sich ca. die Hälfte aller 50- bis 80-Jährigen Sorgen um die eigene Pflegebedürftigkeit macht. Für mehr als zwei Drittel ist die Frage „Wie bin ich im Falle einer Pflegebedürftigkeit versorgt“ sehr wichtig. Allerdings trifft nur ein geringer Teil der älteren Menschen aktiv Vorkehrungen, um sich auf eine mögliche Pflegebedürftigkeit vorzubereiten. Dabei variiert die Intensität der Aktivität nach Grad der Selbstbetroffenheit. Themen wie Alleinsein und Hilfebedürftigkeit sind für viele (vor allem auch ältere) Menschen sehr unangenehm. Aus dem Grund wird die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema verdrängt bzw. auf einen späteren Zeitpunkt verschoben (Zok, 2015). Eine reflektierte Auseinandersetzung über eine gute Pflege findet also bei nicht pflegebedürftigen Personen nur marginal statt. Wingenfeld (2003) verweist diesbezüglich darauf, dass ein Vergleich von Erwartung und möglichen Optionen nur unzureichend vorgenommen wird, da es kaum eine reflektierte Erwartung gibt. Studienergebnisse zeigen, dass sich Erwartungen an die pflegerische Versorgung erst im Verlauf des Pflegeprozesses entwickeln. Problematisch ist laut Wingenfeld (2003), dass diese meist vor dem Hintergrund des Kontakts zu einem oder zwei Pflegedienst(en) entstehen. Ein Abgleich von weiteren Wahloptionen bleibt meist aus.

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4 Ressourcenorientierte Präventionsarbeit (nicht nur) für alleinlebende ältere Menschen Wie in diesem Beitrag vorgestellt, sind unterschiedliche Potenziale und Risiken des Alleinlebens im Alter erkennbar. Grundsätzlich gilt die Voraussetzung der Freiwilligkeit für die Entscheidung, allein zu leben. Zum anderen ist das Alleinleben mit einem spezifischen Organisations- und Lernprozess verbunden. Dieser bedarf einer ausreichenden Dauer und förderlicher Rahmenbedingungen, um die notwendigen Ressourcen und Strategien aufzubauen. Die Ressourcen sind dringend notwendig, um ein zufriedenstellendes und selbstbestimmtes Leben (auch) im Alter und trotz evtl. Hilfebedürftigkeit zu meistern. Passiert der Eintritt in das Alleinleben dagegen unfreiwillig und in einem fortgeschrittenen Alter, kann es zu einem hohen Risiko für Gesundheit und Lebensqualität werden. Ältere Männer sind den vorliegenden Ergebnissen nach etwas häufiger von Risiken des Alleinlebens im Alter betroffen. Durchschnittlich gestaltet sich die Planung und Realisierung von tragenden Hilfestrukturen im Familienbzw. Freundeskreis für alleinlebende Personen schwieriger als für verheiratete. Einsamkeitsgefühle sind dagegen trotz gegenteiliger Erwartungen eine eher seltene, aber dennoch sehr ernst zu nehmende Begleitfolge. Sowohl die Lebensstile älter werdender Menschen als auch die vielfältigen politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren gravierend verändert. Wie sie sich auf den Lebensalltag älterer alleinlebender Menschen in Deutschland auswirken, bleibt in weiten Teilen empirisch unerforscht. Es muss daher an dieser Stelle auf die Dringlichkeit einer Intensivierung von spezifischer Forschungsarbeit hingewiesen werden.

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lage vorgestellt. Laut dem Modell findet in der Interaktion einer Person mit ihrer Umwelt eine selektive kognitive Bewertung bestimmter Situationen statt. Diese Bewertung ist subjektiv und von Person zu Person unterschiedlich. Bewertet wird dabei, ob die Reize/Situationen aus der Umwelt für die jeweilige Person als positiv, irrelevant oder aber bedrohend eingestuft werden. Im Falle einer Bewertung als Bedrohung entsteht ein Stresszustand. In diesem Stadium wird nun dieser auf seine Folgen/Konsequenzen unter Berücksichtigung verfügbarer Ressourcen hin untersucht. Ist ein Schaden/Verlust, eine Bedrohung oder eher eine positive bzw. mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigbare Herausforderung zu erwarten? Sind keine oder mangelhafte Ressourcen vorhanden, wird eine Bewältigung zunächst verschoben. Der Stresszustand bleibt bestehen und beeinflusst die Gesundheit und das Wohlbefinden der Person je nach subjektiv wahrgenommener Intensität. Sind aber Ressourcen verfügbar, so kann eine Bewältigung angegangen werden. Das Modell unterscheidet hier zwischen dem emotionalen und instrumentellen Coping. Beim emotionalen Coping wird die Person versuchen, die Situation durch eine Umdeutung zu bewältigen. Beim instrumentellen Coping versucht sie, die Situation, also den Stressor, selbst zu verändern (Franke, 2012). Übertragen auf die Lebenssituation von älteren alleinlebenden Menschen bedeutet dies, dass je höher die vorliegenden Ressourcen einer Person sind, umso wahrscheinlicher wird sie ein kritisches Lebensereignis als eine bewältigbare Herausforderung wahrnehmen. Es stellt sich daher die Frage, wie man ältere Menschen dabei unterstützen kann, ihren Ressourcenkoffer mit ausreichendem Inhalt zu füllen.

Auf Basis der in diesem Beitrag vorgestellten Erkenntnisse, kann dennoch ein zunächst theoretischer Versuch einer möglichen präventiven Handlungsempfehlung unternommen werden. Leitend für die Überlegungen sind das „Coping Modell“ von Lazarus (1984) und allgemeine Prinzipien der Präventionspraxis.

In Bezug auf die Praxis von Gesundheitsförderung und Prävention haben sich zwei zentrale Begriffe etabliert. Man spricht hier von Verhältnis- und Verhaltensprävention. Die Verhältnisprävention meint die Gestaltung von förderlichen gesellschaftlichen Strukturen und Rahmenbedingungen, die die Lebenswelten der Menschen direkt betreffen. Die Verhaltensprävention bezieht sich auf die Förderung eines gesundheitsbewussten Verhaltens eines Einzelnen (Hurrelmann et al., 2014).

Zu den Risiken des Alleinlebens im Alter gehören neben Erkrankungen und gesundheitlichen Einschränkungen auch sozio-ökonomische Faktoren. Sie engen die Spielräume der älteren Menschen ein und verursachen stressbehaftete Impulse. Wie Menschen auf solche Stresssituationen reagieren, bedingt ihren Gesundheitszustand und ihre Lebenszufriedenheit. Genau mit diesen Strategien hat sich Lazarus (1984) beschäftigt und das Coping Modell als mittlerweile empirisch gut untersuchte Erklärungsgrund-

In Bezug auf das Alleinleben im Alter müssen beide Bereiche gleichermaßen in den Blick genommen werden. Die Politik, aber auch die Gesellschaft sind vor dem Hintergrund der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklungen zunächst angehalten, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen ältere Menschen im Allgemeinen eingeladen werden, sich verstärkt einzubringen, ihren Interessen nachzugehen, in Interaktion mit anderen zu treten und damit soziale und personale Ressourcen

wissenschaft & Forschung


aufzubauen. Vor allem finanzielle, aber auch kulturelle und gesundheitliche Barrieren sind dabei möglichst abzubauen. Es gilt Rahmenbedingungen und Angebote zu schaffen, die es nicht nur der relativ gebildeten und finanziell gut gestellten sowie kulturell interessierten Mittelschicht erlauben, Teilhabe zu erfahren. Die Angebotsstruktur muss zu den Bedarfen der unterschiedlichen und z.T. auch bisher schwer erreichbaren Zielgruppen (z.B. ältere, sozio-ökonomisch schlechter gestellte Männer) passen. Das Präventionsgesetz nennt die Kommunen als geeignete Lebenswelten der (älteren) Menschen. Zu den konkreten Maßnahmen können Ermäßigungen und passende Angebotsstrukturen zu kulturellen Institutionen wie Museen, Theatern, zu Bildungseinrichtungen, Freizeitund Sporteinrichtungen genannt werden. Dazu können aber auch die Förderung von Mehrgenerationenhäusern, intergenerationellen Projekten zählen, bei denen soziale Verantwortung im Mittelpunkt steht. In Bezug auf die Verhaltensebene gilt zunächst, dass Menschen nicht mit derart negativ belegten Situationen wie Alleinsein oder Hilfe- und Pflegebedürftigkeit gedanklich konfrontiert werden möchten. Es sind bedrohliche Gedanken, die eher aufgeschoben werden, mit der Hoffnung nie davon betroffen zu sein. Wie so oft im Leben gilt aber, je früher man sich mit den Risiken des Alleinlebens im Alter auseinandersetzt, umso gezielter, selbstbestimmter und erfolgreicher kann die eigene Situation gestaltet und der Ressourcenkoffer gepackt werden. Was passiert, wenn ich allein zurückbleibe? Was sind meine Optionen, wie stelle ich mir ein Leben ohne den Partner bzw. die Partnerin vor? Was erwartet mich und was kann ich heute tun, um mich zu schützen? In Bezug auf die eigene Hilfebedürftigkeit bedeutet es zunächst eine gezieltere Auseinandersetzung mit dem Thema. Sind keine Angehörigen vorhanden oder möchten diese keine Entscheidungen treffen, ist eine Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung oder Betreuungsverfügung unabdingbar, um selbstbestimmte und bedarfsgerechte Unterstützungsleistungen zu gewährleisten. Hierbei könnten zielgruppenspezifische Informationsangebote eine Sensibilisierung für das Thema fördern und damit eine individuelle Auseinandersetzung mit möglichen präventiven Handlungsschritten anstoßen. Als weitere präventive Maßnahmen können z.B. die Förderung von Selbsthilfegruppen, Besuchsdiensten oder spezifi schen zugehenden Beratungsstrukturen genannt werden. Im Fokus steht eine gezielte Unterstützung von alleinlebenden Personen, die aufgrund gesundheitlicher oder sozio-ökonomischer Ursachen in Notsituationen sind. Zu solchen Notsituationen gehören neben akuten und unerwarteten Veränderungen des Lebensalltags z.B. durch die Scheidung oder das Versterben von Partnerinnen und Partnern auch schwerwiegende aber dennoch zeitlich überschaubare gesundheitliche Einschränkungen, die mit der Notwendigkeit einer Hilfestellung einhergehen. Ebenso gilt es

für plötzlich einsetzende und dauerhafte Pflegebedürftigkeit. Oftmals tritt diese während eines Krankhausaufenthaltes auf, wobei dann, wie oben bereits dargestellt, die kurzfristige Aufstellung eines Pflegearrangements eine große Herausforderung für Sozialdienste und andere Akteure darstellen kann. Besonders schwierig gestalten sich solche Prozesse bei Personen, die aufgrund einer Demenz oder anderer kognitiver Beeinträchtigungen keine wichtigen Entscheidungen treffen können. Die Bestellung einer Betreuungsperson, dauert oft einige Zeit, in der dringende Entscheidungen aufgeschoben werden müssen. Der Aufbau eines Pflegearrangements verzögert sich, und die Menschen bleiben oft in den Krankenhäusern untergebracht, was sowohl aufseiten der betroffenen älteren Menschen als auch der Krankenhäuser zu unerwünschten Verzögerungen führen kann. Durch eine z.B. kommunal angesiedelte case-Management-Stelle, die auf die Begleitung alleinlebender Personen in komplexen Lebenslagen spezialisiert ist, könnte hier Abhilfe geschaffen werden. Um die Umsetzung einer erwünschten Unterstützungsform für alleinlebende Menschen mit Pflegebedarf zu realisieren, sind zudem eine stärkere Vernetzung und Koordination von Akteuren der Altenhilfe und schließlich auch die Bereitstellung von Beratung und Information über technische und digitale Unterstützungslösungen zu fördern.

arthur drEWnioK (Jg. 1975) ist Pflegewissenschaftler und seit 2016 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein. Er promoviert im Rahmen einer kooperativen Promotion an der Universität Vechta und der Hochschule Niederrhein zum Thema: „Alleinlebende ältere Menschen mit Pflegebedarf - Determinanten nachhaltiger und bedarfsorientierter Pflegeverläufe“. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören unterschiedliche Fragestellungen in den Bereichen Alter und Pflege, so z.B. die kulturelle Teilhabe von Menschen mit Demenz.

WISSENScHAFT & FORScHUNG

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halBinsEl WittoW auf rügEn Von ELiSE DonDER Foto: REinhoLD DonDER

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KULTUR : BILDUNG : LEBEN


Allee nach Altenkirchen Schon lange holpert der Wagen durch den grünen Tunnel. Für uns stehen die Bäume Spalier. Alte Eichen, Linden, windschief, nicht allzu groß, strecken die Arme einander entgegen, klatschen die Hände schützend über uns verschworen aneinander. Dann und wann geben sie einen Durchblick nach rechts, nach links, lassen vereinzelt einen Lichtblick zu. Die wir bereits passierten, treiben wohl mit uns ihr Spiel, stellen sich unmerklich vorne an, strecken die Arme einander entgegen, klatschen wieder die Hände aneinander über uns, verschworen.

Altenkirchen, Friedhof Das Abendlicht lässt die Ziegel der geduckten kleinen Kirche aufglühen. Es leuchtet durch die tiefhängenden Äste der Baumkronen, wirft Schatten verwitterter Grabsteine auf den buckligen Rasen. Wie Schachfiguren stehen sie verstreut, zwei mit Zinnenkronen, andere abgerundet, immer schon in eben dieser Aufstellung. Etwas schief, etwas versunken. Dann der volle Glockenton, hoch und dennoch warm und sanft. Drängt sich nicht auf, dringt ein, hallt lange in mir nach.

Nordküste Die steilen Abhänge zum Meeresrand, gesäumt von Buchen. Immer schmaler wird der Waldstreifen. Immer verwachsener Wurzelgeflecht und Astwerk. Längst sind es nicht mehr die geraden hohen Stämme von Weißbuchen, sondern schlanke, gespenstische Hainbuchengebilde, dazwischen Eschengestalten mit gefurchter Borke. Baumwesen, die uns beobachten. Ihre Erscheinung fesselt uns. Trotz einbrechender Dunkelheit müssen wir den Weg weiter und weiter gehen. Noch leuchtet der bewölkte Himmel über dem weiten Wasserspiegel und gibt uns Orientierung.

