6 minute read
Zehn Jahre Junge Alpinisten
from Bergauf #4.2024
Gemeinsame alpine Abenteuer, prägende Erlebnisse und ein Lernen auf Augenhöhe – darum geht’s beim Junge-Alpinisten-Programm.von Joanna Kornacki
Man lernt sich schnell kennen, wächst als Team zusammen und oft entstehen Freundschaften.
Mit der Intention, den Nachwuchsalpinismus zu fördern, hat die Alpenvereinsjugend Österreich im Jahr 2014 das Ausbildungsprogramm „Junge Alpinisten“ ins Leben gerufen. Die Kernidee der Initiative: jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich in allen alpinen Disziplinen auszubilden und weiterzuentwickeln, um eigenständig in die Berge zu gehen. Rein um die „hard skills“ sollte es nie gehen – wesentliche Aspekte des Konzepts sind: Risikobewusstsein, Eigenverantwortung und das Lernen auf Augenhöhe.
Egal, ob beim Junge Alpinisten TEAM oder bei den YOUNGSTERS-Kursen, es geht darum, das Risiko beim Bergsteigen, Klettern oder auf Skihochtouren einzuschätzen und sich mit dem eigenen Risikobewusstsein auseinanderzusetzen. Das Lernen und Lehren erfolgt auf Augenhöhe – die jungen Alpinist*innen sollen viel Eigenständigkeit erfahren, lernen, Entscheidungen zu treffen und nicht zuletzt Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Mentor*innen und Kursleiter*innen begleiten sie auf diesem Weg.
Was passiert unterwegs sonst noch? Gemeinsame Abenteuer mit Gleichgesinnten, geteilte Freude und geteiltes Leid, Rückzugsentscheidung genauso wie Gipfelglück und nicht zuletzt, wie es ist, als Gruppe draußen in den Bergen unterwegs zu sein. Dass sich bei den JAPs* auch Persönlichkeiten entwickeln, Leidenschaften entfacht werden, Erinnerungen und vor allem Freundschaften entstehen, ist vielleicht der schönste Aspekt des Programms.
Wie ist es eigentlich, Teil des Junge-Alpinisten-Programms zu sein?
Victoria Vojtech, Teilnehmerin Junge Alpinisten TEAM 3.0
„Den einen schönsten Moment auszuwählen ist circa so leicht wie die beste Avocado auf den Straßenmärkten in Huaraz zu finden. War es die erste gut versenkte Affenfaust in Tschechien nach mehreren wackeligen Knotenschlingen?
War es das Erfolgserlebnis, wenn die Eisgeräte endlich das tun, was man gerne hätte – auch jenes in der linken Hand?
Die Erleichterung nach dem ersten erfolgreichen Austesten der Haltekräfte der Friends in Cadarese? Der Ausblick auf die beeindruckende Landschaft der Cordillera Blanca, als wir nach einem ewig langsamen Hatscher doch irgendwann den Gipfel erreichten? Oder doch eher die letzten Meter auf den besten Wasserrillen, die der Kalk je gesehen hat, und die wir als allererste hochspazieren durften?
Ich glaube nicht … die schönsten Momente findet man eher an einem langen Abend nach einem ausgiebigen Tourentag, beim Zusammensitzen, Quatschen, Gitarre- oder Kartenspielen, wo jeder einen kleinen Beitrag zum kollektiven Blödsinn leistet und sich der eine oder die andere am Ende kaum noch einkriegt vor Lachen. Oder sie warten direkt vorm AV-Haus in Innsbruck, dem Treffpunkt für jegliche JAP-Unternehmungen, wenn eine nach dem anderen eintrudelt mit großem Gepäck und einem breiten Grinser im Gesicht, hinter dem sich die Freude des Wiedersehens verbirgt – und die Vorfreude darauf, gleich gemeinsam ins nächste Abenteuer aufzubrechen!
