inspiration BY
GIPFELTREFFEN CHRIGEL MAURER S. 18 WEGWEISER SPORTKLETTERN AUF SIZILIEN S. 6 EXPERT KLETTERSTEIGSETS S. 30
Bergsport – Quelle der Inspiration Einen Gipfel erreichen, in einer Seilschaft echtes Vertrauen spüren, sämtliche Muskelgruppen trainieren, den Sonnenaufgang erleben, unberührte Landschaften durchstreifen, die Sinne schärfen, unendliche Ruhe finden, Erschöpfung spüren, die eigenen Nerven kitzeln, echte Emotionen wecken – der Bergsport hat viele Gesichter, die uns begeistern und immer wieder in ihren Bann ziehen. Genau diese persönliche Begeisterung für den Bergsport möchten wir mit Ihnen teilen – in unserer neuen Kundenzeitschrift «Inspiration». Der künftig vier Mal jährlich erscheinende Titel bringt es auf den Punkt: Wir haben unser Ziel dann erreicht, wenn unsere Reportagen, Interviews und Tourentipps zu Ihrer persönlichen Quelle der Inspiration werden. Teilen Sie die Abenteuer anderer Menschen. Oder noch besser: Starten Sie gleich selber durch. Die Bächli Bergsport AG bietet sich als «virtuelle Seilschaftspartnerin» an. Seit bald 40 Jahren. Wie es sich für eine vertrauenswürdige Seilpartnerin gehört, möchten wir Sicherheit vermitteln, ohne uns ständig in den Vordergrund zu drängen. Führung übernehmen, wenn diese gewünscht ist. Zurückstehen, wenn sie selber «trittsicher» genug sind. Die zentrale Leistung von Bächli Bergsport besteht nicht darin, beliebige Bergsportprodukte zu verkaufen. Es ist unser Selbstverständnis, aus der Fülle des Angebots jeweils die besten Produkte zu selektieren, selber zu testen und Sie aus eigener Erfahrung bestmöglich zu beraten. Dass alle Mitarbeiter des Unternehmens – unabhängig von Funktion und Position – ihre Freizeit in den Bergen verbringen, ist Grundvoraussetzung und eine Selbstverständlichkeit. Genau deshalb freut es uns, für Sie da sein zu dürfen – als erster Ansprechpartner und Inspirationsquelle in Sachen Bergsport.
Felix Bächli
ZUSTIEG
Herzlich,
PS Teilen Sie uns mit, wie Ihnen die Zeitschrift «Inspiration» gefällt: felix.baechli@baechli-bergsport.ch Ich bin gespannt auf Ihre Meinung und freue mich über Anregungen.
1
DRAHTSEILAKT
Die 170 Meter lange Triftbrücke im Berner Oberland schwingt sich in 100 Meter Höhe über den Triftgletscher und gilt als eine der spektakulärsten und längsten Hängeseilbrücken der Alpen. Route: Janine Patitucci auf Trekkingtour zwischen Grimsel- und Sustenpass.
AUSSICHT
Dan Patitucci
2
3
AUSSICHT
GRAVITATIONSWUNDER
Für einen Moment scheinen die Regeln der Schwerkraft aufgelöst. Route: Spyder-Woman Beth Rodden im Boulder-Paradies Rocklands, Südafrika.
AUSSICHT
Corey Rich
4
AUSSICHT
LICHTBLICK
Der frühe Vogel erhascht die erhebendsten Momente. Route: Steve Elia und Barbara Fernandez am Zustieg zum Dent du Géant. Im Hintergrund der Mont Blanc im ersten Sonnenlicht. Dan Patitucci
5
WEGWEISER
Unter den wachsamen Augen der Scalatore Nostra: Albert Leichtfried in «Il Patrone Nero» (8a/8a+), Erstbegehung.
6
ALLEIN GEGEN DIE MAFIA Am Berg ist nichts umsonst. Schon gar nicht in der Heimat der Mafia. Extremkletterer Albert Leichtfried erinnert sich mit einem zufriedenen Schmunzeln an die Erschliessung anspruchsvoller Routen auf Sizilien.
Lohn für die Askese in der Wand: mediterrane Grillspezialitäten.
leine geregelt. Die Scalatori erhalten von uns Routeninformationen und eine Einladung zum gemeinsamen Klettern, dafür lassen sie uns weiterbohren. Passend zum unwirklichen Licht macht sich ein leichtes Lächeln in den Gesichtern der gesamten Runde breit. Erst jetzt merke ich die Spannung auf meiner Haut. Eine schweissgetränkte Bohrstaubschicht verleiht mir ungewöhnliche Bräune. Erleichtert denke ich an die ereignisreichen letzten Tage zurück.
Frieden mit der Scalatore Nostra Wie es sich für eine Familienreise gehört, starteten Vroni, Mira und ich mit einigen Freunden aus dem alpinen Norden gut organisiert in Richtung Sizilien. Der Bus war mit der üblichen Ausrüstung für grössere Angelegenheiten vollgepackt. Ein Treffen mit sizilianischen Picciotti, welche wir schon von einem vorherigen Besuch im Frühjahr kannten, war bereits organisiert. Zum Eingewöhnen verbrachten wir einige vollwertige Klettertage an den verschiedenen Sektoren der mehrere Kilometer langen Wandflucht des Salinella Campeggio und dessen Fortsetzung nach Norden, der Scogliera di Salinella. Ein paar Tage später konnten wir in Custonaci mit unserem eigentlichen Auftrag beginnen. An der bis zu hundert Meter hohen Wand ist organisiertes Vorgehen unbedingt notwendig. Bei den Probebohrungen im Frühjahr war wenig Zeit, dadurch entstand die unbeschreibbar schöne «Tears of Freedom» (7a+) von unten. Für den grossen Auftrag wählten wir den Weg von oben. Zwei
WEGWEISER
Alles ist blutrot, überall wo man hinsieht. So hatte ich mir das lang erwartete Treffen wirklich nicht gewünscht. Das Gesicht von Tommaso Tamagnini hat dieselbe Farbe wie die vom Sonnenuntergangslicht angestrahlten Sinterfahnen der «Never Sleeping Wall». Tommaso ist ausser sich vor Wut. Verständlich, als Capo Comissione der legendären Scalatore Nostra in Sizilien kann er keine fremde Familie in seinem Territorium dulden. Schon gar nicht, wenn ihm ein grosser Teil seiner Wand weggenommen wird. Ich hänge noch am Statikseil und bohre die letzten Bolts des Tages, während meine Consiglieri mit den Verhandlungen beginnen. «Es war doch vorab alles per E-Mail geregelt», denke ich mir. Falsch! In der Stunde der Wahrheit ist alles anders. Die Verhandlungen sind hart, Tommaso fühlt sich angegriffen. Zum Glück ist Horst dabei. Unser Padrino hat uns schon in so manchen brenzligen Situationen beschützt. Wie es sich zwischen zwei ehrenwerten Familien gehört, wird die Sache unter den Capos al-
7
Im Schatten der Nordwand des Monte Monaco: Albert Leichtfried bei der Erstbegehung von «La Lingua Pura» (7c).
Tage und einige komplizierte Seilmanöver später waren die nächsten Routen mit bis zu 60 Klettermetern eingerichtet. Und dann kreuzte eben der Capo Comissione auf. Es schien, als sei alles wieder vorbei, bevor es richtig angefangen hatte. Doch letztendlich konnten wir unsere Mission in Frieden weiterführen.
Träumen mit Meeresblick
WEGWEISER
Beruhigt besprechen wir bei unserem täglichen Treffen im «Caffè Pino» die weiteren Schritte. Liegt frischer Duft sizilianischen Cappuccinos in der Luft, fallen Entscheidungen leichter. Projekte klettern in Custonaci ist angesagt – und zwar an einem ganz besonderen Ort. Der Blick auf das offene Meer soll nicht fehlen. Vor dem mehrere Kilometer breiten Strand versteckt sich neben der Grotte Mangiapane ein wahres Juwel. Bis zu hundert Meter hoch erstreckt sich dort eine leicht überhängende Felsflucht, durchzogen mit Wasserstreifen in den verschiedensten Farben und übersäht mit unglaublichen Sinterstrukturen. Man gewöhnt sich erst nach ein paar Tagen an die mächtige, eindrucksvolle Wand. An diesem magischen Platz verbringen wir viele Stunden. Einfach nur dort zu sein und am Wandfuss sitzend auf das unendlich weite Meer hinauszustarren, ist bereits ein bleibendes Erlebnis. Die bewegendsten Eindrücke saugen wir in den Momenten kurz
8 Treff der Kletterszene: das «Caffè Pino» in San Vito lo Capo.
Einst Sitz der Thunfischfänger, heute idyllischer Badeplatz: der Strand von San Vito.
INFO: SPORTKLETTERN SIZILIEN
vor dem Sonnenuntergang auf. Das Licht in der exakt nach Westen ausgerichteten Wand scheint im Minutentakt alle Spektralbereiche zwischen Gelb und Dunkelrot zu durchwandern. Die Sinterfahnen wirken surreal, fast schon kitschig. Die Eindrücke sind gross an einem Klettertag in der «Never Sleeping Wall». Daher ist es für einen Erstbegeher auch unbedingt erforderlich, dass er sich einen ausdrucksstarken Namen für seine Routen an diesem Wunderwerk der Natur ausdenkt. Vroni gelingt es, mit «Conscious Change» (6b+) ihre wieder gewonnene Liebe zum Klettern auszudrücken. Einschlafen wird man in Pauls «Long sleep» (6b+) und «Silent sleep» (6a+) sicher nicht. Mitten in der Nacht, wenn sich im Schlaf die Gedanken zu einer Idee entwickeln, fallen mir meistens die besten Routennamen ein. Im Andenken an Keith Flint, Leadsänger von «The Prodigy», beschreibt «Evil lurks behind every man’s heart» (8a) all die bösen Gedanken darüber, warum ich den Stand unbedingt erst 50 Meter über dem Boden setzen musste. Wer nach rund 80 Zügen am Sintermonster ankommt, weiss genau, was ich meine. Die Crux von «Superman» (7c+/8a) löst sich am besten mit einem Doppeldynamo zu einer guten Leiste für die rechte Hand. Der kurze Moment, scheinbar fliegen zu können, trägt natürlich stark zur Namensgebung bei. Ein ständig feuchter, schwarzer Sinter und die Tatsache nach dem Kontakt mit diesem nicht mehr chalken zu können
An den Felsen rund um San Vito lo Capo ist in den letzten Jahren ein vielseitiges Klettergebiet in allen Schwierigkeitsgraden entstanden. Vor allem für den Genusskletterer finden sich wunderschöne Möglichkeiten in gut strukturierten und bestens abgesicherten Kalkwänden. Mit seinen rund 650 Routen direkt am Meer (kurze Zustiege) ist San Vito eines der schönsten Klettergebiete der Insel. Der Fels auf Sizilien variiert oft auf engstem Raum: Dabei stehen grosse Wände ebenso zur Wahl wie Platten- und Leistenkletterei oder Akrobatik an Sintern und gewaltigen Überhängen. Meist handelt es sich um Kalkstein. Weitere Sportklettergebiete auf Sizilien: Palermo (grosse Auswahl an Ein- und Mehrseillängenrouten am Monte Pellegrino), Castelmola (Felsriegel mit über 80 Routen oberhalb von Taormina auf der Ostseite der Insel), Modica im Südosten der Insel mit schönen Klettergärten in wildromantischen Canyons.
BESTE JAHRESZEIT Frühling und Herbst (im Sommer oft zu heiss)
ANREISE Per Flugzeug nach Palermo (mit Auto eine Stunde nach San Vito) oder Trapani (mit Auto 30 Minuten nach San Vito) oder per Fähre von Livorno, Genua oder Neapel.
UNTERKUNFT Grosse Auswahl an Campingplätzen, Ferienwohnungen und Hotels in San Vito lo Capo, www.sanvitoweb.com
ESSEN UND TRINKEN Fischgerichte und Couscous zählen zu den regionalen Spezialitäten in San Vito. Szenetreff: Caffè Pino, Hauptstrasse in San Vito
LITERATUR «Di Roccia di Sole», Klettern in Sizilien, Versante Sud, 3. Auflage Oktober 2012. «Sicily-Rock», Karsten Oelze & Harald Röcker, Gebro Verlag
WEB www.bolt-products.com, Homepage von Routenerschliesser Jim Titt; www.freeclimbinginsicily.it (nicht mehr ganz aktuell)
Das San Vito Climbing Festival mit Kletterwettbewerben, Profiathleten, Trailrunning, Mountainbiken und Kayaking sowie Berg- und Abenteuerfilmen findet vom 10. bis 13. Oktober 2013 zum fünften Mal statt. www.sanvitoclimbingfestival.it
MAFIA-LEXIKON
Befreiende Moves: Veronika Leichtfried in «Tears of Freedom» (7a+), Erstbegehung durch Albert Leichtfried.
Scalatore Nostra Familie. . . . . Capo. . . . . . Capo Comissione Consiglieri . . . Patrone . . . . Picciotti . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
Sizilianische Klettermafia Basisorganisation Boss Oberhaupt einer Provinz/mehrerer Familien Berater Beschützer einfache Mitglieder
WEGWEISER
EVENT
9
WEGWEISER
Zu Ehren des Padrino: Albert Leichtfried in «Horstl‘s Vibes» (Salinella Campeggio), Erstbegehung.
10
und auch noch gleich im Anschluss durch eine widerspenstige Passage an kleinsten Leisten manövrieren zu müssen, machten die Namensfindung der nächsten Route re-
lativ einfach. «Il patrone nero» (8a/a+) ist in Summe eine wunderschöne Route voller Abwechslung, so wie alle Routen an der «Never Sleeping Wall».
X4 CAMALOT BLACK DIAMOND
Schon am nächsten Tag schleppen Paul und ich das Material zum Einstieg der Nordwand des Monte Monaco. Eigentlich sollte es ein Erholungstag werden. «Keine übermässige Anstrengung und keine Angst» lautet das Tagesziel. Meine Vorgabe, die Route von unten und mit möglichst wenig Bolts auszustatten, endet doch mit einem etwas anstrengenden Tag. Nach zwei Seillängen kehren wir wieder auf den Boden zurück und bereiten uns auf den Gesamtdurchstieg der 200 Meter hohen Wand vor. Ein paar Tage später sind wir zurück, und ich setze den begonnenen Stil bis unter ein etwa fünf Meter ausladendes Dach fort. Übersät mit Stalaktiten thront es mitten in der gut strukturierten Nordwand. Der Weiterweg scheint ungewiss. Ich entschliesse mich für die direkte Variante gerade über das Dach. Sinter für Sinter arbeite ich mich nach aussen zur Dachkante. Jetzt kommt der spannendste Moment. Was ist über der Dachkante? Zum Glück, wie von Hand gemacht, befindet sich im passenden Abstand zur Kante eine kleine Leiste in der glatten Wand. Ich bin erleichtert, die Route ist frei kletterbar. Oberhalb des Daches ist die Wand länger als erwartet. Gerade noch rechtzeitig schaffen wir es, beim letzten Tageslicht auf die Terrasse am Ausstieg zu gelangen. Beim Rotpunktversuch wenige Tage danach herrschen perfekte Bedingungen. Ich darf meine bisher schönste Mehrseillängenroute aus dem Dornröschenschlaf befreien. «La lingua pura» (7c/6c obl.), die reine Sprache, erzählt von der Schönheit der Route und deren sauberer Begehung. Nicht weniger bewegend ist unsere abschliessende Grillfeier in der normalerweise nicht zugänglichen Grotta Mangiapane. Die Palmen fächeln in der lauen Abendbrise. Der Capo der Scalatore Nostra lehnt sich an einen der Stämme und blickt zufrieden in die Dämmerung. Alle Aufgaben sind in ehrenvoller Weise erledigt. TEXT: ALBERT LEICHTFRIED FOTOS: KLAUS KRANEBITTER
x Gewicht: 51 – 112 g x Preis: ab CHF 89.-
10.0 SENSOR MAMMUT Den Blick auf den Kletternden gerichtet und das nahende Seilende trotzdem jederzeit im Griff – beim neuen 10.0 Sensor von Mammut sind Seilmitte und Seilende auch haptisch markiert. Dank der veränderten Struktur des Seilmantels erspürt man die Seilmitte mit der Hand genauso wie das baldige Seilende. Das Sportkletterseil ist in den Längen 50, 60 und 70 Meter erhältlich und dank schmutzund wasserabweisender Behandlung sowohl für den Einsatz beim Sportklettern als auch in der Halle geeignet. x Gewicht: 3350 g (50 m) x Preis: CHF 235.- (50 m)
SIROCCO PETZL Petzls neuster Sportkletter- und Alpin-Helm kommt zwar sehr minimalistisch daher, erfüllt aber trotzdem alle sicherheitsrelevanten Normen. 165 Gramm bringt das Fliegengewicht auf die Waage – weniger als jeder andere Helm. Trotzdem verfügt er über einen simplen, aber effektiven Grössenverstell-Mechanismus, eine neuartige magnetische Verschlussschnalle und eine Lampenbefestigung. Er ist in zwei Grössen erhältlich. x Gewicht: 165 g x Preis: ab CHF 95.-
WEGWEISER
Respekt einflössende 200 Meter
Das neue Camalot X4 von Black Diamond kombiniert einen beispiellosen Klemmbreitenspielraum mit einer schmalen Kopfbreite. Sechs Grössen decken dieselben Rissbreiten ab wie acht herkömmliche Camalots. Den Kabelsteg schützen strapazierfähige Aluminiumperlen, die gleichzeitig eine grosse Flexibilität gewährleisten – ideal für horizontale Platzierungen. Die leichten und langlebigen Dyneema-Schlingen in unterschiedlichen Farben helfen, die verschiedenen Grössen schnell und einfach zu unterscheiden.