Kultur : Bildung : Leben

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Zum 20-jährigen Bestehen des Generationenmagazins

ZwischenTöne

Rückblick, Standortbestimmung, Perspektiven von Engelbert Kerkhoff

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ie Gründungsphase der Zeitschrift ZwischenTöne findet ihren Ursprung in dem Band 26 der Schriften des Fach­bereiches Sozialwesen an der Hoch­schule Niederrhein, Mönchengladbach, mit dem Titel

Rück – Spiegel – Sicht. Sichtweisen des Älterwerdens –nicht nur für Alte: Biographie – Erfahrung – Erleben – Zukunft

Im Editorial skizziere ich die Ausgangssituation dieses Buchtitels und seine darin verborgene Intention und beschreibe kurz die Autorengruppe: Kolonnenfahrt auf der rechten Autobahnspur. Die Sicht voraus ist bekannt, da sind die endlos scheinenden Vorausfahrer auf der gleichen Spur, aber der Wechsel auf die neue Spur, der will überlegt sein, der muss zum exakt abgestimmten Zeitpunkt erfolgen, um keine Gefahr einzugehen. Blick in den Außenrückspiegel, Blick in den Rückspiegel, Blick zurück über die Schulter, Gas geben, einfädeln, weiterfahren auf der neuen Spur. Irgendwie spannend: da will ich überholen, da will ich schneller voran, da will ich das Vertraute – hier die lang­samer vorankommende Fahrgruppe - verlassen, ich will nach vorn, aber: das wird mir gefahrlos erst gelingen, nachdem ich mich gründlich abgesichert habe, abgesichert, gegen das, was hinter mir ist, was hinter mir geschieht, was mir durch Zurückliegendes zur Bedrohung werden könnte. Hier ist dringend der Blick in den Rück-Spiegel notwendig. Es bedarf der Rück-Sicht. Es ist geboten, auf die Fahrer auf der anderen Spur Rücksicht zu nehmen. Das Hinten­liegende wird gespiegelt, verleiht Überblick – und eine sicherere Einschätzung der Situation. Nun kann auf der neuen Spur Neues beginnen ...

Engelbert Kerkhoff, Katrin Rohmann (Hrsg.): Rück – Spiegel- Sicht. Sichtweisen des Älterwerdens – nicht nur für Alte: Biographie- Erfahrung- Erleben-Zukunft. Mönchengladbach 1999, S. 9ff

Die Autorinnen und Autoren dieses Buches waren alle Gasthörende an der Hochschule Niederrhein. Die meisten hatten das Alter 60 Jahre erreicht oder schon hinter sich gelassen, und sie waren für sich auf der Suche, neue Alltagsherausforderungen annehmen zu wollen. Alle hatten bereits in der Familien – und/oder Erwerbstätigkeit ihre Frau oder ihren Mann gestanden und gingen ein auf das Angebot der Hochschule, an einem gelenkten Gasthörendenprogramm (hier: an den Lehrveranstaltungen des Fachbereichs Sozialwesen) teilzunehmen. Das erklärte Ziel dieser aus zehn Personen bestehenden Gruppe war die Auseinandersetzung mit der Frage, den Problemkreisen und Herausforderungen der ehrenamtlichen Tätigkeit, des bürgerschaftlichen Engagements und der eigenorganisierten Selbsthilfe.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Angebotes lernten um ihrer eigenen Wünsche und Bedürfnisse willen; es galt nur, deren Realisierung mit dem Studienalltag zu verknüpfen. Alle Veranstaltungen fanden statt im Rahmen des Verbundsystems des Forschungsschwerpunktes „Kompetenz im Alter zwischen Routine und Neubeginn.“ Kompetenz ist hier zu sehen als ein Lernprozess, der auf Wissen und Fertigkeiten zielt, um so eine persönliche Weiterentwicklung zu erlangen, und um Aufgaben und Herausforderungen kritisch hinterfragen zu können. Ausgestattet mit einem solchen Wissen, mit Fertigkeiten und Methoden soll das planende Individuum befähigt werden, seinen Alltag zu gestalten und in diesem Gestaltungsprozess mit anderen seine Wünsche und Bedürfnisse zu kommunizieren. Dies geschieht natürlich nicht nur in den Lehrveranstaltungen der Hochschule; hier aber in einem neuen Gewand: in der kritischen Auseinandersetzung von jungen und älteren Menschen. Dieser Gedankenaustausch soll – so unser damaliges und heutiges Ziel der ZwischenTöne - angeregt werden in den Schwerpunktsetzungen der Zeitschrift „Kultur – Bildung – Leben“. Dieses Streben nach Kompetenz realisiert und veranschaulicht sich in einer sozialen Umwelt, in jenem Kommunikationsprozess, in dem der Lesende, der Gasthörende danach strebt, ein selbstständiges und eigenverantwortliches Leben zu führen. Die Beiträge der Autorinnen und Autoren des GenerationenMagazins ZwischenTöne zielen darauf ab, diese Kompetenz zu fördern und dementsprechend aufzufordern, neben routinierten, d.h. auf Erfahrung basierenden Verhaltensmustern, offen zu sein für neue Anregungen und Impulse der Veränderung und Neuorientierung. Dieser Aspekt zeigt in aller Deutlichkeit die Relevanz der Präposition „zwischen“, nicht selten in dieser Zeitschrift verstanden als Wechselpräposition, als Verortung von Sache und Person, quasi eine Standortbestimmung sach- und personengerechter Entsprechung. Hier wird jeweils in den einzelnen Beiträgen exemplarisch versucht, die Lesenden neugierig zu machen auf Unbekanntes, auf Nachdenkliches und auf Denkanstöße, um dann eigenaktiv

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weiter zu suchen oder um sich mit anderen auszutauschen. Das Redaktionsteam der ZwischenTöne wollte und will seine Leserinnen und Leser für neue Denkwege motivieren, sucht nach Anregungen für einen Generationendialog, der Ja sagt zum Mitdenken und Mitmachen und will für einen selbstbestimmten Lernprozess Anregungen bieten. Im Vordergrund stehen dabei Denkanstöße, die ein Aufspüren individueller Interessen, Wünsche und Bedürfnisse ermöglichen können im Kontext des sozialen Umfeldes. Die sinnhafte Gestaltung des Alltags und die situativen Herausforderungen, die sich aus dem Entwurf des Lebensstils im Alter ergeben, müssen ganzheitlich verstanden werden – als ein Zusammenwirken von Verstand, Emotionen und dem sozialen und gesellschaftlichen Gefüge.… Das Individuum ist gehalten, eigene sinnstiftende, persönliche Gestaltungsformen auszudifferenzieren, Gestaltungsformen, die kontextual in der jeweiligen Biografie verankert sind - sei es als Kontinuität, als Neubeginn oder als Wunsch noch nicht eingelöster Bedürfnisse - und die das gelebte Leben kritisch hinterfragen und veränderte Alltagsinterpretationen eröffnen. Engelbert Kerkhoff, Ästhetisch – kreative Bildung. In :S. Becker, L. Veelken, K.P: Wallraven (Hrsg.): Handbuch Altenbildung. Opladen 2000, S. 291.

Ein Tüpfelchen auf dem „i“ wäre jene Passung - zwischen dem Text des Autors und dem Lesenden - die solche Prozesse freisetzt; immer begleitet und umgesetzt durch die Hand des Layouters. Erneut verdient hier die Präposition „zwischen“ ungeteilte Aufmerksamkeit.

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ie Zeitschrift ZwischenTöne der Hochschule Niederrhein war und ist ein Organ des Forschungsschwerpunktes „Kompetenz im Alter zwischen Routine und Neubeginn“, der 2010 umgewandelt wurde in das Kompetenzzentrum „Ressourcenorientierte Alter(n)sforschung“. Als solches ist ZwischenTöne der Darstellung und Vermittlung von Theorie (wissenschaftlicher Erkenntnis in Forschung und Lehre) und Praxis (deren anwendungsbezogene praktische Umsetzung im Alltag der SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen und ihrer Adressaten) verpflichtet. Heute dürfte den wenigsten Gasthörerenden noch in Erinnerung sein, dass der Name des FAUST-Programms nicht für ein eigenständiges allein für ältere Menschen organisiertes Seniorenstudium steht, sondern ein Akronym ist - Faust: Hochschule FÜR ALTE UND STUDIERENDE. Dieser Titel des Gasthörendenprogramms erwies sich im Nachhinein als durchaus werbewirksam; er war bald in der Region bekannt, musste nicht eingeführt werden und war zudem ein Reizterminus für Zeitungsüberschriften:

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„Studieren mit Kopf und Faust“ „Wenn Gretchen zu Faust geht“ „Faust holt Senioren an die Hochschule“ „neuer Faust-Schlag für Senioren“.

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ie Gasthörenden sind Teilnehmende in den normalen Lehrveranstaltungen des Ausbildungscurriculums eines jeden Studienganges der Fachbereiche; sie schätzen insbesondere den Ernstcharakter dieser Lehrangebote, denn dies sind keine Veranstaltungen, die allein für Ältere konzipiert werden. Gern jedoch werden Angebote wahrgenommen, die ergänzend zum „Normalstudium“ sind, dem sogenannten FAUSTplus-Programm. Hier handelt es sich um Lehrveranstaltungen, die auf Wunsch der Gasthörerenden von den Dozentinnen und Dozenten angeboten werden und eine Ergänzung des studentischen Pflichtkanons bedeuten. Sie werden von den Studierenden als Bereicherung des Seminarangebotes empfunden und genießen großen Zuspruch und Wertschätzung. In den ZwischenTönen werden viele Inhalte auch von den Gasthörenden dargestellt und zur Diskussion bereitgehalten. Die Zeitschrift ZwischenTöne hat sich im Fachbereich Sozialwesen auch zu einem Mittler zwischen den Studiengängen der Sozialen Arbeit und der Kulturpädagogik entwickelt. Zudem hat sie ihren interdisziplinären Charakter stets beibehalten, also ein „Zwischen“ den Fachbereichen und den Studiengängen. Ein bedeutsames Element der Beiträge in den ZwischenTönen ist die Verbindung von Kognition und Emotion, ist das erhoffte Angesprochensein des Lesers, der Leserin von dem Denkanstoß in einem Aufsatz, einem Impuls, der zum Innehalten, Reflektieren und Betroffensein anregen mag. Dieses Anliegen war in den ersten Beiträgen aufzuspüren und darf auch gegenwärtig als eine Zielrichtung redaktioneller Entscheidungsfindung verstanden werden. Und dieses Phänomen gilt für den poetischen Anstoß, für den wissenschaftlichen Beitrag, die geschichtliche Betrachtung sowie für den kulturorientierten Aufsatz. An einem Reisebericht lässt sich diese Intention anschaulich darstellen. Die Autorin lädt den Leser, die Leserin ein, ihr zu folgen in ferne, vielleicht unbekannte Regionen, sie zu begleiten in neue Gefilde, die sie ihm in der Anschaulichkeit der Worte ihres Reiseberichts nahebringt und ihn damit anhält und einlädt zur inneren, eigenständigen Bebilderung dieser Reiseeindrücke – und ihn damit möglicherweise verführt zum Fernwehträumen.


Zwischen Töne

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ie Autorin bringt damit durch Sprachbilder und ergänzende Fotografien neue Empfindungseindrücke hervor, die ihrerseits veränderte Sinneswahrnehmungen bewirken können. Idealtypisch kann sich hier durch das Wort und das angeregte neue Bild eine ästhetische Verknüpfung ergeben, die gedanklich zur Mitreise einlädt oder zu eigenen Reisewünschen inspiriert. Zumindest erfolgt damit eine Sensibilisierung für ein selbstbestimmtes, bewusstes Wahrnehmen persönlicher Wünsche und Bedürfnisse bei Reisevorhaben und -planungen. Und hier kommt ein Aspekt in den Mittelpunkt, der in der Vielzahl und Hektik von Reiseeindrücken oft zu kurz kommt: die Muße des Augenblicks, das Wahrnehmen des Sekundenglücks des Momentes und dementsprechend eine Sensibilisierung für das Genießen desselben. Reise wird damit nicht die Absolvierung von zurückgelegten Fahrtkilometern oder das „Abarbeiten“ von Kulturdenkmälern oder Sportaktivitäten, sondern erweitert sich zur ästhetischen Wahrnehmung. Gerade dieser Begriff der ästhetischen Wahrnehmung ist für die Zeitschrift selbst von hoher Relevanz. Von einem gelungenen Layout in schwarz-weiß auf preiswertestem Papier erfolgte eine Entwicklung hin zu hochwertiger Gestaltung mit ausdrucksstarken Fotos und qualitativ aufwendiger Präsentation der Texte. Hier ist der Veränderungsprozess wahrlich augenscheinlich – und auch beim Papier sogar haptisch erfahrbar – eine Qualitätsentwicklung durch den Layouter.

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Die Wirksamkeit der Beiträge in der Zeitschrift verlebendigt sich in dem Untertitel „Das Generationen-Magazin“. Und genau hier schließt sich der Kreis von der ersten Ausgabe der Zeitschrift bis zum vorliegenden Exemplar – zentrales Anliegen war und ist es, Chancen zu eröffnen für den Dialog zwischen Jung und Alt. er intergenerative Kommunikationsprozess wird gegenwärtig dann wichtig, wenn nicht unverzichtbar, wenn geglaubt wird, im Zeitalter der Digitalisierung ohne Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen älterer Menschen auskommen zu können. Diesen Aspekt wird das Redaktionsteam mit einer Offensive zum Miteinander der Generationen in den Beiträgen berücksichtigen und wertschätzen, damit ein vor Jahrzehnten prognostiziertes Negativbild ... über den drohenden Krieg der Jungen gegen die Alten ... Vergangenheit ist und bleibt. Reimer Gronemeyer,

Die Entfernung vom Wolfsrudel. über den drohenden Krieg der Jungen gegen die Alten. Düsseldorf 1989.

Prof. Dr. EngElBErt kErkhoff lehrte und forschte 70 Semester (1976-2011) als Erziehungswissenschaftler und ab 1986 auch als Gerontologe am Fachbereich Sozialwesen der hochschule niederrhein. Seit 1993 leitete er den Forschungsschwerpunkt „Kompetenz im Alter zwischen Routine und neubeginn“, welcher 2010 in das Kompetenzzentrum „Ressourcenorientierte Alter(n)sforschung – REAL“ umbenannt wurde. Er initiierte das GasthörerProgramm FAUSt 1994 und das Generationenmagazin Zwischentöne 2000. nach seiner Pensionierung gehört er mittlerweile seit fünf Jahren wieder zum Redaktionsteam des Generationenmagazins Zwischentöne.

