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Der Gin aus den Dolomiten begeistert die Fachwelt.
Der Alchimist Einen der weltbesten Dry Gins stellt Florian Rabanser am Plunhof in Seis her. Das Besondere daran? Den „DolGin“ verfeinern nur Beeren, Gewürze und Kräuter, die in den Dolomiten wachsen. Die Mixtur hat es in sich: Der Dolomiten-Gin wurde in der Gin-Hochburg London preisgekrönt.
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lorian Rabanser ist Hotelier. Doch sein Steckenpferd ist eigentlich die Schnapsbrennerei. Angefangen hat seine Leidenschaft mit dem Erwerb eines Höfchens aus dem 14. Jahrhundert, dessen denkmalgeschützte Gebäude er zu einer mustergültigen Hofstelle ausbaute. Zuerst unterhielt er dort eine Pferdezucht, aber dann stieß er auf Freunde, die auf ihren Hofbrennereien hervorragende Destillate erzeugten. Und da packte ihn der Ehrgeiz: Bei Fachleuten in ganz Europa erwarb er sich das nötige Wissen und Können, um eine eigene Hofbrennerei auf die Füße zu stellen. In seinen Kellerräumen stehen nun die ausgefeiltesten Kupfer-Destillieranlagen, alle erster Qualität, wie Florian betont, dazu die gesamten Utensilien wie Mazerationsgeräte und natürlich jede Menge Kessel und Fässer unterschiedlichster Größen zum Experimentieren, Lagern und Verfeinern. Und er probiert einfach alles aus, mit viel handwerklichem Geschick und Leidenschaft verarbei-
tet er Trester der besten lokalen Weinkellereien zu fein aromatischen Grappas, sonnengereifte Früchte und Beeren aus Südtirol zu edlen Fruchtdestillaten. Selbst an die schwierige Aufbereitung von Weinessig zu Aceto balsamico hat er sich gewagt, mit Erfolg, wie Kenner versichern. Florians Ehrgeiz wird auch immer wieder belohnt, die hohe Qualität seiner Produkte wurde bereits mehrfach bei Fachveranstaltungen, darunter der Destillata in Wien und Salzburg oder der Alambicco d’Oro in Italien, ausgezeichnet.
Dolomiten-Gin. Eine ungeahnte Dimension erreichte allerdings im vergangenen Jahr seine neueste Kreation, der „DolGin“. Da staunten die Engländer nicht schlecht, als die Jury des International Wine & Spirit Competition (IWSC) bei einer Blindverkostung von Hunderten von Gin-Proben aus unterschiedlichsten Ländern erklärte: Der beste Gin kommt aus Südtirol. „Gold wurde nicht vergeben, mein Gin erreichte die höchste Punktezahl in der Kategorie Silber“, präzisiert Florian die Auszeichnung. »
Text: Rosa Maria Erlacher Fotos: Helmuth Rier
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Dafür hat er auch sein ganzes Herzblut in dieses Unterfangen gesteckt. „Zwei Jahre habe ich daran getüftelt, die richtige Mixtur zu finden“, erklärt er. Üblicherweise werden für die Gin-Herstellung neben den obligaten Wacholderbeeren getrocknete exotische Kräuter aus aller Welt verwendet, die je nach Mixtur die entsprechende Würze und Abgerundetheit ergeben. Florian aber wollte einen neuen Weg gehen: Nur Gewürzkräuter, die in den Dolomiten wachsen, kamen für ihn in Frage. Die Auswahl war groß, aber welche der hochalpinen, pflanzlichen Rohstoffe konnten seinem Gin die richtige Würze geben, die feine Balance zwischen der typischen
Florian Rabansers Steckenpferd ist Schnapsbrennerei auf höchstem Niveau.
Herbheit und Bitterkeit im Grundton und dem weichen Abgang, die einen guten Gin auszeichnet? Schlussendlich hat er sich für 24 geschmacksgebende Zutaten, so genannte „Botanicals“, entschieden, die er in feiner Abstimmung mit Getreidealkohol destilliert, z. B. Enzianwurz, Bergschafgarbe, Angelikawurzel, wilder Anis und Kümmel, Berberitzen, dazu Holunderblüten und Hagebutte für den subtil-süßen Gegenpart und als kleine Ausnahme getrocknete Zitronenschalen, die nun einmal unersetzbar sind, wie Florian erklärt, aber nicht weiter her als vom nahegelegenen Gardasee kommen.
Authentische Rezeptur. Rückendeckung für seine komplizierten Versuche hat er bei einem befreundeten Pharmazeut erhalten. Manche Kräuter geben ihre aromatragenden Zutaten nämlich nur im Wasserbad ab, andere übergeben ihre Geschmacksstoffe einzig
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dem Alkohol, bei einigen gelingt die Mazeration nur im Schatten, wieder andere brauchen dazu die Sonne. Da gibt es zwar viel uraltes Wissen, denn früher hat jeder Bauer seinen Kranebitter oder andere Kräuterdestillate angesetzt, aber gezielt für therapeutische Zwecke. „Schließlich haben viele hochalpine Kräuter hochkomplexe medizinische Wirkungen, da muss man schon einen Fachmann an der Seite haben“, erklärt er. Je nach Kraut braucht es zwei bis drei Wochen, bis die Geschmacksstoffe der getrockneten Kräuter und Gewürze im Getreidealkohol oder im Wasser – das übrigens absolut mineralfrei sein muss und als reines Urgesteins-
wasser aus dem Schnalstal stammt – extrahiert sind. Anschließend werden die Mazerate in die kupfernen Kessel befördert und bei geringen Temperaturen aromaschonend destilliert. Filtrationsdurchgänge sorgen danach noch für die Klarheit und Reinheit des 45%vol- Destillats.
Für gut befunden. Florians „Dolomiten-Gin“ hat sich bereits jetzt zu einem Highlight entwickelt. Die moderne Präsentation – enzianblaue Etikette auf einer durchsichtigen, rund-gedrungenen Flasche – spiegelt die Unverfälschtheit des Produkts wider. Man findet seine lobende Beschreibung im angesehenen Weinführer „Gambero Rosso“, angesagte Bars in Rom, Wien und München führen den „DolGin“ und ausnahmsweise bestätigt sich das Sprichwort nicht, dass der Prophet im eigenen Land nichts gilt, denn auch hier hat der Gin mit den Dolomiten-Genen viele Freunde erobert. «