11
XXXXX
Traumpfad ins Gipfelglück Beständiges Wetter, klare Bergluft – die Spätsommertage sind wie geschaffen für einen Abstecher ins Wallis. Der Topali-Weisshorn-Höhenweg entlang der Westseite des Mattertals garantiert eine packende Hochgebirgsszenerie mit Traumpanoramen auf die 4500 Meter hohe Mischabel-
12
Mammut / Robert Boesch
Schon der Einstieg in den Topali-WeisshornHöhenweg ist ein Erlebnis! Nachdem sich die kleine Älplerbahn in Bewegung gesetzt hat, schwebt man Augenblicke später luftig über einem gähnenden Abgrund, während sich die Balfrin- und Mischabelgruppe visà-vis immer prächtiger heraushebt. Oben bei der Alp Jungu herrscht Idylle hoch zwei. Hütten in typisch Walliser Holzbauweise vor Bergkulissen wie aus dem Bilderbuch. – Da stellt sich doch die Frage: Muss man überhaupt noch weiter? Man muss nicht, aber man möchte vielleicht … Denn was verbirgt sich wohl hinten in der abgelegenen Kammer des Jungtals, was kommt hinter der Wasenlücke, und welche neuen Perspektiven auf die Welt der Drei- und Viertausender mögen sich dabei ergeben? Durch ein Lärchenwäldchen beginnt der Marsch denkbar komfortabel, ehe man bei einer Gabelung dem «Alpenblumenweg» ins Jungtal folgt. Um die Zeit der ausgiebigsten Blüte zu erleben, ist natürlich eher der frühe Sommer angesagt. Doch auch wer erst zum Herbst hin hier auftaucht, wenn sich die Matten bereits in Ockertöne verfärben, nimmt wundervolle Eindrücke mit. Sobald die Tiere ihre Alp verlassen haben, wird es regelrecht einsam im Jungtal. Und da die Luft dann meist auch deutlich transparenter ist als in der wärmsten Jahreszeit, ist dem grossen Staunen (fast) keine Grenze gesetzt. Eine Hochdrucklage im September ist wie geschaffen für diesen Höhenweg.
Bergsteigerische Qualitäten erfordert Auf den Moränenfeldern im Vorfeld des Junggletschers wird es allmählich ernst! Denn der nordseitige Aufstieg zur Wasenlücke (Wasulicke) ist mit Abstand das anspruchsvollste Stück am Topali-Weisshorn-Höhenweg. Je nach aktuellen Bedingungen geht man ihn über das verbliebene Gletschereis an oder weicht besser in die morschen Flanken zur Linken aus. Dabei bekommt die Tour auf jeden Fall eine hochalpine Note. Jetzt sind bergsteigerische Qualitäten gefragt: ein sicherer Tritt und ein Auge für die allfällige Steinschlaggefahr. Besonders die Querung eines bröseligen Couloirs ist da nicht gerade vertrauenserweckend. Andererseits unterstützen etliche Fixseile den Durchstieg bis zur Grathöhe, wo sich eine neue Szenerie auftut und die Anspannung von einem Schritt auf den anderen in ein Gefühl von Freiheit umschlägt. Die majestätischen Eisflanken von Weisshorn und Brunegghorn ziehen plötzlich die Blicke auf sich, und sogar der Monte Rosa erscheint als unverwechselbares Schaustück im Hintergrund. Das «steinreiche» Wasmutälli auf der Südseite lässt für die Fortsetzung zunächst einige Mühen erwarten. Umso überraschender ist es, wie flott und hindernisarm es tatsächlich bis zur Topalihütte weitergeht, trotz der Blockkare und weiten Moränen-
Wegweiser
Wegweiser
gruppe.
13
XXXXX
Traumpfad ins Gipfelglück Beständiges Wetter, klare Bergluft – die Spätsommertage sind wie geschaffen für einen Abstecher ins Wallis. Der Topali-Weisshorn-Höhenweg entlang der Westseite des Mattertals garantiert eine packende Hochgebirgsszenerie mit Traumpanoramen auf die 4500 Meter hohe Mischabel-
12
Mammut / Robert Boesch
Schon der Einstieg in den Topali-WeisshornHöhenweg ist ein Erlebnis! Nachdem sich die kleine Älplerbahn in Bewegung gesetzt hat, schwebt man Augenblicke später luftig über einem gähnenden Abgrund, während sich die Balfrin- und Mischabelgruppe visà-vis immer prächtiger heraushebt. Oben bei der Alp Jungu herrscht Idylle hoch zwei. Hütten in typisch Walliser Holzbauweise vor Bergkulissen wie aus dem Bilderbuch. – Da stellt sich doch die Frage: Muss man überhaupt noch weiter? Man muss nicht, aber man möchte vielleicht … Denn was verbirgt sich wohl hinten in der abgelegenen Kammer des Jungtals, was kommt hinter der Wasenlücke, und welche neuen Perspektiven auf die Welt der Drei- und Viertausender mögen sich dabei ergeben? Durch ein Lärchenwäldchen beginnt der Marsch denkbar komfortabel, ehe man bei einer Gabelung dem «Alpenblumenweg» ins Jungtal folgt. Um die Zeit der ausgiebigsten Blüte zu erleben, ist natürlich eher der frühe Sommer angesagt. Doch auch wer erst zum Herbst hin hier auftaucht, wenn sich die Matten bereits in Ockertöne verfärben, nimmt wundervolle Eindrücke mit. Sobald die Tiere ihre Alp verlassen haben, wird es regelrecht einsam im Jungtal. Und da die Luft dann meist auch deutlich transparenter ist als in der wärmsten Jahreszeit, ist dem grossen Staunen (fast) keine Grenze gesetzt. Eine Hochdrucklage im September ist wie geschaffen für diesen Höhenweg.
Bergsteigerische Qualitäten erfordert Auf den Moränenfeldern im Vorfeld des Junggletschers wird es allmählich ernst! Denn der nordseitige Aufstieg zur Wasenlücke (Wasulicke) ist mit Abstand das anspruchsvollste Stück am Topali-Weisshorn-Höhenweg. Je nach aktuellen Bedingungen geht man ihn über das verbliebene Gletschereis an oder weicht besser in die morschen Flanken zur Linken aus. Dabei bekommt die Tour auf jeden Fall eine hochalpine Note. Jetzt sind bergsteigerische Qualitäten gefragt: ein sicherer Tritt und ein Auge für die allfällige Steinschlaggefahr. Besonders die Querung eines bröseligen Couloirs ist da nicht gerade vertrauenserweckend. Andererseits unterstützen etliche Fixseile den Durchstieg bis zur Grathöhe, wo sich eine neue Szenerie auftut und die Anspannung von einem Schritt auf den anderen in ein Gefühl von Freiheit umschlägt. Die majestätischen Eisflanken von Weisshorn und Brunegghorn ziehen plötzlich die Blicke auf sich, und sogar der Monte Rosa erscheint als unverwechselbares Schaustück im Hintergrund. Das «steinreiche» Wasmutälli auf der Südseite lässt für die Fortsetzung zunächst einige Mühen erwarten. Umso überraschender ist es, wie flott und hindernisarm es tatsächlich bis zur Topalihütte weitergeht, trotz der Blockkare und weiten Moränen-
Wegweiser
Wegweiser
gruppe.
13
XXXXXXXXXX
Info: Topali-Weisshorn-Höhenweg
landschaften. Die Wegebauer haben hier prima Arbeit geleistet, vor allem auch eine gute Spürnase für den idealen Verlauf bewiesen. Über dem Stellikessel stehen derweil beeindruckende Gipfel mit kantigen Formen Spalier – echte Hingucker, auch wenn sie auf Dreieinhalbtausender-Niveau für Walliser Verhältnisse kaum Namhaftes bieten mögen. Doch gerade solche nicht schon tausendfach fotografierten Winkel aufzuspüren, macht ja einen wesentlichen Teil der Reize am Topali-Weisshorn-Höhenweg aus!
Logenplatz am Distulgrat
Wegweiser
Halbzeit! Die Topalihütte am Auslauf des Distulgrates sitzt auf einem prächtigen Logenplatz. Der ursprüngliche Steinbau ist dort im Jahr 1926 entstanden. Dass er heute ein ganz modernes Antlitz mit isolierender Blechverkleidung besitzt, hat seinen Grund: Nachdem die Hütte 1998 durch einen Brand komplett zerstört wurde, galt es einen Neubau zu errichten. Der wurde 2003 zusammen mit dem Topali-Weisshorn-Höhenweg feierlich eingeweiht. Abseits viel begangener Moderouten steht hier für Alpinisten vor allem das formschöne Brunegghorn auf dem Programm. Und auch
14 XXXXXXXXXX
die gewöhnlich von der Turtmannhütte aus bestiegenen Barrhörner lassen sich über das versicherte Schöllijoch anpacken. Dabei lohnt es sich, früh genug aufzustehen. Denn das morgendliche Schauspiel, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Gipfel streifen und etwas später auch die Topalihütte wachküssen, sollte man nicht verpassen. Der so traumhaft eingeläutete Bergtag führt gen Süden auf die zweite Etappe des Topali-Weisshorn-Höhenwegs. Geschickt schmiegt sich der niemals grosszügige, aber immer passable Pfad an die Flanken. Dass eine kleine Felsstufe mal per Eisenleiter überlistet wird, ist dabei kaum der Rede wert, zeugt jedoch abermals von der vorbildlichen Betreuung der Route. Auch einige Brücken haben die Erbauer den Wanderern spendiert, um den einen oder anderen Graben als Hindernis zu bändigen. Nachdem das weite Tälli durchschritten ist, zwingt der mächtige Gratausläufer des Brunegghorns den Weg in die Tiefe. Die Route trifft dann am Holzzügji auf einen jener Tobel, durch die das Gletscherwasser talwärts rauscht. Wer ein Stück weit unterhalb dem entsprechenden Hinweis für einen kurzen Abstecher folgt, erhascht im Übrigen einen schönen Blick auf den Tummigfall.
Westalpenszenerie par excellence Was freilich vor allem im Fokus steht, ist das Panorama der gegenüberliegenden Talseite, gekrönt von der Mischabel. Ihr zentraler Teil formiert sich mit dem von links ansteigenden Nadelgrat, dem Kulminationspunkt am Dom und dem nicht weniger imposanten Täschhorn zur Rechten – eine Westalpenszenerie par excellence, die einfach jeden in Bann zieht. Das liegt natürlich nicht nur in der absoluten Höhe begründet (die in der Schweiz nur noch vom Monte Rosa übertroffen wird), imposant Wild zeigt sich die Gegend hier auch mit den zerrissenen Gletscherlappen, die bis auf halbe Höhe gegen das Mattertal herunterstossen. Dabei braucht es gar nicht eilig zu haben, denn die beste Ausleuchtung bekommt die Mischabel erst mit der Nachmittagssonne.
Recht anspruchsvolle Höhenroute aufgrund der steinigen, nordseitig mitunter heiklen Überschreitung der Wasenlücke sowie der oft schmalen Pfade. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit obligatorisch, konditionell ideal als Zweitagestour.
Schwierigkeit T4 an der Wasenlücke, sonst T3
Anreise Mit der Bahn über Visp nach St. Niklaus
Ausgangspunkt Bergstation der Seilbahn von St. Niklaus zur Alp Jungu (1988 m); erste Fahrt ab 6.30 Uhr
Endpunkt Randa (1408 m)
Höchster Punkt Wasenlücke (3114 m)
Gehzeiten 1. Etappe: Jungu – Wasenlücke – Topalihütte 5 ½ Std. 2. Etappe: Topalihütte – Guggiberg – Randa 5 Std.
Höhenmeter 1. Tag 1170 Hm auf, 480 Hm ab; 2. Tag 420 Hm auf, 1690 Hm ab
Hütten Topalihütte (2674 m), SAC, bewartet von Anfang Juli bis Mitte/Ende September, 44 Schlafplätze, Tel. 027/956 21 72, www.topalihitta.ch.vu
Karten Swisstopo, 1:50.000, Blätter 274 T «Visp» und 284 T «Mischabel»; 1:25.000, Blätter 1308 «St. Niklaus» und 1328 «Randa»
Literatur Mark Zahel, «Panoramawege Schweiz», Bruckmann Verlag, 2012
1. Etappe Von Jungu auf dem «Alpenblumenweg» ins Jungtal, bei der Alp rechts am Hang hoch und entlang einer grasigen Moräne westwärts zu den Blockfeldern bei P. 2704 (Rinderälpji). Jetzt gen Süden eindrehend über steinige Moränenwälle Richtung Junggletscher. Die teilweise mit Fixseilen ausgestattete Route führt links in unsolide Fels- und Schutthänge, zum Absatz P. 2900 und über Gelände mit bröseligem Gestein in die Wasenlücke (3114 m) hinauf. Eine Variante über die Gletscherreste ist blau-weiss markiert. Rechts am Grat noch einige Schritte weiter, dann ins Hochkar des Wasmutällis hinab und über Blockschutt zu einem Gratüberstieg auf der rechten Seite. Dahinter durch den Stellikessel mit seinen Moränen zur Topalihütte (2674 m).
Wegweiser
Mammut / Robert Boesch
Charakter
2. Etappe Mit etwas Auf und Ab quer durch das Blockkar Chella und den anschliessenden Nordhang zum kleinen Sibelboden. Nach einer Leiter geht es im Bogen durchs Tälli und zu einer längeren Abwärtspassage an Grashängen (mit dem Graben »Holzzügji«). Diese endet auf einem plateauartigen Vorsprung. In Grundrichtung Süd durch die Hanglagen am Guggiberg, dabei mehrere Tobel queren und zu P. 2360 am Längenflueberg. Schliesslich in vielen Kehren hinab nach Randa.
15
XXXXXXXXXX
Info: Topali-Weisshorn-Höhenweg
landschaften. Die Wegebauer haben hier prima Arbeit geleistet, vor allem auch eine gute Spürnase für den idealen Verlauf bewiesen. Über dem Stellikessel stehen derweil beeindruckende Gipfel mit kantigen Formen Spalier – echte Hingucker, auch wenn sie auf Dreieinhalbtausender-Niveau für Walliser Verhältnisse kaum Namhaftes bieten mögen. Doch gerade solche nicht schon tausendfach fotografierten Winkel aufzuspüren, macht ja einen wesentlichen Teil der Reize am Topali-Weisshorn-Höhenweg aus!