Spiegel spezial, Generationen im Konflikt. Jung gegen Alt. nr. 2. 1999.

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Riesen der LĂźfte im Rheinland von Karl-Heinz Thifessen

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uch heute noch recken die Köpfe der Menschen sich neugierig gen Himmel, wenn ein Luftschiff, meistens aus Werbezwecken, majestätisch und fast lautlos daher schwebt. Im Zeitalter von Düsenjets, Überschallflugzeugen und Raketen muten die riesigen Gestalten an wie ein Gruß aus einer längst vergangenen, Aufsehen erregenden Epoche der Luftfahrtgeschichte. Es waren besonders die ersten vier Jahrzehnte des 20. Jahr­­hunderts, als immer neue Entwicklungen von Luftschiffen weltweit Furore machten. Dabei unterschied man drei Arten: starre, halbstarre und Prallluftschiffe.

Prallluftschiffe: Sie hatten kein inneres Gerüst. Zwei mit Luft gefüllte Ballonetts (ballonförmige Luftsäcke) im vorderen und hinteren Teil des Schiffes glichen die Volumenänderung des Traggases aus. Der Gesamtkörper war somit nichts anderes als ein prall gefüllter Ballon. In diesem Zustand erhielt er seine Stromlinienform. Prallluftschiffe waren, im Gegensatz zu starren und halbstarren Luftschiffen, einfach herzustellen und nach der Landung leicht abzutransportieren.

(aerostatisch). Luftschiffe können in der Luft stehen bleiben, Flugzeuge nicht. Man spricht daher bei der Bewegung der Luftschiffe von fahren, während Flugzeuge fliegen. Obwohl Luftschiffe fast immer mit dem Namen des Grafen Ferdinand von Zeppelin in Verbindung gebracht werden, gab es durchaus auch andere Konstrukteure dieser Luftgefährte. So glaubten viele Gladbacher im Dezember 1909 bei der unfreiwilligen Landung eines Luftschiffes an der Aus­fallstraße nach Krefeld, einen Zeppelin zu sehen, von dem sie bislang nur vage Vorstellungen hatten. Wahre Völkerscharen strömten von nah und fern herbei. In Wirklichkeit handelte es sich allerdings um ein Prallluftschiff mit dem einprägsamen Namen "Erbslöh", das einem Zeppelin täuschend ähnlich sah. Dieses Luftschiff wurde in Leichlingen von dem Luftfahrtpionier und Konstrukteur Oskar Erbslöh gebaut, der einer Elberfelder Kaufmannsfamilie entstammte. Prallluftschiff Erbslöh nach der Notlandung an der Krefelder Straße in Gladbach im Dezember 1909.

Starrluftschiffe: Im Gegensatz zu den Prallluftschiffen wurde hier die äußere Form durch ein Gerüst aus Metall oder Holz, das mit einem Gewebe bespannt war, aufrechterhalten. Die Zeppeline waren allesamt Starrluftschiffe.

Halbstarre Luftschiffe: Die Konstruktion dieser Luftschiffe stellte eine Mischung aus den Erstgenannten dar. Ihr Aufbau bestand nur aus einem Teilskelett an dem Gondel und Motoren befestigt waren. Ihnen allen gleich war ihr riesiges, aerodynamisches Äußeres. Sie ähnelten sich auf den ersten Blick und somit wurden auch Prallluftschiffe und halbstarre Luftschiffe von der Bevölkerung oftmals fälschlicherweise für Zeppeline gehalten. Als Traggas diente Wasserstoff, heute ist es Helium. Die Bewegung des Luftschiffes wird – im Gegensatz zum Flugzeug – nicht fliegen sondern fahren genannt. Wie wird dies begründet? Der Unterschied liegt darin, dass Flugzeuge auf die Erzeugung eines Auftriebs angewiesen sind. Er wird nur dann erzeugt, wenn es in Bewegung ist (aerodynamisch). Bei Luftschiffen entsteht der Auftrieb unabhängig vom Bewegungszustand, und zwar durch die Füllung mit leichtem Gas

1909 sorgte die "Erbslöh" bei der Gladbacher Bevölkerung für höchste Erregung. Über einen Zwischenfall während der Rettungsaktion schrieb die Mönchengladbacher Feuerwehr am 14. Dezem­ber 1909 folgenden Bericht an die Westdeutsche Landeszeitung: Gestern 1 Uhr 3 Min. wurde die Feuerwehr nach der Krefelderstraße (sic) gerufen. In der Nähe der Kanalstraße (Anm. heutige Zeppelinstraße) im Felde lag ein Lenkballon der rhein.-westfälischen Motorluftschifffahrt-Ges., der verankert werden sollte, weil er infolge eines Defekts vorläufig hier verbleiben mußte.

Ein Untertau wurde an dem bald nach der Feuerwehr eintreffenden Fuhrparkwagen festgelegt, während Leute aus dem Publikum die Gondel hielten, unter Aufsicht des Ballonführers. Die Wehr war damit beschäftigt, einen Anker zu legen, als plötzlich die Verbindungsleinen, die Gondel und Ballon verbinden, zuerst vorn, dann hinten brachen und die Ballonhülle platzte. Die Hülle flog noch ein kleines Stück mit dem Winde in westlicher Richtung und blieb dann an einem Fuhrwerk hängen, dieses unter sich begrabend. Pferd und Wagen konnten schnell befreit werden. Personen

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waren nicht zu Schaden gekommen. Die Hülle wurde dann zusammengerollt und auf Wunsch der Ballonführung zur Bahn geschafft; auch die nötigen Schritte zur Fortschaffung der Gondel wurden unternommen. Um 7:30 Uhr kehrte die letzte Abteilung der Wehr zur Wache zurück. Der Vollständigkeit halber sei hier noch anzumerken, dass nur sieben Monate nach dieser unfreiwilligen Landung am damaligen Ortsrand von Mönchengladbach das Luftschiff "Erbslöh" bei Pattscheid – heute ein Stadtteil von Leverkusen – mit verheerenden Folgen abstürzte. In den frühen Morgenstunden des 13. Juli 1910 kamen alle fünf sich an Bord befindlichen Personen ums Leben, unter ihnen auch der Konstrukteur Oskar Erbslöh.

Die Zeppeline Obwohl bereits vor ihm mit mehr oder minder großem Erfolg Luftschiffe konstruiert wurden, war die prägende Gestalt dieser Epoche zweifellos Graf Ferdinand von Zeppelin . Sein Name wurde weltweit zum Synonym für lenkbare Luftschiffe mit starrem Gerüst. Ferdinand von Zeppelin (geb. 8. Juli 1838 in Konstanz, gest. am 8. März 1917 in Berlin) war zunächst General der Kavallerie. Nach seiner militärischen Laufbahn machte er Karriere als Begründer des Starrluftschiffbaus. Wenngleich oftmals nur als der "verrückte Graf" verspottet, entwickelte er mit mehreren kompetenten Mitarbeitern gegen alle Widerstände und Rückschläge in Friedrichshafen am Bodensee seine Vorstellungen vom Bau starrer Luftschiffe. Die langgestreckten Körper dieser riesigen Fluggeräte bestanden aus einem fachwerkartigen Metallgerüst, das mit Tuch bespannt wurde. Im Innenraum befand sich in getrennten Zellen das zum Auftrieb notwendige Gas. Die Steuerung erfolgte über ein Leitwerk mit Höhen- und Seitenrudern. An getrennten Triebwerksgondeln waren die Antriebsmotoren mit den Luftschrauben angebracht. Jungfernflug der LZ1 im Juli 1900 am Bodensee.

Zeppelin L2 (LZ 18) verbrennt 1913 auf dem Flughafen Johannisthal in Berlin.

es dauerte immerhin acht Jahre mit mehreren Neukonstruk­ tionen, bis die kaiserlichen Streitkräfte ihr Interesse bekundeten. Neben dem Militär traten nun auch private Finanziers auf den Plan, die sich bislang ebenfalls zurückgehalten hatten. Mit erheblichen Geldmitteln förderten sie die zukunftsweisenden Konstruktionen des Grafen. Neue Luftschiffe mit immer besser entwickelter Technik gingen in Produktion. Sie waren deutschlandweit zu sehen und wurden, obwohl es auch mehrere Rückschläge gab, überall stürmisch gefeiert. Bei seinem Tod im März 1917 galt Graf Ferdinand von Zeppelin als deutscher Nationalheld. Während des Ersten Weltkrieges setze man Luftschiffe für Angriffs- und Aufklärungsfahrten ein. Insgesamt erwiesen sie sich jedoch nicht als besonders kriegstauglich. Nach dem Ende der Kampfhandlungen verboten die siegreichen alliierten Mächte zunächst den Bau von Luftschiffen jeglicher Art. Dennoch lief 1919 ein zivil nutzbarer Zeppelin in Friedrichshafen vom Stapel, musste jedoch 1920 als Reparationszahlung an Italien abgegeben werden. Weitere bereits im Krieg fertiggestellte oder begonnene Luftschiffe gelangten aus dem gleichen Grund nach Frankreich, England und Belgien. Es dauerte bis 1924 als sich ein weiterer in Friedrichshafen gebauter Zeppelin in den Himmel erhob. Er trug den Namen „Bodensee“ und musste noch im gleichen Jahr, ebenfalls als Reparationsleistung, in die USA gebracht werden. Im Volksmund erhielt er daraufhin den Beinamen "Amerikaluftschiff".

Die groSSe Zeit der Zeppeline

Zeppelins erstes Gefährt, die LZ1 – immerhin 128 Meter lang, über elf Meter im Durchmesser und mit zwei Motoren ausgestattet – erhob sich am 2. Juli 1900 am Bodensee erstmals in die Höhe. Ungeachtet der großen Begeisterung in der Bevölkerung blieben staatliche Stellen skeptisch und

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Obwohl auch vor 1914 Zeppeline vereinzelt im Liniendienst eingesetzt wurden und ihre Zuverlässigkeit demonstrierten, kam die große Zeit in der Zivilluftfahrt erst gegen Ende der zwanziger Jahre. Neuer Leiter der Zeppelin GmbH in Friedrichshafen wurde ein langjähriger Weggefährte des Grafen Zeppelin, Dr. Hugo Eckener.


Graf Zeppelin auf Weltfahrt 1929.

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unächst gestaltete sich das Überleben der Giganten schwierig und gelang – mangels staatlicher Mittel – nur mit großzügigen Spenden und dem persönlichen Einsatz Eckeners. Nach 21 Monaten Bauzeit ging 1928 das Luftschiff mit dem Namen "Graf Zeppelin" für Deutschland in Dienst, 1936 die "Hindenburg". Diese beiden Riesen der Lüfte stehen noch heute für die Blütezeit der Zeppeline. Sie prägten die Luftfahrt nachhaltig und umfuhren buchstäblich die ganze Welt. Für großes Aufsehen sorgte 1929 die spektakuläre Welt­fahrt der "Graf Zeppelin" auf der Route Friedrichshafen – Tokio – Los Angeles – New York – Friedrichshafen. Auch in fernen Ländern verfolgten die Menschen dieses riesige Gefährt mit großer Aufmerksamkeit und gespannter Erwartung. Für den Antrieb sorgten vier Maybach-Motoren. Die Konstruktion aus einer neuartigen Aluminium-Legierung erwies sich als äußerst zuverlässig. Es unternahm 590 Fahrten, darunter auch eine vielbeachtete Expedition in die Arktis. Eine noch imposantere Erscheinung als die "Graf Zeppelin" war die acht Jahre später in Dienst gestellte "Hindenburg".

Sie hatte in der Luftfahrt bislang nie gekannte Ausmaße: Ihre Länge betrug 247 Meter, ihre Höhe 45 Meter. Ihr Körper fasste 200.000 cbm Wasserstoff. Vier Daimler-Benz Motoren erzeugten bei der Höchstleistung von jeweils 1200 PS eine Geschwindigkeit bis zu 157 km/h. Die Besatzung bestand aus 54 Personen. Insgesamt konnte sie 72 Passagiere aufnehmen. Für den Fernverkehr war die "Hindenburg" natürlich bestens geeignet und wurde überwiegend für die Strecken von Deutschland nach Süd- und Nordamerika eingesetzt. Ein großes Risiko bei allen Zeppelinen stellte die Füllung mit dem hochexplosiven Wasserstoff dar, das nicht brennbare Edelgas Helium gab es damals nur auf dem US-Markt und wurde von dort nicht für Nazi-Deutschland freigegeben. Eine Atlantiküberquerung nahm auf dem New Yorker Flugplatz Lakehurst am 6. Mai 1937 ein katastrophales Ende. Die Hindenburg explodierte bei der Landung. 39 Menschen kamen ums Leben. Damit war die große Zeit der ZeppelinFahrten zu Ende. Es gab zwar noch 1938 den Neubau der "Graf Zeppelin II", doch diese Epoche endete mit der Verschrottung im Frühjahr 1940.

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Graf Zeppelin auf Weltfahrt 1929.

Explosion der Hindenburg im Mai 1937 in New York.

