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Gut geführt

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Bergsteigertipp

Bergsteigertipp

Über Vorbilder, Selbsterfahrung und Fremdorientierung

Fotos: Kurt Walde

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Es gibt Menschen, die das Leben eines jungen Menschen prägen. Für mich waren es Bergführer, die ich bei vielen AVS-Ausbildungskursen kennenlernen durfte. Ihre Vorbildwirkung war nicht selten ausschlaggebend für bestimmte Entscheidungen in meinem Leben und das Ziel, nicht ein exzellenter, sondern ein alter Bergsteiger zu werden.

Getrieben vom Drang nach Freiheit hatte ich in jungen Jahren das Glück, das Abenteuer in den Bergen kennenzulernen. Die Berglandschaften waren für mich – und sind es heute noch – ein Ort, in denen mein Geist bebt, meine Neugier und Fantasie das Grenzenlose sucht. Nie waren es Komfortzonen, in denen die „Seele baumelt“, sondern eine Wildnis, die meine Sinne fordert, sodass ich mich selbst dabei spüre. Nach der Lektüre der Bücher von Reinhard Karl (Erlebnis Berg. Zeit zum Atmen) und Reinhold Messners „7. Grad“ lehnte ich Fremdorientierung ab und suchte mich in der Selbsterfahrung. Ich wollte aber auch eine bessere alpine Ausbildung kennenlernen und nutzte das Kursangebot des Alpenvereins Südtirol, der für mich bis dahin eher ein verstaubtes „KnickerbockerImage“ besaß. Ich wurde eines Besseren belehrt und habe den Geschmack von Magnesia und die Bodenhaftung der Klebefelle kennengelernt.

Bei Kursbeginn stellte uns ein weißbärtiger Mann, ein hauptamtlicher Mitarbeiter des AVS, mit ruhiger, großväterlicher Stimme die Bergführer vor. Zu jedem der Gesellen mit braungebranntem Gesicht verlor er einige Sätze über dessen Besonderheiten. Die Bergführer trugen damals rote, mit weißen Streifen durchzogene, meist sonnengebleichte Pullover. Wir nahmen Beziehung mit den Kursleitern auf, die mit ihrer besonnenen Stimme, ihren selbstsicheren Bewegungen und ihrer unerschütterlichen Art nach und nach unser Vertrauen gewonnen haben.

Langsam und stetig

„Merkt euch: Es ist leicht, ein guter Alpinist zu werden, aber noch wichtiger ist es, ein alter Bergsteiger zu werden“, sagte ein etwas kleinerer, muskulöser Blondschopf mit dicken Brillen. Sein Pullover war nicht nur sonnengebleicht, sondern an einigen Stellen ziemlich abgewetzt und löchrig. Er kletterte in Zeitlupe, und wenn sich seine kräftige Hand wie eine Zange um den Griff klammerte, legte er ohne irgendwelche Zweifel die Sohle seiner Kletterschuhe auf den richtigen Tritt. Unabgelenkt hat er sich auf die paar Quadratmeter Fels um sein Sichtfeld konzentriert und trotzte unbeeindruckt auf seinem Weg nach oben der Schwerkraft. Auch bei Skitourenkursen und Weiterbildungen zeigte er mir, wie man richtig eine Spur anlegt und dass die wahre Stärke am Berg die Langsamkeit und zugleich der rastlose Schritt ist.

Voraus, aber niemals der Erste sein

Ich habe von den Bergführern gelernt, dass sie vorausgehen und niemals mit Autoritätsdruck uns mit einer guten Portion Selbsterfahrung den Weg zeigen. Eine Lebenserfahrung, die auch mein Berufsleben geprägt hat.

Ich erinnere mich an einen smarten Bergführer, einen erfinderischen MacGyver in Sachen Knotentechnik, der öfters in aller Herrgottsfrüh über die GlanwellRoute auf die Santnerspitze stieg, abseilte und pünktlich zur Öffnungszeit in der Bergsportabteilung seines Arbeitsgebers in Bozen stand.

Prägend war für mich auch ein älterer Bergführer, ein Urgestein wie es im Bilderbuch steht, der uns die Flora und die Heilwirkung von Kräutern erklärt hat. Er brannte bei seinen Schilderungen vor Leidenschaft und schilderte uns in bildhafter Sprache, in unverkennbarem Hochpusterer Dialekt, wie Warzen und Ekzeme durch das Einwirken von Tinkturen und Salben entfernt werden.

Weltoffenheit und Toleranz

Maßgeblich waren für mich jene Bergführer, die uns als Ausbildner bei den Skitourenwochenkursen auf der AVS Sesvennahütte unvergessliche Tage beschert haben. Einer von ihnen, der wenig Wert auf modischen SchnickSchnack legte und sonnengebleichte Rucksäcke liebte, war ein lebendes Lexikon, und mit ihm am Gipfel zu stehen und sein Bergwissen zu erfahren, war ein Hochgenuss. Er hat in uns die Neugierde nach der Ferne geweckt und uns auf die Tücken der LeeHänge hingewiesen, da es gerade jene Windschattenhänge sind, in denen sich die tödlichen Fallen für Skibergsteiger verstecken.

Sein stockendes „Segg’s de Flanke? Des isch a LeeHong“, begleitet mich im Ohr heute noch auf jeder Skitour.

Mit dabei waren auch die jungen Bergführer, die bereits weltweit unterwegs waren. Einer, mit runder IntellektuellenBrille, hatte bereits Erfahrungen im KanadaPulver gesammelt und ein anderer hatte bereits am El Capitan im Yosemite geklettert. Ein weiterer schwärmte vom Klettern in den Calanquen und von Skitouren in Korsika.

Am Abend lauschten wir den aufregenden Geschichten und Erlebnissen über Selbsterfahrungen und BeinaheUnglücke unserer Berg Profis. Es waren keine Heldengeschichten, es waren Erfahrungsberichte über Freud und Leid, Erfolg und Scheitern, Demut und Lebensfreude. Ich profitiere heute noch davon und bin euch unendlich dankbar dafür.

Peter Righi

Villeroy & Boch

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