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Mountainbiken auf Shared Trails
from Bergauf #4.2024
Mountainbiken ist als Kernsportart fest im Österreichischen Alpenverein verwurzelt. Der Begriff des „Shared Trails“ wird verwendet, wenn ein Wanderweg zu Fuß und mit dem Mountainbike genutzt wird. Miteinander statt gegeneinander ist das verbindende Motto.
von René Sendlhofer-Schag
Gemeinsam wurde in den letzten Jahren vieles für den Mountainbikesport umgesetzt. Mit der Initiative SicherAmBerg, den dazugehörigen Kursen in der Alpenverein-Akademie und zahlreichen Lehrvideos leistet der Alpenverein einen wertvollen Beitrag zur sicheren und naturverträglichen Ausübung des Sports. Mit den zehn Empfehlungen, grafisch am Cardfolder Mountainbike dargestellt, gibt es ein klares Regelwerk für ein Miteinander am Berg. Und die Trailbell, vorgestellt in der letzten Ausgabe des Bergauf-Magazins, kündigt Biker*innen sanft und frühzeitig an –sie kommt bei Mountainbiker*innen und Wandernden gut an.
Eine Frage der Infrastruktur
Um all diese Themen nun auch auf „legalen“ Boden zu bringen, fehlt es in Österreich allerdings noch an Infrastruktur. Es gibt außerhalb der Bikeparks zu wenig freigegebene Mountainbikerouten und Trails. Speziell letztere – ob für Mountainbiker*innen gebaut oder als Shared Trail – sind Mangelware und in keinem Bundesland kommt man hinsichtlich der verfügbaren Kilometer über eine zweistellige Zahl hinaus.
Im Alpenverein sind wir überzeugt, dass wir mit zeitgemäßen und attraktiven Strecken lenken und somit Konflikte minimieren können. Doch nur mit dem Neubau von Trails kann dies nicht erreicht werden. Der Eingriff in die Natur wäre für die erforderliche Menge an Wegen zu groß, vor allem im alpinen Raum. Auch die Landschaft würde weiter zerschnitten, mit all ihren Folgen für Flora und Fauna.
Kevin Suhr von Fairtrail Graubünden sagt: „Es wäre auch gar nicht möglich, doppelt so viel Infrastruktur zu pflegen bzw. zu betreiben.“ Die Schweizer Verbände, unter anderem der Schweizer Alpenclub, Swiss Cycling, Schweizer Wanderwege, aber auch Pro Natura, setzen ganz klar auf Koexistenz anstelle von Entflechtung und zeigen seit vielen Jahren, dass dieses Konzept funktioniert.
Shared Trails, Wurscht oder Wahnsinn?
Im Positionspapier Mountainbike spricht sich auch der Österreichische Alpenverein klar für die einzelne Freigabe von Wanderwegen zur gemeinsamen Nutzung aus. Dort, wo es möglich ist, sollen sich Wandernde, Bergläufer*innen und Mountainbiker*innen die Wege teilen. Eine generelle Freigabe von Wanderwegen und Forststraßen lehnt der Alpenverein allerdings nach wie vor ab.
Die Diskussion ums Mountainbiken in Österreich ist so alt wie die Entwicklung des Sports selbst. Der Weg zur Koexistenz immer noch lang und steinig. Neben der Einhaltung der zehn Verhaltensempfehlungen für Biker*innen ist es erforderlich, dass das Mountainbiken in den Köpfen aller Bergsportler*innen ankommt und man auch gewillt ist, diese gemeinsame Nutzung zu leben. Das Rad wird hier in Österreich nicht neu erfunden – mit Rücksicht und Toleranz sind wir überzeugt, dass Shared Trails auch in unseren Bergen möglich sind und das Miteinander Schritt für Schritt verbessern.
Doch wie kommt man zur Freigabe eines Alpenvereinsweges? Neben der Zustimmung der Grundeigentümer*innen und Wegehalter*innen müssen weitere Kriterien erfüllt sein. Der Alpenverein hat einen Leitfaden zur Freigabe von Wegen erstellt. Darin werden die Voraussetzungen definiert, die es braucht, das Trailnetzwerk nachhaltig zu erweitern. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen sind es vor allem organisatorische Themen, aber auch der Aufwand hinsichtlich Wartung sowie soziale Faktoren werden berücksichtigt. Wichtig dabei ist, dass der Charakter eines Wanderweges stets erhalten bleibt und die Zusammenarbeit mit den Lebensraumpartnern vor Ort nicht beeinträchtigt wird.
Einige Punkte des Leitfadens:
Wer übernimmt die Wartung, entstehen dadurch erhöhte Kosten?
Sind alle Lebensraumpartner einverstanden? Wer ist Wegehalter?
Wie ist die Nutzerfrequenz? Macht es Sinn, hier mit dem MTB unterwegs zu sein?
Gibt es Passagen, die baulich adaptiert werden müssen? Hält sich der Aufwand in Grenzen?
Wie schwierig ist der Trail? Wir empfehlen, die ersten Shared Trails für eine möglichst breite Nutzergruppe freizugeben.
Kann der Trail in das umliegende MTB-Netz bzw. auch in den ÖPNV eingebunden werden?
Ist der Weg für Mountainbiker*innen auch attraktiv und führt er zu attraktiven Zielen wie Hütten, Almen, Gipfeln etc.?
Autor: René Sendlhofer-Schag ist in der Abteilung Bergsport im Österreichischen Alpenverein für den Bereich Mountainbike zuständig.
Info: Alles klar, was nun?
Der Österreichische Alpenverein unterstützt die Sektionen zum Thema Mountainbike in allen Belangen. Wenn es Konflikte in den Arbeitsgebieten gibt oder man die Freigabe von Trails proaktiv anpacken möchte, so empfehlen wir die Kontaktaufnahme mit unserem Koordinator unter mountainbike@alpenverein.at Unter dieser Adresse bekommt ihr auch den Leitfaden zur Freigabe von Shared Trails.
Es gibt Erfahrungswerte und Empfehlungen in allen Bereichen, auf die man aufbauen kann. Mit dem notwendigen „RespektAmBerg“ können wir gemeinsam das Erlebnis Berg für alle konfliktfrei ermöglichen.