Trainingslehre: Der Trainingsaufbau

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„Wer nicht weiß wohin er will, darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt.“ Diese Weisheit trifft auf vieles zu – auch auf die Planung Ihrer Triathlonsaison 2011. Denn nur wenn Sie sich jetzt konkrete Ziele setzen, sind Sie zu Ihrem Saisonhighlight garantiert fit. von Holger Lüning

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aben Sie sich nach der letzten Triathlonsaison auch eine Pause gegönnt? Konnten Sie mentale und körperliche Kraft für das neue Jahr schöpfen? Dann ist es genau jetzt an der Zeit, die Planung für die kommende Saison in Angriff zu nehmen. Denn Sie wissen ja: Vorfreude ist die schönste Freude. Nicht nur, dass Ihnen eine klare Vorstellung durch das Training in den küh-

len und dunklen Wintermonaten hilft und Sie motiviert. Auch wichtige Einflussfaktoren wie Beruf, Familie und Urlaub sollten frühzeitig in Ihrer Planung berücksichtigt werden. Planen Sie eine Langdistanz, werden Sie Ihren Startplatz wahrscheinlich schon gebucht und das Highlight des Sommers

klar definiert haben. Verfolgen Sie eine andere Strategie, zum Beispiel mit mehreren kleinen Leistungsgipfeln, könnte Ihre Planungssituation dagegen noch etwas vage sein. Ganz gleich, worauf sich Ihr Fokus richtet: Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um konkret zu werden.

über den aktuellen Stand Ihrer Leistungsfähigkeit. Auch auf allen anderen Distanzen hilft Ihnen eine sorgfältige Planung, um beim wichtigsten Wettkampf des Jahres auch tatsächlich die bestmögliche Leistung zu erbringen.

Simulierter Ernstfall

Ihre Planung für 2011 sollten Sie mit einem Blick in die Vergangenheit beginnen. Wie lief die letzte Saison für Sie? Passten die Wettkampftermine zusammen? Konnten Sie die gewünschten Ergebnisse erzielen? Rief das Training exakt die Anpassungen hervor, die Sie erwartet hatten? Haben Sie Belastungsschwerpunkte und Trainingslager zeitlich richtig platziert? Die Antworten auf diese Fragen geben Ihnen ganz deutliche Hinweise und sind zugleich der Leitfaden für Ihre Trainingsund Wettkampfplanung. Eine sorgfältige Analyse der vergangenen Monate ist somit die Grundlage einer systematischen Saisonplanung.

Denken Sie jedoch bei der Planung nicht nur an Ihren Saisonhöhepunkt: Wichtig ist jetzt auch die sinnvolle Terminierung von Test- und Vorbereitungswettkämpfen. Diese dienen einerseits dem Überprüfen Ihres Leistungsstands, können wegen der spezifischen Anforderung, die im Training kaum simulierbar ist, aber auch einen enorm leistungsfördernden Effekt haben. Findet Ihr wichtigster Wettkampf im Juli statt, so eignet sich ein Saisoneinstieg im Mai durchaus schon, um das Training auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen. Gegebenenfalls haben Sie danach auch noch ausreichend Zeit, um an Defiziten zu arbeiten. Starten Sie über die Langdistanz, gibt Ihnen eine Mitteldistanz bis vier Wochen vor dem Highlight Ihres Sommers noch mehr Aufschluss

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Blick zurück ist Pflicht

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Fehlt Ihnen dieser wichtige Ansatz, erschwert das die Platzierung von zukünftigen Teilzielen, die Sie im Training oder Wettkampf erfüllen möchten. Planen Sie beispielsweise eine Mitteldistanz im ersten Saisonteil bis Juni und eine weitere im August, empfiehlt sich eine Aufteilung Ihres Trainings in zwei große Blöcke. In der Trainingswissenschaft beschreibt der Begriff der Periodisierung die systematische Abfolge von Trainingsabschnitten für eine effektive Anpassung (siehe S. 22 ff.). Periodische Trainingsabschnitte bestehen aus Bausteinen verschiedener Dauer und Inhalte (siehe Kasten).

Häuslebauer

Glossar Vorbereitungsperiode 1 (VP1) Dauer: 8–12 Wochen Ziel: Entwicklung der Grundlagenausdauer, Ökonomisierung von aeroben Stoffwechselvorgängen (GA1). Zu Beginn sportarteunspezifisch (z. B. Skilanglauf) im moderaten Belastungsbereich.

