Fernseh- und Radiostationen sind in Russland meist staatlich kontrolliert. Oppositionelle Meinungen finden deshalb kaum Verbreitung. Nur wenige Zeitungen und das Internet bieten unabhängige Informationen. Kritische Journalisten werden schnell Opfer von Einschüchterungsversuchen und geraten – wie der prominente Fall der ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja zeigt – sogar in Lebensgefahr.
Zwei Frauen des Künstler-Kollektivs Pussy Riot im Aufzug des Büros von Amnesty Deutschland anlässlich eines Besuchs in Berlin im Jahr 2013.
© Yuri Kozyrev/Noor/laif
Die Schikanen gegen Menschenrechtsorganisationen haben zugenommen. Im Herbst 2012 traten die sogenannten „Agentengesetze“ in Kraft, um NGOs noch stärker zu kontrollieren. Sie sind jetzt verpflichtet, sich als „ausländische Agenten“ zu registrieren, wenn sie aus dem Ausland finanziell unterstützt werden und „politisch“ tätig sind. Im Frühjahr 2013 begannen die Behörden mit einer groß angelegten Überprüfung von NGOs und verhängten in einigen Fällen Geldstrafen.
Gerichte sind nicht unabhängig Großdemonstration am 15.09.2012 in Moskau gegen neue Regierungssanktionen und die Verurteilung von Pussy Riot Mitgliedern zu zwei Jahren Gefängnis. Die Menge sang „Wir sind die Regierung“, auf dem Spruchband steht „Für vorgezogene Wahlen – Gegen Repressionen!“
Das russische Parlament hat 2012 mehrere Gesetze verabschiedet, die das Recht auf Versammlungsfreiheit einschränken. Organisatoren und Teilnehmern von Demonstrationen drohen hohe Strafen, wenn sie gegen die neuen Vorschriften verstoßen. Im Sommer 2013 wurde das Recht von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender eingeschränkt, öffentlich für ihre Belange einzutreten. Ein neues Gesetz verbietet „Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen“, wenn Minderjährige davon Kenntnis nehmen können. Außerdem wurde ein „Blasphemiegesetz“ eingeführt, das offenbar dazu dienen soll, Kritik an der russisch-orthodoxen Kirche zu unterbinden.
Die Justiz in Russland ist nicht unabhängig. Anstatt die staatliche Gewalt zu kontrollieren, treten die Gerichte häufig als verlängerter Arm der „Macht“ auf. Das haben die Prozesse gegen den früheren Ölunternehmer Michail Chodorkowski und dessen Geschäftspartner Platon Lebedew gezeigt. Auch die Verurteilung des Oppositionsführers Alexej Nawalny, der Frauen von „Pussy Riot“ und die Verfahren gegen Teilnehmer einer putinkritischen Demonstration im Mai 2012 auf dem Moskauer Bolotnaja-Platz machen dies deutlich. Ende Februar 2014 verurteilte ein Moskauer Gericht acht von ihnen wegen der Beteiligung an Massenunruhen zu mehrjährigen Freiheitsstrafen, obwohl die Voraussetzungen dieser Strafvorschrift nicht erfüllt waren. Amnesty International sieht die meisten von ihnen als gewaltlose politische Gefangene an und setzt sich für ihre sofortige und bedingungslose Freilassung ein.
Die Lage der Frauen in Tschetschenien hat sich ebenfalls verschlechtert. Offiziell gilt zwar russisches Recht, doch in der Praxis werden Frauen bei familien- und erbrechtlichen Streitigkeiten benachteiligt. Es gibt vermehrt Übergriffe auf Frauen, denen vorgeworfen wird, gegen das tschetschenische Gewohnheitsrecht oder islamische Wertvorstellungen zu verstoßen. Sogar für sogenannte „Ehrenmorde“ wurde aus der tschetschenischen Führung Verständnis signalisiert. In den Republiken Inguschetien, Dagestan, Nord-Ossetien und Kabardino-Balkarien hat sich die Lage in den vergange nen Jahren weiter zugespitzt. Anschläge, willkürliche Festnahmen und politische Morde nehmen zu. Amnesty International sind viele Fälle bekannt, in denen Inhaftierte gefoltert werden. Die so erzwungenen „Geständnisse“ führen oft zu langjährigen Haftstrafen, ohne dass die Gerichte den Foltervorwürfen nachgehen.
Südrussische Republiken: Kabardino-Balkarien (1), Nord-Ossetien (2), Inguschetien (3), Tschetschenien (4), Dagestan (5)
СВОБОДА ВМЕСТО КОНТРОЛЯ ДЛЯ ЛЮДЕЙ В РОССИИ!