Logenplatz am Distulgrat
Wegweiser
Halbzeit! Die Topalihütte am Auslauf des Distulgrates sitzt auf einem prächtigen Logenplatz. Der ursprüngliche Steinbau ist dort im Jahr 1926 entstanden. Dass er heute ein ganz modernes Antlitz mit isolierender Blechverkleidung besitzt, hat seinen Grund: Nachdem die Hütte 1998 durch einen Brand komplett zerstört wurde, galt es einen Neubau zu errichten. Der wurde 2003 zusammen mit dem Topali-Weisshorn-Höhenweg feierlich eingeweiht. Abseits viel begangener Moderouten steht hier für Alpinisten vor allem das formschöne Brunegghorn auf dem Programm. Und auch
14 XXXXXXXXXX
die gewöhnlich von der Turtmannhütte aus bestiegenen Barrhörner lassen sich über das versicherte Schöllijoch anpacken. Dabei lohnt es sich, früh genug aufzustehen. Denn das morgendliche Schauspiel, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Gipfel streifen und etwas später auch die Topalihütte wachküssen, sollte man nicht verpassen. Der so traumhaft eingeläutete Bergtag führt gen Süden auf die zweite Etappe des Topali-Weisshorn-Höhenwegs. Geschickt schmiegt sich der niemals grosszügige, aber immer passable Pfad an die Flanken. Dass eine kleine Felsstufe mal per Eisenleiter überlistet wird, ist dabei kaum der Rede wert, zeugt jedoch abermals von der vorbildlichen Betreuung der Route. Auch einige Brücken haben die Erbauer den Wanderern spendiert, um den einen oder anderen Graben als Hindernis zu bändigen. Nachdem das weite Tälli durchschritten ist, zwingt der mächtige Gratausläufer des Brunegghorns den Weg in die Tiefe. Die Route trifft dann am Holzzügji auf einen jener Tobel, durch die das Gletscherwasser talwärts rauscht. Wer ein Stück weit unterhalb dem entsprechenden Hinweis für einen kurzen Abstecher folgt, erhascht im Übrigen einen schönen Blick auf den Tummigfall.
Westalpenszenerie par excellence Was freilich vor allem im Fokus steht, ist das Panorama der gegenüberliegenden Talseite, gekrönt von der Mischabel. Ihr zentraler Teil formiert sich mit dem von links ansteigenden Nadelgrat, dem Kulminationspunkt am Dom und dem nicht weniger imposanten Täschhorn zur Rechten – eine Westalpenszenerie par excellence, die einfach jeden in Bann zieht. Das liegt natürlich nicht nur in der absoluten Höhe begründet (die in der Schweiz nur noch vom Monte Rosa übertroffen wird), imposant Wild zeigt sich die Gegend hier auch mit den zerrissenen Gletscherlappen, die bis auf halbe Höhe gegen das Mattertal herunterstossen. Dabei braucht es gar nicht eilig zu haben, denn die beste Ausleuchtung bekommt die Mischabel erst mit der Nachmittagssonne.
Recht anspruchsvolle Höhenroute aufgrund der steinigen, nordseitig mitunter heiklen Überschreitung der Wasenlücke sowie der oft schmalen Pfade. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit obligatorisch, konditionell ideal als Zweitagestour.
Schwierigkeit T4 an der Wasenlücke, sonst T3
Anreise Mit der Bahn über Visp nach St. Niklaus
Ausgangspunkt Bergstation der Seilbahn von St. Niklaus zur Alp Jungu (1988 m); erste Fahrt ab 6.30 Uhr
Endpunkt Randa (1408 m)
Höchster Punkt Wasenlücke (3114 m)
Gehzeiten 1. Etappe: Jungu – Wasenlücke – Topalihütte 5 ½ Std. 2. Etappe: Topalihütte – Guggiberg – Randa 5 Std.
Höhenmeter 1. Tag 1170 Hm auf, 480 Hm ab; 2. Tag 420 Hm auf, 1690 Hm ab
Hütten Topalihütte (2674 m), SAC, bewartet von Anfang Juli bis Mitte/Ende September, 44 Schlafplätze, Tel. 027/956 21 72, www.topalihitta.ch.vu
Karten Swisstopo, 1:50.000, Blätter 274 T «Visp» und 284 T «Mischabel»; 1:25.000, Blätter 1308 «St. Niklaus» und 1328 «Randa»
Literatur Mark Zahel, «Panoramawege Schweiz», Bruckmann Verlag, 2012
1. Etappe Von Jungu auf dem «Alpenblumenweg» ins Jungtal, bei der Alp rechts am Hang hoch und entlang einer grasigen Moräne westwärts zu den Blockfeldern bei P. 2704 (Rinderälpji). Jetzt gen Süden eindrehend über steinige Moränenwälle Richtung Junggletscher. Die teilweise mit Fixseilen ausgestattete Route führt links in unsolide Fels- und Schutthänge, zum Absatz P. 2900 und über Gelände mit bröseligem Gestein in die Wasenlücke (3114 m) hinauf. Eine Variante über die Gletscherreste ist blau-weiss markiert. Rechts am Grat noch einige Schritte weiter, dann ins Hochkar des Wasmutällis hinab und über Blockschutt zu einem Gratüberstieg auf der rechten Seite. Dahinter durch den Stellikessel mit seinen Moränen zur Topalihütte (2674 m).
Wegweiser
Mammut / Robert Boesch
Charakter
2. Etappe Mit etwas Auf und Ab quer durch das Blockkar Chella und den anschliessenden Nordhang zum kleinen Sibelboden. Nach einer Leiter geht es im Bogen durchs Tälli und zu einer längeren Abwärtspassage an Grashängen (mit dem Graben »Holzzügji«). Diese endet auf einem plateauartigen Vorsprung. In Grundrichtung Süd durch die Hanglagen am Guggiberg, dabei mehrere Tobel queren und zu P. 2360 am Längenflueberg. Schliesslich in vielen Kehren hinab nach Randa.
15
Mammut / Robert Boesch
XXXXXXXXXX
Wegweiser
Schauen und Staunen
16
Der Höhenweg schneidet die von Felsen durchbrochenen Flanken am Guggiberg und steigt bis zum Längenflueberg nochmals etwas an. Man entdeckt dort einige «merkwürdige» Messvorrichtungen und kann sich unter Umständen keinen Reim darauf machen. Sie dienen der Überwachung eines instabilen Hanges, der direkt unterhalb der Bergschulter verborgen liegt und im Jahr 1991 den kapitalen Bergsturz von Randa auslöste. 33 Millionen Kubikmeter Gestein rutschten damals zu Tal und verursachten immensen Flurschaden. Beim finalen Abstieg nach Randa erhält man Einblick in das Abrissgebiet, doch zuvor lässt noch eine ganz andere Kulisse die Augen gross und grösser werden: Am Längenflueberg angelangt, setzt sich nämlich das Weisshorn mit seinen Eisbrüchen in
Szene. Ein Bild von einem Berg – überwältigend sowohl in seiner Grösse als auch in der erhabenen Wildheit! Wie gern möchte man an diesem stillen Fleck stundenlang verweilen und einfach nur Schauen und Staunen … So bleibt am Ende die Erkenntnis, dass der Topali-Weisshorn-Höhenweg zwar weder den Bekanntheitsgrad noch die Frequentierung des Europaweges auf der anderen Seite des Mattertals besitzt. Doch das will nichts heissen. Schliesslich ist das Unterwegssein über dem tiefsten Taleinschnitt der Alpen, zwischen den Viertausendern der Mischabelgruppe und der Weisshornkette, hüben wie drüben gleichermassen spannend und inspirierend. Machen Sie doch die Probe aufs Exempel!
Wegweiser
Anzeige
Text und fotos: Mark Zahel
17
XXXXX
«Die totale Freiheit» Der Adelbodner Christian Maurer ist der beste Gleitschirmpilot der Schweiz. Das «X-Alpes», das härteste Gleitschirmrennen der Welt quer durch die Alpen, hat er schon zwei Mal gewonnen. Ein Gespräch über das Fliegen, die Angst beim Abseilen in den Bergen und sein wilden Söhne.
18
Woher kommt Ihre grosse Leidenschaft für das Fliegen und die Natur? Mein Vater fing mit dem Gleitschirmfliegen an, als ich vier war. Und wenn ich ihn landen sah, dachte ich: «Cool, das möchte ich auch können.» So hat alles begonnen. Gleichzeitig beobachtete ich oft die Vögel in den Bergen, war fasziniert vom Fliegen, bastelte Papierflieger, liess Drachen steigen. Das Lustige ist: Wenn ich beim Skifahren über Schanzen flog, hatte ich immer ein mulmiges Gefühl, auch beim Abseilen in den Bergen. Gerade bei Letzterem war da immer die Angst, das Seil könnte reissen ... ... diese Angst gab es beim Gleitschirmfliegen nie? Nein, dort sind es immerhin 25 Leinen, von denen jede einzelne 300 Kilogramm
trägt. Natürlich gab es beim Gleitschirmfliegen auch schon Unfälle. Die waren aber meistens auf Fehler des Piloten zurückzuführen, auf falsche Einschätzungen beim Wetter oder bei der Wahl des Materials. Gleitschirmfliegen ist einfach mein Ding, mein Sport, da kenne ich mich aus, da fühle ich mich wohl. Wie trainieren Sie, damit Sie als Gleitschirmflieger noch besser werden? Zum Beispiel unter extremen Bedingungen, bei denen ich am Start ans Limit gehe oder darüber hinaus, ohne dass mir etwas passieren kann. Also zum Beispiel auf einer grossen Wiese ohne Hindernisse oder im Schnee. Nur so lerne ich, wie ich zum Beispiel bei schwierigen, böigen Winden am Start nicht rückwärts fliege, sondern im Gegenteil an Höhe und Distanz gewinne. Meine Grenzen genau zu kennen, kann im Rennen ein entscheidender Vorteil sein. Beim X-Alpes-Rennen müssen die Alpen von Salzburg bis Monaco zu Fuss und mit dem Gleitschirm überquert werden, mehr als 1000 Kilometer Luftlinie, wobei die Route jeder selber wählen kann. Gibt es da auch Momente der Angst? Ja, die gibt es. Wenn ich an einem Tag 18 oder 19 Stunden unterwegs bin, werde ich schon müde. In solchen Momenten wichtige und spontane Entscheide zu fällen, davor habe ich grossen Respekt. Denn Fehler darf man sich während eines solchen Rennens nicht leisten, sonst wird man sicher nicht gewinnen oder läuft gar Gefahr, sich schwer zu verletzen.
Gipfeltreffen
Gipfeltreffen
Herr Maurer, wie lange halten Sie es ohne die Natur aus? Chrigel Maurer: Nicht lange, höchstens einen Tag! (lacht) Mit dem Gleitschirm in den Bergen zu fliegen, zählt zum Schönsten, was es gibt. Für mich ist das die totale Freiheit, auch wenn ich mich natürlich an Regeln halten muss. Gleichzeitig geniesse ich es, extreme Leistungen in der Natur zu erbringen, jene Momente, in denen ich keinen Fehler machen darf, weil ich sonst Probleme bekomme. Wenn man über einen schmalen Grat läuft, darf man sich keinen Fehltritt erlauben, auch nicht, wenn man auf dem Gipfel des Matterhorns steht. Wenn ich ehrlich bin, ist es das, was ich am meisten geniesse: je schwieriger die Bedingungen, desto intensiver das Erlebnis.
19
XXXXX
«Die totale Freiheit» Der Adelbodner Christian Maurer ist der beste Gleitschirmpilot der Schweiz. Das «X-Alpes», das härteste Gleitschirmrennen der Welt quer durch die Alpen, hat er schon zwei Mal gewonnen. Ein Gespräch über das Fliegen, die Angst beim Abseilen in den Bergen und sein wilden Söhne.
18
Woher kommt Ihre grosse Leidenschaft für das Fliegen und die Natur? Mein Vater fing mit dem Gleitschirmfliegen an, als ich vier war. Und wenn ich ihn landen sah, dachte ich: «Cool, das möchte ich auch können.» So hat alles begonnen. Gleichzeitig beobachtete ich oft die Vögel in den Bergen, war fasziniert vom Fliegen, bastelte Papierflieger, liess Drachen steigen. Das Lustige ist: Wenn ich beim Skifahren über Schanzen flog, hatte ich immer ein mulmiges Gefühl, auch beim Abseilen in den Bergen. Gerade bei Letzterem war da immer die Angst, das Seil könnte reissen ... ... diese Angst gab es beim Gleitschirmfliegen nie? Nein, dort sind es immerhin 25 Leinen, von denen jede einzelne 300 Kilogramm
trägt. Natürlich gab es beim Gleitschirmfliegen auch schon Unfälle. Die waren aber meistens auf Fehler des Piloten zurückzuführen, auf falsche Einschätzungen beim Wetter oder bei der Wahl des Materials. Gleitschirmfliegen ist einfach mein Ding, mein Sport, da kenne ich mich aus, da fühle ich mich wohl. Wie trainieren Sie, damit Sie als Gleitschirmflieger noch besser werden? Zum Beispiel unter extremen Bedingungen, bei denen ich am Start ans Limit gehe oder darüber hinaus, ohne dass mir etwas passieren kann. Also zum Beispiel auf einer grossen Wiese ohne Hindernisse oder im Schnee. Nur so lerne ich, wie ich zum Beispiel bei schwierigen, böigen Winden am Start nicht rückwärts fliege, sondern im Gegenteil an Höhe und Distanz gewinne. Meine Grenzen genau zu kennen, kann im Rennen ein entscheidender Vorteil sein. Beim X-Alpes-Rennen müssen die Alpen von Salzburg bis Monaco zu Fuss und mit dem Gleitschirm überquert werden, mehr als 1000 Kilometer Luftlinie, wobei die Route jeder selber wählen kann. Gibt es da auch Momente der Angst? Ja, die gibt es. Wenn ich an einem Tag 18 oder 19 Stunden unterwegs bin, werde ich schon müde. In solchen Momenten wichtige und spontane Entscheide zu fällen, davor habe ich grossen Respekt. Denn Fehler darf man sich während eines solchen Rennens nicht leisten, sonst wird man sicher nicht gewinnen oder läuft gar Gefahr, sich schwer zu verletzen.
Gipfeltreffen
Gipfeltreffen
Herr Maurer, wie lange halten Sie es ohne die Natur aus? Chrigel Maurer: Nicht lange, höchstens einen Tag! (lacht) Mit dem Gleitschirm in den Bergen zu fliegen, zählt zum Schönsten, was es gibt. Für mich ist das die totale Freiheit, auch wenn ich mich natürlich an Regeln halten muss. Gleichzeitig geniesse ich es, extreme Leistungen in der Natur zu erbringen, jene Momente, in denen ich keinen Fehler machen darf, weil ich sonst Probleme bekomme. Wenn man über einen schmalen Grat läuft, darf man sich keinen Fehltritt erlauben, auch nicht, wenn man auf dem Gipfel des Matterhorns steht. Wenn ich ehrlich bin, ist es das, was ich am meisten geniesse: je schwieriger die Bedingungen, desto intensiver das Erlebnis.
19
XXXXXXXXXX
... ja? Einmal hatten wir ein Auto gemietet mit einem Dachfenster. Auf einer Fahrt öffnete es Thomas, und ich sagte ihm, er solle es lieber geschlossen lassen. Vielleicht würde er ja sonst mal vergessen, es wieder zu schließßen. «Klar, kein Problem», erwiderte er. Kurze Zeit später öffnete er es wieder, ich wies ihn ein weiteres Mal auf die Gefahr hin. Wieder kurze Zeit später machten wir uns spontan auf zum Klettern am Dachstein, weil das Wetter gut war. Er verließ das Auto überhastet. Prompt regnete es die ganze Nacht und auch am folgenden Morgen. Als wir zurückkamen, sah ich es schon von weitem: Das Dachfenster war offen, das Innere des Wagens tropfnass, ... Material, Schlafplatz, alles!