Zeppeline im Rheinland

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Auch über dem Rheinland tauchten die Riesen der Lüfte immer wieder auf und sorgten jedes Mal für großes Aufsehen. Schon Tage vor dem Überflug waren die Menschen in heller Aufregung. Schulkinder erhielten "zeppelinfrei". Wie groß die Begeisterung der Menschen am Niederrhein war, belegen zwei Auszüge von Hans-Karl Seeger aus dem "Kalender für das Klever Land" von 2004: Als am 17. September 1929 das Luftschiff "Graf Zeppelin" bei einem Städtebesuch auch eine Schleife über die Rheinlande zog, stand – wie in vielen anderen Orten – die Stadtprominenz (von Viersen) bereits am frühen Morgen auf dem Bismarckturm, die ganze Stadt war in Bereitschaft, um den Anblick des „Wunders der Luftfahrt“, des „Symbols neuer deutscher Weltgeltung“ nicht zu versäumen. In Viersen stand alles auf dem Sprung: „Die Hand am Knopf zum Auslösen von Sirenen, die Glockenseile gestrafft und die Bettlaken (zum Winken) bereitgelegt …" Zu diesem Ereignis notierte der Klever Gymnasiast Karl Leisner in seinem Tagebuch: Begeisterter Empfang des Zeppelin durch die Bevölkerung: "Der Zeppelin kommt nach Cleve" hat gestern hier wie ein Zauberwort gewirkt. Was alle Anforderungen und Bitten selbst bei wichtigen Anlässen nicht erreichten, das hat der "Zepp" gestern hier zuwege gebracht: Ohne Aufforderung, ganz spontan, hatte fast die ganze Stadt geflaggt; auch auf den öffentlichen Gebäuden wehten die Fahnen zur Begrüßung lustig im Winde. "Wir gingen mit dem Gymnasium zum Bresserberg. Hier glaubten wir "Graf Zeppelin" besser sehen zu können. Leider ging unsere Hoffnung nicht in Erfüllung. In der Stadt sah man das Luftschiff bedeutend besser. Trotzdem machte uns der Anblick des herrlich in der Luft schwebenden Luftschiffs "toll" vor Begeisterung. Nachher hatten wir schulfrei."

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Während dieser Fahrt besuchte das Luftschiff "Graf Zeppelin" auch Mönchengladbach. Die Westdeutsche Landeszeitung schrieb am folgenden Tag: "Hier verkündeten kurz nach 10 Uhr Fabriksirenen und Kirchenglocken sein Nahen. Das Luftschiff hatte auf seinem Weg von Aachen in das Gebiet des Niederrheins einen Bogen gemacht, um der Stadt nochmals einen Besuch abzustatten. Es bog kurz hinter der Stadt wieder nach Viersen ab und war bei dem dunstigen Wetter bald den Blicken entschwunden." Die allgemeine Begeisterung ging auch auf die Kinder über, die an diesem Tag ein neues Liedchen aus der Taufe hoben: Sum, sum, sum, Zeppelin flieg herum Über Aachen, über Essen, Viersen hat er nicht vergessen Sum, sum, sum, Zeppelin flieg herum."

Bedeutung der Luftschifffahrt für Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg Selbstverständlich hatten die von den Medien stark ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückten Zeppelinfahrten auch einen politischen Effekt. Das von den Siegermächten nach dem Ersten Weltkrieg gedemütigte Deutschland blickte mit Stolz auf diese imposanten Erscheinungen. Im Westen zogen nach und nach die Besatzungsmächte ab. Die Politiker wussten um die Begeisterung der Menschenmassen und lenkten sie geschickt in Nationalstolz um. So erschienen 180.000 Besucher, unter ihnen der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer, als die "Graf Zeppelin" am Wochenende vom 05. bis zum 06. Juli 1930 anlässlich einer Luftfahrtschau während der patriotischen "Rheinlandbefreiungsfeier" auf dem Kölner Flughafen Butzweilerhof landete.


Graf Zeppelin auf Nordamerikafahrt 1928.

Baureihe NT – "Neue Technik".

Der neue Zeppelin "Traumhaft, Schwerelos, Unvergesslich! Der Name Zeppelin NT steht für das größte Passagier-Luftschiff der Welt und die schönste Art zu fliegen."

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ie Goldenen Zwanziger Jahre sind auch ein Ausdruck dieser Entwicklung. Zeppelinstraßen oder -plätze gab und gibt es in fast jeder deutschen Stadt. In den dreißiger Jahren waren es die Nationalsozialisten, die den Enthusiasmus der Deutschen für den Zeppelin in Propaganda ummünzten. Politische Propagandaflüge unternahmen die Luftschiffe "Graf Zeppelin" und "Hindenburg" am Wahlsonntag den 29. März 1933 über Köln und andere deutsche Städte. Ihr Personal stellte sich in den Dienst der NSDAP und warf Flugblätter mit Nazi-Wahlaufrufen und Hakenkreuzfähnchen ab. Von hoher Bedeutung waren die ständigen Neuerungen an den Zeppelinen für die technische Weiterentwicklung in Deutschland. Bislang unbekannte Materialien und Legierungen wurden hergestellt und häufig an ihnen erprobt. Besondere Fortschritte erzielte die Entwicklung von effizienten Verbrennungsmotoren, die auch im Flugzeugbau Verwendung fanden.

Mit diesem Werbeslogan versucht die "Deutsche ZeppelinReederei" Passagiere für Rundfahrten in ganz Deutschland zu gewinnen. In erster Linie dienen die neuen Luftschiffe somit dem Tourismus, werden aber ebenfalls für Werbefahrten sowie für Forschungs- und Überwachungsfahrten eingesetzt. Die Bezeichnung NT steht für die Baureihe "Neue Technik". Sie wird seit den 1990 Jahren gefertigt. Die NT-Luftschiffe haben eine Länge von 75 m, eine Breite von 19,5 m und eine Höhe von 17,4 m. Sie fallen unter den Typus der halbstarren Luftschiffe. Der Antrieb erfolgt über drei 200 PS starke Motoren. Sie erzeugen eine maximale Reisegeschwindigkeit von 115 km/h. Die Hülle besteht aus Mehrschichtlaminat und ist gefüllt mit unbrennbarem Helium-Gas. Das Hüllenvolumen beträgt 8.425 Kubikmeter. Sie sind damit wesentlich kleiner als ihre Vorgänger in den 20er und 30er Jahren. Für den Zeitraum vom 28. Mai bis 01. Juni 2020 bietet die Betreibergesellschaft vom Flug­hafen Mönchen­­gladbach aus für ca. 300,- Euro 30minütige Rundflüge über das Rheinland an. Weiter Infos finden Sie unter www.zeppelinflug.de. Auch heute noch ist der Heimatstandort dieser neuen Zeppelin-Generation in Friedrichshafen angesiedelt, im dortigen Bodensee-Airport. Wer sich einen Eindruck über die glorreiche Geschichte der Zeppeline verschaffen will, kommt an einem Besuch des „Zeppelin Museums“ in Friedrichshafen nicht vorbei (www.zeppelin-museum.de). Literatur: Koch, Jürgen, Ferdinand von Zeppelin und seine Luftschiffe, Ares Verlag, Graz 2016. Belafi, Michael, Der Zeppelin, Motorbuch Verlag, Stuttgart 2012. Griehl, Manfred, Typenkompass Deutsche Luftschiffe seit 1871, Motorbuch Verlag, Stuttgart 2010. Helena Siemes / Gerd Philips, Kindheit am Niederrhein, Herausgeber Verein für Heimatpflege e.V. Viersen, Mercator-Verlag, Duisburg 2005. www.karl-leisner.de www. Luftfahrtarchiv-Koeln.de

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als tEEnagEr in DEn 50 Er jahrEn Von GERtRUD GRinS

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n dokumentationen über die 50er Jahre sehen die Jugendlichen1 beim rock’n’roll völlig ungezwungen, wild und bewundernswert frei aus. die mädchen tanzen zu amerikanischer musik mit petticoats unter schwingenden röcken und wippenden pferdeschwänzen über das parkett. ihre tanzpartner tragen nietenhosen und haben ihre haare wie Elvis presley zu einer haartolle geföhnt. aber die Bilder sind nicht repräsentativ für die Jugendlichen in den 50ern. die mehrheit war nicht so rebellisch und nahm an tradierten freizeitaktivitäten teil. dazu gehörte ich.


auf DEM zWEitEn BilDungsWEg Meine Eltern erlaubten mir, die Staatliche Handels- und Gewerbeschule für Mädchen in Rheydt zu besuchen. Das Lernen fiel mir leicht und mir stand die Schulbibliothek offen. Lesend erweiterte ich meinen Horizont. Mein Selbstvertrauen wuchs. Und Schritt um Schritt begann ich auf dem sogenannten Zweiten Bildungsweg aufzusteigen. Zu den Aufnahmebedingungen der Höheren Fachschule für Hauswirtschaft gehörten zwei halbjährige hauswirtschaftliche Praktika. Ich entschied mich für das Jugendkurheim „St. Michael“ – Bühl am Alpsee/Allgäu und danach für das Augusta Krankenhaus in Düsseldorf-Rath. Das war von 1957 bis 1958, also in den Aufbaujahren der BRD, der Zeit des Wirtschaftswunders zwischen Mief und Rock’n’Roll.

acht PflichtjahrE in DEr volksschulE

iM jugEnDkurhEiM st. MichaEl

Ich wurde 1954 aus der Volksschule entlassen, ein Mädchen, katholisch, vom Dorf, aus einer Arbeiterfamilie. Weil zu viele Schüler auf den Arbeitsmarkt drängten, musste ich doch acht Jahre in der Volksschule bleiben; das Jahr, das ich übersprungen hatte, ungewollt wieder anhängen. Meine Mutter hat mich, bis ich fast elf Jahre alt war, alleine großgezogen. Eine staatliche Unterstützung bekam sie nicht. Sie war keine Kriegerwitwe und ich keine Waise. – Mein Vater war in russischer Gefangenschaft. Erst im September 1949 kehrte er heim. – Mutter war ehrgeizig. Sie wollte, dass aus ihrer Tochter etwas wird. Aber sie meldete mich nicht zur Höheren Schule an. Um mir den Besuch des Gymnasiums zu ermöglichen, hätte sie nämlich Schulgeld zahlen und die Fahrtkosten aufbringen müssen. Das war ihr zu viel. Außerdem sollte meine Ausbildung nicht zu lange dauern. Postbeamtin war ihr Traum. Meiner war es, in ferne Länder zu reisen und das Leben außerhalb unseres Dorfes kennenzulernen.

Mir gefiel es, ins Allgäu zu kommen, weit weg von daheim. Aber Bühl war ein noch kleineres Dorf als Arsbeck. Das dem Bistum gehörende Anwesen mit dem Jugendkurheim wurde ausschließlich von Frauen geleitet und bewirtschaftet. Die jungen Kurgäste, vorwiegend Schulkinder, blieben drei Wochen. Der Erfolg der Kur wurde in Kilogramm Gewichtszunahme gemessen. Entsprechend üppig und kalorienreich war das Essen, das in der Großküche zubereitet wurde. Häufig gab es süße Mehlspeisen. Die waren preiswert und sie kamen bei den Kindern gut an.

WochEnarBEitszEit Damals betrug die tarifliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden und es wurde üblicherweise an sechs Tagen gearbeitet. Für das Küchenpersonal im Kurheim galten die Tarifverträge nicht. Es musste bei Bedarf unbezahlte Mehrarbeit geleistet werden. Erschwerend kam hinzu, dass eine Mittagspause von zwei Stunden zum Arbeitsalltag gehörte, die von gerin-

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gem Freizeitwert war, und dass man alle 14 Tage Sonntagsdienst hatte. Die Küchenchefin war hauswirtschaftliche Betriebsleiterin, die die Arbeitsabläufe nach REFA-Methoden2 organisierte. Sie forderte viel von ihren Mitarbeiterinnen, war selbst ein gutes Vorbild, aber etwas mehr Humor hätte ihr und dem Team gut getan.

Die Vergütung Ich war einsatzbereit und lernwillig – etwas aufwieglerisch auch. Den Küchenhilfen rechnete ich vor, dass sie maximal 0,83 DM je Stunde verdienten. Für mich als Praktikantin waren es neben Kost und Logis im Mehrbettzimmer nur 0,30 DM. Kinobesuche oder Besuche von Tanzveranstaltungen im nahegelegenen Immenstadt konnte ich mir davon nicht leisten. Dafür war der sonntägliche Kirchgang Pflicht und Wandern in der nahen Umgebung gut für die körperliche Ertüchtigung. Besonders in Erinnerung blieb mir der Abstieg vom Nebelhorn bei Sonthofen mit Irmgard, einer Arbeitskollegin. Erschöpft erwischten wir abends in allerletzter Minute noch den Bus zurück nach Immenstadt.

Konfliktbewältigung Unvergesslich ist mir auch der Konflikt mit der Heimleiterin. Sie hatte Zwetschgen eingekauft, die angeliefert wurden, als wir gerade Feierabend hatten. Die Heimleiterin erschien selbst in der Küche. Ein Novum. Sie erwartete, dass wir freiwillig bereit wären, die Früchte sofort haltbar zu machen. Was sollte das? Freiwillig noch länger arbeiten? Unschlüssig standen wir da. Erna, Berta und Anne schauten mich fragend an. „Freiwillig bin ich nicht dazu bereit“, brach ich den Bann. Das Gesicht der Heimleiterin verriet: Damit hatte sie nicht gerechnet. Ich lenkte ein: „Wenn Sie es fordern, werde ich weiterarbeiten.“ Ihr blieb nichts anderes übrig, als uns die Anweisung zu geben, länger zu arbeiten. An ein Dankeschön kann ich mich nicht erinnern. Mein Praktikumszeugnis wäre ohne diese Provokation wahrscheinlich besser ausgefallen.

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Das Augusta Krankenhaus in Düsseldorf-Rath In den 50er Jahren zierten Nierentische, Plastik-Sessel und Tütenlampen die deutschen Wohnungen. Als ich das Zimmer im Schwesternwohnheim zum ersten Mal betrat, erschauerte ich: Ein Dreibettzimmer, die Wände ochsenblutrot und grün, drei Spinde links, ein Waschbecken dahinter, vor dem winzigen Fenster standen ein kleiner Tisch und drei Stühle, an der rechten Wand noch einmal zwei Betten. So spartanisch stellte ich mir die Zellen der Nonnen vor, der Töchter vom Heiligen Kreuz3. Mir wurde das altmodische Bett neben der Tür zugewiesen. Maria und Josefine lebten schon seit zwei Jahren in dem Raum. – In den 50ern gab es noch genug Mädchen4, die von den Eltern in die Obhut der Nonnen gegeben wurden, um „die Küche zu lernen“. – Sie waren in meinem Alter und hatten sich inzwischen zu geschätzten Stationshilfen hochgearbeitet. Wir passten zusammen. Brav katholisch erzogen, stießen wir uns nicht an den begrenzten Ausgangszeiten und der Kleiderordnung: die Haare fest gebunden, keine Petticoats, nicht einmal in der Freizeit, keine Nylonstrümpfe mit Naht und auf keinen Fall Hosen.