Meinungsfreiheit bedroht
Die Menschenrechtslage in Tschetschenien ist weiterhin besorgniserregend. Wer Kritik an Präsident Ramsan Kadyrow äußert, muss damit rechnen, in inoffiziellen Gefängnissen zu „verschwinden“ und dort gefoltert und ermordet zu werden. Die dafür Verantwortlichen gehen hingegen straffrei aus. Die Ermordung der Menschenrechtsverteidigerin Natalja Estemirowa im Jahr 2009 ist immer noch nicht aufgeklärt. Die Mitarbeiterin der Organisation „Memorial“ hatte sich um die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen bemüht.
Freiheit statt Kontrolle für die Menschen in Russland!
Seit Beginn der dritten Amtszeit von Präsident Putin im Mai 2012 verschärft sich die Menschenrechtslage in Russland. Die Regierung versucht mit aller Macht, jede kritische Regung in der Gesellschaft zu unterbinden. Neue Gesetze beschneiden die freie Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit und die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs).
Menschenrechtsverletzungen im Nordkaukasus
Bitte ausfüllen und abschicken. Amnesty International sammelt alle Appelle, nutzt sie für eine Aktion und überreicht sie in Russland.
© Sarah Eick
Russland unter Kontrolle
Liebesgrüsse nach Russland
В РОССИЮ С ЛЮБОВЬЮ
Amnesty International arbeitet seit vielen Jahren daran, Menschenrechtsverletzungen in der Russischen Föderation zu verhindern. Die jüngsten Entwicklungen gefährden diese Arbeit sehr. Unterzeichnen Sie die angefügte Aktionskarte und schicken Sie sie noch heute ab. Weitere Informationen auf www.amnesty.de/russland Stellen Sie sicher, dass Sie von Amnesty International künftig über wesentliche Entwicklungen in der Russischen Föderation unterrichtet werden. Gerne machen wir Ihnen Vorschläge wie Sie sich einbringen können. Einfach E-Mail an team.kampagnen@amnesty.de Betreff: Für Russland-Kogruppe Oder melden Sie sich an über: www.amnesty-russland.de
© afp / Memorial
Mit diesem Gruß auf Deutsch und Russisch möchten wir ein Zeichen der Solidarität senden an alle Menschen in Russland, die sich für die Menschenrechte einsetzen:
Wir stehen hinter euch bei eurem mutigen Einsatz für die Menschenrechte. Wir denken an euch und setzen uns dafür ein, dass die Schikanen gegen die russische Zivilgesellschaft aufhören und ihr eure Rechte ungehindert wahrnehmen könnt. Haltet weiter durch und verliert euren Mut nicht!
Мы поддерживаем Вас в Вашей мужественной борьбе за права человека! Мы помним о Вас и выступаем за прекращение преследований гражданского общества в России, за то, чтобы Вы снова могли свободно осуществлять свои права! Держитесь дальше и не теряйте мужества!
ORT, Datum, Unterschrift ГОРОД Дата и Подпись DEUTSCHLAND ГЕРМАНИЯ
Das können Sie tun – jetzt!
Amnesty International setzt sich auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für eine Welt ein, in der die Rechte aller Menschen geachtet werden. Die Stärke der Organisation liegt im freiwilligen und finanziellen Engagement von weltweit mehr als drei Millionen Mitgliedern und Unterstützern unterschiedlicher Nationalitäten, Kulturen und Altersgruppen. Gemeinsam setzen sie Mut, Kraft und Fantasie für eine Welt ohne Menschenrechtsverletzungen ein. Amnesty International erhielt 1977 den Friedensnobelpreis. Amnesty International engagiert sich seit über 50 Jahren erfolgreich für die Freilassung von Menschen, die allein deshalb inhaftiert sind, weil sie friedlich ihre Überzeugung vertreten oder die wegen ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung oder Religion verfolgt werden für den Schutz der Rechte von Flüchtlingen für den besonderen Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen für die Verhinderung von Folter, Todesstrafe und politischem Mord für den Schutz und die Unterstützung von Menschenrechtlern für die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und die Bestrafung der Täter für wirksame Kontrollen des Waffenhandels für die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Es gibt viele Möglichkeiten, die Arbeit von Amnesty zu unterstützen: www.amnesty.de/mitmachen Amnesty International finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Regierungsgelder lehnt Amnesty ab, um finanziell und politisch unabhängig zu bleiben. Ihr Beitrag ermöglicht unsere Unabhängigkeit!
antwort © Amnesty International, März 2014, V.i.S.d.P. Barbara Hohl, Art.Nr. 42113 Titelbild: Massendemonstration am 24.12.2012 in Moskau © dpa / Yuri Kochetkov
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Russland: Freiheit statt Kontrolle!