Christian «Chrigel» Maurer Der Adler von Adelboden
Alter 31 Jahre, aufgewachsen in Adelboden (BE)
Beruf Lehre als Maurer, fliegt Gleitschirm seit dem 16. Lebensjahr
20
Gibt es Momente, in denen Sie das Rennen geniessen können? Ja, natürlich. Wir sprechen von den drei magischen «M»: In der Vorbereitung gibt es die «magic moments», die magischen Momente in der Natur. Während dem Rennen sprechen wir von den «magic moves», den taktisch klug gewählten Lauf- und Flugrouten, mit denen wir die Konkurrenz abhängen können. Und nach dem Rennen geniessen wir die «magic memories», die schönen Erinnerungen. Beim «X Alpes» gewinnt nicht jener, der sich beim Laufen am meisten quälen kann. Es gewinnt das Team mit der besten Taktik. Darum kann es vorkommen, dass ich am Morgen noch eine Stunde beim Gleitschirmstartplatz auf bessere thermische Bedingungen warte und einfach in der Sonne sitze. Es gibt nichts Schöneres! Und es gibt während eines Wettkampfes mehr solche Momente als anstrengende. Das heisst: Geduld ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, die man am «X Alpes» braucht? Ja, wir sprechen von «coolness», meinen damit die Fähigkeit, auch mal zu warten und zu sagen: «Weniger ist mehr.» Zudem
muss man natürlich das Gleitschirmfliegen beherrschen, das Gefühl dafür haben, die erklommene Höhe mit den nötigen Aufwinden auch in Distanz umzusetzen. An guten Tagen können alle gut fliegen. Die wirkliche Kunst ist es, aus mittelmässigen Flugbedingungen das Beste herauszuholen. Aber natürlich muss ich auch körperlich fit sein und ein sehr gutes Team haben. Ihr langjähriger Trainings- und Wettkampf-Partner Thomas Theurillat ist Psychologe und Bergführer. In welcher Rolle ist er Ihnen während des Rennens lieber? Am Start ist er der Psychologe, während des Rennens in den Bergen der Bergführer und am Abend einfach ein sehr guter Kollege. Dass er zur richtigen Zeit die richtige Rolle findet, schätze ich am meisten. Andere Psychologen verlassen auch am Abend beim gemütlichen Beisammensein ihre Rolle als Ratgeber nicht, das kann dann schon mal mühsam werden. Gibt’s auch Streit? Nein eigentlich nicht, obwohl ...
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Sponsoren mit zunehmendem Erfolg verändert? Meine Situation ist komfortabler geworden, aber ich muss schon erfolgreich sein, damit es am Ende des Jahres aufgeht. Zudem hat sich das wirtschaftliche Umfeld gewandelt. Früher reichte ein Sponsor, um ein ganzes Jahr abzudecken, heute habe ich zehn Sponsoren und muss daneben trotzdem noch andere Dinge tun. Aber ich will mich nicht beklagen. Mit Hilfe der Sponsoren kann ich intensiv und flexibel trainieren, zudem ist die Zusammenarbeit sehr spannend und lehrreich.
2 mal Gewinner des «X-Alps», 3 mal Weltmeister, Europameister, 5 mal Schweizer Meister
Familie verheiratet, Vater von 3- und 5-jährigen Buben
Hobbys Sport, Skitouren, Deltafliegen, Biken, Inlineskaten
Info www.chrigelmaurer.ch
«Von allem das Beste» Material zum Bergsteigen, Klettern, Campieren und Kochen in der Natur bezieht Christian Maurer von der Bächli Bergsport AG. Für den 31-jährigen Adelbodner eine komfortable Situation. Andere Anbieter, sagt er, verfügten zwar über die besten Outdoor-Jacken, dafür müsse man dann bei deren Hosen oder Shirts Abstriche machen. Bei Bächli sei das anders, dort finde er im Sortiment «von allen Produkten immer das Beste».
Gipfeltreffen
Gipfeltreffen
Erfolge Sie waren wütend. Ja, natürlich. Ab er hat das Auto getrocknet und sich um ein Hotel für die folgende Nacht gekümmert. Alles war perfekt und ich wieder zufrieden. Wir verstehen uns so gut, weil wir beide unsere Aufgaben und Rollen kennen. Er ist am Boden der Chef, sorgt für Verpflegung und Unterkunft, macht Routenvorschläge. Ich bin der Chef in der Luft und habe bei den Entscheiden immer das letzte Wort. Das heisst aber nicht, dass ich nicht volles Vertrauen zu ihm hätte. Wir kennen schon vor dem Rennen verschiedene Gleitschirm-Startplätze, die wir je nach Wetter- und Windverhältnissen ansteuern oder nicht. Sind die Bedingungen unsicher, macht er mir ein paar Vorschläge, und ich entscheide dann letztlich nach meinem Bauchgefühl.
21
XXXXXXXXXX
... ja? Einmal hatten wir ein Auto gemietet mit einem Dachfenster. Auf einer Fahrt öffnete es Thomas, und ich sagte ihm, er solle es lieber geschlossen lassen. Vielleicht würde er ja sonst mal vergessen, es wieder zu schließßen. «Klar, kein Problem», erwiderte er. Kurze Zeit später öffnete er es wieder, ich wies ihn ein weiteres Mal auf die Gefahr hin. Wieder kurze Zeit später machten wir uns spontan auf zum Klettern am Dachstein, weil das Wetter gut war. Er verließ das Auto überhastet. Prompt regnete es die ganze Nacht und auch am folgenden Morgen. Als wir zurückkamen, sah ich es schon von weitem: Das Dachfenster war offen, das Innere des Wagens tropfnass, ... Material, Schlafplatz, alles!
Christian «Chrigel» Maurer Der Adler von Adelboden
Alter 31 Jahre, aufgewachsen in Adelboden (BE)
Beruf Lehre als Maurer, fliegt Gleitschirm seit dem 16. Lebensjahr
20
Gibt es Momente, in denen Sie das Rennen geniessen können? Ja, natürlich. Wir sprechen von den drei magischen «M»: In der Vorbereitung gibt es die «magic moments», die magischen Momente in der Natur. Während dem Rennen sprechen wir von den «magic moves», den taktisch klug gewählten Lauf- und Flugrouten, mit denen wir die Konkurrenz abhängen können. Und nach dem Rennen geniessen wir die «magic memories», die schönen Erinnerungen. Beim «X Alpes» gewinnt nicht jener, der sich beim Laufen am meisten quälen kann. Es gewinnt das Team mit der besten Taktik. Darum kann es vorkommen, dass ich am Morgen noch eine Stunde beim Gleitschirmstartplatz auf bessere thermische Bedingungen warte und einfach in der Sonne sitze. Es gibt nichts Schöneres! Und es gibt während eines Wettkampfes mehr solche Momente als anstrengende. Das heisst: Geduld ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, die man am «X Alpes» braucht? Ja, wir sprechen von «coolness», meinen damit die Fähigkeit, auch mal zu warten und zu sagen: «Weniger ist mehr.» Zudem
muss man natürlich das Gleitschirmfliegen beherrschen, das Gefühl dafür haben, die erklommene Höhe mit den nötigen Aufwinden auch in Distanz umzusetzen. An guten Tagen können alle gut fliegen. Die wirkliche Kunst ist es, aus mittelmässigen Flugbedingungen das Beste herauszuholen. Aber natürlich muss ich auch körperlich fit sein und ein sehr gutes Team haben. Ihr langjähriger Trainings- und Wettkampf-Partner Thomas Theurillat ist Psychologe und Bergführer. In welcher Rolle ist er Ihnen während des Rennens lieber? Am Start ist er der Psychologe, während des Rennens in den Bergen der Bergführer und am Abend einfach ein sehr guter Kollege. Dass er zur richtigen Zeit die richtige Rolle findet, schätze ich am meisten. Andere Psychologen verlassen auch am Abend beim gemütlichen Beisammensein ihre Rolle als Ratgeber nicht, das kann dann schon mal mühsam werden. Gibt’s auch Streit? Nein eigentlich nicht, obwohl ...
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Sponsoren mit zunehmendem Erfolg verändert? Meine Situation ist komfortabler geworden, aber ich muss schon erfolgreich sein, damit es am Ende des Jahres aufgeht. Zudem hat sich das wirtschaftliche Umfeld gewandelt. Früher reichte ein Sponsor, um ein ganzes Jahr abzudecken, heute habe ich zehn Sponsoren und muss daneben trotzdem noch andere Dinge tun. Aber ich will mich nicht beklagen. Mit Hilfe der Sponsoren kann ich intensiv und flexibel trainieren, zudem ist die Zusammenarbeit sehr spannend und lehrreich.
2 mal Gewinner des «X-Alps», 3 mal Weltmeister, Europameister, 5 mal Schweizer Meister
Familie verheiratet, Vater von 3- und 5-jährigen Buben
Hobbys Sport, Skitouren, Deltafliegen, Biken, Inlineskaten
Info www.chrigelmaurer.ch
«Von allem das Beste» Material zum Bergsteigen, Klettern, Campieren und Kochen in der Natur bezieht Christian Maurer von der Bächli Bergsport AG. Für den 31-jährigen Adelbodner eine komfortable Situation. Andere Anbieter, sagt er, verfügten zwar über die besten Outdoor-Jacken, dafür müsse man dann bei deren Hosen oder Shirts Abstriche machen. Bei Bächli sei das anders, dort finde er im Sortiment «von allen Produkten immer das Beste».
Gipfeltreffen
Gipfeltreffen
Erfolge Sie waren wütend. Ja, natürlich. Ab er hat das Auto getrocknet und sich um ein Hotel für die folgende Nacht gekümmert. Alles war perfekt und ich wieder zufrieden. Wir verstehen uns so gut, weil wir beide unsere Aufgaben und Rollen kennen. Er ist am Boden der Chef, sorgt für Verpflegung und Unterkunft, macht Routenvorschläge. Ich bin der Chef in der Luft und habe bei den Entscheiden immer das letzte Wort. Das heisst aber nicht, dass ich nicht volles Vertrauen zu ihm hätte. Wir kennen schon vor dem Rennen verschiedene Gleitschirm-Startplätze, die wir je nach Wetter- und Windverhältnissen ansteuern oder nicht. Sind die Bedingungen unsicher, macht er mir ein paar Vorschläge, und ich entscheide dann letztlich nach meinem Bauchgefühl.
21
XXXXXXXXXX
22
Hat Ihre Familie Angst um Sie? Meine beiden Buben sind noch zu klein, meine Frau hat grosses Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten. Meine Mutter und Grossmutter sind da schon ängstlicher, aber ich versuche sie zu beruhigen mit dem Hinweis darauf, dass ich mich wirklich ziemlich gut auskenne und keine Husarenritte wage. Ich habe meine Mutter auch schon mit auf Tandemflüge genommen, um ihr zu zeigen, dass ich es im Griff habe. Aber klar, seit ich selber Kinder habe, verstehe ich die Ängste besser: Ich mache mir auch Sorgen, wenn die Kleinen irgendwo rumkraxeln.
le Gedanken macht, ist die Gefahr meines Erachtens ohnehin grösser.
Sind Sie vorsichtiger beim Fliegen, seitdem Sie Vater sind? Nein. Wenn ich fliege, mache ich das für mich – und zwar so, dass es auch Spass macht. Wenn man zögert und sich zu vie-
Interview: Michael Roth, Peter Bader Fotos: Rob Lewis (Porträts), Christian Maurer
Was möchten Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben? Wenn ich etwas unternehme und hinterher darüber berichte, muss ich stolz darauf sein können. Das ist das Kriterium. Alles, was ich tue, muss sorgfältig, durchdacht und möglichst souverän sein. Das möchte ich ihnen mitgeben, denn ich weiss: Sie werden mal wie ich: unternehmungslustig, immer nahe am Limit. Da können sie einen Schuss Vernunft sicher gebrauchen. (lacht)
Gipfeltreffen
Gipfeltreffen
Anzeige
23
XXXXX
Die Quadratur des Kreises Idyllische Lage in einem Weiler auf 1600 Metern über dem Meer, gelungener Mix von traditioneller Kultur und modernem Lebensstil, Luxus und echtem Bergerlebnis: Genau diese Quadratur des Kreises ist es, die das Maiensässhotel Guarda Val in Sporz oberhalb der Lenzerheide so einzigartig macht.
hochgenuss
Understatement statt Protz & Prunk
24
Schon hier zeigt sich, dass der einzigartige Hotelbetrieb auf Understatement setzt und ohne Protz und Prunk auskommt. Der intakte Kern des Weilers Sporz oberhalb der Lenzerheide ist ein Beweis dafür, dass das dezentrale Konzept mit mehreren sorgfältig restaurierten Gebäuden funktioniert. Aus elf Hütten, Scheunen und Ställen sind hier in den letzten vier Jahrzehnten eine Hotelrezeption, zwei Restaurants und 50 Hotelzimmer entstanden. Der innovative und mehrfach preisgekrönte Hotelbetrieb im Bündnerland blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Geistiger Vater des Projekts ist der Zürcher Grafiker und Werbefilmregisseur Balz Brunner. Er entdeckte das Maiensässdorf Sporz während einer Auszeit im Jahr 1969 und weckte es aus seinem Dornröschenschlaf. Weil auch hier immer weniger Bauern die Drei-
stufenwirtschaft pflegten und ihre «Maiensitz»-Ställe und anderen Gebäude nach und nach aufgaben, drohte Sporz das gleiche Schicksal wie vielen ähnlichen Weilern: die Auflösung. Bei Rotwein und Salsiz, so erzählen die heutigen Gastgeber Christine Abel und Matthias Wettstein, sei damals die Idee eines gemeinsamen Hotels geboren worden: «Die Bauern stellten Gebäude und Land zur Verfügung, Balz Brunner investierte und stellte den Betrieb auf die Beine.»
Elf Gebäude, 50 individuelle Hotelzimmer Bei der Eröffnung im Sommer 1971 umfasste das «Maiensässhotel Guarda Val» ein Haupthaus mit Empfang und Restaurant sowie drei weitere Gebäude mit Hotelzimmern. Die äusseren Holz- und Steinfassaden blieben im Originalzustand erhalten, im Innern wurden die bis zu 300 Jahre alten Ställe und Hütten komplett renoviert. Noch in den Siebziger Jahren verkaufte Balz Brunner das Hotel weiter, und nacheinander Reto Cottiati, Heinz Wehrle und Erich Kurzen setzten seine Pionierarbeit fort. Bei jedem Handwechsel kamen weitere Gebäude dazu, und erst 2009 erreichte der Betrieb seine heutige Form: Die neuen Besitzer Cornelia (VR-Präsidentin und Direktorin) und Alfred Gantner errichteten auf dem einstigen Tennisplatz ein weiteres
hochgenuss
Von aussen fällt es eigentlich gar nicht auf. Nur ein paar diskrete Email-Schilder an Gebäuden im Weiler Sporz weisen darauf hin, was sich hinter den Fassaden der bis zu 300 Jahre alten Gemäuer und Holzbauten verbirgt: «Guarda Val – Reception» und «Guarda Val – Restaurant» steht da etwa. Um die Zusatzzeile «Maiensässhotel» zu entziffern, braucht es schon gute Augen.
25
XXXXX
Die Quadratur des Kreises Idyllische Lage in einem Weiler auf 1600 Metern über dem Meer, gelungener Mix von traditioneller Kultur und modernem Lebensstil, Luxus und echtem Bergerlebnis: Genau diese Quadratur des Kreises ist es, die das Maiensässhotel Guarda Val in Sporz oberhalb der Lenzerheide so einzigartig macht.
hochgenuss
Understatement statt Protz & Prunk
24
Schon hier zeigt sich, dass der einzigartige Hotelbetrieb auf Understatement setzt und ohne Protz und Prunk auskommt. Der intakte Kern des Weilers Sporz oberhalb der Lenzerheide ist ein Beweis dafür, dass das dezentrale Konzept mit mehreren sorgfältig restaurierten Gebäuden funktioniert. Aus elf Hütten, Scheunen und Ställen sind hier in den letzten vier Jahrzehnten eine Hotelrezeption, zwei Restaurants und 50 Hotelzimmer entstanden. Der innovative und mehrfach preisgekrönte Hotelbetrieb im Bündnerland blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Geistiger Vater des Projekts ist der Zürcher Grafiker und Werbefilmregisseur Balz Brunner. Er entdeckte das Maiensässdorf Sporz während einer Auszeit im Jahr 1969 und weckte es aus seinem Dornröschenschlaf. Weil auch hier immer weniger Bauern die Drei-
stufenwirtschaft pflegten und ihre «Maiensitz»-Ställe und anderen Gebäude nach und nach aufgaben, drohte Sporz das gleiche Schicksal wie vielen ähnlichen Weilern: die Auflösung. Bei Rotwein und Salsiz, so erzählen die heutigen Gastgeber Christine Abel und Matthias Wettstein, sei damals die Idee eines gemeinsamen Hotels geboren worden: «Die Bauern stellten Gebäude und Land zur Verfügung, Balz Brunner investierte und stellte den Betrieb auf die Beine.»