Eva Schider, Kursleiterin; Junge Alpinisten YOUNGSTERS
„Mein Blick auf die letzten zehn Jahre –was? So lange ist das schon her, als wir, Heli (Düringer) und ich, gestartet haben? Wahnsinn! :-) Schön war’s, ich habe viel erlebt und gelernt, durfte viele Jugendliche begleiten und habe mir eigentlich immer gedacht: Schade, dass es das bei mir noch nicht gab. Ob das Konzept aufgegangen ist, das müssten wir wohl die Teilnehmer*innen fragen. Denn darum geht’s ja und gerade das finde ich so lässig an der Idee und der Umsetzung dieses Programms – dass es zwar schon um Inhalte und die Vermittlung von Wissen geht, aber eben in einer Form, in der die Jugendlichen das aufnehmen können, was sie umsetzen können und wollen, und auch nur das, was sie brauchen. Nachdem einige Teilnehmer*innen immer wieder dabei waren und viele auch im TEAM weitergemacht haben, gehe ich aber mal selbstbewusst davon aus, dass es aufgegangen ist! :-)
Much Mayr, Mentor Junge Alpinisten TEAM
Gemeinsam für zwei Jahre immer wieder am Berg unterwegs zu sein, voneinander zu lernen und Risikobewusstsein zu entwickeln und zu schärfen, bleibt (für mich auch nach zehn Jahren) spannend. Man lernt sich schnell kennen, wächst als Team zusammen und oft entstehen Freundschaften.
Sich in der Rolle als Mentor zurückzunehmen, einfach dabei zu sein und auf Augenhöhe im alpinen Gelände zu begleiten, kann schon auch herausfordernd sein. Dazu gehört es, Gruppenprozesse und den Einfluss sozialer Medien auf den eigenen Anspruch und die Erwartungshaltung bewusster wahrzunehmen und zu hinterfragen. Mitunter entsteht auch unbewusst die trügerische Annahme, dass eh nichts passiert, weil ja wir dabei sind oder weil man in einer Gruppe unterwegs ist. Ganz oben auf der Liste steht also, die Selbst- und die Risikoeinschätzung abzugleichen und zu entwickeln. Ein Prozess, der nie aufhört.
Magda Hofinger, Teilnehmerin; Junge Alpinisten TEAM 2.0 und jetzt YOUNGSTERS-Kursleiterin
Die Zeit im Junge Alpinisten TEAM hat vor allem meine Leidenschaft für den Alpinsport geweckt und mich dazu motiviert, meine Ambitionen am Fels und in den Bergen zu verfolgen. Im Endeffekt war das Resultat davon die Ausbildung zur Bergführerin.
Im Nachhinein kann ich diesen „behüteten“ Lernprozess sehr schätzen. Ich bin überzeugt, dass ich unter anderem durch die Zeit im TEAM eine gesunde Selbsteinschätzung entwickelt habe, sodass ich bis jetzt immer ohne größere Zwischenfälle nach Hause gekommen bin. Insofern bin ich froh, nun als Kursleiterin Teil des YOUNGSTERS-Programms zu sein, da ich persönlich sehr von dem Konzept überzeugt bin. Vielleicht trage ich meinen Teil dazu bei, in dem einen oder der anderen ebenfalls eine Leidenschaft fürs Leben zu entfachen.
Autorin: Joanna Kornacki ist in der Alpenvereinsjugend für die Projektleitung des Junge Alpinisten-Programms zuständig.
Info
Die drei Säulen des Junge-AlpinistenProgramms
Das Junge Alpinisten TEAM gibt acht ausgewählten jungen Bergsteiger*innen die Chance, zwei Jahre lang als Team unterwegs zu sein, den Alpinismus auf hohem Niveau auszuüben und sich dabei in ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Beim Junge Alpinisten TEAM steht Leistung nicht im Vordergrund, vielmehr geht es darum, mit- und voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu motivieren sowie die Balance zu finden zwischen eigenen Zielen und dem, was es bedeutet, Teil eines Teams zu sein, das über eine Zeitspanne von zwei Jahren gemeinsam in den Bergen unterwegs ist.
Die Junge Alpinisten YOUNGSTERS-Kurse richten sich an junge Bergsteiger*innen zwischen 14 und 20 Jahren, die ihr alpinistisches Können beim Alpinklettern, Eisklettern, auf Hochtouren, Skitouren oder Skihochtouren verbessern, dabei Abenteuer erleben und neue (Berg)freunde finden wollen!
Mit der Junge Alpinisten FÖRDERUNG unterstützt die Alpenvereinsjugend Österreich finanziell junge Mitglieder bis 30 Jahre bei ihren privat geplanten alpinen Abenteuern.
Weitere Informationen zum Projekt Junge Alpinisten findet ihr unter: jungealpinisten.at
Über die gemeinsamen Abenteuer berichten das TEAM und die YOUNGSTERS auf: alpenvereinsjugend.blog/ tag/junge-alpinisten und auf Instagram @junge_alpinisten
Junge Alpinisten TEAM wird unterstützt von SALEWA, La Sportiva, EDELRID und Knox Versicherungsmanagement.
Junge Alpinisten YOUNGSTERS wird unterstützt von AustriAlpin.