Beten und arbeiten Wir sträubten uns nicht, am morgendlichen Gottesdienst der Nonnen teilzunehmen. Auch gegen unsere Wochenarbeitszeit von 48 Stunden revoltierten wir nicht. Mit der zweistündigen Mittagspause dauerte ein Arbeitstag bis 19.30 Uhr. Selbstverständlich musste auch hier an Sonntagen gearbeitet werden. Anmerkungen 1) Die Wörter Teenager für Jugendliche und Jeans für Nietenhosen wurden erst später üblich. 2) REFA-Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorga­ nisation und Unternehmensentwicklung e. V. 3) 1992 beendete der Orden die Mitwirkung der Schwestern im Augusta Krankenhaus. 4) In der BRD wurde erst am 01.01.1975 das Volljährigkeitsalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt.


Das Kino lockt

Ende und Neuanfang zugleich

An einem Wochenende fuhren Josefine und ich anschließend noch ins Stadtzentrum. Eine Kinovorstellung mit Clark Gable war angekündigt. Als wir gegen 23.30 Uhr das Schwesternwohnheim betraten, liefen wir Schwester Walburga in die Arme. Unsere Bedenken, die Hausordnung zu verletzen, waren an diesem Abend durch Rhett Butler und Scarlett O‘ Hara VOM WINDE VERWEHT. „Wo wart ihr?“ „Im Kino.“ Sie war eine kluge Frau. Ihr genügte ein mahnender Blick auf die Uhr und sie entließ uns auf unser Zimmer.

Dank der lehrreichen Praktika in den verschiedenen Bereichen hauswirtschaftlicher Betätigungsfelder konnte ich „staatlich geprüfte hauswirtschaftliche Betriebsleiterin und Fachberaterin“ werden. Nach einer zusätzlichen Sonderprüfung nahm ich zu Beginn der 60er Jahre das Studium zum Gewerbelehramt an der Universität Köln auf. Ich bin meinen Eltern noch heute dankbar, dass sie mich so lange finanziell unterstützt haben.

Vom Kochen und Backen In der Großküche war Schwester Anselma die Herrin der Kippbratpfanne. Ihre Bratkünste waren berühmt. Sie war eine bewundernswert ausgeglichene Frau. Von ihr lernte ich viel. Und dann gab es Omi, sie war der gute Geist der Spülküche. Unermüdlich hielt sie uns an, die Küchengeräte direkt nach dem Gebrauch zu reinigen. Ihr zuliebe wurde es mir zur Gewohnheit. In der hauseigenen Backstube lehrte mich der angestellte Bäckermeister neben verschiedenen Brotsorten auch gängige Feingebäcke herzustellen. Die Arbeit war für meine spätere berufliche Tätigkeit von unschätzbarem Wert.

Die GroSSwäscherei Schwester Theodora war die gefürchtete Leiterin der Krankenhauswäscherei. Sie setzte die Waschmittel sehr sparsam ein. Die Ärztekittel und Schwesternhäubchen mussten blütenweiß werden, aber die Buntwäsche wurde nach der Weißwäsche in dieselbe Lauge gesteckt. Gewaschen, aber nicht rein, wurden die Arbeitsschürzen des Küchenpersonals wieder angezogen. Es gab eine Heißmangel, aber gebügelt wurde noch mit alten Kasten-Eisen, in die ein aufgeheizter Stahlkern gesteckt werden musste. Damit zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen, war eine Herausforderung für mich.

trotzputz von elise donder der wischmopp wirbelt wischt ein derwisch schnurlos stromlos gedankenlos tanzt durch meinen staub ein schwarzer vogel entwischt

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GUTMUNDA Ein EMAnZiPAtoRiSchES M ÄRchEn Von ELKE RooB

Es war einmal ein Mädchen, das wurde von aller Welt geliebt, weil es so wunderschön Geschichten erzählen konnte. Wenn es erzählte, meinte ein Jeder den Atem anhalten zu müssen, um keines seiner Worte zu verpassen. Die Katze kroch hinterm Ofen hervor, um zu lauschen, und die Blumen neigten ihm ihre Köpfe zu und nickten lächelnd. Wenn es erzählte, stellte der Sturm sein Brausen ein; jedes Licht schien dann heller, jede Farbe leuchtete kräftiger. Nie kam ein böses oder falsches Wort über die Lippen des Mädchens, und deshalb wurde es Gutmunda genannt. Aber das Mädchen selber hörte nicht, was die Leute sagten, es hörte nicht das Schnurren der Katze, nicht das Rauschen der Blätter – um es herum war völlige Stille.

„Hab keine Angst“, sprach die Frau zu Gutmunda. „Ich bin die Königin der Sprache, und meine Stimme dringt selbst in taube Ohren.“ Gutmunda sank vor Glück und Rührung vor der Königin auf die Knie. „Wenn du willst, kann ich dich hören machen“, sprach die Königin weiter, „aber überleg es dir gründlich, denn du musst wissen, es ist nicht alles gut, was man auf dieser Welt zu hören bekommt, und der Preis, den ich fordere, ist hoch: Ich will zum Tausch deine Zunge. Findest du jedoch bis zum zwölften Vollmond eine Zunge, die wie deine nie etwas Böses oder Falsches gesagt hat, so weiß ich, dass deine Zunge nicht einmalig ist, und du wirst sie zurückerhalten.“

ines Abends, als Gutmunda schon im Bette lag, schien der Mond so hell, dass sie aufstand, um die Fensterläden zu schließen. Da sah sie im Apfelbaum, der vor ihrem Fenster stand, eine wunderschöne große Frau mit einer goldenen Krone auf den langen schwarzen Haaren sitzen. Über den Schultern trug sie einen glänzenden schwarzen Seidenumhang, der mit den Stickereien tausender roter Zungen übersät war. Die Frau lächelte Gutmunda zu und fragte, ob sie in ihr Zimmer kommen dürfe. Gutmunda hörte zum ersten Mal in ihrem Leben eine Stimme und nickte begeistert.

Als Gutmunda in den frühen Morgenstunden Gemurmel aus dem Elternschlafzimmer vernahm, stand sie leise auf und legte die Worte der Eltern, die unter der Schlafzimmertür hervorlugten, auf die kleine Waage. Da sprach die Waage:

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„Nichts leichter als das“, dachte Gutmunda, und sie willigte frohen Mutes in den Tausch ein. „Nimm diese kleine goldene Waage“, fuhr die Königin der Sprache fort. „Du erkennst eine reine Zunge daran, dass ihre Worte schwer wiegen. Damit verschwand die Königin. Gutmunda spürte im nächsten Moment, dass ihre Zunge weg war. Sie tat in dieser Nacht kein Auge zu, sondern lauschte dem Quaken der Frösche im nahen Teich, dem Knarren der Bäume, die sich im Winde bogen, und dem Plätschern eines Baches. Und alles klang in ihren Ohren wie die schönste Musik.

rEin ist EinE zungE nicht, DiE solchE lEichtEn WortE sPricht. such an EinEM anDErn ort DEr rEinEn zungE zauBErWort. Gutmunda war zu Tode erschrocken, dass ihre Eltern keine reine Zunge hatten. Kurz entschlossen packte sie ihr Bündel und schlich sich aus dem Haus.


Sie lauschte den Gesprächen an der Straßenecke und vorm Bäckerladen, und da alles neu für sie war, konnte sie gar nicht genug von dem kriegen, was sie alles hörte. Wie gerne hätte sie an den Gesprächen teilgenommen, aber aus ihrem Mund drang kein Laut. Da besann sie sich auf ihre Aufgabe und sammelte eifrig alle Worte auf, die sie auf der Straße, in den Rinnsteinen und Hauseingängen fand. Als ihre Taschen und Hände voll waren, ging sie zu einem stillen Plätzchen in einem Kornfeld, um sie zu wiegen. Doch die Waage sprach:

rEin ist EinE zungE nicht, DiE solchE lEichtEn WortE sPricht. such an EinEM anDErn ort DEr rEinEn zungE zauBErWort. Da weinte Gutmunda, bis die Melodie des Windes in den Ähren sie in den Schlaf wiegte. Am nächsten Tag sammelte Gutmunda nicht mehr so wahllos alle Worte, die sie finden konnte. Sie ging in die Schulen und Kirchen, die Gerichtshäuser und Ämter, und sie schaute sich die Menschen genau an. Sah jemand freundlich aus, so sammelte sie seine Worte ein; die anderen ließ sie liegen. In einem kleinen Wäldchen befragte sie abends wieder ihre Waage. Doch die sprach:

rEin ist EinE zungE nicht, DiE solchE lEichtEn WortE sPricht. such an EinEM anDErn ort DEr rEinEn zungE zauBErWort. Da weinte Gutmunda wieder, bis die Tiere des Waldes sie in den Schlaf wiegten. So wanderte Gutmunda unermüdlich weiter von Ort zu Ort auf der Suche nach der reinen Zunge. Jeden Morgen war sie voller Hoffnung und jeden Abend voller Enttäuschung, denn die Waage sagte immer dasselbe Sprüchlein. Jedes Mal, wenn der Mond rund am Himmel erschien, war Gutmunda voller Angst, weil sie fürchtete, ihre Zeit könne abgelaufen sein und die Königin der Sprache könne auftauchen.

Eines Abends, nachdem die Waage mal wieder ihr Sprüchlein aufgesagt hatte, legte Gutmunda sich auf einer Obstwiese zur Ruhe. Durch die Zweige des Apfelbaums über ihr sah sie den Vollmond am Himmel aufgehen, und ihr wurde ganz bang ums Herz. Als der Mond seine volle Leuchtkraft erreicht hatte und durch keine Wolke verdunkelt wurde, stand plötzlich die Königin der Sprache vor Gutmunda. Das Gesicht der Königin wurde vom Mond angestrahlt und ihre Gestalt warf einen langen Schatten. „Es ist der zwölfte Vollmond, Gutmunda, und ich bin gekommen, um mein Versprechen einzulösen. Du erhältst deine Zunge zurück, damit du mit mir sagen kannst, ob du eine Zunge, rein wie die deine, gefunden hast. War deine Suche vergebens, so nehme ich sie dir wieder weg, und du wirst nie wieder sprechen können.“ Als Gutmunda die Zunge in ihrem Munde spürte, sagte sie mit lauter klarer Stimme: „Ich habe tausende Zungen wie die meine gefunden.“ Da schrie die Königin voll Wut: „Du lügst. Das kann nicht sein!“ – „Doch“, lächelte Gutmunda, „ich habe tausende Zungen gefunden, die wunderschöne, liebe Worte sagen, aber auch böse und die Unwahrheit – wie meine.“ Während sie sprach, fielen ihre Worte direkt auf die goldene Waage. Doch bevor die Waage ein Urteil fällen konnte, sprang Gutmunda mit beiden Füßen auf sie drauf und stampfte sie in den Boden. Da riss sich die Königin die Krone vom Kopf und warf ihren Umhang weg. „Ich will nicht mehr die Königin der Sprache sein, wenn es keine einzige reine Zunge mehr gibt“, rief sie aus. Und im nächsten Moment fielen unzählige goldene Wörter aus ihrem Mund, Wörter so zahlreich und schön wie die Sterne am Himmel, bis die Königin ganz leer war und tot umfiel.

Gutmunda legte sich den Umhang um, setzte sich die Krone auf und sammelte einige goldene Wörter auf. Dann tanzte sie lachend umher, warf das eine oder andere Wort in die Luft, fing es mit dem Mund wieder auf und schrie es aus vollen Leibeskräften in die Mondennacht hinaus.

KULTUR : BILDUNG : LEBEN

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Dann müssen eben die Steine reden

Weltkriegsende vor 75 Jahren von Georg Opdenberg

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ier bei uns, tief im Westen der Republik, jährt sich in diesem Frühjahr zum 75. Mal das Ende des Zweiten Weltkriegs. Es ist kein fest­ gelegter Tag wie der 8. Mai, der Tag der Kapitulationsunterzeichnung – der so fest auch nicht ist, denn für den Osten fand die Unterzeichnung ja am 9. Mai statt. Es ist nicht einfach, den Tag genau anzugeben, an dem für die Menschen hier der Krieg zu Ende ging. War es, als nicht mehr "zurückgeschossen" wurde – damit hatte es sechs Jahre vorher angefangen – oder als keine Bomben mehr fielen und Frauen und Kinder nicht mehr bangen mussten? Die Männer oder zumindest ein Großteil davon waren zu dem Zeitpunkt entweder schon in Gefangenschaft oder kämpften fern der Heimat.

Amerikaner vor krefeld Das Ende des Krieges rückte für die Krefelder in greifbare Nähe, als am Abend des 1. März drei Divisionen der 9. US Amerikanischen Armee sich an der Niers westlich von Kempen und Anrath aufstellten. Am nächsten Tag wollten sie Krefeld mit einer Zangenbewegung umfassen, um in der Folge dann die noch intakte, dringend benötigte Brücke über den Rhein einzunehmen, welche die Stadt und den Linken Niederrhein mit dem Ruhrgebiet verband. Schon Anfang der 1930er Jahre war, im Rahmen von Notstandsarbeiten, mit ihrem Bau begonnen worden. Mit großem Pomp wurde

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sie dann1936 – als einzige Adolf-Hitler-Brücke im Reich – eingeweiht. Eilfertig hatte man sich rechtzeitig um diese Ehre bemüht. Die große Absetzbewegung in Richtung Osten an das rettende Ufer begann schon ein, zwei Tage vorher. Einige Parteigenossen aus unserem Viertel, die sich für sehr wichtig hielten, zwangen meine Tante Leni, sie mit dem kleinen Lieferwagen unserer Kohlenhandlung mit Sack und Pack auf die andere Rheinseite zu bringen. Später erzählte sie mir, dass alle Straßen Richtung Brücke verstopft waren – von zurückflutenden deutschen Einheiten, die, so gut es ging, mit dem restlichen in der Stadt vorhandenen Treibstoff versorgt wurden. Man wollte nutzlosen Widerstand und Rückzugsgefechte in der ohnehin schon zu großen Teilen zerstörten Stadt vermeiden. Hinzu kamen endlos lange Kolonnen fliehender Fremdarbeiter und -innen. Des Weiteren kamen noch – in beschlagnahmten Fahrzeugen – große Teile der Krefelder Verwaltung, die nach Wuppertal ausgelagert werden sollte. Kurz vor der Brücke drehte Tante Leni um in der Sorge um ihre alten Eltern. Was wäre, wenn man sie, einmal auf der anderen Seite, nicht mehr zurückfahren ließe oder es nicht mehr möglich gewesen wäre? Am nächsten Tag, dem 2. März, waren gegen Nachmittag die ersten amerikanischen Verbände in der Krefelder Innenstadt angekommen. Die letzten Reste der deutschen Truppen hatten sich bis an den Rhein zurückgezogen.