Elf Gebäude, 50 individuelle Hotelzimmer Bei der Eröffnung im Sommer 1971 umfasste das «Maiensässhotel Guarda Val» ein Haupthaus mit Empfang und Restaurant sowie drei weitere Gebäude mit Hotelzimmern. Die äusseren Holz- und Steinfassaden blieben im Originalzustand erhalten, im Innern wurden die bis zu 300 Jahre alten Ställe und Hütten komplett renoviert. Noch in den Siebziger Jahren verkaufte Balz Brunner das Hotel weiter, und nacheinander Reto Cottiati, Heinz Wehrle und Erich Kurzen setzten seine Pionierarbeit fort. Bei jedem Handwechsel kamen weitere Gebäude dazu, und erst 2009 erreichte der Betrieb seine heutige Form: Die neuen Besitzer Cornelia (VR-Präsidentin und Direktorin) und Alfred Gantner errichteten auf dem einstigen Tennisplatz ein weiteres
hochgenuss
Von aussen fällt es eigentlich gar nicht auf. Nur ein paar diskrete Email-Schilder an Gebäuden im Weiler Sporz weisen darauf hin, was sich hinter den Fassaden der bis zu 300 Jahre alten Gemäuer und Holzbauten verbirgt: «Guarda Val – Reception» und «Guarda Val – Restaurant» steht da etwa. Um die Zusatzzeile «Maiensässhotel» zu entziffern, braucht es schon gute Augen.
25
erscheinen. Der gebotene Service und die vielen Inklusiv-Leistungen relativieren das aber schnell: Inbegriffen sind neben einem beeindruckenden Frühstücksbuffet auch ein Kuchenbuffet ab 15 Uhr, eine Minibar mit einer Auswahl alkoholfreier Getränke sowie Tee und Kaffee in den Zimmern. Die kostenlose Benutzung des Wellnessbereichs Guarda Sana mit Freiluft-Hotpot, Sauna, Fitness, Ruheraum und Heuliegen gehört ebenso zum Standard wie ein Bus-Shuttle an den Bahnhof und in die nähere Umgebung sowie Gratis-Parkplätze für die Automobilisten.
Haus Gantner. Nachdem uns der hauseigene Shuttle an der Postauto-Endstation in der Lenzerheide abgeholt hat, werden wir an der Rezeption mit einem erfrischenden Welcome-Drink begrüsst. Das «Tgesa Gantner» liegt ganz unten im Dorf und bietet Blick auf den einzigen Maiensäss, der noch in Betrieb ist. Die Bauernfamilie hat den Sitz im Tal gerade verlassen und ist mit Sack und Pack nach Sporz gezogen. Vor dem Haus geniessen Hühner und zwei Hängebauchschweine den Auslauf, und am Hang grasen Ziegen.
Attraktive Arrangements
Holz und Lehm statt Alpenkitsch
Für Preisbewusste bietet das Guarda Val verschiedene Packages an. Das Arrangement «Bergsommer» etwa (ab 814 Franken) beinhaltet drei Übernachtungen, zwei Gourmet-Menüs im Restaurant Guarda Val und ein Bündner Menü im «Crap Naros». Die «Maiensäss-Wanderwoche» mit sieben Übernachtungen und Gratis-Benützung der Bergbahnen gibt’s ab 1030 Franken und das Familien-Package (7 Übernachtungen inklusive Nachtessen, Aktivitätsprogramm und Gratis-Benützung der Bergbahnen) ab 4390 Franken. Auch Seminare können im Guarda Val abgehalten werden. Dafür stehen in der «Tgesa Gantner» mehrere Gruppenräume zur Verfügung und mit dem «Talvo» sogar eine 100 Quadratmeter grosse Kreativschmiede. Wir übernachten bei unserem Testbesuch in einem Hirtenzimmer im neu erstellten
Die Zimmer im Haus Gantner haben allesamt ähnliche Grundrisse, sind aber individuell eingerichtet. Ins Auge stechen die Lehmböden, die sich bis in die Nasszellen erstrecken. Es riecht nach gewachstem Holz, aus dem Wände, Balken und Möbel bestehen. Die Kombination von Natürlichkeit, modernem Lifestyle und Luxus ist bestechend – Alpenkitsch sucht man hier vergebens. «Darauf wurde bei der Renovation geachtet», sagt denn auch Gastgeber Matthias Wettstein später. «Beim letzten Besitzerwechsel wurden Plüsch und Ikea-Möbel eliminiert, dafür kamen Stein-, Holz- und Lehmböden und authentisches Mobiliar rein.» Matthias Wettstein und seine Partnerin Christine Abel kamen 2008 nach Sporz, als sich das neue Besitzerehepaar Gantner nach einer operativen Leitung umsah. Beide arbeiteten damals in Österreich für eine grosse
Schweizer Gastronomiekette und hatten den Wunsch, sich selbstständig zu machen. «Wir sahen damals in der Hotelrevue ein Inserat und dachten, das wär’ doch was», blickt die Kärntnerin Christine Abel zurück. «Weisst du, wo das liegt?», habe sie ihr Partner Matthias Wettstein, ein gebürtiger Engadiner, zuerst gefragt. Nun, den Schock der Anreise und des Anblicks der Häuser im Rohbau verdaute das Paar, und auch heute, nach fünf Jahren operativer Leitung des Betriebs, ist ihnen die Leidenschaft anzumerken. Das äussert sich etwa darin, dass sie fast rund um die Uhr für ihre Gäste ansprechbar sind und sie auch auf individuell zusammengestellte Ausflüge begleiten. Oder dass sie praktisch jedes Wochenende im Betrieb verbringen – denn Wochenenden bedeuten in Sporz immer viel Betrieb. Meistens sind dann die 50 Zimmer ausgebucht. «Dann braucht es alle Mitarbeitenden», sagt Matthias Wettstein. «Und wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen.» Wenn die Beiden mal eine kurze Auszeit brauchen, setzen sie sich im Sommer ins Cabrio, trinken auf einer Passhöhe einen Kaffee, besuchen Matthias Wettsteins Familie in Pontresina oder lassen sich von anderen schönen Hotels inspirieren. Im Winter, so der Engadiner, müsse er aber schon ein paar Mal die Skis anschnallen und sich auf den Pisten erholen.
Spitzengastronomie im Maiensäss
hochgenuss
hochgenuss
26
Haus, bauten die Kapazität von 30 auf 50 Hotelzimmer aus und liessen eine (unsichtbare) Tiefgarage errichten. «Dass sich die beiden finanziell so engagieren, ist ein absoluter Glücksfall für das Guarda Val und die Region», sagt der für die operative Leitung zuständige Matthias Wettstein. Ein Glücksfall ist es auch, dass das intime alpine Refugium überhaupt Gästen zugänglich ist. Denn wer hier oben weilt, schaltet ganz automatisch einen Gang zurück und findet einen Ausgleich zur hektischen Zeit des Alltags. Das Guarda Val fügt sich sanft in die Landschaft und den Weiler Sporz ein und bietet trotz seiner Authentizität und Ursprünglichkeit sehr viel Luxus. Holz und Stein geben in den individuellen Hotelzimmern den Ton an. Die Böden sind meist aus Ton oder massiven Holzriemen, die alten Stützbalken wurden erhalten und lassen den ursprünglichen Bestimmungszweck noch erahnen. Insgesamt fünf verschiedene Arten von Zimmern werden unterschieden: die so genannten Hirtenzimmer, Sennenzimmer, Maiensäss-Stuben, Bauernstuben und Giebelstuben. Als oberste Kategorie kommt schliesslich noch das zweigeschossige Häuschen Stailetta dazu – mit Cheminée, Balkon, eigenem Whirlpool und Dampfbad unter einer Glaskuppel. Die Preise variieren zwischen 293 und 470 Franken für die günstigsten Hirtenzimmer und zwischen 455 und 850 Franken für die teuerste Kategorie der Giebelstuben – je nach Saison. Eine Übernachtung in der Stailetta kostet zwischen 910 und 1420 Franken. Für Hotelzimmer in einer Bergregion mögen diese Preise auf den ersten Blick hoch
Eine zentrale Rolle im Konzept des Guarda Val spielt die Gastronomie, auf die rund 50
27
erscheinen. Der gebotene Service und die vielen Inklusiv-Leistungen relativieren das aber schnell: Inbegriffen sind neben einem beeindruckenden Frühstücksbuffet auch ein Kuchenbuffet ab 15 Uhr, eine Minibar mit einer Auswahl alkoholfreier Getränke sowie Tee und Kaffee in den Zimmern. Die kostenlose Benutzung des Wellnessbereichs Guarda Sana mit Freiluft-Hotpot, Sauna, Fitness, Ruheraum und Heuliegen gehört ebenso zum Standard wie ein Bus-Shuttle an den Bahnhof und in die nähere Umgebung sowie Gratis-Parkplätze für die Automobilisten.
Haus Gantner. Nachdem uns der hauseigene Shuttle an der Postauto-Endstation in der Lenzerheide abgeholt hat, werden wir an der Rezeption mit einem erfrischenden Welcome-Drink begrüsst. Das «Tgesa Gantner» liegt ganz unten im Dorf und bietet Blick auf den einzigen Maiensäss, der noch in Betrieb ist. Die Bauernfamilie hat den Sitz im Tal gerade verlassen und ist mit Sack und Pack nach Sporz gezogen. Vor dem Haus geniessen Hühner und zwei Hängebauchschweine den Auslauf, und am Hang grasen Ziegen.
Attraktive Arrangements
Holz und Lehm statt Alpenkitsch
Für Preisbewusste bietet das Guarda Val verschiedene Packages an. Das Arrangement «Bergsommer» etwa (ab 814 Franken) beinhaltet drei Übernachtungen, zwei Gourmet-Menüs im Restaurant Guarda Val und ein Bündner Menü im «Crap Naros». Die «Maiensäss-Wanderwoche» mit sieben Übernachtungen und Gratis-Benützung der Bergbahnen gibt’s ab 1030 Franken und das Familien-Package (7 Übernachtungen inklusive Nachtessen, Aktivitätsprogramm und Gratis-Benützung der Bergbahnen) ab 4390 Franken. Auch Seminare können im Guarda Val abgehalten werden. Dafür stehen in der «Tgesa Gantner» mehrere Gruppenräume zur Verfügung und mit dem «Talvo» sogar eine 100 Quadratmeter grosse Kreativschmiede. Wir übernachten bei unserem Testbesuch in einem Hirtenzimmer im neu erstellten
Die Zimmer im Haus Gantner haben allesamt ähnliche Grundrisse, sind aber individuell eingerichtet. Ins Auge stechen die Lehmböden, die sich bis in die Nasszellen erstrecken. Es riecht nach gewachstem Holz, aus dem Wände, Balken und Möbel bestehen. Die Kombination von Natürlichkeit, modernem Lifestyle und Luxus ist bestechend – Alpenkitsch sucht man hier vergebens. «Darauf wurde bei der Renovation geachtet», sagt denn auch Gastgeber Matthias Wettstein später. «Beim letzten Besitzerwechsel wurden Plüsch und Ikea-Möbel eliminiert, dafür kamen Stein-, Holz- und Lehmböden und authentisches Mobiliar rein.» Matthias Wettstein und seine Partnerin Christine Abel kamen 2008 nach Sporz, als sich das neue Besitzerehepaar Gantner nach einer operativen Leitung umsah. Beide arbeiteten damals in Österreich für eine grosse
Schweizer Gastronomiekette und hatten den Wunsch, sich selbstständig zu machen. «Wir sahen damals in der Hotelrevue ein Inserat und dachten, das wär’ doch was», blickt die Kärntnerin Christine Abel zurück. «Weisst du, wo das liegt?», habe sie ihr Partner Matthias Wettstein, ein gebürtiger Engadiner, zuerst gefragt. Nun, den Schock der Anreise und des Anblicks der Häuser im Rohbau verdaute das Paar, und auch heute, nach fünf Jahren operativer Leitung des Betriebs, ist ihnen die Leidenschaft anzumerken. Das äussert sich etwa darin, dass sie fast rund um die Uhr für ihre Gäste ansprechbar sind und sie auch auf individuell zusammengestellte Ausflüge begleiten. Oder dass sie praktisch jedes Wochenende im Betrieb verbringen – denn Wochenenden bedeuten in Sporz immer viel Betrieb. Meistens sind dann die 50 Zimmer ausgebucht. «Dann braucht es alle Mitarbeitenden», sagt Matthias Wettstein. «Und wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen.» Wenn die Beiden mal eine kurze Auszeit brauchen, setzen sie sich im Sommer ins Cabrio, trinken auf einer Passhöhe einen Kaffee, besuchen Matthias Wettsteins Familie in Pontresina oder lassen sich von anderen schönen Hotels inspirieren. Im Winter, so der Engadiner, müsse er aber schon ein paar Mal die Skis anschnallen und sich auf den Pisten erholen.
Spitzengastronomie im Maiensäss
hochgenuss
hochgenuss
26
Haus, bauten die Kapazität von 30 auf 50 Hotelzimmer aus und liessen eine (unsichtbare) Tiefgarage errichten. «Dass sich die beiden finanziell so engagieren, ist ein absoluter Glücksfall für das Guarda Val und die Region», sagt der für die operative Leitung zuständige Matthias Wettstein. Ein Glücksfall ist es auch, dass das intime alpine Refugium überhaupt Gästen zugänglich ist. Denn wer hier oben weilt, schaltet ganz automatisch einen Gang zurück und findet einen Ausgleich zur hektischen Zeit des Alltags. Das Guarda Val fügt sich sanft in die Landschaft und den Weiler Sporz ein und bietet trotz seiner Authentizität und Ursprünglichkeit sehr viel Luxus. Holz und Stein geben in den individuellen Hotelzimmern den Ton an. Die Böden sind meist aus Ton oder massiven Holzriemen, die alten Stützbalken wurden erhalten und lassen den ursprünglichen Bestimmungszweck noch erahnen. Insgesamt fünf verschiedene Arten von Zimmern werden unterschieden: die so genannten Hirtenzimmer, Sennenzimmer, Maiensäss-Stuben, Bauernstuben und Giebelstuben. Als oberste Kategorie kommt schliesslich noch das zweigeschossige Häuschen Stailetta dazu – mit Cheminée, Balkon, eigenem Whirlpool und Dampfbad unter einer Glaskuppel. Die Preise variieren zwischen 293 und 470 Franken für die günstigsten Hirtenzimmer und zwischen 455 und 850 Franken für die teuerste Kategorie der Giebelstuben – je nach Saison. Eine Übernachtung in der Stailetta kostet zwischen 910 und 1420 Franken. Für Hotelzimmer in einer Bergregion mögen diese Preise auf den ersten Blick hoch
Eine zentrale Rolle im Konzept des Guarda Val spielt die Gastronomie, auf die rund 50
27
Blaufränkisch-Zweigelt-Blend verfügt über eine schöne Frucht, weiche Tannine und bereits erstaunliche Reifetöne. Am Ende unseres Mahls – nach traumhaften Friandises und einer auf einem Löffel angerichteten Panna Cotta – nehmen wir gerne die Gelegenheit war, dem «Fumoir» einen Besuch abzustatten. Es ist im Stil der alten, englischen Salons gehalten und beweist: Auch das Ambiente für Raucher stimmt. Tags darauf raubt uns das opulente Frühstücksbuffet, das keine Wünsche offen lässt, jeden Ansatzpunkt für Kritik. Kurz: Das gastronomische Erlebnis im Guarda Val ist allein schon einen Ausflug wert. 15 Gault/Millau-Punkte sind dafür doch eher knapp bemessen.
