Wie Kolonialismus Hunger in der Arktis verursachte Überteuert, faulig, rar: Die Lebensmittelsituation im hohen Norden Kanadas ist angespannt. Gerade in indigenen Haushalten kommt oft nicht genug Essen auf den Tisch. Das soll sich nun ändern. Von Natalie Wenger
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Foto: Thomas Linkel / laif
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ebensmittel sind teuer in den nördlichen Provinzen Kanadas. Richtig teuer. Immer wieder teilen Einwohner_innen in Online-Netzwerken Fotos der horrenden Preise. Eine Packung Vanillekekse: 18,29 Dollar. Eine Büchse Babynahrung: 26,99 Dollar. Neun Blaubeermuffins: 68,99 Dollar. Die Preise sind oft dreimal so hoch wie im Süden Kanadas. Viele der 65.000 Menschen aus dem Gebiet Inuit Nunangat, der Heimat der Inuit im Norden Kanadas, müssen einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel aufwenden – rund 500 Dollar pro Woche. Manche können sich die Preise kaum leisten: Laut einem Bericht der Organisation Inuit Tapirit Kanatami (ITK) sind 76 Prozent der Inuit über 15 Jahren von Ernährungsunsicherheit betroffen, sechsmal mehr als der kanadische Durchschnitt. Die indigenen Gemeinschaften leben in abHoffentlich genug an Bord. Versorgungsflugzeug von Air Inuit in der Region Nunavik. gelegenen Gebieten. Nur zwei Gemeinden verfügen über einen ganzjährigen Straßenzugang, der Rest ist auf Vor fünf Jahren wurde kurzfristig gehandelt, es entstanden Flug- oder Schiffstransporte angewiesen. Die einzige AnlegestelLebensmitteltafeln, Suppenküchen und Schulfrühstücksprole, die größere Boote abfertigen kann, ist mehrere hundert Kilogramme, die den Hunger in der Arktis beenden sollten. Diese meter von der nächsten Siedlung entfernt. Großlieferungen von Maßnahmen reichen aber nicht, kritisiert die Organisation ITK nicht verderblichen Lebensmitteln und Treibstoff gibt es nur und veröffentlichte Mitte Juli 2021 eine umfassende Ernähzwei- bis dreimal pro Jahr. Frische Lebensmittel müssen eingerungssicherheitsstrategie, die weitreichende Veränderungen flogen werden, oft zu Kleinstflughäfen mit Schotterpisten aus beinhaltet. Die ITK fordert, die Regierung solle mehr in lokale der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Fluggesellschaften und die Lebensmittelproduktion vor Ort investieren und Lagerhäuser aufbauen, in denen Lebensmittel ordnungsgemäß gelagert werden können. Abhängig von Unternehmen Der Bericht schlägt außerdem ein garantiertes Einkommen Die Krise hat historische Wurzeln: In den 1900er Jahren wurden für einkommensschwache Inuit vor und verlangt, dass die EinInuit-Gemeinschaften gezwungen, weiter in den Norden zu ziewohner_innen mitentscheiden können, was Investitionen in lohen, sich in Städten niederzulassen und Internatsschulen zu kale Lebensmittelprogramme betrifft. Die Forderungen zeigten besuchen. Die Kolonialregierung hinderte die Inuit daran, ihre Wirkung: Die Regierung rief eine neue Arbeitsgruppe ins Leben eigenen Lebensmittel zu ernten, zu fischen, zu jagen. Lebensund versprach 163 Millionen Dollar, um Programme zur Ernähmittelunternehmen und Schifffahrtsgesellschaften, die sich in rungssicherung zu entwickeln und zu verbessern. der Region breitmachten, kontrollierten, wer wie viel und welBis dies zu Ergebnissen führt, haben die Inuit ihre eigene che Nahrungsmittel kaufen konnte. Bis heute haben diese Unternehmen eine immense Macht über den Zugang zu Lebens- Strategie, damit niemand hungern muss: sie teilen. Wer kann, lädt Nachbar_innen und Bekannte zum Essen ein. Oder postet mitteln. Sie koordinieren die meisten Flüge und Seetransporte eine Einladung in den Online-Netzwerken, damit alle, die eine und sind für die Lieferung von »Nutrition North« zuständig, Mahlzeit brauchen, vorbeikommen können. 쮿 Lebensmittel aus einem nationalen Subventionsprogramm.
AMNESTY JOURNAL | 06/2021