Vorbereitungsperiode 2 (VP2) Dauer: 8–12 Wochen Ziel: Verbesserung des Ausdauervermögens mit intensiven Trainingsanteilen im Entwicklungsbereich (GA1 bis GA2) und weitere Umfangssteigerung mit nun deutlich spezifischeren Inhalten.

Geheimnis gelüftet

Das Potenzial eines systematischen Trainings ist enorm: Es verleiht Ihnen nicht nur Sicherheit, sondern beugt zum Beispiel wirksam einem Übertraining durch zu frühe Umfangs- oder Intensitätssteigerungen vor. Und das ist letztendlich auch das Geheimnis erfolgreichen Trainings – angemessene Trainingsreize nämlich genau dann zu platzieren, wenn Ihr Organismus dafür bereit ist. Nur so setzen Sie die gewünschten Anpassungsvorgänge in Bewegung, die Sie kontinuierlich besser werden lassen.

Vorbereitungsperiode 3 (VP3) Dauer: 4–6 Wochen Ziel: Erste Testwettkämpfe für ein spezifisches Training (z. B. Laufwettbewerbe, Duathlons) im WSA-Bereich. In dieser Phase werden die einzelnen Disziplinen noch weitestgehend isoliert aber doch intensiv trainiert.

Wettkampfperiode (WP) Dauer: 3–6 Wochen Ziel: Zuspitzung des Leistungsvermögens durch wettkampfspezifisches Training, Wettkampfsimulationen, Intervall- und Koppeltraining bei ausreichender Erholung zwischen den Belastungen. Testwettkämpfe für maximale Intensitäten und spezifische Anpassungen.

Die Frage, ob Sie lieber bei jedem Wettkampf mittelmäßig gut sein oder lieber bei den wichtigsten Events eine individuell herausragende Leistung produzieren wollen, beantwortet sich damit fast von allein. Und letztendlich wachsen Sie als Triathlet vor allem an dem Tag, an dem Sie Ihren eigenen Grenzen überwinden. Beginnen Sie jetzt, genau diesen Tag zu planen!

Unmittelbare Wettkampfvorbereitung (UWV) Dauer: 2–3 Wochen Ziel: Erreichen und Herausbilden des optimalen Leistungszustands. Trainingsformen über kürzere Distanzen, die die erforderlichen Wettkampffähigkeiten verbessern, erreichen höchste Intensität. Achtung: Nicht die Erholung zwischen diesen Belastungen vergessen!

Holger Lüning

Der Sportwissen­schaftler und Trainer gehört zu den besten Schwimmern unter den Langdistanztriathleten. Im spomedis-Verlag erschien jetzt seine DVD „Schneller schwimmen“.

Übergangsperiode (ÜP) Dauer: 2–4 Wochen Ziel: Erholung von den vorangegangenen Wettkämpfen. Je nach Beanspruchung eignen sich alternative Sportarten (z. B. Mountainbiking), um mentale und körperliche Frische zurück zu erlangen.

Zyklen

Fotos: dreamstime

Eine kluge Periodisierung baut Ihre Form wie ein Haus auf: Das Augenmerk liegt auf einem festen Fundament, der Grundlagenausdauer. Würden Sie Ihr Trainingsjahr mit Schnelligkeitstraining beginnen, wäre das in etwa so, als würden Sie vom Haus zuerst das Dachgeschoss bauen. Sicher keine glückliche Lösung! Doch genauso unglücklich wäre es auch, wenn Sie einen Wettkampf mit gutem Ergebnis planen, Ihr Körper aber zu der Zeit noch mit den „Fundamentarbeiten“ beschäftigt ist. Sie sehen also, dass eine konsequente Saisonplanung für Sportler jeder Leistungsklasse wichtig ist.

Haben Sie sich erst einmal für Ihre Hauptwettkämpfe entschieden, füllen Sie die Wochen, vom Tag X zurückrechnend, einfach mit den notwendigen Trainingsperioden. Wie von selbst komplettiert sich Ihr Sportkalender mit den Vorbereitungsphasen, die Sie für eine erfolgreiche Saison benötigen – und schon bald haben Sie ein sehr gutes Gerüst für die später anstehende Feinplanung. Haben Sie diese Hausaufgaben erst einmal gemacht, werden Sie deutlich sicherer an die kommende Saison herangehen können.

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24/Dezember–Januar 2010  www.tri-mag.de

Ein Makrozyklus dauert zwischen einem Monat und mehreren Jahren (Olympiazyklus). Er besteht aus mehreren Mesozyklen, die jeweils 4 bis 6 Wochen dauern und wiederum aus einzelnen einwöchigen Mikrozyklen aufgebaut sind (siehe S. 22 ff.).

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