Kühne Pläne der Gastgeber Detailpflege und Leidenschaft im Guarda Val sind auch den Hoteltestern aus nah und fern nicht verborgen geblieben. Zurecht heimst der Betrieb viele Auszeichnungen ein. Im Rating «beste Ferienhotels der Schweiz 2013» der «SonntagsZeitung» etwa belegte das Guarda Val als bestes Viertsterne-Hotel überhaupt den 15. Gesamtrang. Was also kann im Guarda Val noch besser werden, fragen wir die beiden Gastgeber. Man wolle das Angebot laufend steigern und immer dran bleiben, sagen Christine Abel und Matthias Wettstein. Mit dem Bau einer zusätzlichen Küche für das «Crap Naros» soll die Infrastruktur weiter optimiert werden. Einen Bio-Badeteich würde sie auch noch gerne realisieren, sagt Christine Abel. Geplant ist zudem ein weiteres Restaurant unten in Lenzerheide. «Auch die Fragen um unser Klima- und Energiekonzept im Hinblick auf die Energiewende sind eine grosse Herausforderung.» Und Matthias Wettstein würde gerne endlich «ein cooles Cabrio-Package mit einem heissen Schlitten» anbieten. «Einem eigenen», wie er betont. Beim sehnsüchtigen Blick auf die Aston Martins, Alfa Spiders und Austin-Healeys seiner Gäste soll es nicht bleiben ... Text: Thorsten Kaletsch Fotos: Guarda Val
28
Hotel Guarda Val – alpiner Charme Den Charme einer Berghütte mit dem Luxus eines Vier-Sterne-Refugiums verbindet das Hotel Guarda Val im Weiler Sporz oberhalb von Lenzerheide auf 1600 Meter über Meer. Elf bis zu 300 Jahre alte ehemalige Hütten und Ställe beherbergen 50 Zimmer und zwei Restaurants. www.guardaval.ch
170 km Wanderwege und viele Gipfelerlebnisse Die Region Lenzerheide hat für Wanderer und ambitionierte Alpinisten viel zu bieten: Die Bergwelt lässt sich auf 170 km markierten Wanderwegen und zwölf signalisierten Touren entdecken. Auch die Gipfelerlebnisse kommen nicht zu kurz: Auf der Westseite des Tals locken Piz Scalottas, Piz Danis, Stätzerhorn und Faulbergegg, auf der Ostseite sind der Alpstein, das Parpaner Rot-, Weiss- und Schwarzhorn sowie das majestätische Lenzerhorn lohnende Ziele. Im Aufstieg zum Piz Scalottas (dem naheliegendsten Gipfel vom Weiler Sporz aus) kommt man übrigens an der Alp Fops vorbei – die als Kulisse für einen Werbespot von Schweiz Tourismus diente (in dem eine Hütte für einen Besuch von Japanern hergerichtet wird). Sie hat es dadurch zu einiger Bekanntheit geschafft. Für ambitionierte Berggänger hat das Val Guarda zusammen mit dem Tschuggen Grand Hotel in Arosa ein attraktives Package geschnürt: eine Nacht in Arosa, danach die Wanderung über das Parpaner Weisshorn nach Lenzerheide/Sporz, anschliessend drei Nächte im Val Guarda, die Wanderung zurück nach Arosa und zwei weitere Übernachtungen im Tschuggen Grand Hotel. Das ganze Leistungspaket inklusive drei Nachtessen und einer Massage kostet pro Person 1598 Franken. Während im Sommer Wanderer, Alpinisten und Ruhesuchende in die Region Lenzerheide reisen, sind es im Winter vor allem Winterwanderer und Schneeschuhläufer. Auch für diese Bedürfnisse bietet das Guarda Val Packages an.
hochgenuss
hochgenuss
Prozent der Einnahmen fallen. Mit dem kleinen Restaurant Crap Naros, in dem Bündner Spezialitäten zu fairen Preisen angeboten werden, und dem Gourmetlokal Guarda Val deckt der Betrieb ein grosses Spektrum ab. Wir sind vor allem gespannt auf die Qualität im Restaurant Guarda Val, das im letzten Jahrzehnt einige Schlagzeilen gemacht hat. Hier legte der vorherige Besitzer Erich Kurzen mit Sternekoch Karlheinz Schuhmair das Gewicht auf Spitzengastronomie. 16 Gault/ Millau-Punkte erreichte der Betrieb zwischenzeitlich. Die neuen Gastgeber Christine Abel und Matthias Wettstein hatten dann den Mut, auf ein neues gastronomisches Konzept zu setzen und machten den langjährigen Sous-Chef Thomas Walz im Juni 2013 zum neuen Küchenchef. Ein Schritt, der sich gelohnt hat: Was die Küchen- und Servicebrigade an diesem Samstagabend bei voller Belegung des ehemaligen Kuhstalls bietet, verdient das Prädikat Spitzenklasse. Angeboten werden im zweistöckigen Lokal mit Galerie unter dem Namen «Guarda Val» und «Sporzer» zwei Gourmetmenüs mit sechs Gängen, die sich beliebig kombinieren lassen. Das komplette Menü kostet 175
Franken, fünf Gänge schlagen mit 155 Franken zu Buche, und der Preis für vier Gänge beträgt 125 Franken. Wir entscheiden uns für einen Viergänger, wählen das Apfel-Selleriesüppchen mit Jakobsmuschel, das heimische Rindsfilet mit Kartoffeln, Heu, Ochsenschwanz, Steinpilzen, Cipolotti und jungen Karotten, den Käse aus dem Maiensässkeller und schliesslich das Rhabarber-Vanille-Mascarpone-Dessert. Die mit neun Jahren jüngste Esserin an unserem Tisch bestellt Teigwaren und Gemüse und anschliessend frische Erdbeeren mit Rahm, was auf der Rechnung grosszügigerweise beides weggelassen wird. Als Variation zum Viergang-Menü tauschen wir je einmal einen Gang aus: Auch die Vorspeise mit Langostino, Aubergine, Tomate, Estragon und Limette auf Blätterteig wird einmal probiert, genau so wie der Loup de Mer mit Senf, Goldrübe, Rande, Kresse und feinen Nudeln und als Vorspeise die Lachs-Variation. Bei allen Gängen zeigt sich, wie subtil die Küche von Thomas Walz ist. Er kombiniert Traditionelles mit Spitzengastromie und lässt sich auch von der Molekularküche inspirieren. Das Weinangebot hält mit der Küche Schritt. Das Schwergewicht bestimmen erfreulicherweise Gewächse aus der Schweiz (natürlich vor allem aus dem Bündnerland), aus dem nahen Österreich und aus Italien. Etwas weniger umfassend ist die Liste der Bordeaux und Burgunder. Die Weine sind fair kalkuliert, und wir entscheiden uns schweren Herzens gegen eine Flasche aus dem Bündnerland (u. a. Gantenbein, Wegelin, Fromm, von Tscharner, Pelizatti) und wählen einen 2008er Pannobile von Claus Preisinger für 88 Franken, den wir noch nicht kennen. Wir bereuen es nicht – der
29
Blaufränkisch-Zweigelt-Blend verfügt über eine schöne Frucht, weiche Tannine und bereits erstaunliche Reifetöne. Am Ende unseres Mahls – nach traumhaften Friandises und einer auf einem Löffel angerichteten Panna Cotta – nehmen wir gerne die Gelegenheit war, dem «Fumoir» einen Besuch abzustatten. Es ist im Stil der alten, englischen Salons gehalten und beweist: Auch das Ambiente für Raucher stimmt. Tags darauf raubt uns das opulente Frühstücksbuffet, das keine Wünsche offen lässt, jeden Ansatzpunkt für Kritik. Kurz: Das gastronomische Erlebnis im Guarda Val ist allein schon einen Ausflug wert. 15 Gault/Millau-Punkte sind dafür doch eher knapp bemessen.
Kühne Pläne der Gastgeber Detailpflege und Leidenschaft im Guarda Val sind auch den Hoteltestern aus nah und fern nicht verborgen geblieben. Zurecht heimst der Betrieb viele Auszeichnungen ein. Im Rating «beste Ferienhotels der Schweiz 2013» der «SonntagsZeitung» etwa belegte das Guarda Val als bestes Viertsterne-Hotel überhaupt den 15. Gesamtrang. Was also kann im Guarda Val noch besser werden, fragen wir die beiden Gastgeber. Man wolle das Angebot laufend steigern und immer dran bleiben, sagen Christine Abel und Matthias Wettstein. Mit dem Bau einer zusätzlichen Küche für das «Crap Naros» soll die Infrastruktur weiter optimiert werden. Einen Bio-Badeteich würde sie auch noch gerne realisieren, sagt Christine Abel. Geplant ist zudem ein weiteres Restaurant unten in Lenzerheide. «Auch die Fragen um unser Klima- und Energiekonzept im Hinblick auf die Energiewende sind eine grosse Herausforderung.» Und Matthias Wettstein würde gerne endlich «ein cooles Cabrio-Package mit einem heissen Schlitten» anbieten. «Einem eigenen», wie er betont. Beim sehnsüchtigen Blick auf die Aston Martins, Alfa Spiders und Austin-Healeys seiner Gäste soll es nicht bleiben ... Text: Thorsten Kaletsch Fotos: Guarda Val
28
Hotel Guarda Val – alpiner Charme Den Charme einer Berghütte mit dem Luxus eines Vier-Sterne-Refugiums verbindet das Hotel Guarda Val im Weiler Sporz oberhalb von Lenzerheide auf 1600 Meter über Meer. Elf bis zu 300 Jahre alte ehemalige Hütten und Ställe beherbergen 50 Zimmer und zwei Restaurants. www.guardaval.ch
170 km Wanderwege und viele Gipfelerlebnisse Die Region Lenzerheide hat für Wanderer und ambitionierte Alpinisten viel zu bieten: Die Bergwelt lässt sich auf 170 km markierten Wanderwegen und zwölf signalisierten Touren entdecken. Auch die Gipfelerlebnisse kommen nicht zu kurz: Auf der Westseite des Tals locken Piz Scalottas, Piz Danis, Stätzerhorn und Faulbergegg, auf der Ostseite sind der Alpstein, das Parpaner Rot-, Weiss- und Schwarzhorn sowie das majestätische Lenzerhorn lohnende Ziele. Im Aufstieg zum Piz Scalottas (dem naheliegendsten Gipfel vom Weiler Sporz aus) kommt man übrigens an der Alp Fops vorbei – die als Kulisse für einen Werbespot von Schweiz Tourismus diente (in dem eine Hütte für einen Besuch von Japanern hergerichtet wird). Sie hat es dadurch zu einiger Bekanntheit geschafft. Für ambitionierte Berggänger hat das Val Guarda zusammen mit dem Tschuggen Grand Hotel in Arosa ein attraktives Package geschnürt: eine Nacht in Arosa, danach die Wanderung über das Parpaner Weisshorn nach Lenzerheide/Sporz, anschliessend drei Nächte im Val Guarda, die Wanderung zurück nach Arosa und zwei weitere Übernachtungen im Tschuggen Grand Hotel. Das ganze Leistungspaket inklusive drei Nachtessen und einer Massage kostet pro Person 1598 Franken. Während im Sommer Wanderer, Alpinisten und Ruhesuchende in die Region Lenzerheide reisen, sind es im Winter vor allem Winterwanderer und Schneeschuhläufer. Auch für diese Bedürfnisse bietet das Guarda Val Packages an.
hochgenuss
hochgenuss
Prozent der Einnahmen fallen. Mit dem kleinen Restaurant Crap Naros, in dem Bündner Spezialitäten zu fairen Preisen angeboten werden, und dem Gourmetlokal Guarda Val deckt der Betrieb ein grosses Spektrum ab. Wir sind vor allem gespannt auf die Qualität im Restaurant Guarda Val, das im letzten Jahrzehnt einige Schlagzeilen gemacht hat. Hier legte der vorherige Besitzer Erich Kurzen mit Sternekoch Karlheinz Schuhmair das Gewicht auf Spitzengastronomie. 16 Gault/ Millau-Punkte erreichte der Betrieb zwischenzeitlich. Die neuen Gastgeber Christine Abel und Matthias Wettstein hatten dann den Mut, auf ein neues gastronomisches Konzept zu setzen und machten den langjährigen Sous-Chef Thomas Walz im Juni 2013 zum neuen Küchenchef. Ein Schritt, der sich gelohnt hat: Was die Küchen- und Servicebrigade an diesem Samstagabend bei voller Belegung des ehemaligen Kuhstalls bietet, verdient das Prädikat Spitzenklasse. Angeboten werden im zweistöckigen Lokal mit Galerie unter dem Namen «Guarda Val» und «Sporzer» zwei Gourmetmenüs mit sechs Gängen, die sich beliebig kombinieren lassen. Das komplette Menü kostet 175
Franken, fünf Gänge schlagen mit 155 Franken zu Buche, und der Preis für vier Gänge beträgt 125 Franken. Wir entscheiden uns für einen Viergänger, wählen das Apfel-Selleriesüppchen mit Jakobsmuschel, das heimische Rindsfilet mit Kartoffeln, Heu, Ochsenschwanz, Steinpilzen, Cipolotti und jungen Karotten, den Käse aus dem Maiensässkeller und schliesslich das Rhabarber-Vanille-Mascarpone-Dessert. Die mit neun Jahren jüngste Esserin an unserem Tisch bestellt Teigwaren und Gemüse und anschliessend frische Erdbeeren mit Rahm, was auf der Rechnung grosszügigerweise beides weggelassen wird. Als Variation zum Viergang-Menü tauschen wir je einmal einen Gang aus: Auch die Vorspeise mit Langostino, Aubergine, Tomate, Estragon und Limette auf Blätterteig wird einmal probiert, genau so wie der Loup de Mer mit Senf, Goldrübe, Rande, Kresse und feinen Nudeln und als Vorspeise die Lachs-Variation. Bei allen Gängen zeigt sich, wie subtil die Küche von Thomas Walz ist. Er kombiniert Traditionelles mit Spitzengastromie und lässt sich auch von der Molekularküche inspirieren. Das Weinangebot hält mit der Küche Schritt. Das Schwergewicht bestimmen erfreulicherweise Gewächse aus der Schweiz (natürlich vor allem aus dem Bündnerland), aus dem nahen Österreich und aus Italien. Etwas weniger umfassend ist die Liste der Bordeaux und Burgunder. Die Weine sind fair kalkuliert, und wir entscheiden uns schweren Herzens gegen eine Flasche aus dem Bündnerland (u. a. Gantenbein, Wegelin, Fromm, von Tscharner, Pelizatti) und wählen einen 2008er Pannobile von Claus Preisinger für 88 Franken, den wir noch nicht kennen. Wir bereuen es nicht – der
29
Gut sichern – sonst drohen auch auf Klettersteigen Stßrze in die Tiefe.
Mammut / Robert Boesch
EXPERT
30
SICHER AM HAKEN Klettersteiggehen begeistert Tausende Alpinsportler – Einsteiger wie Fortgeschrittene. Die Erfolgsformel: unkompliziert und mit überschaubarem Ausrüstungsaufwand ins senkrechte, hochalpine Gelände. Aber genau
«Yiieeehaaa» – der Blick nach unten lässt es heiss und kalt den Rücken herunterlaufen. Touren auf dem Klettersteig – auch Via Ferrata genannt – haben ihren eigenen Reiz: luftig, hochalpin und trotzdem ohne grosse Einstiegshürden. Keine komplizierte Sicherungstechnik, keine schwere und kostenintensive Ausrüstung, deren Handhabung langwierig erlernt werden muss. Nötig sind neben alpintauglichen Schuhen, Rucksack und Bekleidung lediglich ein Hüftklettergurt, ein Helm, ein Paar spezielle Handschuhe und ein Klettersteigset.