„Besatzer?" – "BEfreier!“ Warum spricht man bis heute nicht von „Befreiern“, frage ich mich immer wieder, sondern von Besatzern und einer „Invasion“? Kaum einer scheint zu wissen, dass der hier zugrunde liegende Begriff, bei allen Vorbehalten der damaligen Machthaber gegenüber Begriffen aus dem Französischen, auf eine Anweisung des Propagandaministeriums vom 6.6.1944, dem Tag der „Landung“, zurückgeht. Er wurde zu einem feststehenden Begriff und wird bis heute durchgehend verwendet.


Ende Die letzten verbliebenen Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten, zum Wohl der Bevölkerung und gegen alle Anweisungen, die überlebensnotwendigen Versorgungsbetriebe wie Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke nicht gesprengt. Der größte Teil der Stadtbewohner harrte, in den vielen total überfüllten großen Luftschutzbunkern, in banger Erwartung aus. Allein in dem Bunker neben dem Hauptbahnhof waren es gut 15 000 Menschen. Es überwogen Frauen und Kinder, viele, die schon lange kein Dach mehr über dem Kopf hatten, daneben ein paar alte Männer. Das war für die Menschen in der Innenstadt die Stunde Null. Alles war in der Schwebe. Der Krieg war weiter nach Uerdingen gezogen. Mehrere Versuche, die Rheinbrücke, die, auch unter schwerem Beschuss bis zum letzten Augenblick noch offen gehalten werden sollte, nun gezielt zu zerstören, schlugen fehl. Erst ein LKW, voll beladen mit Munition auf der Mitte der Brücke platziert und gesprengt, machte sie unbrauchbar. Sie brach in der Mitte durch und stürzte in den Rhein – keine zehn Jahre nach der feierlichen Eröffnung. Es war am frühen Morgen des 4. März 1945. Nun war diese schwer umkämpfte Verbindung zur anderen Rheinseite abgerissen und Uerdingen eine Frontstadt geworden. Die Bevölkerung wurde in den nächsten Tagen evakuiert und konnte erst am 20. April wieder in ihre Häuser zurückkehren. Die Alliierten wollten freie Hand haben für die nun schwieriger gewordene Rheinüberquerung. Augenzeugen, die davon noch berichten können, gibt es nicht mehr viele.

(Steinerne) zeugnisse In den Aufbaujahren, und auch noch lange danach, wurden die Zeugnisse dieser unsäglichen Vergangenheit nach und nach übertüncht und aus dem Blick genommen. Trotzdem gibt es auch heute für diejenigen, die genau hinsehen und das Gesehene auch hinterfragen, an den unterschied­lichsten Orten und gut zwei Generationen später, noch eine unübersehbare Anzahl von Hinweisen. Hier nur einige wenige Beispiele in loser Aufzählung:

Fotos und Totenzettel Wie oft hören und lesen wir in den Nachrichten von Bombenfunden oder der Beseitigung von Blindgängern mitten in unseren Städten? In vielen alten Schränken, die nun auf den Sperrmüll wandern, finden sich, in Rahmen oder Fotoalben, vergilbte Fotografien von jungen Männern in Uniform, die in die Kamera lächeln. Die schwarzen Stoffstreifen unten in der Ecke oder ein verblasstes Datum auf der Rückseite legen nahe, genau wie die Totenzettel in alten Gebetbüchern, dass sie nie mehr zurückgekehrt waren.

Foto: CC-BY-SA, Jordi

ORTE  STRASSen  NAMEN Wie viele Straßennamen erinnern an die nach dem ersten Großen Krieg „verlorenen Gebiete“ im Westen und ganz besonders im Osten. Bemerkenswerter Weise zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass die Benennung weniger in den 1920er Jahren, sondern oft erst kurz vor dem Zweiten Weltkrieg erfolgt war. Diese Namensgebung war Programm gewesen. Und genau diese Ortsnamen finden sich heute in den Biografien der vielen von dort Geflüchteten und Vertriebenen, die nur wenige Jahre später hier als Fremde eine neue Heimat suchten.

Helden? Denk Mal! Nach dem Ersten Weltkrieg wurden noch in den kleinsten Gemeinden Heldendenkmäler errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte hier, wohl auch auf Druck der Alliierten, Totenstille. Aber ab und an und nach und nach bekamen die alten Denkmäler noch einen späten bescheidenen Zusatz, der sich oft nur auf die beiden Zahlen 1939 und 1945 beschränkte. In Namenslisten und oft in Verbindung mit einer Pieta wurde dann in vielen Kirchen in den alten Kriegerkapellen oder in einer anderen versteckten Ecke der im Bombenhagel umgekommenen Gemeindemitglieder gedacht. Genauso verborgen, denn wer achtet schon auf die bescheidenen Hinweisschilder, sind auf den großen städtischen Friedhöfen die Gräberfelder mit den hunderten, in Reihe gelegten unscheinbaren uniformen Steinen der Bombenopfer.

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Im offiziellen Sprachgebrauch wurden sie, ab Juni 1943, nach einer Anordnung vom Oberkommando Wehrmacht, auch „Gefallene“ genannt, denen damit auch ein ewiges Ruherecht zugestanden werden sollte wie den „im Feld Gefallenen“.

Bunker, Keller, Löcher Unübersehbar dagegen sind im Stadtbild die großen Raum einnehmenden Luft-Schutz-Sonderbauten, kurz Bunker genannt. Aber wer verbindet diese riesigen Betonflächen mit rostenden Eisen noch mit dem Bombenkrieg, im damals offiziellen Sprachgebrauch nur „Terrorangriff“ genannt? Die vielen „Zahnlücken“ in den Innenstädten, eingeschossige gesichtslose Bauten zwischen 3- und 4-geschossigen Häusern, altgewordene Neubauten, deren Obergeschosse so gar nicht zu dem Erdgeschoss mit den ausgetretenen Natursteinstufen passen wollen oder an der Fensterstellung noch erkennbare alte Häuser, verloren in Neubaureihen.

Luftschutz / Notausstieg

Sie alle erzählen von einer großen furchtbaren Katastrophe. Desgleichen die vielen noch heute zugemauerten Kellerlöcher alter Gebäude, Mietshäuser, Villen, Schulen und Fabriken, auf denen oft noch, wenn auch verblasst, die Hinweiszeichen zu den Luftschutzräumen ablesbar sind. In meinen Augen waren sie immer schon ein MENETEKEL, ein Hinweis, wie in der Weissagung Daniels, auf ein drohendes, selbstverschuldetes Unheil. Anfang der 1940er Jahre, als man von Sieg zu Sieg schritt, wollte das keiner lesen.

Und wenn hiervon keiner mehr sprechen kann, dann müssen eben die Steine reden.

Luftschutz / zugemauerter Kellerabgang

Luftschutz / zugemauerter Kellerabgang

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Die Milchstraße in den Augen der Inkas.

die sterne von Elisabeth Grins (5 Jahre) Im Weltall gibt es viele Sterne dicke, dünne, kleine, große. Die kleinen Sterne sind die Babys. Die dicken Sterne sind die Omas und Opas. Die dünnen sind die Mama-Sterne. Die großen sind die Papa-Sterne. Ja, das ist die Sternenfamilie.

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Eine Nacht in Hamburg Es gibt Tage, die man im Leben nicht vergisst. Am Donnerstag, dem 9. November 1989, war ich zum Besuch eines Seminars in Hamburg. Es ging um das Thema, wie man Verhandlungen mit japanischen Geschäfts­partnern gestaltet und wie man sich verhalten soll bei Besuchen von Firmen in Japan. Eine hochinteres­ sante Veranstaltung. Doch das war plötzlich alles nicht mehr so wichtig. Die Nachricht vom Fall der Mauer in Berlin schlug ein wie eine Bombe. Schon vor den ersten Fernsehnachrichten am frühen Abend hatte sich das Gerücht vom Fall der Mauer verbreitet.

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Oder: Wie ich den Mauerfall erlebte von Georg Nowak Mit einem Arbeitskollegen wollte ich abends in einem uns empfohlenen Lokal essen. Auf Grund der Meldungen aus Berlin und der mündlichen Berichte, dass Hamburg Kopf stehe, beschlossen wir, das Lokal zu Fuß aufzusuchen. Die Straßen waren voller Menschen. Viele Trabis mit DDR-Kennzeichen fielen uns auf. Unzählige Familien und Gruppen waren spontan nach Bekanntwerden der neuen Reiseregelung mit ihren Autos über die Autobahn von Berlin nach Hamburg aufgebrochen. Vor dem Rathaus in Hamburg waren in aller Eile von Hilfsorganisationen Feldküchen mit Gulaschkanonen zur kostenlosen Verpflegung der „Gäste“ eingerichtet worden. Vor allen Gaststätten waren Hinweistafeln zu sehen, auf denen ein kostenloses Gericht gegen Vorlage eines DDR-Ausweises angeboten wurde. Offensichtlich hatten sich die Gastwirte der Stadt miteinander verständigt. Die Besucher aus Ostberlin hatten keine DM bei sich und oft nur eine geringe Menge DDR-Geld. Wie wir später von Passanten erfuhren, wurde manch kleiner Betrag Ostmark von Privatleuten in DM gewechselt. Das Begrüßungsgeld von 100 DM gab es gegen Vorlage des DDR-Personalausweises erst am nächsten Tag z. B. bei den Postämtern. Aber in der Nacht vom 9. November kursierten die wildesten Gerüchte. So wurde kolportiert, es gebe in der Nacht schon ein Begrüßungsgeld von 10 DM, aber keiner wusste, wo man das bekommen konnte. Wir wurden von dem, was wir sahen, und der allgemeinen Stimmung ergriffen, und ich brauche dieses Wort bewusst. Mittlerweile hatten wir unsere Gaststätte erreicht, ein großes Haus. Im Erdgeschoss war ein riesiger Raum bereits überfüllt. Wir begaben uns über eine breite Treppe in die erste Etage. Auch dort schien kein Platz für uns frei zu sein. Wir zwängten uns trotzdem zwischen eng stehenden Tischen und Stühlen durch bis zu einem Tisch, an dem die Gäste gerade aufbrachen. Geschafft! Aufatmen! Nun hatten wir Zeit uns im Raum umzusehen und auf die Bedienung zu warten. Am Nebentisch saß ein Rentnerehepaar, zu dem sich ein Paar im Alter von ca. 38 bis 40 Jahren dazu setzte, nachdem die beiden älteren Herrschaften sie herangewunken hatten. Wir beobachteten und lauschten. Es entspann sich am Nebentisch ein Gespräch, in dem die beiden Ankömmlinge berichteten, dass sie wie viele andere aus Ostberlin spontan nach Hamburg aufgebrochen seien. Offensichtlich war

das Gespräch für die älteren Herrschaften so interessant, dass sie zahlten, aber sitzen blieben. Nach längerer Zeit bekamen auch wir unser Essen gleichzeitig mit dem Essen für die DDR-ler am Nachbartisch. Nach einiger Zeit, das junge Paar hatte seine Mahlzeit beendet und wollte zahlen, wurde die Unterhaltung am Nachbartisch wieder lauter. Wir hörten, dass unter Protest der jungen Leute die Alten die Zeche übernahmen und ihnen sagten, sie würden sie als Gäste einladen. Am nächsten Morgen, wir saßen beim Frühstück im Hotel und beobachteten, wie eine Familie mit drei Kindern im Alter zwischen ca. 6 und 12 Jahren durchs Fenster von der Straße aus das Frühstücksbuffet und die speisenden Gäste bestaunten. Das blieb auch den anderen Gästen nicht verborgen. Dem Chef vom Dienst im vornehmen schwarzen Dress entging das ebenfalls nicht. Spontan holte er die Familie zum kostenlosen Frühstück herein. Während der Fahrt vom Hotel zum Seminarort unterhielten wir uns mit der Taxifahrerin über unsere Eindrücke vom vorherigen Abend und hoben die Herzlichkeit und Hilfs­ bereitschaft der Hamburger Bevölkerung hervor. Daraufhin berichtete sie, dass in der Nacht die Batterie des Trabis einer Berliner Familie, die nach Hause fahren wollte, versagt habe. Ein Taxifahrer beobachtete die Ratlosigkeit der Familie und ergriff die Initiative. Über Funk rief er einige Kollegen an, die die Kosten für eine neue Batterie übernahmen und von einer Tankstelle eine Batterie zum Trabi brachten. Das in Hamburg Erlebte hat in mir das Gefühl wachgerufen, Teil eines historischen Geschehens gewesen zu sein, wenn auch nur als Statist. Wir alle hatten damals nicht damit gerechnet, die Wiedervereinigung noch zu erleben. Umso größer war die Vielfalt der Gefühle bis zur Ergriffenheit, die uns bewegte. Der zweite Gedanke sagte mir, dass diese Zeitspanne, die ich gerade miterlebt hatte, in unserer Bevölkerung in Ost und West unvergessen bleiben würde.

Aufgeschrieben am 9. November 2019 für meine Söhne.

