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Alpinwanderrouten im Val Forno
Neue Alpinwanderrouten in Graubünden
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In der Umgebung der Fornohütte des Schweizer Alpenclubs (SAC) sind zwischen 2015 und 2018 gleich mehrere neue Alpinwanderrouten entstanden. Sie richten sich an erfahrene, trittsichere Wanderer, welche die Ruhe abseits der großen Touristenströme suchen.
Die Fornohütte liegt im Kanton Graubünden, am Schnittpunkt von Engadin und Bergell, und nur einen Kilometer von der italienischen Grenze entfernt. Auf einer Höhe von 2.574 Metern gelegen, bietet sie einen prächtigen Ausblick auf den Fornogletscher. Während früher vor allem Alpinisten die Hütte frequentierten, sind es heute meistens Wanderer, die im Sommer den vier- bis fünfstündigen Weg ab Maloja unter die Füße nehmen. Denn die Gletscherberge zuhinterst im Val Forno sind zwar beliebte Skitourenziele, werden nach der Schneeschmelze im Frühsommer aber kaum noch besucht. Grund dafür ist der allmähliche Rückgang des Eises, der die Zugänglichkeit einiger Gipfel immer stärker eingeschränkt hat. Um dem Gästeschwund entgegenzuwirken, hat der Hüttenwart Beat Kühnis in Zusammenarbeit mit dem SAC, der örtlichen Gemeinde und Nachbarhütten neue Möglichkeiten für Alpinwanderer geschaffen: So wurden im nicht vergletscherten Bereich des Val Forno Wege auf Dreitausender angelegt und Übergänge in andere Täler ausgebessert. Das entstandene kleine Wanderwegnetz ist wild, hochalpin und noch verhältnismäßig unbekannt.
Monte del Forno (3.213 m) Die Route von der Fornohütte auf den Monte del Forno ist seit 2015 markiert. Man steigt auf die Sella del Forno und von dort, parallel zum Südgrat, zum steilen und felsigen Gipfelaufbau hinauf. Die Passage durch die Gipfelwand bildet die Schlüsselstelle der
Die Fornohütte – im Hintergrund der Fornogletscher, zweitgrößter Gletscher Graubündens
Fotos: Beat Kühnis
Tour, ist aber durch Stahlketten und Eisenbügel entschärft. Beim Kreuz auf dem geräumigen Gipfel genießt man ein gigantisches Panorama.
Monte Rosso (3.087 m) Diese Route wurde im Jahr 2017 erstellt. Mithilfe von Eisenbügeln und 400 Meter Stahlketten durchsteigt man auf Gras- und Felsbändern diagonal die exponierte Westflanke des Monte Rosso (spektakuläre Tiefblicke hinunter zum Fornogletscher), bis man nach 90 Minuten eine begrünte Schulter mit monumentaler Aussicht zur Nordwand der Cima di Rosso erreicht. Von hier aus leiten die Markierungen zur Südwestflanke des Gipfels hoch, den man nach kurzer Kraxelei erreicht.
Passo Vazzeda (2.966 m) und Cima di Val Bona (3.032 m) Die Cima di Val Bona erhebt sich unmittelbar nördlich des Passo Vazzeda, und es bedarf nur eines 20- bis 30-minütigen Abstechers von der Passroute, um den Gipfel zu ersteigen. Der Wegverlauf zwischen der Fornohütte und dem Passo Vazzeda ist während der ersten 90 Minuten derselbe wie zum Monte Rosso. Nach der Abzweigung führen die Markierungen den Wanderer ins einsame, paradiesische Hochtal zu Füßen von Cima di Vazzeda und Cima di Rosso. Von diesem aus erreicht man die Passhöhe über Geröll und Gletscherschliffplatten. Nebst der Schweizer Seite des Passes wurde im Jahr 2017 auch die italienische Seite markiert – wer Lust hat, kann in einer guten Stunde zur CAI-Hütte Del Grande e Camerini absteigen.
Pass da Casnil Sud (2.940 m) Gepickelt, gebohrt und gemalt wurde 2017 auch am Pass da Casnil Sud. Zwar ist der Übergang zwischen der Fornound der Albignahütte des SAC schon seit Längerem markiert, doch früher führte die Route direkt über den Fornogletscher und dessen linke Moräne. Weil diese aber immer steiler und instabiler wurde, musste der Weg zu zwei Dritteln neu angelegt werden. Unterdessen umgehen die Markierungen sowohl den Gletscher als auch die Moräne. Dadurch ist die Route zwar ein klein wenig länger, aber auch weniger geröllig, deutlich aussichtsreicher und vor allem weitestgehend steinschlagsicher geworden. Hat man nach vier Stunden Gehzeit die Passhöhe erreicht, sind es nochmals weitere 90 Minuten bis zur Albignahütte.
Sella del Forno (2.769 m) | Sentiero Bernina Sud Auch an der Sella del Forno wurde ein bestehender Weg teilweise neu ange legt: Seit 2018 ist der Routenverlauf auf der italienischen Seite des Passes bes ser dem Gelände angepasst. Statt durch mühsamen Schutt führt der Weg nun über Wiesen und Felsplatten. Der Übergang ist Teil des Sentiero Bernina Sud, einer viertägigen, nur mäßig an spruchsvollen Wanderung entlang der Südhänge des Bernina-Massivs, die das Val Forno mit dem Valmalenco und dem Val Poschiavo verbindet. Die erste Etappe ist der Aufstieg zur Fornohütte. Die zweite führt in 5,5 Stunden über
Im Aufstieg zur Cima di Val Bona. Blick in Richtung Cima di Vazzeda und Cima di Rosso
Die Longoni-Hütte – durch den Sentiero Bernina Sud mit der Fornohütte verbunden
die Sella del Forno zur CAI-Hütte Longoni und bietet eine beeindruckende Aussicht zum Monte Disgrazia. Die drit te Etappe ist geprägt von einzigartigen Ausblicken auf die Gipfel und Glet scher der Berninagruppe – die Forcella d’Entova überschreitend gelangt man zur CAI-Hütte Zoia (Gehzeit 6 Stunden). Die vierte und längste Etappe (Gehzeit ebenfalls 6 Stunden) führt über den
Passo di Campagneda wieder zurück in die Schweiz – durch Tannenwälder ab steigend, erreicht man das schmucke Dorf Poschiavo, wo sich eine Haltestel le der Rhätischen Bahn mit guten Verbindungen nach St. Moritz und Tirano befindet. Während Beat Kühnis den Weg über die Sella del Forno besser angelegt hat, hat der Hüttenwart der Longoni-Hütte, Elia Negrini, die zweite Etappe besser ausgeschildert. Grenzüberschreitende nachbarschaftliche Zusammenarbeit – das sei doch forno menal, findet Beat Kühnis. Remo Signer
Auf dem Sentiero Bernina Sud zwischen der Forno- und der Longoni-Hütte. Blick Richtung Sella del Forno und Monte del Forno