Boom einer Bergsportart Klettersteige haben sich rasant entwickelt in den vergangenen zehn Jahren, mit zwei Tendenzen: Zum einen ist ihre Zahl im Alpenraum enorm gestiegen, zum anderen hat sich die Ausprägung der Schwierigkeitsgrade nach oben verschärft. Waren Klettersteige früher oft «nur» gesicherte Steige, Gratwanderungen oder als leichte Klettereien angelegt, so sind die sogenannten Sportklettersteige eine Entwicklung der jüngsten Vergangenheit. Die Vie Ferrate werden in sechs Schwierigkeitsstufen ein-
geteilt, von A (oder K1) für die einfachsten, bis F (oder K6) mit der offiziellen Einstufung «mehr als extrem schwierig». Vor allem letztere werden sowohl von den Alpenvereinen wie auch von Herstellern und Fachhändlern wie Bächli Bergsport äusserst kritisch gesehen. «Beim Klettersteiggehen sollte man technisch nie an seine Grenzen gehen. Wer Höchstschwierigkeiten sucht, sollte konventionell Alpin- oder Sportklettern gehen», beurteilt Andres Lietha, Leiter der Hartwarenabteilung bei Mammut, die Sportklettersteige. Diese verlaufen meist durchgehend durch sehr schwieriges, teilweise überhängendes Gelände, die Absturzgefahr ist entsprechend hoch. Klettersteigausrüstung ist aber so konzipiert, dass sie lediglich einmalig einen Totalabsturz verhindern soll, aber nicht – wie z. B. Sportkletterausrüstung – eine «komfortable» Absicherung selbst im Sturzfall bietet. Verliert man den Halt, fällt man bis zur nächsten Drahtseilverankerung plus der Länge des Klettersteigsets, was durchaus fünf bis sechs Meter sein können. Neben dem rauen Fels sind die zum Teil scharfen Drahtseilverankerungen und mögliche Tritteisenstifte nahezu ein Garant für nicht selten schwerwiegende Blessuren. Dazu kommt die enorme Wucht des Aufpralls. «Das Verletzungsrisiko bei einem Sturz ist sehr hoch. Das Risiko eines Sturzes wiederum bei richtiger Routenwahl und Kenntnis eher gering», untermauert Carsten von Birckhahn, Mitglied der Geschäftsleitung beim Hersteller Edelrid, die hohe Relevanz der realistischen Selbsteinschätzung.
EXPERT
diese Unkompliziertheit birgt auch Risiken.
31
Doppelkarabiner
Einbindeschlaufe Elastarme
Bandfalldämpfer
EXPERT
Die Schattenseite des Booms: Hütten, Hotels und Bergbahnen verleihen Klettersteigsets gegen Gebühr, leider nicht immer mit sachkundigen Pflege- und Lagerkenntnissen von Sicherheitsausrüstung. So mancher Tourist oder «Normal-Wanderer» entscheidet sich spontan fürs Ausprobieren, ohne jegliche Vorerfahrung. «Klettersteige werden teilweise als absolut sichere Variante des Kletterns oder Bergsteigens verkauft und vermarktet. Dies führt dazu, dass viele Leute den Sport völlig unterschätzen», gibt Lietha zu bedenken. Auch Matthias Schmid, Produktmanager für Hartwaren bei Bächli Bergsport, sieht eine Grundausbildung als zwingend notwendig: «Wir raten unseren Kunden immer, im Vorfeld einen Kurs bei einer Bergschule zu besuchen.» Gute und kompetente Beratung vor dem Kauf sei zudem entscheidend. «Gerade diejenigen, welche noch keine Erfahrung hatten mit Klettern respektive mit der Beurteilung von Ausrüstung, sind zum Teil etwas erstaunt, wenn man im Verkaufsgespräch auch die Risiken des Klettersteiggehens anspricht», so Schmid.
32
Das Klettersteigset besteht aus einer Einbindeschlaufe, einem Fangstossdämpfer und zwei Lastarmen, an denen wiederum je ein Karabiner befestigt ist. Dieses Set wird per Ankerstich beim Hüftklettergurt eingefädelt. Entgegen früherer Meinungen müssen im Gebrauch die beiden Doppel-Karabiner immer zugleich im Stahlseil eingehängt sein. Im Falle eines Sturzes wird die Energie von den Lastarmen auf den Fangstossdämpfer übertragen, der die Wucht des Fangstosses reduzieren soll. Aktuell gibt es je zwei unterschiedliche Systeme: Starre Lastarme analog eines Kletterseiles und elastische Lastarme (auch Elastarme genannt). Daneben kommen Bandfalldämpfer und Reibungsbremsen als Optionen für den Fangstossdämpfer zum Einsatz. Letztere unterscheiden sich dabei in ihrer Wirkungsweise: Die Reibungsbremse nimmt die Fallenergie auf, indem das Bremsseil «reibend» durch eine mehrfach gelöcherte Metallplatte läuft. Der Bandfalldämpfer ist
Ernstfallausrüstung – kein Freibrief für Stürze Ein Klettersteigset ist als «Rettungskette» konzipiert, die einen Totalabsturz verhindern und zugleich den Fangstoss im Falle eines Sturzes auf ein körperverträgliches Mass reduzieren soll.
Carsten von Birckhahn, Mitglied der Geschäftsleitung bei Edelrid
Photographer (clockwise from top left): Keith Ladzinski, Sandra Salvas, Keith Ladzinski
Andres Lietha, Leiter Hartwarenabteilung bei Mammut
eine miteinander vernähte Bandkonstruktion, die je nach Stärke des Fangstosses sukzessive aufreisst und etwas sensibler anspricht. Die Ausrüstung ist für den unbedingt zu vermeidenden Ernstfall konzipiert, um tödliche Folgen zu verhindern. Einmal zum tatsächlichen Einsatz gekommen, muss sie umgehend gegen ein neues Set getauscht werden. Hier zählt auch die Eigenverantwortung! Vor jeder Tour sollte die Ausrüstung auf mögliche Schäden oder Verschleisserscheinungen, wie starkes Aufpelzen der Lastarme, begutachtet werden. Die Hersteller geben für ihre Klettersteigsets eine Produktlebensdauer von sechs bis zehn Jahren an, die wiederum an Nutzungsintensitäten gebunden ist. Je häufiger man sein Set benutzt, desto früher sollte man es gegen ein neues austauschen und im Zweifel in einer Bächli-Filiale überprüfen lassen!
EXPERT
Der doppelte Rückruf
34
Dass Verschleiss fatal enden kann, bewies ein tödlicher Klettersteigunfall im August 2012. Beide Elastarme – durch häufige Anwendung stark verschliessen – waren nach einem Sturz gerissen. Ein Unfall, der die gesamte Bergsportartikelindustrie erschütterte. «Es handelte sich nicht um einen Produktions- oder Entwicklungsfehler, sondern um eine Ermüdungs- und Alterungsproblematik, die vorher nicht bekannt war und die ganze Branche überrumpelt hat», erklärt Andres Lietha. Umgehend wurde reagiert, ein grosser Rückruf von Klettersteigsets mit Elastarmen erfolgte in Kooperation
zwischen den betroffenen Herstellern, den Alpenvereinen und dem Fachhandel. Was genau war der Defekt? Durch häufigen Gebrauch führten das Dehnen und Entlasten zu einer Schwächung des Gewebes, was im schlimmsten Fall bei voller Belastung zu einem Totalversagen des betroffenen Systems führte. Die neu konstruierten Klettersteigsets weisen eine verschleissresistentere Materialzusammensetzung sowie eine Trennung von elastischem und tragendem Gewebe auf. So werden die tragenden Fasern durch das Dehnen der Elastarme deutlich weniger beansprucht. Hersteller Mammut ging weiter. «Wir haben in sehr grossem Umfang gebrauchte Klettersteigsets aller Typen getestet und mussten feststellen, dass die Alterungsproblematik nicht nur bei Elastarmen, sondern auch bei starren Lastarmen auftauchen kann», so Lietha. Diese Erkenntnis löste – nach Rücksprache mit den anderen Herstellern – den präventiven Rückruf von Klettersteigsets mit Reibungsbremse im Februar 2013 aus. Was war hier der genaue Grund? Durch Alterungs- und Verschleissprozesse stockte das Bremsseil in der Me-
Matthias Schmid, Produktmanager Hartwaren bei Bächli Bergsport
Produkt auslösen kann, ist das jedoch gering.». Und wie haben die Kunden reagiert? «Viele kamen direkt zu uns, um sich generell über die Rückrufe zu informieren und mit uns ihr Klettersteigset auf einen Rückruf hin zu überprüfen. Dieses Vertrauen hat uns sehr gefreut», sagt Schmid.
Eisern bleiben Dass die Begeisterung für den Via-Ferrata-Sport weiter anhält, freut den Bächli Produktmanager. «Ich wünsche mir natürlich, dass solche Unfälle zukünftig gänzlich vermieden werden können. Sich wegen solcher Unglücke vom Klettersteiggehen und den einzigartigen Bergerlebnissen abzuwenden, wäre in meinen Augen die falsche Reaktion.»
Detailinformationen der Hersteller zu den Rückrufen unter www.baechli-bergsport.ch. TEXT: MORITZ BECHER
EXPERT
Hansi Heckmair
tallplatte der Reibungsbremse. Dadurch erhöhte sich der Fangstoss überdurchschnittlich und die Lastarme wurden über die Massen strapaziert – mit der möglichen Konsequenz eines Abrisses. Der erneute Rückruf stellte Fachhändler und Hersteller vor immense logistische und finanzielle Herausforderungen. Die Aufgabe bei Bächli war klar: Der Bergsportexperte musste seine Kunden zielgerichtet und zeitnah erreichen. «Unser Anspruch war natürlich, die persönlichen Kundenanschreiben unverzüglich in den Briefkästen zu wissen», beschreibt Matthias Schmid die Situation. «Das war bislang einzigartig und hat reibungslos funktioniert», resümiert Kletterexperte Carsten von Birckhahn. «Während des Austauschs der Karabinerarme wurden ganze Produktionsstrassen eingerichtet, um den Umbau schnellstmöglich zu bewerkstelligen». Ein Rückruf ist im Bereich von Bergsport-Sicherheitsprodukten alternativlos. So sieht es auch Andres Lietha: «Der Aufwand ist natürlich enorm hoch und bewegt sich im siebenstelligen Franken-Bereich – im Vergleich zum Schaden, den ein Unfall durch ein mangelhaftes
35 Verschleissteil: Im Zweifel das Klettersteigset vor der Tour in die Vertikale von den BächliExperten überprüfen lassen.
XXXXX
Tüftler mit «trail-credibility» Die Geschichte der Firma Berghaus ist eine von zwei Freunden aus England, die auszogen, die Welt der Outdoor-Produkte zu verbessern – und dafür zu einem
INSPIRATION
Man könnte so seine Witze machen. Dass es kein Zufall ist, dass damals ausgerechnet eine englische Outdoor-Firma als erstes auf das neue Material Gore-Tex setzte. Dass sie mit Gamaschen auf sich aufmerksam machte, die erstmals wirklich trockene Füsse garantierten. England und sein Wetter, man kennt das ja. Wer die schottischen Highlands vor der Haustür hat, der stellt vor allem eine Anforderung ans Material: dass es wasserdicht ist.
42
So einfach lässt sich die Geschichte der Firma Berghaus aber nicht erklären. Denn die Marke geniesst auch bei Alpinisten auf dem europäischen Festland, in Asien und den USA grosse Anerkennung für ihre straighten Schnitte, die gute Verarbeitung, die Reduktion auf das Wesentliche. Einerseits. Andererseits umfasst die Liste der Innovationen, die von der britischen Insel in die Outdoor-Szene ausstrahlten, weit mehr als nur als nur den Gedanken, vom Himmel fallendes Wasser draussen zu halten. Die Geschichte von Berghaus ist eine, die von Leidenschaft geprägt ist. Es ist die Geschichte von zwei Freunden, die aus der Not heraus kreativ wurden – und die es durch Besessenheit und Einfallsreichtum schafften, aus einem Sportladen mit angeschlossener Do-It-Yourself-Werkstatt ein globales Unternehmen zu machen. Alles begann im Jahre 1966. In dem Jahr, in dem die Beatle-Mania mit «Yellow Submarine» ihren Höhepunkt erreichte und England mit dem berühmten Wembley-Tor gegen die deutsche Nationalmannschaft Weltmeister wurde, gründeten Peter Lockey und Gordon Davison in Newcastle einen kleinen Outdoor-Laden. Zu dieser Zeit dominieren überholte Produkte aus Wolle und Baumwolle die Ausrüstungskammern auf der britischen Insel. Lockey und Davison wollen das ändern: In ihrem «LD Mountain Centre» soll man die beste und modernste Outdoor-Ausrüstung bekommen, die auf dem Markt zu finden ist. In der freien Wirtschaft ist aber nicht nur wichtig, was in einem Produkt drin ist, son-
INSPIRATION
kleinen Etikettenschwindel griffen.
43
XXXXX
Tüftler mit «trail-credibility» Die Geschichte der Firma Berghaus ist eine von zwei Freunden aus England, die auszogen, die Welt der Outdoor-Produkte zu verbessern – und dafür zu einem
INSPIRATION
Man könnte so seine Witze machen. Dass es kein Zufall ist, dass damals ausgerechnet eine englische Outdoor-Firma als erstes auf das neue Material Gore-Tex setzte. Dass sie mit Gamaschen auf sich aufmerksam machte, die erstmals wirklich trockene Füsse garantierten. England und sein Wetter, man kennt das ja. Wer die schottischen Highlands vor der Haustür hat, der stellt vor allem eine Anforderung ans Material: dass es wasserdicht ist.
42
So einfach lässt sich die Geschichte der Firma Berghaus aber nicht erklären. Denn die Marke geniesst auch bei Alpinisten auf dem europäischen Festland, in Asien und den USA grosse Anerkennung für ihre straighten Schnitte, die gute Verarbeitung, die Reduktion auf das Wesentliche. Einerseits. Andererseits umfasst die Liste der Innovationen, die von der britischen Insel in die Outdoor-Szene ausstrahlten, weit mehr als nur als nur den Gedanken, vom Himmel fallendes Wasser draussen zu halten. Die Geschichte von Berghaus ist eine, die von Leidenschaft geprägt ist. Es ist die Geschichte von zwei Freunden, die aus der Not heraus kreativ wurden – und die es durch Besessenheit und Einfallsreichtum schafften, aus einem Sportladen mit angeschlossener Do-It-Yourself-Werkstatt ein globales Unternehmen zu machen. Alles begann im Jahre 1966. In dem Jahr, in dem die Beatle-Mania mit «Yellow Submarine» ihren Höhepunkt erreichte und England mit dem berühmten Wembley-Tor gegen die deutsche Nationalmannschaft Weltmeister wurde, gründeten Peter Lockey und Gordon Davison in Newcastle einen kleinen Outdoor-Laden. Zu dieser Zeit dominieren überholte Produkte aus Wolle und Baumwolle die Ausrüstungskammern auf der britischen Insel. Lockey und Davison wollen das ändern: In ihrem «LD Mountain Centre» soll man die beste und modernste Outdoor-Ausrüstung bekommen, die auf dem Markt zu finden ist. In der freien Wirtschaft ist aber nicht nur wichtig, was in einem Produkt drin ist, son-
INSPIRATION
kleinen Etikettenschwindel griffen.
43
Milestones – Berghaus Geschichte
1966
44
liefert so den wohl ultimativen Härtetest für Berghaus-Material. Bevor Peter Lockey und Gordon Davison jedoch Top-Athleten wie die Huber-Buam als Markenbotschafter und Material-Tester engagieren konnten, stand ihnen noch einiges an Entwicklungs-Arbeit bevor. In den siebziger Jahren wenden sich die Firmengründer dem eingangs erwähnten Kernthema der Briten zu und bringen Produkte auf den Markt, die Wanderfreunden und Top-Athleten erlauben, auch bei englischem Wetter ihr Ziel trocken zu erreichen. Die «Yeti»-Gamaschen zum Beispiel erreichen Kultstatus. Einerseits wegen ihrem radikalen Aufbau (die Gamasche umschliesst nicht nur das Bein, sondern gleich den ganzen Schuh). Andererseits sind die Yeti-Gamaschen eine Art Recycling-Produkt – schon lange, bevor die ersten Marken Fleece-Jacken aus alten PET-Flaschen auf den Markt bringen: Weil sich sonst kein geeignetes Material für die unteren Gummi-Teile findet, verwenden Peter und Gordon alte Traktoren-Schläuche. 1977 fertigt Berghaus die ersten Kleidungsstücke aus dem damals in Europa noch kaum bekannten Material Gore-Tex. Bis heute produziert der Membran-Hersteller einige Stoffe exklusiv für Berghaus. Wenig später präsentieren die Tüftler die nächste Revolution: Sie haben darüber nachgedacht, wie man sich am besten anzieht. Ergebnis: das «Gemini»-System, eine Überjacke, die das Was-
1972 Berghaus bringt mit dem Cyclops den ersten Rucksack mit Innenrahmen auf den Markt.
1977 Die ersten Bekleidungsstücke aus Gore-Tex Material setzen neue Massstäbe in puncto Komfort bei nasser Witterung.
1979 Die Yeti Gamaschen von Berghaus kommen auf den Markt – eine der bedeutendsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Outdoor-Kleidung.