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dEr gorilla der gorilla, ja, ja, der gorilla der gorilla ist ausgebrochen weggelaufen trinkt im café einen capuccino mit einer gazelle die welle der verwüstung ist groß keine langeweile heute, I love gorillas ja, ja, der gorilla war da er ist da, da, da da, siehst du ihn nicht dieses monster am tisch dieses haarige monster ja, ja, es sitzt tatsächlich am tisch trinkt einen cappuccino mit dem rosa kakadu und der gazelle

in mEinEm Kopf … watte, wattig was ist in meinem kopf? dem aufgeblähten dem ausgelaugten dem geplätteten dem platzenden? es blutet eine ader leer in meinem gehirn sie verwattet sie verwässert verwaltet das gehirn neu neu, in meinem kopf in meinem wattigen neuen kopf

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GEDIcHTE


EinE trÄnE eine träne fällt sie dachte an dich jetzt, bei der musik ich denke gerne an dich lange ist es her sehr, sehr lange

gEdichtE VON JosÉE hÜmpEl-langEn

ja, dein platz ist leer bleibt leer immerzu aber mein herz ist voll voll von gedanken an dich gute gedanken sie schmerzen immer wieder neu suchen raum freiraum

schWarZBuch Ich reagiere empfindlicher als der sensibelste Seismograph auf innere Bewegungen Registriere peinlich genau kleinste Erschütterungen auf der Richterskala Trage Ergebnisse akribisch und mit spitzer Feder ein Mache die Rechnung auf; ziehe Bilanz Endlich

GEDIcHTE

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Besuchen Sie Nauru, die kleinste Republik der Welt. Das Korallenatoll im Südpazifik können Sie allerdings von Deutschland aus nur mit mehreren Zwischenstopps und Fluglinienwechseln erreichen. Wenn alles glatt läuft, landet die Maschine der Nauru Airlines nach 37 Flugstunden in Yaren.

nauru DAS VERWÜSTETE PA R A D I E S VON GERTRUD GRINS MIT FOTOS VON DIETER GRINS

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Foto: WiKiPEDiA, cc-BY-SA DEPARtMEnt oF FoREiGn AFFAiRS AnD tRADE

Sie suchen Abgeschiedenheit, das Außergewöhnliche, Abenteuerliche?


Wo liegt Nauru?

Karte: wikipedia, CC-BY-SA Tschubby

Nordostwärts von Australien, knapp unterhalb der Äquatorlinie, mitten im Blau des Stillen Ozeans. Der Name ist im Atlas kaum zu übersehen, das Atoll selbst nur ein Punkt. Die Insel ist nämlich so klein (21 km²), dass man sie auf der 17 km langen Ringstraße in 15 Minuten mit dem Auto umrunden kann. Die rund 11 000 Einwohner leben in zwölf Ortschaften an der Küste. Eine Hauptstadt hat die kleinste Republik der Welt nicht. Die Landebahn des Flughafens Yaren ist gleichzeitig der Sportplatz. Aber das ist kein Problem. Es starten und landen maximal zwei Maschinen pro Woche; dann ist der Bereich gesperrt.

Geschichte Naurus Der britische Kapitän John Fearn entdeckte Nauru 1798. Dass sich auf dem Korallenatoll in Jahrmillionen Vogelkot (Guano) in Gestein verwandelt hatte, das erkannte er nicht. Er gab der Insel den Namen Pleasant Island. Fast 100 Jahre gehörte das weitabgelegene, winzige Eiland zum britischen Interessengebiet im Pazifik. Unbedeutend. Kaum beachtet. 1886 verzichteten die Briten sogar zu Gunsten der Deutschen darauf. Nauru wurde deutsches Protektoratsgebiet und von den damals deutschen Marshallinseln aus verwaltet. Um 1900 fand dann ein australischer Forscher heraus, dass versteinertes Calciumphosphat die Insel bedeckt. Wegen des einzigartig hohen Phosphatanteils im Gestein (bis 90 %) bekam das Mineral den Namen Nauruit. Es ist ein wichtiger Rohstoff, um Düngemittel und Sprengstoff herzustellen. Großbritannien gründete ein Unternehmen, das die Lizenz für den Phosphatabbau von den Nauruern erwarb. Die Pacific Phosphate Company begann 1908 mit dem Schürfen. Nauru war von nun an von wirtschaftlicher Bedeutung.

Die Folgen der Weltkriege Im Ersten Weltkrieg besetzten die Australier Nauru. Am Kriegsende 1918 musste Deutschland alle seine Kolonien abtreten. Nauru wurde zum Völkerbund-Mandatsgebiet erklärt. Während des Zweiten Weltkrieges eroberten die Japaner Nauru. Sie brauchten einen militärischen Stützpunkt im Pazifik. Die Nauruer wurden auf eine der Karolinen Inseln verschleppt. Viele starben. Von den 1200 Evakuierten kehrten nur 737 am Ende des Zweiten Weltkrieges in ihre angestammte Heimat zurück. 1947 wurde Nauru Vereinte Nationen Treuhandgebiet. Den Australiern übertrug man die Verwaltung.

Der Reichtum Naurus Nun übernahm die British Phosphate Commission (BPC) den Phosphatabbau. Sie zahlte den Eigentümern, auf deren Grundbesitz das Mineral abgebaggert wurde, die vereinbarten Lizenzgebühren. Weitere Zahlungen flossen in verschiedene Fonds, von denen einer die neuen Häuser der Nauruer finanzierte.

Die Tradition verlangte von den Eingeborenen, dass sie mit den Einnahmen aus dem Phosphat auch die Familien unterstützten, die kein Land besaßen bzw. deren Grundbesitz noch unberührt war. Die geförderten Mengen waren aber so groß, dass niemand mehr gezwungen war, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Das Geld reichte, um zu kaufen, was man brauchte. Und das wurde von Australien und Hongkong regelmäßig angeliefert.

Auf Nauru in den 60er Jahren Zwischen 1963 und 1965 hat mein Mann Dieter 18 Monate auf Nauru gelebt und als Angestellter der BPC gearbeitet. Aus den vielen Fotos, die er mitbrachte, hat er kurz nach seiner Rückkehr eine Diaschau zusammengestellt, die er öffentlich präsentierte. Dabei lernten wir uns kennen. In unseren frühen Ehejahren hat er so oft von seinen Erlebnissen erzählt, dass ich manchmal meine, ich sei selbst dort gewesen. Dieter erinnert sich gerne an seine Einreise.

In Melbourne hörte ich von einer Stellen­ausschreibung der BPC für Nauru. Ich bewarb mich und wurde tatsächlich eingestellt. Neun Tage dauerte die Schiffspassage mit der MS TRIASTER, die mich zu meinem neuen Wirkungskreis brachte.

Für die Einreiseformalitäten war der Polizeichef Jim Mc Conachie zuständig. Er schaute in meinen Pass. "A German", stellte er fest und fragte: "Where is your gun?" Irritiert schüttelte ich den Kopf. "No gun?" "You are the first German without a gun." Ich schluckte und registrierte: Britischer Humor!

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Die Inselbewohner Damals lebten auf Nauru 4919 Personen. Davon waren 2586 Nauruer, 1173 Eingeborene anderer Inseln, 748 Chinesen und 412 Europäer. Letztere waren die vom australischen Staat in Verwaltung, Gesundheitswesen und der Schule Beschäftigten. Dazu kamen die Angestellten der BPC. (Pacific Islands Year Book and Who’s Who, Ninth Edition 1963, S. 192.)

ein Paradies für Gastarbeiter?

Gustav Rasch

Tebess

Ja und nein. Sie verdienten überdurchschnittlich gut, zahlten keine Steuern und die Gesundheitsfürsorge war kostenlos. Aber sie lebten in einer Art Ghetto, jede Gruppe für sich. Die Ausgaben für Unterbringung und Verpflegung waren gering. Die Gefahr dem Alkohol zu verfallen war groß, denn die Vergnügungsmöglichkeiten waren sehr begrenzt. Bier und andere Alkoholika konnten die Europäer im Club in beliebiger Menge konsumieren; es war ihnen nicht erlaubt, sie an die übrigen Inselbewohner weiterzugeben. Trotzdem torkelten hin und wieder Nauruer durch ihr Dorf, weil sie zu viel Toddy konsumiert hatten. Toddy ist vergorener Kokospalmsaft mit bierähnlichem Alkoholgehalt.

Ein Nauruer mit deutschen Wurzeln

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Gustav Rasch (1897-1969) war der Sohn des deutschen Kopra -Händlers Robert Rasch und einer Nauruerin. Gustav sprach Nauruisch, etwas Englisch und beherrschte Deutsch in Wort und Schrift. Dieter traf sich gern mit ihm zum Plausch.

Der 70Jährige wusste noch, wie man mit den Materialien, die Naurus Natur liefert, Kanus baut, aber er war ebenso in der Lage, einen PKW zu reparieren. Von ihm erfuhr Dieter auch von den Abbaugebühren, die von der BPC an die Landeigner gezahlt wurden und dass der Grundbesitz ursprünglich über die Frauen vererbt wurde, denn die Gesellschaft war matriarchalisch aufgebaut. Mit Sorge beobachtete der alte Mann, wie der Phosphat­ abbau die Natur zerstörte und wie die Einnahmen aus den Schürfrechten seine Landsleute zum Müßiggang verführten. Er befürchtete, dass ihnen das überlieferte Wissen und die handwerkliche Geschicklichkeit abhandenkämen. Sie verstanden sich zwar noch auf das Züchten von Fregattvögeln und Ibia Fischen, aber sie schafften es wegen ihrer Körperfülle nicht mehr, barfuß an einer Palme hochzuklettern, um die Früchte zu ernten oder die Palmblüten für die ToddyGewinnung zu präparieren. Die Männer fuhren gelegentlich mit dem Auslegerkanu zum Fischen hinaus. Hatten sie einen Haifisch geangelt, präsentierten sie ihn stolz und verteilten den Fang großzügig. Die Nauruer lebten im Hier und Jetzt. Sorgen um morgen lagen ihnen fern.

Aus Dieters Arbeitsalltag

Das Trinkwasser für die Inselbewohner musste von Australien herangeschifft werden. Weitere zur Lagerung benötigten Stahltanks, die jeweils 1 Mio. Galonen Wasser fassten, mussten auf dem Insel-Plateau errichtet werden. Dieter hatte die Aufgabe, diese Arbeiten zu managen.

Meine Crew bestand aus sieben chinesischen Schweißern und zwölf Hilfskräften von den Gilbert- und Ellis-Inseln. Ich war ihr Number One, der erst lernen musste, sie mit seinen Leistungsvorstellungen nicht zu überfordern. Wir verständigten uns auf Pidgin Englisch. Eine Säge nannte der meist lachende Tebess: pull me, push me, key key wood (Zieh mich, drück mich, spane Holz) oder brother belong axe (Bruder der Axt). Entsprach eine Arbeit nicht meinen Vorgaben, hieß es: Don’t worry! (Reg dich nicht auf!). Und ehe ich schimpfen konnte: No matter, Number One, no matter! (Keine Ursache).

Nach Fertigstellung der geplanten Tanks übernahm Dieter die Leitung der Reparaturwerkstatt. Damit war er direkt in den Phosphat-Förderprozess eingebunden. Nach 18 Monaten lief sein Vertrag aus. Mit dem japanischen Tanker SHIKIHARU MARU schip­perte er sechs Wochen von Nauru durch den Panamakanal bis nach Aberdeen/Schottland. Am 09. Juni 1965 kam er nach fünf Jahren Auslands­a ufenthalt nach Deutschland zurück.


Nauru wird unabhängig Die Informationen, die uns aus Nauru erreichten, klangen anfangs vielversprechend. Hammer DeRoburt – er war Vorsitzender des lokalen Regierungsrates – gelang es nämlich, das Land in die Selbständigkeit zu führen. Am 31. Jan. 1968 wurde die Republik Nauru = RIPUBRIKIN NAOERO gegründet. Amtssprachen sind Nauruisch und Englisch, Währung ist der Australische Dollar. Der junge Staat zahlte 20 Mio. AUD an die BPC für die Übernahme der Rechte und Anlagen und gründete die Nauru Phosphate Corporation (NPC) – „ein Staatsunternehmen, das vom Präsidenten der Republik geführt wird.“

Der Wohlstand und seine Folgen Seit 1970 betreiben die Nauruer den Phosphatabbau in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung. Sie wurden die alleinigen Herrscher über die sprudelnden Gewinne. Wissend, dass die Vorkommen endlich sind, legte die Administration Geld in einen Wolkenkratzer in Melbourne an. Sie investierten in Einkaufszentren, in Krankenhäuser und Hotels. Sie gründeten eine inseleigene Fluggesellschaft und die Pacific Star Line, eine Schifffahrtsgesellschaft. Das Pro-Kopf-Einkommen stieg, die Sorglosigkeit auch. Zeitweilig waren die Nauruer die reichsten Menschen der Welt. Sie importierten bedenkenlos, alles was sie sich wünschten. PKW und Pickups verrosteten am Straßenrand. Warum reparieren, wenn man sich locker einen Neuwagen leisten kann? Statt Teile des Gewinns für die Rekultivierung einzusetzen und heimische Nahrungsmittel zu züchten, kaufte man Fertiggerichte und Gefrierkost im Supermarkt. Für die nicht so wohlhabenden Nauruer schuf man Jobs in der Verwaltung, die sehr gut bezahlt wurden und kaum Einsatz forderten. Die anstrengenden und verantwortungsvollen Tätigkeiten im Phosphatabbau erledigten weiter die Gastarbeiter. Durch Veranlagung, Bewegungsmangel und falsche Ernährung wuchs die Zahl der Übergewichtigen. Heute ist die Zahl der Diabetiker und der Fettleibigen in keinem anderen Staat der Welt so hoch wie in Nauru. Die Lebenserwartung ist mit durchschnittlich 67,1 Jahren niedrig.

Missmanagement und Niedergang Hammer DeRoburt, der Vater der Nation, war von 1968 bis 1986 Regierungschef. Danach begann eine Periode der Instabilität. Die gewählten Regierungen wechselten in kurzen Abständen. Die Regierungschefs ließen sich bestechen, fielen in die Hände krimineller Berater und von Kredithaien. Die Investition in einen australischen Fußballclub wurde zum Flopp, die in ein Musical in London zum Desaster. Die Nauru Airline flog riesige Verluste ein. Und es kam, was kommen musste: Die Einnahmen aus dem Phosphat versiegten. Die winzige Republik warb Briefkastenfirmen an und wurde zum Steuerparadies. Die Bank of Nauru versuchte sich mit Geldwäsche vor der Pleite zu retten. Die OECD griff ein, setzte Nauru auf die „Schwarze Liste“. Das zeigte Wirkung. Als alle Immobilien und Sachwerte unter den Hammer gekommen waren, fehlten die Sicherheiten, um mit frischen Krediten die fälligen zu bedienen. Die staatliche Bank of Nauru wurde abgewickelt.

Phosphat-Abbau

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Dabei verloren auch die braven Sparer, die ihr Geld nicht verschleudert hatten, ihr Geldvermögen. Die Nauruer verarmten. Der Staat war quasi bankrott. Seitdem hängt das Land am Tropf von Australien. Das war auch der Grund, warum man 2002 Bootsflüchtlinge aufnahm, denen Australien die Einreise verweigert hatte. Australien zahlte üppig für sie. Eingezäunt und schlecht versorgt quälten sich die Geflüchteten monatelang unter der Äquatorsonne tatenlos durch den Tag. Wieder musste von außen eingegriffen werden. Das UN-Flüchtlingshilfswerk ließ das Lager schließen. Zwei Jahre später nahm Nauru erneut Boatpeople auf , weil man Geld brauchte, um Nahrungsmittel und Trinkwasser zu kaufen. Die Meerwasser-Entsalzungsanlage musste gewartet werden. Wenn wieder einmal der Dieselkraftstoff ausgegangen war, funktionierte die Stromversorgung nicht. Dann stand alles still. Weil den Familien das Geld fehlte, konnten sie nicht mehr beliebig viel im Supermarkt einkaufen. Teilweise fehlte ihnen sogar das Lebensnotwendige für ihre Kinder.

"WALK AGAinSt DiABEtES", 2007 // Photo: cc-BY Lorrie Graham Department of Foreign Affairs and Trade, Australia // fl ickr.com

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zWischEnstoPP in nauru Bei einer Flugreise 2001 erzählten mir zwei deutsche Weltenbummler, dass sie mit Hühnern und Ferkeln das Flugzeug teilen mussten, das sie über Nauru nach Kiribati bringen sollte. Nauru glich eher einer Mülldeponie als einer Südseeinsel. Die bizarr geformten Kalksteinpyramiden im Inselinnern sahen trostlos aus. Die angeblich so malerische Buada Lagune war vermüllt, die Anebare Bucht verwahrlost, das Hotel marode, das Essen einfallslos, die Bank geschlossen. Ohne Bargeld ging dort nichts.

aufschuB unD ausBlick 2003 war es dann mit dem Phosphatabbau vorbei. Die Mine wurde geschlossen. Die Anlagen verrotteten. Schon im Januar 2003 war die letzte Telefonleitung zusammengebrochen. Der Ministaat war von der Welt abgeschnitten. 2006 schickte der größte Düngemittelhersteller Australiens, die Incitec Pivot, einen Sachverständigen nach Nauru. Er stellte fest, dass es sich für das Unternehmen bei weltweit steigenden Phosphatpreisen lohnt, die Kalksteinzacken zu sprengen, um Reste des Phosphats zu schürfen.


Das sogenannte secondary mining ist aufwendig, bringt aber wieder etwas Geld ins Land. Allerdings müssen nun auch die Nauruer zupacken. Bei den tropischen Temperaturen und der extrem hohen Luftfeuchtigkeit ist das für die übergewichtigen Insulaner eine Herausforderung. Selbst wenn sie es schaffen, wieder regelmäßig zu arbeiten, fragt es sich, wie lange sie noch auf der Insel überleben können. Ihre Heimat scheint ein Land ohne Zukunft. Dass Australien das Angebot wiederholt, die Nauruer auf einer zu Australien gehörenden Insel anzusiedeln, ist unwahrscheinlich. 1947 haben sie das nämlich vehement abgelehnt. Sie wollten ihre Heimat und die Selbständigkeit nicht aufgeben. Eine Sehnsuchtsinsel mit Traumstränden war Nauru nie. Das Riff ist schmal und wegen des steilabfallenden Korallensockels ist das Tauchen gefährlich. Zum Baden eignet sich nur die Anebare Bucht. An den anderen Küstenabschnitten ist die Strömung zu stark. So wundert es nicht, dass Nauru als Urlaubsziel ausfällt. 2018 kamen gerade einmal 200 Touristen ins Land.

Aber die Nauruer lieben ihre kleine Welt. In einem ihrer Lieder heißt es ...

BUADA LAGUnE Dieter Grins, 1963/65

Oh mein Nauru, bist klein und doch schön. Wir wollen dir zu Ehren ein Lied singen. Weil du das Land unserer Vorfahren bist.

OH NAURU EAUWE.

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IN MEMORIAM RUDOLF HERMANN SOUS

08.08.1933 – 29.09.2019

A

m 29. september 2019 starb rudolf hermann sous 86jährig in mönchengladbach-pongs.

Beispielhaft hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist sein Gedicht: „De Häng“. Es schildert dieTrümmerlandschaft nach 1945 in Rheydt und die Wiederaufbauanstrengungen.

mit ihm verlieren wir einen mundartdichter und schriftsteller, der als einer der letzten noch das Vokabular und die ungeschriebene grammatik des südniederfränkischen beherrschte, die mundart, die in unserer gegend von der älteren generation um 1900 noch gesprochen wurde.

Die Mitglieder der Familie Sous wurden bei Kriegsbeginn 1939 voneinander getrennt. Der Vater wurde Soldat, der älterer Bruder ging zur Heeresmusikschule. Rudolf wurde mit sechs Jahren zusammen mit seiner Schwester im Rahmen der Kinderlandverschickung nach Schlesien geschickt. Seine Mutter blieb mit dem jüngeren Bruder in Rheydt. Mit zwölf Jahren kehrte Rudolf nach Rheydt zurück.

Die Gedichte und Geschichten von Rudolf Sous sind geprägt von einer kraftvollen, bildhaften Sprache. Er spürte dem Sinn von Redewendungen nach und erläuterte im Freundeskreis die darin enthaltenen Lebensweisheiten unserer Vorfahren. Possessivpronomen (Besitzanzeigende Fürwörter) werden z.B. in unserer Mundart nicht im Zusammenhang mit Personen verwendet. Seine Erklärung lautete:

Später berichtete er, er habe in Schlesien 32 Lehrer gehabt. Viel gelernt habe er nicht in dieser Zeit. Eine Erkennung und Förderung von Talenten hätten er und seine Mitschüler nicht erfahren. Sein musikalisches Talent wurde später vom Vater unterstützt, indem er nun seinem Sohn erlaubte, Geigen- und cellospiel zu erlernen. Eine musikalische Weiterbildung wurde ihm jedoch verweigert mit dem Argument: Ein Musiker in der Familie genügt!

Einen Menschen kann man nicht besitzen wie eine Sache.

Die sich heute mehr und mehr einbürgernde Redewendung „min Vrau“ oder „dinne Mann“ ist eine der vielen Übertragungen aus dem Hochdeutschen in die Mundart. Das musikalische Talent von Rudolf Sous ermöglichte ihm, einen Teil seiner Gedichte zu vertonen. Arrangiert für Sprechstimme und von ihm selbst vorgetragen, erklingen sie in einem starken Rhythmus. In seinen Prosastücken schildert er das tägliche Leben im Stadtviertel und in den Familien in alter Zeit („Enn Modders Tiet“) und in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie sind Zeitdokumente.

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Von GEoRG noWAK

MUNDART

Auf Wunsch seines Vaters sollte er einen „ordentlichen“ Beruf erlernen, der seinen Mann und eine Familie ernährt. Er begann seinen beruflichen Lebensweg mit einer Lehre in einer Weberei. Nach Besuch der Textil-Ingenieurschule und der Werk- und Industriemeisterprüfung vervollkommnete er sein Wissen durch Besuche von Fachseminaren. Als Dessinateur war er sehr erfolgreich. Sein Wissen bezüglich der JacquardWeberei war noch lange nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben gefragt. Sein Streben nach Perfektion und sein Verantwortungsbewusstsein prägten seinen beruflichen Weg und brachten ihm große Anerkennung in Fachkreisen.


Sous erzählte von einem Wintermorgen, als er noch in Wegberg arbeitete und dorthin von Rheydt frühmorgens mit dem Oberleitungsbus nach Rheindahlen und dann mit dem Zug weitergefahren sei. Zur Haltestelle ging er durch verschiedene Gärten und den Rheydter Stadtwald.

Sous erzählte von seinem Weg im Winter mit dem Erlebnis des Sonnenaufgangs, als wäre es am gleichen Tag gewesen.

Ein gewaltiger Anblick!

Sous nannte den Augenblick, als die Sonne zwischen den Wolken am Himmel dann voll dagewesen wäre, „einen gewaltigen Anblick“. Auf dem so beschriebenen Weg zur Haltestelle habe er, Sous, „Kadenzen im Kopf“ gehabt und „nachher aufgeschrieben“. Und zu dem „gewaltigen Anblick“, die Sonne an diesem Morgen aufgehen zu sehen, sagt Sous: „Und das hört man“.

Als Beispiel für seine Art, die Natur zu schildern, soll sein Gedicht Wenktermorrejje dienen, das in der Zeitschriftenreihe des Vereins Niederrhein (VN) „der Niederrhein“ erschien. Eckhard Goldberg aus Mönchengladbach-Rheydt interviewte Rudolf Sous zur Entstehungsgeschichte des Gedichtes.

Kadenzen im Kopf!

Text und Melodie, Melodie und Text von „Wenktermorrejje“ (Wintermorgen) sind aus einer Hand. Das Erleben, Sehen und Hören, Aufschreiben der Worte und Noten, das Komponieren und Dichten spiegeln das gewaltige Geschehen dieses Morgens. Rudolf Hermann Sous hätte sein Gedicht auch „Drama“ nennen können.“

Und das hört man!

Bitte fühlen Sie sich angeregt, die Strophen des folgenden Gesichtes halblaut zu lesen und eine (auch möglicherweise eigene) Melodie dabei zu hören!

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WEnktErMorrEjjE SZEnE FüR inStRUMEntE UnD SPREchStiMME VON RUDOLF H. SOUS E sälde Leet, e Leet wie o’ane Le’äve, hott enn klo’are Wenkterneit dä Monnd stupp op dat Lank jeleit, de Wält e Aansenn wie enn enne Droom jeje’äve. Dä Boomjrieß meek em Leet dä Böösch so sälde, datt vör die alde Märscheswält, van die enn Modderstiet verrtält, maar bloß derr Oberon möt sin Bajaasch noch vällde. Maar henge wiet wo’ar jätt, wie wänn ett Wolecke wü’ere on i’esch op Daach op ann de senn, wie wänn de Neit wol datt Jeschenn nett lohte vü’eraan komme on mööß noch jätt stü’ere. Maar e’ävesi’er versoote i’eschte höhje Stro’ale, e Strippke, enne Venger breet, jätt häll de maake möt si Leet on hengereen de Wolecke aandemo’ale. Maar höhsch ett i’esch, de Sonn, di hellt sesch noch verborrejje. De Ste’äre jo’afe noch nett noh. Maar wo’ar de i’eschte Bleu all doh. Datt wo’ar dä Daach, datt wo’ar dä nööje Wenktermorrejje.

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glossar

On mi’e on mi’e ko’am datt Leet nu’e op. Heej schi’en ett wett de senn, doh ru’ett. Schwind wo’at datt kleene Strippke jru’ett on tro’ak enn jlöinisch, jolde Klü’er errop. Dann ko’am hä op, dä Ste’är, wie uut e Vü’er jebo’are. Wie stäreck, wie stäreck hä nu’e sin Jloot allmäschtisch enn die Wolecke doot, bes datt se ru’ett on je’äl on schwatt on wett desaame wo’are. Wie wänn datt vör derr janze Daach betirmde Leet nett reit vü’eraan de kome wööß on sesch desaame stucke mööß, dehoop jepaasch i’esch jreet wo’ar, daddet widder jeet. Bedräulisch wo’ar datt aandekicke, bonk on weld. Äs kü’em derr Jöngste Daach nu’e op, so doot dä Ste’är sesch janz erropp; wo’ar dubbel jru’ett. Maarloot! Maarloot!! Watt vör e Beld. Hä hott jewonne, kooß si Leet nu’e meld verschödde. Die wenkterwette Wält zeisch höhsch on pück sin ö’eterr, Vä’ell on Bösch, wie wänn se pront de senn, nett ooch de le’äve hödde.

aansenn Bajaasch bedräulich betirmde Bleu Boomjrieß Böösch doo doot e’avesi’er hengereen höje i’esch jeschen jlöinich küem maar marloot meld ö’erter oberon pront pück schwind strippke stro’ale tro’ak väell

Bild gefolge bedrohlich bestimmte das Blau rauhreif Wald schob drückte ebenso sehr nachher zarte erst geschehen glühend käm, zöge doch mein gott mild orte Elfenkönig adrett rein geschwind streifchen strahlen zog feld

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Impressum Herausgeber:

Hochschule Niederrhein Kompetenzzentrum „Ressourcenorientierte Alter(n)sforschung - REAL“ Sigrid Verleysdonk-Simons (v.i.S.d.P.)

Anschrift:

Hochschule Niederrhein, Fachbereich Sozialwesen Redaktion Zwischentöne Sigrid Verleysdonk-Simons Richard-Wagner-Str. 101 41065 Mönchengladbach t 02161 - 186 5637 - 5661 f 02161 - 1865660 zwischentoene@hs-niederrhein.de www.hs-niederrhein.de/fb06/zwischentoene

Redaktion:

Elise Donder, Walter Elschenbroich, Gertrud Grins, Josée Hümpel-Langen, Prof. Dr. Engelbert Kerkhoff, Georg Nowak, Judith Reith, Elke Roob, Karl-Heinz Thifessen, Sigrid Verleysdonk-Simons

Layout:

Albert Verleysdonk Titelfoto: Thomas Jörn, unsplash.com

Auflage:

1500 Stück

Druck:

www.wir-machen-druck.de

Nächster Redaktionsschluss: Mai 2020

Nächste Ausgabe: August 2020

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Infos unter 02161 - 1865661 Namentlich gekennzeichnete Beiträge erscheinen unter ausschließlicher Verantwortung der Autoren. Für unaufgefordert eingesendete Beiträge und Bildmaterial übernehmen wir keine Haftung.

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zwischentöne


Schriften des Kompetenzzentrums Ressourcenorientierte Alter(n)sforschung – REAL Band 5 Glück und Unglück – wie planbar ist unser Leben?

ISBN 978-3-933493-47-7, ca. 190 Seiten, 10,80 € Beide Bände der Schriftenreihe sind über den Buchhandel oder direkt im Sekretariat des Fachbereiches Sozialwesen (Tel.: 02161 / 1865612) erhältlich. Studierende und GasthörerInnen können die Bücher zum Preis von 8,60 € erwerben.


Zwischentöne Das Generationen-Magazin

Fachbereich Sozialwesen, Kompetenzzentrum „Ressourcenorientierte Alter(n)sforschung – REAL“ Hochschule Niederrhein ZwischenTöne auch im Internet: www.hs-niederrhein.de/fb06/zwischentoene


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