1980 Berghaus rüstet Expeditionen in aller Welt aus.
1986 Die Kollektion «Extrem» feiert Premiere – die Trango Jacke für extremste Abenteuer wird schlagartig zum Klassiker.
1990 Berghaus präsentiert zusammen mit Gore das Gore-Tex Dry Socks Schuhfutter.
1999 Wasserdicht, atmungsaktiv und superleicht – Berghaus startet die erste Gore-Tex Paclite Kollektion.
2005 Erneut sorgt Berghaus mit einer Rucksack-Konstruktion für Furore: Das Bioflex Rückensystem passt sich an die natürlichen Bewegungen des Körpers an.
XXXXX
INSPIRATION
INSPIRATION
dern auch das, was drauf steht. Ein Jahr nach der Gründung benennen Lockey und Davison ihre Firma deshalb in «Berghaus» um, der deutsche Begriff für von «Mountain Centre», wie sie glauben. Bei Gangster-Rappern nennt man die Bemühung um Glaubwürdigkeit beim Publikum auf der Strasse «street credibilty», Lockey und Davison hatten vielleicht Ähnliches im Sinn: Durch den mehr alpenländisch klingenden Namen wollen sie eine höhere «trail credibilty» erreichen – mehr Glaubwürdigkeit auf den Wanderwegen und Steigen. Weil auf dem europäischen Markt aber nicht all die Ausrüstungsgegenstände zu finden sind, von denen die beiden passionierten Bergsteiger träumen, beginnen sie im Hinterstübchen ihres Ladens zu experimentieren. Das extraleichte Zelt, das 1970 als erstes Berghaus-Produkt über die Ladentheke geht, wird gelobt, findet aber noch nicht die ganz breite Beachtung. Das ändert sich zwei Jahre später: Der «rucksack» Cyclop stellt eine echte Innovation dar: Während alle anderen Rucksäcke bis dahin mit einem unbequemen Rahmen ausserhalb des Tragesacks konstruiert waren, ist das Tragegestell nun erstmals in den Rucksack integriert. Mit einem Schlag ist die Marke in der Szene bekannt – und weil sie Bergsteigern die verhasste Last des Tragens ein wenig leichter macht, auch ziemlich beliebt. Der Cyclop wird schnell zu einem Klassiker. Durch zahlreiche Verbesserungen verfeinert, hält sich das Cyclop III-Tragesystem noch bis heute in der Produktlinie. Eine moderne Legende des Bergsports stärkt 2001 den Mythos der Legenden aus den Berghaus-Anfangstagen: Der Extremkletterer Alexander Huber, die eine Hälfte der berühmten «Huber-Buam», merkt beim Anstieg auf dem 6543 hohen Shivling, dass er die letzten Meter mit seinem schweren Gepäck nicht mehr schaffen kann. Als er seinen Berghaus-Expeditions-Rucksack abnimmt und den Berg hinunterwirft, rechnet er eigentlich nicht damit, seine Ausrüstung je wieder zu sehen. Beim Abstieg schließlich findet er den Rucksack – 1500 Meter tiefer und nur leicht lädiert, auf dem Parbat-Gletscher. Er ist immer noch zu gebrauchen. Huber beendet die Expedition mit ihm und
Die Kletterer und Bergsteiger Peter Lockey und Gordon Davison gründen ihren eigenen Outdoor-Shop: LD Mountain Centre. Bald beginnen sie, eigene Ausrüstung zu entwerfen.
45 XXXXX
Milestones – Berghaus Geschichte
1966
44
liefert so den wohl ultimativen Härtetest für Berghaus-Material. Bevor Peter Lockey und Gordon Davison jedoch Top-Athleten wie die Huber-Buam als Markenbotschafter und Material-Tester engagieren konnten, stand ihnen noch einiges an Entwicklungs-Arbeit bevor. In den siebziger Jahren wenden sich die Firmengründer dem eingangs erwähnten Kernthema der Briten zu und bringen Produkte auf den Markt, die Wanderfreunden und Top-Athleten erlauben, auch bei englischem Wetter ihr Ziel trocken zu erreichen. Die «Yeti»-Gamaschen zum Beispiel erreichen Kultstatus. Einerseits wegen ihrem radikalen Aufbau (die Gamasche umschliesst nicht nur das Bein, sondern gleich den ganzen Schuh). Andererseits sind die Yeti-Gamaschen eine Art Recycling-Produkt – schon lange, bevor die ersten Marken Fleece-Jacken aus alten PET-Flaschen auf den Markt bringen: Weil sich sonst kein geeignetes Material für die unteren Gummi-Teile findet, verwenden Peter und Gordon alte Traktoren-Schläuche. 1977 fertigt Berghaus die ersten Kleidungsstücke aus dem damals in Europa noch kaum bekannten Material Gore-Tex. Bis heute produziert der Membran-Hersteller einige Stoffe exklusiv für Berghaus. Wenig später präsentieren die Tüftler die nächste Revolution: Sie haben darüber nachgedacht, wie man sich am besten anzieht. Ergebnis: das «Gemini»-System, eine Überjacke, die das Was-
1972 Berghaus bringt mit dem Cyclops den ersten Rucksack mit Innenrahmen auf den Markt.
1977 Die ersten Bekleidungsstücke aus Gore-Tex Material setzen neue Massstäbe in puncto Komfort bei nasser Witterung.
1979 Die Yeti Gamaschen von Berghaus kommen auf den Markt – eine der bedeutendsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Outdoor-Kleidung.
1980 Berghaus rüstet Expeditionen in aller Welt aus.
1986 Die Kollektion «Extrem» feiert Premiere – die Trango Jacke für extremste Abenteuer wird schlagartig zum Klassiker.
1990 Berghaus präsentiert zusammen mit Gore das Gore-Tex Dry Socks Schuhfutter.
1999 Wasserdicht, atmungsaktiv und superleicht – Berghaus startet die erste Gore-Tex Paclite Kollektion.
2005 Erneut sorgt Berghaus mit einer Rucksack-Konstruktion für Furore: Das Bioflex Rückensystem passt sich an die natürlichen Bewegungen des Körpers an.
XXXXX
INSPIRATION
INSPIRATION
dern auch das, was drauf steht. Ein Jahr nach der Gründung benennen Lockey und Davison ihre Firma deshalb in «Berghaus» um, der deutsche Begriff für von «Mountain Centre», wie sie glauben. Bei Gangster-Rappern nennt man die Bemühung um Glaubwürdigkeit beim Publikum auf der Strasse «street credibilty», Lockey und Davison hatten vielleicht Ähnliches im Sinn: Durch den mehr alpenländisch klingenden Namen wollen sie eine höhere «trail credibilty» erreichen – mehr Glaubwürdigkeit auf den Wanderwegen und Steigen. Weil auf dem europäischen Markt aber nicht all die Ausrüstungsgegenstände zu finden sind, von denen die beiden passionierten Bergsteiger träumen, beginnen sie im Hinterstübchen ihres Ladens zu experimentieren. Das extraleichte Zelt, das 1970 als erstes Berghaus-Produkt über die Ladentheke geht, wird gelobt, findet aber noch nicht die ganz breite Beachtung. Das ändert sich zwei Jahre später: Der «rucksack» Cyclop stellt eine echte Innovation dar: Während alle anderen Rucksäcke bis dahin mit einem unbequemen Rahmen ausserhalb des Tragesacks konstruiert waren, ist das Tragegestell nun erstmals in den Rucksack integriert. Mit einem Schlag ist die Marke in der Szene bekannt – und weil sie Bergsteigern die verhasste Last des Tragens ein wenig leichter macht, auch ziemlich beliebt. Der Cyclop wird schnell zu einem Klassiker. Durch zahlreiche Verbesserungen verfeinert, hält sich das Cyclop III-Tragesystem noch bis heute in der Produktlinie. Eine moderne Legende des Bergsports stärkt 2001 den Mythos der Legenden aus den Berghaus-Anfangstagen: Der Extremkletterer Alexander Huber, die eine Hälfte der berühmten «Huber-Buam», merkt beim Anstieg auf dem 6543 hohen Shivling, dass er die letzten Meter mit seinem schweren Gepäck nicht mehr schaffen kann. Als er seinen Berghaus-Expeditions-Rucksack abnimmt und den Berg hinunterwirft, rechnet er eigentlich nicht damit, seine Ausrüstung je wieder zu sehen. Beim Abstieg schließlich findet er den Rucksack – 1500 Meter tiefer und nur leicht lädiert, auf dem Parbat-Gletscher. Er ist immer noch zu gebrauchen. Huber beendet die Expedition mit ihm und
Die Kletterer und Bergsteiger Peter Lockey und Gordon Davison gründen ihren eigenen Outdoor-Shop: LD Mountain Centre. Bald beginnen sie, eigene Ausrüstung zu entwerfen.
45 XXXXX
46
ser abhalten soll und in die sich mit einem Reissverschluss ein Fleece integrieren lässt. Lockey und Davison erkennen schon früh, dass eine Zusammenarbeit mit grossen Alpinisten von Vorteil ist – um das eigene Material testen zu können und um Markenbotschafter zu aussenden zu können. Anfang der Achtziger Jahre treten sie deshalb an Sir Chris Bonnington heran, den damals berühmtesten Bergsteiger des Königreichs. Bonnington hat noch eine Anfrage einer anderen Firma und überlegt lange, welcher er das Ja-Wort geben soll. «Ich hatte zuvor nie Berghaus-Produkte benutzt, aber ich mochte die Art, mit der die beiden Gründer Innovationen angingen», erklärt Bonnington später seine Entscheidung. «Deshalb dachte ich, dass Berghaus die grössere Zukunft haben wird.» Aus dieser Vernunftsehe wird eine lange Beziehung, die bis heute andauert und weit über das Geschäftliche hinausgeht. Bonnington besteigt 1985 mit 50 Jahren den Mount Everest in Berghaus-Bekleidung, berät bis heute die Firma und testet, inzwischen fast 80-jährig, immer noch ihre Produkte auf der ganzen Welt. Längst ist er nicht mehr der einzige Athlet im Team: Alan Hinkes bestieg mit Berghaus-Ausrüstung als erster Brite alle 14 Achttausender, später trugen die wilden Huber-Buam das
blau-rote Logo auf der Brust, als sie die erste Route durch den El Capitan im Yosemite legten. Heute ist der Extremkletterer Leo Houlding der bekannteste unter den 15 Top-Alpinisten, die die Marke durch ihre Expeditionen, aber auch durch ihre Tipps zu neuen Gipfeln tragen sollen. Ihre Erfahrungen fliessen direkt in die Arbeit des 2009 gegründeten MtnHaus-Teams ein, die Designer- und Entwicklungsabteilung bei Berghaus. Als nach einer Expedition beispielsweise der Wunsch im Raum steht, dass alle Reissverschlüsse mit nur einer Hand bedienbar sein sollten, wird probiert, bis eine Lösung gefunden ist. Von solchen Innovationen profitieren auch die Kunden, die weniger extrem am Berg unterwegs sind. Berghaus wird für seine Erfindungen regelmässig ausgezeichnet, sei es von der britischen Queen, sei es jüngst von der Fach-Jury der Sportmesse ISPO für das neuartige Bioflex-Rucksack-Tragesystem. Peter Lockey und Gordon Davison haben sich inzwischen aus der Firma zurückgezogen. Sie wollen nicht mehr nur Produkte entwerfen, sondern sie auch selbst wieder mehr am Berg tragen. Berghaus gehört heute zur britischen Pentland Group, die unter anderem auch die Bademode-Marke Speedo betreibt. Auf den ersten Blick mag das nicht zusammenpassen, auf den zweiten schon: Auch Badehosen trägt man, wenn es nass wird.
Anzeige
INSPIRATION
INSPIRATION
XXXXXXXXXX
Text: Moritz Baumstieger Fotos: Berghaus
47
«Bei Bächli finde ich auch etwas, wenn ich nichts suche.» Trotz eines Lawinenunglücks bleiben Anwältin Annette Zimmerli aus Oerlikon ZH vor allem die schönen Erinnerungen an Natur und Berge in Erinnerung. Zu Beginn jeder
Bergkamerad
Saison freut sie sich aufs Einkaufen bei Bächli Bergsport.
48
«Als ich vor sieben Jahren in ein Schneebrett geriet, hatte ich riesiges Glück! Es war am Grossen St. Bernhard, bei mässiger Lawinengefahr, auf einer frei gegebenen Variantenabfahrt in Richtung Aosta. Ich wollte noch aus dem Hang fahren, da verlor ich einen Ski und hatte gegen die gewaltige Kraft der Schneemassen keine Chance. Ich trug schwere Verletzungen davon, das linke Knie war kaputt, Rippen gebrochen, ein Oberschenkel zersplittert. Aber über meinem Gesicht lag nur eine dünne Schneeschicht. Zudem hatte ich ein Verschüttetensuchgerät bei mir und wurde schnell gefunden. Natürlich war das ein prägendes Erlebnis. Aber ich habe kein Trauma davongetragen. Für mich überwiegen die schönen Erinnerungen an Erlebnisse in der Natur, in den Bergen. Zum Beispiel an die Überschreitung am 4500 Meter hohen Weisshorn im Wallis: landschaftlich überwältigend. Oder an die Besteigung des 6500 Meter hohen Illimani in Bolivien. Das macht mich stolz. Es ist einfach ein sehr befriedigendes Gefühl, wenn man auf eine gute sportliche Leistung zurückblicken kann. Zudem ist das Bewegen in der Natur für mich ein enorm wichtiger Ausgleich zu meinem Büro-Job. Dabei hielt ich am Anfang nicht sonderlich viel vom Klettern und Wandern in den Bergen. Wie fast alle Teenager gingen ich und meine Schwester nur widerwillig mit unseren Eltern auf Hochtouren. Dann aber packte mich das Langlauf-Virus. Ich bestritt viele
Volksläufe, auch Patrouillen-Wettkämpfe. Danach kam meine Hoch- und Skitourenphase. Jetzt, mit 57 Jahren, klettere ich vor allem. Nichts Wildes, im ‹Plaisir-Bereich›. In die Halle gehe ich wöchentlich, in die Berge jedes zweite Wochenende, wenn das Wetter passt. Ohne meinen Partner – der steht lieber auf dem Golfplatz. Bevor die Saison beginnt, mache ich immer einen Besuch in der Bächli-Bergsport-Filiale in Oerlikon. Dort finde ich immer etwas, auch wenn ich eigentlich gar nichts suche. Sie haben eine Super-Auswahl, gute Beratung, qualitativ hochwertige Produkte, auch ästhetisch-schöne Sachen. Ich werde sicher noch oft dorthin gehen.» Text: Peter Bader Foto: zVg
Impressum «Inspiration», die Kundenzeitschrift der Bächli Bergsport AG erscheint 4 x jährlich und ist in allen Filialen kostenlos erhältlich.
Redaktion & Layout outkomm gmbh Fleubenstrasse 6, 9450 Altstätten Telefon 071 755 66 55 E-Mail info@outkomm.com
Herausgeber Bächli Bergsport AG Gewerbestrasse 12, 8606 Nänikon Telefon 0848 448 448 (8 Rp./Min.) E-Mail info@baechli-bergsport.ch
Druck Bruhin AG Pfarrmatte 6, 8807 Freienbach Telefon 055 415 34 34 E-Mail info@bruhin-druck.ch
Copyright Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen und multimedialen Systemen.